Aktien sind attraktiv - Lupus alpha

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Aktien sind attraktiv - Lupus alpha
TITEL
14   rendite | Dezember 2021

               Aktien
               sind attraktiv
               Aufgrund drohender geldpolitischer Straffungen und
               der anhaltenden Pandemie könnte das neue Anlage-
               jahr nicht einfach werden. Im Vergleich zu Anleihen
               bleiben Dividendentitel aber erste Wahl.
               Von Werner Rüppel
Aktien sind attraktiv - Lupus alpha
TITEL
                                                                                               rendite | Dezember 2021                    15

A    nleger, die am Aktienmarkt engagiert sind,
     können sich freuen. Denn es geht ein aus-
gezeichnetes Jahr mit Höchstständen für Dax,
                                                      in den USA und in Europa, den Ausblick für 2022.
                                                      So stufen internationale Fondsmanager laut einer
                                                      aktuellen Umfrage der Bank of America die Punkte
S&P 500 und Nasdaq 100 zu Ende. Lediglich China       „überrraschend hohe Inflation“ und „Leitzinserhö-
hat bei Dividendentiteln hoch gesteckte Erwartun-     hung“ als größte Risiken ein. Zu einem ähnlichen
gen 2021 nicht erfüllt. Noch stärker können sich      Ergebnis kommt eine Befragung unter institutio-
aber Anleger freuen, die sich – trotz mancher zwi-    nellen Investoren auf dem Lupus alpha Investment
schenzeitlicher Unkenrufe – langfristig am Aktien-    Fokus in der Alten Oper in Frankfurt. Demnach
markt engagieren. Denn der Wert ihrer Depots hat      sehen mit 68 % die meisten Anleger in „Inflation,
sich massiv gesteigert, befinden sich die Aktien-      Zinsen, Geldpolitik“ die größten Risiken für Inves-
märkte doch seit Frühjahr 2009 im Haussemodus,        toren im kommenden Jahr.
unterbrochen nur durch einen kurzen Coronacrash.
Ähnlich geht es übrigens den Besitzern von anderen    Doch auch wenn Inflation inzwischen wieder ein
Real Assets wie zum Beispiel Wohnimmobilien.          Thema ist, so werden die Notenbanken, nicht zu-
                                                      letzt aufgrund von Beeinträchtigungen durch die
Beim Blick ins neue Jahr tauchen allerdings Risiken   Pandemie, allenfalls äußerst vorsichtig die Geldpo-
auf. Da ist zum einen die Pandemie, die, obwohl       litik straffen. „Das Niedrigzinsumfeld hält an und
jetzt ein Impfstoff da ist, auch in diesem Winter     Unternehmen profitieren von Fiskalprogrammen“,
                                                                                                             Foto: Dilok/Adobe Stock

das öffentliche Leben beeinflusst und zudem die        erklärt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck,
Wirtschaftsaktivität bremst. Zum anderen trübt der    im Interview mit rendite (vergleiche Seite 22). Vor
massive Anstieg der Inflationsrate, insbesondere       diesem Hintergrund stuft er die Chancen            »
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TITEL
 16     rendite | Dezember 2021

