1938-1945 Deutsches Rotes Kreuz - Ortsbereitschaft Innsbruck
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|––1938-1945 Deutsches Rotes Kreuz – Ortsbereitschaft Innsbruck Literatur- und Quellennachweis (Auswahl) • Jahresbericht der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck für das Jahr 1937. Innsbruck: Selbstverlag, 1938 [Archiv OERK-FRI-JAB] • Jahresbericht der Freiwilligen Rettung Innsbruck 1937-1947. Innsbruck: Selbstverlag, 1948 [Archiv OERK-FRI- JAB] • 40 Jahre Rettung 1907-1947. Zehn-Jahresbericht der freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck 1938-1947. Innsbruck: Selbstverlag, [1948] [Archiv OERK-FRI-JAB] • Protokolle der Monatsversammlungen der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck 1937 [Archiv OERK-FRI- PROT-MV] • Protokolle der Sitzungen des Engeren Ausschusses der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck, 1937-1938 [Archiv OERK-FRI-PROT-EA] • Dienstvorschrift für das Deutsche Rote Kreuz. Berlin: Selbstverlag, 1938 [AdFRI OERK-FRI-DAW] • Morgenbrod, Birgitt; Merkenich, Stephanie: Das deutsche Rote Kreuz unter der NS-Diktatur 1933-1945. Paderborn u.a., 2008 (Es handelt sich dabei um das aktuell ausführlichste und maßgebendste wissenschaftliche Werk zur Rolle des Deutschen Roten Kreuzes im Dritten Reich). • Pfannerstill, Andrea: Die Baugeschichte der Klinik Innsbruck. Vom neuen Stadtspital zum a. ö. Landeskrankenhaus. 1885-1948. Dipl. masch. Innsbruck: Leopold-Franzens-Universität, 2001 • Hye, Franz-Heinz: Die „Gauhauptstadt“ Innsbruck in der Zeit von 1938 bis 1945. In: ders.: Geschichte der Stadt Innsbruck. CD-Rom. Innsbruck: Link Interactive Systems, 2001, S. 313-334 Als am 12. und 13. März 1938 Truppen des nationalsozialistisch regierten Deutschen Reiches die Österreichische Grenze überschritten, um so den Anschluss Österreichs zu vollziehen, befand sich unter ihnen der Reichsarzt-SS Ernst Robert Grawitz. Grawitz war im Dezember 1936 geschäftsführender Präsident des Deutschen Roten Kreuzes geworden. Als solcher führte er das operative Geschäft, während der eigentliche Präsident, Prinz Carl Eduard von Sachsen-Coburg und Gotha – wie Grawitz hochgradiger Nationalsozialist – lediglich repräsentative Aufgaben wahrnahm. Jetzt, im März 1938, nahm Ernst Robert Grawitz die Österreichische Gesellschaft vom Roten Kreuz in Augenschein, um die Übernahme derselben in das Deutsche Rote Kreuz vorzubereiten. Dort musste er, wie er nach Berlin meldete, feststellen, „dass die Leitung der Österreichischen Rotkreuz- Gesellschaft sich in Händen solcher Persönlichkeiten befindet, die für uns völlig untragbar sind. Es befinden sich z.B. im Vorstand dieser Gesellschaft an einflussreichster Stelle mehrere Volljuden, die zum Teil gleichzeitig Freimaurer sind. Der Präsident selbst ist Exc. Dr. Max Wladimir Baron Beck, 83 Jahre, Philosemit, freimaurerisch eingestellt und angeblich Legitimist. Sein Sanitätschef für das Österreichische Rote Kreuz, gleichzeitig persönlicher Berater und behandelnder Arzt, ist der Volljude und Freimaurer Hofrat Dr. Isidor Lamberger.“1 Zwei Tage nach dem Besuch von Ernst Robert Grawitz traten Beck und Lamberger von ihren Ämtern zurück. Man muss die Äußerung von Ernst Robert Grawitz vor dem Hintergrund seines Zieles innerhalb des Deutschen Roten Kreuzes lesen. Dieses bestand darin, einen Prozess der Überformung des DRK nach nationalsozialistischen Prinzipien weiterzutreiben, der seit der Machtergreifung Adolf Hitlers 1933 ohne erkennbaren Widerstand und zum Teil in willfähriger Partnerschaft von Seiten des Deutschen Roten Kreuzes sukzessive im Gange war. Sie erfolgte in zwei wesentlichen 1 Morgenbrod, Birgitt; Merkenich, Stephanie: Das deutsche Rote Kreuz unter der NS-Diktatur 1933-1945. Paderborn u.a., 2008, S. 177
