Abiturprüfung 2020 Deutsch, Leistungskurs

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                         Abiturprüfung 2020
                         Deutsch, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

1. Analysieren Sie den Textauszug „Sprache. Macht. Denken“ von Benjamin Mikfeld und
   Jan Turowski.                                                        (38 Punkte)

2. Stellen Sie die Grundannahmen der Theorie von Edward Sapir und Benjamin Lee Whorf
   zum Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit dar. Setzen Sie den Ansatz von
   Sapir und Whorf in Beziehung zu Mikfelds und Turowskis Ausführungen zum Bereich
   der Politik. Beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Überzeugungskraft des Ansatzes
   von Mikfeld und Turowski zum politischen Sprachgebrauch.                  (34 Punkte)

Materialgrundlage:

• Benjamin Mikfeld und Jan Turowski: Sprache. Macht. Denken – Eine Einführung. In:
  Sprache. Macht. Denken. Politische Diskurse verstehen und führen. Hrsg. v. Denkwerk
  Demokratie. Frankfurt am Main: Campus Verlag 2014, S. 15 – 19

Zugelassene Hilfsmittel:

• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

                         Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
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     Benjamin Mikfeld und Jan Turowski
     Sprache. Macht. Denken (Textauszug)
     Politische Macht artikuliert sich „sichtbar“ in den politischen Funktionen der Exekutive und
     der Legislative, die (zumindest in Demokratien) auf Zeit vergeben werden. Regierungschefs,
     Minister oder Parteien „kommen an die Macht“, wie der Volksmund sagt. Zu den Macht-
     akteuren würden viele wohl zu Recht ebenso Großkonzerne, wichtige Verbände oder die Me-
 5   dien zählen, auch wenn ihre Insignien der Macht eher verschwommen sind. All diese Akteure
     der Macht agieren jedoch nicht im politischen Vakuum. Es gibt zu jeder Zeit politische For-
     derungen und Ideen, die mehrheitlich als „richtig“ und „angemessen“ beurteilt werden, und
     andere, für die dies nicht gilt. Solche Regelsysteme, die hinter den sichtbaren Machtstruktu-
     ren und -mechanismen liegen, bezeichnen wir als Diskurse. Sie regeln, was in bestimmten
10   Gruppen oder der breiten Öffentlichkeit als „sagbar“ gilt und was nicht. Gerade in Krisen-
     situationen können diese vormals starren Diskurse in Bewegung geraten und sich verschieben.
     So war nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima auch in konservativen Kreisen ein stram-
     mes Bekenntnis zur Atomenergie kaum noch „sagbar“. Vor der globalen Finanzkrise 2007
     wiederum waren bestimmte Forderungen zur Begrenzung der Macht der Finanzmärkte nur
15   in bestimmten politischen Kreisen „sagbar“. Doch es dauerte nach Ausbruch der Krise nur
     wenige Monate, bis der bürgerliche Mainstream diese Forderungen (wenn auch nur halbher-
     zig) übernahm.
         Es gibt also auch „unsichtbare“ Kräfte der Macht, die Einfluss auf unser politisches Den-
     ken und Handeln nehmen. Politisches Denken vermittelt sich zu allererst über Sprache, die
20   wiederum unser politisches Bewusstsein prägt. Eine unserer zentralen Thesen lautet, dass Dis-
     kurse nicht erst in Krisenzeiten in Bewegung geraten, sondern sich in einem Fluss ständigen
     politischen Ringens um „Meinungsführerschaft“ befinden. Wer politisch gestalten und Dinge
     verändern will, sollte sich daher nicht nur um parlamentarische Mehrheiten bemühen, son-
     dern auch darum, auf der Ebene der Sprache, der Deutungen und Diskurse Einfluss zu gewin-
25   nen. […]

     Die Sprache ist ein wichtiges Instrument der Politik. Sprache dient der Argumentation, der
     Verhandlung, der Konsensfindung, aber auch der Agitation und Manipulation. Über Sprache
     stellen wir politische Zustimmung und Zugehörigkeit ebenso wie Abgrenzung her. (Auch)
     über Sprache werden politische Allianzen geknüpft und Mehrheiten gebildet. Über Sprache
30   entwickeln wir eine Vorstellung davon, was für uns „wahr“ ist. „Wer die Sprache kontrol-
     liert, hat somit Kontrolle über das gemeinschaftliche Wir“, schrieb Benjamin Barber.1 Von
     anderen Denkern der politischen Theorie kann man ähnliche Sätze finden. Ebenso findet man

     1   Barber: Starke Demokratie, S. 198.

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     in der jüngeren Vergangenheit viele Beispiele des Machtge- und -missbrauchs von politischer
     Sprache:
35   – Aus dem Roman „1984“ von George Orwell ist einer breiten Öffentlichkeit das „Neu-
        sprech“ bekannt, eine vom diktatorischen Regime verordnete Sprache, die das Denken der
        Menschen verändern soll. Die jüngere Tradition der politischen Sprachkritik in Deutsch-
        land kennt Viktor Klemperers Lingua Tertii Imperii über die manipulative Sprache des
        Dritten Reiches oder das „Wörterbuch des Unmenschen“ von Dolf Sternberger, Gerhard
40      Storz und W. E. Süskind. […]
     – In den 1990er Jahren war es vor allem die Debatte über das Asylrecht in Deutschland und
        die Häufung ausländerfeindlicher Gewalttaten, die einer diskursanalytisch orientierten
        Sprachkritik […] eine gewisse Aufmerksamkeit über die akademische Welt hinaus be-
        scherte.
45   – Im letzten Jahrzehnt wiederum hat die Diskussion um die Neuorientierung in der Arbeits-
        markt- und Sozialpolitik, vor allem die „Agenda 2010“ der rot-grünen Bundesregierung,
        die Sprachkritik auf den Plan gerufen. Kritisiert wurde eine betriebswirtschaftlich inspi-
        rierte „Hartzsprache“2 oder auch die „Verluderung der öffentlichen Sprache“3. Dies spie-
        gelte sich in der Entscheidung einer Jury wider, die alljährlich „Unwörter des Jahres“ aus-
50      wählt. Im Jahr 2002 fiel die Wahl auf die „Ich-AG“, im Jahr 2004 war es das „Human-
        kapital“ und im Jahr 2005 die „Entlassungsproduktivität“.

     […] Politische Sprache ist als Soft Power4 zu verstehen. Sie prägt unsere Vorstellung von
     Wirklichkeit und hat daher „realitätskonstituierenden Charakter“5. Begriffe sind nicht „neu-
     tral“, sondern vielfach Gegenstand sogenannter semantischer Kämpfe, in denen es darum
55   geht, diese mit einem bestimmten Inhalt zu füllen oder Sachverhalte mit bestimmten Begrif-
     fen zu bezeichnen. Politische Sprache ist zudem nicht nur argumentativ, sondern sie beinhaltet
     immer auch normative und emotionale Elemente. Jede politische Denkrichtung oder Gruppe
     verfügt über ein spezifisches Arsenal an Begriffen, Topoi, Metaphern und Narrativen, die im
     Bemühen um Meinungsführerschaft und Deutungsmacht zum Einsatz kommen. Dabei geht es
60   nicht immer um eine sachliche Beweisführung, sondern darum, Übereinstimmung zwischen
     Redner/in und Publikum herzustellen. Sprache ist somit Gegenstand sowohl politischer Deu-
     tungskämpfe wie auch politischer Taktik und Strategie: „Es geht um Deutungshoheit und Ver-
     wendungshoheit von Sprache. Denn Sprache ist ein Instrument zur Erlangung, Sicherung,
     Ausübung und Kontrolle von Macht“.6 […]

     2   Keil, Die Hartzsprache; Hachmeister, Die Kälte der Begriffe.
     3   Negt, Der politische Mensch, S. 194.
     4   Klein, Sprache und Macht, S. 7.
     5   Girnth, Sprache und Sprachverwendung in der Politik, S. 5.
     6   Girnth, Einstieg: Sprache und Politik.

