4 Migrants Cities Willkommene Perspektiven - Straßenräume neu denken: Klimaresilienz und Aufenthaltsqualität in der Neckarstadt-Ost - Migrants4Cities

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Migrants 4
           Cities

Willkommene Perspektiven

Straßenräume neu denken:
Klimaresilienz und
Aufenthaltsqualität in der
Neckarstadt-Ost
Willkommene Perspektiven – Migrants4Cities
Urban Design Thinking Prozess

Dokumentation des UrbanLab #1 am 17. und 18. Juli 2020
4 Migrants Cities Willkommene Perspektiven - Straßenräume neu denken: Klimaresilienz und Aufenthaltsqualität in der Neckarstadt-Ost - Migrants4Cities
Dieses Forschungsvorhaben wird mit Mitteln des Bundesministeriums für
Bildung und Forschung (BMBF) im Förderschwerpunkt Sozial-ökologische
Forschung (SÖF) gefördert.
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Impressum
      Institut für Stadt- und Regionalplanung
      Fachgebiet Bestandsentwicklung und         Kontakt: Prof. Elke Pahl-Weber
      Erneuerung von Siedlungseinheiten, Sek. B7          Kilian Flade
      Hardenbergstraße 40a                                @: migrants4cities@isr.tu-berlin.de
      10623 Berlin                                        Tel.: + 49 ·(0)30 · 314 28118
      www.bestandsentwicklung.tu-berlin.de

      Stadt Mannheim
      Referat Strategische Steuerung             Kontakt: Christian Hübel
      Rathaus E5                                          Claudia Möller
      68159 Mannheim                                      @: migrants4cities@mannheim.de
      www.mannheim.de                                     Tel.: +49 · (0)621 · 293 2006

      inter 3 GmbH
      Institut für Ressourcenmanagement          Kontakt: Dr. Susanne Schön
      Otto-Suhr-Allee 59                                  Helke Wendt-Schwarzburg
      10585 Berlin                                        @: koordination@inter3.de
      www.inter3.de                                       Tel.: +49 · (0)30 · 34 34 7446

      insar PartG
      gesellschaft für stadtplanung,             Kontakt: Marcus Jeutner

                                                                                                  Die Teilnehmenden werden auf Wunsch mit vollständi-
                                                                                                    gem Namen oder nur mit ihrem Vornamen genannt.
      architektur und regionalberatung                    Laura Bornemann
      Möckernstraße 111                                   @: udt@insar.de
      10963 Berlin                                        Tel.: +49 · (0)30 · 69 40 1744
      www.insar.de

      Teilnehmer*innen: Marion Becker, Merle Brand, Maria Fix, Verena Frank, Christin Fuchs,
      Sabrina Hoffmann, Svetlana Karjakin, Dr. Rajya Kar-umanchi-Dörsam, Gisela Kerntke, Ulrike
      Kleemann, Benjamin Klingler, Beate Krahl, Jeremy Kuhnle, Leonie Trefs, Anke Schmahl, Dr.
      Tobias Vahlpahl, Leonhard Weiche, Chiara Welte
      Coaches: Marcus Jeutner, Jöran Mandik, Anna Viola Toprani-Szabó
      Satz & Layout: TU Berlin, Laura Bornemann, Marcus Jeutner
      Titelbild: Marcus Jeutner, 2020 / Bild auf Rückseite: Marcus Jeutner, 2020
                                                      Mannheim/Berlin, September 2020
4 Migrants Cities Willkommene Perspektiven - Straßenräume neu denken: Klimaresilienz und Aufenthaltsqualität in der Neckarstadt-Ost - Migrants4Cities
4 Migrants Cities Willkommene Perspektiven - Straßenräume neu denken: Klimaresilienz und Aufenthaltsqualität in der Neckarstadt-Ost - Migrants4Cities
Inhaltsverzeichnis

1. Begrüßung und Ziele                                                           7
   Einführung der Projektpartner*innen

2. Klima und Urban Design Thinking                                              11
   Beschreibung des Arbeitsprozesses

3. Stadtklima im Fokus                                                          17
   Mannheims Klima

4. Lange Rötterstraße                                                           23
   Vom Ort zum Erledigen zum Ort zum Flanieren

5. Umfeld Uhland-Schule                                                         37
   Ein moderner Platz mit Freizeitmöglichkeiten für verschiedene Generationen

6. Wohnumfeld Neckarstadt-Ost                                                   49
   Vielfältige Begegnungsorte, die zum Verweilen einladen

7. Ausblick                                                                     63
   Wie es weiter geht
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Foto: Jöran Mandik (2020)
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1. Begrüßung und Ziele
  Einführung der Projektpartner*innen

                                        7
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Ideen für die Neckarstadt-Ost

Christian Hübel

Start der UrbanLabs in Zeiten von      arstadt-Ost wurden hier formuliert.
Covid-19                               Daraus entwickelte sich im Quar-
Migrants4Cities geht weiter! Die       tier und in der Politik eine Dynamik
2016 erfolgreich gestartete Arbeit     von Vorschlägen unterschiedlicher
mit der TU Berlin und inter 3, Ins-    Interessen- und Zielgruppen. Diese
titut für Ressourcenmanagement         Dynamik zu nutzen und Akteur*in-
aus Berlin, fand am 17. und 18.        nen vor Ort einzubinden, um mit
Juli seine Fortsetzung mit Ideen für   dem UDT in drei UrbanLabs umset-
die Neckarstadt-Ost. Im November       zungsfähige Lösungen für die Neck-
2019 konnte die erfolgreiche drei-     arstadt-Ost zu finden, ist das Ziel bei
jährige Zusammenarbeit fortgesetzt     Migrants4Cities Phase II.
werden. Zwei Jahre haben wir nun       Doch dann kam Covid-19 und damit
die Möglichkeit die Methode des        die Frage, ob es unter Pandemiebe-
Urban Design Thinking (UDT) in         dingungen überhaupt möglich ist Ur-
einem kompakteren Format zu tes-       banLabs durchzuführen. Es ist mög-
ten und Ideen für eine nachhaltige     lich! Der Sommer kam uns zugute
Stadtentwicklung zu finden. Anders     und so entstand die Idee ein Urban-
als in der ersten Phase war uns klar   Lab im Freien an der Multihalle im
– ein kompakterer Prozess braucht      Herzogenriedpark zu organisieren.
konkreterer Vorgaben. Zum einen        Ein Hygienekonzept wurde geschrie-
bezogen auf den Raum, zum ande-        ben und an alle Teilnehmer*innen
ren auf das Thema. Das Thema der       verschickt. Die Arbeit im Freien bot
zweiten Förderphase „Klimaresilienz    die Möglichkeit alle Abstands- und
und Aufenthaltsqualität im öffentli-   Hygieneregeln einzuhalten. Doch
chen Raum“ basiert auf der Lösung      nicht nur das. Die besondere Atmo-
„Menschen² - Straßen neu nutzen“       sphäre der Arbeit im Grünen hat die
der Arbeitsgruppe Mobilität und war    Teilnehmer*innen motiviert und nicht
schnell gefunden.                      nur für gute Stimmung, sondern für
Doch welches Untersuchungsgebiet       erste kreative Ideen gesorgt, an de-
kam in Frage? Der Beteiligungs-        nen im nächsten UrbanLab weiter-
haushalt 2019 gab den Impuls. Erste    gearbeitet werden kann. Lassen Sie
Ideen zu einer Verkehrsentlastung      sich überraschen!
der Lange Rötterstraße in der Neck-

                                                                                 9
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Foto: Marcus Jeutner (2020)
2. Klima und Urban Design Thinking
  Beschreibung des Arbeitsprozesses

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Gleiches Engagement – Neues Thema – Neuer Prozess

