10 Leitlinien - Digitalcourage

Die Seite wird erstellt Hortensia-Solange Probst
 
WEITER LESEN
10 Leitlinien - Digitalcourage
Leena Simon niak
              rzy
  Jessica Waw

                                                     1 0 L e i t l i n i e n

Nachhaltige digitale Bildung bedeutet, dass Kinder nicht nur lernen, ein einzelnes Programm-
system zu bedienen, sondern in die Lage versetzt werden, mit digitaler Technik mündig,
ganzheitlich und kompetent umzugehen. Es braucht Konzepte, Fortbildung, Zeitkontingente
und Unterrichtsmaterial.

                                                                                                     et
                                                                                           ildungspak
                                                                                g  e.de /b
                                                                          lcoura
                                                                    digita
10 Leitlinien - Digitalcourage
Über uns

Digitalcourage e.V. engagiert sich seit 1987 für Grundrechte, Datenschutz und eine lebenswer-
te Welt im digitalen Zeitalter. Wir sind technikaffin, doch wir wehren uns dagegen, dass unsere
Demokratie „verdatet und verkauft“ wird. Seit 2000 verleihen wir die BigBrotherAwards, die Oscars
für Datenkraken. Digitalcourage ist gemeinnützig, finanziert sich durch Spenden und lebt von viel
freiwilliger Arbeit.

Die Gestaltung unserer Zukunft beginnt schon bei Bildung und Erziehung. Interessierte Daten-
schutzfreund.innen aus pädagogischen Berufen sind herzlich eingeladen, in unserer AG Pädago-
gik mitzuwirken.

Mehr zu unserer Arbeit finden Sie auf 		                     Weitere Infos zur AG Pädagogik:
digitalcourage.de und bigbrotherawards.de                    digitalcourage.de/kinder-und-jugendliche

Bildungspaket - 10 Leitlinien
Verlag Art d‘Ameublement für Digitalcourage Marktstraße 18 | 33602 Bielefeld
Fotos: Jessica Wawrzyniak cc-by-sa 4.0, Fabian Kurz cc-by 4.0, Alexander Altmann cc-by 4.0, privat
Layout: Dennis Blomeyer
Texte: Jessica Wawrzyniak und Leena Simon
Redaktion: Katrin Schwahlen
ISBN 978-3934636-31-6

   2
10 Leitlinien - Digitalcourage
In diesem Bildungspaket | Inhaltsverzeichnis

In der Basisversion (digital) enthält das Bildungspaket wichtige
Informationen und Basistexte:

   Digitale Bildung – 10 Leitlinien, um Schule frei und
    ganzheitlich zu gestalten (10 Leitlinien) (S.5)                        Informationen und Lösungsansätze
   Freie Software an Schulen (S. 14)                                     für Schüler.innen, Eltern, Lehrkräfte,
   Geeignete Schulsoftware (Auswahl) (S. 17)                             Sozialarbeiter.innen, Schulleitungen

   Übersicht datenschutzfreundlicher Anwendungen (S. 21)                      und Entscheidungsträger.innen

   Übersicht mit hilfreichen Infos, Links und Materialien

In der Vollversion (Print) enthält das Bildungspaket zusätzlich
verschiedene Printmaterialien:

   Digitale Mündigkeit
    Eigenverantwortlich im 21. Jahrhundert
                                                                             Broschüren für Eltern, Lehrkräfte,
   Datenschutzrechte durchsetzen
                                                                          Sozialarbeiter.innen, Schulleitungen
    Tipps für Lehrkräfte und Eltern
                                                                               und Entscheidungsträger.innen
   Digitale Bildung
    10 Leitlinien, um Schule frei und ganzheitlich zu gestalten

   #Kids #digital #genial                                          Datenschutz leicht verständlich vermitteln:
    Schütze dich und deine Daten: Das Lexikon von App bis .zip        Das Lexikon für Kinder und Jugendliche
   Unterrichtshilfe zum Buch                                               und Hilfestellung zum Einsatz des
    #Kids #digital #genial – Schütze dich und deine Daten                                  Buchs im Unterricht

   Datenschutz an Schulen
    Digitalisierung oder „Kreidezeit“? Tipps, wie sensible Daten
    von Schüler.innen besser geschützt werden können
   Digitale Selbstverteidigung
    Kleine Anleitung zur Selbsthilfe in Bezug auf Internet-
    Überwachung                                                     Info-Faltblätter für alle Interessierten zum
   Moderner Mythos: Nichts zu verbergen                                  schnellen Informieren und Verteilen
    Ein bunter Strauß von Erwiderungen auf einen gefährlichen
    Aberglauben
   Digitalcourage – Wir stellen uns vor!
    Aktiv für Grundrechte, Datenschutz und eine lebenswerte Welt
    im digitalen Zeitalter

   Weitere Materialien
    wie Aufkleber und Flyer rund um die Kampagne „Digitalcourage-                    Eine kleine Überraschung
    Bildungspaket“

Weitere Infos und Bestellung des Bildungspakets unter:
digitalcourage.de/bildungspaket
                                                                                                              3
10 Leitlinien - Digitalcourage
Das Digitalcourage-Bildungspaket

Seit Jahrzehnten warten wir darauf, dass der Umgang mit digitalen Medien in den Schulen vermit-
telt wird. Doch unsere Politik legt wenig Ambitionen an den Tag. Schulen, Eltern und Lehrkräfte
werden noch immer allein gelassen. Digitale Themen werden allenfalls als Lernmittel, aber nicht
als Unterrichtsgegenstand diskutiert.

Nachhaltige digitale Bildung bedeutet, dass Kinder nicht nur lernen, ein einzelnes Programmsys-
tem zu bedienen, sondern in die Lage versetzt werden, mit digitaler Technik mündig, ganzheitlich
und kompetent umzugehen. Es braucht Konzepte, Fortbildung, Zeitkontingente und Unterrichts-
material.

Wir erkennen Bemühungen an verschiedenen Stellen, doch die reichen noch nicht
aus: Datenschutz und freiheitliches Denken werden in diesen Konzepten viel zu margi-
nal behandelt. Mangels Ressourcen und Expertise entscheiden sich mehr und mehr
Schulen für vermeintlich günstige Angebote kommerzieller Hersteller, die den Schutz von Daten
nicht oben auf ihrer Agenda haben. Mit gefährlichen Konsequenzen für Schüler.innen und Gesell-
schaft.

Also nehmen wir die Sache nun selbst in die Hand. Mit unserem Digitalcourage-Bildungspaket
liefern wir Leitlinien für eine wirkungsvolle digitale Bildungspolitik und viele konkrete Tipps für die
Umsetzung.

