Kompetenzbasiertes Curriculum Allgemeinmedizin - Version Stand: 10. September 2021 - KANN ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Danksagung Unser Dank gilt den Teilnehmer:innen, die in den letzten Jahren daran mitgewirkt haben, das kompetenzbasierte Curriculum für die Allgemeinmedizin in Deutschland zu erarbeiten. Dieser Dank gilt insbesondere (in alphabetischer Reihenfolge): Georg Barth, Iris Boehmer, Christine Bruni, Jessica Bungartz, Paola Brusa Düwel, Jean-François Chenot, Norbert Donner-Banzhoff, Günther Egidi, Christiane Eicher, Peter Engeser, Johanna Eras, Kristina Flägel, Elisabeth Flum, Susanne Grundke, Nicolette Holtz, Bert Huenges, Jürgen in der Schmitten, Cornelia Jäger, Stefanie Joos, Andreas Klement, Michael Klock, Thomas Kühlein, Thomas Ledig, Thomas Lichte, Roar Maagaard, Thomas Maibaum, Katharina Mendler, Debora Mextorf, Frank Niebuhr, Frank Peters-Klimm, Ulrich von Rath, Marco Roos, Gernot Rüter, Guido Schmiemann, Odilo Schnabel, Ute Schnell, Frank Schröder, Sven Schulz, Simon Schwill, Johannes Spanke, Jost Steinhäuser, Sandra Stengel, Katja Stengler, Joachim Szecsenyi, Jan Valentini, Iris Veit, Hans-Otto Wagner, Armin Wiesemann Lübeck, 2021 Ansprechpartner: Prof. Dr. med. Jost Steinhäuser Institut für Allgemeinmedizin Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Lübeck E-Mail: jost.steinhaeuser@uksh.de 2
Inhaltsverzeichnis Definition Allgemeinmedizin 4 Zu diesem Curriculum 4 Anleitung zum Gebrauch des Curriculums 5 Teil I: Medizinische Expertise 7 I.1 Bereich Stoffwechsel und Verdauungssystem 10 I.2 Bereich der Atmungsorgane und des Ohres 12 I.3 Bereich des Herz-Kreislauf-Systems 13 I.4 Bereich Bewegungsapparat / Schmerzen / Verletzungen 15 I.5 Bereich Augen und Nervensystem 16 I.6 Bereich Sexualität, Familienplanung, Geschlechtsorgane und ableitende Harnwege 18 I.7 Bereich Haut 20 I.8 Bereich Änderungen des Bewusstseins, Denkens und Fühlens / Psychosoziales 21 I.9 Bereich Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen 23 I.10 Bereich Betreuung von chronisch kranken und alten Patient:innen 24 I.11 Bereich Palliativmedizin 24 Teil II: Kompetenzen nach den CanMEDS-Rollen 25 II.1 Kommunikation 25 II.2 Zusammenarbeit 30 II.3 Management 32 II.4 Vertretung des/der Patient:in: Versorgungslenkung und Gesundheitsförderung 35 II.5 Lernen und Lehren 37 II.6 Professionalität 38 Teil III: Prozeduren 41 III.1 Körperliche Untersuchung aller Altersgruppen 41 III.2 Diagnostik 42 Notfälle 43 III.3 Therapie 45 Feedbackbogen Weiterbildungsgespräch 47 3
Definition Allgemeinmedizin Allgemeinmedizin beinhaltet die Grundversorgung von Patient:innen jeden Alters mit allen Arten von Gesundheitsstörungen unterschiedlicher Ursachen in der Notfall-, Akut- und Langzeitversorgung sowie die Gesundheitsförderung, Gesundheitsbildung, Prävention und Rehabilitation. Allgemeinärzt:innen sind darauf spezialisiert, als erste ärztliche Ansprechpartner:innen bei allen Gesundheitsproblemen zu helfen und dauerhaft zu begleiten. Die Arbeitsweise der Allgemeinmedizin beruht auf einem ganzheitlichen Fallverständnis. Sie berücksichtigt das Krankheitskonzept des/der Patient:in sowie somatische, psychosoziale, soziokulturelle und gesundheitsökonomische Aspekte. Sie umfasst eine haus- und familienärztliche Funktion, insbesondere die Betreuung des/der Patient:in im Kontext seiner/ihrer Familie und sozialen Gemeinschaft, auch im häuslichen Umfeld. Die Entscheidungsfindung berücksichtigt die epidemiologischen Besonderheiten, die sich unter anderem aus dem unausgelesenen Patientenkollektiv oder der Multimorbidität ergeben. Dazu gehören z. B. Stufendiagnostik und individuelle Abschätzung von Nutzen und Risiken von Diagnostik und Therapie. Die Arbeitsgrundlagen der Allgemeinmedizin sind eine auf Kontinuität angelegte Ärzt:in-Patient:in-Beziehung und die erlebte Anamnese. Dazu gehört die Zusammenführung aller medizinisch wichtigen Daten und sektorenübergreifende Versorgungskoordination und Integration. Das Arbeitsziel der Allgemeinmedizin ist eine qualitativ hochstehende Versorgung, die den Schutz der/des Patient:in, aber auch der Gesellschaft vor Fehl-, Unter- oder Überversorgung einschließt. Zu diesem Curriculum Dieses Curriculum soll den/die Ärzt:in in Weiterbildung (ÄiW) und seinen/ihren Weiterbildungsbefugte:n während der Weiterbildungszeit als „roten Faden“ begleiten und dabei helfen, sich frühzeitig auf für die spätere allgemeinmedizinische Tätigkeit relevante Inhalte zu fokussieren. Ziel ist es, eine Basis zu schaffen und essentielle Themenbereiche zu benennen, die jede:r Hausärzt:in beherrschen sollte. Das Abbilden aller 3000 zur Allgemeinmedizin im engeren Sinne denkbaren Inhalte würde den Rahmen und damit die Handhabbarkeit des Curriculums sprengen. Das Curriculum ist daher nicht mit einem Lehrbuch oder einer länderspezifischen Weiterbildungsordnung zu verwechseln. Der Erwerb von Kompetenzen erfolgt in der Allgemeinmedizin naturgemäß fallbezogen. Die persönliche Entwicklung soll mit dem vorliegenden Curriculum durch kontinuierliche, longitudinale Selbstreflektion und durch die Feedbackgabe zwischen ÄiW und Weiterbilder:in erfolgen. 4