Kilian Flade

Das Thema: „Klimaresilienz und           schen Bedingungen bewältigen, die      Der Urban Design Thinking
Aufenthaltsqualität im öffentli-         sich insbesondere durch Hitzewel-      Prozess
chen Raum“                               len, Trockenperioden und Starkrege-    Der von der TU Berlin entwickelte
Das erste UrbanLab der zweiten           nereignisse ausdrücken. Ebendiese      Prozess des Urban Design Thinking
Phase des Projekts Migrants4Ci-          extremen Ereignisse werden in der      wurde für diese zweite Phase des
ties fand am 17. und 18. Juli 2020       Zukunft noch häufiger auftreten.       Projekts Migrants4Cities überarbei-
im Herzogenriedpark in Mannheim          Die Herausforderung für die Teilneh-   tet und leicht komprimiert. Aus ehe-
statt. Dabei arbeiteten 18 Bürger*in-   mer*innen des UrbanLabs war es         mals neun eintägigen UrbanLabs in
nen sowie Akteur*innen aus der           also, die Themen Aufenthaltsqualität   der ersten Phase des Projekts wur-
Neckarstadt-Ost und Vertreter*innen      sowie Klimaresilienz auf den Unter-    den drei zweitägige UrbanLabs.
aus Verwaltung, Wissenschaft und         suchungsraum Lange Rötterstraße        Der Prozess liefert den methodi-
Kultur gemeinsam an Lösungside-         in der Mannheimer Neckarstadt-Ost      schen Rahmen für die Arbeit in
en zum Thema „Klimaresilienz und         anzuwenden. Ein Raum, der bereits      den UrbanLabs. Gemeinsam und
Aufenthaltsqualität im öffentlichen    von den Auswirkungen von Klima-        auf Augenhöhe arbeiten in diesem
Raum“.                                   veränderungen betroffen ist. So sind   ko-kreativen Prozess Bürger*innen
Unter dem Begriff „Aufenthaltsqua-       insbesondere die zunehmende Be-        sowie Akteur*innen aus der Neck-
lität“ können sich viele direkt etwas    lastung der Straße durch Hitzeinseln   arstadt-Ost und die Vertreter*innen
vorstellen: Ein schattiger, kühler,      zu nennen, wie der Lufttemperatur-     aus Verwaltung, Wissenschaft und
angenehmer Platz in der Stadt, der       karte der Mannheimer Stadtklima-       Kultur gemeinsam an Lösungsideen.
zum Verweilen einlädt, beispielswei-     analyse zu entnehmen ist. Die Lange    Untergliedert ist der Prozess in ver-
se. Das Wort „Klimaresilienz“ hinge-     Rötterstraße ist darüber hinaus eine   schiedene Phasen, von „Verstehen“
gen ist noch weniger bekannt. Dabei      wichtige Straßenverbindung in der      („Understand“) über „Empathie &
wird es für unsere Städte immer          Neckarstadt-Ost, die verschiedenen     Definieren“ („Empathize & Define“)
wichtiger. Man versteht darunter die     Ansprüchen ganz unterschiedlicher      und „Ideen finden“ („Ideate“) bis
Fähigkeit von Systemen oder Struk-       Akteur*innen genügen muss. Sie         „Prototypen entwickeln“ („Prototy-
turen, sich nach einem Schockereig-      bietet aktuell noch viel ungenutztes   pe“), „Prototypen testen“ („Testing“)
nis von selbst wiederaufzurichten.       Potenzial für Aufenthaltsqualität,     und „Business Model“. In den ein-
Für Städte bedeutet das, auf die         was den Beobachtungsraum rund          zelnen Phasen arbeiten die Teams,
schockartigen Auswirkungen des vo-       um die Lange Rötterstraße zum ide-     angeleitet durch Coaches, gemein-
ranschreitenden Klimawandels vor-        alen Betrachtungsfeld für den Urban    sam von der ersten Phase der Be-
bereitet zu sein, um darauf reagieren    Design Thinking Prozess macht.         darfsermittlung bis zur Umsetzung
zu können. Schon jetzt müssen un-                                               von Ideen. Das Verwerfen von Ideen
sere Städte die veränderten klimati-                                            und erneut einige Schritte im Pro-

                                                                                                                        13
zess zurückgehen ist dabei wichtiger    Personen, die im angrenzenden
     Bestandteil der Arbeit.                 Wohngebiet wohnen. Wieder eine
     In dem ersten UrbanLab wurden die       andere Perspektive bringen mitunter
     ersten vier Phasen des Urban De-        die Nutzer*innen des Platzes vor der
     sign Thinking Prozesses durchlau-       Uhland-Schule, bspw. Schüler*innen
     fen. Am ersten Tag des UrbanLabs        oder Lehrer*innen, mit ein.
     wurden in den Teams das vorhan-
     dene Wissen erfasst, anhand von
     Beobachtungen und Interviews in
     der Neckarstadt-Ost Schlüsse ge-
     zogen sowie „Personas“ entwickelt,
     die eine persönliche Fokussierung
     von Bedarfen ermöglichen. Darauf
     aufbauend wurden am zweiten Tag
     Ideen für die Personas entwickelt
     sowie in der Phase des „Prototyping
     entwickeln“ die Ideen gebastelt.

     Die drei Teams
     Die 18 Teilnehmer*innen des Urban-
     Labs arbeiteten in drei Teams alle an
     derselben Herausforderung, jedoch
     an unterschiedlichen Räumen in der
     Neckarstadt-Ost:
       • Lange Rötterstraße
       • Platz vor der Uhland-Schule
       • Straßen zwischen Lange Rötter-
         straße und Käfertaler Straße
     Diese Aufteilung auf drei unter-
     schiedliche Räume fördert vielfälti-
     ge Lösungsansätze und ermöglicht
     die zielgenaue Betrachtung von
     den unterschiedlichen Herausfor-
     derungen im Untersuchungsgebiet.
     So haben Geschäftsinhaber*innen
     auf der Lange Rötterstraße (mög-
     licherweise) andere Bedarfe als

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Foto: Kilian Flade (2020)
3. Stadtklima im Fokus
  Mannheims Klima

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Stadtklima im Fokus

Claudia Möller

Steigende Temperaturen und Ext-         Die Niederschläge sind in den             über 30°C erreicht. Der Jahresni-
remwetterereignisse nehmen zu. Das      vergangenen hundert Jahren in             ederschlag entsprach 2019 dem
Klima verändert sich! Seit Beginn der   Deutschland gestiegen und liegen          Durchschnitt in Baden-Württemberg.
Messungen im Jahr 1881 ist die Jah-     bei 789 mm pro Jahr. Dabei gibt es        Allerdings konnten die durch das
resmitteltemperatur in Deutschland      allerdings große regionale und sai-       Dürrejahr 2018 reduzierten Wasser-
um 1,6°C gestiegen. 2018 war das        sonale Unterschiede. Beobachtet           reserven nicht vollständig aufgefüllt
wärmste jemals gemessene Jahr.          werden kann eine stärkere Ausprä-         werden und die Grundwasserstände
Seit den 50er Jahren ist die Zahl der   gung der Starkregenereignisse. Die        zählen weiterhin zu den niedrigsten
heißen Tage über 30°C von durch-        Zahl schwankt jedoch von Jahr zu          seit 1913.
schnittlich 3 auf inzwischen 9 Tage     Jahr und ist mit durchschnittlich 5 Ta-
bundesweit gestiegen. Gleichzeitig      gen noch relativ selten. Trockenperi-     Die Situation in Mannheim
gingen die sogenannten Eistage mit      oden, d.h. mindestens 10 Tage ohne        Die hier aufgeführten Daten stam-
Temperaturen unter 0°C kontinuier-      Niederschlag kommen statistisch 1,3       men von der Messstation des Deut-
lich zurück. Für die Zukunft geht der   Mal pro Jahr vor.                         schen Wetterdienstes auf der Vogel-
Deutsche Wetterdienst von einem         Langfristig (bis 2100) rechnet der        stang, die nicht im Zentrum, sondern
weiteren Anstieg der Temperaturen       DWD mit einer Zunahme der Nieder-         am Stadtrand liegt.
aus und unterscheidet dabei zwei        schläge um 6 Prozent.                     Zwischen 2001 und 2019 stiegen die
Szenarien. Unter Einhaltung des         Wie sieht es mit dem Klima im Süd-        Jahresmitteltemperaturen kontinu-
Pariser Klimaabkommens rechnen          westen aus? Seit 1881 stiegen die         ierlich an, auch wenn es Ausschläge
die Wissenschaftler*innen mit einem     Temperaturen in Baden-Württem-            nach unten gab. Ihren Höhepunkt er-
Anstieg von 1,1°C, bei einem „Wei-      berg um 1,5°C. Dabei ist zu berück-       reichte die Durchschnittstemperatur
ter-wie-bisher“ könnten die Tempera-    sichtigen, dass die Durchschnitt-         im Jahr 2018 mit 13,2°C. In diesem
turen um 3,8°C ansteigen.               stemperatur in den Sommermonaten          auch als Dürrejahr bezeichneten
Die Städte sind aufgrund ihrer Be-      bspw. im Oberrheingraben mit 18°C         Jahr zählte Mannheim insgesamt
bauung und der Emissionswerte von       schon deutlich über dem deutsch-          111 Sommertage mit Temperaturen
diesem Trend in besonderer Weise        landweiten Durchschnitt von 16,3°C        über 25°C und 45°C heiße Tage, an
betroffen. Der hohe Versiegelungs-      liegt und die Zahl der heißen Tage        denen das Thermometer 30°C und
grad und die geringere Vegetation       mit 13 pro Jahr die 9 Tage bundes-        mehr anzeigte. Diese Höchstzahl an
speichern die Wärme. Die Wind-          weit überschreitet.                       heißen Tagen wurde in Mannheim
geschwindigkeiten sind geringer.        2019 war mit 9,9°C das drittwärms-        nur 2003 mit 52 Tagen übertroffen.
Zudem erhöht der hohe Versiege-         te in Baden-Württemberg seit Be-          Auch in Mannheim sind, wie bun-
lungsgrad die Gefahr von Über-          ginn der Wetteraufzeichnungen.            desweit die höchsten Niederschläge
schwemmungen.                           An 17 Tagen wurden Temperaturen           in den Sommermonaten zu messen.

