Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer

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Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
Straßennamen berichten
aus ihrer Vergangenheit
       von Dr. Gerhard Fischer

                                                            Alpenfahrt 1913
                                 (im heutigen Bereich Eingang Rathauspark) 1
Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
Deutschlandsbergs Straßen und
      deren historische Hintergründe
      Straßen- und Wegebezeichnungen sind in der heutigen Zeit zu einer Selbstverständlichkeit
      geworden, ohne sie würde die Kommunikation auf größere Schwierigkeiten stoßen. Historisch
      gesehen sind diese Bezeichnungen jedoch der Schlusspunkt einer langen Entwicklung, die nicht
      zuletzt für die lückenlose Einhebung der verschiedenen Steuern unumgänglich war.

                         BEZEICHNUNGEN UND                                                 Vorslawisches Namensgut
                         BENENNUNGEN ZUR                                                   Die ältesten Namensgebungen sind die Fluss-,
                                                                                           Orts- und Bergnamen, die den Illyrern bzw.
                         EFFIZIENTEREN VERWALTUNG
                                                                                           Kelten zuzuordnen sind.1
                         DER GEBIETE                                                       Wenn auch für unseren Raum nur wenige die-
                                                                                           ser Zeugen erhalten geblieben sind, so ist doch
                         Ried- und Gegendbezeichnungen                                     anzunehmen, dass wir durchaus mit einer mehr
                                                                                           oder weniger dichten Besiedlung zu rechnen
                         Zu den frühesten Namensgebungen zählen die
                                                                                           haben. Eindeutig dem Keltischen zuzuweisen
    St. Oswald um 1890   Flur- und Riedbezeichnungen. Sie sollten eine
    ©Graus                                                                                 ist die Bezeichnung „Suel-va“ (Solva) für die
                         Orientierung in einem näheren geografischen
                                                                                           Sulm. Darunter wurde ein rasch anschwellendes
                         Umfeld leichter machen. Viele dieser Bezeich-
                                                                                           Gewässer verstanden.
                         nungen sind auch Zeugnisse der Besiedlung
                         durch verschiedene Völker. Manche Namen                          Romanisches Namensgut
                         wurden von den eingewanderten Stämmen                            Verschiedene Funde aus der römischen Pro-
                         übernommen, andere ersetzte man durch deren                      vinzialzeit, wie eine Säule im Garten eines
                         Sprache.                                                         Deutschlandsberger Bürgerhauses, der römi-
                                                                                          sche Grabstein des Calandinus im Turm der
                                                                                          Ulrichskirche sowie die ausgegrabene „Villa
                                                                                          rustica“ in Grünau bei Groß St. Florian oder die
                                                                                          Bezeichnung „Riemerberg“, das für „Römerberg“
                                                                                          steht, weisen auf die Besiedlung unserer Gegend
                                                                                          hin.
                                                                                          Mit Sicherheit wurde markanten geografischen
                                                                                          Punkten auch in der römischen Provinzialzeit
                                                                                          eine lateinische Bezeichnung gegeben, die sich
                                                                                          aber, zumindest für den Deutschlandsberger
                                                                                          Raum, nicht erhalten hat.
                                                                                          Die ehemalige römische Stadt Flavia Solva, die
                                                                                          Stadt der Flavier an der Sulm, gibt heute noch
                                                                                          Zeugnis für diese historische Epoche. Die Flavier
                                                                                          waren übrigens eine römische Familie, die drei
                                                                                          Kaiser stellte. Einer von ihnen, Vespasian, hatte
                                                                                          um das Jahr 70 diese Stadt gegründet, welche
                                                                                          auch für unsere Region von entscheidender Be-
                                                                                          deutung gewesen sein muss.

     Osterwitz 1890
                               1
                                   F. Lochner von Hüttenbach, Steirische Ortsnamen, Graz 2008; die folgende Zusammenfassung ist diesem Werk entnommen.

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Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
Slawisches Namensgut                                Viele Ortsnamen sind ein Hinweis auf ihren
Ab dem 8. Jh. scheint es zur Einwanderung slawi-     Gründer, wie z. B. Gersdorf, das Dorf des Gerolt
 scher Stämme auch in die Weststeiermark ge-         oder Greim vom althochdeutschen Personenna-
 kommen zu sein. Es ist anzunehmen, dass sie von     men Greimuot.
Norden und Osten kommend, den Flussläufen
 der Mur und der Raab folgten.                       Ämterbezeichnungen für die
Auch kroatische Bevölkerung, wie z. B. in Krau-      Herrschaften
 bath bei Groß St. Florian, lässt sich nachweisen.
Das umfangreiche slawische Namensgut ist ein         Mit der Ausbildung der Grundherrschaften im
Hinweis auf die relativ dichte Besiedlung durch      12. und 13. Jh. war es notwendig geworden, zur
 diese Volksgruppe.                                  besseren Verwaltung der ausgedehnten Gründe,
Der Name „Laßnitz“ stammt vom slawischen             überschaubare Einheiten zu schaffen. Man teilte
Wort „Loka“ – „Au“ und bezeichnet eine sum-          den Herrschaftskomplex in Ämter ein und un-
 pfige Gegend.                                       terstellte sie einem Amtmann.
In der Ortsbezeichnung „Osterwitz“ findet man        Dieser war für die Einhebung der Steuern und Ze-
 die slawische Bezeichnung „ostrovica“, „scharf,     hente verantwortlich und ist als Instanz zwischen
 spitz, kantig“, worin man einen Hinweis auf die     dem Grundherrn und den Untertanen zu sehen.
 Saumstraße über den Wildbachersattel ableiten       Dem Amtmann oblag auch die Durchführung der
 kann.                                               Verlassabhandlungen nach dem Tod der Unterta-
Die alte Bezeichnung für den Vorgängerhof des        nen und die Erstellung der Besitzinventare.
 Schlosses Frauenthal, „Nidrinhof“, ist eine ger-    Hatte eine Grundherrschaft in einer Region nur
 manische Übersetzung des slawischen Namens          einige Untertanen, bildeten diese kein eigenes
„Udulenidvor“ – „Hof in der Niederung“.              Amt, sondern wurden einem in der Nähe befind-
Die Gegend Fresen bei Schwanberg hat ihren           lichen Amt dieser Herrschaft zugeteilt.
Namen vom slawischen Wort „breza“, „Birke“
 und weist auf den Bestand dieses Laubbaumes         Für das Gemeindegebiet von Deutschlands-
 hin. Der Zuchabach in Glashütten hat seinen         berg lassen sich folgende Grundherrschaften
Namen vom slawischen Wort „suha“, „trocken,          nachweisen:
 dürr, wasserlos“.                                   Deutschlandsberg, Schwanberg, Hollenegg,
Auch der Ortsname „Gams“ ist eine Ableitung          Limberg, Peuerl, Frauenthal, Gült Lavant, der
vom slawischen Wort „kamenica“, Stein.               Magistrat Deutschlandsberg, Wildbach, Pfarr-
Die Gleinz hat ihren Namen ebenfalls aus dem         hof Köflach, Feilhofen, Stift Admont, Dornegg,
 Slawischen „glina“ und bedeutet Ton, Lehm.          Hornegg, Bistum Seckau, Eibiswald, Stift Stainz,

 Germanisches Namensgut
Ab dem 9. Jh. kam es in mehreren Etappen zur
Kolonisierung der Region durch die Bajuwaren.
Diese übernahmen vielfach die slawischen
Namen und verdeutschten sie.
Beispiele dafür wären der oben genannte Hof
„Udulenidvor“ – Nidrinhof, oder der Name
„Odelisnic“, der alte Name für Schwanberg.
Viele bajuwarische Namen beziehen sich auf
Rodungstätigkeiten, z. B. Greith, Neurath, Has-
 reith, oder „im Schrott“ bei Osterwitz.
Die Brendl ist die Bezeichnung für eine künst-
 liche Alm, die durch Brandrodung entstanden
 ist. Ebenso Freiland, das nicht vom Wort „frei“,
 sondern vom Namen „uri“ abgeleitet wird, was
 abgebrannt bedeutet und ebenso auf Brandro-
 dung hinweist. Rettenbach im Ortsteil Kloster
 bezieht sich auf einen „roten“, vermutlich eisen-
 hältigen Bach.                                      vlg. Farmer in Mitterspiel um 1900

