Zusammenarbeit von KMU und Start-ups - Themenheft Mittelstand-Digital - Mittelstand Digital

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Zusammenarbeit von KMU und Start-ups - Themenheft Mittelstand-Digital - Mittelstand Digital
Zusammenarbeit von
KMU und Start-ups
Themenheft Mittelstand-Digital

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Impressum

Herausgeber
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi)
Öffentlichkeitsarbeit
11019 Berlin
www.bmwi.de

Stand
Oktober 2021

Druck
MKL Druck GmbH und Co. KG, 48346 Ostbevern

Gestaltung
PRpetuum GmbH, 80801 München

Bildnachweis
Anthony Shkraba / pexels / S. 28
BEULCO / S. 15
Daniel Schlemermeyer, münsterLAND.digital e. V. / S. 8, S. 9
fauxels / pexels / S. 25
Garage Island Crew – Stocksy / Adobe Stock / Titel
Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel / S. 22
vittaya25 / iStock / S. 15

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Inhalt

Editorial
        ...........................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................................   2

Start-ups: Eine große Digitalisierungschance für den Mittelstand                                                                                                                                                                                                                         ..........................................................................   4

Weg von der Zettelwirtschaft: Start-up entwickelt maßgeschneiderte
digitale Lösungen für einen Handwerksbetrieb                                                                                                                                                     ..................................................................................................................................................................   8

KMU trifft Start-up: Neue Datensicherheitsstandards für
die Wasserversorgung                                                      ...................................................................................................................................................................................................................................................................................   11

Automatisierte Rechnungsbearbeitung durch KI                                                                                                                                                            .....................................................................................................................................................   14

Mittelstand-Digital unterstützt regional und thematisch                                                                                                                                                                                        ..............................................................................................................   17

Netzwerken mal anders: Start-up-Ideen auf der Bühne der
„Retail Pitch Night“                                          ...............................................................................................................................................................................................................................................................................................   21

Wie kleine und mittlere Unternehmen von Start-ups profitieren können                                                                                                                                                                                                                                                        .................................   24

KMU aus der Komfortzone rausholen                                                                                                                    ........................................................................................................................................................................................................   27
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Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,

Digitalisierungsschub, unterbrochene Lieferketten,                               Da in den meisten kleinen und mittleren Unter­
signifikante Umsatzzuwächse im Onlinehandel –                                    nehmen alle zeitlichen und personellen Ressour­
die wirtschaftlichen Veränderungen, die wir in den                               cen auf das operative Geschäft gerichtet sind, bleibt
letzten Monaten erlebt haben, zeigen: Unternehmen                                wenig Raum für Neu- und Weiterentwicklungen.
müssen flexibel bleiben, wenn sie langfristig erfolg­                            Viele Verantwortliche haben dies bereits erkannt
reich sein wollen. Sie müssen in der Lage sein, ihren                            und setzen bei der Entwicklung von Innovationen
Geschäftsbetrieb schnell und doch nachhaltig um­­                                auf Kooperationen mit Start-ups. Durch die Ein­
zustellen, um auf den sich stetig ändernden Markt                                bindung dieser jungen Betriebe kommt nicht nur
zu reagieren. Deshalb reicht es nicht, auf vorhan­                               der sprichwörtliche frische Wind ins eigene Unter­
dene Qualitäten zu setzen. Etablierte Prozesse müs­                              nehmen, die Zusammenarbeit hat für beide Seiten
sen regelmäßig neu- und weitergedacht werden.                                    zahlreiche Pluspunkte. Mehr zu den Vorteilen und
Hierin liegt gerade für kleine und mittlere Unter­                               wie Start-ups dem Mittelstand einen Innovations­
nehmen (KMU) eine besondere Herausforderung.                                     schub geben, erfahren Sie in unserem Expertenbei­
                                                                                 trag auf Seite 24.
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Wie eine solche Zusammenarbeit aussehen kann,              Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
zeigen auch die Praxisbeispiele in diesem Themen­          unterstützt KMU bei der Digitalisierung, hilft aber
heft. Darin gewähren Unternehmen unterschied­              auch bei der Vermittlung von Kooperationspart­
licher Branchen Einblicke in konkrete Kooperatio­          nern. Dies übernehmen die deutschlandweiten
nen mit Start-ups. Von Wasserversorgern (S. 11)            Zentren im Mittelstand-Digital Netzwerk. Neben
und Handwerksbetrieben (S. 8) bis hin zu Kompo­            Veranstaltungen und Workshops zum Thema
nentenherstellern (S. 14) berichten die Inhaberin­         Zusammenarbeit von KMU und Start-ups unter­
nen und Inhaber von den Herausforderungen, die             stützen die Expertinnen und Experten vor Ort
dazu geführt haben, sich mit jungen Unternehmen            Mittelständler auch bei der Suche nach geeigneten
zu­­sammenzutun, und den ersten Schritten der              jungen Firmen, mit denen ein Zusammenschluss
gemein­samen Arbeit. Sie geben Einblicke in Moder­         zielführend ist, und begleiten den Kooperations­
nisierungsprozesse, Stolpersteine und Innovatio­           prozess. Damit beide Seiten zusammenfinden, gibt
nen wie Apps und andere maßgeschneiderte Soft­             es zudem Sonderveranstaltungen wie die Retail
ware, die aus der Zusammenarbeit entstanden sind.          Pitch Night (S. 21) oder Start-up-Stammtische.
In einem Interview (S. 27) berichtet außerdem Kers­
tin Fiedler, Managerin für Digitale Innovation &           Wir wünschen Ihnen eine spannende und inspirie­
Technologie eines mittelständischen Unterneh­              rende Lektüre!
mens, über eine vom Betrieb gegründete digitale
Einheit, die speziell auf das Rekrutieren von Start-
ups für Kooperationen in Digitalisierungsprojekten
ausgerichtet ist.
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Start-ups: Eine große Digitalisierungs­
chance für den Mittelstand
Der deutsche Mittelstand macht sich auf den Weg                                   In einer Umfrage für den KfW-Gründungsmonitor
in die digitale Zukunft. Start-ups können den etab­                               2020 gaben 32 % der befragten Start-ups an, ihr
lierten kleinen und mittleren Betrieben Unterstüt­                                Geschäftsmodell im Kern internetbasiert und digi­
zung bieten, um diesen Bedarf zu decken. Während                                  tal zu gestalten. 28 % der jungen Unternehmen
mittelständische Unternehmen über bestehende                                      haben Angebote in ihrem Portfolio, die nur durch
Geschäftsmodelle, Kunden- und Zuliefererbezie­                                    den Einsatz digitaler Technologien nutzbar sind.2
hungen sowie Expertise auf ihrem Fachgebiet ver­                                  Laut einer Umfrage für den „Deutschen Startup
fügen, können Start-ups innovatives Digitalisie­                                  Monitor 2020“ dominieren in der Szene Studien­
rungswissen und passende Lösungen beitragen.                                      fächer wie Informatik, Computer Science oder
Obwohl zum Teil unternehmenskulturelle Unter­                                     Mathematik, Ingenieurwissenschaften und Wirt­
schiede bestehen, können der klassische Mittel­                                   schaftswissenschaften.3 Somit verfügen sie über
stand und die jungen Unternehmen hervorragend                                     solides Wissen zu Digitalisierung und Geschäfts­
von einer Zusammenarbeit profitieren.                                             modellentwicklung sowie passende Digitalisie­
                                                                                  rungslösungen.