                                                                                                                          19
Im Zeitraum von 1998 – 2020 war          • Vogelstang                            Quellen
     der Juli mit 21,5 l der regenreichste    • Gartenstadt                           • DWD Wetterlexikon https://
     Monat. Insgesamt ist ein leichter An-    • Schönau                                 www.dwd.de/DE/service/lexi-
     stieg zu verzeichnen. Lagen die Jah-     • Blumenau                                kon/Functions/glossar.html?l-
     reswerte zwischen 1961 und 2000         Die Stadtklimaanalyse wird derzeit         v2=102248&lv3=102558
     noch bei 668 mm, stiegen sie in den     aktualisiert und soll noch in diesem     • DWD (2020): Nationaler Klimare-
     Jahren 2001 – 2011 auf 702 mm an.       Jahr vorliegen und eine der Grundla-       port. 4. korrigierte Auflage, Deut-
     Besondere Jahre waren 2002, wo          gen für die weitere stadtplanerische       scher Wetterdienst, Potsdam,
     das durchschnittliche Niederschlag-     Entwicklung in den nächsten Jahren         Deutschland, 54 Seiten. Stand
     saufkommen mit 140% deutlich            sein. (Stadt Mannheim (2010): Stadt-       Errata 8. Juni 2020
     überschritten wurde, während die        klimaanalyse 2010 – Zusammenfas-         • Landesanstalt für Umwelt
     Jahre 2003 und 2018 mit 75 % deut-      sung der wichtigsten Ergebnisse)           Baden-Württemberg (LUBW)
     lich darunter lagen.                    Doch nicht nur die Stadtklimaanalyse       (2020): Wieder außergewöhnlich
     Die Stadtklimaanalyse von 2010          2020 ist Grundlage für das Handeln         warm und heiß, mit Nachwirkun-
     der Stadt Mannheim unterteilt das       der Verwaltung. Im April vergan-           gen des Trockenjahrs 2018 –
     gesamte Stadtgebiet in thermisch        genen Jahres verabschiedete der            Eine klimatische Einordnung des
     sehr günstige und sehr ungünstige       Gemeinderat das „Konzept zur Kli-          Jahres 2019 in Baden-Württem-
     Bereiche. Unterschieden werden          mafolgenanpassung“, das in einem           berg, Stand 28. Februar 2020
     insgesamt fünf thermische Zonen.        breiten Beteiligungsprozess erarbei-     • Stadt Mannheim (2019): Konzept
     Im Vergleich zu den Messungen im        tet wurde.                                 Anpassung an den Klimawandel
     Jahr 1985 erhöhte sich der Anteil der   Vor allem die Wetterextreme, so ist        in Mannheim
     weniger günstigen bis sehr ungünsti-    im Konzept zu lesen, haben in den        • Tagesdatenarchiv des Deut-
     gen thermischen Umgebungsbedin-         vergangenen Jahrzehnten deutlich           schen Wetterdienstes, Station
     gungen im Stadtgebiet von 29,2%         zugenommen. Die Hitzeperioden mit          Mannheim-Vogelstang
     auf 35,6%.                              anhaltender Trockenheit werden sich
     Nach Auswertung der Lufttempera-        fortsetzen und sogar deutlich zuneh-     Weitere Informationen:
     turmessfahrten und Thermalbildbe-       men. Besonders die Starkregentage        • https://www.mannheim.de/sites/
     fliegungen wurden 2010 folgende         haben in Mannheim um 23,8% zu-             default/files/page/74508/stadtkli-
     Stadtbereiche als bioklimatisch sehr    genommen (Vergleich der Zeiträume          maanalyse_ma2010_bericht.pdf
     stark belastet identifiziert:           1981-2010 und 1961-1990; Starkre-        • https://www.mannheim.de/
       • Mannheimer Quadrate                 gentag hier definiert als Tag mit mehr     sites/default/files/2019-04/
       • Neckarstadt Schwetzingerstadt       als 25 mm Niederschlag [UM, 2017]).        Konzept_Anpassung%20an%20
       • Jungbusch                           Die Wissenschaft rechnet bis 2100          den%20Klimawandel%20in%20
       • Handelshafen                        mit einer weiteren Zunahme der An-         Mannheim.pdf
       • GE-/GI-Flächen im Lindenhof         zahl und Intensität (Stadt Mannheim      • https://www.mannheim-ge-
     Bioklimatisch günstig hingegen sind     (2019): Konzept Anpassung an den           meinsam-gestalten.de/dialoge/
     die Stadtteile                          Klimawandel in Mannheim, S. 4).            mitmachen-bei-der-klimafol-

20
genanpassung?field_map_disc_
  cat_color_target_id=All&pa-
  ge=1#dz-content-list
• https://www.mannheim-ge-
  meinsam-gestalten.de/dialoge/
  beduerfnisse-und-massnah-
  men-bei-hitze#dz-content-list

                                  21
22
Foto: Marcus Jeutner (2020)
4. Lange Rötterstraße
  Vom Ort zum Erledigen zum Ort zum Flanieren

                                                23
24
Lange Rötterstraße

Marcus Jeutner

Teilnehmer*innen

 Name                                 Institution
 Chiara Welte                         kompass Hochschule Mannheim (Tutorin)
 Christin Fuchs                       Eh. Elternbeiratsmitglied Uhland-Schule
 Beate Krahl                          Kindergarten Melanchton
 Benjamin Klingler                    Quartiermanagement Wohlgelegen
 Leonhard Weiche                      Stadt Mannheim, Stadtplanung
 Ulrike Kleemann                      Stadt Mannheim, Stadtplanung

Understand
In einem ersten Schritt diskutierte   und ihre Straßenräume wieder eine         dort wenig Platz für individuelle Be-
das Team die Begriffe „Klimaresili-   größere Wertschätzung. So wird der        wegung. Das liege zum einen an
enz“ und „Lebensqualität“ in Bezug    kleinteilige „Kiez-Charakter“ neu ent-    der großen Zahl der Nutzer*Innen
auf die Lange Rötterstraße. Dabei     deckt und immer öfter der Wunsch          und Nutzungen. Auch hier ist eine
versuchte es das Wesen der Straße     zum Ausdruck gebracht, Straßen            Zweiteilung spürbar. Der westliche
greifbar zu machen. Dabei standen     wieder mehr zu lebendigen Orten           Teil ist durch die hier vorhandenen
überwiegend Fragen der Aufent-        werden zu lassen. Insbesondere            Geschäfte deutlich lebendiger als
haltsqualität und der verschiedenen   das Gemeinschaftsleben soll wieder        der grüne Bereich im Osten.
Atmosphären im Mittelpunkt der Dis-   mehr raus auf die Straße gebracht         Das Hauptproblem stelle jedoch der
kussion.                              werden, wodurch vielen Anwoh-             Verkehr dar. Das gegenwärtige Ver-
                                      ner*innen die Aufenthaltsqualität         kehrskonzept sei nach Meinung aller
Trends                                wieder wichtiger sei. Ein „Weiter so!“    Teilnehmer*innen für alle Beteiligten
Als genereller Trend wurde eine       scheint für viele keine Option.           unbefriedigend. Das Konzept wird
ein Perspektivwechsel bei vielen                                                als rückwärtsgewandt und durch
Mannheimer*innen benannt, der         Fakten                                    seine Autozentriertheit als über-
sich durchaus auch in einer Verän-    Prägend empfinden die Teilneh-            holt bezeichnet. Die mangelhafte
derung von Lebensgewohnheiten         mer*innen in der Lange Rötterstra-        Organisation des Verkehrs führe
und -einstellungen äußere. Hierzu     ße den historischen Baumbestand,          in geschäftigen Zeiten zu einem
gehört bspw. ein verändertes Mo-      insb. im östlichen Teil. Hier sei es      „Gewusel“, welches die Aufenthalts-
bilitätsverhalten (mehr Fahrräder).   im Sommer auch spürbar kühler als         und Nutzungsqualität der gesamten
Auch erfahren die Neckarstadt-Ost     im westlichen Teil. Jedoch existiere      Straße beeinträchtige. In den Cafés