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Anmerkungen zu den Autoren und zum Herausgeber:
Jan Turowski ist Politikwissenschaftler und Benjamin Mikfeld Politiker (SPD). Das als Herausgeber fungierende
„Denkwerk Demokratie“ ist eine gemeinsame Gründung von SPD, Grünen und Gewerkschaftsvertretern.

Weitere Anmerkungen:
Fußnoten: Die sich auf die Zitate beziehenden Fußnoten wurden aus dem Originaltext übernommen. Die in der
ursprünglichen Veröffentlichung am Ende des Textes angeführten Literaturangaben wurden nicht mit aufgenom-
men. Hinweise zu den zitierten Autoren: Benjamin Barber ist Politikwissenschaftler, Oskar Negt Sozialphilo-
soph. Heiko Girnth und Josef Klein sind Sprachwissenschaftler, Gert Keil und Lutz Hachmeister Journalisten.
Finanzkrise: Die Finanzkrise begann im Jahre 2007, hatte ihren Höhepunkt aber am 15. September 2008 mit
dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehmann Brothers. Angesichts der dramatischen Ent-
wicklungen forderten damals viele Wirtschaftsexperten und Politiker eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte
durch staatliche Gesetze.
Agenda 2010: Das von der rot-grünen Regierung entwickelte Reformkonzept „Agenda 2010“ sollte die Rahmen-
bedingungen auf dem Arbeitsmarkt verbessern und zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen, wurde aber
u. a. aufgrund der damit verbundenen Kürzungen staatlicher Sozialabgaben und der Lockerung des Kündigungs-
schutzes stark kritisiert. Die Kommission, die das Reformpaket konzipierte, wurde damals von Peter Hartz gelei-
tet.
Topoi (Singular: Topos): Unter „Topoi“ verstehen Mikfeld und Turowski in Begründungszusammenhängen
und Debatten immer wiederkehrende Argumentationsmuster (z. B. „Der demografische Wandel zwingt uns zu
den Reformen …“).
Narrative: Mit „Narrativen“ sind in diesem Zusammenhang politische Erzählungen (z. B. die Erzählung von
der Geschichte der Französischen Revolution) gemeint, die für das Selbstverständnis einer Gesellschaft oder
politischen Gruppe und die in ihr vorherrschenden Wert- und Normvorstellungen eine zentrale Rolle spielen.
Titel: Im Original trägt der Titel „Sprache. Macht. Denken“ noch den Zusatz „– Eine Einführung“, da es sich
bei dem Text um den Auftakt einer in Buchform veröffentlichten Textsammlung handelt und er die Funktion
einer Einführung erfüllt.

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                                Unterlagen für die Lehrkraft
                                     Abiturprüfung 2020
                                    Deutsch, Leistungskurs

1.       Aufgabenart
Analyse eines Sachtextes mit weiterführendem Schreibauftrag

2.       Aufgabenstellung1
    1. Analysieren Sie den Textauszug „Sprache. Macht. Denken“ von Benjamin Mikfeld und
       Jan Turowski.                                                        (38 Punkte)

    2. Stellen Sie die Grundannahmen der Theorie von Edward Sapir und Benjamin Lee Whorf
       zum Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit dar. Setzen Sie den Ansatz von
       Sapir und Whorf in Beziehung zu Mikfelds und Turowskis Ausführungen zum Bereich
       der Politik. Beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Überzeugungskraft des Ansatzes
       von Mikfeld und Turowski zum politischen Sprachgebrauch.                  (34 Punkte)

3.       Materialgrundlage
• Benjamin Mikfeld und Jan Turowski: Sprache. Macht. Denken – Eine Einführung. In:
      Sprache. Macht. Denken. Politische Diskurse verstehen und führen. Hrsg. v. Denkwerk
      Demokratie. Frankfurt am Main: Campus Verlag 2014, S. 15 – 19

4.       Bezüge zum Kernlehrplan und zu den Vorgaben 2020
Die Aufgaben weisen vielfältige Bezüge zu den Kompetenzerwartungen und Inhaltsfeldern des
Kernlehrplans bzw. zu den in den Vorgaben ausgewiesenen Fokussierungen auf. Im Folgenden
wird auf Bezüge von zentraler Bedeutung hingewiesen.

    1. Inhaltsfelder und inhaltliche Schwerpunkte
      Inhaltsfeld Sprache
      • Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit
         – Aktualität der Sapir-Whorf-Hypothese
      Inhaltsfeld Kommunikation
      • Rhetorisch ausgestaltete Kommunikation in funktionalen Zusammenhängen

    2. Medien/Materialien
       • entfällt

1     Die Aufgabenstellung deckt inhaltlich alle drei Anforderungsbereiche ab.

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5.   Zugelassene Hilfsmittel
• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

6.   Vorgaben für die Bewertung der Schülerleistungen
Teilleistungen – Kriterien
a) inhaltliche Leistung
Teilaufgabe 1
     Anforderungen                                                                              maximal
                                                                                              erreichbare
                                          Der Prüfling                                         Punktzahl

 1   verfasst eine aufgabenbezogene Einleitung, die zentrale Angaben aufnimmt: Autoren,           2
     Titel, Textsorte, Erscheinungsjahr.
 2   formuliert das Thema des Textes, etwa:                                                       2
     • Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Sprache, Macht und Denken im Feld
        der Politik,
     • Auseinandersetzung mit der Bedeutung des Diskurses und der Sprache im Feld der
        Politik.
 3   stellt die Position der Autoren dar:                                                         4
     • Sprache als zentrales Instrument des politischen Diskurses, in dem Akteure der
         Macht (z. B. politische Parteien) um „Meinungsführerschaft“ kämpfen.
 4   untersucht den gedanklichen Aufbau des Textes:                                               9
     • einführende Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Macht im Feld des Poli-
        tischen: Unterscheidung zwischen den „sichtbaren“ Kräften der Macht (z. B. Regie-
        rungschefs, Minister, Parteien oder auch Medien) und den Diskursen als „unsicht-
        bare“ Regelsysteme, die über die Legitimation von politischen Ideen und Forde-
        rungen entscheiden,
     • Darstellung der Kernthese: Hervorhebung der zentralen Bedeutung der Sprache
        im politischen Diskurs, in dem die Akteure der Macht um „Meinungsführerschaft“
        kämpfen,
     • genauere Darstellung der Wirkmächtigkeit und der Funktionsweise der Sprache im
        politischen Diskurs (z. B. „Über Sprache entwickeln wir eine Vorstellung davon,
        was für uns ‚wahr‘ ist“, Z. 29 f.),
     • Auflistung von Beispielen des Machtgebrauchs und Missbrauchs von Sprache und
        darauf reagierender Formen politischer Sprachkritik (z. B. Viktor Klemperers Unter-
        suchung der manipulativen Sprache im „Dritten Reich“ oder die Wahl der „Unwör-
        ter des Jahres“ durch eine Jury),
     • abschließende Bestimmung der Sprache als „Soft Power“, die unsere Vorstellungen
        von Wirklichkeit bestimmt und daher einen „realitätskonstituierenden Charakter“
        hat; Darstellung der Verwendung von Begriffen, Topoi, Metaphern und Narrativen
        durch politische Gruppen im Kampf um politische Meinungshoheit.

