113 Architektur Fragen - 1.0 Trends & Zukunft - huss-hawlik.at / 113 Architektur Fragen/Thema 1 Trends & Zukunft
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Einleitung Als Team machen wir uns jeden Der erste Teil beschäftigt sich mit Tag Gedanken über unsere Trends und Zukunft in der Immobilien- Arbeit. Über Innovationen, Trends und wirtschaft. Wir wünschen viel Spaß und natürlich auch über Entwicklungen in hoffen, dass auch für Sie der eine oder Ästhetik, im juristischen Bereich, über andere sinnstiftende Gedankenanstoß Wirtschaftlichkeit und vieles mehr. dabei ist. Weil wir daran glauben, dass geteiltes Andreas Hawlik & Evgeni Gerginski Wissen doppeltes oder gar dreifaches Wissen ist, haben wir 113 Fragen zum Thema Architektur formuliert, die wir in unserer e-paper Reihe veröffentlichen werden. Seite 2 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.1 Wann spricht man von BIM-Planung und wie- so ist diese nicht längst Standard? (Autor: Evgeni Gerginski) Planer zeichnen Pläne. Früher mit der Hand, Die Praxis sieht aber nun anders aus. seit über 20 Jahren computergestützt. Unter Umfangreiche Vorbereitungen und ca. 15% der jahrhundertealten Technik konnte sich höhere Planungskosten vor allem in der jeder etwas vorstellen. Zeichnen beginnt im Anfangsphase mindern die Bereitschaft, auf Kindesalter, hört bei den meisten Menschen solche Systeme zurückzugreifen. Es sind aber dort auch auf. Beim Computer Aided die kleinen bis mittleren Bauvorhaben, bei Design endet bei sehr vielen die Vorstel- denen die Vorteile eines Lebenszykluskosten- lung. Mit BIM fangen dann nur die wirk- managements und Einsparungen bei der lichen Branchenkenner etwas an, obwohl es Ausschreibung erst zu einem späteren Zeit- schon seit vielen Jahren in Verwendung ist. punkt ersichtlich werden. Kurz gesagt – bei BIM (Building Informa- Hinzu kommt die Schnittstellenproblematik der tion Modeling) wird jedes Element in einem Softwarekonzerne, die sich nicht in die Karten digitalen Gebäudemodell mit umfangreichen schauen lassen wollen. Es kommt zu großen Informationen hinterlegt, die herausgelesen Hürden und technischen Schwierigkeiten beim und zusammengefasst werden können (Fläche, Zusammenwirken, bei den Schnittstellen, wenn Material, Gewicht usw.). Alle Projektbeteiligten unterschiedliche CAD-Programme miteinander pflegen ihre fachrelevanten Daten in dieses kooperieren sollen. Eine weitere Herausforder- virtuelle Gebäudemodell ein. Dabei wird ung ist die Tatsache, dass alle Beteiligten der Plan auch zu einer Datenbank und der immer die neueste Software erwerben zu müssen. BIM-Manager achtet auf das Einhalten der Ein Lichtblick ist der Wunsch der Baubehörde, genormten Regeln und zeigt auf, wenn es zu eines Tages den Bewilligungsprozess mittels Kollisionen zwischen den unterschiedlichen BIM-Modelle abzuwickeln, wofür schon die Planern kommt. Eigentlich eine sinnvolle Sache. Vorbereitungen laufen. Seite 4 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.2 Wie entsteht ein fotoreal- istisches Rendering – und ist es wirklich realistisch? (Autor: Krisztina Adamy) Bei einer Projektpräsentation spielt neben der Realität entsprechend aufgebaut. Somit ist den Grundrissen, Schnitten und Ansichten die Szene bereit zum Rendern. Anschließend die Darstellung der Baukörper eine wesen- wird das Bild im Photoshop nachbearbeitet und tliche Rolle. Mit Hilfe des Renderings können mit Menschenfiguren lebhaft „gezaubert“. sich Bauherren und Kunden die künftige Be- bauung und die Räumlichkeiten viel besser Ein kleiner Tipp für den Umgang mit vorstellen. Aber wie werden eigentlich diese Visualisierungen: Visualisierungen erstellt? Die Renderings stellen