als gut ein, dass der 2022 begonnene Bul-                    kamen dann noch eine massive Flutung                  anderem die Gelder der Caritas verwaltet),
lenmarkt Bestand hat. Greil wörtlich: „Vor                   der Märkte mit Liquidität nach dem Aus-               sieht eine weitreichende Reallokation am
allem dürfte es sich 2022 wieder lohnen,                     bruch der Pandemie. Dadurch sind die                  Weltkapitalmarkt. Nur sei es eben nicht
auf Aktien zu setzen.“ Es bleibe bei der                     Bilanzsummen der Notenbanken übrigens                 einfach, diese analytische Erkenntnis in
Parole „Aktien vor Anleihen“.                                sehr stark gewachsen.                                 Handlungen umzusetzen. Die Zinsen wür-
                                                                                                                   den nicht mehr fallen, sie würden höchs-
Auch nach Meinung der Analysten der                          Es regiert der Negativzins                            tens gleich bleiben oder ansteigen. Stra-
DZ Bank werden weiterhin niedrige Zinsen                     Investoren sollten sich dies stets verdeut-           tegisch baut Langs Versorgungskasse Real
sowie die aufgestauten Produktionsauf-                       lichen: In Euroland regiert der Null- und             Assets wie Aktien daher bis ins Jahr 2025
träge die großen Aktienindizes 2022 zu Re-                   Negativzins. Wer zehnjährige Bundesan-                auf 50 % aus. Man komme von 19 % und
korden treiben. Für den Dax erwartet das                     leihen erwirbt und durchhält, der zahlt               liege aktuell bei 36 %.
Finanzinstitut Ende kommenden Jahres                         in jedem Fall drauf. Dies allein nominal,
einen Stand von 18 000 Punkten. Die Party                    real, also nach Inflation, wird der abseh-             Chancen am Anleihemarkt dürfte es 2022
an den Aktienmärkten geht laut Chefanla-                     bare Vermögensverlust noch größer. Anlei-             allenfalls bei ausgewählten höher ver-
gestratege Christian Kahler auch nach dem                    hen erster Güte, wie eben Bunds, sind vor             zinslichen Papieren geben, die aber dann
Jahreswechsel weiter. „Das größte Risiko                     diesem Hintergrund gänzlich unattraktiv.              genau zu analysieren sind. So sieht Greil
für Anleger ist 2022, nicht am Aktienmarkt                   Wird die Zinsstrukturkurve 2022 steiler,              Chancen auf dem asiatischen Hochzins-
investert zu sein“, sagt er.                                 oder auch nur etwas steiler, wie von den              markt, der relativ hohe Spreads biete.
                                                             meisten Analysten erwartet, kommt es bei              „Neben Aktien sind asiatische High Yields
Warum sind Aktien nun für 2022 attraktiv                     Langläufern zu Verlusten. „Insofern bieten            aufgrund von Marktineffizienzen beson-
und Anleihen weniger? Dazu gilt es zu ana-                   sich kürzere Durationen an“, sagt Greil.              ders interessant“, sagt auch Alexander Leis-
lysieren, wo die Kapitalmärkte im zweiten                                                                          ten, Deutschlandchef von Fidelity Interna-
Jahr der Pandemie stehen und wie sich                        Dazu passt auch ein Ergebnis der Lupus-               tional. „US-High-Yield-Anleihen werden
Zinsen und Unternehmensgewinne ent-                          alpha-Umfrage unter großen institutionel-             auch bei steigenden Renditen attraktiv“,
wickeln dürften. Dabei hilft ein Blick auf                   len Investoren: Auf die Frage, in welche              erklärt Andreas Köster, Leiter Portfolioma-
die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen                      Assetklasse sie 2022 stärker investieren              nagement bei Union Investment. „Bei hö-
(vergleiche den Langfristchart auf Seite                     werden, antworteten 0 % Anleihen, aber                herem Wachstum versprechen geringere
17). So haben die Notenbanken in den ver-                    82 % Aktien. Nach Aktien folgten übrigens             Duration und geringe Ausfallraten auch
gangenen Jahren nicht nur die Leitzinsen                     Private Assets mit 39 %, Venture Capital              bei etwas eingeengten Spread-Niveaus
massiv nach unten geschleust, sie haben                      mit 24 % und Liquid Alternatives mit 19 %.            einen auskömmlichen Total Return.“
dadurch sowie durch Anleihenkäufe die                        Oliver Lang, Vorstandsmitglied der Kirchli-
Renditen zehnjähriger Staatsanleihen auf                     chen Zusatzversorgungskasse des Verban-               Doch jetzt zu den Göttern der Märkte, den
nie zuvor gesehene Tiefs gedrückt. Hinzu                     des der Diözesen Deutschlands (die unter              Notenbanken, welche einen maßgeblichen

Ausgewählte aktive Misch- und Aktienfonds
Name                                               ISIN           Kategorie             AuM                   Performance p. a. (%)                Vola     laufende
                                                                                      (Mill. Euro)                                               p. a. (%) Kosten (%)
                                                                                                     1 Jahr    3 Jahre    5 Jahre     10 Jahre
Acatis Gané Value Event Fonds A                    DE000A0X7541 Mischfonds               6 557       15,8        11,9      10,0          9,1      12,9       1,78
BlackRock Global Allocation A2                     LU0072462426   Mischfonds            16 611       18,3        13,9        7,9         9,0      10,3       1,77
Flossbach von Storch Multiple Opp. R               LU0323578657   Mischfonds            26 391       12,7        10,6        7,8         8,8        9,1      1,62
Lupus alpha Smaller German Champs A LU0129233093                  Aktien Nebenwerte        926       35,6        21,7      16,5         17,8      20,5       1,69
DWS Aktien Strategie Deutschland LC                DE0009769869   deutsche Aktien        5 640       32,4        16,7      11,5         15,7      24,8       1,45
Comgest Growth Europe EUR Acc                      IE0004766675   Aktien Europa          5 318       38,8        23,7      17,4         15,1      14,1       1,56
Deka-GlobalChampions CF                            DE000DK0ECU8 Aktien global            3 612       31,8        20,7      14,8         14,1      15,2       1,47
Fidelity World Fund A-Acc-USD                      LU1084165304   Aktien global          4 803       26,8        18,3      12,8            –      16,7       1,89
Metzler Global Equities Sustainability A IE0003723560             Aktien global            281       35,3        26,6      17,8         15,5      17,1       1,90
UniGlobal                                          DE0008491051   Aktien global         12 307       35,8        21,3      15,0         14,3      15,5       1,45
AuM = Assets under Management; p. a. = per annum
Quelle: Morningstar, Stand: 23.11.2021
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Einfluss auf die Kurse von Aktien und An-
leihen haben. Vor dem Hintergrund der         Rendite von 10-jährigen Staatsanleihen
wirtschaftlichen Verwerfungen durch die       in Prozent
Pandemie sowie hoher Staatsschulden            6
werden die Notenbanken äußerst vor-
sichtig und flexibel agieren. Dies, zumal       5
die Notenbaken natürlich wissen, dass
der jüngste Anstieg der Inflationsraten         4

