Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft

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Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
1                                     Ackerbaustrategie
                                      der deutschen Landwirtschaft

Ackerbaustrategie
der deutschen Landwirtschaft

Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
Ackerbaustrategie                                                  2
der deutschen Landwirtschaft

Impressum
Herausgeber        Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
		                 Claire-Waldoff-Straße 7
		                 10117 Berlin

		                 Berlin, Mai 2018

Bildnachweis

pixabay            Titel, Seiten 4/5, 8/9, 12 und 14/15

Werkbild
Amazone/Fendt      Seite 10/11

Layout
Hermann Rohr, Meldorf
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
3                                                 Ackerbaustrategie
                                                  der deutschen Landwirtschaft

    Zukunft des Ackerbaus
    				in Deutschland –
    moderner, effizienter
    				& nachhaltiger
    Die ackerbaulichen Erzeugnisse der          2030 der Vereinten Nationen bei. Das
    deutschen Landwirtschaft, in Form           beinhaltet den Schutz von Boden, Was-
    von Lebensmitteln, Futtermitteln und        ser, Luft und Biodiversität ebenso wie
    Rohstoffen für die stoffliche und ener-     die Verminderung des Verbrauchs land-
    getische Verwertung, sind essentielle       wirtschaftlicher Flächen für gesamt-
    Lebensgrundlagen für die Bevölkerung.       gesellschaftliche Belange sowie eine
    Die hohen Ansprüche der Gesellschaft        lebensfähige Gestaltung des ländlichen
    an Produktqualität, Produktvielfalt und     Raumes.
    -menge erfordern einen hocheffizien-
    ten, leistungsfähigen und nachhaltigen      Für die Landwirtschaft stehen bei der
    Ackerbau. In Deutschland wurden im          nachhaltigen Ausrichtung der Betriebe
    Jahr 2017 16,7 Mio. ha landwirtschaft-      der Erhalt ihrer Wirtschaftlichkeit, Res-
    lich genutzt. Das entsprach knapp der       sourcenschonung und gesellschaftliche
    Hälfte der deutschen Landfläche. Davon      Akzeptanz gleichermaßen im Fokus. Je
    wurden 11,8 Mio. ha ackerbaulich ge-        klarer diese Bereiche in ihren Zielen
    nutzt.                                      beschrieben sind, je präziser die Hand-
                                                lungsnotwendigkeiten identifiziert und
    Mit der hier vorgelegten Ackerbaustrate-    Maßnahmen formuliert sind, desto höher
    gie leisten die im Zentralausschuss der     sind die Chancen, den kontinuierlichen
    deutschen Landwirtschaft vertretenen        Prozess der nachhaltigen Entwicklung
    Spitzenorganisationen – der Deutsche        des Ackerbaus weiter voranzutreiben.
    Bauernverband (DBV), die Deutsche           Dies zu leisten, ist Ziel der Ackerbau-
    Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), der     strategie der deutschen Landwirtschaft.
    Deutsche Raiffeisenverband (DRV), der
    Verband der Landwirtschaftskammern
    (VLK) und der Zentralverband Gartenbau
    (ZVG) – einen aktiven Beitrag zur gesell-
    schaftlichen Debatte um die zukünftige
    Ausrichtung der deutschen Landwirt-
    schaft.

    Ein zukunftsfähiger Acker- und Pflan-
    zenbau ist – unabhängig von der Pro-
    duktionsausrichtung als konventionelle
    oder ökologische Landwirtschaft – auf
    eine nachhaltige Entwicklung ausgerich-
    tet und trägt zur Erreichung der nach-
    haltigen Entwicklungsziele der Agenda
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
Ackerbaustrategie                                                                                                       4
der deutschen Landwirtschaft

Die Kernziele
		der Ackerbaustrategie
Die deutsche Landwirtschaft setzt sich zum Ziel,

I.   die Versorgung mit hochwer-           tig“. Damit leisten wir einen wichtigen    IV. den Bedarf der Kulturpflan-
     tigen Nahrungs- und Futter-           Beitrag zum Resistenzmanagement und            zen an Nährstoffen zu de-
     mitteln sowie nachwachsen-            vermeiden negative Umweltauswirkun-            cken und die Effizienz der
     den Rohstoffen zu sichern.            gen.                                           Düngung weiter zu verbes-
                                                                                          sern.
Die Erzeugung qualitativ hochwertiger      III. die Fruchtbarkeit der Böden
und sicherer Nahrungs- und Futtermit-           und die Bodenstruktur zu er-          Die Ernährung der Kulturpflanzen ist
tel in ausreichender Menge hat für die          halten und zu verbessern.             Grundvoraussetzung des Ackerbaus.
Landwirtschaft oberste Priorität. Pro-                                                Die Orientierung am Bedarf der Kultur-
duktivitätssteigerungen in der Landwirt-   Der Boden ist und bleibt die wichtigs-     pflanzen ist der Maßstab einer stand-
schaft ermöglichen zudem den Anbau         te Grundlage des Ackerbaus. Der Erhalt     ortangepassten Düngung und vermeidet
von nachwachsenden Rohstoffen. Diese       und die Förderung der nachhaltigen Nut-    negative Umweltauswirkungen. Die Ver-
und auch die Nahrungsmittelrohstoffe       zungsfähigkeit unserer Böden sind Kern-    besserung der überbetrieblichen Ver-
liefern wertvolle Koppelprodukte, die      anliegen landwirtschaftlicher Tätigkeit.   wertung und regionalen Verteilung von
auch als hochwertige Futtermittel in der   Durch den Erhalt und ggf. die Steige-      Wirtschaftsdüngern dient der Schlie-
Tierernährung genutzt werden.              rung des Humusgehaltes der Ackerböden      ßung von Nährstoffkreisläufen und der
                                           sowie den Schutz der Böden vor physi-      Vermeidung von Nährstoffüberschüssen
II. die Ackerbausysteme unter              kalischen Beeinträchtigungen tragen wir    und schont die endlichen Vorräte mine-
    Beachtung der Fruchtfolge              dazu bei, den Boden als Lebensgrund-       ralischer Nährstoffvorkommen.
    und der Sortenwahl so zu               lage mit seinen vielfältigen Ökosystem-
    gestalten, dass Krankheiten            leistungen, seiner Fruchtbarkeit, seinem
    und Schädlinge eingedämmt              Ertragspotenzial und seiner Kohlen-
    und Risiken des Einsatzes              stoffspeicherfunktion zu bewahren und
    von Pflanzenschutzmitteln              zu verbessern. Zudem wollen wir den
    weiter reduziert werden.               Eintrag nicht bzw. schwer abbaubarer
                                           Schadstoffe in unsere Böden verhindern
Die Gesunderhaltung der Kulturpflanzen     und erwarten, dass unsere Böden auch
sichert gesunde hochwertige Nahrungs-      vor dem Eintrag von Schadstoffen durch
mittel und die Erträge des Ackerbaus.      Dritte geschützt werden.
Sie wird bestimmt durch eine komplexe
Ausgestaltung der Ackerbausysteme. In
Umsetzung der Grundsätze des Integ-
rierten Pflanzenschutzes begrenzen wir
den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
auch aus ökonomischen Gründen auf das
notwendige Maß nach dem Leitsatz „so
wenig wie möglich und so viel wie nö-
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
5                                                                                       Ackerbaustrategie
                                                                                        der deutschen Landwirtschaft

