Militärhistorische Geländebesprechung - "Operation Nordwind" am 20. August 2019 - Freundeskreis Zentrum Innere Führung ...

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Militärhistorische Geländebesprechung - "Operation Nordwind" am 20. August 2019 - Freundeskreis Zentrum Innere Führung ...
Militärhistorische Geländebesprechung
            „Operation Nordwind“ am 20. August 2019
                       im nördlichen Elsass

Ein Bericht von Oberstleutnant a.D. August Bauer

Wie in den Vorjahren hatte der Vorstand des Freundeskreises Zentrum Innere
Führung e.V. am 20. August 2019 die Mitglieder des Freundeskreises und
Interessierte im Rahmen der politischen-historischen Weiterbildung zu einer
Geländebesprechung zum Thema „Operation Nordwind“ eingeladen. Mit dieser
Veranstaltung sollte ein besonderes historisches Ereignis auf vielfältige Weise – mit
Hilfe von fachkundigen Experten, Inaugenscheinnahme von Originalschauplätzen,
Gedenkstätten und historischen Museen vor Ort – aufgearbeitet und so den
Teilnehmern ermöglicht werden, sich ihr eigenes Urteil über die Geschehnisse zu
bilden.

Um 7 Uhr starteten 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der Augusta-Kaserne
Richtung Elsass ins Department Bas-Rhin. Da der Referent, Oberstleutnant d.R.
Joachim Schmidt, krankheitsbedingt kurzfristig ausgefallen war, wies zunächst der
Vorsitzende des Freundeskreises, Brigadegeneral a.D. Alois Bach, kurz in die
Planungen und Lage der Alliierten und der Wehrmacht an der Westfront im
Dezember 1944/Januar 1945 ein. Danach trug dankenswerterweise ein Teilnehmer
und ausgewiesener Historiker, Oberstleutnant d.R. Dr. Ralf Hapke, anhand eines
militärhistorischen Essays detailliert zur Lage im Operationsgebiet Elsass, mit
Schwerpunkt Vogesen und Oberrheinische Tiefebene, vor.

Zielsetzung der Operation Nordwind
Die Ardennenoffensive (16. Dezember 1944 bis 21. Januar 1945) war ein letzter
strategischer Versuch der deutschen Wehrmacht, den westalliierten Armeen eine
große Niederlage zuzufügen und den Hafen von Antwerpen zurück zu erobern. Zur
Unterstützung der Ardennenoffensive startete die Wehrmacht mit dem „Unternehmen
Nordwind“ am 31. Dezember 1944 ihre letzte Offensive an der Westfront. Da die
Westalliierten umfangreich Truppen in die Ardennen verlegt hatten, sollte eine
Zangenbewegung die amerikanische Front im Elsass zerreißen, die US-Truppen im
nördlichen Elsass zerschlagen und das für beide Seiten emotional extrem wichtige
Straßburg zurückerobern.

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Verlauf der Operation Nordwind im Einzelnen:

Nachdem die Ardennenoffensive eine Verschiebung größerer Verbände der 3. US-
Armee nach Norden notwendig gemacht hatte, fasste der Stab des Oberbefehls-
habers West, Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, den Entschluss, die damit
entstandene Schwächung des Gegners im Elsass auszunutzen. Durch die Räumung
der amerikanischen Brückenköpfe an der Saar zuversichtlich gestimmt, befahl von
Rundstedt dem Oberkommando der Heeresgruppe G - Generaloberst Johannes
Blaskowitz - am 21. Dezember 1944, örtliche Vorstöße einzuleiten und Vorkehrungen
für einen Angriff zur Rückeroberung der Zaberner Steige zu treffen.

Mit der Zaberner Steige zwischen Pfalzburg und Zabern sollten die Verbindungslinien
der im nördlichen Elsass stehenden alliierten Kräfte abgeschnitten und Letztere
zerschlagen werden. Anschließend sollte durch einen Vorstoß nach Süden die
Verbindung zur 19. Armee hergestellt werden. Zu diesem Zweck wurden im Bereich
der 1. Armee unter General der Infanterie Hans von Obstfelder zwei Stoßgruppen
gebildet. Die erste – bestehend aus dem XIII. SS-Armeekorps – sollte östlich
der Blies die alliierten Linien bei Rohrbach durchbrechen und dann gemeinsam mit
der zweiten Gruppe in Richtung Pfalzburg antreten. Die zweite Gruppe – bestehend
aus dem LXXXX. Armeekorps – sollte aus dem Raum östlich von Bitsch in mehreren
Stoßkeilen angreifen und danach mit der ersten Gruppe zusammenwirken. Je nach
Entwicklung der Lage sollte die Offensive dann entweder ostwärts oder westlich der
Vogesen in Richtung der Linie Pfalzburg–Zabern erfolgen.