vorwiegend auf Sonderfaktoren beruht.                                                                                      USA
                                               3
Wahrscheinlich ist zunächst einmal ein
langsames, flexibles und berechenbares          2
Zurückführen der sehr üppigen Liquidität.
                                               1
Dass die EZB weiterhin relativ akkomodie-                          Japan
rend bleiben dürfte, legen auch die jüngs-     0
ten Äußerungen ihrer Präsidentin Christi-                                                         Bundesanleihe
                                              -1
ne Lagarde nahe, die die Bedingungen für            2007      2008    2009   2010   2011   2012   2013   2014    2015   2016   2017   2018   2019   2020    2021
höhere Leitzinsen 2022 als nicht gegeben
                                               Quelle: Refinitiv                                                                                       © rendite 2021
sieht. Auch nach Meinung von Stefan
Kreuzkamp, Chefanlagestratege der DWS,
ist in Europa noch keine Zinserhöhung in
Sicht, weder im kommenden Jahr noch          der Bank 4,4 % . DWS-Stratege Kreuzkamp                            rechter „Booster“. Dabei sind die Gewinne
2023. Für die Notenbanken sei die Situati-   beurteilt die Wachstumsaussichten für das                          in diesem Jahr bereits kräftig geklettert.
on herausfordernd und der Weg aus der ex-    kommende Jahr als gut, auch wenn die Dy-                           Vor allem hat das dritte Quartal mit Ge-
trem lockeren Geldpolitik lang. In den USA   namik nachlassen dürfte. „Wir erwarten,                            winnsteigerungen über dem Konsens po-
dürfte die Rückführung der Anleihekäufe      dass die Wirtschaft im kommenden Jahr                              sitiv überrascht, so dass DZ-Bank-Analyst
bis Mitte des Jahres 2022 abgeschlossen      in der Eurozone mit 4,6 % wachsen wird,                            Sven Streibel von einer Berichtssaison „wie
sein, erwartet der DWS-Mann. Die erste       also etwas stärker als in den USA (4,0 %).“                        aus dem (Aktien-)Bilderbuch“ spricht. Das
Zinserhöhung könnte im vierten Quartal       Für China erwartet Kreuzkamp ein reform-                           Wachstum des Quartalsgewinns je Aktie
anstehen. Auch Merck-Finck-Chefstratege      bedingt gebremstes Wachstum von 5,3 %.                             habe in Europa ansehnliche 60,6 % im Ver-
Greil geht von einer ersten Leitzinsserhö-                                                                      gleich zum Vorjahr und in den Vereinigten
hung der Fed frühestens im zweiten Halb-     Vor dem Hintergrund der Zinsdifferenzen                            Staaten 41,5 % betragen. Diese Ergebnisse
jahr 2022 aus. „Wichtig ist, dass die Fed    sowie der im Vergleich zur Fed eher später                         seien insbesondere vor dem Hintergrund
das weiterhin sehr behutsam steuert.“        straffenden Geldpolitik der EZB dürfte der                         der oft diskutierten wirtschaftlichen
                                             Euro sich im kommenden Jahr gegenüber                              Hemmnisse wie Corona-Neuinfektionen,
Im Aufschwung                                dem Dollar weiter abschwächen. Für die                             Rohstoffinflation, Materialknappheit und
Auch wenn die Coronazahlen in Deutsch-       Gewinne der Unternehmen aus dem Euro-                              Lieferengpässen beachtlich und zeigten,
land aktuell wieder massiv steigen, so       raum wäre dies von Vorteil, wie auch die                           dass die Analystengemeinde zu wenig Ver-
dürften weltweit die wirtschaftlichen        jüngste Euroschwäche den Unternehmens-                             trauen in die Widerstandskraft von Old
Beeinträchtigungen durch die Pandemie        gewinnen durchaus zugute kommt.                                    und New Economy hatte und „daher zu
doch zurückgehen. „Negative Auswirkun-                                                                          viel Pessimismus in die Vorhersagen ein-
gen auf die industrielle Produktion sind     Attraktive Bewertung                                               fließen ließ“.
kaum zu erwarten, und auch der Konsum        Für die Assetklasse Aktien sprechen nun
sollte sich weiterhin robust entwickeln“,    in Bezug auf das kommende Jahr insbe-                              Die gute Botschaft für Aktionäre lautet
sagt Greil. Die Konjunktur befindet sich      sondere drei Gründe: Weiter steigende                              nun: Nach dem Gewinnrückgang 2020
im Aufschwung, selbst wenn Probleme bei      Unternehmensgewinne, eine im Vergleich                             und der kräftigen Erholung der Erträge
den Lieferketten diesen vorübergend et-      zu Anleihen relativ attraktive Bewertung                           2021 dürfte es 2022 zu einer weiteren Stei-
was bremsen mag.                             sowie sehr viel nach Anlage heischendes                            gerung der Unternehmensgewinne kom-
                                             Geld, inbesondere vor dem Hintergrund                              men. „Das absolute Niveau der Gewinne
Nach Meinung der DZ Bank kommt für           von Null- und Negativzinsen und eines in                           geht hoch, das ist das Wichtigste“, erklärt
Deutschland nach dem Winterblues kräf-       der Pandemie beträchtlich aufgebauten                              Greil und verweist auf die vollen Auftrags-
tiges Wachstum, wobei die Analysten für      Geldvermögens.                                                     bücher der Industrie. Nach den Schätzun-
2022 mit einem Plus von 4,8 % des Brutto-                                                                       gen von Union Investment dürften die Un-
inlandprodukts rechnen. Für das weltwei-     Für die Aktienmärkte sind die deutlich stei-                       ternehmen 2022 ihre Profite weltweit um
te Wachstum prognostizieren die Experten     genden Unternehmensgewinne ein regel-                              8 % steigern.                                           »
Aktien sind attraktiv - Lupus alpha
TITEL
 18   rendite | Dezember 2021

