Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit - von Dr. Gerhard Fischer
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Straßennamen berichten aus ihrer Vergangenheit von Dr. Gerhard Fischer Alpenfahrt 1913 (im heutigen Bereich Eingang Rathauspark) 1
Deutschlandsbergs Straßen und deren historische Hintergründe Straßen- und Wegebezeichnungen sind in der heutigen Zeit zu einer Selbstverständlichkeit geworden, ohne sie würde die Kommunikation auf größere Schwierigkeiten stoßen. Historisch gesehen sind diese Bezeichnungen jedoch der Schlusspunkt einer langen Entwicklung, die nicht zuletzt für die lückenlose Einhebung der verschiedenen Steuern unumgänglich war. BEZEICHNUNGEN UND Vorslawisches Namensgut BENENNUNGEN ZUR Die ältesten Namensgebungen sind die Fluss-, Orts- und Bergnamen, die den Illyrern bzw. EFFIZIENTEREN VERWALTUNG Kelten zuzuordnen sind.1 DER GEBIETE Wenn auch für unseren Raum nur wenige die- ser Zeugen erhalten geblieben sind, so ist doch Ried- und Gegendbezeichnungen anzunehmen, dass wir durchaus mit einer mehr oder weniger dichten Besiedlung zu rechnen Zu den frühesten Namensgebungen zählen die haben. Eindeutig dem Keltischen zuzuweisen St. Oswald um 1890 Flur- und Riedbezeichnungen. Sie sollten eine ©Graus ist die Bezeichnung „Suel-va“ (Solva) für die Orientierung in einem näheren geografischen Sulm. Darunter wurde ein rasch anschwellendes Umfeld leichter machen. Viele dieser Bezeich- Gewässer verstanden. nungen sind auch Zeugnisse der Besiedlung durch verschiedene Völker. Manche Namen Romanisches Namensgut wurden von den eingewanderten Stämmen Verschiedene Funde aus der römischen Pro- übernommen, andere ersetzte man durch deren vinzialzeit, wie eine Säule im Garten eines Sprache. Deutschlandsberger Bürgerhauses, der römi- sche Grabstein des Calandinus im Turm der Ulrichskirche sowie die ausgegrabene „Villa rustica“ in Grünau bei Groß St. Florian oder die Bezeichnung „Riemerberg“, das für „Römerberg“ steht, weisen auf die Besiedlung unserer Gegend hin. Mit Sicherheit wurde markanten geografischen Punkten auch in der römischen Provinzialzeit eine lateinische Bezeichnung gegeben, die sich aber, zumindest für den Deutschlandsberger Raum, nicht erhalten hat. Die ehemalige römische Stadt Flavia Solva, die Stadt der Flavier an der Sulm, gibt heute noch Zeugnis für diese historische Epoche. Die Flavier waren übrigens eine römische Familie, die drei Kaiser stellte. Einer von ihnen, Vespasian, hatte um das Jahr 70 diese Stadt gegründet, welche auch für unsere Region von entscheidender Be- deutung gewesen sein muss. Osterwitz 1890 1 F. Lochner von Hüttenbach, Steirische Ortsnamen, Graz 2008; die folgende Zusammenfassung ist diesem Werk entnommen. 2
Slawisches Namensgut Viele Ortsnamen sind ein Hinweis auf ihren Ab dem 8. Jh. scheint es zur Einwanderung slawi- Gründer, wie z. B. Gersdorf, das Dorf des Gerolt scher Stämme auch in die Weststeiermark ge- oder Greim vom althochdeutschen Personenna- kommen zu sein. Es ist anzunehmen, dass sie von men Greimuot. Norden und Osten kommend, den Flussläufen der Mur und der Raab folgten. Ämterbezeichnungen für die Auch kroatische Bevölkerung, wie z. B. in Krau- Herrschaften bath bei Groß St. Florian, lässt sich nachweisen. Das umfangreiche slawische Namensgut ist ein Mit der Ausbildung der Grundherrschaften im Hinweis auf die relativ dichte Besiedlung durch 12. und 13. Jh. war es notwendig geworden, zur diese Volksgruppe. besseren Verwaltung der ausgedehnten Gründe, Der Name „Laßnitz“ stammt vom slawischen überschaubare Einheiten zu schaffen. Man teilte Wort „Loka“ – „Au“ und bezeichnet eine sum- den Herrschaftskomplex in Ämter ein und un- pfige Gegend. terstellte sie einem Amtmann. In der Ortsbezeichnung „Osterwitz“ findet man Dieser war für die Einhebung der Steuern und Ze- die slawische Bezeichnung „ostrovica“, „scharf, hente verantwortlich und ist als Instanz zwischen spitz, kantig“, worin man einen Hinweis auf die dem Grundherrn und den Untertanen zu sehen. Saumstraße über den Wildbachersattel ableiten Dem Amtmann oblag auch die Durchführung der kann. Verlassabhandlungen nach dem Tod der Unterta- Die alte Bezeichnung für den Vorgängerhof des nen und die Erstellung der Besitzinventare. Schlosses Frauenthal, „Nidrinhof“, ist eine ger- Hatte eine Grundherrschaft in einer Region nur manische Übersetzung des slawischen Namens einige Untertanen, bildeten diese kein eigenes „Udulenidvor“ – „Hof in der Niederung“. Amt, sondern wurden einem in der Nähe befind- Die Gegend Fresen bei Schwanberg hat ihren lichen Amt dieser Herrschaft zugeteilt. Namen vom slawischen Wort „breza“, „Birke“ und weist auf den Bestand dieses Laubbaumes Für das Gemeindegebiet von Deutschlands- hin. Der Zuchabach in Glashütten hat seinen berg lassen sich folgende Grundherrschaften Namen vom slawischen Wort „suha“, „trocken, nachweisen: dürr, wasserlos“. Deutschlandsberg, Schwanberg, Hollenegg, Auch der Ortsname „Gams“ ist eine Ableitung Limberg, Peuerl, Frauenthal, Gült Lavant, der vom slawischen Wort „kamenica“, Stein. Magistrat Deutschlandsberg, Wildbach, Pfarr- Die Gleinz hat ihren Namen ebenfalls aus dem hof Köflach, Feilhofen, Stift Admont, Dornegg, Slawischen „glina“ und bedeutet Ton, Lehm. Hornegg, Bistum Seckau, Eibiswald, Stift Stainz, Germanisches Namensgut Ab dem 9. Jh. kam es in mehreren Etappen zur Kolonisierung der Region durch die Bajuwaren. Diese übernahmen vielfach die slawischen Namen und verdeutschten sie. Beispiele dafür wären der oben genannte Hof „Udulenidvor“ – Nidrinhof, oder der Name „Odelisnic“, der alte Name für Schwanberg. Viele bajuwarische Namen beziehen sich auf Rodungstätigkeiten, z. B. Greith, Neurath, Has- reith, oder „im Schrott“ bei Osterwitz. Die Brendl ist die Bezeichnung für eine künst- liche Alm, die durch Brandrodung entstanden ist. Ebenso Freiland, das nicht vom Wort „frei“, sondern vom Namen „uri“ abgeleitet wird, was abgebrannt bedeutet und ebenso auf Brandro- dung hinweist. Rettenbach im Ortsteil Kloster bezieht sich auf einen „roten“, vermutlich eisen- hältigen Bach. vlg. Farmer in Mitterspiel um 1900 3