heutzutage oft unrealistisch viel Begrünung dar. Das kann Als erstes wird das Modell im 3D Raum eventuell zu täuschenden Effekten führen. Unsere sorgfältig aufgebaut. Kein Detail ist zu klein! Empfehlung daher: Bäume und Sträucher Es wird auf die Materialien, Farben und „wegzudenken“, das Gebäude an sich zu Oberflächen besonders Acht gegeben. Das betrachten und die Frage zu stellen: Gebäude ist im Endeffekt nichts anderes als Entspricht der Entwurf nach wie vor meinen eine Zusammensetzung vernünftig gelöster Vorstellungen? Details. Als nächstes wird das fertige Gebäudemodell im Rendering-Programm bearbeitet. Blick- winkel, Licht, Schatten, Tageszeit, Wetter und vieles mehr werden je nach Ergebnis- wunsch kalibriert. Die Darstellungsart kann von abstrakt, stilisiert bis hin zu fotorealistisch reichen. Die Umgebung, wie zum Beispiel Nachbarhäuser, Straßen und Bäume, werden Seite 6 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.3 Die Kenntnis von Trends im Wohnbau ist für uns Architekten essenziell. Wir stehen am Anfang der Produktentwicklung: Bis eine von uns geplante Wohnung bezogen wird, dauert es im Regelfall etwa drei Jahre. Die Nutzungsdauer einer Wohnung sollte in der geplanten Form ca. 30 Jahre betragen – im Idealfall ohne zusätzliche Investitionen in die innere Organisation. Die Entwicklung des Für die nachhaltige Planung aus Sicht des Wohnbaus von morgen Nutzers oder Vermieters ist also ein langer Betrachtungszeitraum zu berücksichtigen. Daraus folgt die spannende Aufgabe für uns Architekten und unsere Bauherren, die mit uns gemeinsam ein Projekt erdenken: (Autor: Andreas Hawlik) Wir müssen kurzlebige Trends von dauerhaften Entwicklungen unterscheiden. Der Bedarf an Wohnraum mit Möglichkeit Bis 02|20 (Beginn der sog. COVID-Krise) zum ungestörten Arbeiten wird wachsen. Eine konnten über die letzten 15 Jahre langjährige Antwort können Co-Working-Spaces sein, was Entwicklungen verfolgt werden, die auf die wiederum eine Riesenchance für ungenutzte meisten unserer Projekte zutrafen: Erdgeschoßzonen sein kann. Stetiger Zuzug in die Städte, Sinken der Der Wunsch nach Freiraum wird das Wohnen Personenzahl pro Haushalt, Reduktion der außerhalb der Stadt wieder ins Bewusstsein Wohnungsgrößen und Reduktion der Zimmer- rücken – eine Chance, kleineren Städten wieder anzahl. Parallel dazu wurde die Fußboden- mehr Leben einzuhauchen. Vielleicht kehrt sich heizung zum Standard und möglichst jede das Verhältnis von Hauptwohnsitz in der Stadt Wohnung erhielt einen Außenbereich. Was die und Zweitwohnsitz am Land um! Innerstädtisch Lage betraf, galt als goldene Regel: Je näher bei könnte der Bedarf an kompakten Wohnein- der U-Bahn, desto besser. heiten weiter steigen: Zweitwohnsitze für 2-4 Arbeitstage pro Woche. Der Shutdown von April 2020 stellt einen breitgestreuten Feldversuch in Hinblick auf Das tägliche Pendeln über weite Strecken alternative Arbeitsformen, Digitalisierung, und die damit verbundene Verkehrsproble- Mobilität und familiäre Stabilität dar. Für uns matik könnte sich entschärfen, wenn Daten statt Planer gilt es nun herauszufinden, welche Personen pendeln. Veränderungen aus diesem Experiment nur ein flüchtiger Trend sind und welche sich dauer- Unsere Verantwortung hierbei: Als Trend- haft etablieren werden. setter und Planer können wir zu diesen Entwicklungen beitragen! Seite 8 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.4 Wie sieht das Heizsystem der Zukunft aus? (Autor: Michael Pitsch) Während die Generation unserer Großeltern probates Mittel zur Erreichung dieser Ziele zu und teilweise noch unserer Eltern mit sein. Einzelöfen ihre Wohnräume heizten, wurden diese im Laufe der Jahrzehnte durch