                                                                                                                        25
blickt man zudem direkt auf eine       Dieser sei jedoch durch Altglas-Con-   Als einzubindende        Expert*innen
     lange Reihe parkender Autos. Die       tainer, Stromkästen und Hundekot       wurden benannt:
     Straße selbst verfügt über keinen      nicht nutzbar und unattraktiv.          • Stadtpolitik
     Anschluss an öffentliche Verkehrs-     Ein großes Manko in der Straße sei-     • Stadtverwaltung
     mittel, die angrenzenden Quartiere     en Orte zum Verweilen. Zwar existie-    • Fachleute
     seien jedoch weitestgehend gut er-     ren hier auch Cafés und Kioske, Orte
     reichbar.                              zum Aufenthalt ohne Konsumieren        Empathize & Define
     Fakt sei außerdem, dass insbeson-      zu müssen fehlen jedoch. Die weni-     Um die eigenen Annahmen zu veri-
     dere der grüne Bereich der Straße      gen existierenden Orte seien jedoch    fizieren und weitere Erkenntnisse zu
     hinter seinen Möglichkeiten zurück-    durch besondere Nutzer*innengrup-      generieren, teilte sich das Team in
     bleibe. Dies läge an:                  pen negativ besetzt, bspw. die als     kleinere Gruppen auf und besuchte
      • Zugeparkte Baumscheiben,            „Trinkertreppe“ bezeichnete Me-        die Lange Rötterstraße. Vorab ent-
         Gehwegen an Straßenecken und       lanchton-Treppe .                      schied sich das Team, ihren Fokus
         Ausfahrten                                                                insbesondere auf Fragen der Be-
      • Baumscheiben als Ablagefläche       Nutzer*innen und Zielgruppen           wegung, des Verweilens und der
         für Sperrmüll                      Besonders betroffen von den Defi-      Nutzungen zu legen. Wer verbringt
      • Schlaglöcher                        ziten in der Straße seien ältere und   in der Straße mit welcher Motivati-
      • Kein Platz zum Abstellen von        sehr junge Menschen. Insbesondere      on Zeit? Was stört sie dabei? Was
         Fahrrädern und Kinderwagen         die mangelnde Barrierefreiheit und     könnte ihnen helfen? Was schätzen
      • Geschäfte sind nur über Stufen      Unübersichtlichkeit des Verkehrs       sie an der Straße? Wo genau exis-
         betretbar                          würden sie beeinträchtigen. Jedoch     tieren Nutzungskonflikte und Barri-
      • Nur wenige Querungsmöglich-         sei eine zunehmende Polarisierung      eren? Dies waren Eingangsfragen,
         keiten mit Ampeln oder Fußgän-     zwischen den „Status-quo-Befürwor-     die die Teilnehmer*innen mit in das
         gerüberwegen                       tenden“ und denen, die Veränderun-     Gebiet nahmen.
      • Schmale Fußwege                     gen wollen festzustellen.
      • Fahrradfahrer*innen auf Fußwegen                                           „Mannheimer Kiez“
                                            Kernzielgruppen seien                  Die zentrale Beobachtung des
     Orte                                    • Anwohner*innen                      Teams ist, der Charme der ihnen
     In der Lange Rötterstraße existieren    • In der Straße Arbeitende            eigentlich bekannten Straße. Immer
     Orte, die sich im Sommer aufgrund       • Inhaber*innen und Betreiber*in-     wieder betonten Gesprächspart-
     der dichten Bebauung und dem ho-          nen von Gewerbeeinheiten            ner*innen diesen. Mit ihrer kleinteili-
     hen Grad der Versiegelung des Stra-     • Personen, die in der Straße         gen Mischung aus Wohnen und Ge-
     ßenraumes sowie dem Fehlen an             ausgehen                            werbe, mit den Straßencafés, Kitas,
     Grünflächen und Bäumen stark auf-       • Personen, die mittags in der        Kirchen und Schulen bezeichneten
     heizen. Der Raum vor der Kirche an        Straße etwas essen wollen,          einige diesen Bereich als „Berliner
     der Moselstraße wurde hier mehr-          bspw. Schüler*innen oder Ange-      Kiez“. Die Lebendigkeit der Straße
     fach als Potenzialraum genannt.           stellte des Klinikums               wurde immer wieder positiv benannt

26
und manch einer, der bald wegzie-        geht er über in einen geschäftigen     Verweilen und Barrieren
hen würde, äußerte sich wehmütig.        Teil mit kleinen Bäumen. Die Sze-      Da es kaum öffentliche und kosten-
Als Hauptziele wurden – insb. von        nerie, wenn man vom Alten Mes-         lose Sitzgelegenheiten gibt, sitzen
Autofahrer*innen – die Post und          splatz kommend vor der Schule          ältere Menschen hin und wieder auf
die Apotheke genannt. Diese hat-         um die Kurve biegt, wurde immer        Fensterbänken von Schaufenstern,
ten während des Aufenthaltes des         wieder als eine der schönsten          um sich auszuruhen. Andere Orte
Teams in der Straße auch die stärks-     Straßensituationen      Mannheims      zum Verweilen gibt es für sie nicht –
te Frequentierung. Trotz der positi-     beschrieben. Überraschend war          wenn sie nichts konsumieren wollen.
ven Grundstimmung in der Straße          hier, dass deshalb viele Besu-         Auch in Geschäfte können sie nicht
wurde schnell deutlich: hier wird        cher*innen von Außerhalb Mann-         ohne weiteres gelangen, da man
erledigt, nicht flaniert. Menschen       heims gezielt in die Lange Rötter-     hierzu mindestens eine Stufe über-
kommen zielgerichtet aus einem           straße fahren, um dort in Bars oder    winden müsse. Das Einkaufen ist für
bestimmten Anlass und verlassen          Cafés zu gehen. Insgesamt wurde        Ältere oder Menschen mit körperli-
die Straße anschließend wieder.          immer wieder das große Potenzial       chen Einschränkungen nicht einfach
Flanieren findet trotz des Rahmens       der Straße mit ihren großen Bäu-       machbar. Manch ein Geschäft hat
nicht statt. Hierzu fehlen zuweilen      men genannt.                           am Seiteneingang eine Klingel an-
Verweilmöglichkeiten. Zwar existie-      Dem gegenüber steht eine Innen-        gebracht, über den Kund*innen ei-
ren einige Cafés, jedoch seien diese     perspektive der Anwohner*innen.        nen ebenerdigen Einlass durch den
für einige zu teuer und kostenlose       Zwar wurden auch hier viele posi-      Hintereingang erfragen können.
Verweilmöglichkeiten, wie etwa           tive Meinungen zur Lange Rötter-       Zu beobachten ist auch, dass Cafés
Bänke, fehlten völlig. Während des       straße gesammelt, jedoch wurde         und Geschäfte nach Außen drängen
Besuchs wurden überwiegend ältere        sie auch immer wieder als laut         und versuchen, den Gehweg als
Menschen angetroffen, was aller-         und hektisch bezeichnen. Über-         Aufstell- oder Gastronomiefläche zu
dings auch an der Tageszeit gelegen      raschend war aber eine anfäng-         benutzen.
haben könnte. Diese bemängelten          liche Emotionslosigkeit. „Ist halt
fehlende Rastmöglichkeiten.              die Rötterstraße. Die Innenstadt       Fließender Verkehr
                                         ist schlimmer.“ Erst nach weiteren     Der Verkehr in der Lange Rötter-
Innen- und Außenperspektive              Nachfragen wurden Probleme be-         straße wurde immer wieder als
Der alte Platanenbestand wurde           nannt oder Veränderungswünsche         Hauptkritikpunkt benannt. So kommt
als großer Wert benannt. Der ma-         geäußert. Insbesondere der ge-         es immer wieder zu Konflikt- und
che jedoch auch regelmäßig Dreck         schäftige Teil wird als grau, häss-    Gefahrensituationen zwischen ver-
und sorgt somit zumindest zeitwei-       lich und laut beschrieben. Dies lie-   schiedenen Verkehrsteilnehmer*in-
se auch für Unmut bei bestimmten         ge insbesondere am Verkehrslärm.       nen. Fußgänger*innen beklagen das
Nutzer*innengruppen. Die Straße           • Autos zu schnell                    hohe Aufkommen im Fahrrad- und
ist zweigeteilt: es existiert ein grü-    • Verkehr zu laut                     Autoverkehr. Sie fühlen sich auf den
ner, ruhiger Teil mit einigen Cafés       • Zu wenige Übergänge zum             engen Gehwegen unsicher, wenn ih-
im Osten. Vor der Uhlandstraße               Queren der Straße                  nen Fahrradfahrer*innen begegnen.