Bei der Vergabe der Herbersdorf, um nur die wichtigsten zu nennen. Lagenamen Vulgärnamen unter- Die dazugehörigen Ämter waren Folgende Motive sind nachzuweisen: scheidet man zwischen Rostock, Trahütten, Weitensfeld, Osterwitz, • Bäume oder Baumgruppen: z. B. Holzweber in Lagenamen, Beinamen, Kruckenberg, Warnblick, Burgegg, Bösenbach, Geipersdorf oder Blochwagner in Freiland Berufsbezeichnungen Lauffenegg, Leibenfeld, Hörbing, Gleinz, Blumau, • Bewuchs: z. B. Birkschneider in Geipersdorf und Herkunftsnamen. Geipersdorf, Hinterleiten, Wildbachdorf, Mitter- • Bodenbeschaffenheit: z. B. Steiner in Osterwitz, spiel, Kloster, Klosterwinkel, Dorfstatt, Retten- oder Steinwandklinger in Unterlaufenegg bach, Niedergams, Gersdorf, Müllegg, Mitteregg, • Geländeform: z. B. Koglbauer in Ulrichsberg, Hohenfeld, Vochera am Weinberg, Feldbaum, Bachbauer in der Hinterleiten, Leitenbauer in Bergegg, wobei nur die größeren Ämter ange- Trahütten oder Schwemhoisl in Warnblick führt werden sollen. • Flurnutzung: z. B. Trattenschlosser in Damit bildete man erstmals eine zusammenhän- Deutschlandsberg gende Einheit, denn alle Bewohner eines Amtes • Höhenlage: z. B. Bergfuchs in Wildbachberg, waren einer Grundherrschaft verantwortlich, der Oberer Dirnböck in Vochera am Weinberg, sie die Abgaben abzuliefern und die Robot (die Oberer Ofner in Bergegg Arbeit für die Herrschaft) leisten mussten. • Nach der Lage bei einem Geländemerkmal: z. B. Kreuzsteiner in Freiland, Kirchenwirt in Bad Gams Die Vulgärnamen • Ungunstlage: z. B. Erntoni von „Edentoni“; dies bedeutet der „Anton an der Öde“ (abgekomme- Vulgärnamen waren die im Volksmund übliche nes Gehöft) Bezeichnung für einen Hof und seinen Besitzer. • Verkehrswege: z. B. Sattelkrammer in Freiland, Diesen Namen gab es in jedem Amt nur ein ein- Bruckenmüller in Deutschlandsberg oder ziges Mal, weshalb die genaue Lokalisierung mit Wegjörgl in Bösenbach Sicherheit möglich war. Diese Namen konnten immer wieder wechseln oder wurden aus den Fa- Beinamen milien bzw. Vornamen zweier aufeinanderfolgen- z. B. Krumpentoni in Bergegg oder Schulmeister- der Besitzer gebildet, wie z. B. beim Anwesen vlg. michl in Vochera am Weinberg Bartltoni in Klosterwinkel, der sich aus den Vor- namen Bartholomäus und Anton zusammensetzt. Berufsbezeichnungen Bei der Vergabe der Vulgärnamen unterscheidet z. B. Reinischwirt in Kloster, Schindler in Oster- man zwischen Lagenamen, Beinamen, Berufsbe- witz, Schusterpeter in Bösenbach, Zirknitzjäger zeichnungen und Herkunftsnamen. in Vochera am Weinberg bzw. Jäger in Wildbach- dorf, Gänsschneider in Leibenfeld oder Wagner in Geipersdorf Herkunftsnamen: z. B. Trahütter in Osterwitz, Tirolerfuchs in Wild- bachberg bzw. Gratzbäck in Deutschlandsberg Die meisten Vulgärnamen sind jedoch aus Vor- bzw. Familiennamen gebildet, wie z. B. Rauchmandl in Wildbachdorf, Farmer oder Herk in Freiland, Grünjokl in Osterwitz, Schönegger in Trahütten, Kiendl in Hörbing, Schwab in Leiben- feld, Trieb in Bergegg oder Wilf in Feldbaum. In manchen Fällen konnte es auch vorkommen, dass die Kinder eines Besitzers sich die Hofstelle teilten oder auf den Nachbargrund heirateten und ihren Familiennamen, zusammen mit den Vornamen, auf den Hof übertrugen, z. B. Nebel- Niedergams um 1912 hansl und Nebellipp in Burgegg oder Thomahans, 4
Thomapeter und Thomaanderl in Laufenegg. mannschaft war Stainz. Ab 1868 war sie in Bereits im 15. Jh. Im letztgenannten Fall war der Stammvater ein Deutschlandsberg zunächst im Meierhof des wurde jedes „Kronland“ Thomas Ofner. Seine Söhne Johann, Peter und Schlosses Feilhofen untergebracht und seit 1901 in Viertel eingeteilt. Andreas übernahmen den väterlichen Hof bzw. befindet sie sich im neugebauten Amtsgebäude Deutschlandsberg heirateten in Nachbarhöfe ein. in der Kirchengasse. zählte zum Großteil Am 17. März 1849 wurden das Provisorische zum Viertel zwischen Die Entwicklung der staatlichen Gemeindegesetz und eine eigene Gemein- Mur und Drau. Verwaltung deordnung erlassen, womit die kleinste po- litische Verwaltungseinheit, die Gemeinde, Bereits im 15. Jh. wurde jedes „Kronland“ in geschaffen wurde. Mit dieser Neuorganisation Viertel eingeteilt. Deutschlandsberg zählte zum waren auch 1850 die ersten Straßenbenennun- Großteil zum Viertel zwischen Mur und Drau. gen verbunden, die durch einen Gemeindeaus- Mit der Machtübernahme Maria Theresias, 1740, schussbeschluss umgesetzt wurden. begann der Aufbau eines neuen, effizienten Ver- waltungsapparates. 1748 wurden die Kreis- ämter geschaffen, eine Verwaltungsinstanz auf mittlerer Ebene, die als Vorläufer der späteren STRASSEN-, WEGE- UND Bezirkshauptmannschaften zu verstehen sind. GEGENDBEZEICHNUNGEN An der Spitze eines Kreisamtes stand der Kreis- IN DEUTSCHLANDSBERG hauptmann, für unsere Stadt war das Kreisamt Marburg zuständig. Die Arten der Straßen und Wege Zur Erfassung der Grundwehrdiener (Rekruten) wurden Rekrutierungsabschnitte geschaffen, die Schon seit der ersten Besiedlung durchziehen wiederum in Nummerierungsabschnitte einge- Straßen, Wege und Pfade unser Stadtgebiet. teilt wurden. Ein Nummerierungsabschnitt war Je nach ihrem Verwendungszweck waren sie eine Summe von Häusern, wobei als gebiets- auch von unterschiedlicher Qualität. mäßige Einheit die Ortschaft galt. Die Neuor- ganisation des österreichischen Militärwesens Saumstraßen war einer der Anlässe, die Bevölkerungszahl der Zum Transport der in Deutschlandsberg herge- einzelnen Orte relativ genau festzustellen und stellten Produkte – in erster Linie Wein – und für die angelegten Verzeichnisse auf dem aktuellen die Einfuhr der im Ort benötigten Güter, hier sei Stand zu halten. Zu diesem Zweck reichte aber die beispielsweise auf das Salz hingewiesen, wurden Organisation der einzelnen Grundherrschaften Saumstraßen (Handelsstraßen) angelegt. Jede und Pfarren nicht aus. Im Zuge dieser Neuorgani- Herrschaft war selbstredend daran interessiert, sation war es auch notwendig geworden, erstmals die Waren möglichst lange auf ihren eigenen in der Geschichte Hausnummern zu vergeben. Saumstraßen zu transportieren, da man bei Be- 1784 schuf Kaiser Josef II. die Steuergemein- nützung fremder Gründe Maut zu zahlen hatte. den und ließ auch erstmals eine Vermessung Deutschlandsberg verfügte über zwei Saum- des Landes durchführen. Dieses Werk wurde straßen. Die eine zog sich vom Unteren Platz Josephinischer Kataster genannt. Man ging von durch die Fabrikstraße, verlief über die Gründe der Überlegung aus, dass die Bauern 70 % des der Herrschaft Feilhofen, wo sich unmittelbar Ertrages behalten konnten, 30 % waren als Ab- vor dem Schloss das Falltor befand, eine Stra- gabe oder Steuern an die Grundherrschaft oder ßensperre, um die es speziell im 18. Jh. zu eini- den Staat vorgesehen. gen Auseinandersetzungen gekommen war. In den Jahren 1820 bis 1830 gab Kaiser Franz I. Die Straße ging dann weiter über die Steinwand, eine Neuvermessung des Landes in Auftrag. die Hinterleiten, bis nach Freiland und verließ Dieser Franziszäische Kataster liefert noch auf der Hebalpe steirisches Gebiet. heute die Grundlage für den modernen stabilen Die zweite Handelsstraße zweigte am Unteren Kataster. Die einzelnen Katastralgemeinden Platz ab, verlief durch den Markt Landsberg, wurden in Rieden eingeteilt. führte über einen heute noch erkennbaren Hohl- 1848 wurden die Bezirkshauptmannschaften weg am Eingang der Klause bis nach Weitensfeld Saumweg in Weitens- gegründet. Erster Standort der Bezirkshaupt- bei Trahütten und führte über den Wildbacher- feld (Trahütten) 5