                                                                                                         3
Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
Bei der Vergabe der     Herbersdorf, um nur die wichtigsten zu nennen.       Lagenamen
    Vulgärnamen unter-      Die dazugehörigen Ämter waren                        Folgende Motive sind nachzuweisen:
    scheidet man zwischen   Rostock, Trahütten, Weitensfeld, Osterwitz,          • Bäume oder Baumgruppen: z. B. Holzweber in
    Lagenamen, Beinamen,    Kruckenberg, Warnblick, Burgegg, Bösenbach,            Geipersdorf oder Blochwagner in Freiland
    Berufsbezeichnungen     Lauffenegg, Leibenfeld, Hörbing, Gleinz, Blumau,     • Bewuchs: z. B. Birkschneider in Geipersdorf
    und Herkunftsnamen.     Geipersdorf, Hinterleiten, Wildbachdorf, Mitter-     • Bodenbeschaffenheit: z. B. Steiner in Osterwitz,
                            spiel, Kloster, Klosterwinkel, Dorfstatt, Retten-      oder Steinwandklinger in Unterlaufenegg
                            bach, Niedergams, Gersdorf, Müllegg, Mitteregg,      • Geländeform: z. B. Koglbauer in Ulrichsberg,
                            Hohenfeld, Vochera am Weinberg, Feldbaum,              Bachbauer in der Hinterleiten, Leitenbauer in
                            Bergegg, wobei nur die größeren Ämter ange-            Trahütten oder Schwemhoisl in Warnblick
                            führt werden sollen.                                 • Flurnutzung: z. B. Trattenschlosser in
                            Damit bildete man erstmals eine zusammenhän-           Deutschlandsberg
                            gende Einheit, denn alle Bewohner eines Amtes        • Höhenlage: z. B. Bergfuchs in Wildbachberg,
                            waren einer Grundherrschaft verantwortlich, der        Oberer Dirnböck in Vochera am Weinberg,
                            sie die Abgaben abzuliefern und die Robot (die         Oberer Ofner in Bergegg
                            Arbeit für die Herrschaft) leisten mussten.          • Nach der Lage bei einem Geländemerkmal:
                                                                                   z. B. Kreuzsteiner in Freiland, Kirchenwirt in
                                                                                   Bad Gams
                            Die Vulgärnamen                                      • Ungunstlage: z. B. Erntoni von „Edentoni“; dies
                                                                                   bedeutet der „Anton an der Öde“ (abgekomme-
                            Vulgärnamen waren die im Volksmund übliche             nes Gehöft)
                            Bezeichnung für einen Hof und seinen Besitzer.       • Verkehrswege: z. B. Sattelkrammer in Freiland,
                            Diesen Namen gab es in jedem Amt nur ein ein-          Bruckenmüller in Deutschlandsberg oder
                            ziges Mal, weshalb die genaue Lokalisierung mit        Wegjörgl in Bösenbach
                            Sicherheit möglich war. Diese Namen konnten
                            immer wieder wechseln oder wurden aus den Fa-        Beinamen
                            milien bzw. Vornamen zweier aufeinanderfolgen-       z. B. Krumpentoni in Bergegg oder Schulmeister-
                            der Besitzer gebildet, wie z. B. beim Anwesen vlg.   michl in Vochera am Weinberg
                            Bartltoni in Klosterwinkel, der sich aus den Vor-
                            namen Bartholomäus und Anton zusammensetzt.          Berufsbezeichnungen
                            Bei der Vergabe der Vulgärnamen unterscheidet        z. B. Reinischwirt in Kloster, Schindler in Oster-
                            man zwischen Lagenamen, Beinamen, Berufsbe-          witz, Schusterpeter in Bösenbach, Zirknitzjäger
                            zeichnungen und Herkunftsnamen.                      in Vochera am Weinberg bzw. Jäger in Wildbach-
                                                                                 dorf, Gänsschneider in Leibenfeld oder Wagner
                                                                                 in Geipersdorf

                                                                                 Herkunftsnamen:
                                                                                 z. B. Trahütter in Osterwitz, Tirolerfuchs in Wild-
                                                                                 bachberg bzw. Gratzbäck in Deutschlandsberg

                                                                                 Die meisten Vulgärnamen sind jedoch aus
                                                                                 Vor- bzw. Familiennamen gebildet, wie z. B.
                                                                                 Rauchmandl in Wildbachdorf, Farmer oder Herk
                                                                                 in Freiland, Grünjokl in Osterwitz, Schönegger in
                                                                                 Trahütten, Kiendl in Hörbing, Schwab in Leiben-
                                                                                 feld, Trieb in Bergegg oder Wilf in Feldbaum.
                                                                                 In manchen Fällen konnte es auch vorkommen,
                                                                                 dass die Kinder eines Besitzers sich die Hofstelle
                                                                                 teilten oder auf den Nachbargrund heirateten
                                                                                 und ihren Familiennamen, zusammen mit den
                                                                                 Vornamen, auf den Hof übertrugen, z. B. Nebel-
    Niedergams um 1912                                                           hansl und Nebellipp in Burgegg oder Thomahans,

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Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
Thomapeter und Thomaanderl in Laufenegg.            mannschaft war Stainz. Ab 1868 war sie in            Bereits im 15. Jh.
Im letztgenannten Fall war der Stammvater ein       Deutschlandsberg zunächst im Meierhof des            wurde jedes „Kronland“
Thomas Ofner. Seine Söhne Johann, Peter und         Schlosses Feilhofen untergebracht und seit 1901      in Viertel eingeteilt.
Andreas übernahmen den väterlichen Hof bzw.         befindet sie sich im neugebauten Amtsgebäude         Deutschlandsberg
heirateten in Nachbarhöfe ein.                      in der Kirchengasse.                                 zählte zum Großteil
                                                    Am 17. März 1849 wurden das Provisorische            zum Viertel zwischen
Die Entwicklung der staatlichen                     Gemeindegesetz und eine eigene Gemein-               Mur und Drau.
Verwaltung                                          deordnung erlassen, womit die kleinste po-
                                                    litische Verwaltungseinheit, die Gemeinde,
Bereits im 15. Jh. wurde jedes „Kronland“ in        geschaffen wurde. Mit dieser Neuorganisation
Viertel eingeteilt. Deutschlandsberg zählte zum     waren auch 1850 die ersten Straßenbenennun-
Großteil zum Viertel zwischen Mur und Drau.         gen verbunden, die durch einen Gemeindeaus-
Mit der Machtübernahme Maria Theresias, 1740,       schussbeschluss umgesetzt wurden.
begann der Aufbau eines neuen, effizienten Ver-
waltungsapparates. 1748 wurden die Kreis-
ämter geschaffen, eine Verwaltungsinstanz auf
mittlerer Ebene, die als Vorläufer der späteren     STRASSEN-, WEGE- UND
Bezirkshauptmannschaften zu verstehen sind.         GEGENDBEZEICHNUNGEN
An der Spitze eines Kreisamtes stand der Kreis-     IN DEUTSCHLANDSBERG
hauptmann, für unsere Stadt war das Kreisamt
Marburg zuständig.                                  Die Arten der Straßen und Wege
Zur Erfassung der Grundwehrdiener (Rekruten)
wurden Rekrutierungsabschnitte geschaffen, die      Schon seit der ersten Besiedlung durchziehen
wiederum in Nummerierungsabschnitte einge-          Straßen, Wege und Pfade unser Stadtgebiet.
teilt wurden. Ein Nummerierungsabschnitt war        Je nach ihrem Verwendungszweck waren sie
eine Summe von Häusern, wobei als gebiets-          auch von unterschiedlicher Qualität.
mäßige Einheit die Ortschaft galt. Die Neuor-
ganisation des österreichischen Militärwesens       Saumstraßen
war einer der Anlässe, die Bevölkerungszahl der     Zum Transport der in Deutschlandsberg herge-
einzelnen Orte relativ genau festzustellen und      stellten Produkte – in erster Linie Wein – und für
die angelegten Verzeichnisse auf dem aktuellen      die Einfuhr der im Ort benötigten Güter, hier sei
Stand zu halten. Zu diesem Zweck reichte aber die   beispielsweise auf das Salz hingewiesen, wurden
Organisation der einzelnen Grundherrschaften        Saumstraßen (Handelsstraßen) angelegt. Jede
und Pfarren nicht aus. Im Zuge dieser Neuorgani-    Herrschaft war selbstredend daran interessiert,
sation war es auch notwendig geworden, erstmals     die Waren möglichst lange auf ihren eigenen
in der Geschichte Hausnummern zu vergeben.          Saumstraßen zu transportieren, da man bei Be-
1784 schuf Kaiser Josef II. die Steuergemein-       nützung fremder Gründe Maut zu zahlen hatte.
den und ließ auch erstmals eine Vermessung          Deutschlandsberg verfügte über zwei Saum-
des Landes durchführen. Dieses Werk wurde           straßen. Die eine zog sich vom Unteren Platz
Josephinischer Kataster genannt. Man ging von       durch die Fabrikstraße, verlief über die Gründe
der Überlegung aus, dass die Bauern 70 % des        der Herrschaft Feilhofen, wo sich unmittelbar
Ertrages behalten konnten, 30 % waren als Ab-       vor dem Schloss das Falltor befand, eine Stra-
gabe oder Steuern an die Grundherrschaft oder       ßensperre, um die es speziell im 18. Jh. zu eini-
den Staat vorgesehen.                               gen Auseinandersetzungen gekommen war.
In den Jahren 1820 bis 1830 gab Kaiser Franz I.     Die Straße ging dann weiter über die Steinwand,
eine Neuvermessung des Landes in Auftrag.           die Hinterleiten, bis nach Freiland und verließ
Dieser Franziszäische Kataster liefert noch         auf der Hebalpe steirisches Gebiet.
heute die Grundlage für den modernen stabilen       Die zweite Handelsstraße zweigte am Unteren
Kataster. Die einzelnen Katastralgemeinden          Platz ab, verlief durch den Markt Landsberg,
wurden in Rieden eingeteilt.                        führte über einen heute noch erkennbaren Hohl-
1848 wurden die Bezirkshauptmannschaften            weg am Eingang der Klause bis nach Weitensfeld       Saumweg in Weitens-
gegründet. Erster Standort der Bezirkshaupt-        bei Trahütten und führte über den Wildbacher-        feld (Trahütten)

