LIVING PLANET REPORT 2020 - KURZFASSUNG KURZFASSUNG | 1 - TINA MACHT SCHULE
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
LIEBE LESERINNEN UND LESER, Die vorliegende Kurzfassung des Living Planet Reports 2020 zeigt einen Ausschnitt der Analysen Wälder brennen, Feuchtgebiete trocknen aus, Eismassen schmelzen und der und Erkenntnisse des Berichts, der vollständig nur in englischer Sprachfassung vorliegt und unter wwf.de/lpr erhältlich ist. Meeresspiegel steigt. Wir kennen diese Bilder und empfinden instinktiv: Da läuft was falsch. Das darf nicht sein. Doch unsere Eindrücke und die wieder- Alle Ausgaben des aktuellen Berichts finden Sie überdies kostenfrei kehrenden Bilder aus den Medien decken sich mit dem, was die Wissenschaft in der App „WWF Wissen“. konstatiert. Auch die 13. Ausgabe des WWF Living Planet Reports belegt dies: Der Verlust setzt sich fort. Alles expandiert, nur die Vielfalt wird weniger. Der globale Living Planet Index 2020 Zusammen mit dem Schutz von Schutz- zeigt einen durchschnittlichen Rück- gebieten ließe sich der Verlust terrest- gang der überwachten Populationen rischer Biodiversität stoppen, ja sogar von Säugetieren, Vögeln, Amphibien, rückgängig machen – vorausgesetzt, wir Reptilien und Fischen um 68 % zwischen verändern die Art und Weise unserer 1970 und 2016. Der Schwund macht auch Landnutzung und unser damit verbun vor Insekten nicht halt. Nach aktuellen denes Ernährungssystem. Befunden gingen in unseren Breiten die Bestände von 17 Grünlandschmetter- Können die Regierenden dafür die lingsarten im Durchschnitt um 39 % Weichen stellen? Bis vor Kurzem schien zurück.0 Die Gründe dafür liefert die es unvorstellbar, dass gelingen könnte, Wissenschaft gleich mit: Der Rückgang innerhalb kürzester Zeit gewaltige des Schmetterlingsindex sei weitgehend Summen zur Bekämpfung der COVID- Resultat intensiver Landwirtschaft in 19-Pandemie zu mobilisieren. Dass dies Nordwesteuropa und der Umbruch möglich ist, haben die Menschen in von Grünland. Zur Einordnung dieser einem einmaligen Kraftakt bewiesen, Nachricht: Insekten übernehmen in den auch wenn in dem ein oder anderen Landökosystemen eine zentrale Rolle: Sie Konjunkturpaket der Nachhaltigkeits bestäuben Pflanzen, regulieren Schädlin- gedanke durchaus stärker hätte ausge- ge, verarbeiten Nährstoffe im Boden und prägt werden können. versorgen andere Tiere mit Nahrung. Wir wollen, dass die Vielfalt des Lebens Doch es gibt auch Lichtblicke und erhalten bleibt und damit auch die Ge- Hoffnungsträger. Auf die Frage der sundheit der Menschen besser geschützt Forschung, ob sich der Niedergang von werden kann. Lassen Sie uns gemeinsam IMPRESSUM Herausgeber (der vorliegenden deutschsprachigen Kurzfassung) WWF Deutschland Biodiversität aufhalten lässt, findet die die Weichen dafür stellen. Stand September 2020 „Bending-the-Curve-Initiative“ (mehr V.i.S.d.P. Marco Vollmar, Leiter Kommunikation und Mitglied der Geschäftsleitung des WWF Deutschland dazu auf Seite 20) eine zuversichtlich Redaktion u. Koordination Günter Mitlacher, Thomas Köberich (alle WWF Deutschland) Gestaltung Thomas Schlembach (WWF Deutschland) stimmende Antwort: Ja, das geht! Produktion Maro Ballach (WWF Deutschland) Bildnachweise © Cover: Jonathan Caramanus/Green Renaissance/WWF UK, 15: Day’s Edge Productions/WWF US, 22: Vincent Kneefel/WWF Jede vollständige oder teilweise Reproduktion dieser Veröffentlichung muss deren Titel nennen und den vorstehenden Herausgeber als Inhaber der Urheberrechte angeben. Empfohlene Zitierweise der englischen Ausgabe: WWF. 2020. Living Planet Report – 2020: Bending the curve of biodiversity loss. Almond, R.E.A., Grooten, M. and Petersen, T. (Eds). WWF, Gland, Switzerland Eberhard Brandes Christoph Heinrich Living Planet Report® und Living Planet Index® sind eingetragene Warenzeichen des WWF International. Geschäftsführender Vorstand Vorstand Naturschutz
DIE NATUR SENDET SOS Biologische Vielfalt ist für das menschliche Leben fundamental. So unstrittig diese Einsicht ist, so eindeutig ist der Befund des Wissenschaftsrates für Biodiversität, dass wir die Natur mit einer in der Geschichte beispiellosen Geschwindigkeit umwandeln und zerstören.1 Was der Living Planet Index zeigt Seit Beginn der industriellen Revolution wurden Wälder, Feucht- Der Living Planet Index (LPI) ist einer der Gradmesser für den gebiete, Moore, Flüsse, Seen und andere Ökosysteme vernichtet ökologischen Zustand der Erde: Inzwischen umfasst er 20.811 oder auf eine Weise verändert, dass die Folgen den Wohlstand vieler Wirbeltierbestände aus aller Welt – Säugetiere, Vögel, Fische, Menschen gefährden. Mehr als 85 % der Feuchtgebiete sind ver- Reptilien, Amphibien. Berücksichtigt sind aktuell fast 400 neue schwunden. 