Alkohol INFORMATIONSBLATT - Fachstelle für Suchtprävention Berlin
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UNABHÄNGIG BLEIBEN! kompetent gesund.de FACHSTELLE FÜR SUCHTPRÄVENTION INFORMATIONSBLATT Alkohol Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH Chausseestraße 128/129 | 10115 Berlin | Tel.: 030 - 29 35 26 15 | Fax: 030 - 29 35 26 16 info@berlin-suchtpraevention.de | www.berlin-suchtpraevention.de | www.kompetent-gesund.de Mit freundlicher Unterstützung der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung
INFORMATIONSBLATT Alkohol INHALT Zahlen und Fakten 3 Rechtliche Situation 3 Richtlinien für risikoarmen Konsum 4 Das Konzept der Punktnüchternheit 4 Risiken eines übermäßigen Alkoholkonsums 4 Missbrauch und Abhängigkeit 5 Alkoholkonsum von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen 5 Hintergründe für (riskanten) Alkoholkonsum bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen 7 Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen 7 Alkohol und Kriminalität 7 Mischkonsum 8 Alkohol – ein Thema in jedem Alter 8 Alkohol in verschiedenen Kulturen 8 Alkohol und Schwangerschaft 9 IMPRESSUM Alkohol am Arbeitsplatz 9 3., überarbeitete Auflage | April 2018 Prävention – Verantwortungsvoller Umgang mit Herausgeber: Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH Alkohol und Einhaltung des Jugendschutzes 9 Chausseestr. 128/129 | 10115 Berlin Berliner Landesprogramm „Na klar – unabhängig bleiben!“ 9 Tel.: 030 - 29 35 26 15 | Fax: 030 - 29 35 26 16 info@berlin-suchtpraevention.de Interaktive Materialien zum Thema Alkohol 10 www.berlin-suchtpraevention.de www.kompetent-gesund.de Fortbildungsangebote 10 Die Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin ist ein Projekt der Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH. Hilfe – aber wie und wo? 10 V.i.S.d.P.: Kerstin Jüngling, Frühe Intervention bei riskantem Konsum 10 Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH Redaktion: Christina Schadt, Selbsthilfegruppen 11 Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH Gestaltung: Martina Jacob Haben Sie Fragen rund um das Thema Prävention Auflage: 500 von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit? 11 Bilder Titel: photocase.com/zimt_stern; Montage Fachstelle für Suchtprävention; photocase.com/antifalten Literaturhinweise 11 2
Alkohol wird weltweit konsumiert. Bier und Wein sind in vielen 2,6 Millionen Kinder und Jugendliche (jedes siebte Kind) unter Ländern fast unbegrenzt verfügbar. In Deutschland ist Alkohol 18 Jahren sind zumindest vorübergehend von der Alkoholab- allgegenwärtig: z.B. auf Partys, Hochzeiten, bei der Betriebsfeier, hängigkeit mindestens eines Elternteils betroffen. Folgen sind beim Grillfest oder auch nach der Sportveranstaltung. Gleichzeitig zum Teil schwerwiegende psychische Beeinträchtigungen. birgt der Konsum von Alkohol Risiken. Mehr als 30% der Kinder aus suchtbelasteten Familien werden selbst suchtkrank.6 Zahlen und Fakten UnAbhängig bleiben! Wir Halten unS an Deutschland zählt mit einem Alkoholkonsum von rund 11 l Rechtliche Situation Den Ab 16 Jahren, JahrenJuGe unter 18 Jahren Unter 16 nDScHutz! Reinalkohol pro Kopf und Jahr zu den Hochkonsumländern. In Deutschland beschränkt das ›› unter 16 JaHren ›› aB 16 – unter 18 JaHren Vergleicht man den Pro-Kopf-Konsum der Bevölkerung im Alter Gesetz zum Schutz der Jugend taBakWaren, taBakWar en – e - ziGarette aucH SHiSHa n, e - SHiSHa ›› Verkauf und Konsum verboten von 15 oder mehr Jahren innerhalb der OECD-Staaten, belegte in der Öffentlichkeit (JuschG) Bier, Wein, Sekt ›› Konsum Verkauf und verboten ›› Konsum Verkauf und Deutschland Platz 8 von 32.1 Hinter den Konsumzahlen verber- den