                                                                                                                                  5
Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
Saumstraßen, Planken-   sattel nach Kärnten. Mit der beginnenden Glas-      Wallfahrtswege anlegte, die immer stark began-
    und Hohlwege,           produktion an der Wende 16./17. Jh. erlangte        gen wurden und heute wieder eine Renaissance
    Wallfahrswege und       allerdings die Handelsstraße über die Weinebene     erfahren. Diese Wege sind oft von Wegkreuzen
    gebürstete Straßen      große Bedeutung.                                    oder Kapellen aus verschiedenen Epochen
    bildeten ein dichtes                                                        gesäumt und zeugen so von der Religiosität der
    Verkehrsnetz.           Plankenwege und Hohlwege als Verbindun-             Bevölkerung.
                            gen zwischen den einzelnen Anwesen                  Zu den bekanntesten Wallfahrtswegen zählen
                            Bei genauerer Betrachtung der Region ist ein        wohl der Osterwitzweg durch die Betleiten
                            sehr dichtes Netz an Hohlwegen erkennbar, die       oder der Wolfgangiweg über Neuberg, vorbei
                            mehr oder weniger tief in das Gelände einge-        am Wolfgangistein, nach St. Wolfgang.
                            schnitten sind. Diese Hohlwege, die man durch
                            Holzplanken befestigte, waren in vielen Fällen      Gebürstete Straßen
                            auch mit Steinsetzungen verstärkt. Solche           Die starke Frequenz in der Benützung dieser
                            Wege waren die Verbindung der einzelnen             Straßen und die Regengüsse führten dazu, dass
                            Höfe untereinander bzw. der Höfe zu ihren           man gezwungen war, den Verlauf der Straßen
                            Mühlen. Da durch die Witterungsverhältnisse         immer wieder zu ändern bzw. den Straßengrund
                            diese Wege sehr in Mitleidenschaft gezogen          zu befestigen.
                            wurden, legte man mehrere Parallelwege an.          Ende des 19. Jh. begann man, vorwiegend Stra-
                            Beispielsweise sieht man noch im Bürgerwald in      ßen im steileren Gelände zu bürsten. Man legte
                            Deutschlandsberg und parallel zur Weineben-         Steine mit der schmalen Seite nebeneinander
                            straße solche alten Hohlwege.                       und erreichte dadurch einen festeren Unter-
                            In der Katastralgemeinde Vochera am Weinberg        grund. Unweit des Halmbauernkreuzes in Warn-
                            ist noch der alte Verbindungsweg zwischen den       blick sieht man teilweise noch die Bürstung der
                            einzelnen Gehöften zu sehen, der unweit des         alten Weinstraße auf die Weinebene.
                            Anwesens Zirknitzjäger auch Steinsetzungen          Im Bereich des Marktes wurde der Untergrund
                            aufweist. Auch im Sickerigraben in Bad Gams         durch jährliche Beschotterung befestigt. Dies
                            oder in Gersdorf sind an vielen Stellen die Reste   führte besonders in den Sommermonaten zu
                            solcher Wege zu finden.                             einer wahren Staubplage, der man durch Ölung
                                                                                des Untergrundes oder Bespritzen der Straßen
                            Wallfahrtswege                                      mit Wasser abzuhelfen versuchte.
                            Die Existenz mehrerer Wallfahrtskirchen im Be-
                            zirk Deutschlandsberg – Maria Osterwitz, Wolf-
                            gangi, Ulrichskirche, St. Oswald/Kloster, um nur    Die ersten nachweisbaren Bezeich-
                            einige zu nennen – führte auch dazu, dass man       nungen in Deutschlandsberg

                                                                                Sieht man von sehr frühen Gegendbezeichnun-
                                                                                gen ab, wie „im Purgekh“ im Jahre 1383 oder
                                                                                im Marawfeld (Muraufeld – sumpfiges Gebiet)
                                                                                1394, tauchen die ersten Nennungen Ende des
                                                                                16. Jh. auf.
                                                                                Im „Galgenfeld“, das im Bereich der Franz-
                                                                                Schubert-Straße lag, befand sich die Hinrich-
                                                                                tungsstätte, der Galgen des Marktes. Beim
                                                                                Leonhardikreuz, an der Kreuzung Kirchengasse/
                                                                                Ringweg erreichte man die bürgerliche Tratte,
                                                                                den Gemeinschaftsbesitz der Landsberger Bür-
                                                                                ger. In der Hofmeierschaft, im Bereich der obe-
                                                                                ren Burgegger Straße, hatte der Gerichtsdiener
                                                                                seine Unterkunft bzw. hatten viele Landsberger
                                                                                Bürger Äcker gepachtet. Beim „Steinernen
                                                                                Kreuz“ unweit der ehemaligen Bahnüberset-
     Blick aufs Galgenfeld 1898 				                                    ©Deix
                                                                                zung in der Burgegger-Straße, befand sich ein

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Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
Pestgrab. Am „Bannbächl“, bei der Kapelle in         am heutigen Dr.-Hans-Kloepfer-Weg. Die Häu-        1850 beschloss die
der Nähe des Jugendgästehauses, wurden die           ser 11 bis 30 lagen in der Oberen und Unteren      Gemeindevertretung
Straffälligen vom Markt der Herrschaft überge-       Schmiedgasse, 31 bis 33 in der Grazer Straße, 34   eine Neunummerie-
ben, die „Stierwiese“ zwischen Laßnitz und den       bis 38 und 79 bis 81 waren die Häuser am Unte-     rung der Häuser des
Südtirolerbauten war als Weide für den Gemein-       ren Platz, 39 bis 78 waren die Hauptplatzhäuser,   Gemeindegebietes, die
destier bestimmt und die „Esslpeint“ zwischen        deren Nummerierung bei Zotter mit der Nummer       1870 nochmals überar-
Laßnitz und der Poststraße war dem Marktschrei-     34 begann und mit der Nummer 78, Prassl, endete.    beitet wurde.
ber zur Nutzung vorbehalten. Der Name leitet sich   82 und 83 befanden sich in der Fabrikstraße,
vom ehemaligen Marktrichter und Marktschrei-         existieren heute aber nicht mehr. 82 befand sich
ber Michael Essl ab.                                 an der Stelle des Lokales Mediterrane und 83 war
„Im Erlach“ (Obere und Untere Schmiedgasse)          die Zündwarenfabrik. 84 war die Volksschule
war die Bezeichnung für ein Gebiet, das der         und 85 das Armenhaus des Marktes (heute Dr.
Überschwemmung ausgesetzt war.                       Sternad). Die weiteren Nummern wurden nach
„ Im Sack“ (unterer Bereich der Unteren              der Reihenfolge der Erbauung vergeben.
Schmiedgasse) steht auch in diesem Fall für eine    Als Straßenbezeichnungen scheinen auf:
Sackgasse, denn die Untere Schmiedgasse hatte       • Bräuergasse (heute Hollenegger Straße zwi-
keinen Übergang über den Mühlgang.                     schen Hauptplatz und Schmiedgasse) –
„In der Hofmark“ im Bereich der Kreuzung
Dr.-Karl-Renner-Weg und Grazer Straße hatten
die Landsberger Bürger Ackerflächen und beim
Maderhof, zwischen dem Baumarkt Wallner und
der Eisenbahnbrücke über die Laßnitz, befand
sich ein kleiner Adelshof, der als Abgabe an die
Herrschaft Marderbälge abzuliefern hatte.
Auch die ersten Straßenbezeichnungen tauchen
in dieser Zeit auf, wenn auch anzunehmen ist,
dass diese Benennungen im Alltag üblich waren,
aber durch keinen Ratsbeschluss des Marktes
zustande gekommen sind. Es handelt sich um
die Kirchgasse, den Hollenegger Kirchweg
(Hollenegger Straße) und die Weinstraße über
Freiland (heute Fabrikstraße).
(siehe Abbildung auf der letzten Seite)

