Zusammenleben oder Heiraten? Eine bewusste Entscheidung

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Marcella Pirrone

Zusammenleben oder Heiraten?
 Eine bewusste Entscheidung
Impressum:
November 2004

Herausgeber:
Gemeinde Bozen
Assessorat für Sozialpolitik und Chancengleichheit

Projekt:
Amt für Familie, Frau und Jugend – www.gemeinde.bozen.it

Autorin:
RA Dr. Marcella Pirrone, Rechtsberaterin »Donne contro la violenza – Frauen gegen Gewalt –
ONLUS« (Meran) und Familienberatungsstelle »AIED« (Bozen)

Übersetzung:
Dr. Sabine Ruedl

Grafik:
Socom & Pierre, Gabi Veit

Druck:
Tezzele Print GmbH

Auflage:
3.000 Stück

Die Publikation kann angefordert werden bei
Gemeinde Bozen
Amt für Familie, Frau und Jugend
Gumergasse 7, Zimmer 316, Bozen

Tel. 0471 997 467, Fax 0471 997 548
donna.frau@gemeinde.bozen.it
Zusammenleben oder Heiraten?
    Eine bewusste Entscheidung

            »Es gibt keine Daseins- oder Lebensweise,

            die besser ist als alle anderen (...).

            Die Familie von heute ist nicht mehr und

            nicht weniger vollkommen als die von einst:

            sie ist anders, weil die Umstände anders sind.«

                                    Emile Durkheim – 1888

    Die Worte des französischen Soziologen passen besonders gut in unsere Zeit, in der
    eine ständige Weiterentwicklung des traditionellen Familienmodells beobachtet wer-
    den kann.
    Neben der auf Ehe gegründeten Familienstruktur entscheiden sich immer mehr junge
    Paare, in ihrem Alltagsleben Zuneigung und Interessen zu teilen, ohne sich durch die
    Ehe aneinander zu binden. Oft hat auch die Tatsache, dass Kinder da sind keinen Ein-
    fluss auf die Entscheidung ob geheiratet wird oder nicht.
    Das soziale Phänomen des Zusammenlebens tritt auch in unserer Stadt in einem be-
    deutenden Ausmaß auf und als Assessorat wurden wir häufig aufgefordert, uns mit
    dem Thema des rechtlichen Schutzes in diesem Bereich auseinanderzusetzen. Der ge-
    setzliche Rahmen der derzeit sowohl auf staatlicher als auch auf lokaler Ebene gelten-
    den Bestimmungen ist sehr komplex und umfangreich und bietet trotz der zur Zeit im
    Parlament laufenden Diskussionen zum Thema Pacs (Patti civili di solidarietà – nicht-
    eheliche Partnerschaften) keine eindeutige Interpretationsmöglichkeit.
    Mit dieser Publikation möchten wir versuchen, den Paaren einen Überblick zu geben,
    um sie bei der Entscheidung zwischen Ehe oder Lebensgemeinschaft zu unterstützen.
    Es steht der öffentlichen Verwaltung nicht zu, sich in einen Entscheidungsporzess ein-
    zumischen, der zu einem dermaßen persönlichen Lebensbereich gehört, aber es ist
    ihre Aufgabe, Mittel anzubieten, durch welche Informationen eingeholt werden kön-
    nen, um so besser eine verantwortungsbewußte und überlegte Entscheidung treffen
    zu können.
    Es schien uns daher für wichtig, diese Zusammenfassung von Bestimmungen zur Ver-
    fügung zu stellen, in der vor allem auf die Rechte und die Pflichte der eheähnlichen
    Lebensgemeinschaft eingegangen wird und bedanken uns besonders bei der Autorin,
    Rechtsanwältin Marcella Pirrone.

                                        Die Stadträtin für Sozialpolitik und Chancengleichheit
                                                                         Mimma Battisti Bonelli

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   6
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      7
Hinweise auf die europäische Erfahrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                      8

I. Die Lebensgemeinschaft in der nationalen Gesetzgebung . . . . . . . . . . .                                            9

Kapitel 1 – Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          9
I.1.1. Definitionen von LebensgefährtInnen – Zusammenlebenden – in wilder
       Ehe Lebenden – Lebensgemeinschaft – eheähnlicher Partnerschaft –
       eheähnlicher Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            9
I.1.2. Nationale Gesetzesbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                       10
I.1.3. Die lokale Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                11

Kapitel 2 – Rechtliche Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                    12
I.2.1. Meldeamtliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 12
I.2.2. Gemeinderegister für nicht verheiratete, zusammenlebende Paare . . . . . . .                                       13
I.2.3. Homosexuelle Paare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             13

Kapitel 3 – Welche Regeln sind anwendbar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                         14
I.3.1. Die Selbstregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           14
I.3.2. Gleicher Schutz für beide? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               14
I.3.3. Vereinbarungen/Verträge in einer Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . .                                  15

Kapitel 4 – Persönliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              16
I.4.1. Besuchsrecht in sanitären Einrichtungen oder im Gefängnis . . . . . . . . . . . .                                  16
I.4.2. Die Sachwalterschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             17

Kapitel 5 – Finanzielle und vermögensrechtliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . .                               18
I.5.1. Die finanzielle Haushaltsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   18
I.5.2. Unterhaltsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           19
I.5.3. Getätigte Ankäufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            19
I.5.4. Bankkonto/Investitionen/Schulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     20
I.5.5. Versicherung/Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  20
I.5.6. Gesundheitsfürsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              20
I.5.7. Arbeit und Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     21
I.5.8. Eigentumswohnung/Mietverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                        21

Kapitel 6 – Auflösung der Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                          23
I.6.1. Kinder, Wohnung, Unterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   23
I.6.2. Vermögensrechtliche Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 23

Kapitel 7 – Erbrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         24

Kapitel 8 – Hinterbliebenenrente/Fürsorgerechte/Versicherungen . . . . . . . . . . . .                                    25

Kapitel 9 – Die Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          26
I.9.1. Gerichtliche und freiwillige Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                       26
I.9.2. Der Nachname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           26
I.9.3. Pflichten der nicht verheirateten Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   27
I.9.4. Sorgerecht und Anvertrauung der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                         27
I.9.5. Erbrechte der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             27

                                                                                                                               4
Inhaltsverzeichnis

    I.9.6. Mutterschaftsschutz und Vaterschaftsurlaub . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                         27
    I.9.7. Familienzulagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        28
    I.9.8. Adoption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     28
    I.9.9. Künstliche Befruchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             28

    Kapitel 10 – Die Trennung der Eltern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                29
    I.10.1. Verträge/Vereinbarungen bezüglich der Kinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                            29
    I.10.2. Anvertrauung der Kinder und Besuchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                          29
    I.10.3. Unterhaltsbeitrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         29
    I.10.4. Zuweisung der Wohnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 30

    Kapitel 11 – Strafrechtliche Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 31
    I.11.1. Verletzung der Fürsorgepflichten gegenüber der Familie (Art. 570 StGB) .                                        31
    I.11.2. Misshandlung in der Familie (Art. 572 StGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                         31
    I.11.3. Wegweisegesetz (Gesetz Nr. 154/2001) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                        31
    I.11.4. Die Möglichkeit, sich der Zeugenaussage zu enthalten (Art. 199 StPO) . .                                        31

    II. Die Lebensgemeinschaft in der lokalen Gesetzgebung
        der Region Trentino-Südtirol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                32

    Kapitel 1 – Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        32
    II.1.1. Ergänzungsvorsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            33
    II.1.2. Wohnbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       35
    II.1.3. Sozialhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   40
    II.1.4. Unterhaltsvorschussstelle zum Schutz von minderjährigen Kindern . . . . . .                                     42

    Kapitel 2 – Gesetzesdefinitionen bezüglich der Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                          43
    II.2.1. Gesetzesbestimmungen der Region . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                       43
    II.2.2. Gesetzesbestimmungen der Provinz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                      43
    II.2.2. A) Wohnbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        43
    II.2.2. B) Sozialhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    44

    Kapitel 3 – AlleinerzieherInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .             45

    III. Auflistung der zitierten Gesetzesbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                  46

    IV. Örtliche Dienststellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            48

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Zusammenleben oder Heiraten?