Angesprochen sind alle Stellen, die Einfluss auf Bildungsentscheidungen nehmen können: Schul-
leitungen, Kultusministerien, Lokalparlamente und -politiker.innen, Elternverbände, Lehrkräfte,
Schüler.innenvertretungen u.v.m. Jetzt brauchen wir Ihre Hilfe, um Werkzeuge und Konzepte für
eine bessere digitale Bildung zu verbreiten.

Wenn Ihnen dieses Bildungspaket geholfen hat, unterstützen Sie unsere Arbeit
mit einer Spende: digitalcourage.de/spenden

Wenn Sie über unsere Arbeit auf dem Laufenden bleiben wollen, abonnieren
Sie unseren Newsletter: digitalcourage.de/newsletter

   4
10 Leitlinien - Digitalcourage
Digitale Bildung – 10 Leitlinien, um Schule frei und ganzheitlich zu gestalten

Digitale Bildung bedeutet, dass Kinder nicht nur lernen, ein einzelnes Programmsystem zu bedie-
nen, sondern nachhaltig in die Lage versetzt werden, mit digitaler Technik mündig, ganzheitlich
und kompetent umzugehen.

Politiker.innen, kommunale Entscheidungsträger.innen und Schulleitungen sind aufgefordert, die
digitale Bildung in den Schulen voranzutreiben. Dies bleibt leider viel zu oft an einzelnen Lehrkräf-
ten oder Eltern hängen und kann nicht die Lösung sein. Es geht nicht darum, Digitalisierung
als Allheilmittel einzusetzen. Digitalisierung bedeutet nicht, dass Lehrkräfte und Inhalte ersetzt
werden. Aber Digitalisierung ist mehr als der Einsatz von Hardware und Software. Wer gute digita-
le Bildung will, setzt auf Medienkompetenz, Partizipation und lebenslanges Lernen mit geeigne-
ten digitalen Werkzeugen. Dafür muss die Politik attraktive Bedingungen schaffen und fördern.

  
 1   Digitale Werkzeuge ersetzen weder Lehrkräfte noch Inhalte

   Digitalisierung von Schulen ist kein Selbstzweck
   Nicht jeder Unterricht benötigt digitale Werkzeuge
   Geräte können keinen Unterricht ersetzen
   „Digital“ ist nicht automatisch besser als „analog“
   Art und Einsatz elektronischer Medien müssen pädagogisch
    begründet sein: Qualität vor Quantität
   Kompetente Nutzung, Administration und Wartung der
    Geräte müssen gesichert sein

Schule ist ein Ort , an dem Fertigkeiten, (kognitive) Fähigkeiten, Qualifikationen und Intelligenz
entwickelt und erlangt werden. Kompetenzen wie z.B. Sozialverhalten, Streitkultur, Fairness,
Demokratie-Spielregeln, Freundlichkeit und Solidarität sind wesentliche Aspekte, die im Klassen-
verband erlernt und gepflegt werden müssen.
Der Lehrberuf sollte daher wieder aufgewertet werden. Lehrkräfte sind keine zuschauenden
„Lerngegenüber“, sondern kennen die individuellen Lernbedürfnisse der Schülerinnen und
Schüler.

Detailliert strukturierte Unterrichtspläne sind nicht mehr zeitgemäß. Deswegen brauchen
Lehrkräfte mehr Freiheiten bei der Unterrichtsgestaltung (siehe Punkt 5). Individuelles Lernen
ist oft sinnvoll, bedeutet aber nicht, dass Kinder und Jugendliche nur allein lernen sollten. Keine
Lernsoftware kann die didaktische und pädagogische Begleitung durch Lehrkräfte ersetzen.
Schon deshalb muss der Einsatz künstlicher Intelligenz sehr kritisch betrachtet werden. Messen
und Bewerten von Leistung muss weiterhin in menschlichen Händen bleiben. Auch die digitalisier-
te Schule muss als primärer Lernort und Schutzraum begriffen werden.

                                                                                                    5
10 Leitlinien - Digitalcourage
  
 2   Datenschutz anwenden und unterrichten

   Informationelle Selbstbestimmung ist ein Grundrecht und braucht
    als Aspekt des Datenschutzes besondere Aufmerksamkeit
   Daten von Schüler.innen müssen überall geschützt werden,
    auch auf Schul- oder Heimrechnern von Lehrkräften
   Datenschutz muss als wichtiger Demokratiefaktor vorgelebt
    und vermittelt werden, nicht als Störfaktor
   Freiheitlich-demokratische Grundgedanken müssen im Un-
    terricht vermittelt werden (siehe Punkt 3 und 4)
   Schülerinnen und Schüler müssen Grundlagen und Hand-
    lungsmöglichkeiten zum Schutz ihrer Privatsphäre erlernen

Die Daten von Lehrkräften, Lernenden und anderen Akteur.innen im Schulwesen müssen geschützt
werden. Daten, die bei der Nutzung von Hard- und Software produziert werden, sensible perso-
nenbezogene Daten sowie Lernfortschritte und andere Informationen dürfen nicht für Unterneh-
men oder Unbefugte einsehbar sein.

Der Einsatz von Hard- und Software darf nicht zum Überwachungsinstrument Dritter werden.
Politik und Verwaltung müssen dem Sammeln von Schüler.innendaten, z.B. durch große IT-Konzer-
ne, einen klaren Riegel vorschieben.

Jede Schulsoftware muss die datenschutzrechtlichen Bedingungen der EU und Schulgesetze
erfüllen. Nutzerinnen und Nutzer müssen verantwortungsvoll mit ihren und fremden Daten
umgehen (können). Zusätzlich müssen Datenschutzmaßnahmen im Bereich der IT-Sicherheit
getroffen werden.

Damit Schulen den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden können, brauchen sie ausrei-
chend personelle und finanzielle Kapazitäten. Um Datenschutzerklärungen zu verfassen, Technik-
folgen abschätzen zu können und Datenauskünfte zu erteilen, müssen (weitere) Expert.innen
eingestellt werden (siehe Punkt 9).

Kultusministerien und Datenschutzbehörden müssen an einem Strang ziehen. Ein regelmäßiger
Austausch über datenschutzrechtliche Bedenken und Empfehlungen ist unabdingbar, um reakti-
onsfähig zu bleiben. Keine Krise rechtfertigt Abstriche bei Grundrechten. Der Datenschutz von
Kindern und Jugendlichen muss Vorrang haben vor wirtschaftlichen Interessen und politischen
Machtkämpfen.