Nun mögen Aktien vielleicht auf Basis von
Vergleichen mit historischen Kurs-Ge-          Bewertung Aktien in Relation zu Corporate Bonds
winn-Verhältnissen hoch bewertet erschei-      Aufschlag für Aktienrisiken in Prozentpunkten
nen. Solche Vergleiche berücksichtigen
                                               12
aber das jeweilige Zinsniveau nicht und                  Eurozone            USA
lassen auch die zu erwartende Gewinn-          10
dynamik außer Acht. Trotzdem werden              8
solche relativ plumpen Analysen immer
wieder zu Beurteilung von Aktienmärkten          6
herangezogen.                                    4
                                                            Durchschnitt
                                                 2
Aktien insgesamt sind nicht teuer. Im Ver-
gleich zu entsprechenden Unternehmens-           0
anleihen sind insbesondere die Aktien aus      –2
der Eurozone günstig bewertet, wie die
Grafik auf Seite 18 aufzeigt. Nach den Be-      –4
rechnungen der DZ Bank wird der US-Leit-             1996                     2001            2006        2011            2016               2021
index S&P 500 das 20-Fache der Gewinne          Quelle: Refinitiv, UBS, Stand November 2021                                         © rendite 2021
im Jahr 2022 kosten. Dies sei bei Kapital-
marktrenditen von 1,5 % hochattraktiv.