                                                                                                                        27
Diese wiederum fühlen sich auf der     dass Anwohner*innen am Verlassen        In der Diskussion wurde dem Team
     Straße vom Autoverkehr gestört –       des Hofes im eigenen Auto gehin-        mehr und mehr bewusst, dass Auf-
     sei es von zu schnellen Autos oder     dert werden.                            teilung und Struktur des Straßen-
     zu langsamen, welche einen Park-       Überraschend war die Erkenntnis,        raums das grundsätzliche Problem
     platz suchen und sie zu Ausweich-      dass offenbar viele der befragten       in der Lange Rötterstraße darstellen.
     manövern zwingen („Boah! Ich wäre      Gewerbetreibenden keine Sorge
     dem Auto beinahe hinten reingefah-     hatten, weniger Autoverkehr oder        Die gesammelten Eindrücke und
     ren!“). Generell scheint das Parken    Parkplätze könnten ihrem Geschäft       Perspektiven wurden in Form dreier
     in zweiter Reihe ein generelles Pro-   schaden. Sie sagten, dass viele ihrer   Personas visualisiert. Diese symbo-
     blem zu sein.                          Kunden sowieso ohne Auto kämen.         lisieren insbesondere die Bedarfe
     Zwar sind die Geh- und Fahrradwe-      Vielmehr sahen einige von ihnen so-     dreier Personengruppen: Ältere
     ge in diesem Bereich durch Schilder    gar die Chance, dadurch mehr Lauf-      und junge Menschen sowie lokale
     ausgewiesen, es kommt jedoch im-       kundschaft gewinnen zu können.          Gewerbetreibende. Diese wurde ge-
     mer wieder zu Missverständnissen.                                              wählt, da sie gewisser Maßen spe-
     Die unklare Situation führt immer      Erste Erkenntnisse, Personas            zielle Bedarfe und Ansprüche an die
     wieder zu energischen Wortwech-        und Point of View                       Lange Rötterstraße haben, deren
     seln zwischen den Verkehrsteilneh-     Im folgenden Schritt wurden die         Lösung auch der breiten Mehrheit
     mer*innen und zu einem Gefühl der      Beobachtungen und Interview-Er-         der Nutzer*innen zugutekämen.
     Unsicherheit. Insgesamt wünschen       gebnisse aus verschiedenen Blick-
     sich aber fast alle befragten Fuß-     winkeln betrachtet und erste Er-
     gänger*innen weniger Autoverkehr       kenntnisse formuliert.
     und mehr Rad- und Fußverkehr in        Ich frage mich, ob das bedeutet,
     der Straße.                            dass…
                                             …Besucher*innen nur den grünen
     Ruhender Verkehr                          Teil wahrnehmen?
     Neben den Auswirkungen des flie-        …Die Atmosphäre in der Straße
     ßenden Verkehrs werden immer              positiv, die Funktionalität aber
     wieder Probleme mit dem ruhenden          mangelhaft ist?
     Verkehr benannt. Da oft alle Park-      …die Straße generell zweigeteilt
     plätze belegt seien, parken viele         ist?
     Besucher*innen und Lieferant*innen      …es vor Ort kein Bewusstsein für
     in zweiter Reihe, in Kreuzungsbe-         die Bedeutung der Straße gibt?
     reichen oder auf dem Gehweg. In         …es generell auch die Bereitschaft
     jedem Fall beeinträchtigen Sie damit      gibt, Stellplätze und Autoverkehr
     alle anderen Verkehrsteilnehmer*in-       zu reduzieren?
     nen. Auch Einfahrten zu den Höfen       …die Verkehrsorganisation das
     werden regelmäßig zugeparkt, so           Hauptproblem ist?

28
Astrid, 42 Jahre                           Roswita, 72 Jahre & Merle, 6 Jahre       Es wäre hilfreich für Astrid, Ros-
Astrid hat zwei Kinder und betreibt in     Roswita ist Merles Großmutter.           wita und Merle...
der Lange Rötterstraße ein kleines         Beide wohnen in einem Haus in                   ...wenn der Straßenraum so
Geschäft für Geschenke und Kunst-          der Lange Rötterstraße. Roswita                 organisiert würde, dass ent-
handwerk. Sie wohnt in dritter Reihe       betreut ihre Enkelin an zwei Nach-              spanntes „Flanieren“ in der
in Richtung Neckar. Ihre Kund*innen        mittagen pro Woche und geht mit          Lange Rötterstraße wieder möglich
kommen überwiegend von außer-              ihr im Sommer gern zum „Adria“ ein       wäre. Das bedeutet, dass…
halb, generell hat sie aber viel Lauf-     Eis essen. Merle nimmt dabei stets        • Kinder sicher unterwegs sein

!                                          !
kundschaft.                                Schlumpfeis.                                könnten,
    Sie weiß eigentlich nicht, wie              Roswita findet die Straßensitu-      • Fußgänger*innen die Straße
    genau Kund*innen zu ihrem                   ation an vielen Stellen unüber-        einfacher queren könnten,
    Geschäft gelangen oder wo sie               sichtlich und weiß nicht immer       • Kund*innen leichter zum und in
parken. Jedoch beschweren sich             sofort, wo sie sicher queren kann           das Geschäft gelangen könnten,
ihre Kund*innen regelmäßig dar-            und wird daran von parkenden Autos        • die Straße mehr potenzielle
über, dass sie die Straße zu ihrem         gehindert, an denen sie nicht einfach       Kund*innen anziehen würde.
Geschäft nur schwer queren kön-            vorbei kommt. Zudem erschrecken
nen. Ihre Lieferant*innen hingegen         sie regelmäßig die Fahrradfahrer*in-
schimpfen oft darüber, dass sie in         nen auf dem Gehweg. Merle hält sie
zweiter Reihe auf der Straße parken        daher meist an der Hand, was diese
müssen. Älteren Kund*innen muss            nur unter Protest zulässt, da sie am
sie beim Betreten ihres Geschäf-           liebsten allein laufen und herumren-
tes helfen, da sie hierzu eine Stufe       nen würde. Am allerliebsten würde
überwinden müssen. Sie selbst              sie allein zum „Adria“ gehen, aber
empfindet die Verkehrssituation als        Roswita findet das viel zu gefährlich.
unübersichtlich und gefährlich, wes-       Merle findet die Autos auch laut und
halb ihre Kinder nicht allein zur ihr in   sie versteht das Klagen ihrer Oma,
den Laden kommen dürfen. Generell          dass man in der Straße nirgends sit-
fände sie, dass weniger Autoverkehr        zen und das Eis essen könne. Dazu
die Situation verbessern könnte.           muss man sich in ein Café setzen.
Angst, dass sie dadurch weniger
Kund*innen haben könnte, hat sie
nicht – ganz im Gegenteil.

                                                                                                                          29
Ideation
     Basierend auf den Erkenntnissen             • Spielgelegenheiten                    • Einhaltung von Tempolimits
     des Vortags, formulierte das Team           • Trinkbrunnen                            kontrollieren und durchsetzen
     folgende Brainstorming-Frage:               • Geschäften mehr Platz im Stadt-       • Verbesserung des Lärmschutzes
                                                   raum geben                            • Stoppen des Durchgangsverkehrs
     Wie können wir den Straßenraum
     der Lange Rötterstraße orga-                Verkehrssituation                       Ruhender Verkehr
     nisieren, so dass entspanntes               Dieses Cluster zeigt Vorschläge zur     Durch die Neuorganisation des ru-
     „Flanieren“ möglich wird?                   Neuorganisation von Verkehrsberei-      henden Verkehrs soll Platz für neue
                                                 chen.                                   Nutzungen geschaffen werden:
     Hierfür fand das Team folgende Lö-           • Reduzierung von Autoverkehr           • Einrichtung von Lieferzonen
     sungsansätze:                                • Keine Fahrradfahrer*innen auf         • Schaffung verlässlicher Park-
                                                    Gehwegen                                hausangebote im Umfeld
     Verweilen                                    • Getrennt geführte Geh- und            • Dauerparker*innen in „NUD-Ga-
     Das Team beschrieb verschiedene As-            Radwege                                 rage“
     pekte, die Verweilorte aufweisen sollten.    • Verbreiterung von Gehwegen            • Schaffung von Anreizen zum
      • Baumscheiben mit Mini-Gärten              • Schaffung von Rampen und                Autoverzicht (ÖV-Ticket, hohe
        und Sitzbänken aufwerten                    Bordsteinabsenkungen                    Parkgebühren, kostenloses
      • Bänke und andere Sitzgelegen-             • Schaffung von Querungshilfen            dezentrales Parken)
        heiten schaffen                           • Verbesserung der Sichtverhält-        • Schaffung von Kurzzeitparkplät-
      • Altglas-Container ästhetisieren und         nisse für Fußgänger*innen               zen im Hof der Post
        an Plätzen mit weniger Störpotenzi-       • Umwidmungvon Kfz-Stellplätzen         • Parkraumbewirtschaftung und
        al bündeln oder in Erde versenken           als Fahrradstellplätze abseits von      Parkkontrollen
      • Schaffung nicht-kommerzieller               Hauswänden und Gehwegen               • ÖPNV-Angebot ausbauen
        Parklets (alternativer Nutzungen          • Entschleunigung des Auto- und
        auf Stellplätzen)                           Fahrradverkehrs