75 % der eisfreien Landoberfläche der Erde tragen mehr Arten und 4.870 neue Populationen. Durch Hinzufügen dieser oder minder die Handschrift menschlicher Eingriffe. neuen Daten von gefährdeten und nicht gefährdeten Arten werden Abbildung 1: Der globale Living alle jährlichen LPI-Werte aktualisiert. Der Index zeigt die durch- Planet Index: 1970 bis 2016. Die menschlichen Eingriffe sind gravierend: Unberührte Lebens- schnittliche prozentuale Veränderung der Bestandsgröße aller Der globale Living Planet Index 2020 räume wurden in Flächen für die Landwirtschaft, in Siedlungen erfassten Populationen seit 1970. Die Populationsgröße etwa der zeigt zwischen 1970 und 2016 einen und Verkehrswege verwandelt. Rasant schwinden die Flächen, auf Hälfte der Arten im LPI geht zurück. Die Bestände der anderen durchschnittlichen Rückgang der erfassten Bestände von Säugetieren, denen Tropenwälder stehen. Zwar nehmen sie nur 7 % der Land Hälfte sind stabil oder wachsen. Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fi- fläche ein, aber beheimaten 50 % der biologischen Vielfalt auf Erden. schen um 68 %. Die weiße Linie zeigt die Und in den Meeren? Dort gilt ein Großteil als überfischt. Immens Die Entwicklung zeigt: Die erfassten Wirbeltierbestände schwinden Indexwerte. Die schattierten Bereiche geben das 95-Prozent-Konfidenzinter- sind schon jetzt die Folgen der Erderhitzung, die in den kommenden seit nunmehr 46 Jahren kontinuierlich, seit 1970 um 68 %. Dass die vall an: 95 % der Populationsgrößen Jahrzehnten noch ihre volle Wucht entfalten wird. Kurve in den vergangenen fünf Jahren etwas abflacht, erklärt sich liegen in diesem Bereich (Bereich: 73 % allein dadurch, dass auch Daten neuer Arten hinzugekommen sind, bis 62 %). Quelle: WWF/ZSL (2020) 2 Es geht nicht mehr nur um die Beseitigung eines Umweltproblems. deren Bestände nicht gefährdet sind. Es geht um die Zukunft unserer Gesellschaften, um die globale Wirt- schaft und um die Vermeidung von Kriegen. Die Arten- und Öko- systemvielfalt ist Voraussetzung für die Nahrungsmittelproduktion Legende und zur Regulierung unseres Klimas, für die Wasserqualität, die 2 Wasserversorgung und den Hochwasserschutz, für die Bestäubung Globaler Living Planet Index von Pflanzen und die Gewinnung von Medikamenten. Wir brauchen Konfidenzintervall die Natur zur Inspiration, zum Lernen und für Innovationen. Sie dient unserer Lebensqualität und kulturellen Entwicklung. Eine Indexwert (1970 = 1) intakte Natur ist von existenzieller Bedeutung für uns alle. 1 - 68% 0 1970 1980 1990 2000 2010 2016 4 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 5
Der Living Planet Index für Gewässer und Feuchtgebiete Der Schwund der kleinen Wesen Die Artenvielfalt in Gewässern und Feuchtgebieten schwindet offen- Insekten dominieren das Tierreich aufgrund ihrer schieren Arten- kundig noch schneller als in Wäldern und Ozeanen. Aufgrund der zahl. Neueste Schätzungen gehen von bis zu 5,5 Millionen Insekten- verfügbaren Daten ist bekannt, dass wir seit 1700 weltweit fast 90 % arten aus. Die meisten davon sind in den Tropen zu Hause.6 In allen Abbildung 3: Schätzungen zur der Feuchtgebiete verloren haben. An Millionen Flusskilometern Landökosystemen spielen sie eine besondere Rolle: Sie bestäuben langfristigen Veränderung haben Menschen Hand angelegt. Das zeigt die Auswertung globaler Pflanzen, regulieren Schädlinge, bearbeiten Böden und versorgen der Anzahl terrestrischer Insekten (Bevölkerungsdichte oder Flusskartierungen. An diesen Eingriffen hat die Artenvielfalt der andere Tiere mit Nahrung. Biomasse) aus 103 von Van Klink et Gewässer enormen Schaden genommen. al. überprüften Studien (2020).7 Drei Nun zeigen Beobachtungen und Langzeitstudien in Westeuropa Viertel der Studien (77/103) stammen aus Europa und Nordamerika, sehr Der Living Planet Index für Gewässer und Feuchtgebiete – mit und Nordamerika einen erstaunlich schnellen und kontinuierlichen wenige aus Afrika (1), Asien (5, ohne 3.741 beobachteten Beständen von 944 Arten von Säugetieren, Rückgang der Insektenzahlen und ihrer Biomasse. Halten die men- Russland und den Nahen Osten) oder Vögeln, Amphibien, Reptilien und Fischen – ist um durchschnittlich schenverursachten Störungen und veränderten Landnutzungen an, Südamerika (3). 84 % gesunken, was einem jährlichen Rückgang von 4 % seit 1970 sind die Insekten auch in anderen Erdteilen bedroht. Abbildung 2. Der Living Planet entspricht. Die meisten Rückgänge sind bei Süßwasseramphibien, Index der Gewässer und Feuchtge Reptilien und Fischen zu beobachten – und zwar in allen Regionen biete zeigt für den Zeitraum zwischen 1970 und 2016 einen Rückgang von der Erde und insbesondere in Lateinamerika und der Karibik. durchschnittlich 84 %. Die weiße Linie zeigt die Indexwerte, und die schat- Die Artenvielfalt wird durch übermäßige Wasserentnahme und tierten Bereiche repräsentieren das -verschmutzung, die Umgestaltung des Flusslaufs, einwandernde, 95-Prozent-Konfidenzintervall: 95 % der Populationsgrößen liegen zwischen 89 % gebietsfremde Arten3 und das Ausbaggern der Flüsse4 massiv bis 77 %. Quelle: WWF/ZSL (2020)5 verringert. 2 Indexwert (1970 = 1) 1 Legende - 84% 0 Living Planet Index für Gewässer und Feuchtgebiete 1970 1980 1990 2000 2010 2016 Legende Konfidenzintervall Trendentwicklung Abnahme Zunahme 6 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 7