V.   sich an Klimaveränderungen           VI. die Vielfalt der Kulturland-            VII. die Wettbewerbsfähigkeit
     erfolgreich anzupassen, die              schaft und die Biodiversität                 des Ackerbaus zu erhalten
     eigenen Treibhausgasemis-                zu fördern.                                  und zu verbessern sowie
     sionen zu reduzieren und ei-                                                          den Ackerbau besser ge-
     nen Beitrag zur Vermeidung           Die Erhaltung und Entwicklung unserer            genüber Vermarktungs-
     von Klimagasen durch den             Kulturlandschaft ist die Basis unseres           risiken abzusichern.
     Anbau und die Verwendung             Wirtschaftens. Eine produktive Nutzung
     nachwachsender Rohstoffe             landwirtschaftlicher Flächen mit der        Ackerbaubetriebe in Deutschland produ-
     und Bioenergie zu leisten.           Förderung der Vielfalt an Biotopen so-      zieren unter Einhaltung hoher nationaler
                                          wie Arten in der Agrarlandschaft, u.a.      und europäischer Umweltstandards und
Die Landwirtschaft ist unmittelbar vom    von Pflanzen, Feldvögeln und Insekten       vermarkten ihre Produkte auf offenen
Klima und Wettergeschehen abhängig        in Einklang zu bringen, ist ein wichtiges   Märkten, wodurch sie im Wettbewerb
und vom Klimawandel in besonderem         Anliegen der Landwirtschaft. Aufgrund       mit anderen wichtigen Ackerbauregio-
Maße betroffen. Sowohl die Anpassung      der Bestäuberleistung und der positi-       nen der Welt stehen. Zur Stärkung der
an den Klimawandel als auch aktive Bei-   ven Wirkung von Nützlingen besteht ein      Stellung der Ackerbaubetriebe in der
träge zur Vermeidung klimarelevanter      ureigenes Interesse der Landwirtschaft      Wertschöpfungskette gewinnt die ein-
Gase sind Fragen der Existenzsicherung.   am Schutz von Bienen und anderen Be-        zelbetriebliche Absicherung gegenüber
Daneben ist die Landwirtschaft durch      stäubern. Die Erhaltung der Biodiversität   Produktionsausfällen und Preisschwan-
die Kohlenstoffspeicherung in Böden,      erfordert – neben dem landwirtschaftli-     kungen an Bedeutung.
die Senkung von Treibhausgasemissio-      chen Beitrag – auch Anstrengungen der
nen bei der Nahrungsmittelproduktion      gesamten Gesellschaft, um alle relevan-     VIII. weiterhin einen Beitrag
und den Anbau von nachwachsenden          ten Einflüsse mit einzubeziehen.                  zum Zusammenleben im
Rohstoffen sowie der Verwendung von                                                         ländlichen Raum zu leis-
Bioenergie auch Problemlöser beim Kli-                                                      ten.
maschutz, indem durch den Ersatz fos-
siler durch erneuerbare Energieträger                                                 Die Landwirtschaft wird auch in Zukunft
Treibhausgasemissionen in anderen Sek-                                                Wertschöpfung im ländlichen Raum si-
toren vermieden werden.                                                               chern und Arbeitsplätze schaffen. Als
                                                                                      Produzenten von Lebensmitteln sind
                                                                                      wir uns unserer besonderen Verantwor-
                                                                                      tung gegenüber Gesellschaft und Ver-
                                                                                      brauchern bewusst. Die Bereitschaft zu
                                                                                      Veränderung und Weiterentwicklung ist
                                                                                      daher Grundsatz unseres täglichen Han-
                                                                                      delns. Ein verständnisvoller Umgang und
                                                                                      gegenseitige Rücksichtnahme von Land-
                                                                                      wirtschaft und Bevölkerung sind Grund-
                                                                                      lage für das Zusammenleben im ländli-
                                                                                      chen Raum.
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
Ackerbaustrategie
Ackerbaustrategie                            – Matrix der Ziele und Maßnahmen                                                  6
der deutschen Landwirtschaft
		 Die Matrix dient der Übersicht der Wirksamkeit von Maßnahmen im Hinblick auf die Ziele. Die Skala reicht von +++ (größte Wirksamkeit)

                                                       I.                   II.                 III.                IV.
                                                       Die Versorgung mit   Die Ackerbau-       Die Fruchtbarkeit   Den Bedarf der

                   Ziele                               hochwertigen
                                                       Nahrungs- und
                                                                            systeme unter
                                                                            Beachtung der
                                                                                                von Böden und
                                                                                                Bodenstruktur
                                                                                                                    Kulturpflanzen an
                                                                                                                    Nährstoffen
                                                       Futtermitteln        Fruchtfolge und     erhalten und        decken und die
                                                       sowie nach-          der Sortenwahl so   verbessern          Effizienz der
                                                       wachsenden           gestalten, dass                         Düngung weiter
                                                       Rohstoffen           Krankheiten und                         verbessern
                                                       sichern              Schädlinge einge-

Maßnahmen                                                                   dämmt und Risi-
                                                                            ken des Einsatzes
                                                                            von PSM weiter
                                                                            reduziert werden