Vorwort

Diese Veröffentlichung wurde nicht für Fachleute oder JuristInnen verfasst, sondern
für jene, die sich aus privatem und/oder beruflichem Interesse mit diesem Thema
befassen. Das Hauptziel liegt darin, Grundinformationen zu liefern, welche für alle ver-
ständlich sind, und deshalb wird einerseits auf eine fachtechnisch-juristische Sprache
verzichtet und andererseits wird nicht auf die unzähligen Teilbereiche des Rechts ein-
gegangen, da ansonsten der Inhalt zu komplex würde.

Auf jeden Fall muss man sich stets vor Augen halten, dass nur ExpertInnen eine klare
Lösung für individuelle Probleme finden können, indem sie jede Frage gründlich unter-
suchen, um sie dann fallspezifisch zu beantworten.

Die in dieser Veröffentlichung angeführten Rechtsnormen entsprechen
dem Stand vom 1. August 2004. Dank gilt der Juristin Dr. Sabine Ruedl für
die Übersetzung des gesamten italienischen Textes ins Deutsche.

                                                                                           6
Zusammenleben oder Heiraten?

    Einführung

    Man muss sich vor Augen halten, dass es in Italien keine spezifischen Normen
    gibt, die sich ausdrücklich mit Lebensgemeinschaften befassen und diese ge-
    setzlich regeln. Um auch für unverheiratete Paare eine rechtliche Regelung zu finden,
    werden die Auslegungen der Rechtsprechung bezüglich verschiedenster Normen,
    die sich nicht direkt mit Lebensgemeinschaften befassen, untersucht. Dadurch wird
    aber die Möglichkeit, ein klares und einheitliches Bild von dieser Disziplin zu erhalten,
    erschwert. Seit einigen Jahren werden jedoch einige Rechte der LebensgefährtInnen
    durch Urteile der obersten Gerichtsbarkeiten (Verfassungsgerichtshof und Kassations-
    gerichtshof) festgehalten, da das weit verbreitete Phänomen der Lebensgemeinschaft
    nicht mehr ignoriert werden kann.

    Neben der durch Eheschließung gegründeten Familie wirft die Lebensgemeinschaft
    auch in Italien immer neue juristische Fragen auf, mit welchen sich sowohl die italieni-
    schen Gesetzgeber (Rechtsnormen) als auch die Richter (Rechtsprechung) auseinander-
    setzen und für die zum Teil noch keine klaren Antworten gegeben werden können.
    Es ist überaus wichtig, sowohl über die Folgen, die sich aus der Lebensgemeinschaft
    als auch über die, die sich aus der Ehe ergeben, informiert zu werden, denn nur auf
    diese Weise ist es möglich, eine bewusste Wahl zu treffen. Da es keine eindeutige und
    allgemein gültige Antwort auf die Frage: »zusammenleben oder heiraten?« gibt, sollte
    die Form der Partnerschaft den eigenen Wünschen und Bedürfnissen entsprechend
    gewählt werden. Folglich kann auch diese Veröffentlichung keine klaren Antworten
    liefern, aber ihr Ziel ist es, die rechtliche Regelung der wichtigsten Aspekte, von denen
    zusammenlebende Paare betroffen sind, zu erklären (im Rahmen der im Vorwort
    angeführten Grenzen), indem auf die wesentlichen Unterschiede zu verheirateten
    Paaren hingewiesen wird.

    Man muss wissen, dass Lebensgemeinschaft und Ehe vom italienischen Recht unter-
    schiedlich behandelt werden, da damit zwei unterschiedliche Ziele verfolgt werden:
    in der Ehe bietet das Gesetz den verheirateten Paaren ausdrücklich einen gewissen
    Schutz (und eine Regelung durch festgelegte Normen), indem die Rechte und die
    Pflichten, welche sich aus der Heirat ergeben, klar festgeschrieben sind (Art. 29 der
    Verfassung, Art. 79 ff. und 143 ff. des Zivilgesetzbuches). Für zusammenlebende Paare
    hingegen gibt es bedeutend weniger Rechtsnormen, wodurch der freien Entschei-
    dungsmöglichkeit und der Autonomie dieser Paare bezüglich der Festlegung der
    gegenseitigen Rechte und Pflichten Bedeutung zuerkannt und Freiraum gelassen wird.
    Trotz allem erwachsen aus einer Lebensgemeinschaft auch soziale und moralische
    Pflichten und obgleich sie grundsätzlich ohne rechtliche Bedeutung sind, können sich
    die LebensgefährtInnen diese Pflichten mittels Vereinbarungen bindend auferlegen.
    Demnach nehmen diese Vereinbarungen in den außerehelichen Beziehungen eine
    äußerst wichtige Schutzfunktion ein.

    Das Gesetz Nr. 151/1975 (Reform des Familienrechts) hat eine Gleichstellung zwischen
    den Kindern eines verheirateten Paares (eheliche Kinder) und jenen eines zusammen-
    lebenden Paares (nichteheliche Kinder) mit sich gebracht, d.h. dass sowohl die
    Rechte/Pflichten der Kinder als auch der Eltern für diese identisch sind.

    Aus soziologischer Sicht kann man sagen, dass heutzutage zusammenlebende Paare
    zahlenmäßig immer mehr an Bedeutung gewinnen. Hiervon hat sowohl das Gesetz als
    auch die Gesetzgebung Kenntnis genommen, indem einzelne Aspekte im Sinne des

7
Zusammenleben oder Heiraten?

Art. 2 der Verfassung, welcher die Anerkennung und Gewährleistung der »unverletz-
lichen Rechte des Menschen, sei es als Einzelperson, sei es innerhalb der gesellschaft-
lichen Gebilde« vorsieht, geregelt wurden.

Hinweise auf die europäische Erfahrung
(die technischen Daten wurden dem UDI – Donna e Giustizia –
Heft Nr. 3 April 2004, entnommen)

In Italien gibt es kein einheitliches Gesetz, welches die Lebensgemeinschaft regelt.
Andere europäische Staaten hingegen haben sich für eine gesetzliche Regelung dieses
Bereiches entschieden und haben somit die Berücksichtigung und rechtliche Anerken-
nung der Lebensgemeinschaft – und in einigen Staaten auch der homosexuellen Paare
– bewirkt.

Von großer Bedeutung sind die nordischen Länder Finnland, Norwegen, Dänemark
und Schweden (90% der in diesen Staaten lebenden Paare unter 35 haben sich für die
Lebensgemeinschaft entschieden), denn sie haben die Rechte und die Pflichten der
hetero- und homosexuellen Paare gesetzlich genau definiert. Auch Frankreich (46%
der dort lebenden Familien sind Lebensgemeinschaften) hat im Jahre 1999 eine spezi-
fische Regelung für hetero- und homosexuelle Paare eingeführt (PACS, der zivile Soli-
daritätspakt). In Belgien und Holland sind verschiedene Formalitäten für die Reglemen-
tierung von hetero- und homosexuellen Lebensgemeinschaften vorgesehen (wie etwa
der notarielle Vertrag oder die Eintragung vor einem Standesbeamten). In Spanien
haben lediglich Katalonien und Aragonien eine spezifische Disziplin für (nur hetero-
sexuelle) Lebensgemeinschaften eingeführt.