   6
10 Leitlinien - Digitalcourage
  
 3   Digitale Inhalte als Unterrichtsgegenstand verstehen

Digitalisierung darf nicht länger allein als Unterrichtswerkzeug begriffen werden, sondern muss
Unterrichtsgegenstand werden. Der Einsatz digitaler Technik muss fächerübergreifend kritisch
reflektiert werden Dazu muss der Medienunterricht obligatorisch werden und über den bisherigen
(oft freiwilligen) Informatikunterricht hinausgehen (siehe Punkt 4).

Im Medienunterricht sollte es neben der Behandlung klassischer Medien(wirkung) um folgende
Themen gehen:

   Vermittlung von IT-Grundlagen (Dateimanagement, Browser, Websuchen,
    Grafik, Office) und IT-Sicherheit mit besonderem Fokus auf Endgeräte,
   Basiswissen von Programmierung (Informatik),
   Einsatz freier Software (Werte und Anwendung verbreiteter Programme),
   Reflexion ethischer und politischer Aspekte der Informationstechnik.

Wie beim Spracherwerb müssen digitale Inhalte durch
konstantes Anwenden und Vorleben in allen Fächern erlernt
und geübt werden. Damit Lehrkräfte Digitalisierung im
Unterricht vermitteln können, braucht es entsprechende
Fortbildungen (siehe Punkt 8).

  
 4   Medienkompetenz als vielschichtige Einheit begreifen

Medienkompetenz ist mehr als Bedienkompetenz. Das Ziel muss sein, Kinder darin zu stärken, sich
reflektiert und selbstbestimmt durch die analoge und digitale Gesellschaft zu bewegen (Digita-
le Mündigkeit). Schülerinnen und Schüler müssen dabei unterstützt werden, eigenständig zu
handeln und verantwortungsbewusst zu entscheiden. Dafür brauchen sie Wissen , das vor allem
gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Schnittstellen betrifft.

Diese inhaltlichen Schnittstellen müssen im Unterricht stärker fokussiert werden, damit die
Jugendlichen ihre Kompetenzen entwickeln und ausbauen können. Denn das Internet ist ein realer
sozialer Raum, in dem dieselben Rechte und Pflichten gelten wie in der „echten“ Welt.

Beispiel Informationskompetenz
   Wie entstehen Fake News, Verschwörungstheorien und Meinungsmache?
    Wie erkenne ich diese?
   Wie lassen sich politische Radikalisierung und Hate Speech im Netz unterbinden?
    Wie funktionieren Filterblasen?
   Wie beeinflussen Suchmaschinen, (Social)-Bots, Rankingverfahren und
    Clickbaiting persönliche Interessen?
   Wie steuern Menschen und Technik die Informationsaufnahme?
    Und: Wer steuert wen?
                                                                                              7
10 Leitlinien - Digitalcourage
Beispiel Konsumkompetenz
   Wer profitiert von (personalisierter) Werbung und anderen Algorithmen beim Online-Shopping?
   Wie funktionieren dynamische Preisgestaltung und andere Marketingstrategien?
   Wie wirken Geschäftsmodelle von und mit Influencer.innen auf Emotionalität und Kaufverhalten?
   Welches Ziel haben Anbieter.innen von Treuepunkte-Systemen und Gewinnspielen?
    Welches Suchtpotenzial haben diese Methoden?
   Was bedeutet Konzernmacht, Monopolisierung, Lobbyismus, Kommerzialisierung und der
    monetäre Wert von Daten?

Beispiel Sozialkompetenz
   Wie kann mit Cybermobbing, Cybergrooming, Sexting und Hate Speech umgegangen werden?
   Welche Persönlichkeitsrechte anderer müssen respektiert werden und wo beginnt Stalking?
   Wie funktioniert Postingkultur und Selbstdarstellung in sozialen Netzwerken?
    Welche psychosozialen Antriebe und Auswirkungen können sie haben, z.B. sozialer Druck und
    Bedürfnis nach Anerkennung (teilen, liken, kommentieren)?
   Wie wirken medial geprägte Rollen- und Geschlechterbilder und wie verändern sie die Kom-
    munikationskultur?

Beispiel Datenschutzkompetenz
   Welche Möglichkeit habe ich, um meine Privatsphäre zu wahren und meine Daten zu schützen?
   Wieso sollte ich sparsam mit meinen Daten umgehen? Was passiert in Zukunft mit den Daten
    von heute?
   Wie kann ich mich gegen Manipulation und die Ausforschung persönlicher Schwächen schützen?
   Welche Daten speichern datenhungrige Konzerne und Geheimdienste, z.B. durch Kameras,
    Gesichts- und Stimmerkennung, Sensoren und vieles mehr?
   Was bedeuten „smarte“ Technologien für die Wirtschaft und die eigene Privatsphäre?

  
 5   Geeignete Materialien anbieten

Um digitale Themen zu vermitteln, braucht es passende Unterrichtsmaterialien und -methoden.
Am besten geeignet sind OER-Materialien.

    Was bedeutet OER?                                                                                ohne
                                  cat ion al Res our ces ) sin d lize nz- und kostenfrei. Sie werden
    OER-Materialien (Open Edu                                                      t und sind individuell
             von Spo nso ren , Firm en   und   Konzern unabhängig entwickel
    Einfluss
    anpassbar.

   8
10 Leitlinien - Digitalcourage
Unterrichtsmaterial von IT-Konzernen und anderen kommerziellen Anbietern sollte gut geprüft
und möglichst nicht eingesetzt werden (siehe Punkt 6).
Beim Einsatz der Materialien müssen die oben genannten Schnittstellen fokussiert und die Zusam-
menhänge erklärt werden.

Beispiel Cybermobbing
Material zum Thema Cybermobbing erfüllt oft nicht die inhaltlichen Anforderungen, wenn wichti-
ge Lerneinheiten fehlen, z.B. über gesellschaftliche Konsequenzen der Social-Media-Nutzung, die
schnelle Verbreitung von Nachrichten und die Funktionsweise von Ranking-Algorithmen (siehe
Punkt 4). In die Lerneinheiten müssen außerdem Module zur Wiederholung und Reflexion einge-
baut werden.

  
 6   Keine Werbung an Schulen zulassen– auch nicht von IT-Firmen

Der Umgang mit Werbung und Sponsoring an Schulen ist unterschiedlich geregelt, aber es besteht
Einigkeit über die moralische Verwerflichkeit und – wenn überhaupt – die Beschränkung auf
pädagogisch wertvolle Anbieter. IT-Unternehmen dürfen aus diesen Überlegungen nicht ausge-
klammert werden.

Microsoft-Lizenzen, Apple-iPad-Geschenke oder Unterrichtsmaterial von Google sind Werbung
und haben an der Schule nichts zu suchen. Sie sind Lobbyismus-Werkzeuge für die eigene Marke.

