Zur Reform der Einkommensteuer

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Monatsberichte 2/1973

Zur Reform der Einkommensteuer
                               Die Schwerpunkte der mit 1, Jänner 1973 in Kraft getretenen           Einkommen-
                              steuerreform          lassen sich in vier Bereiche zusammenfassen: Änderungen
                              im Steuertarif, Einführung von Absetzbeträgen von der Steuerschuld an Stelle von
                              Steuerfreibeträgen,    Übergang von der Haushaltsbesteuerung      zur    Individual-
                              besteuerung, Änderungen und Ausweitung der Spar- und         Investitionsförderung.
                              Die Reform enthält grundlegende               Änderungen        in der Einkom-
                              mensbesteuerung, sie wurde daher nicht in Form einer Novelle zum erst seit
                              1967 geltenden Einkommensteuergesetz beschlossen, sondern durch ein neues
                              Gesetz (Einkommensteuergesetz 1972) verwirklicht:
                              Die Neufassung des Gesetzes ermöglichte es, den Aufbau des Einkommensteuer-
                              gesetzes systematisch neu zu ordnen und bisher verstreute Bestimmungen zusam-
                              menzufassen; dabei bildet die Neuordnung der Sonderausgaben einen Schwer-
                              punkt.. Durch die Umgliederung der Gesetzesbestimmungen und die Neuordnung
                              der Paragraphen präsentiert sich das neue Einkommensteuergesetz auch äußer-
                              lich in neuer Form..

Die Lohn- und Einkommensteuer erfüllt drei Funk-           staffeln) zerlegt (die ersten 25,000 S, die nächsten
tionen: Sie verschafft dem Staat Einnahmen (fiskali-       25,000 S usw..) und jede Stufe mit einem Steuersatz
sche Funktion), sie trägt zur Einkommensumvertei-          (Grenzsteuersatz) besteuert, der von Stufe zu Stufe
lung bei (sozialpolitische Funktion) und dient als In-     steigt, Die Steuerbelastung für ein bestimmtes Ein-
strument für die Durchsetzung wirtschaftspolitischer       kommen ergibt sich aus der Addition der Steuer-
Zielsetzungen (wirtschaftspolitische Funktion)              beträge der einzelnen Stufen (Stufenbreite mal
 Die Einkommensteuerreform berührt alle drei Funk-         Grenzsteuersatz), Für den Progressionsverlauf sind
tionen, Die Steuersenkung verringert (zumindest vor-       daher die Stufenbreiten und die Grenzsteuersätze
 übergehend) die Einkommensschmälerung, gleich-            maßgebend,, Der österreichische Einkommensteuer-
zeitig entstehen dadurch für die öffentlichen Haus-        tarif enthält eine ungleichmäßig verzögerte Progres-
halte Einnahmenausfälle,, Das Hauptgewicht       der       sion, Der Grundtarif bezieht sich auf die Steuer-
Reform dürfte jedoch in der sozialpolitischen Funk-        gruppe B (Verheiratete, Ledige über 50 Jahre und
tion liegen. Der Übergang zur Individualbesteuerung        sonstige im Gesetz genau angeführte Personen-
und die Einführung der Absetzbeträge beeinflussen          gruppen) Die Steuersätze in der Steuergruppe A
nicht nur die Verteilung zwischen höheren und              (Ledige) sind um 19% höher als in der Steuer-
niedrigeren Einkommen, sondern auch zwischen               gruppe B, dürfen aber 62% nicht übersteigen,,
Ledigen und Verheirateten, Selbständigen und Un-            Der neue Einkommensteuertarif ist im Gegensatz
selbständigen sowie Kinderlosen und Kinderreichen,         zum bisherigen ein Bruttotarif. Die verschiedenen Zu-
Die Änderungen in der Spar- und Investitionsförde-         schläge (bisher insgesamt 31%) sind nunmehr in
rung wirken sich auf die wirtschaftspolitische Funk-       den Tarif eingebaut,, Aus dem Tarif geht daher jetzt
tion aus,                                                  die gesamte Einkommensteuerbelastung hervor, Frü-
Vor allem durch vier Instrumente sollen die oben           her finanzierten Zuschläge die Überweisung an die
genannten Funktionen der Einkommensteuer erreicht          Länder für die Wohnbauförderung, an den Was-
werden: Differenzierungen der Tarife, Abzüge von           serwirtschaftsfonds, an den Ausgleichfonds für
der Steuerbemessungsgrundlage (Freibetrage), Ab-           Familienbeihilfen und den Katastrophenfonds, nun
züge von der Steuerschuld und Erstattung der Steuer        werden entsprechende Anteile aus dem Steuerauf-
(Prämien), Bisher hatten Freibeträge dominiert (so-        kommen bereitgestellt (an die Länder zur Wohnbau-
wohl in der Familienbesteuerung als auch bei den           förderung 101905%, an den Wasserwirtschaftsfonds
Sonderausgaben), Im neuen Gesetz treten Absetz-            1 145%, an den       Kinderbeihilfenausgleichsfonds
beträge und Prämien stärker in den Vordergrund,            2 29%, an den Katastrophenfonds 2 29%), Die Pro-
                                                           zentzahlen entsprechen den bisherigen Anteilen an
                                                           den Zuschlägen, so daß der Wohnbau, der Umwelt-
Der neue Einkommensteuertarif
                                                           schutz und die Familienförderung im gleichen Aus-
Der Einkommensteuertarif ist wie bisher progressiv         maß wie bisher aus der Lohn- und Einkommensteuer
gestaffelt, Das Einkommen wird in Stufen (Tarif-           finanziert werden.

                                                                                                              49
Monatsberichte 2/1973

                                                                   Obersicht 1                zwei verringert, wodurch die Stufen breiter wurden..
                       Marginale Steuerbelastung
                                                                                              Gleichzeitig wurden die Stufen (Grenzsteuersätze)
                             (Steuergruppe        B)
                                                                                              erhöht
     Jahreseinkommen                         1971')                1973
         bis    S

          14.000 . . . .                          0                                                                         Einkommensteuertarife
          15.000                               917
          18.000                             11 79                                                                              (Steuergruppe                       B)
          21 000                              14 41                 20
          24 000                             17 03
          25 000                             20 96                                                          Einkommensteue/terif
          30.000           . . .              2096                                                          Steuergruppe Ba Allefnverdienerfrei betrag
          40 000                             24 89                  25
          50 000                             28 82
          62.000 .                           28 82
          80 000                             32 75                  30
          84 000                             32 75
         116000                              36 68                  35
         120 000                             41 92
         16Q 000                              41 92                40
         168 000 .                           41 92
         200.000                             4716                   44
         210.000                             47 16                 48
         240 000                             52 40                 48
         280 000     . . . .                 52 40                 52
         300.000                             52 40
         500 000                             57 64                 55
       1 000 000 .                           57 64                 58
       1,500.000                             62 88                 60
       Und darüber                           62 88                 62