     Die Lösung: Lange Rötterstraße – Ein Ort zum Leben
     Die verschiedenen Lösungsbe- Rötterstraße nicht durch minimalin-                    querschnitte, diskutierte diese und
     reiche wurden vom Team intensiv vasive Interventionen zu verbessern                 erweiterte sie Schritt für Schritt. Im
     diskutiert. Es wurde dabei schnell sei und es stattdessen eines tiefgrei-           Ergebnis stehen zwei Straßenrau-
     deutlich, dass es wenig Sinn macht, fenderen Ansatzes bedarf, der den               mentwürfe für den geschäftigen
     weitere Einzelelemente zu sam- Straßenraum gänzlich neu denkt.                      Westteil und den grünen Ostteil.
     meln, da diese derzeit nicht im Stra-                                               Beide verfolgen die Grundideen der
     ßenraum realisiert werden könnten. Prototype                                        Entschleunigung und der Verkehr-
     Daher entschiedenen sie, dass die Das Team entwarf anhand von                       strennung. Dazu wird der Fahrbahn-
     Situation im Straßenraum der Lange Papiermodellen mehrere Straßen-                  querschnitt reduziert und der Fahr-
                                                                                                 Foto: Marcus Jeutner (2020)
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radweg auf der Nordseite getrennt      geboten entwickelt werden können.     linken oder rechten Fahrbahnrand
     geführt. Hierdurch ergibt sich auf     Im Bereich der Geschäfte sorgt eine   in Reihen geplant. Hierdurch kommt
     der Nordseite ein deutlich breiterer   durchgehende Aufpflasterung in        es zu einem Mäandern der Fahrspur,
     und ruhigerer Fußweg. Zwischen         der Straßenmitte für eine bequeme     was für eine zusätzliche Entschleu-
     den Bäumen ergeben sich durch          Querungshilfe für Fußgänger*innen.    nigung sorgen soll. Durch den Weg-
     den Wegfall von Quer-Parkplätzen       Im grünen Bereich soll es weiter      fall zahlreicher straßenbegleitender
     immer wieder Inseln, die als Ver-      straßenbegleitendes Parken geben.     Parkplätze wird auch der südliche
     weilorte mit unterschiedlichen An-     Die Stellplätze sind dabei mal am     Gehweg deutlich aufgewertet.

     Fotos (oben und rechts): Marcus Jeutner (2020)
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Die Entwicklung der Lange Röt-         „ein Ort zum Erledigen“, soll sie in
     terstraße stellt das Team unter ein    naher Zukunft „ein Ort zum Leben“
     übergeordnetes Motto. Ist sie heute    sein.

     Nächste Schritte
     Offene Fragen                          Wie machen wir weiter?
     • Müssen wir weitere Zielgrup-         • Wie kann man die Idee im Quar-
        pen berücksichtigen? Wie ist          tier testen?
        das demografische Profil des        • Zeitplan für Bearbeitung und
        Quartiers?                            Umsetzung?
     • Kann man das Fahrrad- und das        • Großer Ansatz oder kleine
        Kinderwagenerlebnis greifbar          Schritte?
        machen und dokumentieren?
     • Wie sind die exakten Maße des        Wer macht was?
        Straßenraums?                       • M4C-Team:
     • Wann sind aktuelle Verkehrszah-        » Planaufbereitung Bestand und
        len verfügbar?                          konzeptionelle Neuaufteilung
     • Gibt es alternative Parkkon-           » Abfrage Durchgangsverkehr-
        zepte, die für uns hilfreich sein       serhebung
        könnten?                            • Ulrike
                                              » Verkehrszeichenplan
     Wo brauchen wir Hilfe?                   » Straßenkataster
     • Grünflächenamt (Umsetzung von          » Luftbild
       Baumscheiben und Begrünung)            » Tageszahlen Verkehr
     • Bezirksbeirat für erste prototypi-   • Chiara
       sche Schritte                          » Demografische Daten
     • Initiator*innenen für Experimente      » Abfrage von Umbaumaßnah-
       und Prototypen (Bspw. Par-               men bei der Beauftragten für
       king-Day)                                die Belange von Menschen mit
     • Schulen können Vorschläge                Behinderung
       für mehr Kinderfreundlichkeit
       erarbeiten
     • Gewerbetreibende

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36
Foto: Kilian
      XX (XXXX)
             Flade (2020)
5. Umfeld Uhland-Schule
  Ein moderner Platz mit Freizeitmöglichkeiten für verschiedene Generationen

                                                                               37
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Umfeld Uhlandstraße

Anna Viola Toprani-Szabó

Teilnehmer*innen

 Name                                    Institution
 Jeremy Kuhnle                           M4C Phase I
 Merle Brand                             Stadt Mannheim, Beauftragter für Integration und Migration
 Sabrina Hoffmann                        Stadt Mannheim, Klimaschutzleitstelle
 Verena Frank                            Stadt Mannheim, Jugendförderung
 Dr. Tobias Vahlpahl                     Stadt Mannheim, Quartiermanagement
 Gisela Kerntke                          KulturQuer QuerKultur e.V.

Understand
Um das Thema „Wie sorgen wir für Kli-    wurden folgende Punkte näher be-            Fakten
maresilienz und Aufenthaltsqualität im   trachtet:                                   Der Ort um die Uhland-Schule ist
Straßenraum?“ zu verstehen, setzten                                                  nach Meinung der Teilnehmer*innen
sich die Teilnehmer*innen zuerst mit     Trends                                      eher negativ besetzt. Größtenteils
den zwei Begriffen auseinander.          Zu den Trends wurde auch die                wird das Umfeld als ein Parkplatz
Das gemeinsame Verständnis zeig-         Entwicklung des Umfelds der Uh-             beschrieben, was die schöne, grüne
te, dass Klimaresilienz mit Natur,       land-Schule gezählt, die eine starke        Erscheinung der Umgebung durch-
Grünflächen, ein Lebensraum für          Gentrifizierung und mit Fahrzeugen          bricht. Die Spaltung in der Bevölke-
den Tier- und Pflanzenwelt, extreme      überfüllte Straßen mitbringt. Als Ge-       rung (hinsichtlich des Wohlstands),
Wetterbedingungen und Müllentsor-        gengewicht zu den fahrenden und             zeigt sich öfter durch trinkende
gung in Beziehung gebracht wird. Die     parkenden Autos, wird das Fahrrad-          Gruppen, die in dem Kiosk gekauf-
Aufenthaltsqualität wurde mit einem      fahren immer dominanter. Neben              ten Alkohol vor Ort, besonders auf
Ort beschrieben: was zum Treffen,        herkömmlichen Fahrrädern und Autos          den Treppen am Melanchthonweg
Entspannen, Spielen einlädt, wo eine     nimmt auch die Zahl von E-Bikes und         trinken. Glassplitter verschmutzen
Balance zwischen Stadtverkehr und        E-Autos in Mannheim zu. Der Wunsch          den Fußgänger- und Fahrradweg,
Freizeitmöglichkeiten (wie zum Bei-      nach mehr Gemeinschaftsgefühl und           weil die Müllcontainer am Rand der
spiel Sport) möglich ist und wo zwi-     Freizeitaktivitäten bringe solche inno-     Fahrradwege stehen und deren Öff-
schen diesen beiden „Welten“ keine       vative Ideen mit sich, wie zum Beispiel     nung vielmals verfehlt wird. Der Ort
Übergangsschwierigkeiten gibt.           die „Office Box“, die im Freien flexibles   wird tagtäglich von Kindern und Ju-
Damit das Fokus auf das Umfeld Uh-       Arbeiten ermöglicht und miteinander         gendlichen frequentiert, die zu ihrer
land-Schule gebracht werden konnte,      zum Austausch einlädt.                      Kita oder Schule eilen. Insbesondere