LEBENSSTILE IM 21. JAHRHUNDERT Jahr für Jahr überzieht Seit 1970 übersteigt unser ökologischer Fußabdruck die Regenera- tionsfähigkeit der Erde. Dies zerstört unseren Planeten und raubt In den letzten 50 Jahren hat sich die Erde durch Welthandel, Konsum, die Menschheit ihr der Menschheit Zukunftschancen. Bevölkerungswachstum und Urbanisierung massiv verändert. Das alles hat negative Folgen für die Natur, die Artenvielfalt und die Funktionsfähigkeit biologisches Konto Angebot und Nachfrage natürlicher Ressourcen sind auf der Erde ungleich verteilt. Der Ort ihres Verbrauchs ist in der Regel nicht identisch mit dem Gebiet oder Land, in dem die Ressourcen gewon- der Ökosysteme der Erde. nen werden. Ein unterschiedlich großer ökologischer Fußabdruck verweist auf verschiedene Lebensstile und Konsummuster, der Der ökologische Fußabdruck – verbrauchten natürlichen Ressourcen und das Kohlendioxid, das zur was ist das eigentlich? Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen freigesetzt wird. Der Menschliches Wirtschaften braucht länderbezogene ökologische Fußabdruck pro Person illustriert auch, Fläche. Der ökologische Fußabdruck ist die Summe all dieser Flächen, wie stark die Schere zwischen den Ländern des Nordens und des unabhängig davon, wo sie sich befinden. globalen Südens im Ressourcenverbrauch auseinandergeht.10, 11, 12 A. Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Person B. Erzeugung von Biomasse C. Schlüsselgebiete der biologischen Vielfalt Durchschnittlicher %-Satz der Schlüssel- gebiete für Biodiversität unter Schutz 50 30 80 BIP pro Person x 1.000 US$ Millionen Tonnen pro Jahr 70 40 25 60 20 30 50 15 40 20 30 10 20 10 5 10 0 0 0 1970 1980 1990 2000 2010 2017 1970 1980 1990 2000 2010 2017 1970 1980 1990 2000 2010 2018 D. Gesamtbevölkerung E. Stadtbevölkerung F. Kindersterblichkeitsrate Anzahl der Menschen (Milliarden) 8 8 %-Satz der Stadtbevölkerung 250 7 7 pro 1.000 Lebendgeburten 6 6 200 Gestorbene Kinder eines Landes 5 5 150 4 4 3 3 100 2 2 50 1 1 0 0 0 1970 1980 1990 2000 2010 2017 1970 1980 1990 2000 2010 2017 1970 1980 1990 2000 2010 2017 Legende Abbildung 4: In ihrer Entwicklung haben die Länder der Erde seit 1970 Industrieländer verschiedene Richtungen genommen Entwicklungsländer Den geringsten Anstieg des BIP verzeichnen derzeit am wenigsten entwickelte Länder (A). Dem wachsenden Konsum in den mehr entwickelten Ländern steht die wachsen- Legende Am wenigsten entwickelte Länder de Entnahme von Biomasse aus der Natur gegenüber, die größtenteils von Entwick- Welt lungsländern bereitgestellt wird (B). Die meisten Schlüsselgebiete der biologischen > 5 gha/Person Vielfalt sind in den entwickelten Ländern unter Schutz gestellt (C). Am schnellsten 3,5–5 gha/Person ist die Gesamtbevölkerung in den Entwicklungsländern gewachsen (D). Während Abbildung 5: Weltkarte des ökologischen Fußabdrucks des Konsums pro die städtische Bevölkerung in den entwickelten Ländern am zahlreichsten ist, nimmt 2–3,5 gha/Person Person im Jahr 2016 sie am schnellsten in den am wenigsten entwickelten Ländern zu (E). Die Kinder- 1,6–2 gha/Person Der ökologische Fußabdruck pro Person hängt sowohl von der Gesamtbevölkerung sterblichkeit ist weltweit stark zurückgegangen, auch wenn sie die am wenigsten als auch von der Verbrauchsmenge eines Landes ab. Der Verbrauch eines Landes um- < 1,6 gha/Person entwickelten Länder weiterhin vor Herausforderungen stellt (F). Quellen: modifiziert fasst den heimischen ökologischen Fußabdruck zuzüglich seiner Importe aus anderen aus World Bank (2018)8, IPBES (2019).9 Unzureichende Daten Ländern abzüglich Exporte. Aus Global Footprint Network (2020).13 8 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 9
Unsere Meere werden immer stärker belastet Von den seichten Küstengewäs- sern bis in die Tiefsee – unsere URSACHE DER VERÄNDERUNG POTENZIELL NEGATIVE AUSWIRKUNGEN BEISPIELE FÜR ÖKOLOGISCHE FOLGEN Ozeane werden von eine Viel- Übernutzung; ungewollter Beifang von Nicht-Zielarten; Zerstörung des Abnahme der Fischbestände; Umstrukturierung des Ökosystems und Lebensraums am Meeresboden durch Schleppnetzfischerei; illegale, trophische Kaskaden; Abnahme der Körpergröße bei genutzten Fischen; zahl menschlicher Einflüsse belastet, unter anderem durch Fischerei undokumentierte und unregulierte Fischerei (IUU-Fischerei); Fang von lokales und kommerzielles Aussterben von Arten; „Geisternetzfischerei“ Organismen für den Aquarienhandel aufgrund verlorener oder im Meer zurückgelassener Fanggeräte Überfischung, Umweltver- schmutzung und zerstörerische Erwärmung des Wassers; Versauerung der Ozeane; Zunahme von Absterben von Riffen durch Korallenbleiche; Abwanderung von Arten Küstenentwicklung. Die fort- Sauerstoff-Minimum-Zonen im Meer; häufigere Extremwetterereignisse; aus erwärmten Gewässern; Veränderungen von ökologischen Wechsel- schreitende