In anderen europäische Staaten hingegen, z.B. Deutschland, Österreich und Groß-
britannien, gibt es – ähnlich wie in Italien – keine spezifischen Rechtsnormen für eine
grundlegende Regelung der Lebensgemeinschaft. Die vorab beschriebene unterschied-
liche Gesetzgebung in den einzelnen europäischen Staaten erschwert die einheitliche
Durchführung der Richtlinien der Europäischen Union der Jahre 1994 und 2000.
Die genannten Richtlinien sehen eine Vereinheitlichung der Rechtsnormen bezüglich
der Lebensgemeinschaft vor, wobei das Modell der nordeuropäischen Staaten als
Vorbild dienen soll, denn dieses stellt einen bedeutsamen kulturellen Schritt dar, da es
die Bedeutung jener persönlichen Beziehungen, die sich auf Gefühle und gegenseitige
Solidarität stützen, gestärkt hat.

                                                                                           8
I. Die Lebensgemeinschaft in der
               nationalen Gesetzgebung

Kapitel 1   Einleitung

            I.1.1. Definitionen von LebensgefährtInnen- Zusammenlebenden
            – in wilder Ehe Lebenden – Lebensgemeinschaft – eheähnlicher
            Partnerschaft – eheähnlicher Familie

            All diese Begriffe sind im herkömmlichen Sprachgebrauch gleichbedeutend (folg-
            lich werden sie auch in dieser Veröffentlichung in gleichwertiger Weise verwendet)
            und beziehen sich auf jene Personen, welche in einer emotionalen Beziehung
            zusammenleben ohne jedoch verheiratet zu sein. Das Hauptmerkmal,
            wodurch sich ein zusammenlebendes Paar von einem verheirateten unter-
            scheidet, ist das Fehlen der Eheschließung, und zwar sowohl der zivilen als auch
            religiösen.

            Das Recht definiert nicht nur die Lebensgemeinschaft, sondern erkennt derselben auch
            eine berechtigte Existenz zu, indem sie als gesellschaftliches Gebilde, in dem sich die
            Persönlichkeit entfaltet (Art. 2 der Verfassung), anerkannt wird. Als von der italieni-
            schen Verfassung vorgesehenes gesellschaftliches Gebilde, erhält die Lebensgemein-
            schaft somit rechtliche Absicherung und Schutz.

            Deshalb befasst sich die Gesetzgebung direkt oder indirekt mit der Lebensgemein-
            schaft, indem sie dieselbe definiert: in einigen Fällen (beispielsweise in der lokalen
            Gesetzgebung bezüglich Dienstleistungen) werden weitere charakterisierende Elemen-
            te zur Bestimmung der zusammenlebenden Paare hinzugefügt. Einerseits führt dies
            zur Untermauerung und Klärung der Rechtsdefinition in bezug auf die Lebensgemein-
            schaft, andererseits hingegen kann aber festgestellt werden, dass die nationale und
            die lokale Gesetzgebung nicht immer eine einheitliche Definition der Lebensgemein-
            schaft liefert.

            Beim Versuch, eine aus der Rechtsprechung des Kassationsgerichtshofes hervorgegan-
            gene Definition zusammenzufassen, ergibt sich Folgendes: »Die Lebensgemein-
            schaft beruht auf einer zwischenmenschlichen Beziehung, gekennzeichnet von
            einer gefühlsmäßigen und familienähnlichen Stabilität. Diese Stabilität offen-
            bart sich, wie bei jeder Familie, durch ein gemeinsames Leben, gemeinsame
            Interessen und durch gegenseitigen moralischen und materiellen Beistand«.

            Charakterisierende Merkmale sind demnach – neben dem objektiven Merkmal des
            Zusammenlebens (dessen Form nicht genau festgeschrieben ist!) – eine
            gefühlsmäßige Stabilität bzw. eine emotionale und sexuelle Lebensgemeinschaft
            sowie ein gemeinsames Leben, gemeinsame Interessen und gegenseitiger
            moralischer und materieller Beistand.

            Offensichtlich sind diese Merkmale nicht immer leicht erkennbar: Es gibt jedoch einige
            objektive Elemente, in Ergänzung zu dem unabdingbaren Merkmal des Zusammen-
            lebens und unabhängig von den Absichten und Erklärungen der direkt Betroffenen,

9
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung

welche das Bestehen einer Lebensgemeinschaft vermuten lassen, z.B. die gemeinsame
oder zumindest aufeinander abgestimmte Wirtschafts- und Vermögensführung,
die Verantwortung gegenüber dem Partner/der Partnerin, gemeinsame Interessen und
soziale Beziehungen, welche zusammen aufgebaut werden. Selbstverständlich ist die
Geburt eines Kindes für die Außenwelt ein eindeutiges Merkmal für das Bestehen
einer Lebensgemeinschaft.

I.1.2. Nationale Gesetzesbestimmungen

Die rechtliche Absicherung und der Schutz unterscheiden sich in vielen Aspek-
ten von denen, die einem verheirateten Paar zukommen. Für Letztere gibt es
eine Reihe von Rechtsnormen, welche genau definierte und verbindliche Grundsätze –
sei es in persönlicher/moralischer, sei es in finanzieller/vermögensrechtlicher Hinsicht –
festlegen, welche nicht auf LebensgefährtInnen anwendbar – und demzufolge für
diese auch nicht bindend sind. Wären diese für Ehepaare vorgeschriebenen Rechts-
normen auch für LebensgefährtInnen bindend, hätte die Möglichkeit, sich gegen den
Bund der Ehe und den damit verbundenen Rechten und Pflichten zu entscheiden, gar
keinen Sinn mehr, denn es würde keinen Unterschied mehr zwischen Lebensgemein-
schaft und Ehe geben. Diese starke Vereinheitlichung und Homologisierung würde
letztendlich die Anwendung eines einzigen gültigen Modells vorschreiben.

All dies ist von der italienischen Gesetzgebung nicht beabsichtigt. Die Tatsache, dass
für verheiratete Paare – im Vergleich zu Unverheirateten – ein besonderer Schutz
besteht (z.B. das Recht des Ehepartners/der Ehepartnerin auf Unterhaltszahlung bei
Ehetrennung, was bei LebensgefährtInnen zur Gänze fehlt), führt dazu, dass für ein-
zelne Aspekte immer stärker eine Gleichstellung gefordert wird. Dieser Forderung
wurde rechtlich teilweise nachgekommen, wodurch die ursprüngliche klare Abgren-
zung aufgelockert bzw. größere Aufmerksamkeit der offensichtlichen Benachteiligung
gewidmet wurde.

Das Ziel der »Gleichstellung« jener Rechtspositionen, welche ohne jegliche Begrün-
dung und zu Unrecht unterschiedlich geregelt waren, wurde mit der Reform des
Familienrechts im Jahre 1975 (Gesetz Nr. 151/1975) für die Kinder klar umgesetzt,
denn die Reform bewirkte eine vollkommene Gleichstellung der Kinder, welche
außerhalb der Ehe geboren wurden (nichteheliche Kinder) mit den Kindern
eines verheirateten Paares.

Die verschiedenen Schutzbestimmungen verhindern und bestrafen eine unterschiedli-
che oder gar diskriminierende Behandlung von nichtehelichen Kindern (siehe Kapitel 9
– Die Kinder).

Zum Schluss muss noch hervorgehoben werden, dass stabile emotionale Bindungen
zwischen Homosexuellen in der italienischen Rechtsordnung keinerlei Platz
oder Schutz finden. Sie werden nicht als Lebensgemeinschaft anerkannt – selbst
wenn alle erforderlichen Voraussetzungen eines solchen Paares unmissverständlich
bestehen – und dürfen nicht heiraten (siehe Kapitel I.2.3. Homosexuelle Paare).

                                                                                             10
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
     I.1.3. Die lokale Gesetzgebung

     Für eine genaue Analyse und Definition der LebensgefährtInnen und der Zusammen-
     lebenden wird sich diese Veröffentlichung mit der lokalen Gesetzgebung befassen.