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 5   untersucht die Leserlenkung des Textes in ihrer Funktion, etwa:                           9
     • Nennung des Themas bereits mit dem Titel „Sprache. Macht. Denken“, insofern
        es in dem Text um das Verhältnis von Sprache, Macht und Denken im Feld der
        Politik geht,
     • Verwendung der abstrakten Begriffe „Macht“ und „Diskurs“ als Subjekte, um so
        die Vorstellung von gleichsam eigenständigen Kräften zu erzeugen,
     • eigene Definition des Begriffs „Diskurs“ und damit Abgrenzung gegenüber ande-
        ren Verwendungsweisen, um die eigene Theorie zu konturieren und Missverständ-
        nissen vorzubeugen,
     • Anführen von jüngeren Ereignissen von weltgeschichtlicher Bedeutung (Reaktor-
        unglück in Fukushima, Finanzkrise 2007) zur Illustration und Stützung der These,
        dass insbesondere in Krisenzeiten Diskurse in Bewegung geraten können,
     • Nutzung von Zitaten einzelner Wörter wie „‚sagbar‘“, „‚richtig‘“ oder „‚angemes-
        sen‘“, um Grundstrukturen und -kategorien des politischen Diskurses für den Leser
        sichtbar zu machen,
     • ironische Darstellung von Verschiebungen innerhalb des politischen Diskurses in
        Krisenzeiten, sodass nach dem Reaktorunglück in Fukushima auch in konservativen
        Kreisen ein „strammes Bekenntnis“ zur Atomkraft nicht mehr „‚sagbar‘“ gewesen
        sei,
     • Verwendung von Zitaten des Politikwissenschaftlers Benjamin Barber, des Sozial-
        philosophen Oskar Negt und verschiedener Sprachwissenschaftler, um die eigene
        Argumentation durch die Einschätzungen von Autoritäten abzustützen,
     • Auflistung von historischen Beispielen des Machtge- und -missbrauchs, um die
        eigene Position zu illustrieren und zu stützen.
 6   untersucht die sprachlich-stilistische Gestaltung des Textes im Hinblick auf ihre Funk-   8
     tion, etwa:
     • Verwendung eines für wissenschaftliche Texte typischen Nominalstils in Verbin-
        dung mit der Nutzung rhetorischer Mittel (insbesondere sprachlicher Bilder), so-
        dass die vornehmlich theoretischen Ausführungen gleichzeitig einen gewissen An-
        schaulichkeitsgrad erhalten,
     • antithetische Gegenüberstellung von „sichtbaren“ und „unsichtbaren“ Kräften der
        Macht, von „sagbaren“ und nicht (mehr) „sagbaren“ Ideen und Forderungen im
        Feld der Politik,
     • Beschreibung des Diskurses mithilfe von Fluss- und Bewegungsmetaphern („Ge-
        rade in Krisensituationen können diese vormals starren Diskurse in Bewegung
        geraten und sich verschieben“, Z. 10 f.),
     • Verwendung von anaphorischen Wendungen und z. T. auch Parallelismen, um in
        Form einer Auflistung die Funktionen der Sprache innerhalb des politischen Dis-
        kurses zu verdeutlichen,
     • Verwendung der Metapher des Kampfes, um das Ringen politischer Akteure um
        die Bedeutung von Begriffen innerhalb des politischen Diskurses sinnfällig ins Bild
        zu setzen,
     • Einbezug des Lesers durch die Verwendung der Pronomen „wir“, „uns“ und
        „unser“.
 7   formuliert eine reflektierte Schlussfolgerung, etwa im Hinblick auf:                      4
     • die Kernthese, dass der Sprache innerhalb des politischen Diskurses eine zentrale
        Rolle zukommt und mit und durch sie Akteure der Macht um Meinungsführerschaft
        kämpfen,
     • die Darstellung des politischen Diskurses als Kampfarena, in der Akteure der Macht
        ein Arsenal an Begriffen, Topoi, Metaphern und Narrativen ins Feld führen, um
        Deutungshoheit zu gewinnen,
     • eine kritische Reflexion der Gedankenführung, Leserlenkung und sprachlichen
        Gestaltung des Textes.
 8   erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (4)

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Teilaufgabe 2
     Anforderungen                                                                             maximal
                                                                                             erreichbare
                                         Der Prüfling                                         Punktzahl

 1   verfasst eine aufgabenbezogene Überleitung und greift dabei Grundaspekte der Auf-           1
     gabenstellung auf.
 2   stellt die Grundannahmen der Theorie von Edward Sapir und Benjamin Lee Whorf                7
     zum Verhältnis von Sprache, Denken und Wirklichkeit dar, etwa:
     • Explikation der Grundannahme, dass die Sprache nicht – nur – ein reproduktives
         Instrument zum Ausdruck von Gedanken ist, sondern dass das linguistische System
         der Sprache (die Grammatik und die Semantik) unsere Gedanken vielmehr aller-
         erst formt,
     • Explikation der Grundannahme, dass das linguistische System der Sprache unsere
         Art der Analyse und der Synthese von Eindrücken bestimmt und wir die Erschei-
         nungen der Natur nach den Kategorien ordnen, die uns die Muttersprache vorgibt,
     • Explikation der Grundannahme, dass jede Einzelsprache eine eigentümliche Welt-
         sicht eröffnet, insofern sich die linguistischen Systeme der einzelnen Sprachen
         mehr oder weniger stark unterscheiden und so jeweils eigene, allerdings nur rela-
         tive Perspektiven auf die Wirklichkeit bieten,
     • Illustration des linguistischen Relativitätsprinzips anhand von Beispielen (z. B.
         Farbwörter).
 3   erläutert, inwiefern Mikfelds und Turowskis Ausführungen zum Bereich der Politik            4
     Parallelen zu Sapirs und Whorfs Theorieansatz zum Verhältnis von Sprache, Denken
     und Wirklichkeit aufweisen, etwa:
     • gemeinsame Grundannahme, dass Sprache nicht nur Ausdruck des Gedankens ist,
         sondern das Denken selbst formt und prägt,
     • geteilte Grundannahme, dass Sprache die Art und Weise formt, in der wir die Wirk-
         lichkeit erfassen bzw. die Realität konstituieren.
 4   erläutert, inwiefern Mikfelds und Turowskis Ausführungen zum Bereich der Politik            8
     Unterschiede zu Sapirs und Whorfs Theorieansatz zum Verhältnis von Sprache, Den-
     ken und Wirklichkeit aufweisen, etwa:
     • vornehmlich erkenntnistheoretische Ausrichtung der Ausführungen bei Sapir/
         Whorf, im Schwerpunkt kritisch-strategische Analyse des politischen Sprachge-
         brauchs bei Mikfeld/Turowski,
     • Fokussierung auf das linguistische System (die Grammatik und die Semantik) der
         Sprache bei Sapir/Whorf, Erweiterung der Betrachtung und Einbezug auch der
         pragmatischen Dimension der Sprache bei Mikfeld/Turowski,
     • Annahme eines eher statischen Kategorien- und Bedeutungssystems bei Sapir/
         Whorf, hingegen eine dynamische Vorstellung des Ringens um die Bedeutung
         von Begriffen bei Mikfeld/Turowski,
     • Betrachtung des Einflusses der Sprache auf die Wirklichkeitserfassung bei Sapir/
         Whorf, darüber hinaus die Betrachtung der Beeinflussung und Konstituierung der
         gesellschaftlichen Wirklichkeit durch Sprache bei Mikfeld/Turowski,
     • Fokussierung der Bedeutung der Sprache beim Erfassen und Ordnen der Erschei-
         nungen der Natur bei Sapir/Whorf, Betrachtung der Rolle der Sprache und des
         Sprachgebrauchs im Kontext von Macht bei Mikfeld/Turowski.