Saumstraßen, Planken- sattel nach Kärnten. Mit der beginnenden Glas- Wallfahrtswege anlegte, die immer stark began- und Hohlwege, produktion an der Wende 16./17. Jh. erlangte gen wurden und heute wieder eine Renaissance Wallfahrswege und allerdings die Handelsstraße über die Weinebene erfahren. Diese Wege sind oft von Wegkreuzen gebürstete Straßen große Bedeutung. oder Kapellen aus verschiedenen Epochen bildeten ein dichtes gesäumt und zeugen so von der Religiosität der Verkehrsnetz. Plankenwege und Hohlwege als Verbindun- Bevölkerung. gen zwischen den einzelnen Anwesen Zu den bekanntesten Wallfahrtswegen zählen Bei genauerer Betrachtung der Region ist ein wohl der Osterwitzweg durch die Betleiten sehr dichtes Netz an Hohlwegen erkennbar, die oder der Wolfgangiweg über Neuberg, vorbei mehr oder weniger tief in das Gelände einge- am Wolfgangistein, nach St. Wolfgang. schnitten sind. Diese Hohlwege, die man durch Holzplanken befestigte, waren in vielen Fällen Gebürstete Straßen auch mit Steinsetzungen verstärkt. Solche Die starke Frequenz in der Benützung dieser Wege waren die Verbindung der einzelnen Straßen und die Regengüsse führten dazu, dass Höfe untereinander bzw. der Höfe zu ihren man gezwungen war, den Verlauf der Straßen Mühlen. Da durch die Witterungsverhältnisse immer wieder zu ändern bzw. den Straßengrund diese Wege sehr in Mitleidenschaft gezogen zu befestigen. wurden, legte man mehrere Parallelwege an. Ende des 19. Jh. begann man, vorwiegend Stra- Beispielsweise sieht man noch im Bürgerwald in ßen im steileren Gelände zu bürsten. Man legte Deutschlandsberg und parallel zur Weineben- Steine mit der schmalen Seite nebeneinander straße solche alten Hohlwege. und erreichte dadurch einen festeren Unter- In der Katastralgemeinde Vochera am Weinberg grund. Unweit des Halmbauernkreuzes in Warn- ist noch der alte Verbindungsweg zwischen den blick sieht man teilweise noch die Bürstung der einzelnen Gehöften zu sehen, der unweit des alten Weinstraße auf die Weinebene. Anwesens Zirknitzjäger auch Steinsetzungen Im Bereich des Marktes wurde der Untergrund aufweist. Auch im Sickerigraben in Bad Gams durch jährliche Beschotterung befestigt. Dies oder in Gersdorf sind an vielen Stellen die Reste führte besonders in den Sommermonaten zu solcher Wege zu finden. einer wahren Staubplage, der man durch Ölung des Untergrundes oder Bespritzen der Straßen Wallfahrtswege mit Wasser abzuhelfen versuchte. Die Existenz mehrerer Wallfahrtskirchen im Be- zirk Deutschlandsberg – Maria Osterwitz, Wolf- gangi, Ulrichskirche, St. Oswald/Kloster, um nur Die ersten nachweisbaren Bezeich- einige zu nennen – führte auch dazu, dass man nungen in Deutschlandsberg Sieht man von sehr frühen Gegendbezeichnun- gen ab, wie „im Purgekh“ im Jahre 1383 oder im Marawfeld (Muraufeld – sumpfiges Gebiet) 1394, tauchen die ersten Nennungen Ende des 16. Jh. auf. Im „Galgenfeld“, das im Bereich der Franz- Schubert-Straße lag, befand sich die Hinrich- tungsstätte, der Galgen des Marktes. Beim Leonhardikreuz, an der Kreuzung Kirchengasse/ Ringweg erreichte man die bürgerliche Tratte, den Gemeinschaftsbesitz der Landsberger Bür- ger. In der Hofmeierschaft, im Bereich der obe- ren Burgegger Straße, hatte der Gerichtsdiener seine Unterkunft bzw. hatten viele Landsberger Bürger Äcker gepachtet. Beim „Steinernen Kreuz“ unweit der ehemaligen Bahnüberset- Blick aufs Galgenfeld 1898 ©Deix zung in der Burgegger-Straße, befand sich ein 6
Pestgrab. Am „Bannbächl“, bei der Kapelle in am heutigen Dr.-Hans-Kloepfer-Weg. Die Häu- 1850 beschloss die der Nähe des Jugendgästehauses, wurden die ser 11 bis 30 lagen in der Oberen und Unteren Gemeindevertretung Straffälligen vom Markt der Herrschaft überge- Schmiedgasse, 31 bis 33 in der Grazer Straße, 34 eine Neunummerie- ben, die „Stierwiese“ zwischen Laßnitz und den bis 38 und 79 bis 81 waren die Häuser am Unte- rung der Häuser des Südtirolerbauten war als Weide für den Gemein- ren Platz, 39 bis 78 waren die Hauptplatzhäuser, Gemeindegebietes, die destier bestimmt und die „Esslpeint“ zwischen deren Nummerierung bei Zotter mit der Nummer 1870 nochmals überar- Laßnitz und der Poststraße war dem Marktschrei- 34 begann und mit der Nummer 78, Prassl, endete. beitet wurde. ber zur Nutzung vorbehalten. Der Name leitet sich 82 und 83 befanden sich in der Fabrikstraße, vom ehemaligen Marktrichter und Marktschrei- existieren heute aber nicht mehr. 82 befand sich ber Michael Essl ab. an der Stelle des Lokales Mediterrane und 83 war „Im Erlach“ (Obere und Untere Schmiedgasse) die Zündwarenfabrik. 84 war die Volksschule war die Bezeichnung für ein Gebiet, das der und 85 das Armenhaus des Marktes (heute Dr. Überschwemmung ausgesetzt war. Sternad). Die weiteren Nummern wurden nach „ Im Sack“ (unterer Bereich der Unteren der Reihenfolge der Erbauung vergeben. Schmiedgasse) steht auch in diesem Fall für eine Als Straßenbezeichnungen scheinen auf: Sackgasse, denn die Untere Schmiedgasse hatte • Bräuergasse (heute Hollenegger Straße zwi- keinen Übergang über den Mühlgang. schen Hauptplatz und Schmiedgasse) – „In der Hofmark“ im Bereich der Kreuzung Dr.-Karl-Renner-Weg und Grazer Straße hatten die Landsberger Bürger Ackerflächen und beim Maderhof, zwischen dem Baumarkt Wallner und der Eisenbahnbrücke über die Laßnitz, befand sich ein kleiner Adelshof, der als Abgabe an die Herrschaft Marderbälge abzuliefern hatte. Auch die ersten Straßenbezeichnungen tauchen in dieser Zeit auf, wenn auch anzunehmen ist, dass diese Benennungen im Alltag üblich waren, aber durch keinen Ratsbeschluss des Marktes zustande gekommen sind. Es handelt sich um die Kirchgasse, den Hollenegger Kirchweg (Hollenegger Straße) und die Weinstraße über Freiland (heute Fabrikstraße). (siehe Abbildung auf der letzten Seite) Die Beschlüsse des Gemeinde- ausschusses von 1850 und 1870 1850 beschloss die Gemeindevertretung eine Neunummerierung der Häuser des Gemeinde- gebietes, die 1870 nochmals überarbeitet wurde. Hatte man 1850 nur kleinere Änderungen hin- sichtlich der 1770 eingeführten Hausnummern vorgenommen, brach man durch den Gemein- deratsbeschluss des Jahres 1870 mit der Tra- dition und begann mit der Hausnummerierung in Scheidsberg, der ja noch zum Marktgebiet zählte. Das Anwesen vlg. Höller hatte die Haus- nummer 1, die Zählung ging mit der Nr. 8 bei der Trattenschlosserkeusche, die heute abgerissen ist und sich unweit des Tennisplatzes/Pieber befand, weiter, die Nr. 9 und 10 befanden sich Fabrikstraße 1899 ©Deix 7