1 Humusgehalt von Ackerböden erhalten und stei-
   gern
                                                        ++                  ++                  +++                 +
2 Fruchtfolgen vielfältig gestalten                     +                   ++                  +++                 +
3 Böden vor Bodenerosion und
  Bodenschadverdichtung schützen                        ++                  ++                  ++                  +
4 Boden schonend bearbeiten                             +                   +                   ++                  ~
5 Digitalisierung nutzen                                ++                  ++                  ++                  +++
6 Qualitativ hochwertige Düngemittel
  sichern gesunde Böden und sichere Lebensmittel        ++                  ~                   +++                 ++
7 Organische Düngung in Ackerbaubetrieben auswei-
  ten, Nährstoffbilanzen verbessern und den Einsatz     +                   ~                   ++                  ++
  verlustmindernder Ausbringungstechnik voranbringen
8 Spektrum von Wirkstoffgruppen im Pflanzen-
  schutz sichern und ausbauen
                                                        +++                 +++                 +                   ++
9 Verfahren und Technik bei der Ausbringung von
  Pflanzenschutzmitteln verbessern                      ++                  +++                 +                   ++
10 Zulassung und Anwendung von chemischen Pflan-
   zenschutzmitteln wissenschaftlich bewerten und
                                                        +                   +                   ++                  ++
   differenziert betrachten
11 Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz
   weiterentwickeln
                                                        ++                  ++                  +                   ~
12 Erhalt und Förderung der Kulturlandschaft und
   den Schutz von Feldvögeln, Insekten, Bestäu-
   bern und Pflanzen praxistauglich und wirtschaft-     ~                   ++                  ~                   ++
   lich tragfähig umsetzen
13 Sortenwahl und Züchtung als wirksames Instru-
   ment zur Effizienzsteigerung
                                                       +++                  ++                  +                   ++
14 Wassermanagement als wirksames Instrument der
   Anpassung an die Folgen des Klimawandels
                                                       ++                   ++                  ++                  ++
15 Ein wettbewerbsfähiger Ackerbau sichert die Ent-
   wicklung der Betriebe
                                                       ++                   ++                  ~                   ~
16 Bildung und Beratung stärken die
   Nachhaltigkeit im Ackerbau
                                                       ++                   +++                 +++                 +++
17 Landwirtschaftliche Flächen erhalten, Flächen-
   verbrauch verringern und Naturschutzkompensa-       +++                  ~                   +++                 ~
   tion flächenschonend umsetzen
18 Landwirte stärken das Zusammenleben im ländli-
   chen Raum und intensivieren den Dialog mit          +                    ~                   ~                   ~
   Verbrauchern
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
7                                                                                                  Ackerbaustrategie
                                                                                                       der deutschen Landwirtschaft
bis + (schwache Wirksamkeit). Das Symbol ~ steht für „keine Wirkung“ bzw. „nicht relevant“

                                                        V.                          VI.                   VII.                VIII.
                                                        Sich an Klimaveränderun-    Die Vielfalt der      Die Wettbewerbs-    Weiterhin einen

                      Ziele                             gen erfolgreich anpassen,
                                                        die eigenen Treibhaus-
                                                                                    Kulturlandschaft
                                                                                    und die
                                                                                                          fähigkeit des
                                                                                                          Ackerbaus erhal-
                                                                                                                              Beitrag zum
                                                                                                                              Zusammenleben
                                                        gasemissionen reduzie-      Biodiversität         ten und verbes-     im ländlichen
                                                        ren und einen Beitrag zur   fördern               sern, sowie den     Raum leisten
                                                        Vermeidung von Klima-                             Ackerbau besser
                                                        gasen durch den Anbau                             gegenüber
                                                        und die Verwendung von                            Vermarktungs-

 Maßnahmen                                              nachwachsenden Roh-
                                                        stoffen und Bioenergie
                                                                                                          risiken absichern

                                                        leisten

 1 Humusgehalt von Ackerböden erhalten und stei-
     gern
                                                         ++                         ++                   ~                    ~
 2 Fruchtfolgen vielfältig gestalten                     ++                         ++                   +                    +
 3 Böden vor Bodenerosion und
   Bodenschadverdichtung schützen                        ++                         +                    +                    +
 4 Boden schonend bearbeiten                             ++                         +                    ~                    +
 5 Digitalisierung nutzen                                +                          +                    ++                   ~
 6 Qualitativ hochwertige Düngemittel
   sichern gesunde Böden und sichere Lebensmittel        +                          ~                    +                    +
 7 Organische Düngung in Ackerbaubetrieben auswei-
   ten, Nährstoffbilanzen verbessern und den Einsatz     ++                         +                     +                   ~
   verlustmindernder Ausbringungstechnik voranbringen
 8 Spektrum von Wirkstoffgruppen im Pflanzen-
   schutz sichern und ausbauen                           ++                         +                    ++                   ~
 9 Verfahren und Technik bei der Ausbringung von
   Pflanzenschutzmitteln verbessern                      +                          +++                  +                    +
 10 Zulassung und Anwendung von chemischen Pflan-
    zenschutzmitteln wissenschaftlich bewerten und
                                                         ++                         +                    ++                   ~
    differenziert betrachten
 11 Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz
    weiterentwickeln                                    +                           +                    ~                    +
 12 Erhalt und Förderung der Kulturlandschaft und
    den Schutz von Feldvögeln, Insekten, Bestäu-
    bern und Pflanzen praxistauglich und wirtschaft-
                                                         +                          +++                  ~                    ++
    lich tragfähig umsetzen
 13 Sortenwahl und Züchtung als wirksames Instru-
    ment zur Effizienzsteigerung
                                                         ++                         ~                    +++                  ~
 14 Wassermanagement als wirksames Instrument der
    Anpassung an die Folgen des Klimawandels
                                                         +++                        ~                    ~                    ~
 15 Ein wettbewerbsfähiger Ackerbau sichert die Ent-
    wicklung der Betriebe                                ++                         ~                    +++                  +
 16 Bildung und Beratung stärken die
    Nachhaltigkeit im Ackerbau
                                                         ++                         ++                   +                    ~
 17 Landwirtschaftliche Flächen erhalten, Flächen-
    verbrauch verringern und Naturschutzkompensa-        ++                         ++                    +                   ++
    tion flächenschonend umsetzen
 18 Landwirte stärken das Zusammenleben im ländli-
    chen Raum und intensivieren den Dialog mit           ~                          +                    ~                    +++
    Verbrauchern
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
Ackerbaustrategie                                                                                                            8
der deutschen Landwirtschaft