In den meisten Fällen beginnt die Arbeit des/der Allgemein:ärztin beim „Beratungsanlass“, der Schilderung und Interpretation eines Symptoms oder einer Fragestellung durch den/die Patient:in, die seiner/ihrer Lebenswelt, seinem/ihrem Wissen und seinen/ihren Erfahrungen entspringt. Längst nicht hinter jedem Beratungsanlass steckt eine behandlungsbedürftige Erkrankung (z. B. Prävention durch Impfungen). Die Arbeitsweise des/der Allgemeinärzt:in richtet sich deshalb häufig auch darauf, gefährliche Verläufe rechtzeitig auszuschließen, um nachfolgend den Verlauf aufmerksam zu beobachten („watchful waiting“). Da sehr häufig abschließende Diagnosen im Bereich der Niedrigprävalenz zu Beginn einer Gesundheitsstörung nicht gestellt werden können, gehört das aufmerksam den Verlauf beobachtende Offenhalten von Diagnosen zum hausärztlichen Arbeitsverfahren. Jederzeit ist dabei darauf zu achten, ob der Verlauf eine abwendbar gefährliche Richtung nimmt. Für Allgemeinärzt:innen geht es daher nicht immer darum, Diagnosen zu stellen, sondern diese auszuschließen. Gleichzeitig arbeiten Allgemeinärzt:innen in der Regel mit gesicherten Diagnosen und müssen daher den Verlauf und die Therapie spezifischer Krankheitsbilder kennen. Ein:e Allgemeinärzt:in ist darauf spezialisiert der/die erste Ansprechpartner:in für alle Beratungsanlässe zu sein, gleichermaßen für Kranke wie für Gesunde. Daher sollten alle im Folgenden mit „Beratungsanlass“ benannten Punkte vorrangig mit einem/einer Allgemeinärzt:in besprochen werden. Vor diesem Hintergrund werden die Lerninhalte in Teil I dieses Curriculums auf zwei verschiedene Weisen dargestellt: beratungsanlassbezogen und diagnosebezogen. Hierbei werden häufige „Beratungsanlässe“ und „Erkrankungen/Diagnosen“ in der allgemeinmedizinischen Versorgung (nach ICD-10, ICPC-3 und den Erfahrungen der Ärzt:innen, die sich in diesem Projekt eingebracht haben) aufgelistet. Neben der medizinischen Expertise benötigt der/die Allgemeinärzt:in eine Reihe weiterer Kompetenzen in seiner/ihrer täglichen Arbeit. Diese Kompetenzen gilt es in der Weiterbildung zu entwickeln bzw. zu fördern. Sie sind in Teil II dieses Curriculums abgebildet. Das hier angewandte Kompetenzmodell orientiert sich an den kanadischen CanMEDS-Kompetenzen und wurde für die Verwendung in Deutschland kulturell adaptiert und erweitert. Teil III listet exemplarisch Prozeduren auf, die häufig in der Allgemeinarztpraxis durchgeführt werden oder aus Sicherheitsgründen relevant sind. Anleitung zum Gebrauch des Curriculums Die im Folgenden aufgeführten Beratunsganlässe/Diagnosen/Situationen werden Ihnen während Ihrer Weiterbildung schrittweise anvertraut. Führen Sie in Ihrer Selbsteinschätzung darüber Buch, auf welcher Stufe Sie Ihren Entwicklungsstand zu den jeweils aufgeführten Aufgaben eines/einer Hausärzt:in Sie sich bis zum Zeitpunkt des Gesprächs mit dem/der Weiterbilder:in einstufen. 5
In einem darauffolgenden Gesprächstermin sollten Sie sich Ihre Einschätzungen vornehmen, diese an Stellen, an denen es Ihnen angebracht scheint korrigieren und gemeinsam reflektieren, an welchen Stellen sich Änderungen ergeben haben und an welchen nicht. 1: Selbstreflexion Sie schätzen sich für jedes Thema bezüglich Ihres eigenen Entwicklungsstands in Theorie und Praxis ein. Dabei gilt: I. Theoretische Kenntnisse vorhanden/mit Grundlagen vertraut II. Durchführung mit Supervision/Aufsicht im selben Raum III. Durchführung mit Supervision auf Abruf (Weiterbilder:in auf Station/in der Praxis) IV. Durchführung mit Supervision im Hintergrund (telefonische Erreichbarkeit, Nachbesprechung bei Unklarheiten) V. Eigenständige Durchführung (ggf. Konsil/Überweisung/Vorstellung bei komplizierten Fällen) = Facharztreife 2: Feedback In dem Gespräch hat der/die ÄiW die Möglichkeit… ▪ eine Einschätzung seines/ihres aktuellen Entwicklungsstandes von dem/der Weiterbilder:in einzuholen ▪ ihre/seine Selbsteinschätzung mit der Fremdeinschätzung abzugleichen ▪ Weiterbildungsziele für den nächsten, definierten Zeitraum bzw. Weiterbildungsabschnitt gemeinsam festzulegen Als Anleitung und zur Dokumentation kann das Formular am Ende des Dokumentes verwendet werden (Feedbackbogen). Empfehlung ▪ Wiederholung des beschriebenen Vorgehens in regelmäßigen Zeitabständen, um eine individuelle „Lernspirale“ zu durchlaufen ▪ Konkretes Erarbeiten von Schwerpunkten („maßgeschneiderte Weiterbildungsziele“) bis zum nächsten Weiterbildungsgespräch. 6
▪ Konkretes Überprüfen dieser „maßgeschneiderten Weiterbildungsziele“ durch den/die ÄiW im Vorfeld zum jeweiligen Folgetermin, um eine zielgerichtete Entwicklung seiner/ihrer Kompetenzen innerhalb der Weiterbildungszeit zu lenken und sicherzustellen ▪ Konkretes Überprüfen der „maßgeschneiderten Weiterbildungsziele“ durch den/die ÄiW, um eine zielgerichtete Entwicklung seiner/ihrer Kompetenzen innerhalb der Weiterbildungszeit zu lenken und sicherzustellen Teil I: Medizinische Expertise Passend zur Arbeitsrealität eines/einer Allgemeinärzt:in wird die medizinische Expertise im Folgenden nach Beratungsanlässen und nach Erkrankungen/Diagnosen aufgeführt. Zur besseren Orientierung erfolgt überwiegend eine Zuordnung nach Organsystemen. Einige Beratungsanlässe (z. B. Atemnot, Schwindel) können unterschiedlichen Organsystemen/Ursachen zugeordnet werden. Um Redundanzen zu vermeiden, sind diese Beratungsanlässe jeweils nur unter einem Kapitel aufgeführt. Anvertraubare professionelle Tätigkeiten Durch die zunehmende Einführung des Gedankens von „Entrustable Professional Activities“ (EPA) oder „Anvertraubare