*) Einschließlich 3 1 % Zuschläge

Der neue Einkommensteuertarif hat im Vergleich
zum alten zwei Merkmale: weniger, aber breitere
Stufen sowie höhere Grenzsteuersätze. In unteren
Einkommensbereichen (bis 40.000 S Jahreseinkom-                                                      W          20 25 3 0   W   MfiO   flO   1 3 0 1 Z 0 1 » ZOO    300 WOJOOSOO W 0 1 0 0 0   15002000

                                                                                                „ ,    , , ,                    Jahreseinkommen in 1 000 S
men) wurde die Zahl der Tarifstufen von sieben auf                                              Ö.l.f.W/6/ll/l373

                                                                           Grenzsteuersätze

      70           Grenzsteuersätze                                                                                                                                                        T70

       60                                                                                                                                                                                  - 60

       50                                                                                                                                                                                  - 50

                                                                                                                                                                                               40

      30                                                                                                                                                           1971                        30

                                                                                                                                                                   1973

                                                                                                                                                                   1967
      20                                                                                                                                                                                       20

      10 -                                                                                                                                                                                     10

                                              i    '    i   i_t_                                                                                                          J   I   1   1   L

         10       15    20   25 30   40   50 60        80   100    150    200       300    400 500 600      800 1000        1500       2000

                                                                    J a h r e s e i n k o m m e n i n 1 000 5
  Ö.l.f.W/7/ll/l973

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                                                                                                                                                                                                       Obersicht 2
                            Ermäßigung der Einkommensteuer durch das Einkommensteuergesetz 1972
                                                                   Steuergruppe
        Steuerpflichtiges                         A                B. ohne Allein verdienerfrei betrag                                                                 B. Alleinverdiener 2 Kinder
       Jahreseinkommen           absolut    in % des    in % des   absolut       in % des     in % des                                                               absolut      in % des    in % de
                S                  S          Steuer-    Jahres-      S           Steuer-       Jahres-                                                                 S          Steuer-     Jahres
                                           betrages vor    ein-                betrages vor       ein-                                                                          betrages vor     ein-
                                           der Steuer- kommens                 der Steuer- kommens                                                                               der Steuer- kommer
                                             senkung                             senkung                                                                                          senkung

                                                                                                                                                                             -              -
          20 000                     53        65            03       561                                                          100 0         28
          25,000 .                   14        07            01       355                                                           26 2         14                          —              —
          30.000                     34        10            01       145                                                            61          05                          _              —
          40.000                    600        86            1 5       87                                                            18          02                     849               1000            21
          50..000                1.401        13 0           28       421                                                            55          08                   2.845               1000            57
          60.000                 1 630        11 2           27       303                                                            29          05                   4.016                74 8           67
          80.000                 2 748        120            3 4      728                                                            43          09                   3.780                340            47
         100.000                 3.384        10 6           34       859                                                            36          09                   3 283                18 6           33
         120.000                 4 371        106            36     1 342                                                            42          1 1                  3 493                U 1            2 9
         150.000                 5 418         96            36     1 918                                                            43          1 3                  3 272                 89            22
         160 000                 5 767         94            36     2110                                                             44          1 3                  3.464                 85            22
         200.000                 6 873         82            34     2 892                                                            43          14                   3303                  57            1 7
         240 000                 8..066        75            34     4 065                                                            47          17                   3.533                 45            1 5
         280.000                 7.942         60            2 8    4 225                                                            39          15                   3 693                 37            13
         300.000                 7856          5 4           26     3.705                                                            31          12                   3173                  29            1 1
         400.000                12.603         60            3 2    6 282                                                            36          16                   4.807                 29            12
         500.000                17.413         63            35     8 922                                                            38          18                   7 447                 33            1 5
         600.000                22 223         64            37     8 562                                                            29          14                   7.087                 25            1 2
         600.000                31 843         67            40     7 842                                                            19          10                   6.367                 1 6           06
       1,000 000                41 463         68            42     7122                                                             14          07                   5 647                 1 1           06
       1 500.000                91,650         94            61    21 459                                                            26          14                  19 041                 23            13
       2.000.000 .             141.900        10 6           71    25.859                                                            2 2         13                  23.441                 21            1 2

    Dadurch entstehen zwei entgegengesetze Wirkun-                    unteren Einkommensbereich durch zusätzliche und
    gen..   Das Auseinanderziehen     der Tarifstufen                 daher kürzere Stufen (Progressionsverschärfung)
    schwächt die Progression ab, die steueren Stufen                  und schwächer steigende Grenzsteuersätze (Progres-
    verschärfen sie Das gleichzeitige Mildern und Ver-                sionsmilderung) verursacht    Die Steuerersparnis
    schärfen der Progression führt zu einer Tarifkurve                nimmt daher für Einkommen bis 500 000 S absolut
    (Steuergruppe B), die jeweils am Beginn der Tarif-                und relativ zu, durch die zusätzliche Stufe bei
    stufe stärker, gegen Ende der Stufe schwächer                     500 000 S wird sie dann sowohl absolut als auch re-
    steigt,                                                           lativ kleiner.
    Die Steuerersparnis ist daher sowohl absolut als                  Infolge der entgegengesetzten Einflüsse auf die
    auch relativ am Ende der Stufen (Jahreseinkommen                  Steuerprogression ergibt sich kein eindeutiger Zu-
    25 000 S, 50 000 S, 80 000 S, 120 000 S) größer, nimmt            sammenhang zwischen Steuerersparnis und Einkom-
    nach Überschreiten der Stufe absolut und relativ                  menshöhe. (Für Verheiratete ohne Kinder mit
    ab und ist in der Mitte der Stufe am geringsten.                  60000 S Jahreseinkommen ist die Steuerermäßigung
    Diese Tendenz vorerst abnehmender und sodann zu-
    nehmender Steuerersparnis ist bis zu Einkommen
    von 120000 S deutlich zu erkennen..                               Steuerermäßigung durch das Einkommensteuergesetz 1972

 Im Einkommensbereich zwischen 120 000 S und
                                                                                                                                   Steuerermäßigung durch das Einkommensteuergesetzes
200.000 S entspricht die Breite und Höhe der Stufen
                                                                            Ermäßigung in "/•> des Betrages «or der Senkung