Start-ups sind wichtige Treiber für die                                           Start-ups sind in zahlreichen Bereichen tätig und
Digitalisierung der Wirtschaft                                                    implementieren häufig branchenübergreifende
                                                                                  Innovationen. Der Fokus liegt dabei auf der Infor­
Die Start-up-Szene ist ein wichtiger Bestandteil der                              mations- und Kommunikationstechnologie, zu der
deutschen Wirtschaft. Vor der Corona-Pandemie                                     sich fast 32 % der befragten Start-ups zählen, gefolgt
gab es mehr als eine halbe Million Neugründungen                                  von Unternehmen in der Ernährungs-, Nahrungs-
pro Jahr (605.000 im Jahr 2019).1                                                 und Konsumgüterbranche (10,7 %) sowie Gründun­

1   Dr. Georg Metzger (KfW Bankengruppe), KfW-Gründungsmonitor 2020, Frankfurt am Main, Juli 2020.
2   Ebd.
3   Prof. Dr. Tobias Kollmann et al. (Universität Duisburg-Essen) für Bundesverband Deutsche Startups e.V., Deutscher Startup Monitor 2020,
    basierend auf einer Umfrage mit 1.866 Start-ups.
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gen im Bereich Medizin und Gesundheitswesen                                  •   Erschließung neuer Technologien
(9,2 %).4 Nichtsdestotrotz finden sich auch in allen                         •   Gestaltung der Digitalisierung
anderen Branchen junge Unternehmen mit inno­                                 •   Produkt- und Dienstleistungsentwicklung
vativen Geschäftsideen und Digitalisierungslösun­                            •   Zugang zu neuen Märkten
gen. Für Kooperationen mit kleinen und mittleren                             •   Zugang zu talentierten Fachkräften
Betrieben bedeutet dies: Es gibt eine Vielzahl an                            •   Verbesserung der Produktionsprozesse
Start-ups in verschiedensten Branchen, die relevante                         •   Kulturtransfer und Inspiration
Lösungen und Wissen für Digitalisierungsvorhaben                             •   Optimierung des Vertriebs
zur Verfügung stellen können.
                                                                             Hürden in der Kooperation sind laut der etablier­
                                                                             ten Unternehmen Herausforderungen wie unter­
Die deutsche Start-up-Szene bietet große                                     schiedliche Unternehmenskulturen und Ziel­
Chancen für kleine und mittlere Unternehmen                                  setzungen sowie mangelndes Vertrauen in die
                                                                             Zuverlässigkeit der Start-ups.7 Um die Chancen
Die Mehrheit der Start-ups (69 %) stellt ihre Leis­                          einer gemeinsamen Zukunft zu nutzen, müssen
tungen und Produkte auch anderen Unternehmen                                 diese kulturellen Unterschiede überwunden und
zur Verfügung. Daraus ergibt sich für etablierte                             Vertrauen geschaffen werden. Das Mittelstand-
KMU ein großes Potenzial für gewinnbringende                                 Digital Netzwerk unterstützt KMU und Start-ups
Kooperationen mit jungen Unternehmen.5                                       dabei, über Unternehmens- und kulturelle Gren­
                                                                             zen hinweg, wertstiftend zusammenzuarbeiten.
Wie aber können die etablierten kleinen und mittle­
ren Unternehmen von Kooperationen mit den Start-­ Weiterführende Informationen und Anlaufpunkte
ups profitieren? Laut einer Umfrage von BDI und      finden Unternehmen auf der Webseite
IfM gibt es folgende Motive für die Zusammenarbeit:6 www.mittelstand-digital.de.

4   Ebd.
5   Ebd.
6   BDI und IfM – Institut für Mittelstandsforschung Bonn, Die größten Familienunternehmen in Deutschland, Unternehmensbefragung 2018 – Kooperationen
    mit Start-ups, 2018.
7   Ebd.
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6   T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “

                            ZUSAMMENARBEIT von KMU und Start-ups

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                                                                                                                                                        der Start-ups bewerten die
                                     PROZENT                                                                                                             aktuellen Kooperations-
                              der KMU können sich                                                                                                      möglichkeiten mit etablierten
                              eine Zusammenarbeit                                                                                                      Unternehmen als (sehr) gut.
                             mit Start-ups vorstellen.

                                                                                                        38
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                                                                                          der KMU haben schon einmal mit
                                                                                        einem Start-up zusammengearbeitet.

                            MOTIVATION für Kooperationen aus KMU-Sicht

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                                                             PROZENT
                                                                                                                      64
                                                                                                                       PROZENT
                                                                                                                                                            57
                                                                                                                                                           PROZENT
                                                         Entwicklung einer                                        Erschließung neuer              der Kooperationen sind
                                                         Produktinnovation                                           Technologien               Entwicklungspartnerschaften.

                                                                                                                                 HÜRDEN in der Zusammenarbeit
                                                                                                                                 aus Sicht der KMU

                                  49
                                   PROZENT
                                                                                                                                                49
                                                                                                                                                 PROZENT
                                                                                                                                                                                       31
                                                                                                                                                                                      PROZENT
                               Entwicklung neuer                                                                                            unterschiedliche                      Schwierigkeiten bei
                               Geschäftsmodelle                                                                                          Unternehmenskulturen
                                                                                                                                                                                  gemeinsamer Ziele

                        Quellen: „Mittelstand meets Startup 2018, Potenziale der Zusammenarbeit“ (RKW-Kompetenzzentrum), „Deutscher Startup Monitor 2020. Innovation statt Krise“ (Bundesverband
                        Deutsche Startups e.V., PwC Deutschland), Wirtschaftsdienst, Heft 5, 2021: „Mehr Kooperation von Start-ups und Mittelstand als Chance für Digitalisierung und Innovationen“
                        (Röhl, Klaus-Heiner; Engels, Barbara).
Zusammenarbeit von KMU und Start-ups - Themenheft Mittelstand-Digital - Mittelstand Digital
T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “    7

        FACTS zur Start-up-Szene in Deutschland

                                   2,5                                       14,3
                                                        JAHRE
                                                                                                                                                                        Bei Künstlicher
                                                                                                                                                                          Intelligenz

                                                                                                                                   85 49
                                                                               Durchschnittliche                                                                         trifft das auf
                             Durchschnittliches Alter                        Mitarbeiterzahl (2020)
                              von Start-ups (2020)

                                    70.000
                                                                                                                                   PROZENT                               PROZENT
                                                                                                                             der Start-ups messen                   der Start-ups zu.
                                                                                                                              der Digitalisierung
                                                                                                                              einen (sehr) großen

                                                                                                                             Geschäftsmodell bei.
                                        Start-ups in Deutschland (2019)

                                                                                                                        67
                                                                                                                       PROZENT
                                                                                                             der untersuchten Start-ups
                                                                                                             ordnen sich dem digitalen
                                                                                                                Geschäftsmodell zu.

Quellen: „KfW-Start-up-Report 2020. Start-ups in Deutschland stabil bei 70.000 im Jahr 2019 – Auswirkung der Corona-Krise unsicher“, „Deutscher Startup Monitor 2020.
Innovation statt Krise“ (Bundesverband Deutsche Startups e.V., PwC Deutschland)
Zusammenarbeit von KMU und Start-ups - Themenheft Mittelstand-Digital - Mittelstand Digital
8     T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “

Weg von der Zettelwirtschaft: Start-up
entwickelt maßgeschneiderte digitale
Lösungen für einen Handwerksbetrieb
Der Übergang vom Analogen zum Digitalen scheitert in vielen mittelständischen Betrieben an der
passenden digitalen Lösung. Ein Praxisbeispiel aus dem Zentrum des Mittelstand-Digital Netz-
werks in Lingen zeigt, wie dank einer Kooperation eine maßgeschneiderte Lösung entstehen kann.