professionelle Tätigkeiten“ (APT) in die Ausbildung in den vergangenen zehn Jahren und durch den im April 2021 verabschiedeten Nationalen Kompetenzbasierten Lernzielkatalog Medizin (NKLM) 2.0 werden im Folgenden auch einige APT exemplarisch formuliert. Die darin wiedergegebenen professionellen Tätigkeiten beschreiben authentische, relevante für den/die Allgemeinärzt:in charakteristische Aufgaben und Tätigkeiten, die in sich abgeschlossen sind. Das Prinzip des Anvertrauens beschreibt, dass Ärzt:innen, in diesem Fall Weiterbilder:innen, ihrem/ihrer weiterzubildenden ÄiW professionelle ärztliche Tätigkeiten anvertrauen. Dieses Anvertrauen erfolgt anhand der Einschätzung des/der Weiterbilder:in, in welcher Supervisionsstufe der/die ÄiW eine professionelle Tätigkeit ausführen kann. Beratungsanlässe Der Beratungsanlass ist strenggenommen der Umstand, der den/die Patient:in bewegt, eine:n Ärzt:in aufzusuchen. Am Ende einer einzelnen Konsultation entsteht als Resultat ein Beratungsergebnis (auch als Fall bezeichnet). 7
Vorgehen: 1. Gibt es Hinweise für eine akut bedrohliche Erkrankung („red flag“), die einer sofortigen Handlung bedarf und welche Arbeitshypothese und Differentialdiagnosen kommen in Frage? 2. Welches Prozedere (anschließende Diagnostik und Therapie) ist einzuleiten (oder nicht einzuleiten)? Dies beinhaltet diagnostische und therapeutische Optionen, die allgemeinärztlich erbracht werden, oder aber die Überweisung/Einweisung in spezialisiertere Versorgungsebenen und -formen und die Interpretation der anschließend zurückkommenden Befunde. 3. fachgerechte Kommunikation mit diesen Ebenen Erkrankungen/Diagnosen Die Einschätzung bei allen Beratungsanlässen beinhaltet generell immer auch das kritische Abwägen und ggf. den begründeten Verzicht auf mögliche Maßnahmen. APT: Der/die ÄiW erhebt eine problembezogene Anamnese und führt eine allgemein- und symptombezogene körperliche Untersuchung bei einem/einer Patient:in… …mit einem häufigen, akuten Beratungsanlass durch. Dies umfasst die Einstufung der Dringlichkeit und das Erkennen von Notfallsituationen, das Sichten und Einordnen der erhobenen Informationen und Befunde, die Formulierung einer Arbeitshypothese und differentialdiagnostische Überlegungen. Dazu gehört weiterhin die strukturierte Zusammenfassung und Präsentation des Patientenfalles, die Planung des weiteren Vorgehens in Abstimmung mit dem/der Patient:in im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung sowie die Vermeidung von Unter-, Über- und Fehlversorgung. Langzeitbetreuung Ein:e ÄiW soll eine dauerhafte tragfähige Arzt-Patienten-Beziehung aufbauen können. Dazu muss sie wichtige Maßnahmen und Gesprächsformen kennen und durchführen können, die zur Langzeitbetreuung seiner Patienten notwendig sind. Hierzu gehören z. B. die gemeinsame Entscheidungsfindung mit dem Patienten, die psychosoziale Begleitung, Disease-Management-Programme, Laborkontrollen, Kontrollen mittels bildgebender Verfahren, Zusammenarbeit mit anderen Fachärzt:innen und Gesundheitsberufen, Verlaufskontrollen und die Kenntnis der Besonderheiten bei der Begleitung von chronisch kranken Menschen. Patientenbedürfnisse und Vitalitätswünsche der Patient:innen sollen in der gemeinsamen Entscheidungsfindung mit den Risiken und dem Nutzen von Maßnahmen abgewogen werden. APT: Der/die ÄiW erhebt eine problembezogene Anamnese und führt eine allgemein- und symptombezogene körperliche Untersuchung bei einem/einer Patient:in… 8
… mit einer chronischen Erkrankung durch. Dies umfasst die Analyse und Bewertung der bisherigen Behandlung, der Risikofaktoren, der aktuellen Befunde (z. B. Gewicht, BMI, HbA1c, Symptomatik) und der laufenden Therapie (Medikamente, nicht- medikamentöse Maßnahmen, Therapietreue) auch im Rahmen strukturierter Programme für chronisch Kranke (DMP). Dazu gehört weiterhin die Planung des weiteren Vorgehens (Diagnostik, Überweisung, Modifikation der Therapie) in Abstimmung mit dem/der Patient:in im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung sowie die Priorisierung von Maßnahmen bei mehreren Erkrankungen (Polymorbidität) und die Vermeidung von Unter-, Über- und Fehlversorgung. Prävention Ziel: Dass der/die ÄiW wichtige Maßnahmen kennt, durchführen und ggf. einleiten kann, die dazu dienen… a) das Entstehen einer Erkrankung zu verhindern oder zu verlangsamen (Primärprävention, z. B. Lebensführung, Ernährung, Impfungen). b) eine Verschlechterung, ein Rezidiv oder eine Chronifizierung einer bestehenden, aber symptomlosen Erkrankung zu verhindern (Sekundärprävention, z. B. Früherkennungsuntersuchungen und Umgang mit Risiken). c) das Fortschreiten einer symptomatischen Erkrankung günstig zu beeinflussen, Komplikationen zu verhindern und die Beeinträchtigung durch die Erkrankung abzumildern (Tertiärprävention, z. B. Rehabilitation). d) Überversorgung sowie gleichzeitig eine Fehl- und Unterversorgung zu vermeiden (Quartäre Prävention). APT: Der/die ÄiW führt eine Beratung mit Ziel der Gesunderhaltung bei einem/einer gesunden Patient:in durch (Primär- oder Sekundärprävention). Dies umfasst die Erhebung von relevanten Risikofaktoren, des Impfstatus, des orientierenden Ganzkörperstatus und die Interpretation von relevanten Laborbefunden. Haus- und Heimbesuche APT: Der/die ÄiW führt einen Haus-/Heimbesuch bei einem/einer Patient:in nach Vorbesprechung