Zwei Jahre Kafitreff in Weinfelden

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Zwei Jahre Kafitreff in Weinfelden
Zwei Jahre Kafitreff in Weinfelden
Begegnung
Der Kafitreff in Weinfelden hat sich zu einer festen Institution entwickelt. Er ist jeweils
am Freitagabend von 17-22 Uhr und am Sonntagnachmittag von 14-18 Uhr geöffnet,
und zwar durchgehend, ohne Betriebsferien. Unser Ziel, suchtgefährdeten Menschen an
zwei „kritischen“ Zeiten der Woche eine alkoholfreie Begegnungsmöglichkeit
anzubieten, ist in zweifacher Hinsicht erreicht worden: Immer mehr Leute der primär
anvisierten Zielgruppe (d.h. Personen mit einem Suchtproblem Alkohol) fanden sich im
Kafitreff ein und die andern Besuchergruppen haben sich seither nicht verdrückt und
sorgen für einen Austausch in grosser Normalität.

Ueberwindung von Isolation
So haben sich aus der primären Zielgruppe mehrere Menschen eingefunden, die den
Treff öfter frequentierten und von denen fünf zu einer vertieften Beratung und Zugang zu
Therapie in der Fachstelle fanden. Die Begegnungen waren mit manchen Menschen
dieser Zielgruppe intensiv, da die Verweildauer im Kafitreff im Durchschnitt bei etwas
mehr als 1 ½ Stunden liegt. Ausser bei den englisch oder französisch sprechenden
Asylbewerbern besuchten durchwegs Schweizer den Kafitreff. Bei mehreren Besuchern
dieser Gruppe fallen Vereinsamung, Arbeitsprobleme oder Arbeitslosigkeit, Krankheit
und Invalidität neben dem stärkeren oder schwächeren Suchtproblem ins Gewicht.
Zwei Jahre Kafitreff in Weinfelden
Die Besucherstatistik über zwei Jahre

                   Alter/Geschlecht Zielgruppe 1                 Besuche
                   Frauen                            20-40            26
                                                     40-60            76
                                                   Über 65             3
                   Asylsuchende Frauen                                 1
                   Männer                            20-40            74
                                                     40-60           239
                                                   Über 65           119
                   Asylsuchende Männer                                43

       An den 207 im Bericht berücksichtigten Öffnungszeiten fanden sich 1498 Gäste
        im Kafitreff ein, was seit Eröffnung einen Durchschnittswert von 7,3 Gästen pro
        geöffneter Tag ergibt.
       Die durchschnittliche Besucherzahl steigerte sich leicht und liegt im Jahr 2013 bei
        7,85 Gästen.
       Eine maximale Besucherzahl waren 23 Gäste an einem Sonntag.
       Die minimalste Gästezahl war 1 Gast an einem Freitagabend.
       Ohne „Gaschtig“ waren die Treffpunktleute gar nie, mindestens ein Gast hat sich
        immer eingefunden.

                                                            Gästeart           Anzahl
            Besucher                                Zielgruppe 1             581
                                                    Blaukreuz-Mitglieder     469
                                                    Freunde/Verwandte        143
        23 %                                        Passanten/Nachbarn       349
                       38 %

       9%

            30 %
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Niederschwellige Sozialberatung und Durchmischung
Das grundlegende Ziel der Überwindung von Isolation und der „Normalisierung“ sozialer
Kontakte konnte im Laufe der beiden Jahre immer konkreter angestrebt werden: Aus oft
intensiven Begegnungen jenseits von small talk ergaben sich viele gute Kontakte von
Gästen untereinander, gegenseitige Hilfe bei Problemen und sogar Jobmöglichkeiten.

Durch die aus Nachbarn, sozial Interessierten, Blaukreuzmitgliedern und „Laufkunden“
gebildete Basis entstand ein fruchtbares Klima, in dem geredet, diskutiert, gejasst und
gespielt und manchmal auch gemalt wird. Dass das nicht immer konfliktfrei ablaufen
kann, ist bei der grossen Unterschiedlichkeit der Besucher nicht anders zu erwarten:
Wollen ein paar BesucherInnen am liebsten zusammensitzen, austauschen und singen,
möchten andere nur von der Leiterin bedient werden und wachen eifersüchtig über die
Zuwendung zu andern Gästen. Oder Gäste möchten eigene Bilder ausstellen, die
andere schrecklich finden. Auch die sehr unterschiedliche Sprache zwischen Nähe zur
Fäkalsprache und einem engagierten Austausch über die Treffregeln bergen
Konfliktpotential. Mit grossem Einfühlungsvermögen und Struktursicherheit gingen die
Leiterinnen die Fragen sachlich und zielführend an.