     Natürlich hat sich auch die lokale Gesetzgebung – vor allem im Bereich der »Familie«
     (bzw. der »Familien«, angesichts der verschiedenen bestehenden Formen) – mit
     diesem gesellschaftlichen Erscheinungsbild befasst: vor allem die Regionen mit Sonder-
     statut, wie etwa unsere Region, haben aufgrund ihrer gesetzgebenden Kraft großen
     Einfluss auf das Leben ihrer BürgerInnen und deshalb ist es überaus wichtig, zu erken-
     nen, ob die nationalen Bestimmungen auch auf lokaler Ebene Anwendung finden
     oder nicht. Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die lokale Gesetzgebung (und
     die Auslegung derselben) den nationalen Richtlinien folgt, manchmal jedoch führen
     lokale Normen – siehe hierfür den Teil, der sich mit der lokalen Gesetzgebung befasst
     – zu einer Spezifizierung/Berichtigung von bestehenden Definitionen der Lebens-
     gemeinschaft in der staatlichen Gesetzgebung; diese Normen sind gültig, solange sie
     nicht die Grundprinzipien und Grundrechte der BürgerInnen verletzen.

11
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 2   Rechtliche Anerkennung

            Für einige geltende Rechtsnormen ist das Zusammenleben, welches wie bereits er-
            wähnt ein Merkmal der Lebensgemeinschaft ist, lediglich ein materielles/faktisches
            Merkmal, das nicht unbedingt formalisiert sein muss. Demzufolge gelten auch
            LebensgefährtInnen, welche offiziell an verschiedenen Orten ansässig sind, als
            Zusammenlebende, sobald das Zusammenleben tatsächlich vorhanden ist und all jene
            charakterisierende Merkmale aufweist, die im Sinne der bereits angeführten Defini-
            tionen erforderlich sind.

            I.2.1. Meldeamtliche Regelung

            Das formale Merkmal des gemeinsamen Wohnsitzes sowie des Familienbogens
            erleichtert eine klare Identifizierung der Lebensgemeinschaft. Im Sinne des D.P.R.
            Nr. 223/1989 bezüglich der meldeamtlichen Regelung spricht man von einer »mel-
            deamtlichen Familie«, die im Register des Meldeamts eingetragen wird, wenn
            mehrere Personen, die durch Heirat, Verwandtschaft, Schwägerschaft, Adoption, Vor-
            mundschaft oder auch durch emotionale Beziehungen miteinander verbunden sind,
            zusammen wohnen und den ständigen Wohnsitz in derselben Gemeinde haben; unter
            »ständigem Wohnsitz« ist der formelle Wohnsitz zu verstehen. Bestehen diese
            Voraussetzungen, scheinen all diese Personen auch auf demselben Familienbogen auf.

            Die angeführten Rechtsnormen sind hilfreich, um das Bestehen eines
            Zusammenlebens zu bezeugen.

            Es ist zu beachten, dass für die Eintragung in das meldeamtliche Register der Begriff
            »emotionale Beziehung« so ausgelegt wird, dass er auch freundschaftliche Beziehun-
            gen beinhaltet, demnach scheint nicht nur der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin,
            sondern auch der Freund/die Freundin auf dem Familienbogen auf. Um zu verhindern,
            dass auf dem Familienbogen eine Person aufscheint, an die man weder durch per-
            sönliche noch durch materielle Interessen gebunden ist, sollte man bei der Bildung der
            meldeamtlichen Familie die Beziehung zwischen den Zusammenlebenden genau
            definieren.

            Wenn sich die LebensgefährtInnen trennen, der Partner/die Partnerin aber weiterhin in
            der gemeinsamen Wohnung wohnt (bzw. den Wohnsitz nicht verlegt), bleibt auch der
            Familienbogen unverändert (bzw. auf dem Stand der ersten Eintragung), da das
            Meldeamt eine Änderung der Beziehung nicht erkennen kann, da dies ein persönlicher
            Bereich ist und nicht ein objektiv erkennbares Merkmal wie das Zusammenleben.
            Dies kann dann zu Nachteilen führen, wenn z.B. für die Einschätzung des Einkommens
            einer Person auch das Einkommen der auf dem Familienbogen aufscheinenden
            Person(en) berücksichtigt wird.

                                                                                                     12
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
     I.2.2. Gemeinderegister für nicht verheiratete,
     zusammenlebende Paare

     Einige Gemeinden Italiens (darunter auch Bozen) haben beschlossen, ein Register für
     nicht verheiratete, zusammenlebende Paare einzuführen, welches von einem eigens
     dafür zuständigen Amt geführt wird.

     Die Beschlussbestimmung der Gemeinde Bozen besagt, dass »zwei Personen, die nicht
     miteinander verheiratet, verwandt oder verschwägert sind und zwischen denen kein
     Band der Adoption besteht, die seit mindestens einem Jahr zusammenleben und in
     der Gemeinde Bozen wohnhaft sind«, die Eintragung in das Register für nicht verhei-
     ratete zusammenlebende Paare beantragen können. Auf Antrag der Interessierten
     erlässt das zuständige Gemeindeamt eine Bescheinigung bezüglich dieser Eintragung.

     Diese Bescheinigung gilt in jenen Gemeinden, die ein solches Register führen,
     als zusätzlicher Beweis für das Bestehen eines Zusammenlebens. Es ist hervor-
     zuheben, dass bei fehlender Übereinstimmung zwischen den Eintragungen im Register
     für nicht verheiratete zusammenlebende Paare und denen im meldeamtlichen oder
     standesamtlichen Register, nur letztere allgemeine Gültigkeit zur Bestätigung eines Sta-
     tus haben. Eintragungen im Register für nicht verheiratete, zusammenlebende Paare
     haben lediglich für die Bildung einer meldeamtlichen Familie gemäß der meldeamt-
     lichen Regelung Beweiskraft, denn sie bezeugen das Bestehen eines Zusammenlebens,
     das auf einer emotionalen Beziehung beruht.

     Außer der symbolischen Bedeutung der »öffentlichen« Anerkennung dieser Lebens-
     form bringt die Eintragung in das Gemeinderegister zum heutigen Zeitpunkt noch
     keine rechtlich relevanten Folgen – weder Vorteile noch Nachteile – mit sich. Das Re-
     gister würde erst dann einer Anerkennung von Rechten dienen, wenn die Eintragung
     konkrete Ergebnisse mit sich brächte (wie z.B. den Zugang zu öffentlichen Dienst-
     leistungen u.ä.).

     I.2.3. Homosexuelle Paare

     Die Vorrangigkeit des Registers des Meldeamtes erklärt, weshalb homosexuelle Paare,
     welche die Voraussetzungen für die Eintragung in das von der Gemeinde geführte
     Register für nicht verheiratete zusammenlebende Paare haben, zwar Zugang zu den
     Rechten und Vorteilen, die diese Eintragung auf gemeindepolitischer Ebene in der Zu-
     kunft mit sich bringen könnte, erhalten können, gleichzeitig aber von der italienischen
     Gesetzgebung nicht als Lebensgemeinschaft anerkannt werden, denn bisher gewährt
     die italienische Rechtsordnung den homosexuellen Paaren noch keine recht-
     liche Anerkennung. Es ist offensichtlich, dass dies zu einem geringeren bzw. gänzlich
     fehlendem rechtlichen Schutz dieser Paare führt.

     Aus diesem Grunde wird diese Publikation, die sich ausdrücklich nur mit den vom
     italienischen Rechtssystem anerkannten zusammenlebenden Paaren beschäftigt (also
     ausschließlich den heterosexuellen), die Rechte, die eventuell auch homosexuellen
     Paaren zuerkannt werden können, nur am Rande erwähnen, denn eine spezifische
     Behandlung dieser Form von Lebensgemeinschaft würde eine eigene Untersuchung
     der Rechtsprinzipien erfordern.

13
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 3   Welche Regeln sind anwendbar?