Die Wärmepumpe erzeugt durch einen Wärme- Zentralheizungen mit Radiatoren ersetzt. tauscher aus Luft, Wasser oder Erdwärme die Zurzeit ist die Fußbodenheizung Stand der zum Heizen oder Kühlen benötigte Energie. Technik. Lösungen wie Wand- / Decken- Die Wärmepumpe benötigt hierfür elektrischen heizungen oder Infrarotsysteme sind immer Strom zum Betrieb und wenn dieser aus noch Nischenprodukte. nachhaltigen Quellen kommt, sieht die Ökobilanz hier schon ganz gut aus. Das Hauptaugenmerk liegt aber immer mehr, bedingt durch Klimawandel und der Man kann davon ausgehen, dass das Notwendigkeit, energieeffizienter zu werden, Heizsystem der Zukunft eine optimierte auf der Optimierung der Systeme der Kombination aus den bereits vorhandenen Wärmeerzeugung, wobei hier wegen der Systemen sein wird. vermehrt vorhandenen Hitzetage auch eine Kombination mit der Kühlung der Räume immer mehr an Bedeutung gewinnt. Auch der Gesetzgeber reagiert zunehmend auf diese Herausforderungen. So schreibt eine Novelle zur Wiener Bauordnung den effizienten Einsatz von Energieträgern vor. Womit reine Öl- oder Gasheizsysteme vermehrt verschwin- den werden. Hier scheint die Wärmepumpe ein Seite 10 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.5 Zugegeben, nicht jeder wird derzeit mit dieser Frage konfrontiert sein. Aber spätestens seit den verordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Coro- Hat der tägliche Weg zum na-Pandemie wurde klar, dass auch in der Arbeitsplatz ausgedient? Arbeitswelt kein Stein auf dem anderen bleiben wird. Was sich vor der Krise langsam abzeichnete, wird schnell zum Standard. Der Transfer des Arbeitsplatzes nach Hause, in den Park, ins Auto oder an den Strand erhielt nun einen Turbo-Boost. IT-Firmen (Autor: Evgeni Gerginski) ebenso. Jeder muss plötzlich in Technologie investieren, ob er will oder nicht. Die Zukunft ist da, von einem Augenblick auf den anderen! Viele, vor allem große Unternehmen haben die Vorteile für sich erkannt und lassen ihre Mitarbeiter nun noch mehr von auswärts arbeiten oder verlagern gleich ganze Abteilunen Das Arbeiten in der eigenen Wohnung stellt in Länder mit günstigen Lohnnebenkosten. viele vor große Herausforderungen, was Digitalisierung macht es möglich. den dafür notwendigen Arbeitsraum und dessen Leistbarkeit betrifft. Hier sind Archi- Die Großraumbüros werden derzeit überdacht tekten mit den Bauherren gemeinsam gefordert, und neuartige Konzepte entwickelt, die sich den Wohnraum arbeitsfit und gleichzeitig eher auf Einzelbüros, Besprechungsräume und leistbar zu gestalten. Räumlichkeiten zu Stärkung der Identifika- tion mit dem Unternehmen fokussieren, um so Schiebewände, Schiebetüren und faltbare Vertrauen zwischen Arbeitgeber und Arbeit- bzw. flexibel einsetzbare Möbel sind vielleicht nehmer auch auf Distanz zu schaffen. Antworten auf das Arbeiten in der eigenen Wohnung. Außerhalb können zumietbare Mini- Spannend ist dabei die Auseinandersetzung Büros im eigenen Haus die Lösung sein. mit der Nachnutzung freiwerdender Büro- flächen in den nächsten Jahren. Das wird in Auf jeden Fall wird der Spagat zwischen vieler Hinsicht die Städte verändern. Vielleicht Physical Distancing ohne Social Distanc- ist das aber auch eine Chance für die in der ing und die damit verbundene Gefahr der Zwischenzeit vielerorts entstandenen reinen Zersprengung der Gesellschaft kein einfacher Schlafstädte – hier wird Leben auch tagsüber werden. eingehaucht und Diversität geschaffen. Seite 12 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.6 Eine Frage, die sich mit zwei Gegensätzen beschäftig und diese zu vereinen versucht. Auf der einen Seite haben wir Immobilien und Bauwerke an sich, die