                           Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
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 5   beurteilt eher bestätigend die Überzeugungskraft des Ansatzes zum politischen           9
     Sprachgebrauch von Mikfeld und Turowski, etwa:
     • Anführen von eigenen oder im Unterricht besprochenen Argumenten, Beispielen
        und Belegen, die für den Einfluss der Sprache auf das Denken sprechen (z. B. fei-
        nere Wahrnehmung von Farbunterschieden aufgrund eines differenzierteren Wort-
        schatzes in diesem Bereich oder sprachlich bedingte Unterschiede bei der Zeit-
        und Raumwahrnehmung),
     • Illustration der als gelungen eingeschätzten Anwendung von eigentlich erkenntnis-
        theoretischen Annahmen auf das Feld der Politik anhand von selbst gewählten
        oder im Unterricht etwa im Zusammenhang mit politischer Rhetorik behandelten
        Beispielen für politischen Sprachgebrauch mit „realitätskonstituierende(m) Charak-
        ter“ (z. B. Fahnen- und Stigmawörter oder der Einfluss gekürter „Unwörter des
        Jahres“ wie etwa „Anti-Abschiebe-Industrie“ auf das Denken),
     • Anführen von medial geführten Debatten, in denen mit Begriffen, Topoi, Meta-
        phern und Narrativen um Meinungs- und Deutungshoheit gekämpft wurde und
        wird (z. B. die Flüchtlingsdebatte und die Verwendung von Metaphern wie „Flücht-
        lingswelle“ und „Flüchtlingsschwemme“),
     • Verweis auf Formen „politischen Framings“ etwa mit Bezug auf Texte der Sprach-
        wissenschaftlerin Elisabeth Wehling.

     beurteilt eher relativierend die Überzeugungskraft des Ansatzes zum politischen
     Sprachgebrauch von Mikfeld und Turowski, etwa:
     • grundsätzliches Infragestellen der angenommenen Bedeutung der Sprache für das
        Denken und die Wirklichkeitswahrnehmung und Anführen entsprechender Argu-
        mente, Beispiele und Belege (z. B. Beispiele eines sprachunabhängigen problem-
        lösenden Denkens bei Menschen und Menschenaffen oder vernünftigen Handelns
        bei Menschen, die unter dem Verlust des Sprachvermögens leiden),
     • Aufdeckung eines möglichen Widerspruchs in den Ausführungen von Mikfeld und
        Turowski, insofern sie einerseits davon ausgehen, dass Sprache als „Soft Power“
        das Denken und die Wirklichkeitskonstituierung bestimmen soll, sie aber anderer-
        seits behaupten, dass innerhalb des Diskurses um die Bedeutung von Wörtern noch
        gerungen wird,
     • Kritik an dem dargestellten Verständnis eines politischen Diskurses, der nicht als
        Form lösungs- und verständigungsorientierter Kommunikation begriffen wird, son-
        dern als ein Kampfplatz, auf dem Begriffe, Topoi, Metaphern und Narrative im
        Ringen um Deutungshoheit eher instrumentell genutzt werden,
     • Aufweis der Grenzen der Steuerbarkeit von Diskursen mit Blick auf die Weltöf-
        fentlichkeit erschütternde Ereignisse wie dem Reaktorunglück in Fukushima.

     Angestrebt ist hier kein vollständiges Anführen der beispielhaft genannten Aspekte,
     sondern eine differenzierte Schwerpunktsetzung durch den Prüfling. Dabei kann sich
     das argumentative Vorgehen auch vornehmlich an einer Position ausrichten.
 6   formuliert abwägend eine reflektierte Schlussfolgerung, etwa hinsichtlich               5
     • einer Gewichtung der zuvor angeführten Argumente, Beispiele und Belege in Ver-
        bindung mit einer differenzierten Abschlussbeurteilung,
     • der Frage nach der Notwendigkeit der Sprachkritik und des Entlarvens strategisch-
        manipulativen Sprachgebrauchs im politischen Diskurs,
     • der Frage nach der eigenen Verführ- und Manipulierbarkeit durch Sprache, etwa
        in unbewusster Form durch inzwischen fast schon abgeblasste Metaphern wie
        „Flüchtlingswelle“ oder „Flüchtlingsschwemme“,
     • der Frage nach Möglichkeiten eigener Einflussnahme im politischen Bereich durch
        gezielte Nutzung von Begriffen, Metaphern und Narrativen.
 7   erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (6)

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b) Darstellungsleistung
     Anforderungen                                                                                 maximal
                                                                                                 erreichbare
                                           Der Prüfling                                           Punktzahl

 1   strukturiert seinen Text kohärent, schlüssig, stringent und gedanklich klar:                    6
     • angemessene Gewichtung der Teilaufgaben in der Durchführung,
     • gegliederte und angemessen gewichtete Anlage der Arbeit,
     • schlüssige Verbindung der einzelnen Arbeitsschritte,
     • schlüssige gedankliche Verknüpfung von Sätzen.
 2   formuliert unter Beachtung der fachsprachlichen und fachmethodischen Anforderungen:             6
     • Trennung von Handlungs- und Metaebene,
     • begründeter Bezug von beschreibenden, deutenden und wertenden Aussagen,
     • Verwendung von Fachtermini in sinnvollem Zusammenhang,
     • Beachtung der Tempora,
     • korrekte Redewiedergabe (Modalität).
 3   belegt Aussagen durch angemessenes und korrektes Zitieren:                                      3
     • sinnvoller Gebrauch von vollständigen oder gekürzten Zitaten in begründender
        Funktion.
 4   drückt sich allgemeinsprachlich präzise, stilistisch sicher und begrifflich differenziert       5
     aus:
     • sachlich-distanzierte Schreibweise,
     • Schriftsprachlichkeit,
     • begrifflich abstrakte Ausdrucksfähigkeit.
 5   formuliert lexikalisch und syntaktisch sicher, variabel und komplex (und zugleich klar).        5
 6   schreibt sprachlich richtig.                                                                    3

                             Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
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7.      Bewertungsbogen zur Prüfungsarbeit
Name des Prüflings: ____________________________________ Kursbezeichnung: ____________

Schule: _____________________________________________

Teilaufgabe 1
        Anforderungen                                                                 Lösungsqualität
                                                                          maximal
                                Der Prüfling                            erreichbare
                                                                                      EK2       ZK       DK
                                                                         Punktzahl

    1   verfasst eine aufgabenbezogene …                                    2
    2   formuliert das Thema …                                              2
    3   stellt die Position …                                               4
    4   untersucht den gedanklichen …                                       9
    5   untersucht die Leserlenkung …                                       9
    6   untersucht die sprachlich-stilistische …                            8
    7   formuliert eine reflektierte …                                      4
    8   erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (4)
        ……………………………………………………………..
        ……………………………………………………………..
        Summe 1. Teilaufgabe                                               38

Teilaufgabe 2
        Anforderungen                                                                 Lösungsqualität
                                                                          maximal
                                Der Prüfling                            erreichbare
                                                                                       EK       ZK       DK
                                                                         Punktzahl