Häufig wird übersehen, dass viele Inves-       Eine Ansicht, die Robert Greil vermutlich              fensiv eingestellt.“ Für Europa sprechen
toren ein großes Interesse an einer hohen     teilt. Er favorisiert für das kommende Jahr            laut Boydak drei Faktoren: „Erstens gibt es
laufenden Verzinsung ihrer Gelder bzw.        qualitativ hochwertige Unternehmen, die                ein größeres Rebound-Potenzial, was die
hohen laufenden Einkünften haben. Auch        Marktführer sind und über Preissetzungs-               Wirtschaftsleistung und die Aktienbewer-
hier überzeugen ausgewählte Aktien im         macht verfügen. Bert Flossbach, Fonds-                 tung angeht. Zweitens wird die EZB auf-
Niedrigzinsumfeld. So bieten zum Beispiel     manager und Gründer von Flossbach von                  grund der hohen Verschuldung der Staa-
im Dax BASF und Allianz eine vergleichs-      Storch, favorisiert für 2022 Aktien von                ten in der Eurozone weiterhin eine sehr
weise üppige Dividendenrendite von 5,4 %      Unternehmen mit robusten Geschäftsmo-                  lockere Geldpolitik verfolgen. Und drittens
bzw. 5,2 % (jeweils 2022 erwartet).           dellen, deren Erträge sich vergleichsweise             sind europäische Aktien in den Portfolios
                                              gut vorhersagen lassen. Auch fokussiert er             vieler Fondsmanager stark untergewich-
Eines ist aber auch wahrscheinlich: Vor       Aktien von wachstumsstarken Unterneh-                  tet, was zu Nachholeffekten führen wird.“
dem Hintergrund der zu erwartenden            men, wenn deren Wachstumspotenzial
Liquiditätsverknappung durch die Noten-       mögliche Risiken deutlich überkompensiert.             Hingegen sieht Greil nach der Korrektur in
banken sowie möglicher Ausreißer bei                                                                 China wieder Chancen. Und Bernd Meyer,
Teuerungsraten sind zwischenzeitliche         Dissens über US-Aktien                                 Chefanlagestratege bei Berenberg, erklärt:
Rückschläge gut möglich. Auch dürften         Nicht einig sind sich Fondsmanager und                 „Chinesische Aktien preisen bereits viel
Unternehmen unter Druck geraten, die          Strategen übrigens darüber, was die at-                Negatives ein. Sie sind attraktiv bewertet
noch keine Gewinne erwirtschaften oder        traktivste Region für Aktieninvestments im             und bieten Erholungspotenzial bei Kon-
die extrem hoch bewertet sind. So ist         kommenden Jahr sein dürfte. Für Merck                  junkturstabilisierung, notfalls dank Stimu-
denn auch Götz Albert, Partner und CIO        Finck sind das die USA. Stratege Greil ver-            li, und einem Abflauen der Regulierungs-
von Lupus alpha, der sonst fast immer zur     weist auf das kräftige Konjunkturwachs-                sorgen.“
Aktienanlage rät, eher vorsichtig ge-         tum infolge von großen Infrastruktur-
stimmt. Der Bullenmarkt sei inzwischen        programmen und erklärt: „Zum starken                   Für Kahler von der DZ Bank bleibt eine
13 Jahre alt und viele Makrothemen wür-       Wachstum kommen dort Aktienrückkäufe                   breite Streuung auf der Aktienseite für
den ihn unruhig werden lassen. Es gelte,      hinzu.“                                                2022 wichtig. Auch Maximilian Kunkel,
verstärkt auf die Fundamentaldaten ein-                                                              Chefanlagestratege der UBS in Deutsch-
zelner Unternehmen zu schauen. Titel,         „US-Aktien sind aus unserer Sicht nach der             land, ist für die globalen Aktienmärkte
die liquiditätssüchtig sind, also Geld ver-   fulminanten Rally der vergangenen Jahre                weiterhin optimistisch und erklärt: „Wir
brennen, sollten Anleger meiden. „Das         sehr teuer geworden“, sagt hingegen Ufuk               bevorzugen Aktien aus der Eurozone, Ja-
ist Dreck, weg damit“, so Albert wörtlich.    Boydak, Fondsmanager und Vorstandsvor-                 pan, US-Mid-Caps sowie Finanz- und Ener-
Hingegen gebe es etliche Werte, die aus       sitzender der Loys AG. „In China sind wir              gietitel.“
eigener Kraft nachhaltig wüchsen. Chan-       derzeit aufgrund der massiven regulatori-
cen gebe es insbesondere im Segment der       schen Eingriffe und den Turbulenzen um                 Im Zuge einer sich weiter erholenden Welt-
Small und Micro Caps.                         den Immobiliengiganten Evergrande de-                  konjunktur könnten sich auch die                »
Aktien sind attraktiv - Lupus alpha
TITEL
                                                                                                                  rendite | Dezember 2021  19