Grundlinien: Einerseits wurde die Arbeit des DRK auf seine vermeintliche Kernaufgabe, die Kriegsverwundetenfürsorge, reduziert. Diese sah man konkret im Rahmen des Wehrmachtssanitätsdienstes verwirklicht. Es wurden dazu jene Bereiche des Deutschen Roten Kreuzes, welche in Friedenszeiten aufgebaut worden und vor allem in der Volksfürsorge, aber auch in der Jugendarbeit angesiedelt waren, zugunsten einer Übernahme durch entsprechende NS- Organisationen zurückgedrängt. Denn die Nationalsozialisten hatten die kriegswichtige Bedeutung des Deutschen Roten Kreuzes als größter ziviler Einsatzorganisation rasch erkannt. – Andererseits wurde in die Organisationsstruktur das Führerprinzip eingeführt, sodass sich zügig ein Stab linientreuer Nationalsozialisten innerhalb des DRK etablieren konnte. Dem entsprach, dass Ernst Robert Grawitz im Sinne seiner Doppelfunktion als Reichsarzt-SS und geschäftsführender Präsident des DRK fast sämtliche Führungspostionen im DRK-Präsidium mit Mitgliedern der SS besetzte. Dabei war man peinlich darauf bedacht, den Eindruck zu vermeiden, das DRK wäre zu nahe an den NS-Staat oder seine Behörden herangerückt, um seine internationalen Beziehungen, auf die man gerade in Kriegszeiten angewiesen war, nicht zu gefährden oder das Recht zum Führen des Rotkreuz-Zeichens nicht zu verlieren. In das derart verfasste Deutsche Rote Kreuz wurde nun die Österreichische Gesellschaft vom Roten Kreuz mit Verordnung des Reichsinnenministeriums vom 23.5.1938 eingegliedert und somit aufgelöst. In Folge wurden im Juli 1938 die Landesstellen XVII (Wien) und XVIII (Salzburg) des Deutschen Roten Kreuzes gegründet und die einzelnen Dienststellen der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuz dem Deutschen Roten Kreuz inkorporiert. Am 4.8.1938 ereilte dieses Schicksal auch die Freiwillige Rettungsgesellschaft Innsbruck. Sie wurde behördlich aufgelöst, vom Deutschen Roten Kreuz übernommen und der Landesstelle XVIII in Salzburg, die für die früheren Bundesländer Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg sowie für das Südburgenland zuständig war, zugeordnet. Der Name der Rettungsgesellschaft änderte sich in Deutsches Rotes Kreuz – Ortsstelle Innsbruck (Ortsbereitschaft Innsbruck). Die Freiwillige Rettungsgesellschaft Innsbruck hatte aufgehört, als eigenständiger Verein zu existieren. In seiner letzten Sitzung am 20.9.1938 fasste der Engere Ausschuss den Beschluss, „den Dienstbetrieb der freiw- [sic] Rettungsgesellschaft in das Deutsche Rote Kreuz zu überführen und die Geräte, [sic] sowie die Einrichtungen dem Deutschen Roten Kreuz zu übergeben“2. Auch der Realbesitz wäre in das Eigentum des Deutschen Roten Kreuzes übergegangen, wenn dieser nicht immer noch vom Haus- und Kinobau hypothekarisch belegt gewesen wäre. Da das DRK hypothekarisch belegte Realwerte aber nicht übernehmen durfte3 und die Führung von Wirtschaftsbetrieben in seinen Satzungen nicht vorgesehen war, konnte die Freiwillige Rettungsgesellschaft Innsbruck die Betriebe vor dem Zugriff des DRK retten, indem sie sie der Stadt Innsbruck treuhändisch übergab. Man machte sich dazu § 18 der Satzungen der Freiwilligen Rettungsgesellschaft zunutze, nach dem der Ausschuss im Falle der Auflösung des Vereins dessen bewegliches und unbewegliches Vermögen der Stadt Innsbruck zu übergeben hatte. Sollte sich ein Verein gleichen Zweckes wie der der FRGI innerhalb von zehn Jahren bilden, so wäre die Stadt Innsbruck verpflichtet gewesen, diesem das Vermögen auszuhändigen; andernfalls wäre es in das 2 Protokoll der Sitzung des Engeren Ausschusses der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck vom 20.9.1938 [Archiv OERK-FRI-PROT-EA] 3 Vgl. den Eintrag vom 24.8.1938 in: Des Samariters fröhliche Stunden. Kameradschaftsbuch der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck, 1912-1976 [Archiv KAM2 20140129193205]