Breites Spektrum
Die Bereitschaft zu intensiver Gesprächspräsenz, die gezeigte grosse Belastbarkeit und
Dialogfähigkeit unserer Treff-Verantwortlichen und der Freiwilligen hat sich gerade bei
quengelnden, schimpfenden oder aggressiven KlientInnen bewährt
Auch der über mehrere Monate häufige Besuch von 1-3 Asylbewerbern war eine
Bereicherung: Nicht nur die Sprachkompetenz der Leitung und der HelferInnen wurde
aufgefrischt, nein, es fand ein interessanter Austausch mit Menschen mit einem
Migrationshintergrund statt, die ganz einfach einen Ort des Zuhörens brauchten. Dabei
stellten sich auch grundlegende Probleme der Gleichbehandlung der Gäste, die aber
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vom Personal meist souverän gelöst werden konnten (wo die Grenze für
armutsbetroffene Besucher wirklich liegt, musste z. B. intensiv erarbeitet werden):
Sichtbar armutsbetroffene BesucherInnen bekommen von den Kafitreff-Leitenden und
Sozial-Institutionen Bons, die sie im Kafitreff einlösen können. Weiter kann man bei uns
auch Bons zu Fr. 5.-- kaufen, um sie jemandem zu schenken, der dann neu den Kafitreff
besucht.

Wirtschaftlichkeit
Der Verkauf im Kafitreff erwirtschaftete etwas mehr als die Materialkosten,
einschliesslich der Entschädigungen für die Freiwilligen. Von den 3955 verkauften
Konsumationseinheiten wurden 133 mit einem Bon bezahlt.

Bekanntheit - Information
Der Kafitreff wird im Blauen Kreuz intern durch Mitgliederinfo bekannt gemacht. Alle
wesentlichen Veränderungen erscheinen in der Tagespresse. Die sozialen Institutionen
bekommen Bons; mit dem Wohnheim für alkoholkranke Männer Sonnenburg in
Weinfelden bestehen Abmachungen. Viele Gäste der ersten Zielgruppe werden durch
andere Gäste auf unser Angebot aufmerksam. Auch die öffentliche Beratungsstelle
Perspektive hat uns schon bei KlientInnen empfohlen.

Personalaufwand
Die Personalkosten der beiden zu 25% beschäftigten Treffleiterinnen Elisabeth Stauffer
und Erika Anderwert sowie das Coaching durch Rahel Gerber M.A. konnten aus dem
Diakoniefonds der Thurgauer Landeskirche, aus dem Stiftungsfundraising und aus
einem Teil der Infodrog-Beiträge aufgebracht werden.
Die Freiwilligenarbeit war für den Kafitreff konstitutiv: Es sind auf die beiden Jahre
verteilt ca. 1600 Stunden geleistet worden für Konzeptmitarbeit, Mithilfe bei
Einrichtungen und Verbesserungen, Koordination und Verhandlung mit Handwerkern,
Lieferanten, Juristen, Nachbarn, Behörden, Erarbeitung der Werbung, Weiterbildung,
Hygienekurse, Gastro-Beratung, Sicherheitsabklärungen, Umgebungspflege usw.

Investitionen
Weitere Beiträge von Infodrog, der Pedrotti-Stiftung und der Boveri-Stiftung konnten
aufgrund der Hygiene- und Sicherheitsanforderungen für notwendige Investitionen
gebraucht werden.
Glücklicherweise konnten wir dank der grossen Unterstützung diese wichtigen
Anpassungen vornehmen, sodass in den kommenden Jahren keinerlei weitere
grösseren Investitionen in den Kafitreff Weinfelden nötig werden.

Ziele
Zukünftig sehen wir folgende inhaltlichen Ziele vor:
       Monatliche thematische Abende
       Verschiedene Essensangebote am Freitag
       Einfache Bildungsangebote/Referate
       Begleitungs- und eschäftigungsmöglichkeiten nach Notwendigkeit verbreitern.

Aufgrund der bisherigen grossen Solidarität unserer Spender und Spenderinnen
sehen wir der Weiterentwicklung des Kafitreffs Weinfelden hoffnungsvoll
entgegen.

April 2014
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