MEINUNG DER EXPERTEN

Was vier Profis für 2022 empfehlen

                                                 Chinesische Aktien preisen bereits viel Negatives ein. Sie sind attraktiv bewertet und
                                                 bieten Erholungspotenzial bei Konjunkturstabilisierung, notfalls dank Stimuli, und einem
                                                 Abflauen der Regulierungssorgen.
                                                 Entspannt sich der Halbleitermangel in der Automobilindustrie, haben Platin und Palla-
                                                 dium Aufholpotenzial. Begrenztes Angebot und niedrige Anlegerpositionierung stützen
                                                 zusätzlich und limitieren die Risiken.
                                                 Chancen bieten Profiteure von Infrastruktur- und Unternehmensinvestitionen angesichts
                                                 steigender Investitionsausgaben der Unternehmen und der staatlichen Investitionspro-
                  Bernd Meyer                    gramme (Energiewende, Coronahilfen).
          Chefanlagestratege Berenberg

Infrastruktur-Aktien profitieren vom grünen und digitalen Strukturwandel. Die staatlichen
Infrastrukturprogramme geben ebenso Rückenwind wie der Inflationsschutz aus der Bin-
dung von Cashflows an die Teuerung.
Industriemetalle wie Kupfer, Aluminium, Nickel und Lithium werden im Zuge der grünen
Transformation für neue Kapazitäten in der Erzeugung, im Transport und der Speicherung
von Strom unverzichtbar.
US-High-Yield-Anleihen werden auch bei steigenden Renditen attraktiv. Bei höherem
Wachstum versprechen geringere Durationen und geringe Ausfallraten auch bei etwas
eingeengten Spread-Niveaus einen auskömmlichen Total Return.                                              Andreas Köster
                                                                                         Leiter Portfoliomanagement Union Investment

                                                 Asien nimmt derzeit viele Dinge vorweg, die anderen Regionen noch bevorstehen. Die
                                                 aktuellen Bewertungen bieten Einstiegschancen und langfristige Trends wie Demografie
                                                 sprechen ohnehin für die Region.
                                                 Aktien werden wegen historisch niedriger Zinsen und zunehmend als Inflationsschutz an
                                                 Relevanz in keiner Weise einbüßen. Neben Aktien sind asiatische High-Yields aufgrund von
                                                 Marktineffizienzen besonders interessant.
                                                 Das gilt ebenso für Immobilien. Speziell Wohn- und Gewerbeimmobilien bleiben ein be-
           Alexander Leisten                     währtes Mittel gegen einen Anstieg des allgemeinen Preisniveaus.
      Deutschlandchef von Fidelity

Aktien von Unternehmen mit robusten Geschäftsmodellen, deren künftige Erträge sich
vergleichsweise gut vorhersagen lassen. Dazu zählen etwa Unternehmen, die Güter dess
täglichen Bedarfs herstellen.
Aktien von wachstumsstarken Unternehmen, deren Wachstumspotenzial mögliche Risi-         i-
                                                                                       e-
ken deutlich überkompensiert. Darunter fallen nicht zuletzt die sogenannten Digitalisie-
rungsgewinner aus dem Tech-Bereich.
                                                                                      ysss-
Gold ist die Versicherung gegen einen Verlust des Vertrauens in das Geld- und Finanzsys-
tem. Die Preisentwicklung sollte auf lange Sicht zumindest die Inflation ausgleichen.                  Bert Flossbach
                                                                                                 Gründer Flossbach von Storch
Aktien sind attraktiv - Lupus alpha
TITEL
 20   rendite | Dezember 2021

INFLATION

Stärkster Anstieg seit über 30 Jahren
Überraschung! Im Oktober                                                                                                             ist nicht zuletzt vom Verlauf
sind die US-Verbraucherpreise                                                                                                        der Pandemie abhängig. Darü-
mit einem Anstieg von 6,2 % im                                                                                                       ber hinaus besteht bei höheren
Vergleich zum Vorjahr so kräf-                                                                                                       Teuerungsraten stets die Ge-
tig gestiegen wie seit 31 Jahren                                                                                                     fahr, dass eine Lohn-Preis-Spi-
nicht mehr. Im Euroraum lag                                                                                                          rale in Gang kommt. Immerhin:
die jährliche Teuerungsrate im                                                                                                       Massiver Lohndruck ist bisher
Oktober bei 4,1 % und in der                                                                                                         nicht auszumachen.
Europäischen Union bei 4,4 %.
Und in Deutschland ist der har-                                                                                                      Die Bundesbank geht davon
monisierte Verbraucherpreis-                                                                                                         aus, dass die deutsche Infla-
index von 4,1 % im September                                                                                                         tionsrate zwar nach und nach
auf 4,6 % im Oktober geklet-                                                                                                         weiter abnehmen dürfte. „Sie
tert. Für November könnte die                                                                                                        könnte aber noch für längere
deutsche Teuerungsrate laut                                                                                                          Zeit deutlich über 3 % bleiben.“
Deutscher Bundesbank sogar                                                                                                           Bei der Kernrate seien Werte
                                                                                                     Foto: Markus Witt/Adobe Stock