            In der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dass die italienische Rechtsordnung ver-
            heirateten und zusammenlebenden Paaren mit klarer Absicht unterschiedlichen Schutz
            gewährt, indem bei verheirateten Paaren viele grundlegende Aspekte der Beziehung
            vom Recht durch genaue und unabänderliche Vorschriften geregelt werden. Zusam-
            menlebende Paare können sich hingegen nicht auf einen ähnlich strukturierten Rechts-
            apparat, der ihren Bedürfnissen angepasst werden kann, beziehen; und deshalb
            bewegen sie sich in einem gesetzlich nicht geregelten Bereich, was zu einem gerin-
            geren Schutz gewisser Interessen führen kann. Bevor auf die genaue Regelung einiger
            Aspekte eingegangen wird, kann es hilfreich sein, sich mit den Folgen einer solchen
            »Gesetzeslücke« in der Lebensgemeinschaft allgemein auseinander zu setzen.

            I.3.1. Die Selbstregelung

            Wenn – im Gegensatz zur Ehe – grundlegende Aspekte der Beziehung, wie etwa
            persönliche oder vermögensrechtliche Rechte und Pflichten, nicht gesetzlich geregelt
            werden, kann dies dazu führen, dass die Betroffenen ihre jeweiligen Interessen selbst
            gewissenhaft und gründlich abwägen müssen. Zudem haben die Betroffenen die
            Möglichkeit, eine freie, sich von anderen unterscheidende Selbstregelung festzulegen.
            Selbstregelung bedeutet, dass sich die LebensgefährtInnen eigene Vorschriften setzen,
            die sie selbst als richtig und bindend erachten. Da zusammenlebende Paare sich nicht
            an eine genauestens vorgeschriebene Vorlage (die Ehe) halten müssen, können sie ihre
            emotionale Beziehung auf verschiedenste Weise regeln, sodass somit auch pluralisti-
            sche Formen in der Gesellschaft gefördert werden. Denjenigen, die sich gegen die Ehe
            entscheiden, sollte durchaus bewusst sein, was sie in ihrer Beziehung schützen und
            stärken wollen, denn sie können dies nicht automatisch den Gesetzen, welche die Ehe
            regeln, überlassen. Um nach dem Prinzip der Gleichwertigkeit eine ausgeglichene
            Beziehung gestalten zu können (siehe Kapitel I.3.3. Vereinbarungen/Verträge zwischen
            LebensgefährtInnen), ist es unabdingbar, dass sich die LebensgefährtInnen ihrer
            Bedürfnisse, Wünsche und Ideale durchaus bewusst sind und auch die Möglichkeit
            haben, mit ihrem Partner/ihrer Partnerin gleichwertig zu verhandeln.

            I.3.2. Gleicher Schutz für beide?

            Es hängt von der Fähigkeit beider Partner ab, ob ihre jeweiligen Interessen auf gleiche
            Weise und zur Genüge geschützt werden, oder ob ein Teil der Interessen nur geringen
            Schutz findet. Die Interessen beider können nur dann auf gleiche Weise geschützt
            werden, wenn die LebensgefährtInnen diese gleich stark vertreten können und wenn
            sie Regeln des Zusammenlebens, welche für beide bindend sind und den Interessen
            beider gerecht werden, aufstellen (z.B. die so genannten »Verträge zwischen
            LebensgefährtInnen«). Dies ist nicht immer leicht, denn ein ausgeglichenes Macht-
            verhältnis wird häufig von psychologischen und wirtschaftlichen Faktoren beeinflusst.
            Außerdem fördern die bestehenden sozio-kulturellen Vorbilder nicht die Angewohn-
            heit, Rechte und Pflichten in emotionalen Beziehungen festzuhalten, da eine schrift-

                                                                                                      14
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung

     liche Festlegung von gegenseitigen Rechten und Pflichten in einer Liebesbeziehung
     immer noch als »unfair« erachtet wird, während der Abschluss von Verträgen in vielen
     anderen Bereichen des Lebens als völlig normal gesehen wird (die Ehe selbst ist ein
     Vertrag). Dies hat zur Folge, dass heute noch Personen, die sich für eine Lebens-
     gemeinschaft entscheiden, selten an die Möglichkeit einer »Selbstregelung« denken,
     sodass die Beziehung de facto ohne jegliche schriftliche Vereinbarung bleibt. Wenn
     sich Zusammenlebende nicht einigen und/oder nicht auf eine von ihnen getroffene
     Vereinbarung (wie die so genannten »Verträge zwischen Lebensgefährten«) berufen
     können und ihnen auch keine sonstigen Rechtsmittel zur Verfügung stehen, kommt
     es häufig dazu, dass LebensgefährtInnen aufgrund der »Gesetzeslücke« keinerlei
     rechtlichen Schutz erhalten.

     I.3.3. Vereinbarungen/Verträge in einer Lebensgemeinschaft

     Grundsätzlich sind Vertragsschließungen in der Lebensgemeinschaft erlaubt und fin-
     den auch Anwendung (mit den Einschränkungen, die in der Folge aufgezeigt werden),
     obschon die italienische Gesetzgebung deren konkrete Anwendung nicht genau gere-
     gelt hat und dies zu Unsicherheiten führen kann. Deshalb ist es ratsam, dass die
     LebensgefährtInnen (auch homosexuelle Paare), die ihre Rechte und Pflichten schrift-
     lich festhalten wollen, sich von RechtexpertInnen beraten lassen, damit die Gültigkeit
     der Vereinbarung gewährleistet ist!

     Obgleich in der italienischen Rechtsordnung der Möglichkeit, sich den Regeln der Ehe
     entziehen zu können, Bedeutung zuerkannt wird, ist es nicht erlaubt, dass alle
     Aspekte der Lebensgemeinschaft von den Betroffenen selbst geregelt werden!
     Es gibt viele Rechte, die nur in der gesetzlich vorgeschriebenen Form angewandt und
     folglich auch nicht abgeändert werden dürfen; wird dies von den LebensgefährtInnen
     nicht beachtet, ist die Vereinbarung selbst gesetzeswidrig und somit nichtig: z.B. trifft
     jede Entscheidung bezüglich Kinder auf die unabänderliche Tatsache, dass die Interes-
     sen Minderjähriger den der Erwachsenen übergeordnet sind (siehe Kapitel I.9.3.
     Pflichten der nicht verheirateten Eltern und I.9.4. Sorgerecht und Anvertrauung der
     Kinder). Ebenso können sich Verträge zwischen LebensgefährtInnen nicht auf höchst-
     persönliche Rechte beziehen, denn für diese gilt der verfassungsrechtliche Grund-
     satz der freien Selbstbestimmung, d.h. dass z.B. keine Verpflichtungen bezüglich der
     Dauer der Beziehung getroffen, Strafen für den Fall der Untreue festgesetzt, sexuelle
     Pflichten auferlegt werden dürfen; ebenso darf auch die Entscheidung, Kinder zu be-
     kommen oder nicht, nicht verbindlich festgelegt werden.

15
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 4   Persönliche Rechte

            Vor allem für den persönlichen Bereich ist es schwer, der Lebensgemeinschaft mit Ver-
            einbarungen/Verträgen Schutz zu bieten. Wenn eine öffentliche Anerkennung des Zu-
            sammenlebens fehlt, kann dies dazu führen, dass in manchen Situationen die Bindung
            zwischen Partnern nicht jene »Vorteile« mit sich bringt, die normalerweise aus einer
            stabilen emotionalen Beziehung entstehen. Eine Vereinbarung zwischen den Lebens-
            gefährtInnen genügt in diesen Fällen nicht, sondern es bedarf eines speziellen Ein-
            schreitens seitens der Gesetzgebung oder der Verwaltung, die gewisse Rechte und
            Begünstigungen ausdrücklich gewähren. Dies wird aus den unten angeführten
            Beispielen ersichtlich.