                                                                                                                             39
Verkehrsschilder, Trennungen oder      Kiosk, einer Kindertagesstätte und        ren Eltern, Familienmitglieder, Leh-
     Straßenmarkierungen, die auf die       einem evangelischen Gemeinde-             rer*innen und – weil viele von ihnen
     Gefahren des Verkehrs aufmerksam       zentrum umsäumt. Parkende Autos           mit Fahrrädern unterwegs sind –
     machen könnten, sind wenig vorhan-     können den Platz nur verlassen,           Fahrradfahrer*innen.
     den. Die meisten halten hier nur an,   indem sie einen Fußgänger- und            Viele nutzen den Melanchthonweg
     um einzuparken, zum Herzogenried-      Fahrradweg überfahrend und so in          um zum Herzogenriedpark zu gelan-
     park weiterzulaufen oder zur Schule    den Verkehrsfluss von der Lange           gen. Die Theatergruppe Melanthalia
     zu gehen. Zusammenfassend wirkt        Rötterstraße eintreten. Die Lange         ist in der Umgebung zuhause, wes-
     der Ort nicht einladend, obwohl die    Rötterstraße ist mit alten Platanen       halb weitere Familien und Senior*in-
     Nähe der Grundschule und Kinder-       bepflanzt, die einen sehr angeneh-        nenen zu den Nutzer*innengruppen
     tagesstätte eine andere Vorstellung    men, schattigen Ort schaffen. Der         zählen.
     wecken würde.                          Parkplatz ist die einzige Insel mit       Der Parkplatz wird ebenfalls von
                                            ihrer Asphaltbedeckung.                   Einkäufer*innen der naheliegenden
     Orte                                                                             Supermärkte mitbenutzt.
     Das Umfeld Uhland-Schule lässt         Nutzer*innen und Zielgruppen
     sich am besten als ein parkplatz-do-   Aufgrund der Schule und Kita sind
     miniertes Dreieck beschreiben. Es      die Hauptnutzer*innen des Ortes
     ist mit der Uhland-Schule, einem       Kinder und Jugendliche, sowie de-

     Empathize & Define
     Während der Beobachtungsphase          schichte und Bedürfnisse mit der          Die Gruppe erfuhr, dass der Park-
     verteilte sich das Team in kleine      Gruppe. Nebenbei betrachtete das          platz viel von Eltern genutzt wird,
     Gruppen, jeweils mit zwei Personen.    Team den Ort und wie unterschied-         die ihre Kinder zur Schule und Kita
     Das Ziel war, im Umfeld der Uh-        liche Personen mit dem Umfeld in-         bringen. Zugleich wird hier öfter
     land-Schule mit mehreren Personen      teragieren.                               rücksichtslos vor der Tür oder in der
     Interviews zu führen und in Gesprä-    Um die Aufenthaltsqualität in Zukunft     Feuerwehrzufahrt geparkt. Der Platz
     che zu kommen, um die Erfahrun-        sicherzustellen, dürfen der Klima-        ist für Lehrer*innen ebenfalls wich-
     gen der Befragten mitzubekommen.       wandel und seine Folgen (unbere-          tig, da sie sonst keine Möglichkeit
     Es war auch wichtig, dass das Team     chenbare Hitzewellen, Überflutun-         haben, ihre Fahrzeuge abzustellen.
     den Ort selbst besucht und seine Be-   gen) nicht unbedacht bleiben.             Es wurde ebenfalls beobachtet, dass
     obachtungen festhält.                  Die aufgekommenen Hauptthemen             es vor Ort an Markierungen mangelt,
     Das Team sprach mit einer Vielzahl     umfassen folgenden Punkte:                die die Aufmerksamkeit der Autofah-
     von unterschiedlichen Menschen,          • Nutzung des Parkplatzes               rer*innen auf den Fußgänger- und
     unter anderen Lehrerinnen, Müttern       • Wie wird der Ort von Fußgän-          Radweg lenken würde. Mehrmals
     mit Kindern und Personen, die den          ger*innen und Radfahrer*innen         wurde gesehen, wie Pkw einfach
     Platz täglich überqueren. Sie alle         wahrgenommen?                         über den Weg fuhren. Auf den Glas-
     teilten gerne ihre Erkenntnisse, Ge-     • Interaktion von Kindern mit dem Ort   container wurde von den Teammit-

40
glieder*innen ebenfalls hingewiesen       keiten oder Gelegenheiten, nach          den und versorgt die Schüler*innen
, da die freiliegenden Glassplitter ge-   der Schule an diesem Ort Zeit ver-       mit belegten Brötchen und weiteren
fährlich für Fahrradfahrer*innen und      bringen zu können. Der Schulhof ist      Dingen. Das Problem mit trinkenden
Fußgänger*innen seien. Die Aufent-        nämlich nachmittags geschlossen.         Gruppen sei in letzter Zeit weniger
haltsqualität des Ortes wird von den      Der Kiosk neben der Schule wird von      geworden.
Interviewten als sehr mangelhaft          vielen positiv gesehen. Dieser ist mit
dargestellt . Es fehlen Sitzmöglich-      dem Pausenhof der Schule verbun-

Erste Erkenntnisse, Personas und Point of View
Von den Interviews zurückkommend, Eva, 12 Jahre                                    Herr Brioni, 38 Jahre
beschäftigte sich das Team mit den Eva geht in die sechste Klasse in               Herr Brioni unterrichtet Sachkunde
Hauptproblemen und wichtigsten der Uhland-Schule und wohnt nicht                   und Musik an der Uhland-Schule. Er
Erkenntnissen, die sie erfuhren und weit entfernt in der Nürburgstraße.            fährt jeden Tag 20 Minuten mit sei-
beobachteten.                          Sie fährt jeden Tag mit ihrem neun-         nem Auto zur Schule. Mit der Bahn
Die erkannten Highlights waren die jährigen Bruder zur Schule – ohne               würde er mindestens 40 Minuten
folgenden:                             ihre Eltern (die für sie eher peinlich      zu seinem Arbeitsplatz brauchen,
 • Autos vs. Fußgänger*innen,          sind), mit ihrem Fahrrad. Nach der          weil er weiter weg wohnt. In seiner
    Fahrradfahrer*innen                Schule besucht sie oft den Kiosk,           Freizeit spielt er Saxofon in einer
 • Die negativen Auswirkungen für      um ein paar Süßigkeiten zu kaufen           Jazzband. Er ist sehr empathisch,
    Eltern und Lehrer*innen, falls der und Zeit mit ihren Freund*innen zu          kommunikativ und freundlich. Die

                                          !
    Platz kein Parkplatz mehr wäre     verbringen.                                 Anliegen seine Schüler*innen liegen

                                                                                   !
    Mangel an Aufenthaltsmöglich-          Wir waren erstaunt festzustellen,       ihm am Herzen.
    keiten                                 dass Kinder den Platz trotz der             Wir waren erstaunt festzustellen,
 • Mehr Fokus auf einen kinder-            Gefahren der Parkplatzsituati-              dass Herr Brioni am liebsten auf
    freundlichen Ort                   on nutzen. Es ist aber etwas unbe-              dem Platz sein eigenes, von zu
Um eine sogenannte Persona zu quem, weil sie ihre Fahrräder in der                 Hause mitgebrachtem Essen ver-
entwickeln, schaute das Team auf Hand halten müssen, wenn sie mitei-               speisen würde. Dennoch sieht er
die Informationen über die Perso- nander quatschen.                                den Ort vor der Schule als Parkplatz
nen, die sie bereits interviewten.                                                 sehr wichtig an.
Zwei Nutzer*innengruppen wurden               Es wäre hilfreich für Eva,
identifiziert, deren Bedürfnisse sich         wenn sie am Nachmittag an                  Es wäre hilfreich für Herrn Bri-
voneinander stärker unterschieden.            einem Ort ohne Konsum-                     oni, wenn er vor Ort die Mög-
So sind die folgende zwei Personas zwang sicher und bequem „chillen“                     lichkeit hätte, in einer grünen,
entstanden.                            könnte.                                     gemütlichen Umgebung seine Mit-
                                                                                   tagspause genießen zu können.