in ihrer Kon- stitution eher träge und starr sind. Dem gegenüber steht Wohnraum als Lebensraum, welcher einem ständigen Wandel unterliegt und sich an die jeweilige Lebenssituation seiner Bewohner und Nutzer anpasst. Wieso ist Flexibilität Flexibilität ist anders. Das manifestierte Bild einer Wohnung als standardisierter Typ und Zuhause einer Klein- wichtig? familie ist nicht mehr zeitgemäß. Stattdessen gibt es heute eine Vielfalt an unterschiedlichen Familien- und Haushaltsformen. Wohnge- meinschaften, Single-Wohnungen, Patchwork- (Autor: Karin Rezar) familien, Wohnformen für SeniorInnen, die Vernetzung von Wohnen und Arbeit verändern den Anspruch an Wohnräume. Um auf diese Ansprüche reagieren zu können, braucht es Flexibilität. Essen oder Aufenthalt im Vordergrund stehen. Aufgrund unserer jetzigen Situation mit der Covid-19-Pandemie, aber auch wegen Flexibilität ist mehr. vermehrter Digitalisierung im Heimbe- Der altbekannte Gedanke, welcher mit reich entstehen neue Formen des Home- Flexibilität in der Architektur verbunden office und der Telearbeit. Immer mehr wird, konzentriert sich auf die Installation Menschen verrichten zumindest einen Teil ihrer flexibler Wand- oder Schiebeelemente, durch Arbeit, sei es notgedrungen oder freiwillig, von die Grundrisse mit geringem baulichem zuhause aus. Es bedarf also entsprechender Aufwand verändert werden können. Aber auch räumlicher Voraussetzungen, um auch den Spa- eine Umstrukturierung der klassischen Raum- gat zwischen Leben und Arbeiten an einem Ort zu nutzungen in private, halböffentliche und bewerkstelligen. öffentliche Raumzonen kann eine Flexibilität innerhalb einer Wohneinheit mit sich bringen, welche sich jedoch auch über die einzelne Flexibilität ist Zukunft. Wohnung hinaus in die Gemeinschaftsbere- Die heutige Zeit ist aufgrund neuer oder iche des Hauses erstrecken kann. Losgelöst rasch wechselnder Lebensstile und -entwürfe von der Einteilung in Wohnzimmer, Schlafzim- von veränderten Platzbedürfnissen geprägt. mer und Kinderzimmer, die sich auch in der Flexibilität wird daher auch zur Grundlage für Größe der Räume niederschlägt, muss Wohn- Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit, denn raum immer mehr so ausgestaltet sein, dass er eine Wohnung bzw. Wohnraum kann nur dann ultifunktionale Nutzungen von Räumen zulässt. nachhaltig genutzt werden und Wert behalten, wenn die Architektur so flexibel ist, dass sie sich an die Veränderung der Lebensumstände Bei der Architektur und Wohnraum- und die Bedürfnisse der Bewohner anpassen schaffung sollten daher nicht nur einzelne kann. funktionale Gebrauchsmuster wie Schlafen, Seite 14 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.7 Wieso muss sich alles ändern, damit es so bleibt, wie es ist? Mal abgesehen von kleinen nervigen (Autor: Andreas Hawlik) Krankheitserregern leben wir in der besten Zeit, die es je auf unserem Planeten gab: Wohlstand und Frieden sind so dauerhaft wie noch nie in der Menschheitsgeschichte Unsere Natur können wir nur erhalten, wenn und unsere Heimatstadt wird regelmäßig zu wir uns täglich in Richtung Nachhaltigkeit den lebenswertesten der Welt gezählt. Man weiterentwickeln. Unseren Wohlstand kön- könnte sich einfach nur wünschen, dass nen wir nur erhalten, in dem wir zum Beispiel alles so bleibt, wie es ist. über Entwicklungshilfe nachdenken. Und unser sozialer Frieden ist dem laufenden Dialog aller Doch Vorsicht! Man läuft hier Gefahr, einem Beteiligten geschuldet. Trugschluss aufzusitzen. Wenn wir wirklich erreichen wollen, dass das, was wir so sehr Auch in unserer Arbeitswelt dürfen wir uns wertschätzen, so bleibt, wie es ist, dann nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Damit