des Falles mit dem/der Weiterbilder:in durch. Dies umfasst das anamnestische Erfragen und Einschätzen momentaner Beschwerden und Gesundheitsrisiken, die Diagnostik mit einfachen Mitteln (5-Sinne-Medizin) und die Einschätzung des häuslichen und sozialen Umfeldes sowie die Pflegebedürftigkeit des/der Patient:in. Dazu gehört weiterhin das Sichten und Einordnen vorhandener Informationen und Befunde, die Planung des weiteren Vorgehens in Abstimmung mit dem/der Patient:in und ggf. den Pflegenden/Angehörigen unter Berücksichtigung möglicher familiärer Konflikte pflegender Angehöriger. Palliativversorgung APT: Der/die ÄiW betreut schwer kranke Patient:innen in allgemeinen ambulanten Palliativsituationen im häuslichen Umfeld oder Pflegeheim. Dies umfasst die Kommunikation mit Patient:innen und Angehörigen einschließlich des Überbringens schlechter Nachrichten, der Gewichtung/Priorisierung medizinischer Maßnahmen und der Therapiezieländerung. Dazu gehört weiterhin die Einstufung und Bewertung von 9
einschränkenden Faktoren der Lebensqualität bei häufigen palliativmedizinischen Betreuungsanlässen und deren Handhabung (Symptomkontrolle). Beinhaltet ist zudem die Kooperation mit Pflegediensten, Hospizen und spezialisierter ambulanter Palliativmedizin. 10
I.1 Bereich Stoffwechsel und Verdauungssystem Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Übelkeit/Erbrechen Schluckstörungen Änderungen von Appetit/Durst Gewichtsveränderungen Veränderungen von Stuhlgang/Verdauung Bauchschmerz Erkrankungen und Diagnosen Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Gastritis/Ulcus Refluxerkrankung/Ösophagitis Gastroenteritis Appendizitis Divertikulose/-itis Cholelithiasis und Cholecystitis 11
Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Pankreatitis Hepatitis Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Hernien Anämie Gastrointestinale Blutungen Malignome des Gastrointestinaltrakts Hämorrhoiden Analvenenthrombose Diabetes mellitus Schilddrüsenfunktions- störungen und –pathologien Fettstoffwechselstörung (Hypercholesterinämie) Hyperurikämie (Gicht) Nahrungsmittelintoleranz Adipositas Malnutrition Reizdarmsyndrom 12
I.2 Bereich der Atmungsorgane und des Ohres Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Schnupfen/Niesen/ Verstopfte Nase Heiserkeit/Halsschmerzen Husten/Auswurf Kurzatmigkeit/Atemnot Nasenbluten Hörstörungen Fieber Erkrankungen und Diagnosen Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Allergische Rhinitis Rhinosinusitis Infekt der oberen Atemwege Pneumonie COPD Asthma bronchiale 13
Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Obstruk. Schlafapnoe-Syndrom Bronchialkarzinom Otitis media Otitis externa Tinnitus I.3 Bereich des Herz-Kreislauf-Systems Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Palpitationen Thoraxschmerz Beinschwellung Angst vor Herzerkrankung 14
Erkrankungen und Diagnosen Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Arterielle Hypertonie Koronare Herzkrankheit Herzinsuffizienz Vorhofflimmern Andere Herzrhythmusstörungen Erkrankungen der Herzklappen Herzmuskelerkrankungen Periphere arterielle Verschlusskrankheit Chronische venöse Insuffizienz/Varikosis Thrombose Lymphödem 15
I.4 Bereich Bewegungsapparat / Schmerzen / Verletzungen Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Schmerzen (akut/chronisch) Kopf Ohr Halswirbelsäule Gelenke Arme Thorax Abdomen Rücken Beine Andere Lähmung/Schwäche Zittern Gelenkschwellung/Gelenk- rötung Haltungsstörungen 16
Erkrankungen und Diagnosen Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Arthrose Osteoporose Rheumatische Erkrankungen Bandscheibenvorfall Degenerative Wirbelsäulenerkrankungen Fußdeformitäten I.5 Bereich Augen und Nervensystem Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Augenrötung Sehstörungen Gleichgewichtsstörungen/ Schwindel Lähmungen 17
Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Empfindungsstörungen (z.B. Sensibilitätsstörung) Erkrankungen und Diagnosen Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Glaukom Katarakt Konjunktivitis Migräne Spannungskopfschmerz Schlaganfall Demenz Parkinson-Erkrankung Delir Multiple Sklerose Epilepsie Polyneuropathie 18
I.6 Bereich Sexualität, Familienplanung, Geschlechtsorgane und ableitende Harnwege Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Fragen zur sexuellen Gesundheit Impotenz Dyspareunie Verhütung Kinderwunsch Schwangerschaft Stillen Vaginaler Ausfluss Vaginale Blutung Veränderungen bei der Harnausscheidung Dysmenorrhoe Gewalterfahrung 19
Erkrankungen und Diagnosen Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Harnwegsinfekt Genitalmykosen Sexuell übertragbare Erkrankungen Urolithiasis Harninkontinenz Klimakterische Störung Mammakarzinom Prostatahyperplasie Prostatakarzinom Akuter Nierenschaden Chronische Nierenerkrankung 20
I.7 Bereich Haut Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Juckreiz Hautveränderung Schwitzen Haarausfall Nagelveränderungen Erkrankungen und Diagnosen Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Bakterielle Hautinfektionen Borreliose Virale Exantheme Mykosen Allergien Arzneimittelexanthem Atopisches Ekzem Psoriasis 21
Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Hauttumore Abszess Chronische Wunden Eingewachsener Nagel I.8 Bereich Änderungen des Bewusstseins, Denkens und Fühlens / Psychosoziales Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Synkope Gedächtnis-/ Konzentrationsstörungen Schlafstörungen Stimmungsschwankungen Schwäche/Abgeschlagenheit/ Müdigkeit Überlastung und Überforderung Akute Lebenskrise Sucht 22
Erkrankungen und Diagnosen Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Depression Somatoforme Störungen Essstörungen Angststörungen Borderline Störung Posttraumatische Belastungsstörung Psychosen Tabakabhängigkeit Alkoholmissbrauch und Abhängigkeit Medikamentenabhängigkeit 23
I.9 Bereich Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Fieber Husten Halsschmerzen Ohrenschmerzen Bauchschmerzen Durchfall Erbrechen Gedeihstörung Entwicklungsstörungen/ Verhaltensauffälligkeiten Exantheme Juckreiz Impfen Gesunde Ernährung Augenrötung Besonderheiten der Traumatologie beim Kind 24
I.10 Bereich Betreuung von chronisch kranken und alten Patient:innen Beratungsanlässe Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Multimorbidität Polypharmazie Pflegebedürftigkeit Unruhe Frailty (Gebrechlichkeit) I.11 Bereich Palliativmedizin Beratungsanlässe Anvertraubarkeit z.B. häufige Ursachen, abwendbar Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare gefährliche Verläufe, Warnsignale (red (I bis V) (Befugte:r, I bis V) flags) und Prozedere Sterbebegleitung Unterstützung bei Trauerarbeit Unterstützung von Angehörigen Symptomkontrolle 25
Teil II: Kompetenzen nach den CanMEDS-Rollen II.1 Kommunikation Kommunikationskompetenzen sind wesentlich, um vertrauensvolle und tragfähige Beziehungen aufzubauen, aufrechtzuerhalten, umfassende Anamnesen durchzuführen, Diagnosen zu formulieren, Informationen angemessen zu übermitteln und ein gemeinsam getragenes Behandlungskonzept zu ermöglichen. Kernkompetenzen II.1.1 Aufbau und Pflege der Beziehung zu Patienten und Familienangehörigen Ich bin in der Lage/beherrsche... Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) aktiv und empathisch zuzuhören und zu einem Gespräch, zu Fragen und zu einem Austausch zu ermuntern. b) grundsätzliche Kommunikationstechniken wie aktives Zuhören, Verbalisieren von Emotionen und die Reaktionsfähigkeit auf nonverbale Hinweise. c) das Erheben des eigentlichen Beratungsanlasses und beziehe dabei die Sorgen und Erwartungen sowie das Krankheitskonzept meines/meiner Patient:in mit ein. d) Selbstbestimmung, Lebensarrangement und soziale Herkunft der Patient:innen (Lebenswelt- und Sozialraumorientierung) und deren Werte zu reflektieren/respektieren. e) die Beteiligung des/der Patient:in an medizinischen Entscheidungen (z.B. Shared decision-making) zu fördern. 26
f) evidenzbasierte Risikokommunikation. g) Fertigkeiten für eine kultur-, alters- und gender- sensible Kommunikation. II.1.2 Erfassung, Zusammenführung und Dokumentation von Informationen Ich bin in der Lage/beherrsche... Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) im Rahmen der Anamneseerhebung aktiv relevante somatische, psychische und soziale Aspekte zu eruieren. b) Kommunikationstechniken bei der Erhebung der Anamnese bewusst einzusetzen. c) eine klare und nachvollziehbare Dokumentation über Ärzt:in-Patient:innen-Kontakte und Behandlungspläne zu führen. II.1.3 Übermittlung von Informationen an Patient:innen und ggf. Familienangehörige Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) Patient:innen und ggf. Familienangehörige empathisch und situationsangepasst zu informieren. 27
Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) b) Informationen so zu vermitteln, dass sie verstanden werden, dass sie zur Diskussion ermutigen und zur Teilnahme am Entscheidungsprozess anregen. c) Fertigkeiten in der Übermittlung von Informationen in medizinisch und menschlich schwierigen Situationen (z. B. lebensgefährliche Erkrankung, Abhängigkeitserkrankungen, etc.). d) proaktiv Irrtümer oder kritische Ereignisse anzusprechen. e) Ambivalenzen anzusprechen und auszuhalten (Motivational Interviewing). f) das Spannungsfeld zwischen ärztlicher Schweigepflicht und Informationsübermittlung wahrzunehmen. Komplementäre und Integrative Medizin (KIM) g) die gängigsten komplementärmedizinischen Verfahren, einschließlich ihrer Theorie, postulierten Wirkmechanismen und Grenzen erklären zu können. h) bei den häufigsten Beratungsanlässen in der Allgemeinmedizin zu gängigen komplementärmedizinischen Therapien beraten zu können. i) Patient:innen über Angebote von KIM, die zu möglichen gesundheitlichen und finanziellen Schäden führen können, kritisch aufklären zu können. 28
Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) j) nicht-medikamentöse Behandlungen (z. B. Hausmittel) bei häufigen Beratungsanlässen (z. B. Schmerzen, Fieber, unkomplizierte Infekte) anwenden bzw. Patient:innen anleiten zu können. k) zu Entspannungstechniken (z. B. Meditation, Mind- Body-Techniken, Achtsamkeit, Tai Ji, Yoga) beraten zu können. l) Regelungen und Rahmenbedingungen von verschiedenen Berufsgruppen, die Methoden aus dem KIM-Spektrum anbieten (z. B. Heilpraktiker:innen) wiederzugeben. II.1.4 Aufbau und Pflege von Kooperationen mit Personen aus dem Arbeitsumfeld Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) effektiv schriftliche, elektronische oder mündliche Kommunikation bei gemeinsamer Betreuung eines/einer Patient:in, z. B. bei Überweisung und Einweisung, zu nutzen. b) beim patient:innenbezogenen Datenaustausch den Schutz vertrauenswürdiger Patient:innendaten zu berücksichtigen. c) effektiv als Mitglied oder Leiter eines Behandlungsteams oder einer anderen professionellen Gruppe zu kommunizieren. d) mit Konflikten umzugehen. 29