Erderhitzung mit Veränderungen von Meeresströmungen wirkungen und Stoffwechselprozessen; veränderte Wechselwirkungen ihren negativen Effekten auch Klimawandel mit menschlichen Aktivitäten (z. B. Fischerei, Schiffskollisionen), wenn auf marine Ökosysteme tut ihr Organismen ihre Aufenthaltsgebiete ändern; veränderte Ozeanzirkulation Übriges und bereitet den Ozea- und Produktivität; Veränderungen beim Auftreten von Krankheiten und der zeitlichen Abfolge biologischer Prozesse. nen zusätzlichen Stress. Anthropogene Verursacher für Ver- Nährstoffeinträge; Einträge von Schwermetallen, Mikroplastik und Makro- Algenblüten und Fischsterben; Anreicherung von Giftstoffen in der Nah- Kunststoffen rungskette; Verzehr von und Verfangen in Plastikmüll und anderen Abfällen änderungen in marinen Ökosystemen, potenziell negative Auswirkungen und Verschmutzung vom Land Beispiele für ökologische Folgen. Bei der Einschätzung von Auswirkungen des Tiefseebergbaus handelt es sich um Abfallentsorgung; Kraftstofflecks bei Schiffen; Ölverschmutzung durch Off- Toxische Effekte auf die Physiologie mariner Organismen; Unterwasserlärm Projektionen, da diese noch nicht in shore-Plattformen; Unterwasserlärm mit Auswirkungen auf das Verhalten von Meerestieren großem Maßstab betrieben werden. Zu beachten ist, dass die Auswirkungen Meeresverschmutzung einzelner menschlicher Aktivitäten/ Eingriffe von sehr lokal bis global variieren können. Nach IPBES (2019)14 Zerstörung von Lebensräumen; erhöhter Druck auf die lokalen Küsten; Rückgang von Küstenlebensräumen, z. B. für Mangroven oder Seegras- zunehmende Umweltverschmutzung und Müllansammlung wiesen, schmälert die Fähigkeit von Lebensräumen und Organismen, sich Küstenentwicklung und dortigen Referenzen. zu verändern und zu migrieren, um sich an den Klimawandel anzupassen Invasive Arten versehentlich (z. B. durch Ballastwasser) oder absichtlich Invasive Arten können einheimische Arten verdrängen, Ökosysteme eingeführt; mehr klimabedingte Invasionen wahrscheinlich beschädigen und lokales oder globales Artensterben verursachen Invasive gebietsfremde Arten Physische Störung des Meeresbodens; Schaffung künstlicher Lebensraum- Zerstörung lokaler Lebensräume am Meeresboden; Bereitstellung von strukturen Strukturen für Organismen zur Besiedlung und Aggregation Offshore-Infrastruktur Schiffskollisionen; Verschmutzung durch Verklappung Schiffskollisionen potenziell mit Auswirkungen auf die Populationsgröße gefährdeter Meeressäugetiere; Meeresverschmutzung mit physiologischen Schifffahrt und physikalischen Auswirkungen Aquakulturanlagen als künstliche Strukturen im Meer; Verschmutzung Potenzial für Nährstoffansammlungen und Algenblüten, Krankheiten, Anti- Marikultur biotikaeinsatz, Freisetzung eigentlich gefangengehaltener Organismen mit Folgen für das lokale Ökosystem; indirekte Auswirkungen der Fangfischerei (Aquakultur von Meeresorganismen) zur Beschaffung von Fischmehl als Futtermittel für Marikultur-Arten Zerstörung des Meeresbodens, Sediment-Fahnen in der Wassersäule, die Zerstörung von physischen Strukturen (z. B. von Kaltwasserkorallen) und sich letztlich auf dem Meeresboden ablagern; potenzielle Leckagen und der obersten Meeresbodensedimentschichten; Erdrücken/Erstickung von Tiefseebergbau Chemieunfälle; Unterwasserlärmbelastung Organismen durch Ablagerung der Sediment-Fahnen 10 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 11
Stimmen aus aller Welt für einen „Living Planet“ Mathis Wackernagel (Kanada) Präsident und Mitbegründer des Global Footprint Network (GFN) COVID-19 lehrt uns, dass wir uns biologisch gleichen. Prof. Dr. Maja Göpel (Deutschland) Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung Daher sind unsere Schicksale miteinander verflochten. Globale Umweltveränderungen (WBGU), Wissenschaftliche Direktorin The New Institute (ab 1.11.2020) Man schützt andere, indem man sich selbst schützt. Gleiches gilt für Klima und Nachhaltigkeit. Die weltweiten Krisen in Umwelt und Gesellschaft sind kein Zufall. Sie offenbaren, wie wir mit uns und dem Planeten umgehen, auf dem wir leben. Wenn wir diese Krisen meistern wollen, müssen wir uns die Regeln bewusst machen, nach denen wir unser Wirtschaftssystem aufgebaut haben. Erst wenn wir sie erkennen, können wir sie auch verändern – und unsere Freiheit zurückgewinnen. Nana Afadzinu (Ghana) Exekutiv-Direktorin des West Africa Civil Society Institute (WACSI); arbeitet seit 23 Jahren im zivilgesellschaftlichen Sektor Zivilgesellschaftliche Organisationen haben viele positive Sara Constantino (Kolumbien) Veränderungen hin zu einer gerechten Gesellschaft in Westafrika Umweltaktivistin und Social-Media-Influencerin; vorangetrieben. Investitionen in starke Bürgerbewegungen arbeitet mit indigenen Gemeinschaften müssen jetzt an vorderster Stelle stehen, um eine nachhaltige Von den Gemeinschaften, die jeden Tag die Koexistenz und resiliente Zukunft aufzubauen. von Mensch und Natur leben, können wir viel lernen. Wir können lernen, wie