Vielen Handwerksbetrieben stellt sich die Frage, ob                              er sich starke Partner: Zunächst unterstützte ihn
und wie sie digitale Lösungen in ihren Geschäfts­                                das Expertenteam des Mittelstand 4.0-Kompetenz­
betrieb implementieren sollen. Vor allem der admi­                               zentrums Lingen bei der Entwicklung eines Kon­
nistrative Aufwand bei Abrechnungen und Doku­                                    zeptes für ein neues Dokumentationssystem. Als
mentationen und die traditionelle Zettelwirtschaft                               es dann um die Umsetzung ging, stellte das Mittel­
lassen viele Firmenchefinnen und -chefs ein Auge                                 stand 4.0-Kompetenzzentrum den Kontakt zu
auf schlanke, digitale Lösungen werfen. Aber jeder                               einem Start-up aus der Region her – der Beginn
Betrieb ist anders. Deshalb kommen viele vorge­                                  einer Erfolgsgeschichte.
fertigte Lösungen nicht infrage. Oder sie werden
angeschafft, im Arbeitsalltag dann aber doch nicht
umgesetzt. Dieses Problem kannte auch Frank                                      Digitaler Erfolg made in Münsterland
Vorwerk, Inhaber der Heinz Vorwerk GmbH aus
Warendorf im Münsterland.                                                        Die Clockin GmbH, ein Start-up aus Ahlen und
                                                                                 Münster, ist Spezialist für digitale Zeiterfassung
Das mittelständische Handwerksunternehmen ist                                    und Arbeitsdokumentation. Ihre Software für
seit seiner Gründung 1977 auf Innen- und Außen­                                  iPhone- und Android-Geräte erleichtert Mitarbei­
putz, Stuckarbeiten und Denkmalpflege speziali­                                  tenden aus dem Handwerk, der Pflege, der Land­
siert. Frank Vorwerk übernahm den Betrieb von                                    wirtschaft, der Immobilienbranche oder den
seinem Vater und beschloss, den Übergang vom                                     Sicherheitsdienstleistungen den Arbeitsalltag und
Analogen zum Digitalen anzugehen. Dazu suchte                                    läutet in vielen Betrieben das Ende von Stunden­
T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “   9

Gemeinsame Entwicklung einer digitalen Lösung für Materialabrechnung und Zeiterfassung.

zetteln und Dokumentationen auf Papier ein.                           Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
Genau das suchte auch Frank Vorwerk für seinen                        vermittelt das passende Start-up
Betrieb und startete die Zusammenarbeit mit
Clockin. Sein Auftrag an das Start-up: eine mobile                    Gemeinsam mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenz­
Materialabrechnungs- und Zeiterfassungsanwen­                         zentrum Lingen analysierte der Unternehmer den
dung, bei der am Ende die tatsächliche Leistung                       Ist- und Soll-Zustand von Vorwerk, wobei bereits
des Betriebes gegenüber Mitarbeitenden und Kun­                       mögliche Schnittstellen zur Übermittlung von
den abgebildet und so mehr Transparenz und                            Material-, Auftrags- und anderen Daten identifiziert
Zufriedenheit geschaffen werden sollten. Daneben                      wurden. Anhand dieser Analyse konnte Clockin
sollte die digitale Lösung mehrstufige Abstim­                        Vorschläge für die Anforderungen von Vorwerk an
mungsprozesse mit der Kundschaft darstellen kön­                      die Software und ihre Umsetzung erarbeiten. Dass
nen. Denn gerade im Putz- und Stuckhandwerk                           die Mitarbeitenden der Clockin zu Projektbeginn
sind Auftragsplanung und -durchführung sowie                          wenig bis gar keine Ahnung von den Abläufen in
die damit verbundene Kommunikation nicht nur                          einem Handwerksbetrieb hatten, kam dem Projekt
sehr kleinteilig, sie unterliegen oft mehrfachen                      sogar zugute: „Es wurden Fragen gestellt, die nur
Medienbrüchen, also einem Wechsel zwischen ana­                       Außenstehende stellen können“, sagt Frank Vor­
loger und digitaler Arbeit. Für all diese Herausfor­                  werk und ergänzt: „Das war gut, vor allem, weil
derungen wünschte sich Frank Vorwerk eine gute                        man am Ergebnis sehen konnte, dass Clockin so
Softwarelösung.                                                       ganz andere und neue digitale Wege vorgeschlagen
                                                                      hat, die wir nie in Betracht gezogen hätten.“
10     T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “

Das Projektteam der Heinz Vorwerk GmbH und des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Lingen.

Entstanden ist aus der Zusammenarbeit eine ganze
Reihe von Arbeitspaketen, die nach und nach um­­                                       Kontaktinformationen zum Zentrum
gesetzt werden, darunter eine mobile Materialab­                                       Lingen
rechnungs- und Zeiterfassungsapplikation, die in
Zukunft die Rechnungsstellung weitgehend auto­
matisiert vornehmen soll. So werden die Mitarbei­
terinnen und Mitarbeiter des Betriebes entlastet
und haben letztlich mehr Zeit für das Wesentliche:
ihre Kundschaft und das Handwerk.

Das Projekttagebuch der Heinz Vorwerk GmbH
zu hören bei den „Mittelstand-Digital Podcasts“.
T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “   11

KMU trifft Start-up: Neue Daten­
sicherheitsstandards für die Wasser­
versorgung
Die Wasserversorgung gehört zur so genannten Kritischen Infrastruktur, ist also ein wichtiges
Versorgungssystem unseres Lebens. Sollen hier digital steuerbare Produkte eingesetzt werden,
müssen sie besonders gut gegen Cyberattacken geschützt werden. Wie dies gelingen kann, zeigt
die Zusammenarbeit der BEULCO GmbH mit der PHYSEC GmbH, einem Start-up, das zur
Sicherheit des Internet of Things (IoT) berät. Das Mittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL brachte
die beiden Unternehmen zusammen.

Intelligente Technologien wie das IoT werden               Damit eine intelligente Steuerung gelingt, muss
heute auch zur Optimierung der Wasserwirtschaft            auch die verbaute Hardware mit digitalen Schnitt­
eingesetzt: Durch eine smarte Steuerung wird der           stellen ausgestattet sein. Solche Hardware entwickelt
nachhaltige Umgang mit der Ressource Wasser                die BEULCO GmbH & Co. KG, ein Traditionsunter­
unterstützt und die flächendeckende Versorgung             nehmen aus Attendorn in Nordrhein-Westfalen.
mit sauberem Trinkwasser sichergestellt. Um mög­           Der Mittelständler bietet unter anderem Produkte
lichst viele Qualitätsinformationen über das Wasser,       für die Wasserversorgung, die Trinkwasserhygiene
das tagtäglich durch unsere Leitungen fließt, zu           und Probenentnahme an. Im Rahmen seiner Digi­
erhalten, werden intelligente Sensoren zur smarten         talisierungsstrategie hat das Unternehmen sich
Steuerung eingesetzt. Sie liefern Daten zu Verbrauch       auch im Bereich smarter Produkte für die Wasser­
und Wasserdruck, zur Qualität und zur Systemleis­          versorgung gut aufgestellt.
tung insgesamt. Auf Basis dieser Daten lassen sich
nicht nur langfristig Aussagen und Prognosen über
den Wasserverbrauch erstellen, sie versetzen Ver­          Nicht nur smart, sondern auch sicher
sorgungsunternehmen auch in die Lage, Wasser­
mengen automatisiert zu lenken.                            Gerade bei der Wasserversorgung, die zur Kriti­
                                                           schen Infrastruktur für das Funktionieren unseres
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Lebens und Alltags gehört, ist es nicht damit getan,                              Gemeinsam innovative Lösungen entwickeln
smarte Lösungen anzubieten: Da die Geräte Daten
übertragen, sind sie für Cyberattacken anfällig und                               Auf einer Netzwerkveranstaltung des Zentrums
müssen besonders geschützt werden. Um dies für                                    lernten sich die Vertreter beider Unternehmen
ihre Komponenten und ihre iQ-Cloud, die digitale                                  kennen und schmiedeten Pläne für eine Koopera­
Schaltzentrale zur Sammlung, Verarbeitung und                                     tion. „Die Zusammenarbeit mit der PHYSEC hebt
Darstellung der Wasserdaten, zu gewährleisten,                                    unsere Produkte auf ein neues Level. Dank der ent­
holte sich die BEULCO GmbH & Co. KG Unterstüt­                                    wickelten Lösung können wir guten Gewissens
zung durch die PHYSEC GmbH. Das nordrhein-                                        sagen, dass unsere Komponenten höchsten Sicher­
westfälische Start-up entwickelt Sicherheits­lösun­                               heitsstandards entsprechen, wie sie z. B. das Bun­
gen für cyber-physische Systeme und ist damit der                                 desamt für Sicherheit in der Informationstechnik
perfekte Partner für das Vorhaben der BEULCO.                                     vorgibt.

Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für eine sichere Datenübertragung.
T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “   13

Das ist für uns von zentraler Wichtigkeit, denn die        Kooperation als Erfolgsrezept
Akzeptanz unserer Produkte steht und fällt mit
ihrer Sicherheit und Zuverlässigkeit“, sagt Martin         „Ob eine Kooperation von KMU und Start-up er­­
Lange, Head of iQ water solutions bei BEULCO.              folgreich ist, hängt natürlich stark davon ab, wie
                                                           gut die beiden Partner zusammenpassen. Im Fall
Gemeinsam arbeiten die beiden Unternehmen an               von BEULCO und PHYSEC sind zwei Unternehmen
einer sicheren IoT-Technologie, die die (Daten-)           aufeinandergetroffen, die gleichermaßen agil, schnell
Sicherheit der Wasserversorgung gewährleisten              und flexibel arbeiten. Das macht die Zusammen­
soll. Dazu wird eine Ende-zu-Ende-Verschlüsse­             arbeit leicht“, sagt Matthias Parlings, Geschäfts­
lung für die Datenübertragung zwischen Hardware            stellenleiter vom Mittelstand-Digital Zentrum
und der iQ-Cloud eingesetzt. Diese Verschlüsselung         Ruhr-OWL, das die beiden neuen Partner zusam­
begegnet uns zwar bereits täglich bei Online-Ban­          menbrachte.
king oder Messenger-Diensten, musste jedoch im
Projekt mit den speziellen Anforderungen an Strom­         Die Teamarbeit zwischen den Unternehmen soll
verbrauch, Rechenleistung und niedriger Band­              auch in Zukunft fortgesetzt werden: Geplant ist
breite in Einklang gebracht werden. Das entwickelte        die Absicherung aller BEULCO-Geräte, wie z. B.
Sicherheitssystem schützt die sensiblen Daten ent­         Gateways oder GPS-Tracker, durch die Sicherheits­
lang des ganzen Übertragungsweges vor Angreifen­           technologie von PHYSEC.
den, sodass alle smarten BEULCO-Geräte sicher
kommunizieren.

                                                                Kontaktinformationen zum Zentrum
                                                                Ruhr OWL

                                                                                                    @digitalinnrw @Digital in NRW
14    T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “

Automatisierte Rechnungsbearbeitung
durch KI
Die manuelle Bearbeitung von Rechnungen schluckt in vielen kleinen und mittleren Unterneh-
men eine Menge Zeit. Mit Anwendungen aus der Künstlichen Intelligenz kann dieser Prozess
automatisiert werden. Das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Saarbrücken hat der Satherm
GmbH mit Start-up-Unterstützung gezeigt, wie das geht – mit erstaunlichen Ergebnissen.

Analoge, oft veraltete Routinetätigkeiten nehmen                                 Intelligenz basiert, sollte die gesamte Rechnungs­
vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen                                   stellung zukünftig bestmöglich automatisiert
viel Zeit in Anspruch. Zum Beispiel muss jährlich                                er­folgen.
eine Vielzahl von Rechnungen bearbeitet werden –
ein oft monotoner Arbeitsprozess, bei dem sich
durch die händische Eingabe auch Übertragungs­                                   Erfolgreiche Kollaboration mit saarländischem
fehler einschleichen können. Die Satherm GmbH                                    KI-Start-up
mit Sitz im saarländischen Saarwellingen machte
mit dieser Problematik viele Erfahrungen: Rund                                   Im Rahmen dieses Anliegens galt es, eine Reihe
20.000 Eingangsrechnungen wurden jährlich von                                    technischer Herausforderungen zu bewältigen:
zwei bis vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern                                  Zum einen mussten Anwendungen gefunden wer­
des internationalen Vertriebs, der auf elektrische,                              den, die Dokumente sowohl auf Papier als auch
mechanische, hydraulische, mess- und regeltechni­                                digital in einfach zu verarbeitende Daten umwan­
sche Komponenten spezialisiert ist, bearbeitet –                                 deln können. Zum anderen mussten Rechnungs­
Tendenz steigend. Satherm wandte sich daher an das                               elemente wie Beträge, Rechnungs- und Kunden­
Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Saarbrücken.                                    nummern oder Kontodaten vollständig extrahiert
Das Anliegen: eine Effizienzsteigerung dieser Pro­                               und automatisiert in das hauseigene IT-System
zesse. Nach einer Bedarfsanalyse lag die passende                                übertragen werden. Da die Satherm GmbH inter­
Lösung für die Referentinnen und Referenten des                                  national ausgerichtet ist, war es zudem wichtig,
Kompetenzzentrums schnell auf der Hand: Durch                                    dass die KI-Lösung Rechnungen in verschiedenen
den Einsatz einer Anwendung, die auf Künstlicher                                 Sprachen auswerten kann.
T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “   15

Automatisierte Rechnungsbearbeitung spart Zeit und Geld.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kompe­                         mit einer frei nutzbaren Softwareroboter-Techno­
tenzzentrums fanden schließlich eine passende                           logie für den Einsatz in der Satherm GmbH kombi­
Lösung, die das saarländische Unternehmen natif.                        niert.
ai entwickelt hat, und brachten beide Betriebe
zusammen. Das Start-up bietet eine KI-Software
zur Texterkennung in Rechnungen an, die auf sie­                        Enorme Effizienzsteigerung durch „Human in
ben etablierten neuronalen Netzen basiert. Neuro­                       the Loop“-System
nale Netze sind KI-Methoden, die in der Lage sind,
menschliche Sinne wie das Sehen nachzuahmen                             Zunächst spezifizierten die Referentinnen und
und entsprechend Informationen zu erfassen und                          Referenten des Kompetenzzentrums die grundle­
zu verarbeiten. Die KI-Anwendung von natif.ai                           genden Anforderungen der Satherm GmbH in
macht auf diese Weise die automatisierte Doku­                          einer Reihe von Vor-Ort-Terminen. In einer Test­
mentenerkennung möglich. Um den Prozess auch                            phase mit Musterrechnungen wurde erfolgreich
über den Rechnungseingang hinaus bis zur Zah­                           evaluiert, ob die angedachte Lösung den Anforde­
lung zu automatisieren, wurde die KI-Anwendung                          rungen entspricht und in der Praxis funktioniert.
16     T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “

Dabei wurde durch wiederholtes „Anlernen“ des                                     Das Ergebnis erfüllte nicht nur die Erwartungen, es
KI-Systems die Genauigkeit der Datenverarbeitung                                  übertraf sie sogar deutlich. Bis zu 80 % der Ein­
erhöht, um eine niedrige Fehlerquote zu erreichen.                                gangsrechnungen können nun voll automatisiert
In jedem Stadium des Entwicklungsprozesses war                                    verbucht und mit Auftragseingängen abgeglichen
der Input der Mitarbeitenden von größter Wichtig­                                 werden. Diese Automatisierung hat nicht nur eine
keit. In einem so genannten „Human in the Loop“-                                  enorme Effizienzsteigerung zur Folge, auch die
System teilten insbesondere zwei erfahrene Kolle­                                 Zufriedenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbei­
gen vor dem Rentenalter ihr Wissen ausgiebig mit                                  ter erhöhte sich deutlich. Am größten fiel die Opti­
der Anwendung und korrigierten das KI-System,                                     mierung bei der Bearbeitungszeit der Rechnungen
wenn es Rechnungen nicht richtig erkannte. So                                     aus: Sie reduzierte sich von durchschnittlich 15
optimierten sie das System bis zu ihrem Renten­                                   Tagen auf nur 2,5 Stunden pro Rechnung. Außer­
eintritt und leisteten einen nachhaltigen Beitrag                                 dem sanken die Bearbeitungskosten um 67 % pro
für die Zukunft des Unternehmens, in dem sie viele                                Rechnung. Auch der KI-Entwickler natif.ai ver­
Jahre lang beschäftigt waren.                                                     bucht die Zusammenarbeit mit dem KMU als vol­
                                                                                  len Erfolg: Das Start-up gewann direkt im
                                                                                  Anschluss an den Auftrag weitere Neukunden für
                                                                                  sich – auch dank der überzeugenden Ergebnisse
                                                                                  aus dieser erfolgreichen Kooperation zwischen
                                                                                  KMU und Start-up.

     Kontaktinformationen zum Zentrum
     Saarbrücken

                                         @KomZetSaar        @Mittelstand             @Mittelstand           @Mittelstand    @komzetsaar   @KomZetSaar
                                                       4.0-Kompetenzzentrum     4.0-Kompetenzzentrum   4.0-Kompetenzzentrum
                                                            Saarbrücken              Saarbrücken            Saarbrücken
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Mittelstand-Digital unterstützt regional
und thematisch
Das Mittelstand-Digital Netzwerk unterstützt kleine         Wie können kleine und mittlere Unternehmen von
und mittlere Unternehmen in ganz Deutschland                der Zusammenarbeit mit Start-ups profitieren?
bei der Digitalisierung. Kompetent und anbieter­            Die Expertinnen und Experten des Mittelstand-
neutral informieren Digitalisierungsexperten und            Digital Netzwerks unterstützen mit ihrem umfassen­
-expertinnen nicht nur theoretisch über Chancen             den Know-how bei der Konzeption und Umsetzung
und Herausforderungen der digitalen Transforma­             passender Maßnahmen.
tion, sondern bieten in Lern- und Demonstrations­
fabriken auch die Möglichkeit, virtuelle Technologien             M
                                                                   ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
in der betrieblichen Praxis zu testen. Im vergangenen             Augsburg
Jahr wurde zudem das Online-Angebote weiter                 •   Zusammenarbeit in Expertennetzwerken zu den
ausgebaut.                                                      Themen Robotik, KI, Time-sensitive Networking
                                                                (TSN) und Edge Management
Die Zentren im Netzwerk Mittelstand-Digital haben
unterschiedliche Schwerpunktthemen, angefangen                    M
                                                                   ittelstand-Digital Zentrum Berlin
bei additiver Fertigung und digitalen Geschäfts­            •   Start-up-Methoden für KMU: Mit Design
modellen über IT-Sicherheit bis hin zu Wissens­                 Thinking nutzungszentrierte Innovation und
management und digitalem Zahlungsverkehr.                       neue Ideen voranbringen
                                                            •   Geschäftsmodellentwicklung und -innovation
Die thematischen Zentren bieten jeweils an mehre­               für Start-ups und KMU
ren Standorten deutschlandweit gezielte Unterstüt­
zung für einzelne Branchen, wie Handel, Handwerk,                 M
                                                                   ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Bremen
Baugewerbe, IT- und Textilwirtschaft, bzw. Themen,          •   Erfahrungsaustausch zu wechselseitigem
wie eStandards, Kommunikation und Usability.                    Innovationspotenzial: Routine & Sicherheit
                                                                im KMU vs. Tempo & Agilität im Start-up
                                                            •   Initiierung von Kollaborationsprojekten
18      T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “

     M
      ittelstand-Digital Zentrum Chemnitz                                               M
                                                                                          ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
•    Netzwerkveranstaltungen und Transfer in die                                         Hamburg
     unternehmerische Praxis                                                       •   Entwicklung und Überarbeitung von
•    Qualifizierungsformate wie Workshops vor Ort                                      Geschäftsmodellen
     oder Online-Formate                                                           •   Geschäftsmodellinnovation anhand von
                                                                                       LEGO® SERIOUS PLAY® oder Design Thinking
     M
      ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Cottbus
•    IT-Grundschutz, u. a. Schulungen zu technischer                                     M
                                                                                          ittelstand-Digital Zentrum Hannover
     Infrastruktur                                                                 •   „Praxistour“: Netzwerkveranstaltungen u. a.
•    Beratung & Begleitung zur Implementierung                                         zum Austausch von Start-ups mit KMU des
     von KI, Nachhaltigkeit, Social Media usw.                                         produzierenden Gewerbes direkt bei den Unter­
                                                                                       nehmen vor Ort
     M
      ittelstand-Digital Zentrum Darmstadt                                        •   „Interaktive Workshops“: Unternehmer und
•    Vernetzung von mittelständischen Unterneh­                                        Unternehmerinnen berichten von erfolgreichen
     men und Start-ups über Darmstädter Technolo­                                      Digitalisierungsansätzen und teilen ihre Erfah­
     gie- und Gründerzentrum sowie Netzwerkver­                                        rungen mit anderen etablierten Betrieben und
     anstaltungen                                                                      Start-ups

     M
      ittelstand-Digital Zentrum Ruhr-OWL                                               M
                                                                                          ittelstand-Digital Zentrum Ilmenau
•    Unterstützung bei Auswahl, Identifikation und                                 •   Digitalisierung zum Anfassen: Informations-
     Implementierung von Blockchain-Technologien                                       und Werkstattgespräche, Live-Vorführungen
     im Unternehmen                                                                    und Digitalisierungsprojekte
•    Datensicherheit und Datensouveränität im Kon­
     text des International Data Space und GAIA-X                                        M
                                                                                          ittelstand-Digital Zentrum Kaiserslautern
                                                                                   •   Workshops für KMU und Start-ups gemeinsam
                                                                                       mit Start-up-Accelerators und regionalen Wirt­
                                                                                       schaftsförderern
                                                                                   •   Vernetzung von KMU und Start-ups über die
                                                                                       Plattform WERNER und über das Format der
                                                                                       Vernetzungswerkstätten
T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “   19

    Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Kiel                         M
                                                                   ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
•   Digital Challenge: KMU lassen ihr traditionelles              Saarbrücken
    Geschäftsmodell auf den Prüfstand stellen               •   Intrapreneurship und Up-Skilling in der Digi­ta­len
•   Ideenschmiede, Begegnungsraum und Förder­                   Transformation – Identifikation von Start-up-/Un­­­
    umgebung                                                    ternehmerfähigkeiten bei KMU-Mitarbeitenden
                                                            •   KI-Start-ups als Innovatoren bei KI-Trainings
    Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Lingen                     in KMU
•   Plattformen als Grundlage von Geschäfts­
    modellen bei KMU und Start-ups                                Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Siegen
•   Auf- und Ausbau vernetzter Wertschöpfungs­              •   Vernetzung von etablierten Unternehmen
    ketten zwischen Geschäftsmodellen von                       mit Start-ups
    etablierten KMU und Start-ups                           •   Aufzeigen neuer Geschäftsmodelle durch
                                                                innovative Start-ups
    M
     ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
    Magdeburg                                                     M
                                                                   ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
•   Vernetzung von KMU und Start-ups durch                        Stuttgart
    die gemeinsame Arbeit an digitalisierungs­              •   Unterstützung des Wissenstransfers zwischen
    bezogenen Themen im Rahmen von                              Start-ups und KMU
    „Konvoi-Begleitungen“                                   •   Begleitung bei der Entstehung und Implemen­
•   Praxisnahe Workshops zur Analyse und                        tierung neuer digitaler Geschäftsmodelle
    Gestaltung von (digitalen) Geschäftsmodellen –
    Wer lernt von wem?                                            Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk
                                                            •   Start-up Night und Zukunftswerkstätten:
    Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Rostock                    Matchmaking zwischen Handwerksbetrieben
•   Unterstützung bei der konzeptionellen Ausar­                und Start-ups mit digitalen Lösungen
    beitung von Digitalisierungspotenzialen                 •   Digital Innovation Lab: Förderung der interdis­
•   Moderation von Workshops zur Planung von                    ziplinären Zusammenarbeit zwischen KMU,
    Digitalisierungsvorhaben                                    Start-ups, Handwerksorganisation und Wirtschaft
                                                                und zur Entwicklung passfähiger Lösungen für
                                                                das Handwerk
20      T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “

     M
      ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum                                                   M
                                                                                          ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
     eStandards                                                                          Planen und Bauen
•    Aufbau von Wertschöpfungsnetzwerken zur                                       •   Anwendung neuer Technologien in der
     innovativen digitalen Geschäftsmodellentwick­                                     Wertschöpfungskette Bau in Zusammenarbeit
     lung mit eStandards                                                               mit KMU
•    Wissenstransfer zwischen KMU und Start-ups                                    •   Jährlicher „Smart Construction Award“ zur
     zur Prozessoptimierung basierend auf Techno­                                      Messe „BIM World“ als Marktplatz zwischen
     logietrends und eStandards                                                        Prop-Techs und dem Mittelstand

     Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel                                             M
                                                                                          ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
•    Netzwerkveranstaltungen für Start-ups,                                              Textil vernetzt
     Gründungsinteressierte und KMU                                                •   Förderung von Kooperationen zwischen
•    Vorstellung innovativer Geschäftsmodelle im                                       Start-ups und KMU sowie Matchmaking
     Handel                                                                        •   Unterstützung von innovativen Gründungen
                                                                                       mit Brancheninformationen
     M
      ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
     IT-Wirtschaft                                                                       M
                                                                                          ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
•    B2B-Kooperationen: Software-Matching zwischen                                       Usability
     mittelständischen und Start-up-Lösungen                                       •   Know-how zu Usability und User Experience
•    Unterstützung von unternehmensübergreifen­                                        zur Optimierung der Benutzerfreundlichkeit
     den Softwarekooperationen im Bereich Partner­                                     und des ganzheitlichen Nutzungserlebnisses
     suche, API-Dokumenation, IT-Sicherheit,                                           digitaler Produkte und Dienstleistungen
     Kooperationsrecht und Datenschutz

     M
      ittelstand 4.0-Kompetenzzentrum
     Kommunikation
•    Unterstützung bei der Ausgestaltung von
     Unternehmenskooperationen
•    Methodische Begleitung beim Aufbau von
     Vertrauen in der Zusammenarbeit
T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “   21

Netzwerken mal anders: Start-up-Ideen
auf der Bühne der „Retail Pitch Night“
Der pandemiebedingte Wegfall von Präsenzveranstaltungen war vor allem für Start-ups eine Her-
ausforderung. Um ihnen das Netzwerken mit KMU zu erleichtern, rief das Mittelstand 4.0-Kompe-
tenzzentrum Handel die „Retail Pitch Night“ ins Leben. Diese Online-Veranstaltung bot fünf Start-
ups die Chance, ihre Projekte in Kurzform – also als Pitch – auf einer digitalen Bühne zu
präsentieren.

Es gibt viele gute Gründe für eine Zusammenarbeit          Netzwerkveranstaltungen verbinden KMU
von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)                und Start-ups
und Start-ups: Das digitale Wissen und die innova­
tiven Ideen, die junge Unternehmen in eine Koope­          Damit Kooperationen überhaupt auf den Weg ge­­
ration einbringen, sorgen bei etablierten KMU für          bracht werden und KMU mit Start-ups zu einem
frischen Wind. Beides stärkt ihre Reaktionsfähigkeit       Dialog finden, gibt es mittlerweile zahlreiche Netz­
auf technologische Veränderungen und macht sie             werkveranstaltungen. Hier treffen sich Mitarbei­
fit für die Zukunft. Kleine und mittlere Unterneh­         tende etablierter wie neu gegründeter Unternehmen,
men erschließen mithilfe von Start-ups neue Tech­          um sich nicht nur kennenzulernen, sondern auch
nologien und lernen, sie für sich zu nutzen. Umge­         um spontan zündende Ideen für den gemeinsamen
kehrt lernen Start-ups aus dem Erfahrungsschatz            Einstieg in neue Märkte oder kooperative Lösungen
von Betrieben, die fest am Markt etabliert sind.           für bestehende Herausforderungen zu entwickeln.
                                                           Solche Netzwerkveranstaltungen bietet auch das
Die Synergieeffekte, die durch die Zusammenarbeit          Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Handel an. Im
entstehen, sorgen oftmals auch für mehr Sichtbar­          April 2021 lud es gemeinsam mit der Gründungs­
keit beider Seiten oder für neue, gemeinsam entwi­         werkstatt Deutschland zur ersten virtuellen „Retail
ckelte Geschäftsmodelle und Produktinnovationen.           Pitch Night“: Auf der digitalen Bühne konnten fünf
Davon profitieren alle.                                    Start-ups aus dem Handel vor über 200 Zuschauen­
                                                           den ihre Ideen vorstellen. Am Ende stimmten alle
                                                           Teilnehmenden über das erfolgversprechendste
22     T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “

Projekt des Abends ab. Zu gewinnen gab es einen                                   heit zu steigern und Kontakt zu Gleichgesinnten
redaktionellen Beitrag bzw. ein Interview im Han­                                 sowie Investoren zu knüpfen.
delsjournal des Handelsverbands Deutschlands
(HDE) sowie auf der Webseite der Gründungswerk­                                   Auch für die teilnehmenden KMU lohnte sich die
statt Deutschland. Die fünf teilnehmenden Start-                                  Veranstaltung. Ihre Repräsentantinnen und Reprä­
ups bekamen außerdem die Möglichkeit, im Pod­                                     sentanten konnten sich einen guten Überblick
cast des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums                                        über die verschiedenen Ideen aufstrebender Start-
Handel „handelkompetent“ über ihre Innovationen                                   ups verschaffen. Ein weiteres Highlight des Abends:
zu sprechen. Für die jungen Unternehmen waren                                     Das prominente Gründer-Ehepaar Anne und Ste­
Pitch-Wettbewerb, Journalbeitrag und Podcast-                                     fan Lemcke von „Ankerkraut“, einer Gewürzmanu­
Auftritt eine großartige Gelegenheit, Feedback zum                                faktur mit Sitz in Hamburg, teilte Anekdoten, Tipps
Geschäftsmodell zu erhalten, die eigene Bekannt­                                  und Erfahrungen aus den letzten Monaten und