Ackerbaustrategie –
         Maßnahmen zur Erreichung der Ziele

1. Humusgehalt von Ackerböden                2. Fruchtfolgen vielfältig ge-              3.    Böden vor Bodenerosion
   erhalten und steigern                        stalten                                        und Bodenschadverdichtung
                                                                                               schützen
Die obere Bodenschicht, die Bodenkru-        Die Auflockerung der Fruchtfolge zieht
me, enthält den Humus und wichtige           Vorteile wie z.B. die Unterbrechung von     Die landwirtschaftlich genutzten Bö-
Nährstoffe für das Pflanzenwachstum.         Infektionsketten bei Krankheitserre-        den Deutschlands zeichnen sich durch
Der Humus hat dabei für die Boden-           gern, die verbesserte Wirksamkeit der       eine hohe Fruchtbarkeit aus. Ungünstige
fruchtbarkeit eine grundlegende Bedeu-       Unkrautregulierung, die Vermeidung von      Wetterbedingungen und Bodenfeuchte-
tung. Er sorgt für Nährstoffpufferung, ist   Resistenzen gegenüber Pflanzenschutz-       zustände, zu hohe Maschinenauflasten
Basis für die bodenbiologische Aktivität     mittelwirkstoffen sowie die Einsparung      sowie zu geringe Bodenbedeckung durch
und bestimmt die Wasserhaltekapazität        von mineralischem Stickstoffdünger          Pflanzen können zu großen Beanspru-
des Bodens entscheidend mit. Wir wer-        durch die biologische Stickstofffixierung   chungen der Böden führen. Physikalische
den auf Ackerstandorten durch geeignete      der Leguminosen nach sich. Wir streben      Schädigungen des Bodengefüges wie Bo-
Fruchtfolgegestaltung und Bewirtschaf-       an, in den klassischen Ackerbauregionen     denschadverdichtung und die Erosion
tungsmethoden zur Humuserhaltung             durch einen häufigeren Wechsel von Win-     von Bodenmaterial durch Wind und Was-
und, sofern sinnvoll und möglich, zum        terungen und Sommerungen, Blatt- und        ser können die Folge sein.
Humusaufbau beitragen.                       Halmfrüchten – unter Berücksichtigung       Im Fokus der Landbewirtschaftung steht
Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir      von Leguminosen – Fruchtfolgen aufzu-       eine größtmögliche Vermeidung von Bo-
die Einhaltung vielfältiger und stand-       lockern und standortgerechte und ausge-     denerosion und Bodenschadverdichtung.
ortangepasster Fruchtfolgen und soweit       wogene Fruchtfolgen zu etablieren. Um       Das wird erreicht durch eine Bearbeitung
geeignet, die Saat von Zwischenfrüchten      Kulturen mit geringeren Flächenantei-       im optimalen Bodenfeuchtezustand, eine
und Untersaaten als Maßnahmen umset-         len (z.B. Hafer, grob- und kleinkörnige     Reduzierung der Radlasten beim Einsatz
zen. Eine ausreichende Versorgung des        Leguminosen) einzubinden, sind diese        von Landmaschinen und Geräten (u. a.
Bodens mit organischer Substanz durch        hinsichtlich ihres Ertragspotenzials und    Leichtbauweise,     Reifendruckregelung,
Einarbeitung von Pflanzenresten oder         ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Krank-     Lastverteilung durch Überladetechnik),
Einsatz organischer Dünger ist erfor-        heiten und Schädlinge verstärkt züch-       durch kulturtechnische Maßnahmen wie
derlich. Bodenbearbeitungsmaßnahmen          terisch zu verbessern. Die Verfügbarkeit    z.B. hangparallele und/oder konservie-
werden im Hinblick auf die Standortei-       von Pflanzenschutzmitteln für diese Kul-
genschaften und die Fruchtfolgen opti-       turen ist zu erhöhen. Voraussetzung für
miert, so können Humusverluste durch         den Anbau von Kulturen ist das Vorhan-
Bodenerosion vermieden werden. Darü-         densein einer Nachfrage im Markt sowie
ber hinaus streben wir an, eine boden-       von Vermarktungsstrukturen.
typenspezifisch optimale Kalkversorgung
der Böden zu erreichen.
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
9                                                                                           Ackerbaustrategie
                                                                                            der deutschen Landwirtschaft

rende Bodenbearbeitung sowie durch         von Pflanzenschutzmitteln. Die Verfah-      Daten, die kostenlose Bereitstellung öf-
eine möglichst langfristige Bodenbe-       ren der konservierenden Bodenbearbei-       fentlich verfügbarer Daten in maschinen-
deckung mit Kulturpflanzen und Pflan-      tung müssen ganzheitlich überprüft und      lesbaren Formaten sowie des GPS-Kor-
zenresten. Dabei können Zielkonflikte      weiterentwickelt werden, um bestehende      rektursignals und die Förderung von
entstehen. Beispielsweise sind Verfahren   Zielkonflikte (geringerer Wirkungsgrad      Forschungs- und Entwicklungsvorhaben.
der konservierenden Bodenbearbeitung       mechanischer Unkrautbekämpfungsver-
oftmals an die Verwendung von Herbizi-     fahren, phytosanitäre Aspekte) zu ver-      6.     Qualitativ hochwertige
den gebunden.                              ringern. Den Anbau von Untersaaten und             Düngemittel sichern gesun-
                                           Zwischenfrüchten werden wir stärker in             de Böden und sichere Le-
4.    Boden schonend bearbeiten            die Systeme integrieren.                           bensmittel

Die Bodenbearbeitung ist die grund-        5. Digitalisierung nutzen                   Pflanzen benötigen für ihr Wachstum
legende ackerbauliche Maßnahme für                                                     Licht, Wasser, Wärme und Nährstoffe.
die Etablierung eines gesunden und er-     Landwirte sowie die vor- und nachgela-      Nährstoffe sind im Boden gespeichert.
tragreichen Pflanzenbestandes. Durch       gerte Agrar- und Ernährungswirtschaft       Für ein nachhaltiges Wirtschaften muss
nichtwendende        Bodenbearbeitungs-    treiben die Nutzung digitaler Techniken     der Bedarf gedeckt und der Entzug aus-
verfahren (derzeit auf rund 45 Prozent     voran. Viele Anwendungen des Precision      geglichen werden. Neben Wirtschafts-
der Ackerfläche) haben die Böden eine      bzw. Smart Farmings können bisher le-       düngern werden Mineraldünger und ggf.
höhere Stabilität und einen stärkeren      diglich in größeren Einheiten wirtschaft-   weitere zugelassene Handelsdünger ein-
Bedeckungsgrad mit Pflanzenresten. Sie     lich eingesetzt werden.                     gesetzt. Die qualitativen Anforderungen
sind dadurch unempfindlicher gegenüber     Wir werden die vielfältigen Möglichkei-     an hochwertige und schadstoffarme Mi-
physikalischen Belastungen und verrin-     ten der Digitalisierung nutzen, um den      neraldüngemittel und Düngemittel aus
gern eine mögliche Bodenerosion. Auch      Ackerbau – durch überbetrieblichen          Reststoffen werden EU-weit neu festge-
im Hinblick auf Anpassungsstrategien an    Maschineneinsatz auch in kleineren Be-      legt. Stabile technische Eigenschaften
den Klimawandel können konservierende      trieben – noch effizienter und ressour-     von mineralischen und anderen Dünge-
Verfahren sinnvoll sein. Regelmäßiger      censchonender zu gestalten. Wir werden      mitteln sind Voraussetzung für deren
Bestandteil der bodenschonenden Be-        verstärkt Sensoren und Prognosemodelle      präzise Verteilung. Um Schadstoffanrei-
arbeitungsverfahren zur Saatbettberei-     zur Unkraut- und Krankheitsbestimmung       cherungen in Böden zu vermeiden, ist
tung und Etablierung der jungen Kultur-    einsetzen, um die jeweiligen Schaderre-     es zwingend erforderlich, dass nur sol-
pflanzen ist der Einsatz von Herbiziden.   ger möglichst zielgenau zu bekämpfen.       che Stoffe als Düngemittel zugelassen
Hierfür brauchen wir eine ausschließlich   Zur Unkrautregulierung werden verstärkt     werden, die wissenschaftlich basierten
wissenschaftlich orientierte Zulassung     physikalische Verfahren zum Einsatz         Kriterien bezüglich ihres Düngewertes
                                           kommen, aber auch der chemische Pflan-      und des vertretbaren Gehaltes an Schad-
                                           zenschutz wird einzelpflanzenbezogener.     stoffen genügen. Die landwirtschaftliche
                                           Die neuen Sensortechniken und Biomas-       Verwertung gesellschaftlicher Abfälle wie
                                           sekarten auf Basis der Sentinel-Satelli-    Klärschlamm oder Bioabfall-Komposte
                                           tentechnologie erlauben eine exaktere       ist im Sinne der Kreislaufwirtschaft nur
                                           Bestimmung des aktuellen Nährstoffbe-       dann umsetzbar, wenn strenge Schad-
                                           darfs der Kulturpflanzen. Die Einführung    stoff- und Haftungsregelungen gelten
                                           dieser Technologien wird zur Verringe-      und die gesellschaftliche Akzeptanz für
                                           rung von Nährstoffsalden führen.            die Verwendung besteht.
                                           Grundvoraussetzung für die rasche und
                                           breite Digitalisierung der Agrar- und Er-
                                           nährungswirtschaft sind eine flächende-
                                           ckende Verfügbarkeit schneller mobiler
                                           Breitbandnetze, ein klarer Rechtsrahmen
                                           bezüglich der Nutzung der erhobenen
Ackerbaustrategie der deutschen Landwirtschaft - Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft
Ackerbaustrategie                                                                                                      10
der deutschen Landwirtschaft