Die Beschlüsse des Gemeinde-
ausschusses von 1850 und 1870

1850 beschloss die Gemeindevertretung eine
Neunummerierung der Häuser des Gemeinde-
gebietes, die 1870 nochmals überarbeitet wurde.
Hatte man 1850 nur kleinere Änderungen hin-
sichtlich der 1770 eingeführten Hausnummern
vorgenommen, brach man durch den Gemein-
deratsbeschluss des Jahres 1870 mit der Tra-
dition und begann mit der Hausnummerierung
in Scheidsberg, der ja noch zum Marktgebiet
zählte. Das Anwesen vlg. Höller hatte die Haus-
nummer 1, die Zählung ging mit der Nr. 8 bei der
Trattenschlosserkeusche, die heute abgerissen
ist und sich unweit des Tennisplatzes/Pieber
befand, weiter, die Nr. 9 und 10 befanden sich      Fabrikstraße 1899 					                                            ©Deix

                                                                                                                                7
Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
In der Zeit des 1. Welt-       benannt nach der ehemaligen Brauerei (heute              Villenstraße, Kaiserallee, Burgeggergasse,
    krieges wurden Stra-           Sorger)                                                  Stiftungspark, Parkgasse, Tennisallee, Ringweg,
    ßen nach wichtigen         •   Kirchgasse, Feldgasse, führte vom Unteren                Kirchengasse, Holleneggerstraße, Untere
    Personen umbenannt.            Platz auf die Felder der Landsberger Bürger              Schmiedgasse, Obere Schmiedgasse, Schleusen-
                                   (zwischen Unterem Platz und dem Fachmarkt-               weg, Liechtensteinpromenade, Glashüttenstraße,
                                   zentrum),                                                Schulgasse, Kaiser Josef Park.
                               •   Fabrikstraße, die ihren Namen von der Zünd-              Herr Czerweny beantragt weiters es möge die Be-
                                   holzfabrik hatte                                         völkerung von der Straßenbenennung aufklärend
                               •   Schulgasse im Bereich der heutigen Volksschule,          benachrichtiget werden. Dieser Antrag wird mit
                               •   die beiden Schmiedgassen, Schleusenweg                   der Modificirung angenommen, es habe dies nach
                                   entlang des ehemaligen Mühlganges (heute                 Aufstellung der Tafeln unter Auflage einer Skizze
                                   Fludergasse)                                             zu geschehen.“ 2
                               •   die Bahnhofstraße und die Sparcassenstraße,              Die Kaiserallee war der Schlossweg, die Burgeg-
                                   (heute Kirchengasse im Bereich der Bezirks-              gergasse der Dr.-Hans-Kloepferweg, die Park-
                                   hauptmannschaft).                                        gasse der Dr.-Geramb-Weg, die Tennisallee der
                                                                                            untere Teil der Villenstraße, die Liechtenstein-
                                                                                            promenade befand sich vom Uferweg entlang der
                               Der Gemeinderatsbeschluss des                                Laßnitz bis zum Eingang der Klause.
                               Jahres 1902

                               Im Zuge der Ehrung des ehemaligen Bürgermeis-                 Die Umbenennungen in der Zeit des
                               ters und Gründers der Zündwarenfabrik, Florian                Ersten Weltkrieges
                               Pojatzi, wurde seitens des Gemeinderates ein-
                               stimmig die Benennung der Zukunftsstraße in                  Bereits 1914 beschloss der Gemeinderat die
                               Florian-Pojatzi-Straße beschlossen.                          Umbenennung dreier Straßen:
                               Hinsichtlich der erstmaligen größeren Straßen-               • die Fabrikstraße wurde in Kaiser-Wilhelm-
                               benennungen seitens der Gemeinde heißt es im                   Straße
                               Protokoll:                                                   • die Kirchengasse in Kaiser-Franz-Joseph-
                               „Die übrigen Straßen werden wie folgt benannt:                 Straße
                               Hauptstraße, Unterer Platz, Grazerstraße, Feld-              • die Glashüttenstraße in Conrad-von-Hötzen-
                               gasse, Bahnsteig, Fabriksstraße, Lagergasse,                   dorf-Straße umbenannt.
    Kaiser Wilhelm II.
    ©Wikimedia Commons
                               Bahnhofstrasse, Sulzstraße, Mittereggstraße,
                                                                                            Kaiser Wilhelm II.
                                                                                            Der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II., war der
                                                                                            Bündnispartner Kaiser Franz Josephs I. im
                                                                                            Ersten Weltkrieg.
                                                                                            Zusammen mit Italien bildeten diese drei
                                                                                            Mächte den Dreibund. 1859 geboren, kam er
                                                                                            nach dem frühen Tod seines Vaters, Friedrich,
                                                                                            der nur 99 Tage im Amt war, als deutscher Kaiser
                                                                                            an die Macht. Er entstammte dem Haus der Ho-
                                                                                            henzollern und war über seine Mutter Victoria,
                                                                                            die eine Tochter der britischen Königin Victoria
                                                                                            war, auch mit dem britischen Herrscherhaus
                                                                                            verwandt. Seine Flottenpolitik, die den Briten
                                                                                            ein Dorn im Auge war, sowie sein angespanntes
                                                                                            Verhältnis zu Frankreich sollten wichtige stra-
                                                                                            tegische Punkte im Ersten Weltkrieg werden.
                                                                                            Einer Mitbestimmung des Volkes bei der Ge-
                                                                                            setzgebung stand er stets ablehnend gegenüber.
                                                                                            Erst im Angesicht der Niederlage im Weltkrieg
    Pojatzistraße um 1903                                                                   stimmte Wilhelm einer Verfassung zu. Im No-

                                                                        2
                                                                            Gemeindeausschusssitzung vom 30. Oktober 1902, Stadtarchiv Deutschlandsberg

8
Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
vember 1918 dankte Wilhelm II. als deutscher                         verschiedene militärische Innovationen durch,       Am 15. März 1923
Kaiser ab und erhielt in den Niederlanden Asyl.                      z. B. ersetzte er die militärischen Übungen am      wurde in der Gemein-
Dort starb er auch im Jahre 1941.                                    Paradeplatz durch Manöver im Gelände. Auf           deratssitzung der
                                                                     Vorschlag des Thronfolgers Franz Ferdinand          Antrag gestellt, sämt-
Kaiser Franz Joseph I.                                               ernannte ihn der Kaiser 1903 zum Leiter des         liche zu diesem Zeit-
1848 nach der Abdankung seines Onkels Fer-                           Generalstabs, weshalb er nur dem Kaiser selbst      punkt existierenden
dinand, wurde der 18-jährige Franz Joseph                            unterstellt war.                                    Straßenbezeichnungen
zum Kaiser von Österreich gekrönt, musste                            Hötzendorf war 1914 der Hauptunterstützer           umzubenennen.
jedoch angesichts der Oktoberaufstände nach                          eines sofortigen Krieges gegen Serbien und
Olmütz fliehen. Nachdem Franz Joseph einer                           drängte Kaiser Franz Joseph zur Kriegserklä-
Verfassung zugestimmt hatte, versuchte er                            rung. Meinungsverschiedenheiten zwischen den
durch teilweise Entmachtung des Parlamentes                          militärischen Verantwortlichen beider Mächte,
uneingeschränkt, absolut, zu regieren. Diese                         Deutschland und Österreich-Ungarn, führten
kompromisslose Haltung und die Niederlagen in                        1916 zu deren völligen Zerwürfnis. Nicht zuletzt
Solferino 1859 und in Königgrätz,1866, führten                       durch seine kompromisslose Kriegspolitik ver-
dazu, dass sich Franz Joseph mit den Ungarn                          anlasst, wurde Hötzendorf im März 1917 seines
aussöhnen musste und im Ausgleich die unga-                          Amtes enthoben.
rische Reichshälfte als gleichberechtigten Teil                      Er starb 1925. In der Forschung wird seine Per-
seines Reiches anerkannte.                                           son sehr kritisch betrachtet, als Kriegstreiber
Durch Beschluss beim Berliner Kongress 1878                          und Verfechter einer langen Zermürbungstak-
erhielt er das Recht, die Verwaltung von Bos-                        tik, aber auch als Sozialdarwinist, der rasse-
nien und Herzegowina auszuüben. Dieses als                           hierarchisches Denken3 verfolgte und als rück-
Okkupationskrise bezeichnete Ereignis sollte                         sichtsloser Akteur gegen die verdächtige Zivil-
durch die Annexionskrise des Jahres 1908,                            bevölkerung.
durch welche diese beiden Länder der Habsbur-
germonarchie einverleibt wurden, zu einer der
Ursachen des Ersten Weltkrieges werden.                              Die Straßenbenennungen bis 1945
Franz Joseph war mit Elisabeth von Bayern ver-
ehelicht. Nach dem Selbstmord seines Sohnes                          Am 15. März 1923 wurde in der Gemeinderats-
Rudolph 1889, wurde sein Neffe Franz Ferdi-                          sitzung der Antrag gestellt, sämtliche zu diesem
nand Thronfolger. Dieser musste jedoch, da er                        Zeitpunkt existierenden Straßenbezeichnun-
eine nicht standesgemäße Ehe mit Sophie Cho-                         gen umzubenennen. Ein Ausschuss hatte sich          Kaiser Franz Joseph I.
tek einging, für seine Kinder auf die Thronfolge                     mit dieser Thematik zu beschäftigen. Es gab
verzichten. Am 28. Juni 1914 wurde das Thron-                        sogar eine Gruppe von Gemeinderäten, die den
folgerpaar durch einen serbischen Nationalisten,                     Antrag stellte, die Straßennamen abzuschaf-
Gavrilo Princip, in Sarajevo erschossen. Nach                        fen. Zunächst wurde beschlossen, die Straße
der Ablehnung des Ultimatums durch die Ser-                          zwischen der Strutzvilla und der Bezirkshaupt-
ben sahen die Verbündeten keinen anderen Weg,                        mannschaft in Ignaz-Strutz-Gasse umzube-
als den Krieg zu erklären.                                           nennen, nach dem kurz zuvor verstorbenen
Franz Joseph starb am 21. November 1916, nach                        Altbürgermeister der Stadt.
68-jähriger Regierunggszeit.
                                                                     Mit Gemeinderatsbeschluss vom 17. Juni 1933
Franz Conrad von Hötzendorf                                          wurden folgende Umbenennungen beschlossen:
Hötzendorf stammte aus einer österreichischen                        „1; Weg von der Liechtenstein Promenade zum
Beamten- und Offiziersfamilie. Sein Vater nahm                       Turnersteg: Jahnweg
an der Völkerschlacht bei Leipzig gegen Napo-                        2; Straße längs der Laßnitz vom Zechner- bis zum
leon und im Kampf gegen die Wiener Revolutio-                        Habelhaus: Uferweg
näre des Jahres 1848 teil.                                           3; Straße vor den Häusern der Landesbaugenos-
Nach seiner Offiziersausbildung an der Militär-                      senschaft längs der Liechtensteinpromenade:
akademie in Wiener Neustadt wurde er u. a.                                                                               Generalstabschef
                                                                     Poststraße                                          Franz Conrad von
auch im Feldzug gegen Bosnien-Herzegowina                            4; Straße längs der Häuser Nechutny, Kern, Röder,   Hötzendorf
eingesetzt. Als Stabschef von Lemberg führte er                      Doblreiter: Schillerstraße                          ©Wikimedia Commons