In der Zeit des 1. Welt- benannt nach der ehemaligen Brauerei (heute Villenstraße, Kaiserallee, Burgeggergasse, krieges wurden Stra- Sorger) Stiftungspark, Parkgasse, Tennisallee, Ringweg, ßen nach wichtigen • Kirchgasse, Feldgasse, führte vom Unteren Kirchengasse, Holleneggerstraße, Untere Personen umbenannt. Platz auf die Felder der Landsberger Bürger Schmiedgasse, Obere Schmiedgasse, Schleusen- (zwischen Unterem Platz und dem Fachmarkt- weg, Liechtensteinpromenade, Glashüttenstraße, zentrum), Schulgasse, Kaiser Josef Park. • Fabrikstraße, die ihren Namen von der Zünd- Herr Czerweny beantragt weiters es möge die Be- holzfabrik hatte völkerung von der Straßenbenennung aufklärend • Schulgasse im Bereich der heutigen Volksschule, benachrichtiget werden. Dieser Antrag wird mit • die beiden Schmiedgassen, Schleusenweg der Modificirung angenommen, es habe dies nach entlang des ehemaligen Mühlganges (heute Aufstellung der Tafeln unter Auflage einer Skizze Fludergasse) zu geschehen.“ 2 • die Bahnhofstraße und die Sparcassenstraße, Die Kaiserallee war der Schlossweg, die Burgeg- (heute Kirchengasse im Bereich der Bezirks- gergasse der Dr.-Hans-Kloepferweg, die Park- hauptmannschaft). gasse der Dr.-Geramb-Weg, die Tennisallee der untere Teil der Villenstraße, die Liechtenstein- promenade befand sich vom Uferweg entlang der Der Gemeinderatsbeschluss des Laßnitz bis zum Eingang der Klause. Jahres 1902 Im Zuge der Ehrung des ehemaligen Bürgermeis- Die Umbenennungen in der Zeit des ters und Gründers der Zündwarenfabrik, Florian Ersten Weltkrieges Pojatzi, wurde seitens des Gemeinderates ein- stimmig die Benennung der Zukunftsstraße in Bereits 1914 beschloss der Gemeinderat die Florian-Pojatzi-Straße beschlossen. Umbenennung dreier Straßen: Hinsichtlich der erstmaligen größeren Straßen- • die Fabrikstraße wurde in Kaiser-Wilhelm- benennungen seitens der Gemeinde heißt es im Straße Protokoll: • die Kirchengasse in Kaiser-Franz-Joseph- „Die übrigen Straßen werden wie folgt benannt: Straße Hauptstraße, Unterer Platz, Grazerstraße, Feld- • die Glashüttenstraße in Conrad-von-Hötzen- gasse, Bahnsteig, Fabriksstraße, Lagergasse, dorf-Straße umbenannt. Kaiser Wilhelm II. ©Wikimedia Commons Bahnhofstrasse, Sulzstraße, Mittereggstraße, Kaiser Wilhelm II. Der letzte deutsche Kaiser, Wilhelm II., war der Bündnispartner Kaiser Franz Josephs I. im Ersten Weltkrieg. Zusammen mit Italien bildeten diese drei Mächte den Dreibund. 1859 geboren, kam er nach dem frühen Tod seines Vaters, Friedrich, der nur 99 Tage im Amt war, als deutscher Kaiser an die Macht. Er entstammte dem Haus der Ho- henzollern und war über seine Mutter Victoria, die eine Tochter der britischen Königin Victoria war, auch mit dem britischen Herrscherhaus verwandt. Seine Flottenpolitik, die den Briten ein Dorn im Auge war, sowie sein angespanntes Verhältnis zu Frankreich sollten wichtige stra- tegische Punkte im Ersten Weltkrieg werden. Einer Mitbestimmung des Volkes bei der Ge- setzgebung stand er stets ablehnend gegenüber. Erst im Angesicht der Niederlage im Weltkrieg Pojatzistraße um 1903 stimmte Wilhelm einer Verfassung zu. Im No- 2 Gemeindeausschusssitzung vom 30. Oktober 1902, Stadtarchiv Deutschlandsberg 8
vember 1918 dankte Wilhelm II. als deutscher verschiedene militärische Innovationen durch, Am 15. März 1923 Kaiser ab und erhielt in den Niederlanden Asyl. z. B. ersetzte er die militärischen Übungen am wurde in der Gemein- Dort starb er auch im Jahre 1941. Paradeplatz durch Manöver im Gelände. Auf deratssitzung der Vorschlag des Thronfolgers Franz Ferdinand Antrag gestellt, sämt- Kaiser Franz Joseph I. ernannte ihn der Kaiser 1903 zum Leiter des liche zu diesem Zeit- 1848 nach der Abdankung seines Onkels Fer- Generalstabs, weshalb er nur dem Kaiser selbst punkt existierenden dinand, wurde der 18-jährige Franz Joseph unterstellt war. Straßenbezeichnungen zum Kaiser von Österreich gekrönt, musste Hötzendorf war 1914 der Hauptunterstützer umzubenennen. jedoch angesichts der Oktoberaufstände nach eines sofortigen Krieges gegen Serbien und Olmütz fliehen. Nachdem Franz Joseph einer drängte Kaiser Franz Joseph zur Kriegserklä- Verfassung zugestimmt hatte, versuchte er rung. Meinungsverschiedenheiten zwischen den durch teilweise Entmachtung des Parlamentes militärischen Verantwortlichen beider Mächte, uneingeschränkt, absolut, zu regieren. Diese Deutschland und Österreich-Ungarn, führten kompromisslose Haltung und die Niederlagen in 1916 zu deren völligen Zerwürfnis. Nicht zuletzt Solferino 1859 und in Königgrätz,1866, führten durch seine kompromisslose Kriegspolitik ver- dazu, dass sich Franz Joseph mit den Ungarn anlasst, wurde Hötzendorf im März 1917 seines aussöhnen musste und im Ausgleich die unga- Amtes enthoben. rische Reichshälfte als gleichberechtigten Teil Er starb 1925. In der Forschung wird seine Per- seines Reiches anerkannte. son sehr kritisch betrachtet, als Kriegstreiber Durch Beschluss beim Berliner Kongress 1878 und Verfechter einer langen Zermürbungstak- erhielt er das Recht, die Verwaltung von Bos- tik, aber auch als Sozialdarwinist, der rasse- nien und Herzegowina auszuüben. Dieses als hierarchisches Denken3 verfolgte und als rück- Okkupationskrise bezeichnete Ereignis sollte sichtsloser Akteur gegen die verdächtige Zivil- durch die Annexionskrise des Jahres 1908, bevölkerung. durch welche diese beiden Länder der Habsbur- germonarchie einverleibt wurden, zu einer der Ursachen des Ersten Weltkrieges werden. Die Straßenbenennungen bis 1945 Franz Joseph war mit Elisabeth von Bayern ver- ehelicht. Nach dem Selbstmord seines Sohnes Am 15. März 1923 wurde in der Gemeinderats- Rudolph 1889, wurde sein Neffe Franz Ferdi- sitzung der Antrag gestellt, sämtliche zu diesem nand Thronfolger. Dieser musste jedoch, da er Zeitpunkt existierenden Straßenbezeichnun- eine nicht standesgemäße Ehe mit Sophie Cho- gen umzubenennen. Ein Ausschuss hatte sich Kaiser Franz Joseph I. tek einging, für seine Kinder auf die Thronfolge mit dieser Thematik zu beschäftigen. Es gab verzichten. Am 28. Juni 1914 wurde das Thron- sogar eine Gruppe von Gemeinderäten, die den folgerpaar durch einen serbischen Nationalisten, Antrag stellte, die Straßennamen abzuschaf- Gavrilo Princip, in Sarajevo erschossen. Nach fen. Zunächst wurde beschlossen, die Straße der Ablehnung des Ultimatums durch die Ser- zwischen der Strutzvilla und der Bezirkshaupt- ben sahen die Verbündeten keinen anderen Weg, mannschaft in Ignaz-Strutz-Gasse umzube- als den Krieg zu erklären. nennen, nach dem kurz zuvor verstorbenen Franz Joseph starb am 21. November 1916, nach Altbürgermeister der Stadt. 