                                          eine große Herausforderung für die Be-      erreicht wurde. Damit ist das Ziel der
7.    Organische Düngung in               triebe und muss praxisgerecht erfolgen.     zonalen Zulassung, Bewertungen von
      Ackerbaubetrieben aus-              Gemeinsam mit der Wasserwirtschaft          Zulassungsbehörden europäischer Mit-
      weiten, Nährstoffbilanzen           wollen wir auf Basis freiwilliger Koope-    gliedsstaaten uneingeschränkt gegen-
      verbessern und den Einsatz          rationen, über die Beratung und die Um-     seitig anzuerkennen, noch nicht er-
      verlustmindernder Aus-              setzung von Agrarumweltmaßnahmen            reicht. Dies ist auf europäischer Ebene
      bringungstechnik voran-             weitere Fortschritte im Gewässerschutz      weiter zu verbessern. Gleichzeitig müs-
      bringen                             erzielen.                                   sen die Zulassungsverfahren in Deutsch-
                                                                                      land beschleunigt werden.
Wir sehen den Grundsatz der bedarfs-      8.     Spektrum von Wirkstoff-
gerechten Düngung als zentralen Maß-             gruppen im Pflanzenschutz            9.    Verfahren und Technik bei
stab in der Ernährung der Kulturpflan-           sichern und ausbauen                       der Ausbringung von Pflan-
zen an. Wir werden Nährstoffkreisläufe                                                      zenschutzmitteln verbes-
durch überbetriebliche Verbringung re-    Moderner Pflanzenschutz bringt einen              sern
gional und überregional schließen. Die    Mehrwert für die Gesellschaft. Für eine
überbetriebliche Verbringung von wirt-    nachhaltige Sicherung von Erträgen          Die Anwendung der Grundsätze des In-
schaftseigenen Düngern in Ackerbau-       und Qualitäten brauchen wir ein breites     tegrierten Pflanzenschutzes, eine regel-
regionen trägt dazu bei, den Mineral-     Spektrum an zugelassenen Wirkstoffen.       mäßig verpflichtende Weiterbildung zum
düngereinsatz zu vermindern. Um eine      Wir unterstützen das Ziel des Nationalen    Erhalt der Sachkunde beim Anwender,
Verbesserung der Transportwürdigkeit      Aktionsplans zur nachhaltigen Anwen-        die Dokumentation des Einsatzes von
zu erreichen, werden wir die Aufberei-    dung von Pflanzenschutzmitteln (NAP),       Pflanzenschutzmitteln sowie die Ver-
tung von Wirtschaftsdüngern voran-        bis zum Jahr 2023 in 80 Prozent aller       wendung von effizienten Verfahren und
treiben und einen Beitrag dazu leisten,   relevanten Anwendungen über mindes-         Techniken sind die Grundpfeiler unse-
erforderliche Lagerkapazitäten auch in    tens drei Wirkstoffgruppen zu verfügen.     res verantwortungsvollen Einsatzes von
Ackerbauregionen zu schaffen. Für die     Dies gilt auch für die Anwendung in         Pflanzenschutzmitteln. Die technische
Schaffung zusätzlicher Lagerkapazitäten   Fruchtarten mit geringem Anbauumfang        Ausstattung vieler Betriebe ist bereits
sind die baurechtlichen Voraussetzun-     und für den Vorratsschutz. Die Verwen-      auf einem hohen Niveau. Wir werden
gen zu verbessern und die Investitionen   dung von Pflanzenschutzmitteln aus          diese weiter voranbringen. In Verbin-
zu fördern. Hemmnisse für die überbe-     verschiedenen Wirkstoffgruppen ver-         dung mit der stets aktuellen Sachkunde
triebliche Verwertung sind abzubauen.     ringert das Risiko des Auftretens von       beim Anwender sichert die zunehmende
Um Ammoniak- und Lachgasemissionen        Resistenzen. Daher führt jede weitere       Verwendung innovativer Technik eine
sowie Nitratauswaschungen zu verrin-      Einschränkung der Wirkstoffpalette zu       effiziente und rückstandsarme Verwen-
gern, werden wir Wirtschafts- und Harn-   einem Zielkonflikt mit den Grundsätzen      dung von Pflanzenschutzmitteln. Dies
stoffdünger zunehmend mit verlustar-      des Integrierten Pflanzenschutzes. Es ist   unterstützt uns in dem Ziel, Punktein-
men Techniken bzw. unter Einsatz von      festzustellen, dass die mit Inkrafttre-     träge und Pflanzenschutzmitteleinträge
Nitrifikations- oder Ureasehemmstoffen    ten der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009       in Gewässer zu minimieren.
ausbringen.                               über das Inverkehrbringen von Pflanzen-     Wir streben an, die Innovationen in der
Die Landwirtschaft fühlt sich den Zie-    schutzmitteln vorgesehene Harmonisie-       Pflanzenschutztechnik (u. a. Digitali-
len des Gewässerschutzes verpflichtet.    rung der Pflanzenschutzmittelzulassung      sierung) standortspezifisch zu nutzen.
Die Umsetzung der novellierten Dünge-     und der Verbesserung der Verfügbarkeit
verordnung dient maßgeblich der Errei-    von Pflanzenschutzmitteln bisher nicht
chung dieser Ziele. Die Umsetzung ist
11                                                                                       Ackerbaustrategie
                                                                                         der deutschen Landwirtschaft