            I.4.1. Besuchsrecht in sanitären Einrichtungen oder im Gefängnis

            Es ist möglich, den Lebensgefährten/die Lebensgefährtin in sanitären Einrichtungen zu
            besuchen, ebenso können grundlegende dringende Entscheidungen zur Gesundheit
            des Partners/der Partnerin auch vom Lebensgefährten/von der Lebensgefährtin getrof-
            fen werden, wenn die zuständige Verwaltung dies zulässt. In diesen besonderen Fällen
            wäre es ratsam – auch um Konflikte mit Verwandten zu vermeiden –, wenn die
            Betroffenen selbst bereits zu einem früheren Zeitpunkt schriftlich jene Person angeben
            würden, welche in bestimmten Fällen schwere und dringende Entscheidungen bezüg-
            lich der eigenen Gesundheit treffen dürfen. Zusammenlebende werden vom Gesetz
            nicht als Verwandte anerkannt und deshalb wäre es wichtig, dass Krankenhäuser und
            Pflegeeinrichtungen in ihren Reglements die LebensgefährtInnen ausdrücklich als
            Familienmitglieder anführen.

            Dasselbe gilt für die Besuche im Gefängnis, wo der Lebensgefährte/die Lebensgefähr-
            tin dank einer ausdrücklichen Vorschrift der Gefängnisordnung (Gesetz Nr. 354/1975,
            Art. 30) berücksichtigt wird. Gleiches findet sich auch in der Gesetzgebung zur
            Bekämpfung der Mafia (Gesetz Nr. 646/1982, Art. 14).

                                                                                                     16
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung

     I.4.2. Die Sachwalterschaft

     Mit dem Gesetz Nr. 6/2004 wurde eine neue Einrichtung – die Sachwalterschaft – ge-
     schaffen, die jene Personen schützen soll, denen die Selbstständigkeit, das alltägliche
     Leben zu meistern, zur Gänze oder auch nur teilweise fehlt. Diesen Personen wird eine
     vorübergehende oder auch eine permanente Unterstützung geboten, wobei darauf
     geachtet wird, ihre Handlungsfähigkeit so wenig wie möglich einzuschränken.
     Die Möglichkeit, eine Sachwalterschaft in Anspruch zu nehmen, bietet sich in all jenen
     Fällen, in denen eine Person z.B. aufgrund eines Unfalls, einer Krankheit oder auch
     angeborener Mängel in ihrer Fähigkeit, sich selbst zu versorgen zwar beeinträchtigt
     wird, aber nicht so stark, dass eine volle Entmündigung – wo der betroffenen Person
     jegliche Rechtsfähigkeit genommen wird – erforderlich wäre. Sollte eine Sachwalter-
     schaft erforderlich sein, kann hierfür im Interesse des/der zu Betreuenden an den
     Vormundschaftsrichter ein Antrag gestellt werden und/oder es wird ein Sachwalter er-
     nannt. Das Gesetz, welches einige Artikel des Bürgerlichen Gesetzbuches abgeändert
     hat, sieht in den veränderten Art. 408 und Art. 417 ZGB vor, dass neben dem Ehe-
     partner/der Ehepartnerin auch »jene Person, die dauerhaft mit dem/der zu Betreuen-
     den zusammengelebt hat« einen solchen Antrag stellen und als Sachwalter ernannt
     werden kann.

17
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 5   Finanzielle und vermögensrechtliche Aspekte

            I.5.1. Die finanzielle Haushaltsführung

            Das Gesetz verpflichtet die Ehepartner, sich gegenseitig sowohl moralisch als auch
            materiell beizustehen, indem festgelegt wird, dass jeder/jede im Verhältnis der eigenen
            Mittel zum Unterhalt beitragen soll. Für die finanziellen und vermögensrechtlichen
            Beziehungen zwischen LebensgefährtInnen gibt es keine rechtliche Regelung, sodass
            sie frei geregelt werden können. Laut geltender Gesetze ist es weder während des
            Zusammenlebens noch nach Beendigung desselben möglich, vom Partner/von der
            Partnerin eine Unterhaltszahlung für sich zu fordern oder finanzielle Auslagen, die für
            die Lebensgemeinschaft getätigt wurden, zurückzufordern.

            Die geltenden Gesetzesbestimmungen im Bereich der Verbindlichkeiten/Verträge defi-
            nieren wirtschaftliche Leistungen zwischen Lebensgefährtin und -gefährten als
            Naturalobligationen, d.h. Leistungen, die zur Erfüllung moralischer und
            sozialer Pflichten erbracht wurden und für die eine Rückerstattung gefordert
            werden kann (außer wenn die Leistung in einem absoluten Ungleichgewicht zu den
            sozialen und finanziellen Verhältnissen der LebensgefährtInnen steht). Dasselbe gilt für
            Geschenke/Zuwendungen, welche während des Zusammenlebens gemacht wurden.

            Häufig kann ein wirtschaftliches Ungleichgewicht zwischen den LebensgefährtInnen
            entstehen, da z.B. der gesamte Unterhalt mit den finanziellen Mitteln (z.B. dem
            Einkommen) eines Partners/einer Partnerin bestritten und das Vermögen/Einkommen
            des anderen für Ankäufe, Investitionen u.ä. verwendet wird. Hierfür gibt es unzählige
            Beispiele:
            – Ankauf oder Sanierung von unbeweglichen Gütern (z.B. einer Wohnung), oder
               Ankauf von beweglichen Gütern (z.B. eines Autos), die nur im Namen eines Lebens-
               gefährten/einer Lebensgefährtin getätigt werden;
            – Investitionen, Bankkonten, Sparbücher, welche auf dem Namen nur eines Lebens-
               gefährten/einer Lebensgefährtin laufen.

            In all diesen Fällen ist die Form ausschlaggebend: Eigentümer bleibt jene Person, deren
            Name offiziell aufscheint; der/die andere hingegen hat keine Möglichkeit die Beträge,
            die er/sie für die Finanzierung des gemeinsamen Unterhaltes ausgegeben hat, zurück-
            zufordern, denn im Gegensatz zum bleibenden Wert der materiellen Güter werden
            diese Beträge täglich »aufgebraucht«.

            Damit das Vermögen, das während der Beziehung erworben wird, gerecht aufgeteilt
            wird, und damit beide LebensgefährtInnen in gleichem Ausmaß zum Unterhalt der
            Familie beitragen, könnte eine schriftliche Vereinbarung bezüglich der Finanzie-
            rung des gemeinsamen Haushaltes hilfreich sein (z.B. mittels Einzahlungen beider
            Partner auf ein gemeinsames Bankkonto). Somit wird sichergestellt, dass sowohl die
            Unterhaltsbestreitung als auch sonstige Einkäufe für die Familie von beiden im Verhält-
            nis zu ihren finanziellen Möglichkeiten getätigt werden. Wenn sich die Lebensgefähr-
            tInnen einig sind, dass diese Ausgaben nur von einem/einer getragen werden, sollte
            dieser/diese sich der Tatsache bewusst sein, dass er/sie diese Aufwendungen zu einem
            späteren Zeitpunkt nicht mehr zurückfordern kann, außer dies ist ausdrücklich in einer
            schriftlichen Vereinbarung festgelegt worden.

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Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung

     I.5.2. Unterhaltsleistung

     Obengenanntes ist äußerst wichtig, wenn man bedenkt, dass LebensgefährtInnen
     im Gegensatz zu EhepartnerInnen weder während der Beziehung noch bei einer even-
     tuellen Trennung Anrecht auf einen Unterhaltsbeitrag haben!