Um einen Durchbruch ausnutzen zu können, wurden die 25. Panzergrenadier-
Division sowie die 21. Panzer-Division in Armee-Reserve gehalten. In der offiziellen
Sprachregelung vom 25. Dezember 1944 wurde der Operation der Deckname
„Unternehmen Nordwind“ zugewiesen.

In die Planungen war am 23. Dezember 1944 auch die südliche Heeresgruppe
Oberrhein einbezogen worden, die unter dem Oberbefehl des Reichsführers SS –
Heinrich Himmler – stand. Sie sollte zunächst durch Stoßtruppunternehmen und
Bildung von Brückenköpfen über den Rhein nördlich und südlich von Straßburg die
gegnerischen Kräfte dort binden, um später die gegnerische Front nördlich von
Straßburg zu durchbrechen und die Westalliierten im nördlichen Elsass einzukesseln
und zu zerschlagen. Zeitweilig wurde auch erwogen, mit Teilen der 19. Armee auf
Molsheim westlich von Straßburg vorzustoßen, wodurch auch die zweite, kleinere
Verbindungslinie der Alliierten im südlichen Elsass gekappt worden wäre. Hitler legte
am 27. Dezember 1944 den Beginn der Offensive auf den 31. Dezember 23:00 Uhr
fest.

Angriff am Vogesenkamm, 1. bis 6. Januar
Die Offensive, die von den Alliierten wegen schlechten Wetters nur ansatz-
weise aufgeklärt wurde, begann ohne Artillerievorbereitung als Überraschungsangriff
in den letzten Abendstunden des 31. Dezembers 1944.

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Der Angriff der Sturmgruppe 1 stieß auf die tiefgestaffelte Verteidigung der 44. und
der 100. US-Infanteriedivision und blieb mit Ausnahme eines drei Kilometer tiefen
Einbruches im Raum Bliesbrücken-Rimlingen liegen. Nachdem deutsche
Angriffsspitzen am 3. Januar Großrederchingen genommen hatten und zeitweilig bis
zur Ortschaft Achen durchgebrochen waren, kam dieser Angriff am 5. Januar
endgültig zum Stehen.
Der Angriff der Sturmgruppe 2 war deutlich erfolgreicher. Der bergige und
bewaldete Geländeabschnitt in den Vogesen wurde lediglich von der „Task Force
Hudelson“ gehalten, die den angreifenden deutschen Kräften wenig
entgegenzusetzen hatte. Nachteilig auf deutscher Seite wirkte sich dort aber die
unterbliebene Aufklärung aus, wodurch die angreifenden Verbände orientierungslos
waren. Nur die 361. Volksgrenadier-Division, die vor wenigen Wochen dort noch in
Rückzugskämpfe verwickelt gewesen war, gewann dank ihrer Kenntnisse des
Geländes am meisten Raum. Innerhalb der nächsten vier Tage kam die
Sturmgruppe 2 immerhin 16 Kilometer voran.
Die Lageentwicklung bewog Blaskowitz und Obstfelder dazu, die Anfangserfolge der
Sturmgruppe 2 zu nutzen und die gerade aus Norwegen herangeführte 6. SS-
Gebirgs-Division „Nord“ einzusetzen. Dieser Verband, der den höchsten Gefechts-
wert aller deutschen Divisionen dieses Frontabschnittes aufwies, trat über die 257.
und 361. Volksgrenadier-Division auf Wingen und Wimmenau an. In den
Morgenstunden des 4. Januar besetzten zwei Bataillone dieser Division Wingen und
überrannten dabei einen amerikanischen Bataillonsgefechtsstand. Wegen fehlender
Fernmeldeverbindungen konnten sie jedoch keine Verstärkungen anfordern.

Amerikanische Gegenangriffe scheiterten zunächst, denn sie waren anfangs darauf
ausgerichtet, lediglich schwache deutsche Kräfte aus Wingen zu werfen. Da jedoch
kein Unterstützungsangriff seitens der 19. Armee/Heeresgruppe Oberrhein erfolgte,
konnten die Amerikaner Kräfte aus Frontabschnitten am Oberrhein abziehen und zu
weiteren Gegenangriffen auf Wingen ansetzen. Als der amerikanische Druck
übermächtig wurde, setzten sich die mittlerweile abgekämpften deutschen Bataillone
in der Nacht vom 6. zum 7. Januar aus Wingen ab.