                                                                                                                                                                     \                    Steuergruppe
dem alten Tarif. Die relative Steuerersparnis ) (be-     1

zogen auf die Steuer) ist in diesem Bereich auch                                                                                                      /                  \                8o Alleinverdienerfreibetrag
nahezu konstant (120 000 S: 4 2%, 200.000 S: 4 3%),.
                                                                                                                                                  1                      \.                 mit 2 Kindern         /
Im oberen Einkommensbereich (über 300,000 S)
sind im neuen Tarif zwei zusätzliche Stufen einge-
führt worden, die Stufenhöhe hat sich dadurch ver-
ringert, Es treten auch hier die entgegengesetzten
Wirkungen der Abschwächung und Verschärfung der
Progression auf, nur werden sie im Gegensatz zum

l
 ) Die relative Steuerersparnis kann auf zwei Arten ge-
                                                                                                                              10      20   30   WI 5 0 60   40 100       150 2 0 0   300 « 0500600 400 1000   1S002QÜ0
messen w e r d e n : entweder in Prozent des Steuerbetrages
vor der Steuersenkung oder bezogen auf das Jahresein-                   K ,„,,,„, ,                                                                   Jahreseinkommen in 1.000 S
kommen                                                                  01fW/&711/1373

                                                                                                                                                                                                                      51
Monatsberichte 2/1973

relativ genau so groß wie für jene mit 600 000 S            Steuersatz für dieses Einkommen entspricht, Aus
Einkommen.) Die Steuerersparnis hängt nicht von der         dem Verhältnis der bisherigen Freibeträge zu den
Einkommenshöhe ab, sondern davon, ob man sich               nunmehrigen Absetzbeträgen läßt sich ermitteln, ab
am Beginn oder am Ende einer Tarifstufe befindet.           welchem Einkommen der Freibetrag günstiger war,
Es läßt sich daher im neuen Tarif keine eindeutige          Der Übergang von Freibeträgen zu Absetzbeträgen
Zielsetzung der Umverteilung zwischen höheren und           verschärft die Progression, weil die Steuerersparnis
niedrigeren Einkommen erkennen,                             aus den Abzugbeträgen mit zunehmendem Einkom-
                                                            men zwar absolut gleich bleibt, relativ aber immer
Klar zum Ausdruck kommt dagegen die Absicht, die
                                                            geringer wird Eine Gegenüberstellung der Steuer-
Unterschiede in der Besteuerung zwischen Ledigen
                                                            belastung für Alleinverdiener (Verheiratete mit 2 Kin-
und Verheirateten abzubauen. Die Steuerersparnis
                                                            dern) auf Grund der neuen Regelung und unter der
ist für Ledige ab einem Jahreseinkommen von
                                                            Annahme, daß die bisherigen Freibeträge auch beim
30.000 S sowohl absolut als auch relativ größer als
                                                            neuen Tarif gelten, zeigt die Ermäßigung in den unte-
für Verheiratete.. Eine völlige Angleichung der Be-
                                                            ren Einnahmensbereichen und die Verschärfung der
steuerung von Ledigen und Verheirateten, wie sie
                                                            Progression
dem nunmehr eingeführten Prinzip der Individual-
besteuerung entspräche, unterblieb offenbar aus
budgetären Gründen, Das hätte einen zusätzlichen                 Auswirkungen des Überganges von Freibeträgen
Steuerausfall von rund 1 5 Mrd S bedeutet                                     zu Absetzbeträgen

                                                                       Auswirkungen des Überganges von Freibef ragen zu Absetzbeträgen
Absetzbeträge ersetzen Freibeträge

Die Einführung von Absetzbeträgen von der Steuer-                     ^    _      All ein verdien erfrei betrag 4000 S

schuld an Stelle der bisherigen Freibeträge für das
                                                                          — — AlleinverdienerabseUbetrag 1500 5
Existenzminimum, für Alleinverdiener und für Kinder
bedeutet eine grundlegende Änderung im neuen                                   . AI lein verdien erfrei betrag und
Einkommensteuergesetz. Das bisherige steuerliche                                  Freibetragfüf2Kinder 1B000 5

Existenzminimum (14.000 S) und der Pauschalfrei-                               . AI I ein« rdienerabs etzbetrag
                                                                                  und Absetzbetrag
betrag von 1.200 S (1.248 S für Arbeitnehmer) wurde                               für 2Kinder 8 3 0 0 S

durch einen Absetzbetrag von der Steuerschuld in
                                                               I30
Höhe von 4.000 S ersetzt. Das steuerfreie Einkom-
men erhöht sich dadurch von 15200 S auf 20,000 S„
Auf den Tarifverlauf wirkt sich das Ubergehen vom
Freibetrag zum Absetzbetrag nicht aus ). Dem an-
                                            1

gestrebten Abbau der unterschiedlichen Besteuerung
von Ledigen und Verheirateten steht diese Änderung
allerdings entgegen. Ledige müssen bereits bei
einem Einkommen von 17,300 S Steuer zahlen, wo-
durch sich die Steuerermäßigung für Ledige erst ab
einem Einkommen von 30,000 S auswirkt                                                                          _l    I   L
                                                                               20     30   40 5060    80 100   150 200   300 400500600 4091000 1500 2000
Während die Einführung des Absetzbetrages beim                                                Jahreseinkommen in 1 0 0 0 S
                                                             Ö.l.f;W./9/ll/l373
steuerlichen Existenzminimum die Steuerbelastung
nicht verschiebt, ändert der Übergang zum Absetz-
betrag für Afleinverdiener und Kinder den bisherigen        Der bisherige ANeinverdienerfreibetrag von 4,000 S
Tarifverlauf, Die Steuerfrei betrage brachten mit stei-     wird durch einen Absetzbetrag von 1,500 S ersetzt
gendem Einkommen größere Steuerermäßigungen,                Bis zu einem Einkommen von 130,000 S (Steuer-
die Absetzbeträge wirken für alle Einkommen gleich,         gruppe B) ist der Absetzbetrag günstiger, für höhere
solange die Steuerschuld größer ist als der Absetz-         Einkommen war der bisherige Freibetrag vorteilhaf-
betrag ,                                                    ter, Die Ermäßigung in den unteren Einkommens-
                                                            bereichen ist größer (bei einem Jahreseinkommen
Freibetrag und Absetzbetrag wirken sich bei einem
                                                            von 60,000 S beträgt die Ersparnis 0 5 Prozentpunkte
bestimmten Einkommen dann gleich aus, wenn das
                                                            vom Einkommen) als die Mehrbelastung bei höheren
Verhältnis dieser Beträge zueinander dem Grenz-
                                                            Einkommen (bei 300,000 S Jahreseinkommen be-
                                                            trägt die Mehrbelastung 023 Prozentpunkte),
*) An Stelle des Absatzbetrages hätte auch im neuen Tarif
eine steuerfreie Tarifstufe bis 20,000 S Einkommen und      Auch für Kinder sind an Stelle der bisherigen Frei-
eine weitere Stufe von 5.000 S, die mit 2 0 % besteuert
wird, eingeführt werden können, ohne daß sich an der        beträge (je 7,000 S für das erste und zweite Kind,
Steuerbelastung etwas ändern würde                          8 000 S für jedes weitere Kind) Absetzbeträge ge-