man eine wechselseitige Beziehung zur Umwelt pflegt, die für uns sorgt. Johan Rockström (Direktor) und Lila Warszawski (Research Analyst); Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (Europa) Ohne nachhaltigen Umgang mit den globalen Gütern – Ozeane, Luft bis hin zu gesunden Wäldern und bio- Kanyinke Sena (Kenia) logischer Vielfalt – werden planetare und Direktor des Koordinierungsausschusses indigener Völker Afrikas, einem Netzwerk allgemeine menschliche Gesundheit von 135 Organisationen indigener Völker in 22 afrikanischen Ländern unerreichbare Ziele bleiben. Die Anerkennung der Landrechte indigener Völker und damit von 80 % der globalen Biodiversität sollte in den Mittelpunkt der gegenwärtigen und zukünftigen globalen Herausforderungen gestellt werden. 12 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 13
Auswirkungen der Erderhitzung auf die Waldverlust und Erderhitzung – ein Teufelskreis biologische Vielfalt Einflüsse durch die ERDERHITZUNG NEGATIVE AUSWIRKUNGEN POSITIVE AUSWIRKUNGEN Umweltbedingungen passen nicht mehr Anpa Umweltbedingungen passen besser zu den artspezifischen Ansprüchen keit ssu lich ng zu den artspezifischen Ansprüchen find sfä Lebensraumqualität und FOLGEN FÜR ARTEN Lebensraumqualität und Emp higk -verfügbarkeit nehmen ab -verfügbarkeit nehmen zu eit Verhältnis der Arten zueinander Änderungen in der Verbreitung Verhältnis der Arten zueinander verändert sich. schädlich, nützlich und genetische Eigenschaften verändert sich. nützlich, schädlich führen zu einer größeren Gefahr Jahreszyklus der Arten wird gestört des Aussterbens Jahreszyklus der Arten wird begünstigt Anp k eit a ss sfä find li c h ung hig Andere Bedrohungen verschlimmern sich keit E mp Andere Bedrohungen verringern sich Abbildung 6: Wildlebende Arten Noch vor 30 Jahren war von den Auswirkungen der Erderhitzung Verkehrte Welt: Während sich 55 außereuropäische Länder dazu verpflichtet haben, Wälder auf großer sind fünf Einflussfaktoren der auf wild lebende Tier- und Pflanzenarten kaum die Rede, heute Fläche mit Aufforstungsprogrammen wiederherzustellen16, werden Wälder im großen Maßstab weiter Erderhitzung ausgesetzt. Wie machen sie Schlagzeilen. Tatsächlich müssen bis zu einem Fünftel vernichtet. Ein Drittel des Waldes haben wir schon verloren, und jedes Jahr schwinden weitere etwa empfindlich und anpassungsfähig sich eine Art erweist, hängt von den der wild lebenden Arten in diesem Jahrhundert allein wegen der 11 Millionen Hektar. Kein Wunder, dass sich auch die Tierbestände der Wälder seit 1970 im Durch- jeweiligen biologischen Merkmalen ab steigenden Erdtemperaturen um ihr Überleben bangen. Einige der schnitt halbiert haben.17 Das hat weitreichende Folgen – für die Menschen, denen der Wald Heimat ist, sowie von ihrer Lebensweise. Zusam- höchsten Verlustraten werden in den „Hotspots“ der biologischen und für die gesamte Menschheit. men nehmen diese Faktoren Einfluss Vielfalt, in tropischen und subtropischen Regionen, befürchtet. auf den Grad der Bedrohung oder die Wahrscheinlichkeit des Aussterbens Einzelne Arten sind von Veränderungen noch unbetroffen (z. B. Denn mehr als 11 % der gesamten menschengemachten Kohlenstoffemissionen stammen aus Waldzer- der jeweiligen Art; Abbildung nach die Tiefseefische), andere Arten (z. B. die in der Arktis und Tundra) störung und Feuern. Es brennt zudem immer länger. Die Trockenheit hat sich im Amazonasgebiet in Foden, W.B. et al. (2018)15 sind der Erderhitzung schon intensiv ausgesetzt. den letzten 35 Jahren um etwa sechs Wochen verlängert.18 Mit seiner fortgesetzten Zerstörung verwan- delt sich der Amazonaswald vom Kohlenstoffspeicher zur Kohlenstoffquelle. Wissenschaftler sehen den Verschiedene Einflüsse spielen beim Klimawandel eine Rolle, auf Kipppunkt hin zur Selbstaustrocknung erreicht, wenn etwa 25 % dieses Regenwaldes vernichtet sind. die jede Art unterschiedlich reagiert. Geht die Entwaldung im jetzigen Tempo im Gleichschritt mit der Erderhitzung weiter, dann ist dieser Kipppunkt in etwa 15–30 Jahren erreicht. Anstelle des Amazonasregenwaldes würde sich dann eine Savanne ausbreiten. Die Auswirkungen auf das globale Klima und die Artenvielfalt wären verheerend. Ein Teufelskreis! Fazit: Wälder sind unser größter natürlicher Verbündeter im Kampf gegen die Erderhitzung. Wenn wir den Rückgang der biologischen Vielfalt umkehren und die Klimakrise verhindern wollen, müssen wir die Wälder und die dort lebenden Arten schützen! 14 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 15