Straßburger Kontroverse
Die unklare Situation hinsichtlich des von Eisenhower angedachten Rückzugs der
alliierten Kräfte hinter die Vogesen, um den deutschen Angriff ins Leere laufen zu
lassen und unnötige eigene Verluste zu vermeiden, begann während des Angriffes
auf Zabern politische Kreise zu ziehen. Nach den ersten Befehlen protestierte de
Gaulle in einem Brief. Hintergrund der französischen Haltung war vor allem die
jüngere Geschichte des Elsass als Zankapfel zwischen Deutschland und Frankreich.
Vor allem die dabei vorgesehene Aufgabe Straßburgs besaß bei den Franzosen
einen Stellenwert, der nur von der Hauptstadt Paris übertroffen wurde.

Außerdem wurde befürchtet, dass eine erneute deutsche Besetzung Repressalien
gegen diejenigen Teile der Bevölkerung nach sich ziehen würde, die nach der
Einnahme durch die Alliierten am 23. November 1944 offen ihre Loyalität gegenüber
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Frankreich gezeigt hatten. De Gaulle nahm auch Verbindung mit Roosevelt und
Churchill auf und bestellte Eisenhower am 3. Januar zu einem Gespräch nach Paris,
wo Churchill als Mediator fungierte. De Gaulle bezeichnete Eisenhowers
Entscheidung als nationale Katastrophe, wohingegen Eisenhower an seiner
Entscheidung zunächst festhielt und der französischen 1. Armee die Schuld gab, da
sie     bei   der   Zerschlagung    des deutschen    Brückenkopf   Elsass versagt
habe.https://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen_Nordwind - cite_note-zaloga53-
32 Letztlich akzeptierte Eisenhower die französischen Bedenken und ließ die
alliierten Absetzbewegungen stoppen.

Kämpfe in der Oberrheinebene
Nach der Räumung Wingens gab das OKW den Angriff im Zuge der Vogesen, bezie-
hungsweise westlich davon, auf und verlagerte den Schwerpunkt. Die ursprüngliche
Absicht der Heeresgruppe G, den Angriff nunmehr mit gepanzerten Kräften am Ost-
rand der Vogesen über das Zwischenziel Rothbach westlich Hagenau zu führen,
wurde wegen der Lageentwicklung im Frontabschnitt der 19. Armee zugunsten eines
Angriffes unmittelbar in der Oberrheinebene ostwärts von Hagenau aufgegeben.

Neuer Brückenkopf bei Gambsheim, 5. bis 10. Januar
Noch während des Angriffs der Sturmgruppe 2 auf Wingen gelang der
553. Volksgrenadier-Division,     die    der    19. Armee       unterstellt   war,
https://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen_Nordwind - cite_note-34in der Nacht vom
4. auf den 5. Januar mit Sturmbooten der Übergang über den Rhein und die Bildung
eines Brückenkopfes bei Gambsheim.
Die Bedrohung aus diesem Brückenkopf wurde von den Alliierten als so gering
eingeschätzt, dass sie die nächsten drei Tage keinen Versuch zur Abriegelung