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    Endbericht der ExpertInnenkommission für Straßennamen Graz, Graz 2017, S. 41ff

                                                                                                                                                  9
5; Straße von der Burgeggerstraße abzweigend                  der schrittweisen Ausschaltung der anderen Par-
                              vorbei am Stiftungshause zur Schloßallee –                   teien war die Etablierung der Diktatur umgesetzt.
                              Schleichergasse                                              Dollfuß wurde am 25. Juli 1934 beim Putschver-
                              6; Weg zwischen den Gärten der Villen an der Esel-            such der Nationalsozialisten im Bundeskanzler-
                              peunt und jenem der Wohnhäuser der Landesbau-                 amt erschossen.
                              genossenschaft: Gartenweg                                    Mit dem Anschluss Österreichs an Hitler-
                             Nach Wechselrede wird einstimmig beschlossen                  Deutschland wurden der Hauptplatz in Adolf
                              die Straßenbenennungen folgend vorzunehmen:                  Hitlerplatz und der Untere Platz in „Platz der SA“
                             Ad 1; Jahnweg                                                  umbenannt.
                             Ad 2; Eselpeunt                                               In der Sitzung vom 23. September 1942 wur-
                             Ad 3; Poststraße                                               den folgende Umbenennungen beschlossen:
                             Ad 4; Schillerstraße                                          • Hollenegger Straße in Heydrichstraße
                             Ad 5; Schießstattgasse und                                    • Fabrikstraße in Georg Ritter von Schönerer-
                             Ad 6; Gartenweg.“ 4                                              straße
                             Eine weitere Straßenbenennung wurde durch                     • Glashütten Straße in Dr. Todtstraße
     Dr. Engelbert Dollfuß    den Beschluss des Gemeinderates vom 15. Sep-                 • Kirchengasse in Josef Ehgartner Straße
                              tember 1934 wirksam.
                             „Referent Wedra bringt das Schreiben der Bezirks-              Reinhard Heydrich
                              und Ortsgruppenleitung der Vaterländischen                    1904 in Halle an der Saale geboren, trat er nach
                             Front Deutschlandsberg vom 10. August 1934 zur                 der Matura der Reichsmarine bei, aus der er
                             Verlesung und beantragt namens der 1. Sektion die              jedoch schon frühzeitig austrat. Der Leiter der
                             Kirchengasse, in deren Nähe zur gleichen Stunde,               SS, Heinrich Himmler, beauftragte ihn mit dem
                              als Bundeskanzler Dr. Dollfuß feiger Mörderhand               Aufbau eines SS-Nachrichtendienstes (Sicher-
                              zum Opfer gefallen war, Heimatschützer für Öster-             heitsdienst). 1936 übernahm er die Sicherheits-
                              reichs Freiheit ihr Leben ließen, zum ewigen Geden-           polizei; ihm unterstanden dadurch auch der
                              ken an den Märtyrerkanzler und an die Verteidiger             Sicherheitsdienst, die Gestapo und die Kriminal-
                              seiner Idee in ,Dollfuß Straße’ umzubenennen.“ 5              polizei. 1940 bestellte man ihn zum Beauftragten
                             Die Umbenennung fand anlässlich der großen                     für die Gesamtlösung der Judenfrage. 1941
                             Vaterländischen Kundgebung am 23. September                    wurde er Statthalter im Protektorat Böhmen und
                             1934 statt.                                                    Mähren. Sein skrupelloses Vorgehen brachte
                                                                                            ihm den Namen „Schlächter von Prag“ ein.
                                                                                            Am 27. Mai 1942 wurde er in Prag durch ein
                             Dr. Engelbert Dollfuß                                          Attentat getötet.
     Reinhard Heydrich
     ©Bundesarchiv/
                             Der 1892 in Texing in Niederösterreich geborene
     Bild 146-1969-054-16    Dollfuß war ein christlich-sozialer Politiker, der             Georg Ritter von Schönerer
                             als Begründer des austrofaschistischen Stän-                   Schönerer wurde 1842 in Wien geboren und
                             destaates gilt. Seine politische Karriere begann               begab sich 1861 zu landwirtschaftlichen Studien
                             mit dem Abschluss des Rechtsstudiums an der                    nach Tübingen. Ab 1869 verwaltete er das Fa-
                             Universität Wien im Jahre 1922. Seine ersten                   miliengut bei Zwettl. Nachdem er kurzzeitig als
                             Funktionen bekleidete er in der Niederöster-                   Abgeordneter der deutschen Fortschrittspartei
                             reichischen Landwirtschaftskammer, wo er die                   im Reichsrat saß, übernahm er 1879 für die Füh-
                             Einführung der Sozialversicherung für Bauern                   rung der Deutschnationalen (Alldeutsche) in Ös-
                             erreichte.                                                     terreich. In seiner radikal antisemitischen Lehre
                             1931 wurde er Landwirtschaftsminister und                      strebte er die Auflösung der österreichischen
                             1932 von Bundespräsident Miklas zum Bun-                       Monarchie und den Anschluss des deutschspra-
                             deskanzler ernannt. Seine Regierung hatte im                   chigen Österreich an das Deutsche Reich an.
                             Nationalrat mit nur einer Stimme die Mehrheit.                 Schönerer war auch Gründungsmitglied des
                             Anlässlich der Selbstausschaltung des National-                Deutschen Schulvereines. Dieser unterstützte die
     Georg Ritter von        rates 1933 verhinderte Dollfuß ein neuerliches                 deutsche Volksgruppe in jenen Kronländern, in
     Schönerer               Zusammentreten des Parlamentes und beendete                    welchen sie die Minderheit bildete, mit dem Bau
     © R.Kriziwanek
                             durch die Ausschaltung der Legislative und der                 von Schulen.
                             Judikative den Grundsatz der Gewaltentren-                     Er starb 1921 auf seinem Familienbesitz.
                             nung. Mit der Einführung des Ständestaates und