müssen wir uns dennoch laufend ändern und wir auch in Zukunft eines der führenden aktiv daran arbeiten, dass uns diese Werte und Architekturbüros bleiben, entwickeln wir uns Schätze erhalten bleiben. in Sachen Knowhow und Technologie laufend weiter. Und mit jedem unserer Projekte Einfach hinsetzen und den Sonnenuntergang gestalten wir die Zukunft. Mit der Zeit zu ansehen, das reicht nicht aus. Denn Stillstand gehen, reicht da nicht aus, man muss voraus- bedeutet Rückschritt und mit jeder Pause, die denken und auf die Zukunft vorbereitet sein. wir machen, geht ein Stück vom Glück verloren. Warum? Die Welt dreht sich und verändert sich Wie schon Abraham Lincoln sagte: “The best laufend und in diesem veränderlichen System way to predict your future is to create it.” müssen wir aktiv sein, damit uns das, was wir lieben, nicht verloren geht. Seite 16 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.8 Kommen Gebäude irgendwann aus dem 3D Drucker? (Autor: Krisztina Adamy) Es gibt heutzutage schon eine Vielzahl In Österreich braucht jedoch jeder Baustoff, von Beispielen für Häuser, die mit 3D der verwendet wird, ein Gütesiegel und das Druckern erzeugt worden sind. Diese sind Erwirken der Zulassungszertifikate ist in der hauptsächlich Prototypen von Start-up- nahen Zukunft leider nicht zu erwarten. Unternehmen, die bereits jetzt durchaus überzeugende Resultate liefern. So schön die Idee ist, dass Roboter selbst über Nacht Häuser errichten – die flächendeck- Die Anwendungsbereiche zeigen aufgrund der ende Umsetzung ist noch ein Stück entfernt. Flexibilität in der Form und schneller Bauzeit Die Technologie entwickelt sich zwar sehr großes Potential: Flüchtlingsheime in Kriegs- schnell, es gibt aber für die Massenproduktion in gebieten, Häuser in Entwicklungsgebieten oder Österreich noch viele Hürden zu nehmen. Unterkünfte für Obdachlose sind nur einige Beispiele der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Der große Vorteil ist, dass aus dem Drucker nicht nur herkömmlicher Beton ausgespritzt werden kann, sondern es gibt die Möglichkeit für die Verwendung von z.B. recycelten Indus- trie- oder Landwirtschaftsabfällen – ein klares, nachhaltiges Argument für diese Bauweise. Seite 18 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.9 Baumaterial der Zukunft (Autor: Johann Peck) Asbest ist schon längst verbannt und es Immer besser und immer häufiger gibt noch eine Reihe anderer Materialien, verfügbar werden Recyclingbaustoffe, die die eigentlich auch schon auf einer „roten aus Primärbaustoffen wie Beton oder Glas Liste“ stehen sollten. Unsere Ressourcen gewonnen werden. Allerdings ist hier noch viel sind knapp und nicht jeder Baustoff ist für Überzeugungsarbeit bei den Auftraggebern die nachhaltige Errichtung von Gebäuden notwendig. Im Sonnenschutz werden immer geeignet. öfter textile Baustoffe verwendet, die Trans- parenz und Beschattung im notwendigen Maß Vor allem mineralische und natürliche bieten und gleichzeitig in hohem Grad wieder- Baustoffe, die in der Produktion geringere verwertbar sind. Zementgehalte benötigen, haben genau- so Zukunft wie solche, die einen kleinen CO2-Fußabdruck aufweisen. Natürlich ist die Wirtschaftlichkeit nach wie vor mitent- scheidend – aber es geht primär darum, die Emissionen während der Lebensdauer und beim nachhaltigen Recycling so gering wie möglich zu halten. Natürlich zählt Holz ebenfalls zu den Baustoffen der Zukunft. Holz ist vielseitig einsetzbar, hier ist allerdings auf die Herkunft zu achten – bei zu langen Transport- wegen sieht die ÖkoBilanz oft schon weniger attraktiv aus. Seite 20 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.10 Diese