Schulen dürfen nicht einseitig auf ein Firmenprodukt zurückgreifen, sondern müssen Alternativen
anbieten oder besser ganz das Produkt verzichtet. Das gilt für Hardware UND Software. Die „iPad-
Klasse“(Ausstattung Schüler.innen und Lehrkräften mit iPads) mutet zwar modern an, erfüllt diese
Anforderungen aber nicht. Die Geräte müssen langlebig oder reparierbar sein und kompatibel
zu Geräten anderer Hersteller. Es muss möglich sein, datenschutzfreundliche, freie Software zu
installieren (siehe Punkt 7).

                                                                                               9
10 Leitlinien - Digitalcourage
  
 7   Freie Software und offene Formate einsetzen

Schülerinnen und Schüler dürfen nicht den Eindruck bekommen, es gäbe nur eine proprietä-
re (geschlossene) Lösung. Deshalb sollten Schulen hauptsächlich auf freie Software und offene
Formate setzen, vor allem in den Bereichen Organisation und Verwaltung, Unterricht und Kommu-
nikation.

    Was ist Freie Software?                                                                   und freier Quell-
                        pro prie  täre r  Soft war e  ste ht bei freier Software ein offener
    Im Gegensatz zu                                                                                     werden
                                 Feh ler  und   Dat enfl üss e erk enn en lässt und beliebig angepasst
    code zur Verfügung, der                                                              eboten, braucht aber
              ie Soft war e wir d  aus   ide olo gis chen Gründen oft kostenfrei ang
    darf. Fre                                                                     .
                                           oder optimiert werden zu können
     dennoch Gelder, um entwickelt

Organisation und Verwaltung
Sensible Daten müssen geschützt werden. Software aus Nicht-EU-Ländern erfüllt die Anforderun-
gen aufgrund inkompatibler oder fehlender Datenschutzgesetze oft nicht. Deshalb muss kommer-
zielle Software immer kritisch begutachtet werden.

Digitale Werkzeuge im Unterricht
Offene Dateiformate sind softwareunabhängig und ermöglichen kompatible Nutzung. Freie
Software für den Unterricht ist nicht an teure Abomodelle gebunden und damit auch für Kinder
aus finanziell schwachen Familien nutzbar (Förderung der Chancengleichheit). Schulen müssen
keine teuren Lizenzgebühren entrichten.

Freie Software ist in der Regel datenschutzfreundlicher und erlaubt den Nutzer.innen, demokra-
tisch an der informationstechnischen Gestaltung mitzuwirken (Förderung von Partizipation und
Teamarbeit). Wo, wenn nicht im Bildungssektor sollten diese Werte vermittelt und vorgelebt
werden?

Freie Software ermöglicht Einblicke in die Funktionsweise von Anwendungsprogrammen: Wird der
Quellcode frei zur Verfügung gestellt, können Schüler.innen die Software „aufschrauben“ und das
Programm kreativ entdecken und verstehen.

   10
Kommunikation
Die Kommunikation zwischen Schüler.innen, Eltern und Lehrkräften muss über verschlüsselte
Wege und freie Messenger mit offenen Schnittstellen erfolgen. Ein gemeinsamer Messenger-
wechsel im Klassenverband wirkt dem so genannten Netzwerkeffekt entgegen.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Schulen unterstützt werden. Sie brauchen
Auswahlempfehlungen, Anleitungen und Hilfe zu Einsatz und Nutzung.

Die angefallenen Daten sollten dezentral gespeichert werden, z.B. in den Rechenzentren der
Städte. So kann einerseits die Monopolisierung dieser Daten vermieden werden, andererseits
bedeutet die Verteilung mehr IT-Sicherheit.

Die Kultusministerien müssen freie Schulsoftware fördern und empfehlen.

  
 8   Fortbildungen anbieten und Teilnahme ausbauen

Lehrkräfte aller Fächer und Klassenstufen müssen unbedingt weitergebildet werden. Dazu brau-
chen sie attraktive Angebote und Anreize , z.B. durch Arbeitsfreistellung und Finanzierung. Neben
einem freiwilligen Angebot sollte es auch verpflichtende Grundlagenfortbildungen geben.

Auch im Lehramtsstudium muss die Vermittlung digitaler
Kompetenzen obligatorisch werden. Dabei muss der Fokus auf
grundlegenden Aspekten liegen. Sonst besteht die Gefahr,
dass in der schnelllebigen IT-Welt die Informationen veral-
tet sind, bevor das Studium abgeschlossen ist. Das würde
dazu führen, dass Lehrkräfte der aktuellen Lebenswelt und
den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen strukturell
bedingt hinterherhinken.

  
 9   Personelle und finanzielle Kapazitäten erhöhen

Schulen müssen erheblichen Mehraufwand betreiben, um den Anforderungen der Digitalisierung
gerecht zu werden. Dafür muss der finanzielle und personelle Raum geschaffen werden.

IT-Personal
Es braucht eigenes, kompetentes Personal, das die Schul-IT verwaltet, Geräte administriert, daten-
schutzrechtliche Überlegungen anstellt, Datenschutzauskunftsersuchen beantwortet usw. Mit
ausgebildetem Personal können Schulen ihre Plattformen und Server selbst betreiben – finanziell
und personell unabhängig von externen Anbieter.innen. So können die Lehrkräfte sich wieder auf
das konzentrieren, wofür sie ausgebildet wurden.

                                                                                                 11
Schulsozialarbeiter.innen
Die digitale Kommunikation der Schülerinnen und Schüler braucht Begleitung und Betreuung
auch durch die gemeinsame Gestaltung mit Schulsozialarbeiter.innen. Diesen fehlen aber oft
die technischen, politischen und wirtschaftlichen Grundlagen, um das große Ganze zu begrei-
fen (siehe Punkt 4). Auch hier müssen bereits in der Ausbildung die Voraussetzungen geschaffen
werden. Es ist aber nicht die Aufgabe der Schulsozialarbeiter.innen , den gesamten Medienunter-
richt abzudecken.

Medienpädagog.innen
Schulen brauchen Medienpädagog.innen. Denn sie haben genau die Kompetenz, die für die
Gestaltung der digitalen Bildung wichtig ist. Da ihre Ausbildung aber nicht primär auf Lehramt
ausgerichtet ist, werden sie meist nur als Honorarkräfte eingesetzt. Hier muss die Politik dringend
die Bedingungen ändern; denn in diesem Berufszweig stecken genau die Kompetenzen, die Lehre-
rinnen und Lehrern häufig fehlen.