II.1.5 Kommunikation als therapeutische Intervention Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) im Umfeld des/der Patient:in erhobene Informationen (z. B. erlebte Anamnese) therapeutisch nutzen zu können. b) therapeutische Interventionen mittels in der Grundversorgung üblicher Beratungstechniken zu ermöglichen. c) proaktiv nach möglichen gesundheitsfördernden Faktoren bei dem/der Patient:in ("salutogener Ansatz") zu suchen. d) das „System Familie“ für therapeutische Interventionen zu nutzen. 30
II.2 Zusammenarbeit Die Allgemeinpraxis ist zentraler Ort der Versorgung und übernimmt eine zentrale Rolle in der Zusammenarbeit und Koordination mit anderen Gesundheitsberufen und anderen Institutionen, um eine optimale medizinische Betreuung ihrer Patienten zu verwirklichen. Kernkompetenzen II.2.1 Teamarbeit: Kooperation, Kommunikation und Abstimmung mit ärztlichen und nichtärztlichen Netzwerkpartner:innen in der Betreuung von Patient:innen Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) die eigenen Aufgaben, Verantwortlichkeiten und deren Grenzen gegenüber anderen Netzwerkpartner:innen klar zu formulieren und kenne die der Netzwerkpartner im Verhältnis zur allgemeinärztlichen Rolle. b) die Grundlagen der Teamarbeit (z. B. Vertraulichkeit, Professionalität und gegenseitiger Respekt) zu beachten und Prinzipien der Teamdynamik zur Verbesserung der Effizienz eines Teams zu nutzen. c) mit anderen bei Entwurf, Planung und Auswertung nicht-klinischer Aufgaben zusammenzuarbeiten (z. B. in Forschung, Aus-, Weiter- und Fortbildung, öffentlicher Gesundheitsbildung und bei administrativen Fragestellungen). d) eine virtuelle Behandlung/Beratung/Fallkonferenz telemedizinisch durchzuführen. 31
II.2.2 Eine konstruktive Arbeitsatmosphäre schaffen Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) eine konstruktive und entlastende Fehlerkultur zu etablieren, um die Patient:innensicherheit kontinuierlich zu optimieren. b) einen respektvollen Umgang in der gemeinsamen Arbeit zu pflegen und drohende Konflikte in der Zusammenarbeit wahrzunehmen sowie Lösungsstrategien anzubieten (z. B. Konfliktmanagement). 32
II.3 Management Allgemeinärzt:innen bewältigen die alltäglichen medizinischen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen ihrer Praxis (ggf. durch Delegation) und setzen sie ins Gleichgewicht mit ihrem Privatleben. Kernkompetenzen II.3.1 Koordination der Patient:innenversorgung in Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen, Gesundheitsberufen und sozialen Einrichtungen Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) die Rolle der Allgemeinmedizin im Gesundheitssystem zu reflektieren. b) mit anderen medizinischen Einrichtungen, Gesundheitsberufen und sozialen Einrichtungen zusammenzuarbeiten, um eine koordinierte Patient:innenversorgung anzubieten. II.3.2 Organisation der medizinischen und betriebswirtschaftlichen Belange der Praxis Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) Prioritäten zu setzen und mir die Zeit einzuteilen, um Patient:innenversorgung, Anforderungen der Praxis, auswärtige Aktivitäten und das Privatleben im Gleichgewicht zu halten. 33
Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) b) die Geschäfte einer Praxis einschließlich Abrechnung und Finanzwesen zu führen. c) das Personalwesen in einer Praxis sowie die Zusammenarbeit des Praxisteams anzuleiten und zu führen. d) Abläufe zur Sicherstellung der kontinuierlichen Qualitätsförderung zur Optimierung der Patient:innensicherheit innerhalb einer Praxis festzulegen. e) Informationstechnologien anzuwenden, um die Patient:innenversorgung angemessen zu planen (eHealth wie z. B. Telemedizin/Apps). f) die notwendigen betriebswirtschaftlichen Kenntnisse, z. B. um einen Businessplan zu erstellen und pflegen zu können. g) ein Praxisteam zu führen. h) auf die physische und psychische Gesunderhaltung meines Teams und mir zu achten und geeignete Maßnahmen zu deren Erhaltung zu ergreifen. i) die relevanten rechtlichen Bestimmungen (z.B. freiheitseinschränkende Maßnahmen, Infektionsschutz) 34
II.3.3 Angemessene Aufteilung der begrenzten Mittel in der Gesundheitsversorgung Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) die Bedeutung einer „gerechten“ Aufteilung von Mitteln in der Gesundheitsversorgung umzusetzen. b) wissenschaftlich belegte Vorgehensweisen und Managementprozesse für eine kosteneffektive Versorgung anzuwenden. 35
II.4 Vertretung des/der Patient:in: Versorgungslenkung und Gesundheitsförderung Allgemeinärzt:innen lenken die Versorgung mit dem Ziel, den individuellen Patienten sowie die Gesellschaft vor Über-, Unter- und Fehlversorgung zu schützen. Dazu zählt auch der Schutz des/der Patient:in vor unnötigen medizinischen Maßnahmen (quartäre Prävention). Kernkompetenzen II.4.1 Eingehen auf individuelle Patient:innenbedürfnisse Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) als erste:r Ansprechpartner:in sowie meist über weite Strecken als alleinige:r Behandler:in für Patient:innen in allen Gesundheitsfragen zu fungieren. b) die gesundheitlichen Bedürfnisse des/der Patient:in gemeinsam mit dem/der Patient:in zu priorisieren. c) Patient:innen aller Altersstufen durch alle Aspekte der Sozialmedizin (inklusive Formularwesen wie z. B. Bescheinigungen von Arbeitsunfähigkeit, Anträge auf Anschlussheilbehandlung, Rehabilitation, Behinderungsgrad, Rentenanspruch etc.) zu begleiten. d) zu den Themen Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung zu beraten. 36