Der Wirkstoff ist möglichst zielgenau      Wir wollen den Einsatz von Glyphosat        11. Alternativen zum chemi-
an seinen Wirkort zu bringen, um so        reduzieren, wenngleich der Einsatz die-         schen Pflanzenschutz wei-
mit minimaler Aufwandmenge eine ma-        ses herbiziden Wirkstoffs im Rahmen             terentwickeln
ximale Wirkung bei den Zielorganismen      der konservierenden Bodenbearbeitung
wie Unkräutern, Schadpilzen oder Scha-     zur pfluglosen Beseitigung von Unkräu-      Kulturpflanzen müssen auch in Zukunft
dinsekten zu erzielen. Über das Ziel des   tern, Ausfallgetreide und -raps sowie       vor Konkurrenz und Schädlingen sowie
NAP hinaus, den Anteil der Geräte, die     Zwischenfrüchten unverzichtbar ist. Der     Krankheiten geschützt werden. Alterna-
Abdriftminderungsklassen von 75 Pro-       Einsatz von Glyphosat zur Terminierung      tive Verfahren zum chemischen Pflan-
zent oder mehr angehören, auf über 50      der Ernte ist ausgeschlossen. In begrün-    zenschutz zeigen bisher häufig geringe-
Prozent zu steigern, streben wir einen     deten Einzelfällen kann eine Ausnahme       re Wirkungsgrade und verursachen meist
Anteil von über 75 Prozent der Geräte      zur Sikkation unter Beachtung strenger      höhere Kosten. Die Optimierung dieser
an.                                        Bedingungen – gemäß den geltenden           Verfahren ist daher voranzutreiben. Um
Die Verwendung von gebeiztem Saat-         Anwendungsbestimmungen – erforder-          in der Unkrautbekämpfung chemische
gut stellt eine besonders schonende        lich sein.                                  Maßnahmen zu reduzieren, werden wir
Form des Pflanzenschutzes dar. Um die      Ebenfalls wichtige Wirkstoffe im Bereich    verstärkt eine Kombination aus chemi-
Abdrift von Beizstäuben zu minimieren,     des Pflanzenschutzes sind Imidaclo-         schen, mechanischen und thermischen
ist der Einsatz von sachgerecht gebeiz-    prid, Clothianidin und Thiamethoxam         Maßnahmen einsetzen. Der Pflanzenbau
tem Saatgut sowie abdriftmindernder        aus der Gruppe der Neonicotinoide. Auf      kann dabei von bereits im ökologischen
Aussaattechnik unerlässlich. Eine unab-    Vorschlag der EU-Kommission und nach        Landbau eingesetzten Techniken profi-
hängige Pflanzenschutzberatung durch       einer aktualisierten Risikobewertung        tieren. Im Hinblick auf Pflanzenkrank-
den öffentlichen Dienst, Kammern und       der EFSA haben sich die Mitgliedsstaa-      heiten werden wir die genetisch fixierte
Landesanstalten ist unabdingbar und        ten darauf verständigt, die Anwendung       Resistenzausstattung von Sorten stärker
muss gestärkt werden.                      dieser Neonicotinoide im Freilandanbau      berücksichtigen. Die Nutzung moderner
                                           vollständig zu untersagen. Es sollte ge-    Züchtungstechnologien kann hier deut-
10. Zulassung und Anwendung                prüft werden, eine Anwendung bei nicht      liche Fortschritte erbringen. Wir werden
    von chemischen Pflanzen-               blühenden Kulturen oder Kulturen nach       die Förderung und Nutzung natürlicher
    schutzmitteln wissenschaft-            der Blüte weiterhin zu ermöglichen,         Regelmechanismen vorantreiben, Nütz-
    lich bewerten und differen-            wenn eine Bienengefährlichkeit nicht        linge schonen und fördern. Hierzu kann
    ziert betrachten                       gegeben ist. Mangels Alternativen ist       beispielsweise die Anlage von Acker-
                                           hier auch in Zukunft die Möglichkeit        randstreifen als Lebensräume dienen.
Die Landwirtschaft ist sich der Verant-    zur Anwendung einzelner Wirkstoffe aus      Die Anwendung biotechnologischer Ver-
wortung beim Einsatz von Pflanzen-         dieser Wirkstoffgruppe erforderlich. Die    fahren (z.B. Prädatoren und Nützlinge)
schutzmitteln bewusst. Die Zulassung       Landwirte benötigen zudem dringend          stellt zudem eine interessante Alterna-
von Pflanzenschutzmitteln erfolgt in       alternative Beiz- und Pflanzenschutz-       tive zum chemischen Pflanzenschutz
Deutschland und Europa im Rahmen           mittel, die schnell zur Zulassung gelan-    dar. Dabei ist zu beachten, dass einhei-
eines strengen und weltweit vorbild-       gen. Problematisch dabei ist, dass in der   mische Flora und Fauna außerhalb der
lichen Zulassungsverfahrens. Die Zu-       öffentlichen Diskussion die Bienenge-       Produktionsfläche nicht negativ beein-
lassung muss ausschließlich auf Basis      fährlichkeit von Pflanzenschutzmitteln      trächtigt werden.
wissenschaftlicher Maßstäbe erfolgen.      verallgemeinert und nicht zwischen den
                                           einzelnen Wirkstoffen unterschieden
                                           wird.
Ackerbaustrategie                                                                                                        12
der deutschen Landwirtschaft

12.    Erhalt und Förderung der             Bereits heute erbringen die Landwirte       13.   Sortenwahl und Züchtung
       Kulturlandschaft und den             in ihren Betrieben Leistungen zur För-            als wirksames Instrument
       Schutz von Feldvögeln,               derung der Biodiversität (Ökologische             zur Effizienzsteigerung
       Insekten, Bestäubern und             Vorrangflächen, Agrarumweltprogram-
       Pflanzen praxistauglich              me, Landschaftselemente, Vertragsna-        Die Pflanzenzüchtung stellt der Land-
       und wirtschaftlich trag-             turschutz, freiwillige Maßnahmen, Nist-     wirtschaft kontinuierlich neue Sorten
       fähig umsetzen                       hilfen, etc.). Den Beitrag freiwilliger     zur Verfügung. Bei der Selektion ste-
                                            Maßnahmen (z.B. Erhalt und Pflege von       hen nicht allein Ertrag und Nährstof-
Die Landwirtschaft hat über die Jahr-       Landschaftselementen,       Blühstreifen,   feffizienz, sondern auch Resistenzen
hunderte wesentlich zur Gestaltung der      Anlage von Lerchenfenstern) werden wir      gegenüber Krankheiten, Schädlingen
Kulturlandschaft mit ihrer Vielfalt an      weiter ausbauen. Wir unterstützen das       und abiotischen Faktoren sowie die An-
Arten und Biotopen beigetragen. Sie         Ziel des NAP hinsichtlich der Anlage von    passung an den Klimawandel im Fokus.
nimmt ihre Verantwortung für den Er-        Randstreifen an wasserwirtschaftlich be-    Wir unterstützen eine mittelständisch
halt der Biodiversität ernst. Wir wollen    deutenden Gewässern. Wir nutzen Agrar-      geprägte Pflanzenzüchtung. Wir brau-
verstärkt dazu beitragen, den landwirt-     umweltprogramme und das Greening der        chen und fördern Innovationen in der
schaftlichen Anteil am Rückgang der Ar-     Gemeinsamen Agrarpolitik, um Biodiver-      Pflanzenzüchtung. Wir streben einen
tenvielfalt zu reduzieren und Pflanzen,     sität nachhaltig zu fördern. Hemmnisse      Saatgutwechsel durch den Einsatz von
Insekten, Feldvögel etc. zu erhalten und    sowie Kontroll- und Sanktionsrisiken bei    Z-Saatgut an und bekennen uns zum
zu fördern. Grundsätzlich wird dafür eine   Fördermaßnahmen zum Schutz der Bio-         Landwirte- und Züchterprivileg. Zudem
wissenschaftlich ermittelte und reprä-      diversität müssen ausgeräumt werden.        ist ein flächendeckendes, neutrales und
sentative Datengrundlage über Situation     Zudem setzen wir uns für eine deutliche     unabhängiges Sortenversuchswesen mit
und Entwicklung der Artenvielfalt und       Ausweitung von Blühflächen und Bie-         entsprechenden Standorten von ent-
eine Einbeziehung aller Einflüsse auf die   nenweiden in den Dörfern und Gemar-         scheidender Bedeutung.
Biodiversität benötigt. Dennoch müs-        kungen ein.                                 Eine Vielzahl züchterischer Instrumen-
sen auch in Zukunft Kulturpflanzen vor      Die Landwirtschaft setzt sich zum Ziel,     te trägt dazu bei, eine effiziente und
Konkurrenz und Schädlingen geschützt        den regelmäßigen Dialog mit Natur-          erfolgreiche Züchtung voranzutreiben
werden.                                     schützern, Imkern und Jägern fortzu-        und damit langwierige Abläufe der klas-
                                            führen und zu intensivieren, um nach
                                            gemeinsamen Lösungen zur Förderung
                                            der Biodiversität zu suchen.
13                                                                                          Ackerbaustrategie
                                                                                            der deutschen Landwirtschaft