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unternahmen. Erst am 8. Januar wurden Teile der 12. US-Panzerdivision auf den
Brückenkopf angesetzt, gegen vermeintlich nur 500 bis 800 unorganisierte deutsche
Infanteristen. Tatsächlich befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits 3.330 deutsche
Soldaten, verstärkt durch Panzerabwehrkanonen, in gut ausgebauten Stellungen im
Brückenkopf. Zwar gelang es den Amerikanern, mit Infanteriekräften in Herlisheim
einzudringen, da jedoch die amerikanischen Panzer von den deutschen
Panzerabwehrkanonen in Schach gehalten werden konnten und zudem die
Funkverbindung zur Infanterie abriss, räumten Letztere in den Morgenstunden des
10. Januar wieder Herlisheim.
Unternehmen Sonnenwende, 8. bis 12. Januar
Die eigentliche Unterstützung der 19. Armee bestand in einem Angriff
(Deckname Unternehmen Sonnenwende) ab 8. Januar 1945 zwischen Rhein
und Ill aus dem Brückenkopf Elsass auf Straßburg. Der betreffende Frontabschnitt
war kurz zuvor von den Amerikanern an die 1. Französische Armee übergeben
worden. Den deutschen Verbänden gelang es, sämtliche südöstlich der
Ill eingesetzten französischen Kräfte zurückzuwerfen und so das Dreieck zwischen Ill
und Rhein wieder unter Kontrolle zu bringen.
Hierbei wurden drei französische Kampfgruppen in Bataillonsstärke abgeschnitten
und bis zum 13. Januar vernichtet. Gleichwohl gelang es den französischen Kräften,
an der Ill im Zuge der Ortschaften Benfeld, Erstein und Kraft den deutschen Angriff
am 12. Januar aufzufangen und zum Stehen zu bringen. Das eigentliche Ziel der
Deutschen, die Einnahme Straßburgs, wurde nicht erreicht.
Kämpfe um Hatten-Rittershofen, 8. bis 20. Januar
Die in der nordöstlichen Ecke des Elsass eingesetzten amerikanischen Streitkräfte
hatten in Umsetzung des Rückzugsbefehls von Eisenhower bereits in den ersten
Januartagen den Raum an der Lauter geräumt und somit Reipertsweiler und
Weißenburg aufgegeben. Nach der Intervention de Gaulles bezogen sie an der
Maginot-Linie die erste der geplanten Auffangstellungen. Lediglich im
Raum Hatten gelang es der 21. Panzer-Division und der 25. Panzergrenadier-
Division am 8. Januar über die Maginot-Linie hinaus vorzustoßen. Absicht der
deutschen Kräfte war es nunmehr, über Hatten auf Hagenau vorzustoßen und sich
im Raum Bischweiler mit den aus dem Brückenkopf Gambsheim entgegenstoßenden
Kräften zu treffen, das VI. US-Korps im Raum Sufflenheim einzuschließen und es
dann zu vernichten.https://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen_Nordwind - cite_note-
40 Zumindest sollten die alliierten Kräfte hier frontal gebunden werden, damit die am
Vogesenkamm stehende Sturmgruppe 2 und die im Brückenkopf Gambsheim
stehenden Kräfte – verstärkt durch Reserven – auf Hagenau vorstoßen und somit
das VI. US-Korps einschließen konnten.
In der Folge wechselten Teile von Hatten und des benachbarten Rittershofen in
erbitterten Kämpfen immer wieder den Besitzer, wobei weder Amerikaner noch
Deutsche die Oberhand gewinnen konnten, obwohl Letztere vom 11. bis zum
15. Januar Verstärkung durch die 7. Fallschirmjäger-Division erhielten. Auch die