    1   verfasst eine aufgabenbezogene …                                    1
    2   stellt die Grundannahmen …                                          7
    3   erläutert, inwiefern Mikfelds …                                     4
    4   erläutert, inwiefern Mikfelds …                                     8
    5   beurteilt eher bestätigend …                                        9
    6   formuliert abwägend eine …                                          5
    7   erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (6)
        ……………………………………………………………..
        ……………………………………………………………..
        Summe 2. Teilaufgabe                                               34
        Summe der 1. und 2. Teilaufgabe                                    72

2    EK = Erstkorrektur; ZK = Zweitkorrektur; DK = Drittkorrektur

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Darstellungsleistung
      Anforderungen                                                               Lösungsqualität
                                                                      maximal
                             Der Prüfling                           erreichbare
                                                                                   EK       ZK       DK
                                                                     Punktzahl

  1   strukturiert seinen Text …                                        6
  2   formuliert unter Beachtung …                                      6
  3   belegt Aussagen durch …                                           3
  4   drückt sich allgemeinsprachlich …                                 5
  5   formuliert lexikalisch und …                                      5
  6   schreibt sprachlich richtig.                                      3
      Summe Darstellungsleistung                                       28

      Summe insgesamt (inhaltliche und Darstellungsleistung)          100
      aus der Punktsumme resultierende Note gemäß nach-
      folgender Tabelle
      Note ggf. unter Absenkung um bis zu zwei Notenpunkte
      gemäß § 13 Abs. 2 APO-GOSt

      Paraphe

Berechnung der Endnote nach Anlage 4 der Abiturverfügung auf der Grundlage von § 34 APO-GOSt

Die Klausur wird abschließend mit der Note ________________________ (____ Punkte) bewertet.

Unterschrift, Datum:

                               Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Bildung NRW                                           D LK HT 1
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Grundsätze für die Bewertung (Notenfindung)
Für die Zuordnung der Notenstufen zu den Punktzahlen ist folgende Tabelle zu verwenden:

 Note                          Punkte            Erreichte Punktzahl

 sehr gut plus                   15                     100 – 95

 sehr gut                        14                      94 – 90

 sehr gut minus                  13                      89 – 85

 gut plus                        12                      84 – 80

 gut                             11                      79 – 75

 gut minus                       10                      74 – 70

 befriedigend plus                9                      69 – 65

 befriedigend                     8                      64 – 60

 befriedigend minus               7                      59 – 55

 ausreichend plus                 6                      54 – 50

 ausreichend                      5                      49 – 45

 ausreichend minus                4                      44 – 40

 mangelhaft plus                  3                      39 – 33

 mangelhaft                       2                      32 – 27

 mangelhaft minus                 1                      26 – 20

 ungenügend                       0                      19 – 0

                           Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
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                                                                              Seite 1 von 3

Name: _______________________

                          Abiturprüfung 2020
                          Deutsch, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

1. Analysieren Sie Joseph von Eichendorffs Gedicht.                           (36 Punkte)

2. Analysieren Sie Durs Grünbeins Gedicht. Vergleichen Sie es mit Eichendorffs Gedicht.
   Berücksichtigen Sie dabei die Bedeutung des Reisens für das lyrische Ich, die Gestaltung
   des Reisemotivs und den jeweiligen historischen Hintergrund.                 (36 Punkte)

Materialgrundlage:

• Joseph von Eichendorff: Rückkehr. In: Ders.: Werke in vier Bänden. Bd. I. Hrsg. v. Wolf-
  dietrich Rasch. München: Hanser 1981, S. 46 (Erstveröffentlichung 1834)
• Durs Grünbein: Kosmopolit. In: Ders.: Nach den Satiren. Gedichte. Frankfurt a. M.: Suhr-
  kamp 1999, S. 85

Zugelassene Hilfsmittel:

• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

                          Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
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                                                                                                        Seite 2 von 3

     Name: _______________________

     Joseph von Eichendorff (1788 – 1857)
     Rückkehr (1834)
     Wer steht hier draußen? – Macht auf geschwind!
     Schon funkelt das Feld wie geschliffen,
     Es ist der lustige Morgenwind,
     Der kommt durch den Wald gepfiffen.

 5   Ein Wandervöglein, die Wolken und ich
     Wir reisten um die Wette,
     Und jedes dacht: Nun spute dich,
     Wir treffen sie noch im Bette!

     Da sind wir nun, jetzt alle heraus,
10   Die drin noch Küsse tauschen!
     Wir brechen sonst mit der Tür ins Haus:
     Klang, Duft und Waldesrauschen.

     Ich komme aus Italien fern
     Und will euch alles berichten,
15   Vom Berg Vesuv und Romas Stern
     Die alten Wundergeschichten.

     Da singt eine Fei1 auf blauem Meer,
     Die Myrten2 trunken lauschen –
     Mir aber gefällt doch nichts so sehr
20   Als das deutsche Waldesrauschen!

     1   Fei: Fee
     2   Myrte: im Mittelmeerraum verbreitete Pflanze mit duftenden Blüten, die in symbolhafter und mythischer Verwendung
         häufig in Zusammenhang mit Liebe und Schönheit gebracht wird

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     Name: _______________________

     Durs Grünbein (*1962)

     Kosmopolit (1999)
     Von meiner weitesten Reise zurück, anderntags
     Wird mir klar, ich verstehe vom Reisen nichts.
     Im Flugzeug eingesperrt, stundenlang unbeweglich,
     Unter mir Wolken, die aussehn wie Wüsten,
 5   Wüsten, die aussehn wie Meere, und Meere,
     Den Schneewehen gleich, durch die man streift
     Beim Erwachen aus der Narkose, sehe ich ein,
     Was es heißt, über die Längengrade zu irren.

     Dem Körper ist Zeit gestohlen, den Augen Ruhe.
10   Das genaue Wort verliert seinen Ort. Der Schwindel
     Fliegt auf mit dem Tausch von Jenseits und Hier
     In verschiedenen Religionen, mehreren Sprachen.
     Überall sind die Rollfelder gleich grau und gleich
     Hell die Krankenzimmer. Dort im Transitraum,
15   Wo Leerzeit umsonst bei Bewußtsein hält,
     Wird ein Sprichwort wahr aus den Bars von Atlantis1.

     Reisen ist ein Vorgeschmack auf die Hölle.

     1   Atlantis: ein mythisches, versunkenes Inselreich

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                                Unterlagen für die Lehrkraft
                                     Abiturprüfung 2020
                                    Deutsch, Leistungskurs

1.       Aufgabenart
Vergleichende Analyse literarischer Texte

2.       Aufgabenstellung1
    1. Analysieren Sie Joseph von Eichendorffs Gedicht.                                 (36 Punkte)

    2. Analysieren Sie Durs Grünbeins Gedicht. Vergleichen Sie es mit Eichendorffs Gedicht.
       Berücksichtigen Sie dabei die Bedeutung des Reisens für das lyrische Ich, die Gestaltung
       des Reisemotivs und den jeweiligen historischen Hintergrund.                 (36 Punkte)

3.       Materialgrundlage
• Joseph von Eichendorff: Rückkehr. In: Ders.: Werke in vier Bänden. Bd. I. Hrsg. v. Wolf-
      dietrich Rasch. München: Hanser 1981, S. 46 (Erstveröffentlichung 1834)
• Durs Grünbein: Kosmopolit. In: Ders.: Nach den Satiren. Gedichte. Frankfurt a. M.: Suhr-
      kamp 1999, S. 85

4.       Bezüge zum Kernlehrplan und zu den Vorgaben 2020
Die Aufgaben weisen vielfältige Bezüge zu den Kompetenzerwartungen und Inhaltsfeldern des
Kernlehrplans bzw. zu den in den Vorgaben ausgewiesenen Fokussierungen auf. Im Folgenden
wird auf Bezüge von zentraler Bedeutung hingewiesen.