sischen Züchtung zu umgehen oder zu          von Wasser für Bewässerungszwecke. Die      sorgen können. Durch die Nutzung von
beschleunigen.       Züchtungsverfahren      GAK-Förderung sollte daher zukünftig        Preisabsicherungen (Vorverträge, Ter-
müssen generell ergebnisoffen und wis-       unbedingt weiterhin den Förderbereich       minkontrakte) und Maßnahmen zur Ein-
sensbasiert bewertet werden und dür-         „Wasserwirtschaftliche Maßnahmen“ be-       kommensdiversifizierung werden wir uns
fen, wie im Fall von Genome Editing,         inhalten. Dies erfordert auch eine zwei-    zusätzlich gegen Preisschwankungen
nicht mit der Diskussion um gentechni-       seitige Wasserregulierung.                  wappnen. Nicht staatliche Risikoabsi-
sche Verfahren vermengt werden. Es bie-                                                  cherungsinstrumente, wie beispielswei-
ten sich grundsätzlich Chancen für mehr      15. Ein wettbewerbsfähiger                  se Mehrgefahrenversicherungen (ein-
Ressourcenschutz im Ackerbau.                    Ackerbau sichert die Ent-               schließlich einer Dürreversicherung) und
Wir sprechen uns gegen Patente auf               wicklung der Betriebe                   Investitionsförderprogramme für Frost-
Pflanzen aus und stehen für ein starkes                                                  schutzberegnungsanlagen bieten Schutz
Sortenschutzrecht.                           Regionale Anbauvorzüglichkeiten in          vor Produktionsausfällen. Vorsorgemaß-
                                             Verbindung mit der Erschließung neu-        nahmen gegen Quarantäneorganismen
14.    Wassermanagement als                  er Absatzmärkte und der Einhaltung          müssen unterstützt und Notfallmaßnah-
       wirksames Instrument der              fairer Handelsbedingungen tragen zum        men abgesichert werden. Letztlich sind
       Anpassung an die Folgen               Einkommen der Betriebe bei. Etablierte      für die nachhaltige Entwicklung der Be-
       des Klimawandels                      Verwendungsmöglichkeiten agrarischer        triebe vergleichbare Wettbewerbsbedin-
                                             Produkte als Lebens- und Futtermittel       gungen innerhalb und außerhalb Euro-
Die Verfügbarkeit von Wasser wird durch      ebenso wie Rohstoffe für Biokraftstoffe     pas unabdingbar.
den Klimawandel stärkeren jahreszeitli-      sollten marktorientiert weiterentwickelt
chen und regionalen Schwankungen un-         werden. Die pflanzliche Produktion ori-     16.    Bildung und Beratung stär-
terliegen. Auf diese Risiken gilt es, sich   entiert sich an den Anforderungen der              ken die Nachhaltigkeit im
einzustellen, Vorsorge zu treffen und ein    Abnehmer agrarischer Rohstoffe. Im                 Ackerbau
Wassermanagement zu betreiben.               Zuge dessen kann der ökologische Anbau
Wir wollen die Potentiale der Bewässe-       nachfrageorientiert ausgebaut werden.       Nachhaltigkeit im Ackerbau ist in der
rung im Ackerbau dauerhaft erhalten          Über die gesetzlichen Anforderungen hi-     betrieblichen Praxis nur mit qualifizier-
und nutzen. Das setzt langfristig gültige    nausgehende, fachlich nicht begründe-       ten Fach- und Führungskräften gewähr-
wasserrechtliche Erlaubnisse zum Zwe-        te Produktions- und Qualitätsstandards      leistet. Die Landwirte nutzen ein praxis-
cke der Bewässerung voraus. Neben der        (Sekundärstandards) einzelner marktbe-      nah angelegtes, effizient organisiertes
Absicherung der Produktion (Ertragshö-       herrschender Unternehmen des Lebens-        Aus-, Fort- und Weiterbildungssystem.
he und Qualitätsansprüche der Markt-         mitteleinzelhandels sind abzulehnen.        In unsere Entscheidungen beziehen wir
partner) wird durch Bewässerung auch         Auf Seiten der Betriebsmittelmärkte         aktuelle Beratungsempfehlungen ein.
eine effizientere Nährstoffausnutzung        lehnen wir staatlich-fiskalische Regelun-   Für deren Erarbeitung ist der Erhalt ei-
erreicht. Moderne Bewässerungstechnik        gen (z.B. eine Besteuerung von Pflan-       nes neutralen und unabhängigen Ex-
minimiert den Bedarf an Wasserent-           zenschutzmitteln) ab. Die zunehmende        aktversuchswesens der Länder unver-
nahmen aus Grund- oder Oberflächen-          Konzentration im vor- und nachgelager-      zichtbar, welches auf wissenschaftlicher
gewässer. Die Nutzung aufbereiteten          ten Bereich sehen wir dort mit Sorge, wo    Grundlage basierende Daten generiert.
Abwassers für eine landwirtschaftliche       Bezugs- und Absatzmöglichkeiten sowie       Wir werden die neuen Instrumente der
Bewässerung darf nur bei Erfüllung an-       die verfügbare Produktpalette einge-        Digitalisierung nutzen, um flächende-
spruchsvoller Anforderungen unter Ab-        schränkt werden.                            ckend unabhängige Entscheidungsunter-
wägung von Nutzen und Risiken in der         Eine bessere Positionierung der Acker-      stützungssysteme zu etablieren.
Lebensmittelerzeugung erfolgen.              baubetriebe in der Wertschöpfungsket-       Zudem werden wir als Fach- und Füh-
Bewässerung als Instrument zur An-           te streben wir durch eine Stärkung von      rungskräfte die Digitalisierung für die
passung an den Klimawandel erfordert         Erzeugergemeinschaften und Genos-           zunehmend komplexen betrieblichen
staatliche Unterstützung, v. a. bei Neu-     senschaften an. In volatilen Märkten        und beruflichen Prozesse stärker nutzen.
bau und Erweiterung von überbetrieb-         müssen landwirtschaftliche Betriebe         Der zunehmenden Entwicklungsdynamik
licher/-gebietlicher wasserwirtschaftli-     durch steuerliche Instrumente wie die       begegnen wir durch eine berufsbeglei-
cher Infrastruktur wie Einrichtungen zur     Gewinnrücklage eigenverantwortlich für      tende und bedarfsorientiert angelegte
Entnahme, Speicherung und Zuleitung          wirtschaftlich schwierige Zeiten vor-       Weiterbildung zum Erhalt der Fachkom-
Ackerbaustrategie                                                                      14
der deutschen Landwirtschaft