52
Monatsberichte 2/1973

treten (3200 S für das erste Kind, 4.200 S für                   Steuerbelastung Selbständiger und Unselbständiger
jedes weitere Kind). Bei einem Kind ist die Neu-
regelung für Einkommen bis rund 200.000 S günsti-                60   -          Steuerbelastung Selbständiger und Unselbständiger

ger, bei zwei Kindern für Einkommen bis 280.000 S                                Steuergruppe 8 o.. AI 1 einverdienerfrei betrag                                       ^

Die neue Regelung ist daher für die überwiegende
Zahl der Einkommensbezieher vorteilhafter. Mit der               50
Neuregelung ging man vom bisherigen Prinzip des

                                                                                                                                  /
schichtenspezifischen Ausgleiches ab, bei dem die
Kinder auf Grund der steuerlichen Leistungsfähigkeit             W
berücksichtigt wurden.. Eine völlige Gleichstellung
der Kinder wird jedoch auch durch die Absetz-               c

                                                                                                                               /
                                                            O)
beträge nicht erreicht, Dies würde nur durch direkte         c
                                                            'S 30
Transferleistungen (Kinderbeihilfen) bewirkt Mittels        u

Absetzbeträgen ergäbe sich eine Gleichstellung nur          -s
                                                            u
dann, wenn in den unteren Einkommensbereichen
Monatsberichte 2/1973

                   Steuerbelastung sonstiger Bezüge                        den teilweise auch Freibetragsgrenzen erhöht und
                                                                           durch die proportionale Besteuerung eine zusätz-
                                                                           liche Steuerermäßigung geschaffen, weil bisher die
               Steuer belastung sonstiger Bezüge gern 5 6 7
                                        1

          13
               Steuergruppe B
                                                                           über die Freigrenze hinausgehenden Zuschläge mit
                                                                           dem normalen Tarif zu besteuern waren,
          12

          11                                                               Zunehmende             Steueraufkommenselastizitäten

          1Q                                                               Die Tarifgestaltung und die Verschärfung der Pro-
                                                                           gression durch die Absetzbeträge spiegelt sich auch
          3                                                                in den Steueraufkommenselastizitäten.     Die Steuer-
                                                                           aufkommenseiastizität zeigt wie sich eine Änderung
     c                                                                     der Einkommen auf die Zunahme des Steuerauf-

     I
                                                                           kommens auswirkt, Die Elastizität des Steuer-
          7
                                                                           aufkommens für eine bestimmte Einkommensstufe
     -e    6                                                               ist durch den Quotienten aus Grenzsteuersatz und
     0)                                                        1973        Durchschnittssteuersatz bestimmt, Die Aufkommens-
     in 5                                                                  elastizität nimmt mit steigendem Einkommen ab, weil
                                                                           sich auf Grund des Verlaufes des Einkommensteuer-
                                                                           tarifes Durchschnittsteuersatz und Grenzsteuersatz
                                                                           immer mehr annähern,, Die Elastizität nähert sich bei
                                                                           hohem Einkommen dem Wert Eins, Steuerfreibeträge
                                                                           oder Absetzbeträge beeinflussen den Durchschnitt-
                                                                           steuersatz, nicht jedoch den Grenzsteuersatz,, Daher
                                                                           sind die Aufkommenselastizitäten bei gleichem Ein-
                                                                           kommen in den einzelnen Steuergruppen verschie-
                                                                           den (für Verheiratete mit Kindern ist die Aufkom-
                   10      20      30       40     SO         eo      70
                                                                           menselastizität größer als für Verheiratete ohne Kin-
                            Jahreseinkommen in 1 000 5
 Ö.l.f.W./ll/ll/l973                                                       der), Die Unterschiede wurden durch die Steuer-
                                                                           reform noch verstärkt, denn Absetzbeträge von der
                                                                           Steuerschuld erhöhen die Aufkommenselastizität,
Beschleunigung             der indirekten        Progression weg-
fällt.
                                                                                                                                            Obersicht 4
Gleich hohe steuerpflichtige Einkommen von Selb-                                               Steueraufkommenselastizitäten
ständigen und Unselbständigen waren schon bisher                           Steuerpflichtiges                          Steuergruppe B
unterschiedlich mit Steuer belastet, wenn man davon                        Jahreseinkommen                  ohne                   Alleinverdiener
                                                                                     S            Alleinverdienerfreibetrag          mit 2 Kindern
ausgeht, daß von den steuerpflichtigen Einkommen                                                  1967 1971 1973 1973          1967 1971 1973 1 973
der Unselbständigen ein Sechstel des laufenden                                                                 Selb- Un-                     Selb- Un-
                                                                                                              ständig selb-                ständig selb-
Einkommens auf sonstige Bezüge entfällt, Durch den                                                                   ständig                      ständig
Arbeitnehmerfreibetrag und die Steuerermäßigung
                                                                              1O..000              -         -
bei den sonstigen Bezügen haben sich die Unter-                               20 000              3 77    5 13
schiede weiter vergrößert,                                                    25 000              3 29    3 87    5 0    _                     _     _
                                                                              30.000 .            2 81    2 63    333    6 53      —           —     —
                                                                                                                  2 10   2 74     10 50 11 74  —      —
Die Einkommen der Unselbständigen (Verheiratete                               40 000              2 23    2 06
                                                                                                                                               —      —
                                                                              50 000              1 79     1 88   1 72   2 03      4 55 5 07
ohne Kinder) sind um rund 6 Prozentpunkte we-                                 60 000              1 79     1 64   1 75   1 97      3 4 0 3 22 13 33 71 43
niger mit Lohnsteuer belastet als die Ein-                                    80..000             1 49    1 54    148    158       2 25 2 35 3 26 3 8 4
                                                                                                                  1 51   1 58      2 08 2 08 244 2 64
kommen der Selbständigen mit Einkommensteuer                                 100 000              1 57     1 52
                                                                             120000               1 43    1 59    1 39   1 44      1 83 203 1 97 2 07
(gegen 5 Prozentpunkte auf Grund der bisherigen                              150.000              1 49    1 42    1 42   1 46      1 78 1 72 180 1 86
Bestimmungen), wobei die Unterschiede mit stei-                              160.000              1 45    1 39    133    1 42      1 72 1 64 1 71 177
                                                                                                                  138    1 40      1 78 1 62 1 60 1 63
gendem Einkommen größer werden, Neben der                                    200.000              1 57    1 41
                                                                             240.000              1 43    1 44    1 39   1 41      1 60 1 62 1 55 1 58
Steuerermäßigung für die sonstigen Bezüge wurde                              280..000             1 35    1 36    1 40   1 42      1 48 1 49 1 53 1 55
auch die Besteuerung bestimmter Zulagen und Zu-                              300.000              1 35    1 33    1 44   1 45      1 47 1 44 1 56 1 57
                                                                                                                  1 30   1 30      1 35 1 39 1 37 138
schläge (Überstundenzuschläge, Schmutz- und Ge-                              400..000             1 27    1 31
                                                                             500..000             1 21    1 23    1 22   1 23      1 26 1 29 1 27 1 28
fahrenzulagen usw.) neu geregelt, Diese Zuschläge                            600 000              1 17     1 19   1 23   1 24      1 21 1 23 1 27 1 28
sind bis zu 5 070 S monatlich steuerfrei, Darüber                            800 000 . .           1 12    1 13   1 16   1   17    1 15 1 16 1 19 1 19
                                                                                                                  1 13   1   13    1 20 1 13 1 15 1 15
hinaus werden sie mit einem proportionalen Satz                            1,000 000              1 17     1 10
                                                                           1,500.000 .            111     1 13    1 10   1   11    1 12 1 14 1 12 1 12
von 15% besteuert, Durch diese Neuregelung wur-                            2,000.000 . . .        1 13    1 09    1 10   1   10    1 14 1 1 0 1 11 1 11