    1. Inhaltsfelder und inhaltliche Schwerpunkte
      Inhaltsfeld Texte
      • Lyrische Texte zu einem Themenbereich im historischen Längsschnitt
         – „unterwegs sein“ – Lyrik vom Barock bis zur Gegenwart

    2. Medien/Materialien
       • entfällt

5.       Zugelassene Hilfsmittel
• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

1     Die Aufgabenstellung deckt inhaltlich alle drei Anforderungsbereiche ab.

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6.   Vorgaben für die Bewertung der Schülerleistungen
Teilleistungen – Kriterien
a) inhaltliche Leistung
Teilaufgabe 1
     Anforderungen                                                                              maximal
                                                                                              erreichbare
                                          Der Prüfling                                         Punktzahl

 1   verfasst eine aufgabenbezogene Einleitung unter Nennung von Autor, Titel, Gattung,           2
     Entstehungszeit.
 2   benennt das Thema des Gedichts, etwa:                                                        2
     • Freude über die Rückkehr nach einer Reise,
     • Lob der Heimat aus Anlass der Rückkehr von einer Italienreise.
 3   erschließt die formale Gestaltung des Gedichts, etwa:                                        3
     • fünf Strophen mit je vier Versen,
     • Wechsel von vier- und dreihebigen füllungsfreien Versen,
     • Kreuzreim mit alternierenden männlichen und weiblichen Kadenzen,
     insgesamt: beschwingter, volksliedhafter Gestus durch den auftaktigen Charakter und
     wechselnden Rhythmus.
 4   erschließt den Inhalt der Strophen, etwa:                                                    5
     • 1. Strophe: Ausgang von (ggf. imaginierter) Dialogsituation eines Heimkehrenden
        (bzw. des Morgenwindes); Tagesanbruch, mit idyllisierter Landschaftsschilderung,
     • 2. Strophe: Rückblick auf die Eile der Heimreise, um die Daheimgebliebenen, viel-
        leicht auch die Liebste, am Morgen zu überraschen,
     • 3. Strophe: Ankunft mit Aufforderung aus dem Haus zu kommen,
     • 4. Strophe: Benennung Italiens und einiger Sehenswürdigkeiten als des Orts, von
        dem das Ich (Wir) aus zur Rückreise aufgebrochen ist,
     • 5. Strophe: Fortsetzung der Italienschilderung in den ersten beiden Versen; kontras-
        tierendes Fazit über die Besonderheit der heimatlichen Natur in den letzten beiden
        Versen.
 5   erschließt auffällige Mittel zur Gestaltung des Inhalts, etwa:                               8
     • Sprechsituation: Ansprache des aus der Fremde Zurückgekehrten nach der anfäng-
        lichen Aufforderung im ersten Teil des ersten Verses als Mittel, um eine unmittel-
        bare, fast szenische Schilderung zu erzeugen,
     • Spiel mit der Sprecheridentität (Wechsel von Ich und Wir, metaphorische Selbst-
        bezeichnung als Wind, der mit Wolken und Vögeln eine Reisegemeinschaft bildet,
        auch als Klang und Duft), hierdurch Ausdruck des Gefühls des Einsseins mit der
        Natur und eines vielfältigen sinnlichen Erlebens,
     • analog hierzu: Spiel mit der Identität der nach der Rückreise zu Hause Vorgefunde-
        nen (im Plural etwa alle Zuhausegebliebenen, im Singular ggf. die eine Geliebte),
     • emphatisches Sprechen über die Reise, die Natur, die Rückkehr und die Schönheit
        der Welt/Italiens,
     • pointenhafte Verkehrung des Reiseberichts in der Bewertung der Reise: schein-
        bare Steigerung von der Schilderung der Landschaft, in die der Sprecher zurück-
        kehrt, zu den Besonderheiten Italiens, schließlich nochmalige Steigerung im Lob
        der Heimat, die durch den Kontrast zur besonderen Schönheit Italiens aufgewertet
        wird.

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 6   erschließt die Bildlichkeit der Darstellung und die Gestaltung der Atmosphäre durch          7
     die Wortwahl, etwa:
     • Verwendung typischer Bilder einer idyllischen Morgensituation (lustiger Wind
        kommt gepfiffen, Strophe 1, V. 3 und 4, Antreffen der Geliebten zu Hause / im Bett,
        Strophe 2, V. 4, mit der Tür ins Haus brechen, Strophe 3, V. 3) und typische Ele-
        mente idyllischer Naturschilderung (Flur, Duft, Vögel …),
     • Skizze der Schönheit Italiens in bekannten Bildern (Rom, Vesuv, blaues Meer und
        der märchenhafte Topos der singenden Fee und der Myrten) in den Strophen 4
        und 5,
     • Ansprechen verschiedener Sinne im Naturerlebnis (optische, z. B. Strophe 1, V. 2,
        olfaktorische und akustische Elemente, z. B. Strophe 3, V. 4),
     • Wiederholung des Schlüsselbegriffs „Waldesrauschen“ am Ende von Strophe 3
        und 5.
 7   erschließt syntaktische Elemente des Gedichts, etwa:                                         5
     • einleitende Frage – Imperativ als Antwort (der den forschen Ton des Textes vor-
        gibt),
     • mehrmalige auffordernde Ansprache der Zuhausegebliebenen (Strophe 1, V. 1;
        Strophe 3, V. 1 und 2) zur Unterstützung des drängenden Charakters des Gedichts,
     • lebendiger Satzbau durch Wechsel von Fragen, Aufforderungen, Aussagesätzen,
        auch zum Ausdruck des munteren Gestus’ des Gedichts,
     • Dominanz von Hauptsätzen und Aufzählungen (Strophe 3, V. 4; Strophe 4, V. 3
        und 4) dem einfachen Liedcharakter entsprechend.
 8   deutet das Gedicht zusammenfassend, etwa                                                     4
     • als launiges Lob der Heimat, das in Ton und Inhalt heiter, die Verbundenheit zur
        deutschen Natur (als einem zentralen Motiv der Romantik) bekräftigt,
     • als Text, der mit Versatzstücken und Topoi für Heimat und Fremde spielt; kulmi-
        nierend in der bloßen Benennung des Wortes „Waldesrauschen“ als Formel für die
        heimische Natur und ihre Besonderheit,
     • als romantisches Reisegedicht, das die Sehnsucht nach der Heimat und die Natur-
        schilderung der heimatlichen Landschaft durch den Kontrast zum typischen Sehn-
        suchtsland Italien nochmals aufwertet.
 9   erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (5)

Teilaufgabe 2
     Anforderungen                                                                              maximal
                                                                                              erreichbare
                                          Der Prüfling                                         Punktzahl

 1   verfasst eine aufgabenbezogene Überleitung (Autoren, Texte, Vergleichsaspekte).              1
 2   erschließt das Thema des Gedichts, etwa:                                                     3
     • Reflexion auf Bedingungen moderner Flugreisen und kritische Bewertung dieser
        Flugreisen,
     • Schilderung von Entfremdungserfahrungen auf Reisen.
 3   erschließt den formalen Aufbau des Gedichts, etwa:                                           2
     • zwei Versblöcke mit je acht Versen und ein abschließender, einzeln stehender
        Schlussvers,
     • kein durchgängiges Metrum,
     • kein Reim,
     insgesamt: Betonung des reflexiven Charakters beider Versblöcke und der pointen-
     haften Schlusssentenz, keine Ausrichtung auf äußerliche Gefälligkeit, gar Sangbarkeit.