knapp 6 % betragen, wovon                                                                                                            beträchtlich über 2 % denkbar.
aber gut eineinhalb Prozent-
punkte auf Sondereffekte                                                                                                             Stefan Kreuzkamp, Chefvolks-
zurückzuführen seien.                                                                                                                wirt der DWS, geht für das
                                                                                                                                     kommende Jahr von einer
Doch warum sind die Teue-               Der massive Anstieg der                                                                      gewissen Entspannung an
rungsraten weltweit so stark            Benzinpreise hierzulande trifft                                                               der Inflationsfront aus: „Die
angestiegen? Vor allem fragen           die Verbraucher und vor allem    hen“, analysiert die Bundes-                                Lieferkettenprobleme dürften
sich Volkswirte und Analys-             weniger Wohlhabende.             bank. Diese Normalisierung                                  2022 allmählich zurückgehen
ten, ob die Inflationsrate bald                                          wird nicht nur die deutsche                                 und damit auch die Inflation,
wieder deutlich zurückgehen                                              Teuerungsrate drücken, son-                                 die allerdings deutlich über
wird oder ob eine dauerhaft        knappes Angebot“, stellt die          dern auch die der Eurozone.                                 dem Niveau vor Ausbruch der
hohe Teuerung droht. Sollte es     Bundesbank in ihrem Monats-           Das weiß natürlich auch die                                 Covid-19-Pandemie bleiben
nämlich zu einem lang anhal-       bericht fest. Hinzugekommen           Europäische Zentralbank.                                    dürfte.“ Konkret erwartet
tenden Preisschub kommen,          sind jetzt noch Störungen in                                                                      Kreuzkamp für die USA eine
müssen die Notenbanken             den Lieferketten aufgrund der         Auch bei den fossilen Energie-                              Teuerungsrate von 2,8 % und
deutlich reagieren, um die         Pandemie, so dass es zu Knapp-        trägern sollte sich der Markt                               für die Eurozone von 2,6 %.
Teuerung abzubremsen.              heiten und Preiserhöhungen            sukzessive normalisieren,
                                   kommt.                                zumindest ist kaum mehr ein                                 Nach Meinung der IKB wird
Im Vorjahr hat die Corona-Pan-                                           massiver Anstieg wie zuletzt zu                             die deutsche Inflationsrate
demie zu einem Einbruch bei        In Deutschland ist noch               erwarten. Allerdings ist es stets                           nach ihren Höchstständen
den Energiepreisen, insbe-         ein spezieller Sonderfaktor           schwierig zu prognostizieren,                               im November und Dezem-
sondere bei Öl, geführt. Dies      zu berücksichtigen. Dieser            wie sich die Energiepreise ent-                             ber Anfang 2022 aufgrund
schlug dann auch weltweit          resultiert aus der im zweiten         wickeln werden. Hinzu kommt,                                fehlender Basiseffekte zwar
auf die Inflationsraten durch.     Halbjahr 2020 vorübergehend           dass der Umbau hin zu einer                                 wieder sinken. Im kommenden
In diesem Jahr verläuft die        gesenkten Mehrwertsteuer.             klimafreundlichen Wirtschaft                                Jahr stünden dann aber wieder
Entwicklung umgekehrt, so          Die Bundesbank beziffert den          auch zu einer höheren Teue-                                 andere Kostentreiber im Fokus,
sind insbesondere die Gas-         daraus entstehenden Basisef-          rung führen kann, zum Beispiel                              wie der Gaspreiseffekt bei den
preise massiv geklettert, doch     fekt auf immerhin eineinviertel       über Steuer- oder Abgabener-                                Endverbrauchern. Insgesamt
hat auch der Ölpreis deutlich      Prozentpunkte. Der Mehrwert-          höhungen für fossile Energie-                               werde eine niedrigere durch-
angezogen. „Auf den Märkten        steuer-Basiseffekt entfällt im        träger. Ob die Lieferketten bald                            schnittliche Inflationsrate
für fossile Energieträger stieß    Januar. „Dann sollte die Infla-       wieder wie gewohnt funktio-                                 immer weniger plausibel.
eine hohe Nachfrage auf ein        tionsrate deutlich zurückge-          nieren, bleibt abzuwarten und                                                   WERNER RÜPPEL
TITEL
                                                                                                                                                            rendite | Dezember 2021   21