Eigentum der Stadt Innsbruck übergegangen. Die Übernahme der FRGI erfolgte wahrscheinlich im Zuge eines Besuches des DRK-Oberstführers Dr. Friedrich Wilhelm Brekenfeld vom DRK-Präsidium in Potsdam-Babelsberg (Berlin) in Innsbruck. Dr. Brekenfeld war seit dem 1.7.1937 im aktiven DRK-Dienst, Führer der Landesstelle III des DRK (Brandenburg ohne Berlin), NSDAP-Mitglied, Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse, Träger des Verwundetenabzeichens und wird als strammer Nationalsozialist beschrieben.4 Von ihm ist die Bemerkung erhalten, das DRK sei in Aufgabe und Gesinnung, Tun und Handeln ein „Nationalsozialistisches Sanitätskorps, auch wenn es sich mit Rücksicht auf die Genfer Konvention Deutsches Rotes Kreuz nennt“ (Zit. n. Morgenbrod/Merkenich, 2008, S. 443). Im Kameradschaftsbuch der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck hinterließ Brekenfeld am 4.8.1938 einen handschriftlichen Eintrag, nach dem das Deutsche Rote Kreuz sich zur Übernahme der „vorbildlichen Rettungsgesellschaft Innsbruck beglückwünsch[e]“, der der Führer ihre „Ursprungsaufgabe, Hilfsorganisation des Wehrmachtssanitätsdienstes zu sein, wiedergegeben“ habe. Damit gab Brekenfeld der FRGI eines der wichtigsten Ziele, welches die Nationalsozialisten seit 1933 mit der ideologischen Überformung des Deutschen Roten Kreuz verfolgt hatten, mit auf den Weg. Der nationalsozialistischen Überformung des Deutschen Roten Kreuzes verdankt sich eine der augenfälligsten Änderungen bei der nunmerigen Ortsbereitschaft Innsbruck des Deutschen Roten Kreuzes: Ab der Übernahme war nun ein Nachweis über die Deutschblütigkeit jedes Mitglieds wie seines Ehepartners erforderlich, um in der DRK-Ortsbereitschaft Innsbruck weiterhin tätig sein oder überhaupt eintreten zu können. Denn bereits am 1.6.1933 hatte das Deutsche Rote Kreuz mittelst Rundschreiben an die Mitglieder Juden von allen Funktionen ausgeschlossen: „Wo Nichtarier in bezahlten Stellungen sind, ist ihnen unter Anwendung des Beamtengesetzes auf den nächsten Termin zu kündigen. In den Sanitätskolonnen und Schwesternschaften dürfen keine Juden, Jüdinnen oder Judenstämmlinge sein. Zu den Lehrkursen dürfen Juden nicht zugelassen werden.“ (Rundschreiben Nr. 244 des Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes vom 1. Juni 1933, zit. n. Morgenbrod/Merkenich, 2008, S. 88-89). Man berief sich bei dieser Bestimmung, der schon im Mai die Direktive, jüdischstämmige Personen nicht mehr in Vorstandsfunktionen zu wählen, vorausgegangen war, auf den „Arierparagraphen“ des Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933. Der Nachweis über die Deutschblütigkeit der Mitglieder sowie ihrer Ehepartner, nicht aber die ausdrückliche Formulierung des Ausschlusses von Juden, wurde in Folge nur in die Regelwerke der Teilorganisationen des DRK, nicht aber in die Satzungen geschrieben, um internationales Aufsehen über den Ausschluss jüdischer Mitglieder vom DRK möglichst zu vermeiden. Man wusste, dass eine solche Bestimmung eine klare Verletzung der Grundsätze des Roten Kreuzes darstellte. Unbeschadet dessen war die Reaktion des Internationalen Roten Kreuzes verhalten, als es von den neuen Bestimmungen beim DRK erfuhr. Doch schon bevor die Freiwillige Rettungsgesellschaft Innsbruck vom Deutschen Roten Kreuz übernommen worden war, hatte es Mitglieder mit nationalsozialistischen Bestrebungen innerhalb ihres Korps gegeben, wenn deren Gesinnung vor März 1938 auch noch nicht offen zu Tage getreten war. Der Jahresbericht für 1937, der im Mai 1938 und damit nach dem Anschluss erschien, erwähnt 4 Bresgott, Hans-Christian (Archiv des Deutschen Roten Kreuzes, Berlin): „Re: Anfrage DRK-Oberstführer Brekenfeld (1938)“. E-Mail an Ernst Pavelka vom 19.5.2015 17:43 [Archiv FRIARC-KOR]