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 4   erschließt den Inhalt des Gedichts, etwa:                                                6
     • Reflexion eines Sprecher-Ichs auf das Reisen überhaupt aus Anlass der Rückkehr
        von seiner „weitesten“ Reise,
     • Beschreibung der beengten Situation im Flugzeug durch Vergleich der Wahrneh-
        mungen von Meer, Wüste und dem Gefühl des Erwachens aus einer Narkose,
     • Reflexion auf die negativen Folgen des Reisevorgangs auf Körper und Geist und
        die Unfähigkeit, das in anderen Regionen Erlebte wirklich zu verstehen,
     • Verweis auf die Monotonie und Ähnlichkeit aller Flughäfen,
     • abschließende, stark abwertende Sentenz über das Reisen selbst,
     insgesamt: kritischer Gedankengang zum modernen Reisen überhaupt, der Annahme
     entsprechend, echte Erfahrungen würden so nicht befördert, ohne jede Konkretion
     bezüglich der gerade gemachten Reise.
 5   erläutert auffällige sprachliche und gedankliche Mittel der Darstellung, etwa:           7
     • komplexer Satzbau (etwa Strophe 1, V. 3 – 8), der die angesprochenen Aspekte
         in einen gedanklichen Zusammenhang bringt und den stark reflexiven Gestus des
         Sprechers betont,
     • durch den vermeintlich positiv konnotierten Titel, die pointenhafte Struktur und
         die starken, ggf. übertriebenen Vergleiche insgesamt ironisch-kritischer Gestus,
     • Vergleiche von Meer und Wüste, die wiederum mit Schneewehen als Metapher
         für einen inneren Zustand verglichen werden,
     • mehrfacher Verweis auf Krankenhaussituationen als Vergleichsaspekte für das
         Reisen (Narkose/Krankenzimmer),
     • Zusammenfassung der Überlegungen in der abschließenden Sentenz, deren angeb-
         liche Herkunft aus den „Bars von Atlantis“ einem Nicht-Ort, der gerade durch das
         Reisen nicht zu erreichen ist, entstamme,
     • Gedankenbilder für die negativen Aspekte des Reisens:
         – Irren über Längengrade (Strophe 1, V. 8) für den ziellosen und wenig ertrag-
             reichen Charakter des Reisens,
         – Verlust des Orts für das Wort (Strophe 2, V. 2) als Hinweis auf die Bedeutung
             einer präzisen Sprache, die im Ausland für den Sprecher verloren geht,
         – der Schwindel des Tauschs von Jenseits und Hier (Strophe 2, V. 2 – 4) als Ver-
             weis auf die religiös anmutenden Erwartungen an die Wirkung des Reisens,
             die sich nicht erfüllen,
         – nutzloses Bewusstsein (Strophe 2, V. 6 und 7) in Warteräumen als Verweis
             auf die Eintönigkeit und gedankliche Armut der Erlebnisse,
     • durch den vermeintlich positiv konnotierten Titel, die pointenhafte Struktur und
         die starken, ggf. übertriebenen Vergleiche insgesamt ironisch-kritischer Gestus.

     Angestrebt ist hier keine vollständige Darstellung der beispielhaft genannten Aspekte,
     sondern eine differenzierte Schwerpunktsetzung durch den Prüfling, die allerdings
     mehrere Gesichtspunkte aufgreift.

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 6   vergleicht die Bedeutung des Reisens in beiden Texten, etwa:                               6
     • Reisen als Erlebnis, das den Sprecher bereichert und die Liebe zur Heimat steigert,
        bei Eichendorff / als bei reflexiver Betrachtung verwirrendes, bedrängendes, quä-
        lendes und ertragloses Unterfangen bei Grünbein,
     • deutlicher Erfahrungsbezug in der Reflexion der Reiseerfahrung bei Grünbein /
        versatzstückhaftes Aufrufen gewohnter Bilder in Eichendorffs stilisierter/ideali-
        sierter Schilderung,
     • Stilisierung der Reise als Anlass der Wahrnehmung von Natur, Kultur und Vor-
        stellungswelt in der Fremde und in der Heimat bei Eichendorff / als eine nur unein-
        gelöste Versprechung von Erfahrung, die durch die Bedingungen modernen Rei-
        sens eher verhindert wird, bei Grünbein,
     • Reise als Anlass für Kommunikation und bereichernde Begegnung mit den Daheim-
        gebliebenen bei Eichendorff / Anlass für kritische Reflexion daheim bei Grünbein,
     • Erfahrung der Reise als Anlass zur Aufwertung der Heimat bei Eichendorff / Reise
        als Anlass, auf die Sinnlosigkeit des Reisens (Entfremdung) zu reflektieren, bei
        Grünbein.
 7   vergleicht die Gestaltung des Reisemotivs in beiden Gedichten, etwa hinsichtlich           6
     • des Tons: heiterer, erzählender Gestus bei Eichendorff / reflexiver kritischer Gestus
        bei Grünbein,
     • der Inhalte der Bilder: bei Eichendorff Reisen als Vorgang mit reicher Erfahrung
        durch Verweis auf sinnliche Erfahrung / durch Verweis auf Monotonie und bedrü-
        ckende Bilder bei Grünbein als modernes Ärgernis,
     • der Art der Bildlichkeit: stark typisierte Bilder bei Eichendorff, typisch für das
        Repertoire der Natur- und Reiselyrik / ungewöhnliche Vergleichskontexte zum
        Reisen bei Grünbein mit gedanklich herausfordernder Bildlichkeit,
     • der Sprechsituation: erzählende Schilderung der Rückkehrsituation bei Eichendorff /
        reflexiver Gestus ohne örtlich konkretisierte Situation am Tag nach der Rückkehr
        bei Grünbein,
     • der Form: erzählend liedhafte Gestaltung in einfachen vierversigen Strophen bei
        Eichendorff mit einer Pointe in der letzten Strophe / gedanklich aufgeladene Vers-
        blöcke bei Grünbein, ebenfalls mit einer zuspitzenden Sentenz, die allerdings durch
        die Alleinstellung hervorgehoben ist.
 8   vergleicht den historischen Hintergrund beider Texte, etwa:                                5
     • romantisches Gedicht bei Eichendorff, mit der Schilderung euphorischer Natur-
        wahrnehmung / Gedicht der Gegenwart bei Grünbein, das in seiner kritischen Hal-
        tung jeder Idealisierung entgegensteht,
     • historische Bedingungen des Reisens bei Grünbein im Gegensatz zu Eichendorff
        ausdrücklich Thema: moderne Flugreisen, mit begrenztem Platz, überall gleichen
        Gebäuden und Wartezeiten als Faktor, der echte Erfahrung verhindert / bei Eichen-
        dorff eher nicht konkretisierte Reisesituation, die ob der Naturnähe allerdings eher
        auf einfache Mittel (Wanderschaft) schließen lässt,
     • literaturhistorisch: bei Eichendorff Gedicht, das typische Motive der Naturschil-
        derung und der Italiensehnsucht in romantischer Tradition liedhaft gestaltet und
        idealisiert / bei Grünbein Gedicht der Gegenwart, das in komplexen Bildern Bedin-
        gungen modernen Lebens reflektiert und kritisiert und sich einer gefälligen Form
        dem Inhalt entsprechend entzieht.