II.4.2 Individuelle Gesundheitsförderung Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) individuelle Ressourcen zur Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention zu identifizieren und zu fördern. b) Gewaltprävention von Schutzbedürftigen (z. B. Kinder und Pflegebedürftige) II.4.3 Förderung der öffentlichen Gesundheit Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) auf der Gemeindeebene sinnvolle Veränderungen zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit zu identifizieren und ggf. Angebote anzuregen. b) mir potentielle Rollenkonflikte, die sich als Patientenfürsprecher, als Praxismanager, als Anwalt für Patientensicherheit und als Lotse vor dem Hintergrund begrenzter Ressourcen ergeben können, bewusst zu machen. 37
II.5 Lernen und Lehren Allgemeinärzt:innen halten sich als reflektierend Lernende lebenslang auf dem aktuellen Wissensstand und geben als Lehrende dieses Wissen an verschiedene Gruppen weiter. Kernkompetenzen II.5.1 Individuelle Grundlagen des Lernens und Lehrens Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) zum fortlaufenden, selbstbestimmten Lernen auf der Basis einer am Individuum orientierten und zugleich evidenzbasierten Medizin. b) eigene Wissens- und Fertigkeitslücken zu erkennen und zu schließen. II.5.3 Kritische Bewertung von Informationen, deren Quellen und deren Relevanz für ihre Praxis Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) eine Fragestellung zu formulieren, geeignete Wissensquellen zu identifizieren, die Qualität und Güte einer Information zu bewerten, relevante Aussagen aus der identifizierten Evidenz zu interpretieren, kritisch zu bewerten und auf ihre Anwendbarkeit hin zu überprüfen. b) Folgerungen aus kritischem Quellenstudium zu ziehen und in die klinische Betreuung einfließen zu lassen. 38
II.6 Professionalität Allgemeinärzt:innen verpflichten sich, das Wohl des Einzelnen und der Bevölkerung im Einklang mit ethischen Grundsätzen, persönlicher Integrität und angemessenem sozialem Verhalten zu fördern. Kernkompetenzen II.6.1 Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber Patient:innen, Beruf und Gesellschaft Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) professionelles ärztliches Verhalten durch Ehrlichkeit, Authentizität, Integrität, Zuverlässigkeit, Mitgefühl, Respekt, soziales Verhalten und dem Engagement für das Wohlbefinden des/der Patient:in und der Bevölkerung auszuüben. b) der Verpflichtung zur Bereitstellung hochwertiger Versorgung und Kompetenzerhaltung nachzukommen. c) in der Praxis auftretende ethische Fragestellungen zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. d) Kolleg:innen und Mitarbeiter:innen respektvoll zu behandeln und Interessenskonflikte auf angemessene Weise zu lösen. e) beruflich und rechtlich definierte Grundsätze und Grenzen für Vertraulichkeit von Patient:innen (Schweigepflicht) zu berücksichtigen. f) direkt und respektvoll Kolleg:innen darauf hinzuweisen, wenn deren Verhalten Patient:innen oder andere Personen in Gefahr bringen könnte. 39
Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) g) die Strukturen der ärztlichen Selbstverwaltung zu benennen und deren Funktionen erklären zu können. II.6.2 Einhaltung der Grundsätze ärztlicher Ethik (ärztliche Berufsordnung) Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) die beruflichen, rechtlichen und ethischen Kodizes ärztlicher Praxis sowie relevante Gesetze einzuhalten (z. B. Grundlagen der ärztlichen Selbstverwaltung und Verkammerung). b) die Regeln und gesetzlichen Verpflichtungen zum Betrieb einer Praxis zu erfüllen. c) Rechenschaft gegenüber ärztlichen Gremien abzulegen. d) unärztliche Verhaltensweisen anderer wie auch die eigenen in der Praxis zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. e) mich in die Arbeit ärztlicher Gremien einzubringen. 40
II.6.3 Selbstschutz (Burnout-Prophylaxe) und nachhaltige Praxis Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) einen Ausgleich persönlicher und beruflicher Anforderungen zu schaffen, um meine persönliche Gesundheit und eine nachhaltige Praxistätigkeit sicherzustellen. b) mit dem Ziel, eine ausgeglichene Work-Life-Balance herzustellen, geeignete Maßnahmen zur Burn-out- Prophylaxe zu identifizieren, und ggf. auszuüben. c) die Bedürfnisse anderer im Gesundheitswesen Tätiger zu erkennen und deren nachhaltigen Selbstschutz zu fördern. II.6.4 Selbstreflektiertes Handeln Ich bin in der Lage/beherrsche… Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) a) meine eigenen (fachlichen) Grenzen zu erkennen, einzuhalten und wenn geboten, Hilfe zur Weiterentwicklung zu suchen. b) Ungewissheit bei fehlender Evidenz nicht als Schwäche zu verstehen, sie nicht zu ignorieren, sie auszuhalten und als Chance für eine gute und professionelle Patient:innenberatung zu nutzen. 41