Schicksalhaft verbunden – gesunder Planet, gesunde Menschen Die Zusammenhänge zwischen einer vielfältigen Natur, intakten Ökosystemen und menschlicher Gesundheit Die wissenschaftliche Erkenntnis ist offenkundig: Die zunehmende Umweltzerstörung macht das Auf- sind immens und werden immer offensichtlicher. Sie reichen von der Erzeugung traditioneller Arzneimittel treten von Zoonosen wahrscheinlicher.24 Mag die Herkunft von COVID-19 noch ungewiss sein, so ist und Pharmazeutika aus Pflanzen bis hin zur Wasserfiltration durch Feuchtgebiete.19, 20, 21 Die Biodiversität hat andererseits gewiss, dass 60 % der neu auftretenden Infektionskrankheiten von Tieren – fast drei Viertel vielfältige positive Wirkungen auf unsere Gesundheit. davon von Wildtieren – ihren Anfang nehmen.25 Katastrophenrisiko Zoonotische Wirt/Reservoir Überträger/ Ansteckung des Haupt-Treiber Landwirtschaftliche Krankheitserreger Zwischenwirt Menschen Biodiversität Vektorübertragene Nahrung Wasserqualität Zoonosen Beispiele für Krankheiten West-Nil-Fieber, Lyme-Borreliose Ernährungs- und Klimawandel Luftqualität Wassersicherheit Vektorübertragene Krank- heit mit zoonotischem Ursprung Beispiele für Krankheiten Malaria, Denguefieber Direkte Übertragung von einem Wirt Traditionelle Beispiele für Krankheiten Medizin Wirkungen Tollwut, Hantavirus-Erkrankung für Gesundheit Krankheitserreger mit Wild- tier- und Haustierreservoir Psychische Gesundheit Nachhaltige Vielfalt an Beispiele für Krankheiten Tröpfchen- Entwicklung Mikroorganismen Vogelgrippe infektion Ökosysteme Paramyxoviren Beispiele für Krankheiten Biomedizin Hendra-Virus, Gehirnentzündung und Pharmazie durch Nipah-Virus Infektionskrankheiten Filoviren Beispiele für Erkrankungen Körper- Ebola, Marburgfieber flüssig- keiten Coronaviren Beispiele für Krankheiten SARS, MERS, COVID-19 Tröpfchen- infektion Landnutzungsänderungen Klimawandel Märkte für lebende Tiere, Intensivierte Jagd, Schlachtung und Verzehr Abbildung 7: Globale Priori Wildtierfarmen und Wildtierhandel Landwirtschaft von Wildtierfleisch täten verbinden: Biodiversität und menschliche Gesundheit – ein Überblick über den Wissens stand. Weltgesundheitsorganisation Abbildung 8: Eine Typologie von zoonotischen Infektionskrankheiten. Sie zeigt sieben Arten der Übertragung von (WHO) und Sekretariat des Überein- Krankheitserregern von Tieren auf Menschen (links) und die Haupt-Treiber (z. B. Landnutzungsänderungen, intensivierte kommens über die biologische Vielfalt Landwirtschaft einschließlich Tierproduktion, Märkte für lebende Tiere, Wildtierfarmen und Wildtierhandel sowie Jagd, (CBD), © 2015 WHO/CBD (eigene Dar- Schlachtung und Verzehr von Wildtierfleisch). Nachgebildete Grafik aus WWF Global Science (2020)23 stellung)22 16 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 17
Biologische Vielfalt sichert die Ernährung Im Jahr 2019 veröffentlichte die Welternährungsorganisation (FAO) den ersten Bericht zum Zustand der weltweiten Artenvielfalt und deren Bedeutung für Ernährung und Landwirtschaft.26 Der Bericht hebt den vielfältigen Nutzen hervor, den die biologische Vielfalt für Ernährung und Landwirtschaft hat. Deutlich wird zudem, dass die Sicherung der Ernährung ohne die Bewahrung natürlicher biologischer Vielfalt langfristig nicht zu haben ist. LEBENSWEISEN ERNÄHRUNGSSICHERHEIT WIDERSTANDSFÄHIGKEIT Abbildung 9: Wie die biologische Vielfalt direkt und indirekt zur Ernährungssicherheit beiträgt. (FAO (2019)27 und andere Quellen) Domestiziert Wildlebend PFLANZEN Biodiversität, die zur Ernährung dient Rund 6.000 Arten, von denen nur 9 Arten für 2/3 der Pflanzenproduktion genutzt werden. Tausende unterschiedliche Pflanzenarten, Varietäten und Sorten (genaue Anzahl unbekannt) – Über 1.160 Wildpflanzenarten werden vom Menschen als Nahrung verwendet rund 5,3 Millionen Proben werden in Genbanken gelagert TIERE Etwa 40 Vogel- und Säugetierarten, von denen 8 Arten Mindestens 2.111 Insekten-, 1.600 Vogel-, 1.110 Säugetier-, 140 Reptilien- und mehr als 95 % der menschlichen Ernährung ausmachen 230 Amphibienarten werden vom Menschen verzehrt Rund 8.800 Zuchtrassen (verschiedene innerartliche Populationen) TIERE UND PFLANZEN DER GEWÄSSER Über 1.800 Arten von Fischen, Krustentieren, Weichtieren, Stachelhäutern, Nesseltiere Fast 700 Arten werden in der Aquakultur verwendet, 10 davon tragen zu 50 % der Produktion bei und Wasserpflanzen, die durch weltumspannende Fischerei geerntet wurden Nur wenige Stämme (verschiedene innerartliche Populationen) 10 Arten/Artengruppen machen 28 % der Produktion aus MIKROORGANISMEN UND PILZE Tausende Arten von Pilzen und Mikroorganismen, die für die Lebensmittelerzeugung essentiell sind, wie z. B. zur Alkoholvergärung, Milchsäuregärung und Herstellung von Milchprodukten. 1.154 Arten und Gattungen essbarer Wildpilze Rund 60 Arten essbarer Pilze werden kommerziell kultiviert Indirekt: Biodiversität - Grundlage für die Lebensmittelproduktion GENE, ARTEN UND ÖKOSYSTEME Ökosysteme wie Grasland, Korallenriffe, Mangroven, andere Feuchtgebiete, Wälder und Tausende Arten von Bestäubern, Bodenverbesserern, natürlichen Feinden von Schädlingen, Stickstoff bindende Weideland, die Lebensräume und andere Ökosystemleistungen für zahlreiche Arten Bakterien und natürliche Verwandte domestizierter Arten bieten, die für die Ernährungssicherheit wichtig sind KURZFASSUNG | 19