     Um die volle Punktzahl zu erreichen, reicht es, wenn einer der historischen oder litera-
     turhistorischen Aspekte, dann allerdings vertieft, behandelt wird.
 9   erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium. (5)

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b) Darstellungsleistung
     Anforderungen                                                                                 maximal
                                                                                                 erreichbare
                                           Der Prüfling                                           Punktzahl

 1   strukturiert seinen Text kohärent, schlüssig, stringent und gedanklich klar:                    6
     • angemessene Gewichtung der Teilaufgaben in der Durchführung,
     • gegliederte und angemessen gewichtete Anlage der Arbeit,
     • schlüssige Verbindung der einzelnen Arbeitsschritte,
     • schlüssige gedankliche Verknüpfung von Sätzen.
 2   formuliert unter Beachtung der fachsprachlichen und fachmethodischen Anforderungen:             6
     • Trennung von Handlungs- und Metaebene,
     • begründeter Bezug von beschreibenden, deutenden und wertenden Aussagen,
     • Verwendung von Fachtermini in sinnvollem Zusammenhang,
     • Beachtung der Tempora,
     • korrekte Redewiedergabe (Modalität).
 3   belegt Aussagen durch angemessenes und korrektes Zitieren:                                      3
     • sinnvoller Gebrauch von vollständigen oder gekürzten Zitaten in begründender
        Funktion.
 4   drückt sich allgemeinsprachlich präzise, stilistisch sicher und begrifflich differenziert       5
     aus:
     • sachlich-distanzierte Schreibweise,
     • Schriftsprachlichkeit,
     • begrifflich abstrakte Ausdrucksfähigkeit.
 5   formuliert lexikalisch und syntaktisch sicher, variabel und komplex (und zugleich klar).        5
 6   schreibt sprachlich richtig.                                                                    3

                             Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Bildung NRW                                                           D LK HT 2
                                                                                                  Seite 7 von 9

7.      Bewertungsbogen zur Prüfungsarbeit
Name des Prüflings: ____________________________________ Kursbezeichnung: ____________

Schule: _____________________________________________

Teilaufgabe 1
        Anforderungen                                                                 Lösungsqualität
                                                                          maximal
                                Der Prüfling                            erreichbare
                                                                                      EK2       ZK       DK
                                                                         Punktzahl

    1   verfasst eine aufgabenbezogene …                                    2
    2   benennt das Thema …                                                 2
    3   erschließt die formale …                                            3
    4   erschließt den Inhalt …                                             5
    5   erschließt auffällige Mittel …                                      8
    6   erschließt die Bildlichkeit …                                       7
    7   erschließt syntaktische Elemente …                                  5
    8   deutet das Gedicht …                                                4
    9   erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (5)
        ……………………………………………………………..
        ……………………………………………………………..
        Summe 1. Teilaufgabe                                               36

Teilaufgabe 2
        Anforderungen                                                                 Lösungsqualität
                                                                          maximal
                                Der Prüfling                            erreichbare
                                                                                       EK       ZK       DK
                                                                         Punktzahl

    1   verfasst eine aufgabenbezogene …                                    1
    2   erschließt das Thema …                                              3
    3   erschließt den formalen …                                           2
    4   erschließt den Inhalt …                                             6
    5   erläutert auffällige sprachliche …                                  7
    6   vergleicht die Bedeutung …                                          6
    7   vergleicht die Gestaltung …                                         6
    8   vergleicht den historischen …                                       5
    9   erfüllt ein weiteres aufgabenbezogenes Kriterium: (5)
        ……………………………………………………………..
        ……………………………………………………………..
        Summe 2. Teilaufgabe                                               36
        Summe der 1. und 2. Teilaufgabe                                    72

2    EK = Erstkorrektur; ZK = Zweitkorrektur; DK = Drittkorrektur

                                   Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Bildung NRW                                                       D LK HT 2
                                                                                              Seite 8 von 9

Darstellungsleistung
      Anforderungen                                                               Lösungsqualität
                                                                      maximal
                             Der Prüfling                           erreichbare
                                                                                   EK       ZK       DK
                                                                     Punktzahl

  1   strukturiert seinen Text …                                        6
  2   formuliert unter Beachtung …                                      6
  3   belegt Aussagen durch …                                           3
  4   drückt sich allgemeinsprachlich …                                 5
  5   formuliert lexikalisch und …                                      5
  6   schreibt sprachlich richtig.                                      3
      Summe Darstellungsleistung                                       28

      Summe insgesamt (inhaltliche und Darstellungsleistung)          100
      aus der Punktsumme resultierende Note gemäß nach-
      folgender Tabelle
      Note ggf. unter Absenkung um bis zu zwei Notenpunkte
      gemäß § 13 Abs. 2 APO-GOSt

      Paraphe

Berechnung der Endnote nach Anlage 4 der Abiturverfügung auf der Grundlage von § 34 APO-GOSt

Die Klausur wird abschließend mit der Note ________________________ (____ Punkte) bewertet.

Unterschrift, Datum:

                               Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
Ministerium für Schule und Bildung NRW                                           D LK HT 2
                                                                                 Seite 9 von 9

Grundsätze für die Bewertung (Notenfindung)
Für die Zuordnung der Notenstufen zu den Punktzahlen ist folgende Tabelle zu verwenden:

 Note                          Punkte            Erreichte Punktzahl

 sehr gut plus                   15                     100 – 95

 sehr gut                        14                      94 – 90

 sehr gut minus                  13                      89 – 85

 gut plus                        12                      84 – 80

 gut                             11                      79 – 75

 gut minus                       10                      74 – 70

 befriedigend plus                9                      69 – 65

 befriedigend                     8                      64 – 60

 befriedigend minus               7                      59 – 55

 ausreichend plus                 6                      54 – 50

 ausreichend                      5                      49 – 45

 ausreichend minus                4                      44 – 40

 mangelhaft plus                  3                      39 – 33

 mangelhaft                       2                      32 – 27

 mangelhaft minus                 1                      26 – 20

 ungenügend                       0                      19 – 0

                           Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
D LK HT 3
                                                                            Seite 1 von 3

Name: _______________________

                         Abiturprüfung 2020
                         Deutsch, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

1. Erschließen Sie die Kernaussagen des vorliegenden Auszugs aus Günter Blambergers
   Studie zu Heinrich von Kleist in ihrer gedanklichen Entfaltung. Berücksichtigen Sie
   dabei auch Blambergers Überlegungen zu möglichen Auswirkungen der Kleistʼschen
   Darstellung auf den Verstehensprozess der Leserinnen und Leser.           (30 Punkte)

2. Erörtern Sie abwägend, inwieweit sich die Figuren des Grafen und der Marquise aus
   Kleists Novelle „Die Marquise von O….“ als Kippfiguren im Sinne Blambergers ver-
   stehen lassen. Stellen Sie hierzu knapp das Verhalten beider Figuren anhand wichtiger
   Handlungsstationen im Verlauf der Novelle dar und deuten Sie die Anlage der Figuren.
   Setzen Sie die Ergebnisse Ihrer Deutung in Beziehung zu Kleists Erzählweise in der
   Novelle.                                                                   (42 Punkte)

Materialgrundlage:

• Günter Blamberger: Heinrich von Kleist. Biographie. 2. Auflage. Frankfurt am Main:
  Fischer 2011, S. 301 – 303

Zugelassene Hilfsmittel:

• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung
• Unkommentierte Ausgabe von Heinrich von Kleist „Die Marquise von O….“
  (liegt im Prüfungsraum zur Einsichtnahme vor)

                         Abiturprüfung 2020 – Nur für den Dienstgebrauch!
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