68-jähriger Regierunggszeit. Mit Gemeinderatsbeschluss vom 17. Juni 1933 Franz Conrad von Hötzendorf wurden folgende Umbenennungen beschlossen: Hötzendorf stammte aus einer österreichischen „1; Weg von der Liechtenstein Promenade zum Beamten- und Offiziersfamilie. Sein Vater nahm Turnersteg: Jahnweg an der Völkerschlacht bei Leipzig gegen Napo- 2; Straße längs der Laßnitz vom Zechner- bis zum leon und im Kampf gegen die Wiener Revolutio- Habelhaus: Uferweg näre des Jahres 1848 teil. 3; Straße vor den Häusern der Landesbaugenos- Nach seiner Offiziersausbildung an der Militär- senschaft längs der Liechtensteinpromenade: akademie in Wiener Neustadt wurde er u. a. Generalstabschef Poststraße Franz Conrad von auch im Feldzug gegen Bosnien-Herzegowina 4; Straße längs der Häuser Nechutny, Kern, Röder, Hötzendorf eingesetzt. Als Stabschef von Lemberg führte er Doblreiter: Schillerstraße ©Wikimedia Commons 3 Endbericht der ExpertInnenkommission für Straßennamen Graz, Graz 2017, S. 41ff 9
5; Straße von der Burgeggerstraße abzweigend der schrittweisen Ausschaltung der anderen Par- vorbei am Stiftungshause zur Schloßallee – teien war die Etablierung der Diktatur umgesetzt. Schleichergasse Dollfuß wurde am 25. Juli 1934 beim Putschver- 6; Weg zwischen den Gärten der Villen an der Esel- such der Nationalsozialisten im Bundeskanzler- peunt und jenem der Wohnhäuser der Landesbau- amt erschossen. genossenschaft: Gartenweg Mit dem Anschluss Österreichs an Hitler- Nach Wechselrede wird einstimmig beschlossen Deutschland wurden der Hauptplatz in Adolf die Straßenbenennungen folgend vorzunehmen: Hitlerplatz und der Untere Platz in „Platz der SA“ Ad 1; Jahnweg umbenannt. Ad 2; Eselpeunt In der Sitzung vom 23. September 1942 wur- Ad 3; Poststraße den folgende Umbenennungen beschlossen: Ad 4; Schillerstraße • Hollenegger Straße in Heydrichstraße Ad 5; Schießstattgasse und • Fabrikstraße in Georg Ritter von Schönerer- Ad 6; Gartenweg.“ 4 straße Eine weitere Straßenbenennung wurde durch • Glashütten Straße in Dr. Todtstraße Dr. Engelbert Dollfuß den Beschluss des Gemeinderates vom 15. Sep- • Kirchengasse in Josef Ehgartner Straße tember 1934 wirksam. „Referent Wedra bringt das Schreiben der Bezirks- Reinhard Heydrich und Ortsgruppenleitung der Vaterländischen 1904 in Halle an der Saale geboren, trat er nach Front Deutschlandsberg vom 10. August 1934 zur der Matura der Reichsmarine bei, aus der er Verlesung und beantragt namens der 1. Sektion die jedoch schon frühzeitig austrat. Der Leiter der Kirchengasse, in deren Nähe zur gleichen Stunde, SS, Heinrich Himmler, beauftragte ihn mit dem als Bundeskanzler Dr. Dollfuß feiger Mörderhand Aufbau eines SS-Nachrichtendienstes (Sicher- zum Opfer gefallen war, Heimatschützer für Öster- heitsdienst). 1936 übernahm er die Sicherheits- reichs Freiheit ihr Leben ließen, zum ewigen Geden- polizei; ihm unterstanden dadurch auch der ken an den Märtyrerkanzler und an die Verteidiger Sicherheitsdienst, die Gestapo und die Kriminal- seiner Idee in ,Dollfuß Straße’ umzubenennen.“ 5 polizei. 1940 bestellte man ihn zum Beauftragten Die Umbenennung fand anlässlich der großen für die Gesamtlösung der Judenfrage. 1941 Vaterländischen Kundgebung am 23. September wurde er Statthalter im Protektorat Böhmen und 1934 statt. Mähren. Sein skrupelloses Vorgehen brachte ihm den Namen „Schlächter von Prag“ ein. Am 27. Mai 1942 wurde er in Prag durch ein Dr. Engelbert Dollfuß Attentat getötet. Reinhard Heydrich ©Bundesarchiv/ Der 1892 in Texing in Niederösterreich geborene Bild 146-1969-054-16 Dollfuß war ein christlich-sozialer Politiker, der Georg Ritter von Schönerer als Begründer des austrofaschistischen Stän- Schönerer wurde 1842 in Wien geboren und destaates gilt. Seine politische Karriere begann begab sich 1861 zu landwirtschaftlichen Studien mit dem Abschluss des Rechtsstudiums an der nach Tübingen. Ab 1869 verwaltete er das Fa- Universität Wien im Jahre 1922. Seine ersten miliengut bei Zwettl. Nachdem er kurzzeitig als Funktionen bekleidete er in der Niederöster- Abgeordneter der deutschen Fortschrittspartei reichischen Landwirtschaftskammer, wo er die im Reichsrat saß, übernahm er 1879 für die Füh- Einführung der Sozialversicherung für Bauern rung der Deutschnationalen (Alldeutsche) in Ös- erreichte. terreich. In seiner radikal antisemitischen Lehre 1931 wurde er Landwirtschaftsminister und strebte er die Auflösung der österreichischen 1932 von Bundespräsident Miklas zum Bun- Monarchie und den Anschluss des deutschspra- deskanzler ernannt. Seine Regierung hatte im chigen Österreich an das Deutsche Reich an. Nationalrat mit nur einer Stimme die Mehrheit. Schönerer war auch Gründungsmitglied des Anlässlich der Selbstausschaltung des National- Deutschen Schulvereines. Dieser unterstützte die Georg Ritter von rates 1933 verhinderte Dollfuß ein neuerliches deutsche Volksgruppe in jenen Kronländern, in Schönerer Zusammentreten des Parlamentes und beendete welchen sie die Minderheit bildete, mit dem Bau © R.Kriziwanek durch die Ausschaltung der Legislative und der von Schulen. Judikative den Grundsatz der Gewaltentren- Er starb 1921 auf seinem Familienbesitz. nung. Mit der Einführung des Ständestaates und 4 Gemeindeausschusssitzung vom 17. Juni 1933, Stadtarchiv Deutschlandsberg 5 Gemeindeausschusssitzung vom 15. September 1943, Stadtarchiv Deutschlandsberg 10
Fritz Todt Außerdem musste man eine Lösung für die in In der Gemeinderats- Der ehemalige Leiter des Reichsautobahnbaues der NS-Zeit eingemeindeten Regionen Hörbing, sitzung vom 3. Novem- wurde 1891 geboren, studierte Bauingenieur- Leibenfeld, Unterlaufenegg, Burgegg, Warnblick ber 1961 wurde ein wesen und war nach dem Ersten Weltkrieg im und Bösenbach finden. Die Nummern wurden in Großteil der heute noch Kraftwerks- und Straßenbau tätig. der Regimezeit teilweise dem Nummerierungs- bestehenden Straßen- Bereits 1922 trat er der Deutschen Arbeiterpar- system der Stadt angepasst, jedoch hatten die namen beschlossen. tei bei. 1933 wurde ihm die Generalinspektion Straßenzüge noch keinen Namen. des deutschen Straßenwesens übertragen. 1938 gründete er die Organisation Todt, die In der Gemeinderatssitzung vom 3. Novem- u. a. auch für den Bau des Atlantikwalls und des ber 1961 wurde ein Großteil der heute noch Westwalls eingesetzt wurde. 