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Zivilbevölkerung hatte hohe Verluste zu beklagen, da sie von den Amerikanern nicht
evakuiert worden war.
Zeitgleiche Versuche, den ursprünglichen Angriff der Sturmgruppe 2 auf Zabern
wieder vorzutragen, scheiterten, wenn auch der 6. SS-Gebirgs-Division „Nord“ am
16. Januar die Einschließung und Zerschlagung einer amerikanischen Kampfgruppe
gelang. Unterdessen gelang es der 7. Fallschirmjäger-Division, sich am linken
Rheinufer den Weg bis zum Brückenkopf Gambsheim freizukämpfen und so eine
Landverbindung herzustellen.
Patt bei Herlisheim, 16. bis 21. Januar
Da am 10. Januar der Versuch von Combat Command B, den Brückenkopf von
Gambsheim einzudrücken, gescheitert war, setzte der Kommandeur des VI. US-
Korps am 13. Januar die gesamte 12. US-Division dort ein, die am 16. Januar erneut
antrat. Auch diesmal gelang es dem Combat Command B, in Herlisheim
einzudringen, doch die Geländegewinne gingen durch einen deutschen Gegenangriff
wieder verloren. Von den Amerikanern unbemerkt, war in der Nacht vom 15. zum
16. Januar die 10. SS-Panzer-Division mit Fähren über den Oberrhein gesetzt.
Geplant war ein Ausbruch aus dem Brückenkopf für den 17. Januar. Dieser Angriff
lief planmäßig vor dem Morgengrauen an und mündete in einem
unentschiedenen Begegnungsgefecht mit dem ebenfalls angreifenden Combat
Command A. Auch ein Versuch von Combat Command B, Herlisheim nördlich zu
umgehen, schlug fehl.
Am 18. Januar gelang es der zur 10. SS-Panzer-Division gehörenden 3./SS-
Panzerabteilung 10, ein in Herlisheim eingedrungenes US-Panzerbataillon zu
zerschlagen, hierbei zehn Sherman-Panzer zu erbeuten und ein ebenfalls dort
eingesetztes US-Infanteriebataillon aufzureiben. Am 19. Januar gelang bei
Drusenheim die Zerschlagung eines weiteren, der 79. US-Infanteriedivision
angehörenden Bataillons. Die 3. Französische Infanteriedivision dagegen wies vom
17. bis zum 21. Januar Angriffe der 10. SS-Panzer-Division auf Kilstedt blutig ab.
US-Rückzug hinter die Moder, 20. und 21. Januar
Trotz der Abwehrerfolge der Franzosen bei Kilstedt bestand die Gefahr, dass die
10. SS-Panzer-Division weiter nördlich aus dem Brückenkopf ausbrechen würde, wo
sie gerade drei amerikanische Bataillone zerschlagen beziehungsweise aufgerieben
hatte. Mit einem Vorstoß aus dem Raum Drusenheim nach Westen im Zuge des
nördlichen Moderufers hätte sie die amerikanische Front bei Hatten und Rittershofen
aus den Angeln heben können. Die Gefahr eines erneuten Angriffs der
Sturmgruppe 2 sowie der kräftezehrende Kampf um Hatten und Rittershofen
vervollständigte ein Lagebild, wonach der Frontbogen des VI. US-Korps langsam
unhaltbar wurde. Es gelang, das Einverständnis für einen Rückzug zu erwirken, mit
dem das Korps am Südufer von Rotbach, Moder und Zorn im Zuge einer deutlich
verkürzten Frontlinie die zweite Auffangstellung beziehen konnte.
Die Absetzbewegung begann in der Nacht vom 20. auf den 21. Januar und wurde
durch schlechtes Wetter begünstigt; deutsche Truppen bemerkten den Rückzug erst,

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als er bereits erfolgt war. Sie drängten am 22. Januar nach und erweiterten die
Landverbindung zum Brückenkopf Gambsheim.
Nachdrängen deutscher Kräfte bis zum 25. Januar
Der Rückzug der alliierten Kräfte führte zur Preisgabe von großen Abschnitten
der Maginot-Linie. Deutsche Kräfte waren damit ihrem Operationsziel Zabern so nah
wie noch nie. Daher bestand unverändert die deutsche Absicht, auf Zabern
vorzustoßen. In der Nacht vom 24. auf den 25. Januar traten Teile von drei
deutschen Divisionen im Raum zwischen Neuburg und Schweighausen an, wurden
jedoch nach Anfangserfolgen zurückgeschlagen. Ebenfalls am 25. Januar wurden
Angriffe der 6. SS-Gebirgs-Division “Nord“ auf Bischholz und Schillersdorf
abgewehrt.
Zu diesem Zeitpunkt war angesichts des Zusammenbruchs der deutschen Ostfront
eine Fortsetzung der Angriffe nicht mehr möglich. Die letzte Offensive an der
Westfront – das „Unternehmen Nordwind“ – wurde am 25. Januar 1945 eingestellt,
die noch vorhandenen, zum Teil jedoch erheblich angeschlagenen deutschen
Reserven (21. Panzer-Division, 25. Panzergrenadier-Division, 10. SS-Panzer-
division) wurden herausgezogen und an die Ostfront verlegt.
Fazit der Operation Nordwind:
Nach dem Abschluss der Offensive hielten deutsche Kräfte wieder rund 40 Prozent
des Elsass besetzt. Als taktische Erfolge konnten sie eine Verkürzung der Front und
im Vergleich zu den Alliierten geringere Verluste verbuchen. Strategische Erfolge
blieben ihnen jedoch versagt; eine Zerschlagung nennenswerter alliierter Kräfte
gelang ihnen ebenso wenig wie die Einnahme Straßburgs.
Durch das Ausweichen hinter die Moder verschafften sich die alliierten Kräfte sogar
die Handlungsfreiheit für einen Angriff auf den Brückenkopf Elsass, der zur
Zerschlagung mehrerer deutscher Divisionen in den Vogesen und zur Beseitigung
eben dieses Brückenkopfes am 9. Februar 1945 führte. In diesem Zeitraum wurden
auch Teile des ehemaligen Gambsheimer Brückenkopfes zurückerobert, während
das Gebiet zwischen Moder und den deutschen Ausgangsstellungen erst im März
1945 von deutschen Truppen geräumt wurde.
Strategisch gesehen band das Unternehmen Nordwind – ähnlich wie in den
Ardennen – erhebliche deutsche Kräfte, die angesichts des Zusammenbruches der
Ostfront dort      sehr        viel      dringender        benötigt      worden
wärenhttps://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmen_Nordwind - cite_note-65. Nordwind
wurde erst zu einem Zeitpunkt abgebrochen, als die Rote Armee bereits die Hälfte
von Ostpreußen überrannthttps://de.wikipedia.org/wiki/Ostpreu%C3%9Fische_Opera
tion_(1945) und Posen eingeschlossen hatte. Diese Lageentwicklung konnte auch
durch die Verlegung der vormals im Elsass eingesetzten Divisionen nicht mehr
rückgängig gemacht werden.
Sämtliche taktische Erfolge hätten durch Räumung des Brückenkopfes Elsass zu
einem deutlich geringeren Preis erkauft werden können. Die erbitterten Kämpfe
vermochten am Ausgang des Krieges nichts zu ändern. Sie erhielten jedoch auch
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nach dem Scheitern der Ardennenoffensive bei den Westalliierten den Eindruck
aufrecht, das Dritte Reich sei noch nicht am Ende seiner Kräfte. (Weitere
Einzelheiten und Hinweise auf weiterführende Literatur sind unter dem Stichwort
„Unternehmen Nordwind“ bei Wikipedia zu finden)
                 Führung durch das Fort Schoenenbourg
(die bedeutendste Befestigung der Maginotlinie im nördlichen Elsass, die zum
Zeitpunkt von Nordwind von US-Kräften verteidigt wurde):