Frage ist prinzipiell ganz einfach mit JA zu beantworten, da Vorfertigung heutzutage bereits wesentlicher Bestandteil des Planen und Bauens ist. Im Bauwesen reicht sie von kleineren Elementen wie Fertigschachtelementen der Haustechnik über Stiegenlauf-Fertigteile, Aufzugsschächte, vorgehängte Elemente wie Balkone über größere Module v.a. im Holzbau Hat Vorfertigung eine oder Industriebau bis hin zu Komplettsyste- men und dem Boom beim Einfamilienhausbau. Chance? Die Vorfertigung ermöglicht eine automatisierte und witterungsunabhängige Produktion und führt zu höchsten Qualitäts- standards. Je höher der Vorfertigungsgrad, (Autor: Georg Denninger) desto kürzer wird die Bauzeit; das Unfallrisiko auf der Baustelle sinkt und die Belastung an Staub- und Lärmemissionen für die Anrainer wird reduziert. All diese Vorteile führen zum Viele Bauherren möchten in der Ausführung wesentlichsten Faktor der Vorfertigung – der möglichst flexibel bleiben, um den Käufern Kostenreduktion, welche durch die aktuell während der Bauzeit noch den einen oder unaufhaltsam steigenden Baupreise, den rar anderen Sonderwunsch genehmigen zu gewordenen Baugrund und die explodierenden können. Dieser Vorteil für den Käufer Grundstückspreise wichtiger denn je ist. bietet auch die Möglichkeit der individuellen Gestaltung der einzelnen Wohneinheiten im Wenn man sich auf vielen Baustellen umblickt, Gegensatz zur möglichen Monotonie. sieht man, dass, bis auf die bereits etablierten Hohlwandsysteme im Stahlbetonbau, relativ Fazit: Je höher der Vorfertigungsgrad, desto wenig vorgefertigte Elemente versetzt werden wirtschaftlicher sind v.a. größere Projekte. (ausgenommen Holzbauten). Denn ein hoher Dazu benötigt man frühe Entscheidungen Vorfertigungsgrad in der Ausführungsphase und einen gewissen Planungsvorlauf, um vor hat seinen Ursprung bereits beim Entwurf. In Baubeginn die fertige Ausführungsplanung diesem Stadium müssen seitens des Architek- vorliegen zu haben. ten und des Bauherren bereits alle notwendi- gen Entscheidungen (Baustoff, Ausstattung, äußeres Erscheinungsbild) getroffen werden, denn zu späte Entscheidungen oder Ump- lanungen führen von kostenintensiven und aufwändigen Änderungen bis hin zu Termin- verzug. Seite 22 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.11 Wird es in 50 Jahren noch Architekten geben? (Autor: Amin Abdel-Kader) Belastbare Prognosen für die Zukunft, Wird es in 50 Jahren noch Architekten geben? schon gar jener in 50 Jahren, sind schlicht Es wird so lange Architekten geben, solange es unmöglich. Ganz einfach, weil sich die Architektur gibt! Zukunft in einem permanenten Prozess von interagierenden Akteuren, Ereignissen, Solange es Menschen gibt, die in Bauvorhaben Entwicklungen und Innovationen generiert eine architektonische Aufgabe sehen und nicht und unentwegt neu orientiert. nur in Kubikmetern Beton denken oder ein Investment sehen, das nach der erzielbaren Als Ziviltechniker sind Architekten damit be- Rendite beurteilt wird. traut, individuelle Interessen am Baugeschehen mit kollektiven Anliegen entlang von Gesetzen Menschen, die sich mit Aufgaben beschäfti- und Richtlinien ins Einvernehmen zu setzen. gen, für die es mehr als eine Antwort gibt. Die Ambiguität tolerieren können. Die eine Als Kulturtechnik reflektiert Architektur Synthese aus Form und Funktion und Wirtschaft dabei die Vorstellungen einer Gemeinschaft anstreben. von erstrebenswerten Formen des Zusammen- lebens, bei aller Diversität. Die Idee, dass eine KI bald Architekten ersetzen könnte, begeis- tert wohl eher jene, die Architekten gerne als servile Technokraten für die Begehrlichkeiten am Baugeschehen sehen möchten, jedoch wenig Einblick in deren