Wie wir den Negativtrend umkehren können Der enorme Fortschritt von Computer-Rechenleistung und künstlicher Intelligenz macht es möglich, die Zukunft schon in der Gegenwart zu be- trachten. Mit datengestützten Modellrechnungen lenken wir Verkehrsströme und prognostizieren Wetter und Bevölkerungsentwicklung. Seit 2017 arbeiten Fachleute Auf Grundlage dieses Referenzszenarios wurden sechs Entwick- des WWF und von mehr als lungswege durchgerechnet, um die möglichen Auswirkungen 40 Universitäten in einer Ini- verschiedener Maßnahmen zu untersuchen. Die Biodiversitätskurve verändert sich in jedem Szenario Um den Trend bis 2050 zu ändern und den tiative zusammen, deren Name zu einem anderen Zeitpunkt. Wann und wie hängt davon Verlust biologischer Vielfalt zu minimieren, ab, welche Maßnahmen ergriffen werden. müssen ehrgeizige Naturschutzmaßnahmen zugleich Auftrag ist: „Bending 1. Das Szenario für mehr und besseren Naturschutz umfasst eine mit nachhaltiger Landnutzung und nachhaltigem Werte des Biodiversitätsindikators the curve“. Darin enthalten ist Ausweitung von Schutzgebieten sowie intensive Maßnahmen zur Konsum kombiniert werden (gelbe Kurve). die Forschungsfrage: Wie lässt Wiederherstellung von Ökosystemen. sich der Verlusttrend an bio- logischer Vielfalt stoppen – und 2. Das Szenario einer nachhaltigen Landnutzung berücksichtigt die Indikatorwert 2010 sogar umkehren? Und was muss nachhaltige Produktion von Gütern aus Land-, Forst- und Fische- dafür getan werden? Computer- reiwirtschaft. modelle sollten darauf Antwor- Naturschutzmaßnahmen sind nötig, reichen ten geben. 3. Das Szenario eines nachhaltigen Konsums beinhaltet, weniger aber allein nicht aus, um den Trend entscheidend landwirtschaftliche Produkte zu verschwenden und die Ernäh- zum Positiven zu verändern (grüne Kurve). Dafür standen Szenarien Pate, rung auf einen geringeren Anteil tierischer Kalorien in Ländern mit denen schon der Welt- mit hohem Fleischkonsum umzustellen. klimarat (IPCC) gearbeitet hat und mit denen das Erreichen Darüber hinaus wurden drei Kombinationen durchgespielt: Die biologische Vielfalt nimmt bis 2100 weiter ab, der Nachhaltigkeitsziele der wenn der derzeitige Trend anhält (graue Kurve). Vereinten Nationen bis 2030 1. Die Kombination von besserem Naturschutz und nachhaltiger simuliert wurde. Dabei geht Landnutzung. man von der Annahme aus, dass die menschliche Bevölkerung 2. Die Kombination von besserem Naturschutz mit nachhaltigem 1970 1990 2050 2100 bis 2070 ihren Höchststand von Konsum. 9,4 Milliarden erreicht, dass das Wirtschaftswachstum moderat 3. Die Kombination von drei Szenarien: Besserer Naturschutz, und ungleichmäßig verläuft und nachhaltige Landnutzung und nachhaltiger Konsum (integriertes Abbildung 10: Welche Effekte verschiedene Maßnahmen auf die Szenario sich die Globalisierung fortsetzt. Aktionsprogramm). terrestrische Biodiversität hätten („Bending the curve“), veranschaulicht (Mittelwert über Landnutzungs durch den Biodiversitätsindikator (Mean Species Abundance – MSA) des änderungsmodelle hinweg) Computer-Modells GLOBIO. Nach Leclère et al. (2020)28 Historische Entwicklung Referenzszenario Besserer Naturschutz Integriertes Aktionsprogramm Beginn von Verbesserungen 20 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 21
UND ES GEHT DOCH Mehr Artenschutz und mehr Schutzgebiete sind fundamental wichtig, führen aber nicht allein zur Trendwende. Wir müssen auch die Nahrungsmittelerzeugung und die Konsummuster verändern! Die Untersuchung zeigt, dass es mit mutigen, noch entschlosseneren Maßnahmen möglich ist, die „Kurve zu biegen und zu kriegen“. Und es bleibt richtig: Mehr als alles andere ist verstärkter Arten- und Ökosystemschutz Voraussetzung dafür, den weiteren Verlust an biologischer Vielfalt zu begrenzen und die globalen Trends der biologischen Vielfalt ins Positive zu wenden. Es ist auch offensichtlich, dass nur ein integriertes Vorgehen – gegen die Verursacher! – den Kurswechsel herbeiführen wird. Die Hoffnung ruht also auf ehrgeizigen Schutzanstrengungen verbunden mit nachhaltiger Nahrungsmittelproduktion und einem nachhaltigen Konsumverhalten von uns allen. Quellen/Literatur Alle Quellen, auf die in dieser hier vorliegenden Kurzfassung verwiesen wird, finden Sie in der digitalen Version dieser Veröffentlichung (wwf.de/lpr) verzeichnet. 22 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 23