1940 übertrug ihm bestehenden Straßennamen beschlossen. Hitler das Ministerium für die gesamte Deutsche Auszugsweise sei der Wortlaut für einige dieser Kriegswirtschaft. Benennungen angeführt: Todt verunglückte 1942 bei einem Flugzeugab- „[…] 4; Die Straße, abzweigend von der Grazer- sturz. Straße beim Hause Josef Fürnschuß in Richtung Leopold-Mühle bis zur Kreuzung mit der Um- Josef Ehgartner fahrungsstraße ,Freidorf ’ und dann weiter die Der aus Freidorf stammende Gärtnerlehrling Straße zur Grazer-Straße in der Nähe des Frauen- beteiligte sich am 25. Juli 1934 beim Putsch- thaler-Teiches: ,Mühlstraße’. versuch der Nationalsozialisten in Deutsch- 5; Die Stichstraße in der sogenannten Greiner- landsberg. Als Mitglied der Hitlerjugend kam Siedlung und im weiteren Verlauf bis zum Zusam- er beim Versuch, mit einem Trupp die Bezirks- mentreffen mit der Unterlaufenegger-Straße: hauptmannschaft zu besetzen, an der Ecke ,Flurweg’. Pojatzi-Straße/Ignaz-Strutz-Gasse ums Leben. 6; Die Straße, abzweigend von Feldgasse bei der An dieser Stelle errichtete man im Dritten Reich STEWEAG in Richtung kleiner Bahndurchlaß: eine Gedenktafel, die an der Bezirkshauptmann- ,Lagergasse’. [...] schaft angebracht wurde. 8; Die Straße, abzweigend von der Freiländer- Fritz Todt Straße in Richtung Villa Dr. Klauser bis zur Ge- ©Bundesarchiv/ Bild 146-1969-146-01 meindegrenze: ,Sulzer-Weg.’ [...] Die Straßenbenennungen von 1946 10; Der Weg, abzweigend in der Grazer-Straße bis 1969 beim SOLO-Magazin in der Nähe des Konsum in Hörbing über das Hörbinger-Waldl vorbei bei der Bereits unter Bürgermeister Josef Topolnik Leopold-Mühle in Richtung Freidorf bis zur Ge- wurden die in der Zeit des Nationalsozialismus meindegrenze: ,Erlenweg’. benannten Straßenzüge wieder umbenannt. 12; Der Weg, abzweigend von der Leibenfelder- Der offizielle Beschluss des Gemeinderates Straße beim Hause ,Feldbacher’ vorbei bis zur ver- wurde jedoch erst in der Sitzung vom 7. Februar längerten Glashüttenstraße: ,Kastanienweg‘. [...]” 7 1946 gefasst. Erst am 13. Dezember 1954 wurde beschlossen, eine Neuhausnummerierung des Gemeinde- Die Straßenbennungen seit 1970 gebietes vorzunehmen. Diese war notwendig geworden, weil „immer wieder Beschwerden Die Eingemeindungen der ehemaligen selb- von verschiedenen Dienststellen, die mit Zustel- ständigen Gemeinden Wildbach, 1970 und lungen und Erhebungen befasst sind, einlaufen, Sulz-Laufenegg, 1974, brachten es mit sich, weil die Parteien nicht gefunden werden können. größere Umbenennungen vorzunehmen. Seit- Bisher erhielten die Häuser die Hausnummern her kam es nur bei Neuerrichtung von Straßen so zugeteilt, wie sie errichtet wurden. Nr. 1 am und Wegen zu Namensvergaben. Vereinzelt kam Josef Ehgartner Scheidsberg, Nr. 2 in der Oberen Schmiedgasse, es auch vor, dass man lange Straßenzüge ab- Nr. 8 steht neben Nr. 130, sodass sich niemand schnittsweise umbenannte. mehr zurechtfindet. Ein seit 25 Jahren tätiger Er- Die Unterlaufenegger Straße, die sich von der hebungsbeamter der Krankenkasse erklärt, dass Wildbacher Straße bis zur Radlpaß-Bundes- er nicht mehr in der Lage ist, die ihm übertragenen straße erstreckte, wurde in Liechtensteinstraße Aufgaben voll zu erfüllen.“ 6 (von der Wildbachberg Straße bis Kreisverkehr 6 Gemeindeausschusssitzung vom 13. Dezember 1954, Stadtarchiv Deutschlandsberg 7 Gemeindeausschusssitzung vom 3. November 1961, Stadtarchiv Deutschlandsberg 11
beim BSZ) und die Siemensstraße (vom BSZ bis Frächterei, die von vielen Bürgern genutzt wurde, zum Kreisverkehr an der Bundesstraße umbe- sondern auch ein Fiakergewerbe und wurde u. a. nannt. Die seit 1961 bestehende Lagergasse von auch vom fürstlichen Hause Liechtenstein für die der Steweag bis zur Norbert-Ehrlich-Siedlung, verschiedensten Fahrten beauftragt. Durch seine wurde in Raiffeisenstraße (Steweag bis BSZ), La- Fahrten in die Almregion erkannte er schon sehr gergasse (Kreisverkehr BSZ bis Mittereggbach) früh deren Potential für den Fremdenverkehr. und Stadionstraße (ab Mittereggbach Richtung Mit der Errichtung eines Alpenhotels in Trahüt- Norbert-Ehrlich-Siedlung) umbenannt. ten legte er den Grundstein für den Höhenluft- kurort Trahütten, der von hohen und höchsten Würdenträgern aus der ganzen Monarchie be- sucht wurde. DIE STRASSENNAMEN Alfred Cossmann NACH PERSÖNLICHKEITEN Der Kupferstecher Cossmann wurde 1870 in Das Gemeindegebiet von Deutschlandsberg Graz als Sohn des Liechtenstein‘schen Forst- Alban Berg beamten Viktor Cossmann geboren. Sein Vater ©Sammlung Huemer verfügt über eine große Anzahl von Straßen- namen, die Personen gewidmet wurden. Ob es war im Auftrag des Fürsten Franz von und zu sich um international bekannte Personen, wie Liechtenstein in den Regionen Schwanberg und Schiller oder Schubert, oder Politiker, Künstler, Garanas tätig. In der Gemeinde Leibenfeld kaufte Wissenschafter handelt, die entweder für Ös- er sich einen Grund und errichtete dort ein Land- terreich oder Deutschlandsberg von Bedeutung haus, das 1883 von Ernst Rathausky, dem Besitzer sind. Alle diese Bezeichnungen sind in den Aus- der Burgegger Papierfabrik, erworben wurde. schüssen der Gemeindevertretung ausgearbeitet, 1886 zog Cossmann nach Wien, absolvierte die diskutiert und vom Gemeinderat, nicht immer Kunstgewerbeschule und studierte bei William ohne Vorbehalt und manchmal auch mit Gegen- Unger Radierung. Nach Besuch der Kunstakade- stimmen, beschlossen worden. mie wandte er sich dem Kupferstich, speziell der Exlibris-Gestaltung, zu. Alban Berg 19018 trat er dem Hagen-Bund, einer Vereini- Der österreichische Komponist wurde 1885 in gung Bildender Künstler, bei. 1917 wurde er zum Wien geboren und war schon frühzeitig an Musik Professor ernannt und lehrte an der Grafischen und Literatur interessiert. So begann er bereits Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Er beein- Alfred Cossmann mit 16 Jahren Lieder zu komponieren. 1904 nahm flusste die Radiertechnik und die Mischtechnik er an einem Kompositionskurs bei Arnold Schön- in der österreichischen Kleingraphik. berg teil, der sein Talent erkannte und förderte. Zu Neben zahlreichen Ehrungen in der Ersten Repu- seinen bekanntesten Werken zählen neben den blik, wie z. B. dem Silbernen und Goldenen Ehren- Opernwerken „Wozzek“ und „Lulu“ auch seine zeichen der Republik Österreich und der Zweiten drei Orchesterwerke aus dem Jahre 1914 und das Republik, wie der Ehrenmedaille der Stadt Wien, Violinkonzert aus dem Jahre 1935. war Cossmann auch Ehrenmitglied der Bildenden Berg war mit Helene Nahowska verheiratet, Künste in Wien und Beirat der Albertina. die eine uneheliche Tochter von Kaiser Franz Cossmann wird auf der Gottbegnadetenliste der Joseph war. Die Familie Nahowski hatte die ehe- wichtigsten Maler des Nationalsozialistischen malige Kalchbergvilla in Trahütten, die von Franz Deutschland geführt, wobei anzumerken ist, von und zu Liechtenstein und seiner Schwieger- dass sein Name dort falsch geschrieben ist. tochter Henriette gekauft worden war, erworben. Die Verleihung des Kriehuber-Preises der Stadt Alban Berg verbrachte dort die Sommermonate Wien 1942 und der Ehrenmitgliedschaft der und komponierte Teile seiner Oper „Wozzek“. Wiener Akademie der Bildenden Künste im gleichen Jahr rückten Cossmann in ein anderes Alexander Kortschak Licht. Es ist jedoch anzumerken, dass Cossmann Der aus Leibnitz stammende Alexander Kort- keine Mitgliedschaft in der NSDAP nachgewie- schak kam 1870/71 nach Deutschlandsberg sen werden konnte. und gründete im Ort eine Sattlerei und Lohn- Cossmann starb 1951 in Wien. Alexander Kortschak kutscherei. Kortschak betrieb nicht nur eine 8 Vgl. Anmerkung 3, S. 20ff 12