vielfältige Aufgaben haben. Seite 24 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.12 Welche Bemühungen in der Baubranche gibt es, um den Klimawandel zu verlang- samen? (Autor: Johann Peck) Auch in der Baubranche setzt – mit Initiativen (Energieausweise, Mindeststandards Impulsen von Auftraggebern, Nutzern, für Förderungen im Bereich der Haustechnik öffentlicher Meinung und aus eigener etc.) weisen hier die Richtung. Motivation – Umdenken ein. Nachhaltig- es Bauen ist DAS Stichwort, das für viele Zusätzlich werden umfangreiche Maßnah- Unternehmen und agierende Personen men im Zuge der Umsetzung von Antrieb für entsprechende Maßnahmen ist. Bauvorhaben gesetzt. Dazu zählen unter anderem das Behandeln und Einbringen von Schon bei der Materialherstellung wird in Beton. Fuhrparks werden auf ihre Umwelt- der Produktion eine Verminderung von CO²- freundlichkeit hin überprüft und, wo möglich, Emissionen angestrebt bzw. werden die hinsichtlich des Antriebs, Gebrauchs und der Unternehmen dazu angehalten, dies Einsatzeffizienz überarbeitet, aufgerüstet oder umzusetzen, und dabei unterstützt. Das ausgetauscht. betrifft sowohl den Materialeinsatz selbst als auch Energieaufwand und Logistik. Abgesehen von den technischen Möglichkeiten werden auch sämtliche gestalterische Aktiv- Es wird angestrebt, bestehende Gebäude nicht itäten auf die klimatischen Auswirkungen hin abzureißen, sondern zu erhalten. Entsprech- entsprechend geprüft und umgesetzt. Das ende Unterstützung und Förderungen gibt es betrifft zum Beispiel den Sonnenschutz, aber für Sanierungsmaßnahmen. auch die Verwendung von Baumaterialien als Dekorationselemente (Holz!), die viel zur sozialen Nachhaltigkeit beitragen. Die Gebäudecodes werden laufend erhöht und angepasst. Davon sind beispielsweise auch die Vorgaben im Bereich der energet- ischen Anforderungen betroffen. Zahlreiche Seite 26 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
1.13 Wird VR/AR den Planungsprozess verändern? (Autor: Michael Pitsch) Virtual Reality (VR) und Augmented Aus den Gebäudedaten des Architekten werden Reality (AR) sind Begriffe, die schon seit somit virtuell begehbare Welten generiert. einigen Jahren herumschwirren. Im Prinzip Diese 3D Welten können für Menschen, die es handelt es sich um computergenerierte 3D nicht gewohnt sind, zweidimensionale Pläne Welten, welche erlebbar gemacht werden. zu lesen, einen enormen Vorteil im Verständ- Bei VR werden mittels Hilfsmittel wie Brille nis der Planung bringen. Von der Betrachtung / Headset virtuelle Welten erkundet, wobei des geplanten Objekts in der realen Umgebung bei AR in die reale Umgebung zusätzliche bis zur virtuellen Bemusterung ist hier alles Objekte oder Informationen „eingeblendet möglich. werden“. Beide Technologien haben sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt. Und ja, der Planungsprozess wird mit dieser Technologie natürlich beeinflusst. Mit Dank schnellerer, leistungsstärkerer fortschreitender Technologie wird es Plan- Prozessoren, besserer Grafikkarten, Sensoren ern und Bauherren schon frühzeitig möglich und Kameras, schnellerer Internetverbind- sein, die Gestaltung der Gebäude lange vor ungen und innovativer Möglichkeiten in der Baubeginn zu optimieren. Softwareentwicklung haben sich unzählige neue Möglichkeiten für VR und AR eröffnet. Große Technologiekonzerne wie z.B. Apple setzen immer mehr auf diesen Markt. Durch die enorme Verbreitung von Smartphones hat fast jeder die Möglichkeit, diese Technologien zu nutzen. Dadurch entstehen natürlich auch für Architekten neue Möglichkeiten. Seite 28 113 Architektur Fragen/ Thema 1/ Trends & Zukunft
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