                                                                             4
                                                                               Gemeindeausschusssitzung vom 17. Juni 1933, Stadtarchiv Deutschlandsberg
                                                                     5
                                                                         Gemeindeausschusssitzung vom 15. September 1943, Stadtarchiv Deutschlandsberg
10
Fritz Todt                                                        Außerdem musste man eine Lösung für die in             In der Gemeinderats-
Der ehemalige Leiter des Reichsautobahnbaues                      der NS-Zeit eingemeindeten Regionen Hörbing,           sitzung vom 3. Novem-
wurde 1891 geboren, studierte Bauingenieur-                       Leibenfeld, Unterlaufenegg, Burgegg, Warnblick         ber 1961 wurde ein
wesen und war nach dem Ersten Weltkrieg im                        und Bösenbach finden. Die Nummern wurden in            Großteil der heute noch
Kraftwerks- und Straßenbau tätig.                                 der Regimezeit teilweise dem Nummerierungs-            bestehenden Straßen-
Bereits 1922 trat er der Deutschen Arbeiterpar-                   system der Stadt angepasst, jedoch hatten die          namen beschlossen.
tei bei. 1933 wurde ihm die Generalinspektion                     Straßenzüge noch keinen Namen.
des deutschen Straßenwesens übertragen.
1938 gründete er die Organisation Todt, die                       In der Gemeinderatssitzung vom 3. Novem-
u. a. auch für den Bau des Atlantikwalls und des                  ber 1961 wurde ein Großteil der heute noch
Westwalls eingesetzt wurde. 1940 übertrug ihm                     bestehenden Straßennamen beschlossen.
Hitler das Ministerium für die gesamte Deutsche                   Auszugsweise sei der Wortlaut für einige dieser
Kriegswirtschaft.                                                 Benennungen angeführt:
Todt verunglückte 1942 bei einem Flugzeugab-                       „[…] 4; Die Straße, abzweigend von der Grazer-
sturz.                                                            Straße beim Hause Josef Fürnschuß in Richtung
                                                                  Leopold-Mühle bis zur Kreuzung mit der Um-
Josef Ehgartner                                                   fahrungsstraße ,Freidorf ’ und dann weiter die
Der aus Freidorf stammende Gärtnerlehrling                        Straße zur Grazer-Straße in der Nähe des Frauen-
beteiligte sich am 25. Juli 1934 beim Putsch-                     thaler-Teiches: ,Mühlstraße’.
versuch der Nationalsozialisten in Deutsch-                       5; Die Stichstraße in der sogenannten Greiner-
landsberg. Als Mitglied der Hitlerjugend kam                      Siedlung und im weiteren Verlauf bis zum Zusam-
er beim Versuch, mit einem Trupp die Bezirks-                     mentreffen mit der Unterlaufenegger-Straße:
hauptmannschaft zu besetzen, an der Ecke                          ,Flurweg’.
Pojatzi-Straße/Ignaz-Strutz-Gasse ums Leben.                      6; Die Straße, abzweigend von Feldgasse bei der
An dieser Stelle errichtete man im Dritten Reich                  STEWEAG in Richtung kleiner Bahndurchlaß:
eine Gedenktafel, die an der Bezirkshauptmann-                    ,Lagergasse’. [...]
schaft angebracht wurde.                                          8; Die Straße, abzweigend von der Freiländer-          Fritz Todt
                                                                  Straße in Richtung Villa Dr. Klauser bis zur Ge-       ©Bundesarchiv/
                                                                                                                         Bild 146-1969-146-01
                                                                  meindegrenze: ,Sulzer-Weg.’ [...]
Die Straßenbenennungen von 1946                                   10; Der Weg, abzweigend in der Grazer-Straße
bis 1969                                                          beim SOLO-Magazin in der Nähe des Konsum in
                                                                  Hörbing über das Hörbinger-Waldl vorbei bei der
Bereits unter Bürgermeister Josef  Topolnik                       Leopold-Mühle in Richtung Freidorf bis zur Ge-
wurden die in der Zeit des Nationalsozialismus                    meindegrenze: ,Erlenweg’.
benannten Straßenzüge wieder umbenannt.                           12; Der Weg, abzweigend von der Leibenfelder-
Der offizielle Beschluss des Gemeinderates                        Straße beim Hause ,Feldbacher’ vorbei bis zur ver-
wurde jedoch erst in der Sitzung vom 7. Februar                   längerten Glashüttenstraße: ,Kastanienweg‘. [...]” 7
1946 gefasst.
Erst am 13. Dezember 1954 wurde beschlossen,
eine Neuhausnummerierung des Gemeinde-                             Die Straßenbennungen seit 1970
gebietes vorzunehmen. Diese war notwendig
geworden, weil „immer wieder Beschwerden                          Die Eingemeindungen der ehemaligen selb-
von verschiedenen Dienststellen, die mit Zustel-                  ständigen Gemeinden Wildbach, 1970 und
lungen und Erhebungen befasst sind, einlaufen,                    Sulz-Laufenegg, 1974, brachten es mit sich,
weil die Parteien nicht gefunden werden können.                   größere Umbenennungen vorzunehmen. Seit-
Bisher erhielten die Häuser die Hausnummern                       her kam es nur bei Neuerrichtung von Straßen
so zugeteilt, wie sie errichtet wurden. Nr. 1 am                  und Wegen zu Namensvergaben. Vereinzelt kam            Josef Ehgartner
Scheidsberg, Nr. 2 in der Oberen Schmiedgasse,                    es auch vor, dass man lange Straßenzüge ab-
Nr. 8 steht neben Nr. 130, sodass sich niemand                    schnittsweise umbenannte.
mehr zurechtfindet. Ein seit 25 Jahren tätiger Er-                Die Unterlaufenegger Straße, die sich von der
hebungsbeamter der Krankenkasse erklärt, dass                     Wildbacher Straße bis zur Radlpaß-Bundes-
er nicht mehr in der Lage ist, die ihm übertragenen               straße erstreckte, wurde in Liechtensteinstraße
Aufgaben voll zu erfüllen.“ 6                                     (von der Wildbachberg Straße bis Kreisverkehr
6
    Gemeindeausschusssitzung vom 13. Dezember 1954, Stadtarchiv Deutschlandsberg
7  
    Gemeindeausschusssitzung vom 3. November 1961, Stadtarchiv Deutschlandsberg
                                                                                                                                                   11
beim BSZ) und die Siemensstraße (vom BSZ bis           Frächterei, die von vielen Bürgern genutzt wurde,
                           zum Kreisverkehr an der Bundesstraße umbe-             sondern auch ein Fiakergewerbe und wurde u. a.
                           nannt. Die seit 1961 bestehende Lagergasse von         auch vom fürstlichen Hause Liechtenstein für die
                           der Steweag bis zur Norbert-Ehrlich-Siedlung,          verschiedensten Fahrten beauftragt. Durch seine
                           wurde in Raiffeisenstraße (Steweag bis BSZ), La-       Fahrten in die Almregion erkannte er schon sehr
                           gergasse (Kreisverkehr BSZ bis Mittereggbach)          früh deren Potential für den Fremdenverkehr.
                           und Stadionstraße (ab Mittereggbach Richtung           Mit der Errichtung eines Alpenhotels in Trahüt-
                           Norbert-Ehrlich-Siedlung) umbenannt.                   ten legte er den Grundstein für den Höhenluft-
                                                                                  kurort Trahütten, der von hohen und höchsten
                                                                                  Würdenträgern aus der ganzen Monarchie be-
                                                                                  sucht wurde.
                           DIE STRASSENNAMEN
                                                                                  Alfred Cossmann
                           NACH PERSÖNLICHKEITEN
                                                                                  Der Kupferstecher Cossmann wurde 1870 in
                           Das Gemeindegebiet von Deutschlandsberg                Graz als Sohn des Liechtenstein‘schen Forst-
     Alban Berg                                                                   beamten Viktor Cossmann geboren. Sein Vater
     ©Sammlung Huemer      verfügt über eine große Anzahl von Straßen-
                           namen, die Personen gewidmet wurden. Ob es             war im Auftrag des Fürsten Franz von und zu
                           sich um international bekannte Personen, wie           Liechtenstein in den Regionen Schwanberg und
                           Schiller oder Schubert, oder Politiker, Künstler,      Garanas tätig. In der Gemeinde Leibenfeld kaufte
                           Wissenschafter handelt, die entweder für Ös-           er sich einen Grund und errichtete dort ein Land-
                           terreich oder Deutschlandsberg von Bedeutung           haus, das 1883 von Ernst Rathausky, dem Besitzer
                           sind. Alle diese Bezeichnungen sind in den Aus-        der Burgegger Papierfabrik, erworben wurde.
                           schüssen der Gemeindevertretung ausgearbeitet,         1886 zog Cossmann nach Wien, absolvierte die
                           diskutiert und vom Gemeinderat, nicht immer            Kunstgewerbeschule und studierte bei William
                           ohne Vorbehalt und manchmal auch mit Gegen-            Unger Radierung. Nach Besuch der Kunstakade-
                           stimmen, beschlossen worden.                           mie wandte er sich dem Kupferstich, speziell der
                                                                                  Exlibris-Gestaltung, zu.
                           Alban Berg                                             19018 trat er dem Hagen-Bund, einer Vereini-
                           Der österreichische Komponist wurde 1885 in            gung Bildender Künstler, bei. 1917 wurde er zum
                           Wien geboren und war schon frühzeitig an Musik         Professor ernannt und lehrte an der Grafischen
                           und Literatur interessiert. So begann er bereits       Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Er beein-
     Alfred Cossmann       mit 16 Jahren Lieder zu komponieren. 1904 nahm         flusste die Radiertechnik und die Mischtechnik
                           er an einem Kompositionskurs bei Arnold Schön-         in der österreichischen Kleingraphik.
                           berg teil, der sein Talent erkannte und förderte. Zu   Neben zahlreichen Ehrungen in der Ersten Repu-
                           seinen bekanntesten Werken zählen neben den            blik, wie z. B. dem Silbernen und Goldenen Ehren-
                           Opernwerken „Wozzek“ und „Lulu“ auch seine             zeichen der Republik Österreich und der Zweiten
                           drei Orchesterwerke aus dem Jahre 1914 und das         Republik, wie der Ehrenmedaille der Stadt Wien,
                           Violinkonzert aus dem Jahre 1935.                      war Cossmann auch Ehrenmitglied der Bildenden
                           Berg war mit Helene Nahowska verheiratet,              Künste in Wien und Beirat der Albertina.
                           die eine uneheliche Tochter von Kaiser Franz           Cossmann wird auf der Gottbegnadetenliste der
                           Joseph war. Die Familie Nahowski hatte die ehe-        wichtigsten Maler des Nationalsozialistischen
                           malige Kalchbergvilla in Trahütten, die von Franz      Deutschland geführt, wobei anzumerken ist,
                           von und zu Liechtenstein und seiner Schwieger-         dass sein Name dort falsch geschrieben ist.
                           tochter Henriette gekauft worden war, erworben.        Die Verleihung des Kriehuber-Preises der Stadt
                           Alban Berg verbrachte dort die Sommermonate            Wien 1942 und der Ehrenmitgliedschaft der
                           und komponierte Teile seiner Oper „Wozzek“.            Wiener Akademie der Bildenden Künste im
                                                                                  gleichen Jahr rückten Cossmann in ein anderes
                           Alexander Kortschak
                                                                                  Licht. Es ist jedoch anzumerken, dass Cossmann
                           Der aus Leibnitz stammende Alexander Kort-
                                                                                  keine Mitgliedschaft in der NSDAP nachgewie-
                           schak kam 1870/71 nach Deutschlandsberg
                                                                                  sen werden konnte.
                           und gründete im Ort eine Sattlerei und Lohn-
                                                                                  Cossmann starb 1951 in Wien.
     Alexander Kortschak   kutscherei. Kortschak betrieb nicht nur eine