Dr. Christoph Klauser Studentenverbindung Gothia bzw. dem Akade- Dr. Christoph Klauser wurde 1924 in Deutsch- mischen Turnverein beitrat. landsberg als Sohn des Rechtsanwaltes Dr. 1893 wurde er Werksarzt des Eibiswalder Stahl- Arnulf Klauser und seiner Gattin Gerta ge- werkes. Im Jahr 1894 nahm er die Stelle eines boren. Nach Absolvierung der Pflichtschule in Werksarztes bei der Alpinen Montangesellschaft Deutschlandsberg besuchte er das Lichtenfels- in Köflach an, die er bis zu seinem Tod innehatte. gymnasium und legte 1942 die Matura ab. Sein literarisches Schaffen konzentrierte sich In diesem Jahr wurde er zur Deutschen Wehr- besonders auf Themen, welche die Landbe- macht eingezogen und befand sich vom 8. Mai. völkerung ansprachen. Zu seinen Veröffentli- 1945 bis September 1947 in russischer Kriegs- chungen zählten jedoch auch wissenschaftliche gefangenschaft. 1947 kehrte er aus dieser zurück Werke, wie „Eibiswald“, „Vom Kainachboden“ und promovierte 1950 zum Doktor der Rechte an oder „Aus dem Sulmtale“. Für seine literarische der Karl-Franzens-Universität. Danach trat er in Tätigkeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, Dr. Christoph Klauser die Rechtsanwaltskanzlei seines Vaters ein und z. B. wurde er 1936 zum Ehrendoktor der Uni- war seit 1954 selbständiger Rechtsanwalt. versität Graz ernannt. In der Zeit des National- 1959 heiratete er Dr. Annerose Trattnig. sozialismus wurden ihm hohe Auszeichnungen 1955 wurde er erstmals in den Gemeinderat ge- zuteil, 1938 war er Ehrengast am Reichspartei- wählt und gehörte diesem bis 1995 an. 1957 bis tag in Nürnberg, 1943 wurde er Ehrenbürger der 1960 war er erster Bürgermeisterstellvertreter. Stadt Graz. 1960 wurde er zum Bürgermeister gewählt und hatte dieses Amt bis September 1972 inne. Am 7.4.1965 wurde er Abgeordneter zum Steier- märkischen Landtag. 1970 übernahm Dr. Klauser das Finanzressort in der Landesregierung und legte aus diesem Grund 1972 das Amt des Bürgermeisters zurück. Dr. Klauser war bis 1991 Finanzlandesrat. 1991 – 1996 war er zweiter Präsident des Stei- ermärkischen Landtages. 1994 wurde er wegen seiner Verdienste um die Stadt Deutschlandsberg zum Ehrenbürger er- nannt und seit 1996 trägt eine Straße des Ortes seinen Namen. Dr. Christoph Klauser starb im Oktober 2009. Zu seinen Verdiensten als Bürgermeister zählen vor allem der Bau der Wasserleitung aus dem Bärental, der Bau der Wildbacher Schule und der ehemaligen Knabenhauptschule (heute MS I), die Eröffnung des ersten Seniorenheimes in der N.E.S., die Gründung des Musisch-Pädago- gischen-Realgymnasiums, die Ansiedlung der POLO (Humanic), der ELDRA und der Siemens, die Automatisierung des Telefonnetzes, der Bau vieler mehrgeschossiger Wohnhäuser. Dr. Hans Kloepfer 9 Der Wundarztsohn Hans Kloepfer wurde 1887 in Eibiswald geboren, absolvierte die Pflicht- schule in seinem Geburtsort und besuchte an- schließend das k .k. 1. Staatsgymnasium in Graz. Schon in dieser Zeit war er von einer deutschna- tionalen Gesinnung geprägt, weshalb er auch der Villa und Garten Cossmann, Schwanberger Straße Ende 19. Jh. (heute Fam. Otto) 9 Die Abhandlung über Dr. Hans Kloepfer ist weitgehend dem Endbericht der ExpertInnenkommission für Straßennamen Graz, Graz 2017, S. 50f entnommen. 13
14
Vermessung Deutschlandsberg 1870 15
Ab 1938 leitete er die Ortsgruppe Köflach des tische Heimat war die Sozialdemokratische Volksbundes für das Deutschtum im Ausland. Arbeiterpartei. Die Provisorische Nationalver- Politisch engagierte er sich im Köflacher Ge- sammlung wählte ihn nach dem Zusammenbruch meinderat, dem er von 1907 bis1929 angehörte. der Monarchie zum Staatskanzler der neuen Kloepfer war Mitglied der NSDAP sowie der Republik Österreich. Als solcher leitete er die Reichschriftkammer und hieß Hitler nach dem österreichische Delegation beim Friedensvertrag Anschluss mit dem Gedicht „Steirischer Berg- von Saint-Germain. bauerngruß“ willkommen. „Schreibm tuat er si 1933 trug er als erster Nationalratspräsident Hitler, / und uns so guat gsinnt, / wia ma weit in durch sein Verhalten wesentlich an der Selbstaus- Dr. Hans Kloepfer der Welt / net an liabern wo findt.“ schaltung des Parlaments bei. 1938 war er Be- Durch seine bäuerliche Mundartdichtung wurde fürworter des Anschlusses. Nach dem Zweiten er nicht nur vom Nationalsozialismus, sondern Weltkrieg wurde Renner mit ausdrücklicher Dul- auch vom Ständestaat gerne zitiert und für deren dung der Sowjetunion mit der Bildung einer pro- Werbung herangezogen. Seine nationale Haltung, visorischen Regierung betraut und im Dezember seine Betonung des Bauerntums und der Heimat von der Bundesversammlung zum ersten Bundes- passten sehr gut in die „Blut und Boden“-Ideolo- präsidenten der Zweiten Republik gewählt. gie des NS-Regimes. Renner starb im Jahr 1950. Kloepfer starb 1944. Bereits 1988 betonte die Forschung die NS-Verbundenheit des Dichters Dr. Viktor Verdross Dr. Karl Renner und seine Führerverherrlichung. Die Forschung Verdross wurde im Jahre 1874 in Vintschgau in konnte ihm in seinen Werken jedoch keine anti- Tirol geboren und promovierte 1899 an der Uni- semitischen, d. h. judenfeindlichen Äußerungen versität in Innsbruck. Als Arzt war er zunächst im nachweisen. Klagenfurter Krankenhaus, im Garnisonsspital in Innsbruck und als Distriktsarzt in St. Stefan im Dr. Josef Marco Gailtal tätig. 