  
10   Eltern stärker einbeziehen

Eltern müssen in die digitale Bildung ihrer Kinder einbezogen werden, denn Erziehung und Bildung
gehen Hand in Hand. Schulen müssen einerseits Informationsangebote schaffen und die Eltern
andererseits an ihre Pflichten und Vorbildfunktion erinnern. Elternarbeit muss so strukturiert und
systematisiert sein, dass sich alle Eltern auf Augenhöhe beteiligen und miteinbezogen werden
können. Das bedeutet u.a., dass die Schule datenschutzfreundliche Kommunikationsmöglichkei-
ten zur Verfügung stellt (siehe Punkt 7).

Beim Einsatz bestimmter Software z.B. muss das Recht auf informationelle Selbstbestimmung
gewahrt und die Wünsche der Eltern (stellvertretend für ihre Kinder) müssen berücksichtigt werden.
Der Austausch mit den Eltern sollte strukturiert, professionell und – im Idealfall – moderiert erfol-
gen.

   12
#Kids #digital #genial – Digitale Themen einfach erklärt

#Kids #digital #genial
Das Lexikon von App bis .zip mit 137 kindgerechten Einträgen zu
Algorithmen, Cybermobbing, Kettenbriefen,Tracking & Co. animiert
zu kritischem Nachdenken und Datensparsamkeit – beinahe ohne
es zu merken.

Softcover | 96 Seiten | 3,85 EUR
ISBN 978-3-934636-20-0
Online bestellen:
shop.digitalcourage.de/kids-digital-genial

Werbeflyer zum Buch bestellen:
https://shop.digitalcourage.de/kids-digital-genial-flyer

Die Unterrichtshilfe zum Buch
hilft Lehrerinnen und Lehrern, die vielen Themen des Lexikons in den
Unterricht einzubinden und Einheiten zeitlich flexibel zu gestalten.

Weitere Infos und Bestellmöglichkeit:
kidsdigitalgenial.de/unterricht oder shop.digitalcourage.de

Der Blog #Kids #digital #genial
wendet sich an Kinder und Jugendliche, die ihre Privatsphäre
und Gerätebesser schützen wollen. Es warten viele Tipps und
Tricks – auch für Erwachsene.

kidsdigitalgenial.de

Beteiligen Sie sich am Austausch!
Treten Sie mit der Autorin Jessica Wawrzyniak in Kontakt:

Twitter: @digital_genial
Mastodon: @Kidsdigitalgenial @digitalcourage.social
Mail: jessica.wawrzyniak@digitalcourage.de

                                                                          13
Freie Software an Schulen

Da viele Schulen und Lehrkräfte auf der Suche nach digitalen Lösungen sind, ist es wichtig, jetzt
geeignete Wege aufzuzeigen. Dadurch wollen wir verhindern, dass ein Großteil der Schulen
künftig auf geschlossene, nicht einsehbare, unkontrollierbare Software setzt. Der Name „propri-
etäre Software“ (Propritär = Eigentümer) sagt es schon aus: Diese Software gehört jemandem
anderen, aber nicht uns.

Vorteile Freier Software an Schulen
Schulen sollten, wo immer es geht, Freie Software einsetzen. Diese beinhaltet die Werte der
freiheitlichen-demokratischen Grundordnung, ist leicht zugänglich und flexibel. Wer mit freier
Software gelernt hat, wird sich auch leicht an andere Software gewöhnen können. Das ist anders-
herum nicht so einfach möglich.

Die Gründe im Einzelnen:
   Gute Qualitätskontrolle: Viele Augen sehen mehr. Durch viele Freiwillige, die sich den Quell-
    code ansehen, fallen kritische Dinge schneller auf und können schneller behoben werden.
    Durch den offenen Quelltext kann ermittelt werden, wohin Datenverbindungen aufgebaut und
    welche Daten weitergegeben werden. Alle können sehen, was die Software tut.

   Professionell und günstig: Quelloffen bedeutet nicht automatisch kostenlos oder weniger
    wert. Genau wie bei proprietärer Software, also Software, die Unternehmen gehört und nicht
    einsehbar ist, arbeiten auch in diesem Bereich festangestellte Softwareentwickler.innen. Ihre
    Unternehmen sparen aber durch die Zuarbeit der freiwillig programmierenden Community

   14
Geld, das sie dann z.B. in besseren Support für Endkunden stecken können. Die angebliche
    „Profi-Software“ namhafter Konzerne ist deswegen so teuer, weil sie mit den teuren Lizenzen
    Gewinn machen. Diese Kosten sowie Urheberrechtskonflikte fallen bei quelloffener Software
    weg. Für Kinder ist es wichtig, programmieren zu lernen und zu verstehen, wie sich Algorith-
    men verhalten. Programmieren ist eine Schlüsselkompetenz, während die Nutzung von „Mar-
    kenprodukten“ sie nicht weiterbringt.

   Anpassung an individuelle Bedürfnisse: Freie Software können die Schulen den eigenen Be-
    dürfnissen anpassen. Sie können diese so administrieren, wie sie es benötigen. Das ist besser
    als Komplettpakete zu nutzen, die nicht zu den speziellen Bedürfnissen passen. Auch Sprach-
    barrieren können überwunden werden, da sich Übersetzungen in Freie Software leichter integ-
    rieren lassen. Dies ist besonders wertvoll für inklusives Lernen.

   Unabhängigkeit: Änderungen von Freier Software sind nicht an Vorgaben gebunden. Sie las-
    sen sich schnell und unkompliziert umsetzen. Dabei lernen Schülerinnen und Schüler, sich von
    kommerziellen Angeboten unabhängig zu machen.

   Chancengleichheit: Weil sie nicht an eine kommerzielle Lizenz gebunden ist, kann Freie Soft-
    ware allen Schülerinnen und Schülern kostenlos zur Verfügung gestellt werden, auch auf
    eigenen Geräten. Das ermöglicht ihnen, von verschiedenen Geräten arbeiten zu können und
    schont die finanziellen Ressourcen der Eltern.

   Nachhaltigkeit: Projekte können von anderen gepflegt und weiterentwickelt werden, wenn ihre
    Entwickler.innen nicht mehr zur Verfügung stehen. Außerdem kann die Software an bestehen-
    de Hardware angepasst werden, sodass ältere Geräte nicht aussortiert werden müssen.

   Förderung von Teamarbeit: Es ist absolut von Vorteil, Kindern Teilen und Kooperieren auch
    anhand von offenem Quellcode zu vermitteln. Mit den unterschiedlichen Kompetenzen der
    Kinder können gute gemeinsame Projekte entstehen, die auch die Kreativität fördern.