54
Monatsberichte 2/1973

Lohn- und Einkommensteuer hatten bisher bei glei-                                     Steuersenkung abgegolten wurde. Seit der letzten
chen Einkommen in derselben Steuergruppe die                                          Steuersenkung sind die Verbraucherpreise um 13%
gleiche Elastizität; durch den Arbeitnehmerabsetz-                                    gestiegen. Wertet man die Einkommen entsprechend
betrag ist die Aufkommenseiastizität der Lohnsteuer                                   auf und vergleicht die Steuersätze für gleiche Real-
im Vergleich zur Einkommensteuer in den unteren                                       einkommen, ergibt sich folgendes Bild:
Einkommensbereichen größer geworden, Die Ten-
                                                                                      Allen Unselbständigen und den Selbständigen mit
denz, daß die Lohnsteuererträge rascher steigen
                                                                                      Kindern ist bis zu einem Jahreseinkommen von
als jene an Einkommensteuer wird sich verstär-
                                                                                      150.000 S durch die Steuerreform die Geldentwer-
ken Bei gleicher Steigerung der Einkommen sind im
                                                                                      tung abgegolten worden, ihre Realeinkommen sind
Steueraufkommen höhere Zuwachsraten zu erwarten,
                                                                                      jetzt weniger mit Steuer belastet. Selbständige ohne
vor allem weil sich die Elastizitäten in jenen Ein-
                                                                                      Kinder zahlen für gleiche Realeinkommen etwas
kommensbereichen, in denen sich die Mehrzahl der
                                                                                      mehr Steuer als früher.
Steuerpflichtigen befindet, stark erhöhten,

Steuerbelastung vergleichbarer                               Realeinkommen            Übergang zur      Individualbesteuerung

Die Lohn- und Einkommensteuer basiert auf dem                                         Das neue Einkommensteuergesetz bringt eine grund-
Nominaleinkommen,, Durch die Progression wird ein                                     legende Änderung in der Besteuerung der Ehegatten
überproportionaier Teil der nominellen Einkommens-                                    Sie beruhte bisher auf dem Prinzip der Haushalts-
zuwächse weggesteuert Entsprechen Einkommens-                                         besteuerung (Ehegatten und minderjährige Kinder
steigerungen nur Preissteigerungen, dann verringern                                   wurden gemeinsam veranlagt), Allerdings wurde nur
sich auf Grund der Steuerprogression die verfüg-                                      ein geringer Prozentsatz der Mehrpersonenhaushalte
baren Realeinkommen, Ziel der Steuersenkungen ist                                     von der Haushaltsbesteuerung erfaßt, 1968 wurden
es daher auch, Inflationseffekte aus dem Steuertarif                                  nur rund 15% der gesamten Mehrpersonenhaushalte
zu eliminieren und gleiche Realeinkommen gleich                                       zur Einkommensteuer veranlagt, Der Großteil der
zu besteuern, Die preisneutrale Variante zeigt wie                                    Unselbständigen ist bereits bisher getrennt besteuert
Einkommen gleicher realer Kaufkraft besteuert wer-                                    worden, weil Unselbständige nur dann veranlagt wur-
den und läßt erkennen, ob die durch die Geldent-                                      den, wenn das Gesamteinkommen 200,000 S über-
wertung entstandene Mehrbelastung durch die                                           stieg oder die Einkünfte aus anderen Einkunftsarten
                                                                                      mehr als 7,000 S betrugen,

                                                                        Obersicht 5   Bisher ist keine allgemein befriedigende Lösung des
    Einkommensteuerbelastung gleicher Realeinkommen                                   Problems der Ehegattenbesteuerung gefunden wor-
Jahreseinkommen                     Steuergruppe B              Steuergruppe ß        den,, Drei Varianten stehen zur Diskussion: Haus-
in S, real zu                            ohne                   Alleinverdiener
Werten 1971')                  Aileinverdienerfreibetrag         mit 2 Kindern        haltsbesteuerung, Splitting und Individualbesteue-
                                    Steuerbelastung in % des Jahreseinkommens         rung Welche Variante der Einkommensbesteuerung
                                  1973")         1971         1973 )1
                                                                             1971
                                                                                      zugrunde gelegt wird, hängt davon ab, welche Ziel-
   10,000                          _             _              _             _       setzungen mit der Ehegattenbesteuerung verbunden
                                                                              —
   20 000
   25 000
                                  2 30
                                  638
                                                 2 81
                                                 5 42
                                                                -
                                                                —             —       sind, Es handelt sich nicht nur um ökonomische,
   30.000    ., .                 9 51           7 98           _             —       sondern primär um gesellschaftspolitische Ziele, die
   40 000                        13 38          12 09           —            212      durch eine Änderung der Ehegattenbesteuerung
   50 000                        16 26          15 34          0 48          5 69
   60.000                        18 55          17 59          5 41          8 94     möglicherweise angestrebt werden sollen,
   80.000                        21 99          21 22         1213          13 91
  100.000    . .                 24 59          2411          16 71         17 63     Die Haushaltsbesteuerung benachteiligt die berufs-
  120..000   . .                 26 90          26 33         20 33         20 70     tätigen Ehefrauen, deren Anteil an der Gesamt-
  150..000                       29 74          29 45         24 48         24 41
  160.000                        30 63          30 23         25 70         25 51     beschäftigung in den letzten Jahrzehnten stark ge-
  200.000                        33 76          3337          2982          2913      stiegen ist; (1951: 15 A%, 1961: 19%, 1971: 22%),.
                                                                                                               1