Kurz nach 10 Uhr trafen wir im Fort Schoenenbourg ein, wo uns der Präsident des
Freundeskreises der Maginotlinie im Elsass, Herr Marc Halter, persönlich in die
Entstehungsgeschichte der Maginotlinie, ihre Aufgabenstellung (vor allem
Vermeidung eines Überraschungsangriffes, Sicherstellung eines Zeitfensters von 2-3
Wochen für die Mobilmachung, Kräfteersparnis und Ausgleich von Geburtenausfällen
infolge des I. Weltkrieges, Schutz von Elsass-Lothringen) und deren Erfüllungsgrad
einwies.
Angesichts der historischen Fakten war sein Fazit, dass die Maginotlinie die ihr
gestellten Aufgaben erfüllt habe: Ein Überraschungsangriff fand nicht statt, die
Mobilmachung konnte ungestört erfolgen. Elsass-Lothringen wurde geschützt und
Hitler gezwungen, die Neutralität Belgiens zu verletzten, was letztlich insbesondere
England zur Unterstützung bewog. Die Gründe, warum im Schutze der Maginotlinie
keine „ernsthaften“ Gegenoffensiven gegen die durch die Ardennen vorstoßende
Wehrmacht unternommen wurden, müssten aus seiner Sicht im Bereich des
französischen Oberkommandos und der Politik in Paris gesucht werden.
Anschließend führte uns Marc Halter gut zwei Stunden durch die unterirdischen
Festungsteile der Ouvrage de Schoenenbourg (dt. Artilleriewerk Schoenenbourg,
franz. auch Fort de Schoenenbourg).

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Die Ouvrage de Schoenenbourg war eine von Festungen, die im Juni 1940 am
meisten kämpften und umkämpft waren. Vom 3. September 1939 bis zum 25. Juni
1940 schoss sie 15.792 Granaten vom Kaliber 75 mm und 682 vom Kaliber 81 mm
ab. Das waren zusammen 16.474 Granaten in 10 Monaten, davon 13.388 in 10
Tagen (vom 14. bis 25. Juni), darunter waren 723 Granaten vom Kaliber 120 mm.

In dieser Zeit erhielt das Werk 56 Treffer von 420-mm-Granaten, 33 von 280-mm-
Granaten, 160 von Fliegerbomben (Stukas) und 3.000 von Granaten von 105 oder
150 mm. Trotz aller Einschläge nahm die Festung kaum Schaden, nur wenige
Ausfälle waren zu beklagen. Keine der Waffen wurde beschädigt und die Verteidiger
konnten das Feuer erwidern. Bis zum Waffenstillstand blieb die Abwehr erfolgreich
und die Besatzung ergab sich nicht. Erst sechs Tage später, auf schriftlichen Befehl
des französischen Oberkommandos, räumte sie die Festung.