einen Kreis um den Gruppenführer Josef Baur, der ab November/Dezember 1937 den gesamten Kamaradschaftsausschuss stellte. Der 1896 geborene Josef „Pepi“ Baur war 1929 der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck beigetreten und in der Monatsversammlung vom 16.11.1937 in der Nachfolge von Franz Rohm zum Obmann des Kameradschaftsausschusses gewählt worden. Ab dem Anschluss Österreichs war er bemüht, ein Programm umzusetzen, welches einerseits darin bestand, die Kameraden in nationalsozialistischer Denkungsart zu schulen, um „frischen nationalsozialistischen Geist in die Reihen der Samariterschaft zu tragen“5; andererseits sollte die Ausbildung um soldatische Aspekte erweitert werden, „damit die Samariter hinter den militärisch gut geschulten SS- und SA-Formationen nicht zurückstehen müssen“6. An den Kameradschaftsabenden sollte zudem nationalsozialistisches Liedgut gelehrt und gesungen werden.7 Inwiefern sich dieses Programm tatsächlich umsetzen ließ und inwieweit es die Freiwillige Rettungsgesellschaft Innsbruck ideologisch zu infiltrieren vermochte, ließ sich aufgrund der dürftigen Quellenlage zu den Jahren 1938-1945 nicht klären. Auch das weitere Schicksal von Josef Baur ist unbekannt. In einer Personalliste aus dem Jahre 1964 wird er lapidar als mit 1945 ausgetreten geführt. Personell hatte der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich insofern Folgen, als mit 15.3.1938, also drei Tage nach dem Anschluss, Obmann-Stv. KR Josef Dinkhauser per Schreiben an den Engeren Ausschuss der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck aufgrund seiner politischen Zugehörigkeit von seinen Funktionen zurücktrat und anscheinend auch aus der Gesellschaft ausschied. Dinkhauser war bei der Gemeinderats-Ergänzungswahl im April 1933 als Kandidat für den Bürgerlichen Ständebund von Tirol angetreten.8 In der im Engeren Ausschuss ob des Briefes Dinkhausers ausgebrochenen Diskussion, hatten u. a. Josef Baur und Dr. Viktor Tschamler die Auffassung vertreten, dass ein Ausscheiden Dinkhausers aus der Rettungsgesellschaft unumgänglich sei. Hans Müller und Obmann Leo Stainer vertraten demgegenüber, dass der Rücktritt Dinkhausers nicht besonders dringlich sei. Ob der Ausschluss von zwei weiteren Mitgliedern in derselben Sitzung politische Gründe hatte oder nicht, konnte bis jetzt nicht erhoben werden. Eigenartig mutet an, dass einen Monat später in der letzten Jahreshauptversammlung der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck vom 15.4.1938, zum einen Dinkhauser wieder zum Obmann-Stellvertreter gewählt wurde und zum andern eines der beiden in der Sitzung des Engeren Ausschusses vom 15.3.1938 ausgeschlossenen Mitglieder wegen seiner Verdienste geehrt wurde. Wie dies zu interpretieren ist, ließ sich nicht klären. Jedenfalls hielt Dr. Viktor Tschamler in der in Rede stehenden Sitzung des Engeren Ausschusses in Anschluss an die Diskussion um das Ausscheiden KR Josef Dinkhausers eine Rede auf den Sieg der Deutschen Sache, die mit einem dreifachen Sieg-Heil und einem Treuebekenntnis zum Führer und zur Deutschen Nation endete. Danach wurde der Ankauf eines Führerbildnisses für das Sitzungszimmer beschlossen. Mit dem Überfall Großdeutschlands auf Polen brach am 1.9.1939 der Zweite Weltkrieg aus. 5 31. Jahresbericht der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1937, S. 7 [Archiv OERK-FRI-JAB] 6 31. Jahresbericht der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1937, S. 7 [Archiv OERK-FRI-JAB] 7 Vgl. 31. Jahresbericht der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1937, S. 7 [Archiv OERK-FRI-JAB] 8 Vgl. Hye, Franz-Heinz; Justic, Josefine: Innsbruck im Spannungsfeld der Politik 1918-1938. Berichte – Bilder – Dokumente (Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs; Neue Folge, Bd. 16/17). Stadtmagistrat Innsbruck (Hg.). Innsbruck: Selbstverlag des Stadtmagistrates Innsbruck, 1991, S. 200.