1900 verehelichte er sich mit Maria Marco wurde 1781 als Sohn des Fleischers Higersberger. Schon im Jahre 1901 ließ er sich Johann Marco und der Maria Saffran im Haus in Deutschlandsberg nieder, eröffnete im Hause Landsberg 29 (Ecke Hollenegger Straße – Untere Berger/Jörg seine erste Praxis und war hier als Schmiedgasse) geboren. Die Pflichtschule be- Arzt bis zum Jahre 1959, seinem 85. Geburtstag, suchte er im Ort, wurde dann allerdings von sei- tätig. Dr. Viktor Verdross nem Onkel, der Geistlicher im Schloss Weißenegg Er machte den 1. Weltkrieg als Regimentsarzt war, gefördert – er ermöglichte ihm ein Studium mit und erhielt für seinen Einsatz hohe Aus- in Graz. Nach Absolvierung der Rechtsstudien in zeichnungen. 1912 wurde er zum Distriktsarzt Graz promovierte er in Wien. Sehr schnell erhielt ernannt und war auch als Bahn- und Werksarzt er eine Anstellung als Verwalter des Drasenberg‘- tätig. Seine Praxis verlegte er in das Jud‘sche schen Eisen- und Sensenwerkes in Kainach, des- Haus (heute Rathaus) und in die Sparkasse sen Miteigentümer er wurde. In seiner Freizeit (heute Amtsgebäude der Bezirkshauptmann- beschäftigte er sich mit Obstbau und der Natur. schaft in der Kirchengasse). 1826 begann er mit der Untersuchung des Kli- Verdross war auch Gründer, Vorturner und mas und dessen Einfluss auf Flora und Fauna. langjähriger Obmann des Deutschen Turnver- Diese Lehre wird Phänologie genannt und ist eines. Für sein 50-jähriges Wirken in Deutsch- heute fester Bestandteil der Forschung. Marco landsberg verlieh ihm der Gemeinderat 1952 gilt somit als Begründer dieser Wissenschaft, war die Ehrenbürgerschaft. Anlässlich der Festsit- Mitbegründer zahlreicher landwirtschaftlicher zung ehrte ihn der Bürgermeister mit folgenden und fortwirtschaftlicher Vereine und starb 1852. Worten: „Wir haben ihm zu danken für seine unermüdliche Tätigkeit und Arbeit zum Wohle Dr. Karl Renner der Bewohner unserer Stadt, vor allem während Der erste Bundespräsident der Zweiten Repu- des 2. Weltkrieges hat er fast allein die Last der blik wurde 1870 in Mähren geboren und studier- ärztlichen Betreuung im weiten Umkreis unserer te an der Wiener Universität Recht. Renner war Stadt zu tragen gehabt.Wir alle wissen, daß man zu auch in dieser Zeit maßgeblich an der Gründung jeder Tages- und Nachtzeit zu ihm kommen konnte. der Naturfreundebewegung beteiligt. Seine poli- Es war für ihn immer selbstverständlich Hilfe zu 16
leisten, obwohl er gerade in den schwersten Jahren mit dem Teilhaber der Pojatzi‘schen Zündwaren- schon ein beträchtliches Alter erreicht hatte.“ 10 fabrik, Karl Franz, erhielt Franz Czerweny die Verdross starb 1961 in Graz. Möglichkeit, als kaufmännischer Verantwortli- cher der Zündwarenfabrik Pojatzi einen neuen Dr. Hans Bantleon Schritt in seiner Berufslaufbahn zu wagen. 1951 geboren, studierte er Medizin an der Uni- Am 1. März 1866 begann er seine Arbeit in der versität Graz, promovierte 1979 und machte Fabrik und heiratete 1873 Marianne Pojatzi, 1981 die Ausbildung zum Facharzt für Zahn-, die älteste Tochter seines Arbeitgebers. Der Mund- und Kieferheilkunde an der Universi- Ehe entstammen zwei Söhne und zwei Töchter. tätsklinik in Graz. 1989 erfolgte die Habilitation Die beiden Söhne Viktor und Robert sollten für das Fach Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. später die Leitungen der Zündholzfabriken Dr. Hans Bantleon ©Sammlung Huemer 1992 wurde er zum ordentlichen Universitäts- Deutschlandsberg und Stainz sowie die General- professor und Leiter der Abteilung für Kiefer- direktion des SOLO-Konzernes übernehmen. orthopädie an der Universitätsklinik für Zahn-, 1892 übernahm er die Leitung der Fabrik, Mund- und Kieferheilkunde in Wien ernannt. nachdem sich Florian Pojatzi aus seiner aktiven 2016 wurde ihm das österreichische Ehren- Betriebsführung zurückgezogen hatte. kreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen. 1903 gründete Czerweny durch den Zusam- Bantleon machte Trahütten zu seiner zweiten menschluss der größten Zündholzfabriken der Heimat; die Gemeinde benannte ihm zu Ehren Monarchie den SOLO-Konzern, dessen Leitung eine Straße. Er starb 2021. er zusammen mit Bernhard Fürth als Generaldi- rektor innehatte. Ferdinand Zoffal 1913 trat er in den Ruhestand und übersiedel- Zoffal, 1874 in der Bukowina geboren, war vor te nach Wien. 1920 kehrte er nach Deutschlands- dem Ersten Weltkrieg in Luttenberg bedienstet. berg zurück und verstarb hier im Jahr 1921. 1913 wurde er nach Bezirkshauptmann Josef de Villavicencio Amtsleiter der Bezirkshaupt- Franz Czerweny stellte sein Wissen und seine Arbeitskraft aber nicht nur der Wirtschaft zur Ferdinand Zoffal mannschaft Deutschlandsberg und war von 1915 bis 1924 Bezirkshauptmann. Als solcher Verfügung, sondern war auch von 1895 bis 1907 war er 1918 federführend an der Stadterhebung Gemeinderat in Deutschlandsberg, Mitglied des Deutschlandsbergs beteiligt, wofür ihm auch Sparkassenausschusses und des Ortsschulrates, die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde. Obmann des Bezirksausschusses, Gründungs- Zoffal blieb nach dem Zusammenbruch der Mo- mitglied des Verschönerungs- und des Tennis- narchie im Amt und wurde erst 1924 in das Amt vereines. Bleibendes Andenken erwarb sich der Steiermärkischen Landesregierung nach Czerweny durch eine Stiftung. Graz versetzt. Er starb 1924. 1908 schenkte er der Marktgemeinde einen großen Quellenpunkt am Wolfgangiberg zur Franz Czerweny Speisung der märktischen Wasserleitung. Die Czerweny wurde 1848 in Trautenau in Böhmen Gemeindevertretung ließ an einem Felsen, der geboren. Sein Vater Anton, ein anerkannter Uhr- sich auf diesem Grund befindet, eine Gedenkta- macher, erwarb sich durch einen Hauskauf be- fel für Czerweny anbringen. scheidenes Ansehen. Als jüngstes von neun Kin- 1908 stiftete er anlässlich des 60. Thronbestei- Franz Czerweny dern musste er nach Absolvierung der Volks- gungsjubiläums Kaiser Franz Josephs I. ein Ar- und Bürgerschule bereits im Alter von 12 Jah- beiterwohnhaus. Czerweny unterstützte sowohl ren zu seinem Onkel nach Arnau, wo er die die Freiwillige Feuerwehr des Marktes als auch Kaufmannslehre begann. Auf Initiative seines die Betriebsfeuerwehr der SOLO, spendete jähr- Bruders Moritz erhielt Franz Czerweny die lich mehrmals namhafte Beträge für die Deutsch- Möglichkeit, nach dreijähriger Lehrzeit die Pat- landsberger Schulen und setzte sich für die ärzt- zelt‘sche Handelsschule in Wien zu besuchen. liche Versorgung der Bevölkerung ein, indem er Nach deren Abschluss trat er in das Geschäft des 1906 die Gründung eines Armenspitales anregte. Drogerie- und Materialwarenhändlers Wein- Für seine Verdienste um den Markt Deutsch- wurm in Wien ein. landsberg erhielt er im Jahre 1906 die Ehrenbür- Durch die Bekanntschaft seines Bruders Moritz gerschaft verliehen. 10 Gemeindeausschusssitzung vom 25. April 1952, Stadtarchiv Deutschlandsberg 17
Sie können auch lesen