  240.000    . .                 36 59          36 30         33 31         32 37
                                                                                      Auch das Splitting bringt den meisten berufstätigen
  280.000                        3914           38 60         3632          35 23
  300 000                        4019           39 52         37 57         3637      Ehefrauen Nachteile, nur ist hier die Diskriminierung
  400.000    .                   43 90          44 03         41 92         41 44     verdeckt, Die Individualbesteuerung hingegen be-
  500.000                        46 46          46 75         44 88         44 68
                                                                                      nachteiligt die berufstätigen Frauen nicht,. Haushalts-
  600.000          .       .     48 38          48 57         47 07         46 84
  800.000    ..        .         50 79          50 84         49 80         49 54     besteuerung und Splitting werden daher auch als
1,000.000                        52 46          52 20         51 67         51 16     familienorientierte  Systeme, die Individualbesteue-
1,500.000    .                   55 20          55 75         54 68         55 00
                                                                                      rung als berufsorientieries   System der Ehegatten-
2,000,000                        56 90          57 54         56 51         56 97
                                                                                      besteuerung bezeichnet )     1

') Die Steuerbelastung für 1973 wurde von einem um 12 9 % aufgewerteten Ein-
kommen gerechnet. Einem Einkommen von 100 000 S (1971) entspricht 1973 ein
solches von 112 900 $., — *) Die Steuerbelastung bezieht sich auf Selbständige
                                                                                      1
                                                                                       ) H. Jecht,  Die Bundessteuer reform 1954, in: Finanzarchiv,
Für Unselbstängige ist sie durch den Arbeitnehmerfreibefrag niedriger.                Bd   16, Tübingen 1955, S 467

                                                                                                                                               55
Monatsberichte 2/1973

Haushaitsbesteuerung und Splitting gehen bei der             Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit verfügen,
 Besteuerung — im Gegensatz zur Individualbesteue-           zu benachteiligen, im Vergleich zu jenen, die durch
rung — vom Haushaltseinkommen aus.. Man nimmt                Vermögensübertragungen die Einkommen entspre-
an, daß die Einkommen der Ehegatten (und der min-            chend aufteilen können und einen splittingähnlichen
derjährigen Kinder) zusammengelegt werden, und               Effekt erzielen. Die Individualbesteuerung begünstigt
der Haushalt Träger der Konsumentscheidungen ist,            somit Familienpersonengesellschaften im Vergleich
das Haushaltseinkommen daher als Indikator der               zu Einzelunternehmen, wobei der Wegfall des Frei-
steuerlichen Leistungsfähigkeit angesehen werden             betrages für die mittätige Ehegattin diese Entwick-
kann, Unterschiede zwischen Haushaitsbesteuerung             lung unterstützt,
und Splitting ergeben sich in der Beurteilung, ob
sich durch die gemeinsame Haushaltsführung Ein-              Erweiterung der Sparförderung
sparungen ergeben, die die steuerliche Leistungs-
fähigkeit erhöhen (im Vergleich zu Ledigen mit               Das neue Einkommensteuergesetz sieht eine Aus-
gleich hohen Einkommen) oder ob Einbußen ent-                weitung und Umgestaltung der Sparförderung vor,
stehen,. Die Haushaitsbesteuerung nimmt an, daß              Insbesondere die Förderung des Bausparens wurde
die Einsparungen größer sind, daher werden Ver-              neu geregelt, Bisher wurde das Bausparen innerhalb
heiratete höher besteuert als Ledige bei gleichem            der Sonderausgaben durch Freibeträge gefördert,
Einkommen,. Beim Splitting wird hingegen eine Ver-           wodurch die Steuerersparnis mit steigendem Ein-
ringerung der Leistungsfähigkeit angenommen, so              kommen größer wurde,
daß Verheiratete im Vergleich zu den Ledigen nied-           Im neuen Gesetz wird das Bausparen durch Prämien
riger besteuert werden,, Bei der Individualbesteue-          begünstigt, die jedoch nicht wie beim Prämiensparen
rung werden Ledige und Verheiratete grundsätzlich            als Ausgaben im Budget verrechnet werden, sondern
gleich besteuert, weil hier die familiären Beziehun-         das Steueraufkommen an Lohn- und Einkommen-
gen und die sich daraus ergebenden wirtschaftlichen          steuer verringern, Obgleich die Bausparprämien im
Folgen unberücksichtigt bleiben,. Da im Einkommen-           Gesetz als Steuererstattungen bezeichnet werden,
steuergesetz weiterhin eine unterschiedliche Be-             wird die Prämie unbeschadet der Steuerleistung
steuerung von Ledigen und Verheirateten vorgesehen           in voller Höhe gewährt,, Wenn die Prämie höher ist
ist und für Alleinverdiener ein Absetzbetrag gewährt         als die Steuerschuld, handelt es sich bei dem die
wird, kann in Österreich von einer modifizierten             Steuerschuld übersteigenden Teil der Prämien um
Individualbesteuerung gesprochen werden ),    1