                                                                                                                            41
Ideation
     Die vorherigen Schritte im Auge be-       • Sonnensegel                         Unterschiedliche Ebenen
     haltend, sammelte das Team Ideen für      • Lampions und Lichter zur Sicher-    • Podest Übergang, was den Platz
     eine potenzielle Lösung, um die derzei-     heit und Wohlfühlen                   mit dem Schulhof verbindet
     tige Situation im Umfeld Uhland-Schu-     • LED-Lichter, Möglichkeit am         • Platz unterbauen
     le verbessern zu können. Die Persona        Abend den Ort in ein Laser-         • Verbindung zum Kiosk → Ach-
     „Eva“ wurde hierfür als Referenz für        tag-Gelände umzuwandeln               sen anlegen
     die Hauptzielgruppe ausgewählt. „Herr                                           • Sportplatz, Halfpipe
     Brioni“ und seine Bedarfe wurde aber      Lernmöglichkeit als erweiterte
     im Hinterkopf behalten.                   Nutzungsideen                         Autoverkehr
     Die in der Schlussdiskussion verblie-      • Einen Lernort schaffen, wie z.B.   • Autos verbannen und Platz
     benen Themen führten zu der Frage:           Bücherei                             erobern
                                                • „Grünes Zimmer“ (Outdoor           • Schutzorte schaffen, ohne Angs-
     Wie könnten wir mit Eva gemein-              Klassenzimmer)                       träume zu erzeugen
     sam einen „coolen“ (modernen,              • Öffentliches Klavier, Musik        • Fahrradplätze schaffen
     mit Freizeitmöglichkeiten verbun-            in Großraum bringen, Bühne
     denen), sicheren und nachhalti-              schaffen (mit „Grünes Zimmer“      Aufmerksamkeit durch Farben
     gen Ort erschaffen?                          kombinierbar?)                     • Farbe: Abwechslung zum grauen
                                                                                       Straßenraum
     Ausgehend von dieser Frage wur-           Garten, Bepflanzung                   • Bodenspiele: Schach
     den die folgenden potenziellen Lö-        • Podest mit gemütlichen, bepflanz-
     sungsideen gesammelt:                       ten Sitzecken und Spielgeräten      In dieser Phase kamen weitere Ide-
                                               • Ein grüner Ruheplatz                en auf, wie Evas Bedürfnisse noch
     Hitze und Wasser im Fokus                 • Sicherheit durch Barriere zum       besser identifiziert werden könnten.
     • Wasserspielplatz mit spieleri-            Verkehr, z.B. mit Blumenkisten      Die können in den weiteren Phasen
        schen aus Wasser bestehenden           • Urban Gardening – sonstige          (z.B. Testing verwendet werden):
        Wänden, die mit einem Knopf-             Schulprojekte                        • Eva mit anderen spielen lassen
        druck verschwinden können              • Parklets zum Entspannen                und sie beobachten
     • „Vernebler“ (Wassersprüher) für         • Entsiegeln → „Unkraut“ zu lassen     • Umfragen mit Kindern
        heiße Sommertage
     • Starkregen-Puffer, unterschied-         Baumkronenebene
        liche Ebenen, Halfpipe, Wasser-        • Mini-Kletterpark, Seilschlinge
        spiel und Sitzplätze                   • Kletterwand, Hochseilgarten
                                               • Ein Tief-Parkplatz unter dem
     Licht und Sonne                             Hochseilgarten
     • Solarenergie-Dach über parken-          • Grünen Kletterturm schaffen
       den Autos                                 → über den Platz hinaus

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Die Lösung: Umfeld Uhland-Schule mit Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten
Nachdem das Team abgestimmt hat- Sport) einlädt.                         und lernen können. Die grüne Oase
te, welche Ideenbereiche am wich- Die Fläche oben ist darüber hinaus ist mit einem nachhaltigen Bewäs-
tigsten seien und auf welchen sie begrünt. Die Pflanzen werden durch serungssystem ausgebaut und der
den Fokus setzen würden, begann ein wassersparendes Bewässe- ganze Ort barrierefrei gestaltet. An
die Prototypen-Phase. Hierbei durch- rungssystem versorgt. Die Seiten kostenfreie WLAN-Möglichkeit ist
liefen die Teammitglieder zwei kurze, des Baus sind mit Solarpanelen ebenfalls gedacht.
jeweils 5-minütigen Bastelphasen, bedeckt und sollen die Energiever-
in denen sie allein, die ausgewählte sorgung für die Beleuchtung, das Die zwei Prototypen ähneln sich an
Bereiche im Fokus behaltend, erste Bewässerungssystem und das kos- manchen Punkten, deswegen wurde
Prototypen entwickelten. Die zwei tenfreie WLAN sicherstellen. Der in Betracht gezogen, die zwei Proto-
End-Prototypen entstanden, indem ganze Ort wurde barrierefrei entwi- typen miteinander zu kombinieren.
zwei kleine Gruppen mit je zwei Per- ckelt und für Rollstuhlfahrer*innen
sonen gebildet wurden. Das Thema wird durch ausgeglichenen Anstieg
Klimaresilienz sollte beim Bauen zu der Oberfläche eine einfache Er-
ebenfalls beachtet werden.            reichbarkeit gesichert.

Subgruppe 1                              Subgruppe 2
Der Prototyp zeigt eine etwas er-        Dieser Prototyp stellt eine hügelähn-
höhte, ausgebaute Fläche, mit zwei       liche Struktur dar. Es gibt ausrei-
Ebenen. Unten steht eine über-           chende Auto- und Fahrradparkplätze
dachte Parkebene für Autos und           für Lehrer*innen und Familienmit-
Fahrräder. Diese sollen besonders        glieder, die ihre Kinder abholen. Ge-
Lehrer*innen der Uhland-Schule und       wölbte Sitzmöglichkeiten schaffen
für kurze Aufenthalte (Familienmit-      mehr Sitzfläche. Ein pavillonähnli-
glieder, die ihren Kindern zur Schule,   ches Häuschen dient als Bühne oder
Kita bringen) dienen. Die Parkplätze     „Grünes Klassenzimmer“. Es ist von
sind kostenpflichtig. Die Oberfläche     Pflanzen umrankt und für Kinder
ist als Dachterrasse ausgebildet und     ebenfalls bekletterbar. Durch Seile
dient Freizeitmöglichkeiten und der      wird eine Verbindung zu den nahe-
Entspannung. Sie erschafft einen         stehenden Baumkronen geschaf-
sicheren Ort mit ausreichendem           fen, wodurch ein kleiner Kletterwald
Abstand zum Verkehr. Neben ange-         entsteht. Neben der Sitzecke ist ein
nehmen Sitz- und Liegeplätzen gibt       Wasserspielplatz verortet, wo Besu-
es einem mit einem Sonnensegel           cher*innen mit Hilfe von Infoschil-
bedeckten Ort, was ebenfalls zu ver-     dern über Wasserthemen (Wasser-
schiedenen Freizeitaktivitäten (z.B.     mangel, Klima und Wasser) erfahren

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Foto: Marcus Jeutner (2020)
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Foto: Marcus Jeutner (2020)
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Nächste Schritte
     Offene Fragen                           Wie machen wir weiter?
     • Strom für Wasserspiele                • Aktion auf dem Platz
     • Wegeführung auf den Platz             • Weitere Alternativen zum
     • Weitere Gespräche mit Beteilig-         Abstimmen
        ten (Schule, Kinder)                 • Wird ein Projekt wirklich
     • Verantwortung für den Platz             durchgeführt? Keine falschen
        klären                                 Hoffnungen wecken
     • Stehen perspektivisch Mittel für      • Gibt es bisher nicht berücksich-
        die Entwicklung des Platzes zur        tigte (soziale) Konflikte?
        Verfügung?                           • Interaktive Beteiligungs-Aktion
     • Ist es realistisch, dass die Anzahl   • Warum wird genau dieser Platz
        der Parkplätze so stark reduziert      gewählt?
        werden kann?
     • Wem gehört die Fläche? Können         Wer macht was?
        wir die Schule mit einbeziehen?      • Artikel, Neuigkeiten miteinander
        Bspw. durch Projekttage?               teilen
     • Working Space + Grünes Zim-           • Werbeaktionen durchführen?
        mer → Stromversorgung?                 (um von mehreren Leuten Fee-
     • Parkplätze nur für Lehrer*innen?        dback und Erfahrungen mit dem
     • Wer pflegt die Fläche? Öffent-          Ort zu sammeln)
        lich?                                • Jugendgipfel, „öffentlicher Raum“
     • Wie Rasen mähen?                        Praxisbeispiel?
     • Verwendung für andere Stadt-          • Ort für KultTour
        teile?

     Wo brauchen wir Hilfe?
     • Wie groß ist die Fläche? Welche
       Voraussetzungen sind gegeben?
     • Wie wird die Fläche optimal aus-
       genutzt, damit sie nicht überfüllt
       wird?

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