     Kommt es trotz fehlender rechtlicher Verpflichtung während der Beziehung zu einer
     freiwilligen oder auch vereinbarten Unterhaltsleistung zu Gunsten des Lebensgefähr-
     ten/der Lebensgefährtin, ist dies eine sogenannte »Naturalobligation«, d.h. eine Leis-
     tung, die aufgrund der bestehenden gegenseitigen moralischen und sozialen Pflichten
     gemacht wird; deshalb kann eine Naturalobligation laut Gesetz nicht rückerstattet
     oder ersetzt werden. Der Lebensgefährte/die Lebensgefährtin hat z.B. auch kein An-
     recht auf finanzielle Anerkennung der geleisteten Hausarbeit oder für den Verzicht auf
     eine eigene Verdienstmöglichkeit, denn diese wird als freiwillige Erfüllung der Natural-
     obligation, mit den eigenen Mitteln und Fähigkeiten zum Familienleben beizutragen,
     angesehen (siehe Kapitel I.5.7. Arbeit und Familienunternehmen).

     Auch in diesem Fall könnte ein Vertrag zwischen LebensgefährtInnen Anwendung
     finden. Damit könnten sich LebensgefährtInnen verpflichten, während der Beziehung
     und/oder bei einer Trennung einen Unterhalt zu bezahlen, wodurch die finanzielle Zu-
     kunft ihrer PartnerInnen gesichert wäre; eine solche Verpflichtung kann verschiedenste
     Gründe haben: beispielsweise als Dank für das wirtschaftliche Opfer, das der Lebens-
     gefährte/die Lebensgefährtin gebracht hat, da er/sie die eigene berufliche Tätigkeit
     aufgegeben hat, um zum Partner/zur Partnerin zu ziehen oder um sich völlig der Erzie-
     hung der gemeinsamen Kinder zu widmen.

     Nur durch einen gültigen Vertrag kann eine wirtschaftliche Sicherheit gewährleistet
     werden; andernfalls besteht die Gefahr, dass ein Lebensgefährte/eine Lebensgefährtin
     nach einer Trennung ohne jegliche Unterhaltsleistung bleibt, obgleich der Partner/die
     Partnerin äußerst vermögend ist.

     I.5.3. Getätigte Ankäufe

     Selbst mit Vertrag ist es in der Lebensgemeinschaft nicht möglich, eine Güter-
     gemeinschaft zu vereinbaren; diese bleibt EhepartnerInnen vorbehalten. In der
     Lebensgemeinschaft gilt jener/jene als Eigentümer/Eigentümerin, der/die den Ankauf
     der beweglichen oder unbeweglichen Güter getätigt hat. Damit den Lebens-
     gefährtInnen ein Gut gemeinsam gehört (die entsprechenden Anteile werden von den
     Parteien selbst festgelegt), muss dies beim Kauf ausdrücklich festgehalten werden.

     Wenn ein Gut ausschließlich einem Lebensgefährten/einer Lebensgefährtin gehört,
     obgleich der Ankauf gänzlich oder auch nur teilweise mit finanziellen Mitteln des/der
     anderen getätigt wurde, kann die investierte Summe zurückgefordert werden,
     wenn die Herkunft dieser Mittel (möglichst mit entsprechender Dokumentation) nach-
     weisbar ist.

19
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung

I.5.4. Bankkonto/Investitionen/Schulden

Bezüglich der Bankkonten gibt es noch keine besondere Regelung für Lebens-
gefährtInnen, deshalb ergeben sich für diese nur dann Vorteile bzw. auch Nachteile
(z.B. Schulden), wenn sie formell als Inhaber dieser Konten aufscheinen bzw. mit-
unterschrieben haben. Will man beispielsweise als Mitinhaber des Kontos aufscheinen
oder eine Garantie für die Schulden des anderen leisten, ist es erforderlich, dass
dies – ähnlich wie beim Ankauf von Gütern – bei Vertragsabschluss ausdrücklich an-
geführt wird.

I.5.5. Versicherung/Schadensersatz

Obengenanntes gilt auch für alle Versicherungen: der Lebensgefährte/die Lebens-
gefährtin muss ausdrücklich als Begünstigter/Begünstigte genannt werden (z.B. bei
Lebensversicherungen).

Geltende Gesetze gewähren dem Lebensgefährten/der Lebensgefährtin ein Recht auf
moralischen Schadensersatz, wenn seinem Partner/seiner Partnerin etwas zustößt oder
wenn dieser/diese stirbt. Wird eine finanzielle Abhängigkeit vom Partner/von der Part-
nerin, der/die mittlerweile nicht mehr fähig ist, Geld zu verdienen, nachgewiesen,
kann in einigen nFällen auch die Ersetzung des Vermögensschadens gefordert werden.

I.5.6. Gesundheitsfürsorge

Im sanitären Bereich hat die nationale Gesetzgebung mittels zweier bedeutsamer
Gesetze eine Gleichstellung von LebensgefährtInnen mit EhepartnerInnen bzw. von der
Lebensgemeinschaft mit der Ehe erwirkt.

Das Gesetz Nr. 405/1975 hat Familienberatungsstellen eingeführt, wobei die dort
angeführte Definition des Paares auch die Lebensgemeinschaft beinhaltet und dieselbe
hat folglich zu allen Diensten, die von diesen Stellen angeboten werden, Zugang. Das
Gesetz Nr. 194/1978 bezüglich des Mutterschaftsschutzes und der Schwangerschafts-
unterbrechung sieht vor, dass auch der Vater des gezeugten Kindes mit einbezogen
wird, wobei nicht zwischen einer ehelichen und einer unehelichen Vaterschaft unter-
schieden wird.

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Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung

     I.5.7. Arbeit und Familienunternehmen

     In der Lebensgemeinschaft kommt häufig vor, dass LebensgefährtInnen ihre Arbeits-
     kraft für die Tätigkeit/den Betrieb/das Unternehmen ihrer PartnerInnen einsetzen und
     dafür keinerlei oder nur eine geringe finanzielle Entlohnung erhalten. Nur wenn das
     Arbeitsverhältnis oder die Mitarbeit tatsächlich nachgewiesen werden kann, kann in
     Anwendung des geltenden Arbeitsrechts innerhalb der Verjährungsfrist von 5 Jahren
     nach der Arbeitsleistung eine angemessene Entlohnung gefordert werden (eventuell
     auch in einem Gerichtsverfahren).

     Der Artikel des Zivilgesetzbuches (Art. 230 bis) bezüglich des Familienunter-
     nehmens, welcher besondere Formen und Regelungen für die Mitarbeit der Familien-
     mitglieder festlegt, ist nicht auf die Lebensgemeinschaft anwendbar.

     Das geltende Arbeitsrecht regelt das Arbeitsverhältnis zwischen Lebensgefährtin und
     -gefährten, die gemeinsam ein Unternehmen führen. Damit die Entlohnung der
     tatsächlich geleisteten Arbeit gefordert werden kann, muss die Arbeitsleistung nach-
     gewiesen werden. Sollte es jedoch schwer bzw. unmöglich sein, diese nachzuweisen,
     kann man zwar keine Entlohnung, aber eine angemessene Entschädigung fordern,
     allerdings muss in diesem Fall belegt werden, dass sich der Partner/die Partnerin auf-
     grund der geleisteten Arbeit ungerechtfertigt bereichert hat.

     I.5.8. Eigentumswohnung/Mietverhältnis

     In Lebensgemeinschaften (mit oder ohne Kinder) gibt es in Bezug auf die gemeinsame
     Wohnung unterschiedliche Situationen:
     a) die Wohnung gehört nur einer Person;
     b) die Wohnung gehört beiden gemeinsam;
     c) die Wohnung wurde von einer Person oder von beiden gemeinsam gemietet.