                                                                                                             8
                                                                                                                 Vgl. Anmerkung 3, S. 20ff

12
Dr. Christoph Klauser                                               Studentenverbindung Gothia bzw. dem Akade-
Dr. Christoph Klauser wurde 1924 in Deutsch-                        mischen Turnverein beitrat.
landsberg als Sohn des Rechtsanwaltes Dr.                           1893 wurde er Werksarzt des Eibiswalder Stahl-
Arnulf Klauser und seiner Gattin Gerta ge-                          werkes. Im Jahr 1894 nahm er die Stelle eines
boren. Nach Absolvierung der Pflichtschule in                       Werksarztes bei der Alpinen Montangesellschaft
Deutschlandsberg besuchte er das Lichtenfels-                       in Köflach an, die er bis zu seinem Tod innehatte.
gymnasium und legte 1942 die Matura ab.                             Sein literarisches Schaffen konzentrierte sich
In diesem Jahr wurde er zur Deutschen Wehr-                         besonders auf Themen, welche die Landbe-
macht eingezogen und befand sich vom 8. Mai.                        völkerung ansprachen. Zu seinen Veröffentli-
1945 bis September 1947 in russischer Kriegs-                       chungen zählten jedoch auch wissenschaftliche
gefangenschaft. 1947 kehrte er aus dieser zurück                    Werke, wie „Eibiswald“, „Vom Kainachboden“
und promovierte 1950 zum Doktor der Rechte an                       oder „Aus dem Sulmtale“. Für seine literarische
der Karl-Franzens-Universität. Danach trat er in                    Tätigkeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen,
                                                                                                                                       Dr. Christoph Klauser
die Rechtsanwaltskanzlei seines Vaters ein und                      z. B. wurde er 1936 zum Ehrendoktor der Uni-
war seit 1954 selbständiger Rechtsanwalt.                           versität Graz ernannt. In der Zeit des National-
1959 heiratete er Dr. Annerose Trattnig.                            sozialismus wurden ihm hohe Auszeichnungen
1955 wurde er erstmals in den Gemeinderat ge-                       zuteil, 1938 war er Ehrengast am Reichspartei-
wählt und gehörte diesem bis 1995 an. 1957 bis                      tag in Nürnberg, 1943 wurde er Ehrenbürger der
1960 war er erster Bürgermeisterstellvertreter.                     Stadt Graz.
1960 wurde er zum Bürgermeister gewählt und
hatte dieses Amt bis September 1972 inne.
Am 7.4.1965 wurde er Abgeordneter zum Steier-
märkischen Landtag.
1970 übernahm Dr. Klauser das Finanzressort
in der Landesregierung und legte aus diesem
Grund 1972 das Amt des Bürgermeisters zurück.
Dr. Klauser war bis 1991 Finanzlandesrat.
1991 – 1996 war er zweiter Präsident des Stei-
ermärkischen Landtages.
1994 wurde er wegen seiner Verdienste um die
Stadt Deutschlandsberg zum Ehrenbürger er-
nannt und seit 1996 trägt eine Straße des Ortes
seinen Namen.
Dr. Christoph Klauser starb im Oktober 2009.

Zu seinen Verdiensten als Bürgermeister zählen
vor allem der Bau der Wasserleitung aus dem
Bärental, der Bau der Wildbacher Schule und
der ehemaligen Knabenhauptschule (heute MS
I), die Eröffnung des ersten Seniorenheimes in
der N.E.S., die Gründung des Musisch-Pädago-
gischen-Realgymnasiums, die Ansiedlung der
POLO (Humanic), der ELDRA und der Siemens,
die Automatisierung des Telefonnetzes, der Bau
vieler mehrgeschossiger Wohnhäuser.

Dr. Hans Kloepfer 9
Der Wundarztsohn Hans Kloepfer wurde 1887
in Eibiswald geboren, absolvierte die Pflicht-
schule in seinem Geburtsort und besuchte an-
schließend das k .k. 1. Staatsgymnasium in Graz.
Schon in dieser Zeit war er von einer deutschna-
tionalen Gesinnung geprägt, weshalb er auch der                     Villa und Garten Cossmann, Schwanberger Straße Ende 19. Jh. (heute Fam. Otto)

9
    Die Abhandlung über Dr. Hans Kloepfer ist weitgehend dem Endbericht der ExpertInnenkommission für Straßennamen Graz, Graz 2017, S. 50f entnommen.