Bei der Führung von Marc Halter waren besonders die Technischen Einzelheiten
eindrucksvoll und die belastende und bedrückende Atmosphäre 30 Meter unter der
Erdoberfläche. So durften die Soldaten der Besatzung in ruhigen Zeiten nur eine
Stunde täglich ans Tageslicht. Aber vor allem die mit der Festung verknüpfte
Geschichte seiner eigenen Familie (sein Vater war Festungssoldat) machte die
Führung zu einem besonderen Erlebnis. (Weitere Informationen - Stichwort
„Ouvrage de Schoenenbourg“ bei Wikipedia)
Wie sich bei der Erkundung herausgestellt hatte, waren in Frankreich noch
Schulferien. Deshalb blieben viele Restaurants geschlossen oder die geöffneten
waren unverhältnismäßig teuer. Deshalb hatten die Organisatoren beschlossen, nach
der Besichtigung von Fort Schoenenbourg anstelle eines Mittagessens ein Picknick
vorzubereiten.
So tafelten wir auf dem Vorplatz des Forts an Biertischen der Festung mit Baguette,
Schinken, Wurst und Ei; mit Radieschen, Erdbeeren und Joghurt; mit Getränken von
Wasser über Saft, Bier bis zum Wein und schlossen mit Käse oder Kuchen ab.
Ich glaube, ich spreche für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer: Großer Dank
gebührt Fregattenkapitän a.D. Harry Burkhardt und Oberst a.D. Peter Gerhard für die
Idee und die Durchführung – es hat uns allen hervorragend geschmeckt.
Wegen des Ausfalls des Referenten wurde der Punkt „Geländeeinweisung zur
Panzerschlacht von Rittershofen-Hatten“ verkürzt und beschränkte sich auf den
Besuch der dortigen Gedenkstätte, wo der zivilen und militärischen Opfer der
dortigen Panzerschlacht gedacht wurde.

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Im rd. 12 Tage andauernden Kampf wurden beide Ortschaften zu 85% zerstört und
116 Einwohner getötet. Die deutschen Verluste werden mit fast 700 Toten und über
1.000 Verwundeten angegeben, die der Amerikaner mit 104 Toten, 899 Verwundeten
und 112 Vermissten. 1986 reichten sich an diesem Mahnmal erstmals Veteranen
dieser Schlacht die Hände.
Die Fahrt durch das damalige Gefechtsfeld vermittelte allen Teilnehmern einen guten
Eindruck von Gelände, Bebauung und der Vor- und Nachteile für die dort
eingesetzten Truppen.

Danach ging es in die Rheinebene nach La Wantzenau, etwa 12 Km nördlich von
Straßburg, zum Besuch einer der größten privaten Sammlungen von Militärmaterial/-
gerät aus der Zeit des II. Weltkrieges, um die historischen Abläufe mit „Hardware“ zu
hinterlegen. Auch hier war die Führung geprägt durch die persönlichen Erlebnisse,
Erfahrungen und Geschichten aus der Familie unseres Museumsführers und aus
seinem persönlichen Umfeld in der Region; Erzählungen, die länger haften bleiben
als der alleinige Blick auf die Exponate.
Der MM Park France (Musée Militaire Park France) ist ein Militärmuseum mit dem
Ausstellungsschwerpunkt Zweiter Weltkrieg. Das Museum enthält die Fahrzeug-
Waffen- und Uniformensammlung des Gründers und Leiters, Eric Kauffmann, die
eine der größten in Europa ist, sowie die thematische Sammlung Sussex 1944 von
Dominique Soulier, die sich früher im Musée du Pays de la Zorn in
Hochfelden befand.
Der MM Park France wurde am 1. März 2017 eröffnet, um die Sammlung seines
Vaters, der die Originalfahrzeuge auch zur Verwendung in Filmproduktionen zur
Verfügung stellte, an einem Platz zusammenzubringen. Eric Kauffmann reiste viel,
geschäftlich und privat, um beispielsweise aus Russland einen historischen
sowjetischen Panzer mitzubringen.
Der MM Park France ist mit 7.000 Quadratmetern eines der größten Militärmuseen
Europas. Es verfügt über mehr als 120 Fahrzeuge und Geräte, ein
Schulungsflugzeug, einen rekonstruierten U-Boot-Turm und ein Flugbetriebsboot der