Die Online-„Retail Pitch Night“ brachte KMU und Start-ups zusammen.
T H E M E N H E F T „ Z U S A M M E N A R B E I T V O N K M U U N D S TA RT- U P S “   23

Jahren ihrer Geschäftstätigkeit mit dem Publikum.                Ab Herbst sollen in regelmäßigen Abständen
Das mittlerweile fest am Markt etablierte Unter­                 Start-up-Stammtische stattfinden. „Viele der
nehmen Ankerkraut wurde durch seinen Pitch in                    Teilnehmenden lobten im Nachgang die lockere
der Gründer-Show „Die Höhle der Löwen“ bundes­                   und produktive Atmosphäre des Abends“, fasst
weit bekannt. Im Herbst dieses Jahres wird das                   Carina Freundl vom Mittelstand 4.0-Kompetenz­
Gründerduo selbst als „Löwe“ im TV auftreten.                    zentrum Handel zusammen und ergänzt: „In einer
                                                                 Zeit, in der Präsenzveranstaltungen kaum möglich
                                                                 sind, ist es für junge Unternehmen besonders schwer,
Echter Austausch bedeutet Mehrwert für alle                      bekannter zu werden und mit anderen Betrieben
                                                                 in Kontakt zu kommen. Mit der ‚Retail Pitch Night‘
Das digitale Pitch-Event brachte Start-ups mit po­­              konnten wir echten Austausch ermöglichen – trotz
tenziellen Geschäftspartnerinnen und Ge­­schäfts­                Pandemie.“ Fortsetzung folgt.
part­nern zusammen, gab allen die Möglichkeit,
voneinander zu lernen, und legte sicherlich den                  Porträts der Start-ups der „Retail Pitch Night“ finden
Grundstein für die eine oder andere Kooperation.                 Sie auch bei den „Mittelstand-Digital Podcasts“.
Nicht zuletzt schaffte es die Basis für weitere, dar­
auf aufbauende, digitale Netzwerkveranstaltungen:

   Kontaktinformationen zum Zentrum
   Handel

                                 @handelkompetent                  @Mittelstand                              @Mittelstand
                                                              4.0-Kompetenzzentrum                      4.0-Kompetenzzentrum
                                                                     Handel                                    Handel
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Wie kleine und mittlere Unternehmen
von Start-ups profitieren können
Innovative Start-ups sorgen häufig für Veränderungen und können Produkte und Dienstleistungen
überflüssig machen. Solche so genannten disruptiven Umwälzungen des Marktes empfinden etab-
lierte Unternehmen des Mittelstandes häufig als Gefahr für sich und ihr Geschäftsmodell. Das Mit-
telstand 4.0-Kompetenzzentrum Kommunikation erklärt, wie Kooperationen von Start-ups mit
kleinen und mittleren Unternehmen potenzielle Risiken zu einem Vorteil machen können.

Neu gegründete Unternehmen können als Impuls­                                      turen. Diese Inspiration kann im mittelständischen
geber für die digitale Transformation des Mittel­                                  Unternehmen einen gewinnbringenden Wandel
stands fungieren: Im Rahmen von Kooperationen                                      anstoßen.
werden gemeinsam innovative Ansätze entwickelt,
woraus neue Geschäftsmodelle, Produkte und
Dienstleistungen entstehen können. Vor allem bei                                   Durch Start-ups Digitalisierungsgrad steigern
der Entwicklung von Industrie-4.0-Technologien
sowie Anwendungen aus dem Internet der Dinge                                       Wie bei allen Unternehmenskooperationen sollte
oder der Künstlichen Intelligenz (KI) birgt die                                    auch die Zusammenarbeit zwischen KMU und
Zusammenarbeit zwischen kleinen und mittleren                                      Start-ups zu einer Win-win-Situation8 führen, aus
Unternehmen und Start-ups große Potenziale,                                        der beide Seiten Vorteile ziehen können. Start-ups
etwa die Entwicklung neuer Geschäftsfelder oder                                    bringen spezifisches technologisches Know-how in
-modelle bzw. die Erschließung neuer Zielgruppen                                   das Unternehmen des Kooperationspartners ein.
und Märkte. KMU erhalten durch eine Start-up-                                      Umgekehrt erhalten KMU Zugang zu neuen Tech­
Kooperation zudem nützliche Einblicke in andere,                                   nologien, wodurch sie beispielsweise ihren digitalen
für sie neue Arbeitsweisen und Unternehmenskul­                                    Reifegrad9 auf eine höhere Ebene heben können.

8    https://t2informatik.de/wissen-kompakt/win-win-situation/
9    https://www.mittelstand-digital.de/MD/Redaktion/DE/Dossiers/A-Z/digitaler-reifegrad.html
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                                                                                direkt zugänglich und beschleunigt so neue Ent­
                                                                                wicklungen. Gerade beim Thema Künstliche Intel­
                                                                                ligenz können etablierte Betriebe profitieren, denn
                                                                                KI-Technologien werden oft von Start-ups in den
                                                                                Mittelstand getragen: Laut der Untersuchung
                                                                                „Künstliche Intelligenz – Wo stehen Deutsche
                                                                                Start-ups?“ 11 sind in 40 % der deutschen Start-ups
                                                                                KI-Anwendungen ein zentraler Baustein des Ge­­
                                                                                schäftsmodells. Im Vergleich dazu nutzen lediglich
                                                                                4 % der KMU KI-Anwendungen, während sich 17 %
Von einer Zusammenarbeit profitieren sowohl KMU als auch Start-ups.             aktuell in Planungs- oder Testphasen befinden.
                                                                                28 % der befragten Unternehmen erkennen laut
Expertinnen und Experten10 gehen sogar davon aus,                               der Studie „Künstliche Intelligenz in Unterneh­
dass mittelständische Unternehmen Versäumnisse                                  men“ 12 die Relevanz von KI-Technologien für die
in puncto Digitalisierung durch die Kooperation                                 Wertschöpfung. Auch für KI-Start-ups ist eine
mit Start-ups aufholen können. Dem Mittelstand                                  Zusammenarbeit mit KMU attraktiv: Den Erhe­
fehlt es häufig an spezifischen fachübergreifenden                              bungen der Start-up-Studie zufolge gehen 74 % der
Kompetenzen oder zeitlichen Ressourcen, neue                                    KI-Start-ups in Deutschland Kooperationen mit
Innovationsideen eigenständig und im Haus um­­zu­­                              etablierten Unternehmen ein.
setzen. Eine Zusammenarbeit mit neu gegründeten
Unternehmen kann ungeahnte Potenziale freisetzen
und gestaltet den Innovationsprozess für KMU                                    Auch Start-ups profitieren von der Zusammen-
flexibler.                                                                      arbeit

Die enge Zusammenarbeit mit einem technologie­                                  Start-ups zeichnen sich durch besondere Innovati­
basierten Start-up macht Innovationen für KMU                                   onsfähigkeit, ein hohes Maß an Flexibilität, Moder­