                                                                                                                                                               13
14
Vermessung Deutschlandsberg 1870
                                   15
Ab 1938 leitete er die Ortsgruppe Köflach des        tische Heimat war die Sozialdemokratische
                           Volksbundes für das Deutschtum im Ausland.           Arbeiterpartei. Die Provisorische Nationalver-
                           Politisch engagierte er sich im Köflacher Ge-        sammlung wählte ihn nach dem Zusammenbruch
                           meinderat, dem er von 1907 bis1929 angehörte.        der Monarchie zum Staatskanzler der neuen
                           Kloepfer war Mitglied der NSDAP sowie der            Republik Österreich. Als solcher leitete er die
                           Reichschriftkammer und hieß Hitler nach dem          österreichische Delegation beim Friedensvertrag
                           Anschluss mit dem Gedicht „Steirischer Berg-         von Saint-Germain.
                           bauerngruß“ willkommen. „Schreibm tuat er si         1933 trug er als erster Nationalratspräsident
                           Hitler, / und uns so guat gsinnt, / wia ma weit in   durch sein Verhalten wesentlich an der Selbstaus-
     Dr. Hans Kloepfer     der Welt / net an liabern wo findt.“                 schaltung des Parlaments bei. 1938 war er Be-
                           Durch seine bäuerliche Mundartdichtung wurde         fürworter des Anschlusses. Nach dem Zweiten
                           er nicht nur vom Nationalsozialismus, sondern        Weltkrieg wurde Renner mit ausdrücklicher Dul-
                           auch vom Ständestaat gerne zitiert und für deren     dung der Sowjetunion mit der Bildung einer pro-
                           Werbung herangezogen. Seine nationale Haltung,       visorischen Regierung betraut und im Dezember
                           seine Betonung des Bauerntums und der Heimat         von der Bundesversammlung zum ersten Bundes-
                           passten sehr gut in die „Blut und Boden“-Ideolo-     präsidenten der Zweiten Republik gewählt.
                           gie des NS-Regimes.                                  Renner starb im Jahr 1950.
                           Kloepfer starb 1944. Bereits 1988 betonte die
                           Forschung die NS-Verbundenheit des Dichters          Dr. Viktor Verdross
     Dr. Karl Renner       und seine Führerverherrlichung. Die Forschung        Verdross wurde im Jahre 1874 in Vintschgau in
                           konnte ihm in seinen Werken jedoch keine anti-       Tirol geboren und promovierte 1899 an der Uni-
                           semitischen, d. h. judenfeindlichen Äußerungen       versität in Innsbruck. Als Arzt war er zunächst im
                           nachweisen.                                          Klagenfurter Krankenhaus, im Garnisonsspital
                                                                                in Innsbruck und als Distriktsarzt in St. Stefan im
                           Dr. Josef Marco                                      Gailtal tätig. 1900 verehelichte er sich mit Maria
                           Marco wurde 1781 als Sohn des Fleischers             Higersberger. Schon im Jahre 1901 ließ er sich
                           Johann Marco und der Maria Saffran im Haus           in Deutschlandsberg nieder, eröffnete im Hause
                           Landsberg 29 (Ecke Hollenegger Straße – Untere       Berger/Jörg seine erste Praxis und war hier als
                           Schmiedgasse) geboren. Die Pflichtschule be-         Arzt bis zum Jahre 1959, seinem 85. Geburtstag,
                           suchte er im Ort, wurde dann allerdings von sei-     tätig.
     Dr. Viktor Verdross   nem Onkel, der Geistlicher im Schloss Weißenegg      Er machte den 1. Weltkrieg als Regimentsarzt
                           war, gefördert – er ermöglichte ihm ein Studium      mit und erhielt für seinen Einsatz hohe Aus-
                           in Graz. Nach Absolvierung der Rechtsstudien in      zeichnungen. 1912 wurde er zum Distriktsarzt
                           Graz promovierte er in Wien. Sehr schnell erhielt    ernannt und war auch als Bahn- und Werksarzt
                           er eine Anstellung als Verwalter des Drasenberg‘-    tätig. Seine Praxis verlegte er in das Jud‘sche
                           schen Eisen- und Sensenwerkes in Kainach, des-       Haus (heute Rathaus) und in die Sparkasse
                           sen Miteigentümer er wurde. In seiner Freizeit       (heute Amtsgebäude der Bezirkshauptmann-
                           beschäftigte er sich mit Obstbau und der Natur.      schaft in der Kirchengasse).
                           1826 begann er mit der Untersuchung des Kli-         Verdross war auch Gründer, Vorturner und
                           mas und dessen Einfluss auf Flora und Fauna.         langjähriger Obmann des Deutschen Turnver-
                           Diese Lehre wird Phänologie genannt und ist          eines. Für sein 50-jähriges Wirken in Deutsch-
                           heute fester Bestandteil der Forschung. Marco        landsberg verlieh ihm der Gemeinderat 1952
                           gilt somit als Begründer dieser Wissenschaft, war    die Ehrenbürgerschaft. Anlässlich der Festsit-
                           Mitbegründer zahlreicher landwirtschaftlicher        zung ehrte ihn der Bürgermeister mit folgenden
                           und fortwirtschaftlicher Vereine und starb 1852.     Worten: „Wir haben ihm zu danken für seine
                                                                                unermüdliche Tätigkeit und Arbeit zum Wohle
                           Dr. Karl Renner                                      der Bewohner unserer Stadt, vor allem während
                           Der erste Bundespräsident der Zweiten Repu-          des 2. Weltkrieges hat er fast allein die Last der
                           blik wurde 1870 in Mähren geboren und studier-       ärztlichen Betreuung im weiten Umkreis unserer
                           te an der Wiener Universität Recht. Renner war       Stadt zu tragen gehabt.Wir alle wissen, daß man zu
                           auch in dieser Zeit maßgeblich an der Gründung       jeder Tages- und Nachtzeit zu ihm kommen konnte.
                           der Naturfreundebewegung beteiligt. Seine poli-      Es war für ihn immer selbstverständlich Hilfe zu

16
leisten, obwohl er gerade in den schwersten Jahren                  mit dem Teilhaber der Pojatzi‘schen Zündwaren-
schon ein beträchtliches Alter erreicht hatte.“ 10                  fabrik, Karl Franz, erhielt Franz Czerweny die
Verdross starb 1961 in Graz.                                        Möglichkeit, als kaufmännischer Verantwortli-
                                                                    cher der Zündwarenfabrik Pojatzi einen neuen
Dr. Hans Bantleon                                                   Schritt in seiner Berufslaufbahn zu wagen.
1951 geboren, studierte er Medizin an der Uni-                      Am 1. März 1866 begann er seine Arbeit in der
versität Graz, promovierte 1979 und machte                          Fabrik und heiratete 1873 Marianne Pojatzi,
1981 die Ausbildung zum Facharzt für Zahn-,                         die älteste Tochter seines Arbeitgebers. Der
Mund- und Kieferheilkunde an der Universi-                          Ehe entstammen zwei Söhne und zwei Töchter.
tätsklinik in Graz. 1989 erfolgte die Habilitation                  Die beiden Söhne Viktor und Robert sollten
für das Fach Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde.                      später die Leitungen der Zündholzfabriken           Dr. Hans Bantleon
                                                                                                                        ©Sammlung Huemer
1992 wurde er zum ordentlichen Universitäts-                        Deutschlandsberg und Stainz sowie die General-
professor und Leiter der Abteilung für Kiefer-                      direktion des SOLO-Konzernes übernehmen.
orthopädie an der Universitätsklinik für Zahn-,                     1892 übernahm er die Leitung der Fabrik,
Mund- und Kieferheilkunde in Wien ernannt.                          nachdem sich Florian Pojatzi aus seiner aktiven
2016 wurde ihm das österreichische Ehren-                           Betriebsführung zurückgezogen hatte.
kreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen.                         1903 gründete Czerweny durch den Zusam-
Bantleon machte Trahütten zu seiner zweiten                         menschluss der größten Zündholzfabriken der
Heimat; die Gemeinde benannte ihm zu Ehren                          Monarchie den SOLO-Konzern, dessen Leitung
eine Straße. Er starb 2021.                                         er zusammen mit Bernhard Fürth als Generaldi-
                                                                    rektor innehatte.
Ferdinand Zoffal                                                    1913 trat er in den Ruhestand und übersiedel-
Zoffal, 1874 in der Bukowina geboren, war vor                       te nach Wien. 1920 kehrte er nach Deutschlands-
dem Ersten Weltkrieg in Luttenberg bedienstet.                      berg zurück und verstarb hier im Jahr 1921.
1913 wurde er nach Bezirkshauptmann Josef
de Villavicencio Amtsleiter der Bezirkshaupt-                       Franz Czerweny stellte sein Wissen und seine
                                                                    Arbeitskraft aber nicht nur der Wirtschaft zur      Ferdinand Zoffal
mannschaft Deutschlandsberg und war von
1915 bis 1924 Bezirkshauptmann. Als solcher                         Verfügung, sondern war auch von 1895 bis 1907
war er 1918 federführend an der Stadterhebung                       Gemeinderat in Deutschlandsberg, Mitglied des
Deutschlandsbergs beteiligt, wofür ihm auch                         Sparkassenausschusses und des Ortsschulrates,
die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde.                              Obmann des Bezirksausschusses, Gründungs-
Zoffal blieb nach dem Zusammenbruch der Mo-                         mitglied des Verschönerungs- und des Tennis-
narchie im Amt und wurde erst 1924 in das Amt                       vereines. Bleibendes Andenken erwarb sich
der Steiermärkischen Landesregierung nach                           Czerweny durch eine Stiftung.
Graz versetzt. Er starb 1924.                                       1908 schenkte er der Marktgemeinde einen
                                                                    großen Quellenpunkt am Wolfgangiberg zur
Franz Czerweny                                                      Speisung der märktischen Wasserleitung. Die
Czerweny wurde 1848 in Trautenau in Böhmen                          Gemeindevertretung ließ an einem Felsen, der
geboren. Sein Vater Anton, ein anerkannter Uhr-                     sich auf diesem Grund befindet, eine Gedenkta-
macher, erwarb sich durch einen Hauskauf be-                        fel für Czerweny anbringen.
scheidenes Ansehen. Als jüngstes von neun Kin-                      1908 stiftete er anlässlich des 60. Thronbestei-    Franz Czerweny
dern musste er nach Absolvierung der Volks-                         gungsjubiläums Kaiser Franz Josephs I. ein Ar-
und Bürgerschule bereits im Alter von 12 Jah-                       beiterwohnhaus. Czerweny unterstützte sowohl
ren zu seinem Onkel nach Arnau, wo er die                           die Freiwillige Feuerwehr des Marktes als auch
Kaufmannslehre begann. Auf Initiative seines                        die Betriebsfeuerwehr der SOLO, spendete jähr-
Bruders Moritz erhielt Franz Czerweny die                           lich mehrmals namhafte Beträge für die Deutsch-
Möglichkeit, nach dreijähriger Lehrzeit die Pat-                    landsberger Schulen und setzte sich für die ärzt-
zelt‘sche Handelsschule in Wien zu besuchen.                        liche Versorgung der Bevölkerung ein, indem er
Nach deren Abschluss trat er in das Geschäft des                    1906 die Gründung eines Armenspitales anregte.
Drogerie- und Materialwarenhändlers Wein-                           Für seine Verdienste um den Markt Deutsch-
wurm in Wien ein.                                                   landsberg erhielt er im Jahre 1906 die Ehrenbür-
Durch die Bekanntschaft seines Bruders Moritz                       gerschaft verliehen.

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     Gemeindeausschusssitzung vom 25. April 1952, Stadtarchiv Deutschlandsberg

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