petenz in allen Bereichen der pflanzli-     Kompensationsmaßnahmen, wie z.B.
chen Produktion. Hohen Stellenwert hat      die Pflege von Biotopen, die Entwick-
auch die Vermittlung beruflicher Kom-       lung von Gewässern oder produktions-
petenzen zur Umsetzung grundlegender        integrierte Kompensationsmaßnahmen
Prinzipien der Nachhaltigkeit sowie des     müssen Vorrang vor flächenintensiven
Klima- und Umweltschutzes einschließ-       Maßnahmen haben; der Flächenkauf und
lich der Förderung der Biodiversität.       die zusätzliche Inanspruchnahme land-
                                            wirtschaftlicher Flächen für den Natur-
17.    Landwirtschaftliche Flä-             schutzausgleich muss ausgeschlossen
       chen erhalten, Flächen-              werden. Die Entsiegelung von versiegel-
       verbrauch verringern und             ten Flächen muss durch starke Anreize
       Naturschutzkompensation              aufgewertet werden.
       flächenschonend umsetzen
                                            18.     Landwirte stärken das
Der Verlust landwirtschaftlicher Flächen            Zusammenleben im länd-
durch Siedlungs- und Verkehrsmaßnah-                lichen Raum und inten-
men zählt heute zu den gravierendsten               sivieren den Dialog mit
Umweltproblemen in Deutschland. Das                 Verbrauchern
gilt für den Verlust landwirtschaftlicher
Produktionsflächen als nicht vermehrba-     Die Landwirtschaft ist ein wichtiger
re Ressource und als Lebensraum für den     Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum.
Natur- und Artenschutz.                     Als größter Flächennutzer pflegen Land-
Die Landwirtschaft unterstützt das Ziel     wirte die Kulturlandschaft und sind eine
der Bundesregierung, den Flächenver-        tragende Säule im Gemeinwesen vor Ort.
brauch durch Siedlungen und Verkehr         Gegenseitiges Verständnis über landwirt-
von derzeit rund 60 ha pro Tag bis zum      schaftliche Wirtschaftsweisen einerseits
Jahr 2030 auf 30 Hektar pro Tag zu re-      und gesellschaftliche Erwartungen an-
duzieren, fordert aber ein Zwischenziel     dererseits ist eine Grundvoraussetzung
für das Jahr 2025 in Höhe von 40 ha pro     für Landwirtschaft mit Zukunft. Hierzu
Tag. Grundvoraussetzung für die Zukunft     zählt etwa in Teilen der Bevölkerung das
des Ackerbaus ist es, landwirtschaftliche   notwendige Verständnis für produktions-
Flächen vor der Inanspruchnahme zu          und witterungsbedingte Zwänge und in
schützen und – analog zum Wald – ein        Teilen der Landwirtschaft die notwendi-
Erhaltungsgebot rechtlich zu verankern.     ge Sensibilität, Beeinträchtigungen der
Die Innenentwicklung von Kommunen           Allgemeinheit durch landwirtschaftliche
sowie die Brachflächenrevitalisierung       Arbeiten so gering wie möglich zu hal-
sollte auch tatsächlich vorrangig umge-     ten. Ziel ist ein respektvoller Umgang
setzt werden. Die geplante Bundeskom-       und gegenseitige Rücksichtnahme zwi-
pensationsverordnung muss der Flächen-      schen Landwirten und der Bevölkerung
schonung beim Naturschutzausgleich          im ländlichen Raum.
mehr Durchsetzungskraft verleihen und
auch Ausgleichsmaßnahmen im urbanen
Raum einbeziehen. Flächenschonende
15     Ackerbaustrategie
       der deutschen Landwirtschaft

     Ausblick
     Die deutsche Landwirtschaft setzt mit
     der vorliegenden Ackerbaustrategie
     Ziele für die Zukunft des Ackerbaus in
     Deutschland im Sinne einer nachhalti-
     gen Entwicklung, zur Sicherung einer Er-
     nährung mit gesunden Nahrungsmitteln
     und Schonung von Wasser, Boden, Luft
     und Biodiversität. Die Verbände und Or-
     ganisationen des Zentralausschusses der
     Deutschen Landwirtschaft bringen mit
     der Strategie die Bereitschaft der Land-
     wirtschaft zur Weiterentwicklung des
     Ackerbaus zum Ausdruck und stellen sich
     dem Dialog mit Politik und Gesellschaft.
     Grundvoraussetzung für die Zukunft des
     Ackerbaus müssen wissenschaftlich ba-
     sierte Maßnahmen für komplexe Frage-
     stellungen und Herausforderungen des
     Ackerbaus sein. Für die Umsetzung der
     Strategie wird die Landwirtschaft erheb-
     liche Anstrengungen auf sich nehmen.
     Gleichzeitig bedarf es der Unterstützung
     durch Politik und Gesellschaft und ei-
     ner Intensivierung von Forschung und
     Beratung. Zielkonflikte bedürfen einer
     wissenschaftlich fundierten Abwägung
     und praxistauglicher Lösungen. Mit den
     hier vorgelegten acht Kernzielen und
     18 Ansätzen und Maßnahmen trägt der
     Zentralausschuss der Deutschen Land-
     wirtschaft dazu bei, den Ackerbau in
     Deutschland moderner, effizienter und
     nachhaltiger zu gestalten.
Ackerbaustrategie              16
der deutschen Landwirtschaft
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