10   https://www.businessinsider.de/gruenderszene/business/was-kooperationen-mit-startups-wirklich-bringen/
11   „Künstliche Intelligenz – Wo stehen deutsche Startups?“, Bundesverband der Deutschen Startups e. V., 09/2020;
     https://deutschestartups.org/wp-content/uploads/2020/09/Studie_KI-Wo-stehen-deutsche-Startups.pdf
12   „Künstliche Intelligenz in Unternehmen“, PricewaterhouseCoopers GmbH, 02/2019, https://www.pwc.de/de/digitale-transformation/kuenstliche-
     intelligenz/studie-kuenstliche-intelligenz-in-unternehmen.pdf
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nität und flache Hierarchien aus. Ihr Interesse an                                zu nutzen und gemeinsam neue Wege einzuschlagen,
Kooperationen mit anderen Unternehmen ist groß.                                   braucht es Offenheit und etwas Mut. So stellen
Sie benötigen in der Regel Kapital, um ihre                                       Start-up-Unternehmen fraglos einen wichtigen
Geschäftsziele verfolgen zu können. Gemeinsame                                    Innovator und Zukunftsgarant für den Mittelstand
Innovationsprojekte bedeuten für junge Unterneh­                                  und die deutsche Wirtschaft als Ganzes dar.
men geteilte Kosten. Außerdem bietet ihnen eine
Zusammenarbeit die Chance, bestimmte Branchen
kennenzulernen und Erfahrungen zu sammeln.
Darüber hinaus kann ein Start-up auf diesem Weg                                       Vorteile der Zusammenarbeit mit Start-ups
erste Kontakte zu Kundinnen und Kunden knüpfen                                        für den Mittelstand auf einen Blick
und sich ein eigenes Netzwerk aufbauen. Für sie kann
die Kooperation mit einem Unternehmen eine                                            •       Zugang zu neuen Technologien
gewinnbringende und wegweisende Option sein.                                          •       Entwicklung von Produktinnovationen
                                                                                      •       Erschließung neuer Märkte
Die Begeisterung für innovative Start-ups ist weit                                    •       Kontakte zu potenziellen hochqualifizier­
mehr als ein bloßer Hype. Neugründungen und                                                   ten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
etablierte Mittelständler können einander durch                                       •       Anstoß für Serviceinnovationen
ihre unterschiedlichen Kompetenzprofile ideal                                         •       Frische Impulse für neue Geschäftsmodelle
ergänzen. Um Potenziale zu erkennen, Synergien

     Kontaktinformationen zum Zentrum
     Kommunikation

             Kompetenzzentren
             Deutschlandweit
                                         @Komm_digital     @kommdigital              @Mittelstand              @Mittelstand           @Mittelstand
                                                                                4.0-Kompetenzzentrum      4.0-Kompetenzzentrum   4.0-Kompetenzzentrum
                                                                                    Kommunikation             Kommunikation          Kommunikation
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KMU aus der Komfortzone rausholen
Kerstin Fiedler ist Managerin für Digitale Innovation & Technologie bei der META Regalbau
GmbH und Consultant im Bereich der Intralogistik, sprich der betriebsinternen Logistik. Mit
META AND YOU hat das Produktionsunternehmen in Dortmund eine Digitaleinheit gegründet,
die Technologietrends aufspürt und Chancen der Digitalisierung nutzt, darunter auch die
Zusammenarbeit mit innovativen Start-ups. Im Interview mit dem Mittelstand 4.0-Kompetenz-
zentrum Kommunikation erklärt sie, wie eine solche Zusammenarbeit funktionieren kann.

KMU können von der Zusammenarbeit mit Start-               Studien zufolge spielen Unterschiede in der Unter-
ups klar profitieren, doch welche Vorteile haben           nehmenskultur bei der Zusammenarbeit zwischen
Start-ups von der Zusammenarbeit mit KMU?                  Start-ups und etablierten Unternehmen eine Rolle.
                                                           Können Sie das bestätigen?
KERSTIN FIEDLER: KMU sind etablierte Unterneh­
men mit funktionierenden Strukturen, die meist             KERSTIN FIEDLER: Allgemein lässt sich sagen: Die
über viele Jahre gewachsen sind. Sie sind ein zuver­       Kommunikations- und Entscheidungswege bei
lässiger Partner für Start-ups. Rechnungen etwa            Start-ups sind kurz, die Reaktionszeiten auch. Sie
werden in der Regel akkurat beglichen, das Geld oft        arbeiten also relativ schnell. Das kann einen Mittel­
schnell überwiesen, was nicht immer selbstver­             ständler überfordern. In einem KMU dauert es oft
ständlich, aber für ein Start-up mit meist begrenz­        etwas länger, bis alle relevanten Akteure intern
tem Startkapital sehr wichtig ist. Ein weiterer Vor­       erreicht sind. Was die Arbeitsweise betrifft, beob­
teil für Start-ups: Mit einem KMU gewinnen sie             achten wir, dass bei Start-ups stärker lösungs- und
einen oft deutschlandweit agierenden Ansprech­             kundenorientiert gedacht wird. Die Devise lautet:
partner über die Region hinaus, in der sie selbst          Es gibt keine Probleme, wir finden für alles eine
verankert sind. Dadurch erhöhen sie ihre Chancen,          Lösung. Was man sich auch abschauen sollte, ist
in der Branche Fuß zu fassen.                              das teambezogene Arbeiten. In jungen Unterneh­
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Die Köpfe zusammenstecken, den eigenen Bedarf genau prüfen und dann gemeinsam die passenden Lösungen entwickeln.

men werden Teams nach Aufgabenstellungen                                          Wie finden KMU heraus, ob die Zusammenarbeit
gebildet. Die Arbeit wird eher in sich überschnei­                                mit Start-ups das Richtige für sie ist?
denden Kreisen als in geschlossenen Silos gedacht.
Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb die Perspek­                               KERSTIN FIEDLER: Man muss klar sagen, dass für
tive der Kundinnen und Kunden stärker ins Zent­                                   den Mittelstand ein gut berechenbarer Return-on-
rum rückt und die Interessen der jeweiligen Abtei­                                Investment von zwei bis fünf Jahren ein wichtiges
lung zurücktreten.                                                                Kriterium ist. Wenn man in einem Start-up echtes
                                                                                  Potenzial sieht, kann viel daraus erwachsen, doch
                                                                                  für eine erfolgreiche Zusammenarbeit sind Investi­
                                                                                  tionen notwendig. Das ist bei kleineren Unterneh­
                                                                                  men nicht immer möglich. Wenn ein gut berechen­
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barer Return-on-Investment herauskommt, ist die             nicht reiner Selbstzweck sein, nur um das Thema
Zusammenarbeit auf jeden Fall sinnvoll. Oft muss            Innovation oder Digitalisierung ins Unternehmen
man gar nicht so weit schauen, um passende Start-           zu holen. Bedarf und Nutzen müssen klar identifi­
ups zu finden. Man muss aber auch sagen, dass               ziert werden. Außerdem sollte man sich die Men­
nicht alles, was von Start-ups auf den Markt                schen hinter der Lösung genau ansehen. Brennen
gebracht wird, innovativ ist. Hier gilt es, die ange­       die Menschen für ihre Idee? Das ist die Vorausset­
botenen Lösungen genau zu prüfen.                           zung für den Erfolg der Zusammenarbeit. Darüber
                                                            hinaus ist es in meinen Augen wichtig, dass KMU
Welchen Rat würden Sie KMU mit auf den Weg                  aus der Komfortzone herauskommen, um sich
geben, um eine Zusammenarbeit mit einem Start-              Wege in die Szene zu erschließen. Das heißt: Veran­
up anzustoßen?                                              staltungen besuchen, sich mit der Start-up-Kultur
                                                            auseinandersetzen und vor allem Ausdauer mit­
KERSTIN FIEDLER: KMU sollten sich zunächst fra­             bringen. Außerdem ist es sinnvoll, immer die
gen, ob das Problem, das ein Start-up mit seiner            Geschäftsführung mit ins Boot zu holen. Legitima­
Dienstleistung oder seinem Produkt löst, im Unter­          tion von oben ist unserer Erfahrung nach entschei­
nehmen überhaupt besteht. Zusammenarbeit sollte             dend.
bmwi.de
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