     Vorausgeschickt, dass die Bestreitung der ordentlichen Wohnungsspesen gesetzlich
     nicht geregelt ist, steht es den LebensgefährtInnen frei, selbst eine Regelung festzu-
     legen. Sollten alle ordentlichen Wohnkosten ausschließlich von einem Lebensgefähr-
     ten/einer Lebensgefährtin getragen werden, hat derselbe/dieselbe bei einer eventuellen
     Trennung oder bei einer Aufstellung der gegenseitigen Guthaben und Schulden nicht
     das Recht, die Hälfte der Ausgaben zurückzufordern. Dasselbe gilt auch für den Fall,
     in dem ein Lebensgefährte/eine Lebensgefährtin keinen Mietzins zahlen muss, da sein
     Partner/seine Partnerin Eigentümer/Eigentümerin der Familienwohnung ist, denn auch
     in diesem Fall kann nicht die Rückerstattung der Hälfte des ersparten Mietzinses
     gefordert werden. All diese Ausgaben fallen – wie oben erklärt – in die Definition der
     Naturalobligationen, die grundsätzlich nicht zurückgefordert werden können. Wenn
     die gemeinsam bewohnte Wohnung ausschließlich einer Person gehört, können die
     »außerordentlichen Ausgaben« (z.B. für die Umstrukturierung oder Instand-
     haltung), welche für diese Wohnung getätigt wurden, zurückgefordert werden; das-
     selbe gilt für jene Geldsummen, die dem Lebensgefährten/der Lebensgefährtin für
     den Ankauf seiner/ihrer persönlichen Wohnung gegeben werden.

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Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung

Falls der Mietvertrag auf den Namen beider läuft, sind beide Vertragspartner
gleichermaßen verantwortlich für die Bezahlung der Spesen an den Vermieter.
Auch wenn diese Kosten nur von einem getragen werden, hat dieser kein Anrecht
auf Rückerstattung, da es sich hierbei wiederum um Naturalobligationen handelt.

Bei einer eventuellen Trennung:

Paare ohne Kinder: Die rechtliche Regelung ist ähnlich wie bei verheirateten Paaren
ohne Kinder, denn die LebensgefährtInnen, die als EigentümerInnen oder MieterInnen
der gemeinsamen Wohnung aufscheinen (oder die das Wohnrecht bzw. ein Leihrecht
haben), können in Ausübung ihres Rechts ihren PartnernInnen gerichtlich anordnen
lassen, die Wohnung zu verlassen. Man darf den Lebensgefährten/die Lebensgefährtin
auf keinen Fall gewaltsam aus der Wohnung entfernen, indem man beispielsweise die
Schlösser austauscht oder den Zutritt verwehrt. Gehört die Familienwohnung hingegen
beiden LebensgefährtInnen gemeinsam, muss – sollte keine Einigung gefunden wer-
den – die Wohnung verkauft werden und der Erlös wird dann zwischen den Beiden
aufgeteilt. Wurde die Wohnung gemietet und läuft der Vertrag auf den Namen beider
LebensgefährtInnen, kann von diesen einvernehmlich vereinbart werden, wer in der
Wohnung bleibt (der andere kann vom Mietvertrag aussteigen) und der Vermieter
kann sich dieser Vereinbarung nicht widersetzen. Können die LebensgefährtInnen
jedoch keine Einigung bezüglich der Weiterführung des Mietverhältnisses finden, gibt
es keine Norm, die dieses Problem lösen könnte. Wenn der Lebensgefährte/die
Lebensgefährtin, auf dessen/deren Namen der Mietvertrag läuft, stirbt, kann der ande-
re in den Vertrag, dessen Inhalt unverändert bleibt, automatisch einsteigen.

Paare mit Kinder: Die gemeinsame Wohnung wird bei einer Trennung dem Lebens-
gefährten/der Lebensgefährtin zugesprochen (falls erforderlich auch mittels eines Zivil-
verfahrens vor dem ordentlichen Gericht), dem/der die minderjährigen Kinder bzw. die
volljährigen Kinder, wenn diese noch nicht finanziell unabhängig sind, anvertraut
wurden. Die Zuweisung der Wohnung erfolgt unabhängig von den tatsächlich beste-
henden Eigentums- oder Besitzverhältnissen. Diese Regelung wurde zum Schutz der
ehelichen sowie der unehelichen Kinder eingeführt und wird im Kapitel über die
Kinder noch gründlicher untersucht

                                                                                           22
Lebensgemeinschaft – nationale Gesetzgebung
Kapitel 6   Auflösung der Lebensgemeinschaft

            Für die Auflösung der Lebensgemeinschaft bedarf es keinerlei Formalität, denn
            sie stützt sich lediglich auf der freien – und somit jederzeit widerrufbaren – Entschei-
            dung, zusammenzuleben. Den LebensgefährtInnen steht es frei, sich zu trennen und
            selbst wichtige Entscheidungen, die beispielsweise die Kinder, die gemeinsame Woh-
            nung oder finanzielle Aspekte betreffen, können auch nur mündlich getroffen werden.
            Wurde hingegen ein sogenannter Vertrag zwischen LebensgefährtInnen verfasst, kön-
            nen die dort schriftlich festgelegten Vereinbarungen angewandt werden. Wenn die
            LebensgefährtInnen keine Einigung bezüglich einiger oder auch aller Aspekte finden
            können, ist ein Einschreiten der jeweils zuständigen Gerichte erforderlich. Für verheira-
            tete Paare bietet das gerichtliche Ehetrennungsverfahren die Möglichkeit, die wichtig-
            sten Aspekte in einem einzigen Prozess zu lösen. LebensgefährtInnen hingegen müs-
            sen hierfür mehrere Prozesse führen: im Kapitel bezüglich der Kinder wird auf die
            unterschiedliche Zuständigkeit von Jugendgericht und ordentlichem Gericht hingewie-
            sen. Selbst für Fragen, die nicht die Kinder betreffen, kann das Einschreiten mehrerer
            Richter erforderlich sein (die Zuständigkeit für finanzielle und arbeitsrechtliche Belange
            sowie für Mietangelegenheiten wird in der Regel von der Zivilprozessordnung festge-
            legt); da Prozesse einen großen Aufwand persönlicher Energien und finanzieller Mittel
            erfordern, wird häufig auf die Durchsetzung von Rechten verzichtet.

            In der Folge werden jene Rechtsfragen, welche sich am häufigsten stellen, erläutert.

            I.6.1. Kinder, Wohnung, Unterhalt

            Siehe in den Kapiteln I.5.2. Unterhaltsleistung, I.5.8. Eigentumswohnung/Mietverhält-
            nis und Kapitel 10 Die Trennung der Eltern den jeweiligen Teil bezüglich der Trennung.

            I.6.2. Vermögensrechtliche Folgen

            Aus vermögensrechtlicher Sicht sind die Vereinbarungen/Verträge, die von den Lebens-
            gefährtInnen für den Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft getroffen wurden,
            um die finanziellen/vermögensrechtlichen Aspekte zu regeln, gültig. Allerdings müssen
            stets die geltenden Gesetze im Bereich der Verträge eingehalten werden. Um die
            Gesetzmäßigkeit und die Gültigkeit dieser Vereinbarungen zu gewährleisten, ist es
            wichtig, dass sie in Beisein eines Rechtsexperten/einer Rechtsexpertin schriftlich ver-
            fasst werden. LebensgefährtInnen können sich verpflichten, ihren PartnerInnen einen
            Unterhalt zu bezahlen oder Zuwendungen verschiedenster Art zu machen, wie bei-
            spielsweise Immobilien auf den Namen des/der anderen überschreiben; um jedoch
            eine künftige Rückforderung aufgrund eines Formfehlers oder des Inhaltes der Zuwen-
            dung zu vermeiden, sollte sich die Verpflichtung auf einen bedeutsamen Vertrags-
            grund stützen, z.B. kann die Verpflichtung eine Ausgleichszahlung, eine Entlohnung
            für die vom Lebensgefährten/von der Lebensgefährtin geleisteten Dienste oder für
            dessen/deren Verzicht auf eine eigene Einkommensmöglichkeit sein.

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