Fußnoten 0 van Swaay, C. A. M., Dennis, E. B., Schmucki, R., 10 Galli, A., Wackernagel, M., Iha, K., and Lazarus, 19 IPBES. (2019). Summary for policymakers of the 26 FAO. (2019). The state of the world’s biodiversity Sevilleja, C., Balalaikins, M., et al. (2019). The EU E. (2014). Ecological Footprint: Implications for global assessment report on biodiversity and for food and agriculture. Bélanger, J. and Pilling, butterfly indicator for grassland species: 1990- biodiversity. Biological Conservation 173:121-132. ecosystem services of the Intergovernmental D. editors. FAO Commission on Genetic Resources 2017: Technical report. Butterfly Conservation doi: 10.1016/j.biocon.2013.10.019. Science-Policy Platform on Biodiversity and for Food and Agriculture Assessments, Rome. Europe & ABLE/eBMS. . (2017). Making the sustainable development IPBES secretariat, Bonn, Germany. 1 IPBES. (2019). Global assessment report on goals consistent with sustainability. 27 FAO. (2019). The state of the world’s biodiversity biodiversity and ecosystem services of the Frontiers in Energy Research 5 doi: 10.3389/ 20 Atanasov, A. G., Waltenberger, B., Pferschy- for food and agriculture. Bélanger, J. and Pilling, Intergovernmental Science Policy Platform on fenrg.2017.00018. Wenzig, E.-M., Linder, T., Wawrosch, C., D. editors. FAO Commission on Genetic Resources Biodiversity and Ecosystem Services. IPBES et al. (2015). Discovery and resupply of for Food and Agriculture Assessments, Rome. secretariat, Bonn, Germany 12 Wackernagel, M., Lin, D., Evans, M., Hanscom, pharmacologically active plant-derived . 2 WWF/ZSL. (2020). The Living Planet Index oracle: Implications of country resource trends. Advances 33:1582-1614. doi: 10.1016/j. database. . Sustainability 11: Pages 2164. doi: 10.3390/ biotechadv.2015.08.001. 28 Leclère, D., Obersteiner, M., Barrett, M., Butchart, su11072164. S. H. M., Chaudhary, A., et al. (2020). Bending 3 Dudgeon, D., Arthington, A. H., Gessner, 21 Motti, R., Bonanomi, G., Emrick, S., and Lanzotti, the curve of terrestrial biodiversity needs an M. O., Kawabata, Z.-I., Knowler, D. J., et al. 13 Global Footprint Network. (2020). Calculating V. (2019). Traditional herbal remedies used in integrated strategy. Nature. (2006). Freshwater biodiversity: importance, Earth overshoot day 2020: Estimates point women’s health care in Italy: a review. Human threats, status and conservation challenges. to August 22nd. Lin, D., Wambersie, L., Ecology 47:941-972. doi: 10.1007/s10745-019- Biological Reviews 81:163-182. doi: 10.1017/ Wackernagel, M., and Hanscom, P. editors. 00125-4. s1464793105006950. Global Footprint Network, Oakland. . 22 WHO/CBD. (2015). Connecting global priorities: 4 Koehnken, L., Rintoul, M. S., Goichot, M., Tickner, Biodiversity and human health a state of D., Loftus, A.-C., et al. (2020). Impacts of riverine 14 IPBES. (2019). Summary for policymakers of the knowledge review. World Health Organization sand mining on freshwater ecosystems: A review global assessment report on biodiversity and (WHO) and Secretariat of the Convention on of the scientific evidence and guidance for future ecosystem services of the Intergovernmental Biological Diversity (CDB), Geneva . E. S, E. S., Ngo, H. T., Guèze, M., et al. editors. 5 WWF/ZSL. (2020). The Living Planet Index IPBES secretariat, Bonn, Germany 23 WWF Global Science. (2020). Beyond Boundaries: database. . Insights into emerging zoonotic diseases, nature, 15 Foden, W. B., Young, B. E., Akçakaya, H. R., and human well-being. Internal science brief. 6 Martin, T. G., and Watson, J. E. M. (2016). Intact Garcia, R. A., Hoffmann, A. A., et al. (2018). Unpublished ecosystems provide best defence against climate Climate change vulnerability assessment of change. Nature Climate Change 6:122-124. doi: species. WIREs Climate Change 10:e551. doi: 24 United Nations Environment Programme and 10.1038/nclimate2918. 10.1002/wcc.551 and how to break the chain of transmission. Swengel, A. B., Gentile, A., et al. (2020). Meta- Nairobi, Kenya. analysis reveals declines in terrestrial but 16 https://www.bonnchallenge.org/ increases in freshwater insect abundances. 25 Jones, K. E., Patel, N. G., Levy, M. A., Storeygard, Science 368:417-420. doi: 10.1126/science. 17 WWF, 2019: Below the Canopoy. Plotting Global A., Balk, D., et al. (2008). Global trends in aax9931. Trends in Forest Wildlife Populations. Autoren: emerging infectious diseases. Nature 451:990- Elizabeth Green (UNEP-WCMC), Louise McRae 993. doi: 10.1038/nature06536.; Andersen, K. 8 World Bank. (2018). World Bank open data. (ZSL), Mike Harfoot, Samantha Hill, Will G., Rambaut, A., Lipkin, W. I., Holmes, E. C., and . Simonson (UNEP-WCMC), and Will Baldwin- Garry, R. F. (2020). The proximal origin of SARS- Cantello (WWF-UK). ecosystem services of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and 18 WWF, 2020: Fires, Forests and the Future – A Ecosystem Services. Díaz, S., Settele, J., Brondízio Crisis raging out of control? 24 pp. 24 | WWF LIVING PLANET REPORT 2020 KURZFASSUNG | 25
Mehr WWF-Wissen in unserer App. Jetzt herunterladen! Unterstützen Sie den WWF IBAN: DE06 5502 0500 0222 2222 22 WWF ist die beste Umwelt- und Naturschutzorganisation im Transparenzranking 4,4 Spiegel Online und Phineo 11/2016 wwf.de/wirkungstransparenz © Copyright des WWF International ® Warenzeichen des WWF International • Stand: 09/2020 WWF Deutschland Unser Ziel Reinhardtstraße 18 | 10117 Berlin Wir wollen die weltweite Zerstörung der Natur und Umwelt stoppen und eine Tel.: +49 30 311 777-700 Zukunft gestalten, in der Mensch und Natur in Einklang miteinander leben. info@wwf.de | wwf.de
Sie können auch lesen