                                                             einen Transfer (negative Einkommensteuer),, Solche
                                                             Transfers werden für Verheiratete mit zwei Kindern
Weil die Haushaitsbesteuerung und Splitting an das           bei Einkommen unter 72,000 S (Selbständige) und
Haushaltseinkommen anknüpfen, können bei diesen              76,000 S (Unselbständige) gewährt, also für einen ver-
Systemen der Ehegattenbesteuerung die Auswirkun-             hältnismäßig großen Teil der Steuerpflichtigen,. Das
gen der Einkommensteuer auf die personelle Ein-              Bausparen wird durch die Steuerreform in zweifacher
kommensverteilung nicht abgeschätzt werden, Die              Hinsicht begünstigt, Bisher konkurrierten die Bau-
Beeinflussung    der Einkommensverteilung       kann         sparleistungen bei den Sonderausgaben mit ande-
sich daher nur auf die Haushaltseinkommen bezie-             ren Aufwendungen, Nun steht der volle Betrag
hen, Die Auswirkungen auf die intrafamiiiäre Ein-            (7,000 S für den Steuerpflichtigen, zusätzlich 7.000 S
kommensverteilung sind somit ungewiß,. Das kann zu           für die nichtberufstätige Ehegattin und 3,000 S für
Problemen führen, wenn der Vermögenszuwachs                  jedes Kind) allein für Bausparzwecke zur Verfügung,,
während der Ehe auf beide Ehepartner verteilt wer-           Dazu kommt noch, daß das Sonderausgaben-
den soll,. Die Individualbesteuerung hängt nicht mit         pauschale von 3,276 S jährlich wegfällt, Außerdem
dem Haushaltseinkommen zusammen, und ermög-                  ist das Bausparen auch für die Bezieher kleinerer
licht daher eine Beeinflussung der personellen Ein-          Einkommen auf Grund der Transferzahlungen inter-
kommensverteilung ,                                          essant geworden,,

Ehegatten mit gleich hohen Einkommen sind bei der            Durch die Prämienregelung steigen die Steuer-
Individualbesteuerung gegenüber Ehegatten mit un-            ersparnisse nicht mehr mit dem Einkommen, Bereits
gleich hohen Einkommen im Vorteil, Daraus folgt,             bei einem Grenzsteuersatz von mehr als 25% gehen
daß auch bei der Individualbesteuerung durch Ver-            die bisherigen Vorteile verloren, Während Bezieher
mögensübertragungen ein dem Splitting ähnlicher              höherer Einkommen durch die Neuregelung Vorteile
Effekt erzielt werden kann, Die Individualbesteue-           verlieren, profitieren Bezieher niedriger Einkommen.
rung tendiert dazu, Ehegatten, die beide nur über            Der Neuregelung des Bausparens kann man daher
                                                             eine gewisse Umverteüungswirkung zuschreiben, Die
                                                             Kosten der bisherigen Regelung können nur an-
!) D. Pohmer,   Einige Gesichtspunkte zur Familienbesteue-
rung, in: Finanzarchiv, Bd, 27, Tübingen 1968, S 147         nähernd geschätzt werden, weil sie von den Grenz-

56
Monatsberichte 2/1973

Steuersätzen der Bausparer abhängen. Unter der         Wertpapiere gedeckt sein, Diese Wertpapiere muß-
Annahme, daß der Grenzsteuersatz im Durchschnitt       ten ab 1971 während des ganzen Jahres im Porte-
33% beträgt, belaufen sich die Kosten auf rund         feuille sein,
2 2 Mrd, S, Die Neuregelung des Bausparens wird
                                                       Zur Sparförderung trägt auch die Neuregelung der
für den Staat höhere Einnahmeausfälle verursachen
                                                       Sonderausgaben bei,, Durch die Herausnahme des
Auf Grund der starken Zunahme der Vertrags-
                                                       Bausparens aus den Sonderausgaben und die Herab-
abschlüsse und der durchschnittlichen Vertrags-
                                                       setzung des Sonderausgabenpauschales auf 2,184 S
summe ist damit zu rechnen, daß die Kosten etwas
                                                       wird das Versicherungssparen indirekt gefördert,
über 2 5 Mrd, S liegen werden
                                                       weil einerseits die Konkurrenz mit dem Bausparen
Auch das steuerbegünstigte Wertpapiersparen wird       um die Höchstgrenzen für die Sonderausgaben weg-
durch das neue Gesetz zusätzlich gefördert, Bisher     fällt und andererseits die Rendite erhöht wird,, Dar-
konnten nur Arbeitnehmer und nicht bilanzierende       überhinaus wurden für die unter die Sonderausgaben
Unternehmer steuerbegünstigt festverzinsliche Wert-    fallenden Aufwendungen zur Wohnraumbeschaffung
papiere bis zu einem Nominale von 100,000 S er-        die Höchstgrenzen erhöht,
werben, Auf Grund des neuen Gesetzes wird die
Steuerbegünstigung auf alle unbeschränkt steuer-       Verstärkte    Investitionsförderung
pflichtigen Personen ausgedehnt, Sie wird jedoch
nicht nur in personeller, sondern auch in sachlicher   Im Einkommensteuergesetz werden die Investitionen
Hinsicht erweitert. Nun können auch Aktien inländi-    durch vorzeitige Abschreibungen, Investitionsrück-
scher Unternehmungen, so weit sie aus Kapital-         lagen und Investitionsfreibeträge gefördert, Das neue
erhöhungen stammen, steuerbegünstigt erworben          Einkommensteuergesetz erhöht diese Begünstigun-
werden, wobei die Aktien im Gegensatz zu den           gen und verbessert die Wahlmöglichkeiten zwischen
Wertpapieren nur zehn Jahre im Depot bleiben müs-      ihnen, Die vorzeitige Abschreibung, die bisher für
sen,, Jeder unbeschränkt Steuerpflichtige kann bis     bewegliche Anlagegüter 45% betrug, wurde auf 50%
100,000 S Wertpapiere oder Aktien erwerben, Die        erhöht ),. Außerdem ist in den Jahren 1974 bis 1976
                                                             1