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Luftwaffe des Dritten Reichs von 20 Metern Länge. Das Museum verfügt über eigene
Restaurierungswerkstätten mit drei Mitarbeitern.
Die Zuordnung nach Ländern bezieht sich auf den Einsatz, nicht auf den Herstel-
lungsort.
Uniformen
Das Museum zeigt mehr als 500 thematisch geordnete Uniformen (Originale) aus
Frankreich (vor 1940 und 1941 bis 1945), Deutschland, Bulgarien, den Vereinigten
Staaten von Amerika, Großbritannien und der UdSSR. Neben militärischen
Uniformen werden auch paramilitärische Bekleidungen (Sport, Jugendgruppen etc.)
gezeigt.
Waffen
Die Waffensammlung umfasst mehr als 500 Gewehre, Pistolen, Maschinengewehre
und Maschinenpistolen der Armeen von Frankreich, Deutschland, Bulgarien, den
Vereinigten Staaten von Amerika, Großbritannien und der UdSSR.
Fotos und Postkarten
Das Museum ist im Besitz einer umfangreichen Sammlung von Fotos und Postkarten
aus der Region um La Wantzenau, die vom Beginn des 20. Jahrhunderts stammen.
Die Ausstellung dieser Zeitdokumente ist im Aufbau.
Ausstellungsraum Sussex 1944
Die Sammlung Sussex 1944 ist den 140 Männern und Frauen – Briten, Amerikaner,
Franzosen – gewidmet, die an der „Operation Sussex“ (Einsatz von französischen
Fallschirmagenten zur Aufklärung von deutschen Truppen/Truppenbewegungen im
Vorfeld der alliierten Landung in der Normandie) teilgenommen haben.

Sie zeigt zu den Themenbereichen „Besetzung“, „Mobilisation“, „Instruktion“,
„Training“, „Missionen“, „Escadrille“ (Schwadron), „Befreiung“, „Ende der Missionen“
und „DGER“ (Kriegsnachrichtendienst: Direction Générale des Etudes et
Recherches) mehr als 500 seltene Dokumente, Fotos und Objekte, darunter auch
einmalige Stücke. Die Sammlung ist Eigentum von Dominique Soulier, dem Sohn

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von Georges Soulier, einem ehemaligen Sussex-Mitglied, der am 2. Juni 1944
während der Mission VIS in Nantes mit dem Fallschirm abgesprungen war. Er war
kurz vor der Operation Overlord (6. Juni 1944) nach Frankreich geschickt worden
und war verantwortlich, von Blois aus Informationen über die Truppenbewegungen
der deutschen Armee in der Loire nach London zu übermitteln.
Resümee
Auf der Rückfahrt fasste Brigadegeneral a.D. Alois Bach die Eindrücke des Tages
und die Lehren aus der „Operation Nordwind“ kurz zusammen. Im Gegensatz zur
Ardennenoffensive waren hier in den Vogesen und am Oberrhein nicht der
Treibstoffmangel, sondern unklare Verantwortungsbereiche der beiden deutschen
Heeresgruppen, ungenügende Aufklärung und unzureichende Artillerieunterstützung
Gründe für das Nichtgelingen.
Vor allem aber der Personalmangel in den durch die vorangegangenen
Rückzugskämpfe geschwächten Verbänden sowie hartnäckiger Widerstand der
Westalliierten waren entscheidende Gründe für das Scheitern der „Operation
Nordwind“.
Der im Rahmen der Operation Nordwind ausgelöste Streit zwischen General de
Gaulle und General Eisenhower um die Verteidigung Straßburgs – die sogenannte
Straßburger Kontroverse – belastete das Verhältnis der Westalliierten erheblich
und wirkte bis weit über das Kriegsende hinaus bis in die Verteidigungs-
anstrengungen der NATO nach.
Es war zu spüren, dass alle Teilnehmer eine Menge an neuen Erkenntnissen
sammeln konnten, auch wenn der Aspekt Geländebesprechung (wegen Krankheit
des Referenten) weitgehend wegfiel. Dennoch wurde die diesjährige militär-
historische Weiterbildung nicht zuletzt durch die ausgezeichnete organisatorische
Vorbereitung von Fregattenkapitän a.D. Harry Burkhardt und Oberst a.D. Peter
Gerhard wieder zu einem ganz besonderen Erlebnis, das nächstes Jahr unbedingt
fortgesetzt werden sollte.

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