Teil III: Prozeduren* *CAVE: Die hier genannten Prozeduren bitte nicht mit den Leistungsnachweisen, die in den unterschiedlichen Weiterbildungsordnungen („Logbüchern“) der jeweiligen Bundesländer gefordert werden, verwechseln! III.1 Körperliche Untersuchung aller Altersgruppen Fremdeinschätzung Selbsteinschätzung Kommentare (Befugte/r) Innere Organe (z. B. Herz, Gefäße, Lunge) Nervensystem (z. B. Koordination, Reflexe, Muskelkraft) HNO (z. B. Ohrenspiegelung, orientierender Hörtest) Auge (z. B. Ektropionieren, Visuskontrolle, orientierende Perimetrie) Bewegungsapparat (z. B. Schulter, Wirbelsäule, Knie, Hüfte) U1-J1-/Jugendarbeitsschutz-Untersuchungen Früherkennungsuntersuchungen (z. B. Hautkrebsscreening, digital-rektale Untersuchung, Abtastung Mammae) Leichenschau 42
III.2 Diagnostik Ziel: Dass der/die ÄiW… a) diagnostische Maßnahmen, die in der Allgemeinarztpraxis möglich sind, kennt, durchführen und bewerten kann (hierbei sollte auch die Fähigkeit, die Testgüte eines Tests kritisch zu hinterfragen, beherrscht werden). b) weitere diagnostische Maßnahmen, die außerhalb der Allgemeinarztpraxis durchgeführt werden können, kennt und ggf. einleiten kann. c) die jeweiligen Differentialdiagnosen kennt. d) mit den Gefühlen eines Patienten in Bezug auf seine Krankheit und mit eigenen, fallbezogenen Gefühlen umgehen kann. Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) (Langzeit-)EKG (Langzeit-)Blutdruckmessung Lungenfunktionsprüfung/Pulsoximetrie Sonographie des Abdomens und Retroperitoneums Diagnostische Punktionen (z. B. Aszites, Kniegelenkserguss) Blasenkatheterisierung Wechseln eines suprapubischen Katheters Präsenz- und Notfalllabor (z. B. Blutzuckermessung, Urinstreifentest) Mikroskopische Beurteilung des Urinsediments 43
Notfälle Nicht alle Notfälle werden während der Weiterbildung selbst erlebt. Allerdings muss der/die ÄiW sich auf die Versorgung solcher gefasst machen. Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Beispiele Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) …aus dem Bereich des Herz-Kreislauf-Systems Hypertone Krise Brady- oder tachykarde Herzrhythmusstörungen Akutes Koronarsyndrom Akuter arterieller Verschluss …aus dem Bereich des Abdomens Akutes Abdomen Gastrointestinale Blutung …aus dem Bereich der Atmungsorgane Lungenembolie Asthmaanfall (Spannungs-)Pneumothorax Lungenödem Exazerbierte COPD Anaphylaxie …aus dem Bereich des Nervensystems und der Psyche Status epilepticus Apoplektischer Insult (Drohender) Suizid 44
Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Beispiele Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Psychosen und aggressive Verhaltensweisen Delir Panikattacke …aus dem Bereich der Augen Verätzung Fremdkörper im Auge Glaukomanfall …nach Trauma Verletzungen, Stich-/Schuss-/ Biss-/Riss- /Quetschwunden Verbrennungsverletzungen Elektrounfälle …Sonstige Geburt/Abort Vergiftungen Schädel-Hirn-Trauma Hypo-/Hyperglykämie 45
III.3 Therapie Ziel: Dass der/die ÄiW… a) therapeutische Maßnahmen, die in der Allgemeinarztpraxis möglich sind, kennt und durchführen kann. b) ggf. weitere Therapieoptionen außerhalb der Allgemeinarztpraxis kennt und einleiten kann. Selbsteinschätzung Fremdeinschätzung Kommentare (I bis V) (Befugte:r, I bis V) Notfallbehandlung (z. B. Sicherung der Atemwege, Sauerstofftherapie, Maskenbeatmung, Einführen eines Larynxtubus, Anaphylaxie-Therapie) Sicherung und Wiederherstellung des Kreislaufs Reanimation (z. B. Defibrillation, Anwendung eines automatisierten externen Defibrillators) Verbale Interventionstechniken Verordnung (z. B. von Physiotherapie, Heil- und Hilfsmitteln, Psychotherapie) Sozialmedizin (z. B. Reha-Antrag) Anleiten von Ernährungsmaßnahmen Komplementärmedizinische Verfahren (Kompressions-)Verbände Cerumenentfernung Infiltration von Lokalanästhetikum Infusionstherapie Versorgung akuter Wunden (z. B. chirurgische Wundnaht, Kleben) Versorgung chronischer Wunden (z. B. Wunddebridement) 46
Kleine Chirurgie (z. B. Abszessspaltung, Entlastung eines subungualen Hämatoms, Drainieren akuter Paronychie, Perianalvenenthrombose) Entfernung eines Fremdkörpers (z. B. konjunktival, Ohr, Nase) Tamponieren der Nasenhöhle Oberst-Anästhesie von Finger und Zeh Schienen verletzter Extremitäten Legen eines transurethralen Katheters Legen einer peripheren Verweilkanüle Portpunktion, -spülung 47
Feedbackbogen Weiterbildungsgespräch* Datum: ………………… Name Ärzt:in in Weiterbildung: .….………………………………………………………… Name Weiterbildungsbefugte:r: …………….…………………………………………….... Wievielter Monat der WB-Zeit: ..................................................................................... A. Bisherige Fortschritte (vgl. Aufgaben/Ziele des vorherigen Gesprächs): …………………………………………………………………………………………………. …………………………………………………………………………………………………. …………………………………………………………………………………………………. B. Aktuelle Themen und Inhalte: …………………………………………………………………………………………………. …………………………………………………………………………………………………. …………………………………………………………………………………………………. Schwerpunkte des Weiterbildungsgesprächs: …………………………………………………………………………………………………. C. Aufgaben/Ziele bis zum nächsten Weiterbildungsgespräch: ……………………………………………………………………………………………...….. …………………………………………………………………………………………………. …………………………………………………………………………………………………. Nächstes Weiterbildungsgespräch am: ………………… *Empfohlen wird mindestens ein Weiterbildungsgespräch pro Monat, idealerweise ergänzt durch Feedback zu Videoaufzeichnungen von Konsultationen (inkl. klinischer Untersuchung) des/der Ärzt:in in Weiterbildung. 48
Sie können auch lesen