   Freiheit und Mitbestimmung: Schulen sollten nicht den wirtschaftlichen Interessen von Kon-
    zernen zum Opfer fallen, sondern Freiheit und Partizipation fördern. Dazu trägt Freie Software
    bei. Politisch-ideell ist Freie Software sogar unabdingbar: Wenn die Gesetze eines Staates nicht
    offenliegen, ist der Staat totalitär. Die Menschen gewöhnen sich an Willkür und Unberechen-
    barkeit. Ähnlich ist es bei Software: Wenn wir Schülerinnen und Schüler daran gewöhnen, sich
    in einem unberechenbaren System zu bewegen, in dem man Unternehmen ausgeliefert ist
    und sich auf ihre Versprechungen verlassen muss, pflanzen wir eine höchst unfreie Denkweise
    in Bezug auf IT-Technik tief in ihre Köpfe ein.

Die meisten Plattformen kommerzieller Anbieter genügen den Anforderungen des Datenschutzes
nicht. Nicht zuletzt zum Schutz der Schülerinnen und Schüler sollten Schulen auf datenschutz-
freundliche Lösungen setzen. Wer freie Software auf schuleigenen Servern selbst hostet, befindet
sich bereits auf dem richtigen Weg.

                                                                                                   15
Unsere Expertinnen in Sachen digitaler Bildung und Mündigkeit

Jessica Wawrzyniak
ist Bielefelder Medienpädagogin (M.A.) und arbeitet im Team
von Digitalcourage e.V. für den Schutz der Daten und Privat-
sphäre von Kindern und Jugendlichen. Ihr Fokus liegt derzeit
auf der einfachen Vermittlung von Datenschutzthemen, sowie
Datenschutz an Schulen.

Ihr Ziel: Kinder, Eltern, Lehrkräfte und Behörden aufklären und
miteinander auf Augenhöhe bringen

Ihr Angebot: Gesprächsgruppen, Seminare, Vorträge, redak-
tionelle Beiträge

Kontakt: jessica.wawrzyniak@digitalcourage.de

Leena Simon
ist graduierte Netzphilosophin (M.A.) und IT-Beraterin. Sie
arbeitet im Team von Digitalcourage an inhaltlichen Kampa-
gnen, Texten, in der AG Digitale Selbstverteidigung und an
der Website. Im Anti-Stalking-Projekt (Berlin) berät sie von
digitaler Gewalt betroffene Frauen in IT-Fragen. Freiberuflich
widmet sie sich ihrem Kernthema Digitale Mündigkeit.

Ihr Ziel: Menschen befähigen, Verantwortung über ihre digita-
le Kommunikation zu übernehmen

Ihr Angebot: Vorträge, Seminare, Fortbildungen, redaktionelle
Beiträge

Kontakt: info@muendigkeit.digital

Wir freuen uns über Anfragen mit Angaben zur Zielgruppe, gewünschtem
Themenfokus und Honorarvorstellung.

   16
Geeignete Schulsoftware (Auswahl)

Welche Software ist für den Einsatz an Schulen geeignet? Die Liste
ist der Möglichkeiten ist beinahe grenzenlos. Mit unseren Tipps kann
jede.r mit wenig Aufwand prüfen, ob sich ein Programm für die engere
Auswahl eignet:

Bedenklich ist der Einsatz von Software,
   mit komplizierten, undurchsichtigen Datenschutzbestimmungen,
   ohne Angaben zur Datensicherheit (z.B. wo/wie Daten gespeichert
    werden),
   die Server in den USA oder anderen Ländern nutzt, in denen andere Datenschutzgesetze gelten,
   die proprietär ist und deren Anbieter eher wirtschaftliche Ziele verfolgen,
   die gespeicherte Daten auswertet und zu Geld macht, z.B von Microsoft, Google, Apple u.a.
    IT-Konzernen.

Juristische Hinweise zur DSGVO-konformen Nutzung von Online-Lernplattformen finden Sie auf
den Webseiten von Datenschutzbehörden und Verbraucherzentralen.

Hier finden Sie ein paar Vorschläge für geeignete Software:

Betriebssysteme und Netzwerke
   Linux Distributionen: Diese haben nicht so viele offene Ports wie Microsoft-Betriebssysteme,
    durch die Daten abfließen können. Einige andere Systeme (wie Windows) versenden über
    genau diese Zugänge Telemetriedaten an die Hersteller. Daher sollten Schulen (auch um teure
    Lizenzgebühren zu sparen) auf Linux-Systeme setzen. Wegen des höheren Sicherheitspoten-
    zials ist Linux vor allem für Server ideal. SkoleLinux/DebianEdu bietet ein Debian-Netzwerk,
    also linuxbasiert, für Schulen. Linuxmuster bietet ebenfalls ein umfassendes Schulnetzwerk,
    vor allem eine angenehme Komplettlösung zum Betrieb schulischer Infrastrukturen.

   Virtuelle Maschinen: Diese „Maschinen“ können andere Betriebssysteme imitieren. Es muss
    unbedingt ein spezielles Programm laufen, das z.B. nur unter Windows funktioniert? Oder man
    möchte an den Rechnern etwas testen, ohne womöglich etwas „kaputt zu machen“? Virtuelle
    Maschinen, eignen sich somit auchideal für das Üben mit neuer Software. Das heißt: Auf einem
    Linux-Rechner können auch einige Windows-Programme zum Laufen gebracht werden, wenn
    dies unbedingt sein muss, sodass vermeintlich unverzichtbare Windows-Programme kein
    Grund sind, gänzlich auf Linux zu verzichten.

   Mailserver: Eine Mailadresse für Schulzwecke ist unbedingt notwendig. Weder Lehrkräfte noch
    Schüler.innen sollten dazu private Mailadressen verwenden, schon gar nicht von datensam-
    melnden Anbietern (z.B. Googlemail, gmx.de, web.de etc.). Sie sollten Anbieter wählen, die
    hohen Wert auf geschützte Kommunikation legen (z.B. Posteo oder mailbox.org). Ein sicherer,

                                                                                                    17
stabiler Mailserver ist sehr wichtig, da große Teile der Kommunikation inkl. sensibler Informatio-
nen darüber laufen. Wer keine Mailadresse von der Schule, dem Schulministerium oder auf an-
deren Wegen zur Verfügung gestellt bekommt, sollte über einen eigenen Mailserver nachdenken
(z.B. Mailcow). Allerdings erfordert es einige Ressourcen, selbst einen Mailserver zu betreiben.
Um einen sicheren Mailaustausch zu gewährleisten, plädieren wir in jedem Fall dafür, E-Mails zu
verschlüsseln.