Begünstigung besteht in einer Erstattung der Lohn-     eine zusätzliche vorzeitige Abschreibung für beweg-
und Einkommensteuer im Ausmaß von 15% des              liche Anlagegüter und Umweltschutzinvestitionen
erworbenen Nominales (bzw., des Ausgabebetrages),      von 25% vorgesehen, Während die vorzeitige Ab-
wobei auch hier die Steuererstattung in einen echten   schreibung nur eine Steuerstundung darstellt, ist
Transfer übergehen kann, wenn die Steuerschuld         der Investitionsfreibetrag, der eine Abschreibung
geringer ist als die Steuererstattung,,                von 120% der Anschaffungs- oder Herstellungs-
                                                       kosten bedeutet, eine echte Steuerermäßigung,
Der Erwerb steuerbegünstigter Wertpapiere ist in
den letzten Jahren kräftig gestiegen, 1972 wurden      Das Wahlrecht zwischen den einzelnen Möglich-
236 Mrd,, S festverzinsliche Wertpapiere steuer-       keiten der Investitionsbegünstigung wurde dadurch
begünstigt erworben (1971: 1 84 Mrd, S, 1968: 023      verbessert, daß nun für verschiedene Wirtschafts-
Mrd, S), Der Anteil der steuerbegünstigt erwerb-       güter nebeneinander Investitionsfreibetrag und vor-
lichen Wertpapiere am Gesamtemissionsvoiumen           zeitige Abschreibung angewendet werden können,,
lag in den letzten Jahren knapp unter 50%,, Das        Welche der beiden Investitionsbegünstigungen im
steuerbegünstigte Emissionsvolumen wurde aber          Einzelfall vorzuziehen ist, hängt von den normalen
meist nur zu etwas mehr als einem Dritte! genützt      Abschreibungssätzen, den zu erwartenden Gewin-
(1972: 366%, 1970: 330%, 1971 allerdings 48%),.        nen und der Entwicklung der Steuergesetzgebung ab,.
Vom gesamten Emissionsvolumen wurden in den            Unter der Annahme konstanter Gewinne und gleich-
letzten Jahren im Durchschnitt knapp 20% steuer-       bleibender Steuergesetzgebung ist der Investitions-
begünstigt erworben, inwieweit die Ausdehnung der      freibetrag bei Gebäuden in der Regel nicht vorteil-
Steuerbegünstigung auf höhere Einkommensschich-        haft,. Je höher der Satz der laufenden Abschreibun-
ten zu vermehrten Zeichnungen steuerbegünstigter       gen ist, um so mehr bringt der Investitionsfreibetrag,,
Wertpapiere führt, kann schwer abgeschätzt werden,     Wenn mit steigenden Gewinnen gerechnet wird, ist
weil andere Sparformen gleichfalls attraktiver wur-    der Investitionsfreibetrag günstiger, Das gleiche gilt,
den und für Zinsen aus Sparguthaben ein Freibetrag     wenn in der Zukunft ein Steigen der Steuersätze zu
von 5 000 S gewährt wird,                              erwarten ist oder mit stark schwankenden Gewin-
                                                       nen gerechnet werden muß, Allerdings wird durch
Der Förderung des Wertpapiersparens steht die Ab-      die zusätzliche vorzeitige Abschreibung in den Jah-
schaffung der Wertpapierdeckung für Abfertigungs-      ren 1974 bis 1976 die vorzeitige Abschreibung in den
rückiagen entgegen, Bisher mußten 25% der in der
Bilanz des vergangenen Wirtschaftsjahres ausgewie-     *) In den begünstigten Gebieten beträgt die vorzeitige Ab-
senen Abfertigungsrücklage durch festverzinsliche      schreibung im Jahre 1973 noch 6 0 %

                                                                                                              57
Monatsberichte 2/1973

meisten Fällen günstiger sein Durch das Wahlrecht     Die Steuerausfälle aus der Steuerreform lassen sich
ist für die Unternehmer jedenfalls ein Abwägen der    nur mit einem sehr großen Fehlerspiel räum schätzen
Alternativen notwendig.                               Aus der Tarifsenkung (einschließlich der Absetz-
                                                      beträge) dürften sich Ausfälle von 4 6 bis 4 7 Mrd„ S
Neben den vorzeitigen Abschreibungen sind auch
                                                      ergeben, die zum überwiegenden Teil (etwa zu zwei
die Bedingungen für die Bildung der Investitions-
                                                      Dritteln) den Unselbständigen zugute kommen Ein-
rücklage verbessert worden. Der Höchstsatz für die
                                                      nahmenausfälle ergeben sich weiters vor allem aus
Bildung der Investitionsrücklage wurde von 20%
                                                      dem Übergang zur Individualbesteuerung, der neuen
auf 25% erhöht und die Frist für die bestimmungs-
                                                      Bausparregelung, der erhöhten vorzeitigen Ab-
gemäße Verwendung von drei auf vier Jahre aus-
                                                      schreibung, der Neuregelung der Besteuerung
gedehnt. Die Investitionsrücklage hat im Vergleich
                                                      verschiedener Zuschläge (Oberstundenzuschläge,
zur vorzeitigen Abschreibung geringe Bedeutung
                                                      Schmutzzulagen usw..), denen allerdings zum Teil
1968 nahmen Einkommensteuerpflichtige die Investi-
                                                      Ersparnisse aus dem Wegfall von Steuerbegünsti-
tionsrücklage nur im Ausmaß von 0'49 Mrd,. S in
                                                      gungen (Freibetrag für die mittätige Ehegattin)
Anspruch, die vorzeitige Abschreibung hingegen für
                                                      gegenüberstehen.. Die Höhe dieser Einnahmenaus-
260 Mrd,, S,.
                                                      fälle läßt sich nicht mit hinreichender Genauigkeit
                                                      schätzen.
Zusammenfassung
                                                      Die Zielsetzung der Umverteilung zwischen höheren
Die Steuerreform läßt die Probleme der bestehenden    und niedrigeren Einkommen ist nicht deutlich aus-
Steuertarifgestaltung  deutlich sichtbar werden, Um   geprägt Die Sparbegünstigungen lassen ebenfalls
die Steuerprogression zu mildern, wurde die Zahl      keine eindeutige Zielsetzung erkennen, weil sich
der Tarifstufen verringert, Damit aber die höheren    zwar die Prämienregeiung zugunsten der niedrigen
Einkommen nicht eindeutig begünstigt werden, muß-     Einkommen auswirkt, die Ausnützung der Spar-
ten die Tarifstufen erhöht werden, Da das Auseinan-   begünstigung aber auch von der Sparfähigkeit ab-
derziehen der Tarifstufen die Progression schwächt,   hängt,.
die Erhöhung der Stufen sie aber verschärft,           Eindeutiger wirkt sich die Reform in der Angleichung
schwankt der Umverteilungseffekt der Tarifänderung     der Steuerbelastung zwischen Ledigen und Ver-
innerhalb der einzelnen Tarifstufen; insgesamt läßt    heirateten aus Hier ist die Tendenz zum Abbau
sich keine bestimmte Tendenz feststellen, Das Über-   der Besteuerungsunterschiede klar ersichtlich, d h
gehen zu Steuerabsetzbeträgen begünstigt die Be-      die Ledigen profitieren von der Reform stärker als
zieher niedriger Einkommen, da die Steuerermäßigung   Verheiratete.. Auch Ehepaare, von denen beide Ehe-
mit steigendem Einkommen relativ sinkt, verschärft    gatten berufstätig sind, werden im Vergleich zu
aber die Progression,. Die Elastizität des Steuer-    jenen mit einem Alleinverdiener, begünstigt. Die
aufkommens steigt dadurch und die Steuererträge       Reform orientiert sich nicht mehr an der Familie
werden rascher zunehmen als bisher, Die Belastung     als Ganzes, sondern an den einzelnen Familien-
der Realeinkommen mit Einkommensteuer wird da-        mitgliedern..
durch nur vorübergehend gemildert                                                            Gerhard Lehner

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