Bereits am 26.8. wurden achtzehn Mitglieder der Ortsstelle Innsbruck des DRK zum Kriegssanitätsdienst eingezogen, später wurden es immer mehr. Die Ausfälle konnten zunächst durch Angehörige der Hitlerjugend ausgeglichen werden. Wie das Aufnahmeprozedere verlief, nämlich ob die Burschen von der Bereitschaft Innsbruck angefordert, von dritter Stelle zugeteilt wurden oder sich selbst meldeten, konnte noch nicht eruiert werden. Die damals Sechzehnjährigen leisteten ihren Dienst jedenfalls im normalen Rettungs- und Krankentransportdienst ab, wurden einige Jahre später aber selbst einberufen. Unter den Hitlerjungen von damals befand sich auch der spätere Obmann der Freiwilligen Rettungsgesellschaft Innsbruck, Ing. Karl Pobitzer. Zusätzlich zu den Hitlerjungen wurden mit den Kriegsjahren mehr und mehr Frauen als Hilfsschwestern in die Reihen der Rettung aufgenommen. Wie schon während des Ersten Weltkriegs bestand die Kriegsdienstleistung der Ortsbereitschaft Innsbruck des Deutschen Roten Kreuzes, die neben dem normalen Rettungs- und Krankentransportdienst durchgeführt wurde, vorerst in der Abwicklung von Verwundetentransporten vom und zum Innsbrucker Hauptbahnhof. Dabei wurden Lazarettzüge ent- und für den Weitertransport der Verwundeten beladen. In einer am Bahnhof eingerichteten Betreuungsstelle versahen Hilfsschwestern über 24 Stunden täglich Dienst. Mit Beginn des Bombenkrieges im Dezember 1943 konnten die Transporte nur noch bei Nacht durchgeführt werden, was durch die unregelmäßigen Zugsfolgen oft stundenlanges Warten bei Nacht und Kälte bedeutete. Nachdem der Innsbrucker Hauptbahnhof als strategisches Hauptziel der alliierten Luftangriffe fast vollständig zerstört wurde, verschärfte sich die Situation, weil die Kriegsversehrten nun zum Haller Bahnhof überführt werden mussten. Gleichzeitig war kein einziges Gebäude der Innsbrucker Klinik unbeschädigt geblieben. Die Transporte erfolgten nun in Ausweichspitäler in Seefeld, Natters und Volderwaldhof. Gerade im Winter stellten dabei die oftmals verschneiten und vereisten Bergstraßen größte Schwierigkeiten dar. Während der Fliegeralarme leisteten die Sanitäter und Hilfsschwestern Dienste in den zahlreichen, in die beidseitigen Talhänge getriebenen Luftschutzstollen. Insgesamt versorgte die Ortsbereitschaft Innsbruck des Deutschen Roten Kreuzes während insgesamt 22 Luftangriffen auf Innsbruck (inkl. Angriff auf den Verschiebebahnhof Thaur vom 14.2.1945) 3.117 Verletzte. Mit dem Kriegsende im Frühjahr 1945 endete die Versorgungsleistung für Militärangehörige nicht schlagartig. Im ehemaligen Arbeitserziehungslager Reichenau wurden von den Rot-Kreuz- Schwestern in 373 Tag- und 428 Nachtdiensten tausende von Heimkehrern betreut. 37 Heimkehrerzüge wurden versorgt und 100 kranke Heimkehrer von Schwestern und Sanitätern aus einem Lazarett in Jugoslawien heimgeholt. Dazu kam die Versorgung durchreisender Heimkehrer mit Hilfe fliegender Ambulanzen, die zu jedem Transport gestellt wurden, sowie die Betreuung von Rücktransporten Ausgewiesener oder Bombenflüchtlingen. Spenden des amerikanischen Roten Kreuzes wurden verteilt und in vier Transporten über tausend Kinder auf ihrem Weg zur Erholung in der Schweiz an die Grenze gebracht.
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