Kollaboratives Arbeiten
Der große Vorteil von digitalem, kollaborativem Arbeiten ist die Ungebundenheit von Ort und
Gerät. Deshalb spielt die Datensicherheit auf den einzelnen Geräten eine große Rolle.

   Lehrkräfte, die sich ggf. von zu Hause (über einen Laptop oder ein anderes Arbeitsgerät der
    Schule) mit dem Schulnetzwerk verbinden wollen, sollten einen VPN-Tunnel nutzen, der vor
    Fremdeingriffen schützt. Dazu bietet sich OpenVPN an. Von der Nutzung privater Geräte ist
    abzuraten, da es kaum möglich ist, sensible Schüler.innendaten zuverlässig (den Vorgaben
    entsprechend) zu schützen.

Lernmanagement-Systeme (LMS)
   Moodle: Das Programm bietet eine Lernumgebung, in der Lehrkräfte Unterrichtsmaterialien
    hochladen und so Schüler.innen e-Learning (elektronisch unterstütztes Lernen) anbieten kön-
    nen. Mit Moodle können auch Noten vergeben werden. Die Software lässt sich auf den schul-
    eigenen Servern hosten und muss nicht mit dem Internet verbunden werden. Durch spezielle
    Add-ons lassen sich auch automatisch Zertifikate generieren.

   Learning Locker: Dies ist ein freies Record-Management-System (Aktenführung/Verwaltung),
    zum Speichern und Visualisieren des Lernfortschritts. Hierbei können Daten von verschiedenen
    Lernmanagement-Systemen (z.B. Moodle) eingespeist werden.

   Ilias: Diese Plattform ist eine Open-Source-Lernumgebung zum Selbsthosten. Sie wird meist
    von Universitäten angewendet, ist aber auch für Schulen geeignet (z.B. in der Oberstufe). Man
    kann sich für Onlinekurse anmelden, andere Teilnehmende sehen, sich mit ihnen verbinden
    und Nachrichten austauschen.

   Stud.IP: Mit der freien Software können Inhalte unkompliziert verwaltet und Lehrräume erstellt
    werden. Stud.IP wurde für Hochschulen und Behörden entwickelt , lässt sich aber genauso gut
    in allen anderen Schulformen und Bildungseinrichtungen einsetzen.

   18
Werkzeuge für gemeinsames Arbeiten und Kommunizieren
Nextcloud: Der Online-Speicher zum Selbsthosten bietet Speicherplatz für Dokumente, an denen
auch gemeinsam gearbeitet werden kann, eine Kalender-Funktion, Synchronisation von Kontak-
ten, Messaging, und Video-Chat. Es gibt von Nextcloud auch spezielle Anpassungen für Schulen
(Education Edition.) Auch per App lässt sich Nextcloud bequem nutzen, z.B. von Lehrkräften,
um Hausaufgaben (inkl. Deadline) einzupflegen und Schüler.innen zur Verfügung zu stellen.

   HumHub: Wem Nextcloud als Netzwerk nicht ausreicht, kann mit HumHub ein soziales Netz-
    werk auf dem Schulrechner selbst hosten. Der Schwerpunkt liegt weniger auf gemeinsamer
    Projektarbeit, sondern auf guter Netzwerkkommunikation. Zu den Tools gehören u.a. Profiler-
    stellung und Kommentarfunktion für Bilder.

   Veyon: Mit dieser Freien Software lassen sich die Bildschirme von Schülerinnen und Schülern
    verwalten bzw. überwachen (Monitoring). Das ist datenschutzrechtlich heikel, denn die Lehr-
    kraft kann die Bildschirme der Schüler.innen live sehen, ohne dass diese explizit zugestimmt
    haben. Hier braucht es Problembewusstsein und Fingerspitzengefühl. Lehrkräfte, die diese
    Funktion für zwingend notwendig halten, um Ablenkungen während des Unterrichts zu sank-
    tionieren, sollten sich zumindest für diese quelloffene Variante entscheiden – und den Schüler.
    innen gegenüber offenlegen, dass sie die Monitore überwachen können.

   Classroom Bookings: Mit dieser Open-Source-Software lassen sich Klassenräume (z.B. der
    PC-Raum) reservieren und verwalten.

   Kommunikation über Messenger: Wenn es eine Messenger-Hausaufgabengruppe geben
    muss, sollten XMPP-Server (z.B. prosody oder ejabberd mit Clients wie Gajim/Dino) für den
    PC oder Conversations (fürs Smartphone) genutzt werden. Denn XMPP ist eine offene Schnitt-
    stelle. Das bedeutet, dass die Nutzer.innen in der Plattformwahl frei sind (wie bei E-Mail) und
    nicht auf einen Anbieter festgelegt werden. Einfachere Kompromisslösungen sind Signal, Wire,
    Threema und Element. Informationen über Vor- und Nachteile gibt es auf digitalcourage.de/
    selbstverteidigung.

   Umfragen und Terminfindung: Nuudel.de ist ein datenschutzfreundliches Tool, mit dem El-
    ternabende, Konferenzen und Seminare abgestimmt werden können. So lassen sich auch
    lästige Dikussionen/Absprachen in Messenger-Gruppen vermeiden.

   Videokonferenzen: Nextcloud hat eine Videochatfunktion und ermöglicht Screensharing (z.B.
    für Präsentationen). Auch BigBlueButton eignet sich für den Einsatz in Schulen. Die Software
    beinhaltet ein interaktives Whiteboard sowie die Möglichkeit, in Kleingruppen zu kommunizie-
    ren. Jitsi Meet und Mumble sind ebenfalls gute Möglichkeiten, von Angesicht zu Angesicht zu
    arbeiten. Weitere Informationen zu den Videokonferenz-Tools finden Sie im Bereich der Digita-
    len Selbstverteidigung auf digitalcourage.de

                                                                                                     19
Werkzeuge für den Unterricht
   Erstellen und Bearbeiten von Dokumenten: LibreOffice ist ein Software-Paket, das Microsoft
    Office in nichts nachsteht. Es ist kostenlos, frei verfügbar und mit verschiedensten Dateiforma-
    ten kompatibel. Zur gesamten Office-Lösung gehören LibreOffice Writer (Pendant zu Microsoft
    Word), LibreOffice Calc (vergleichbar mit Microsoft Excel), LibreOffice Impress (vergleichbar
    mit Microsoft Powerpoint) und weitere Programme, die für das Erstellen von Texten, Bildern
    und Präsentationen benötigt werden. Auch Collabora ist eine geeignete Alternative.