Rohstoffmärkte weiter befestigen, zumal
im Niedrigzinsumfeld Real Assets gefragt                      Dax
sein dürften. Ob aber die Energiepreise                       in Punkten
weiter anziehen, bleibt fraglich. Einerseits                  17500
könnten sich hier auch nach dem jüngsten
Anstieg Normalisierungstendenzen ein-                         15000
stellen, doch sind die Öl- und Gasmärkte
auch stark von der Politik beeinflusst (ver-                   12500
gleiche den Artikel zu den Energiepreisen
ab Seite 28).                                                 10000

Eine Hausse des Goldpreises ist derzeit
                                                               7500
kaum auszumachen, Merck-Finck-Chef-
stratege Greil geht für 2022 eher von einer
                                                               5000
Seitwärtstendenz bei Gold aus. Doch soll-
ten Anleger seiner Ansicht nach in einem
                                                               2500
Portfolio aus Diversikationsgründen einen                                2007      2008   2009   2010    2011   2012   2013   2014    2015   2016    2017   2018    2019    2020   2021
Gold-Anteil von rund 5% halten. Auch
                                                               Quelle: Refinitiv                                                                                             © rendite 2021
Flossbach plädiert für einen gewissen An-
teil des Edelmetalls: „Gold ist die Versiche-
rung gegen einen Verlust des Vertrauens in
das Geld- und Finanzsystem.“                                 te Einzelaktien oder Unternehmen, die mit                           derem der Deka-GlobalChampions, der
                                                             Verlust arbeiten, sei ausdrücklich gewarnt.                         Metzler Global Equities Sustainable sowie
Wie sollten Anleger nun für 2022 am bes-                                                                                         der UniGlobal.
ten konkret investieren? Unter der Annah-                    Überzeugende Produkte
me, dass ein gutes Aktienjahr bevorsteht,                    Bei den deutschen Aktienfonds hat der                               Bei den Aktien-ETFs sind einerseits Enga-
am besten breit gestreut, und dies dann                      DWS Aktien Strategie Deutschland lang-                              gements in den weltweiten Aktienmarkt
entweder über einen guten aktienlastigen                     fristig überzeugt, ähnlich wie bei den                              interessant. Doch weisen auch Produkte
Mischfonds, einen guten aktiven Aktien-                      deutschen Nebenwerten der Lupus alpha                               auf den marktbreiten Stoxx Europe 600
fonds oder einen Aktien-ETF. In den bei-                     Smaller German Champs. Auf europä-                                  gute Chancen für das kommende Jahr auf.
den Fondstabellen sind Produkte, die im                      ischer Ebene stellt der Comgest Growth                              Zudem sollte auch der nicht allzu hoch be-
kommenden Jahr chanchenreich sind, auf-                      Europe ein Top-Produkt dar. Bei den glo-                            wertete Dax weiter zulegen. Die Gewinne
geführt. Vor Investments in hoch bewerte-                    balen Aktienfonds überzeugen unter an-                              brummen ja.                             „

Ausgewählte Aktien-ETFs
Name                                          ISIN                         AuM                                  Performance p. a. (%)                         Volatilität      laufende
                                                                         (Mill. Euro)                                                                          p. a. (%)      Kosten (%)
                                                                                                 1 Jahr         3 Jahre        5 Jahre        10 Jahre
Xtrackers Dax ETF 1C                          LU0274211480                      4 374             22,2            12,6               8,0            10,8           20,3            0,09
Deka MDax ETF                                 DE000ETFL441                         758            22,5            15,0           10,9                 –            19,7            0,30
Vanguard Ger. All Cap ETF                     IE00BG143G97                         124            22,0            12,5                –               –            19,8            0,10
iShares Stoxx Europe 600 ETF                  DE0002635307                      6 992             27,6            14,2           10,3               11,2           16,9            0,20
Lyxor Core Stoxx Europe 600 ETF               LU0908500753                      3 341             27,9            14,4           10,4                 –            16,8            0,07
iShares Core MSCI World ETF (Acc)             IE00B4L5Y983                   42 656               35,2            20,4           14,3               15,4           15,9            0,20
Lyxor Core MSCI World                         LU1781541179                      1 348             35,4            20,4                –               –            17,0            0,12
Xtrackers MSCI World ETF                      IE00BJ0KDQ92                      9 418             35,1            20,4           14,2                 –            15,9            0,19
Vanguard FTSE All-World ETF                   IE00B3RBWM25                   11 657               31,6            19,1                –               –            15,4            0,22
UBS MSCI World Socially Resp. ETF             LU0629459743                      4 554             40,8            23,4           16,3               15,7           15,0            0,22
AuM = Assets under Management; p. a. = per annum
Quelle: Morningstar, Stand: 23.11.2021
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