   Bildbearbeitung: Die kostenlose Software GIMP bietet zahlreiche Werkzeuge und Möglichkei-
    ten zur professionellen Bildbearbeitung. Das Programm kommt nah an die teure Photoshop-
    Software der US-Firma Adobe ran, ist aber quelloffen und somit die bessere Alternative.

   Mindmaps: Freeplane umfasst viele kreative und bunte Möglichkeiten, um Gedanken und
    Ideen zu sortieren (Brainstorming), aber auch Aufgaben zu koordinieren (Management-Tool).

   Lernen mit Karteikarten: Die Software Anki, für das Erstellen von Lernkarten, bietet einige
    Funktionen, die über einfache Wissensabfragen hinausgehen und hilft vor allem vor Prüfungen.

Hilfreiche Links

   digitalcourage.de
   digitalcourage.de/digitale-selbstverteidigung
   digitalcourage.de/kinder-und-jugendliche
   digitalcourage.de/bildungspaket

   digitale-muendigkeit.de
   kidsdigitalgenial.de

   Mastodon: @digitalcourage@digitalcourage.social
   Twitter: @digitalcourage

   20
Auf einen Blick: datenschutzfreundliche Anwendungen

                            Altbekanntes      Die bessere Alternative

                                  Windows     Linux

                                     Betriebssystem

                           Microsoft Office   Libe Office / Collabora

                                  Dokumentbearbeitung

                       Google Docs / Trello   Etherpad / Cryptpad

                                      gemeinsame
                                  Dokumentbearbeitung

                         Paint / Photoshop    GIMP

                                     Bildbearbeitung

             Dropbox / Google Docs / Trello   Nextcloud

                                 Datei-Ablage, Kalender
                                   und Planungstools

                 Zoom / Skype / MS Teams      BigBlueButton / Jitsi / Mumble

                                    (Video-)Konferenz

                                 Whatsapp     XMPP / Signal / Wire / Threema / Element

                                     Kommunikation

  Microsoft 365 / G-Suite / Apple Classroom   Moodle

                                    Lernmanagement-
                                        Systeme

                                                                                            21
Kurz & Mündig – Die kleine Schriftenreihe für den schnellen Überblick

Digitale Mündigkeit – eigenverantwortlich im 21. Jahrhundert
(Leena Simon)

Eine Handreichung: Was ist „Digitale Mündigkeit“ und warum ist
das wichtig? Außerdem: Schnelle und langfristige Tipps – wie man
die Verantwortung für das digitale Leben selbst in die Hand nimmt.
Vonder Netzphilosophin und Digitalcourage-Mitarbeiterin Leena
Simon.

DIN A6 | 32 Seiten geheftet
ISBN 973-3-934636-22-4

Datenschutzrechte an Schulen durchsetzen – Tipps für Lehrkräfte
und Eltern (Jessica Wawrzyniak)
Viele Eltern und Lehrkräfte fühlen sich unverstanden, kämpfen
gegen Windmühlen oder werden als „Nerds“ abgestempelt, wenn
sie sich für Datenschutz an der Schule einsetzen. Dabei wollen sie
einfach nur (entschiedener als andere), dass ihre Kinder an privat-
sphäre-freundliche Programme und Plattformen herangeführt
werden. Wir finden das vorbildlich! Deshalb wollen wir Ihnen Mut
machen und Ihnen einige Infos und Argumente an die Hand geben,
wie Sie gegen datenfressende Software und Plattformen an Ihrer
Schule vorgehen können.

DIN A6 | 32 Seiten geheftet
ISBN 978-3-934636-26-2

Digitale Bildung – 10 Leitlinien um Schule frei und ganzheitlich
zu gestalten (Jessica Wawrzyniak   und Leena Simon)

Wir stellen jetzt die Weichen für die Zukunft. Unsere 10 Leitlinien
orientieren sich an demokratischem, datenschutzfreundlichem und
nachhaltendem Lernen mit und über digitale Medien. Wir rücken
Schüler.innen, Lehrkräfte und Eltern wieder in den Vordergrund.
Anpacken muss allerdings vor allem die Politik. Denn bisher wurde
Digitalisierung an Schulen hauptsächlich auf politischer Ebene
ausgebremst. Helfen Sie mit, digitale Bildung aktiv zu gestalten!

DIN A6 | 28 Seiten geheftet
ISBN 978-3934636-30-9

                                           Bestellung: shop.digitalcourage.de/thema/kurzmuendig/

   22
Unsere Info-Faltblätter zum Informieren und Verteilen

Faltblatt
„Datenschutz an Schulen“
Wie können datenschutzfreundliche digitale Verwaltung und Schul-Clouds
aussehen? Was ist bei Lernplattformen und Apps zu beachten? Wie kann
sichere Kommunikation mit Eltern und Schüler.innen funktionieren? Ein
Überblick für Datenschutz-Einsteiger.innen.

                      Faltblatt
                      „Digitale Selbstverteidigung“
                      Viele Datenschutz-Tipps, die für die private Nutzung gelten, gelten auch für
                      schulinterne Software. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie ohne großes Hexen-
                      werk für mehr Datenschutz auf Ihrem Gerät sorgen können.

Faltblatt
„Nichts zu verbergen“
Möchten Sie niedrigschwellig anfangen und die Wichtigkeit von Datenschutz
hervorheben? In unserem Faltblatt „Nichts zu verbergen“ wird mit schlag-
kräftigen Argumenten erklärt, wieso wir ALLE etwas zu verbergen haben.

                     Faltblatt
                     „Digitalcourage stellt sich vor“
                     Dieses Faltblatt informiert über die Arbeit und die aktuellen Projekte von
                     Digitalcourage e.V., zum Beispiel die Big Brother Awards, die Digitale Selbst-
                     verteidigung und die weitere Arbeit des Vereins.

Bestellung: shop.digitalcourage.de/kategorie/flyerfolderplakate/

                                                                                                  23
So stellen wir uns digitale Bildung vor.
Unsere 10 Leitlinien:
   Digitale Werkzeuge ersetzen weder Lehrkräfte noch Inhalte
   Datenschutz anwenden und unterrichten
   Digitale Inhalte als Unterrichtsgegenstand
   Medienkompetenz als große Einheit begreifen
   Geeignete Materialien anbieten
   Keine Werbung an Schulen – auch nicht für IT-Firmen
   Freie Software und offene Formate einsetzen
   Fortbildungen anbieten und Teilnahme forcieren
   Personelle und finanzielle Kapazitäten erhöhen
   Eltern einbeziehen

Weitere Infos: digitalcourage.de/bildungspaket

Unterstützen Sie unsere Kampagne mit einer Spende:
digitalcourage.de/spende oder IBAN: DE62 3702 0500 5459 5459 49
Sie können auch lesen