Alkoholkonsum von Jugendli- SpirituoSen, erlaubt ›› Verkauf und Konsum verboten gen sich 9,5 Millionen Menschen in Deutschland, die Alkohol in chen. Bier, Wein und Sekt dürfen alkopopS SpielHallen, gesundheitlich riskanter Weise zu sich nehmen. Zusätzlich sind an Jugendliche ab 16 Jahren ab- GlückSSpl-iel GelDSpie automaten ›› Zutritt und nutzung verboten in Deutschland 1,77 Millionen Menschen alkoholabhängig.2 Die gegeben werden. Im Beisein ihrer kino, Filme unD computerSpiele ›› entsprechend der Alterskennzeichnung volkswirtschaftlichen Kosten, die durch missbräuchlichen Alko- Eltern dürfen Jugendliche Wein, auFentHa auFentHa ltlt inin ›› nur in begleitung von ›› einer/s eltern oder einer/s bis 24Uhr erlaubt. Darüber hinaus DiSkotHe DiSkotHe ken ken nur in begleitung von eltern oder erziehungsbeauftragten holkonsum entstehen, sind erheblich. So stehen den staatlichen Bier und Sekt bereits ab 14 Jahren erziehungsbeauftragten auFentHa auFentHa ltlt inin Zwischen 5 und 23 Uhr darf ein getränk GaStStät GaStStät ten ten ›› oder eine Mahlzeit konsumiert werden. Darüber hinaus nur in begleitung von ›› einer/s bis 24 Uhr erlaubt. Darüber hinaus nur in begleitung von eltern oder Einnahmen durch die Alkoholsteuer von 3,3 Milliarden Euro die trinken. Die Abgabe von Spiritu- oder einer/s erziehungsbeauftragten eltern erziehungsbeauftragten Kosten von ca. 26,7 Milliarden Euro osen und anderen alkoholischen Fachstelle für Suchtprävention Berlin Mit freundlicher Unterstützung der Senatsverwaltun gGmbH www.berlin-suchtpraevent ion.de g für Gesundheit und Soziales, der Senatsverwaltun und Wissenschaft und des Handelsverband gegenüber, die für die Behandlung Getränken und Lebensmitteln es Berlin-Brandenburg e.V. | 4. Auflage, g für Bildung, Jugend 2016 alkoholbedingter Erkrankungen ge- (z.B. sogenannte Alkopops) ist FLYER ZUM JUGENDSCHUTZ IN DER FACHSTELLE samtgesellschaftlich getragen wer- ab 18 Jahren erlaubt (vgl. § 9 FÜR SUCHTPRÄVENTION BERLIN ERHÄLTLICH ALKOHOL den müssen.3; 4 Insgesamt sterben Jugendschutzgesetz). 7 BILD: FACHSTELLE jährlich ca. 74.000 Menschen in Deutschland an den direkten oder in- Zudem sind die Regelungen der Straßenverkehrsordnung direkten Folgen des Alkoholkonsums. (StVO) und des Strafgesetzbuches (StGB) zu beachten: Das Vorkommen alkoholbedingter Im Sinne des § 316 StGB wird bestraft, „wer ein Fahrzeug Unfälle im Straßenverkehr ist führ t, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer erfreulicherweise seit Jahr- Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht IN PARTNERSCHAFT UND FAMILIE zehnten rückläufig. Waren in der Lage ist, dieses sicher zu führen“. Generell es 1975 noch 51.593 Un- gilt für unter 21-Jährige und Fahranfänger*innen INFOKARTE „ALKOHOL IN PARTNERSCHAFT fälle, die 3.641 Todesopfer innerhalb der Probezeit die 0,0-Promille-Grenze. UND FAMILIE“ forderten, sind für Wer dagegen verstößt, begeht eine Ordnungswidrig- BILD: PHOTOCASE.COM/ANTIFALTEN 2014 noch keit bzw. eine Verkehrsstraftat. 13.612 Un- fälle dokumentiert, bei denen 216 Men- Wer ein Fahrzeug führ t und dabei einen Blutalko- schen ihr Leben ließen.5 holgehalt zwischen 0,5 – 1,1 Promille hat, begeht eine Ordnungswidrigkeit. 8 Eine Verkehrsstraftat 1 OECD (2018). Alcohol consumption (indicators). (relative Fahruntüchtigkeit) begeht, wer ab 0,3 Pro- https://tinyurl.com/ybskx8f5 (abgerufen am 23.02.2018). mille Ausfallerscheinungen aufweist (z.B. Schlangen- 2 Institut für Therapieforschung (Hrsg.) (2012): Epidemiologischer Suchtsurvey. München. 3 Bundesministerium der Finanzen (Hrsg.) (2013): Kassenmäßige Steuereinnahmen nach Steuerarten in den Kalenderjahren 2010-2012. Berlin. 6 Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (Hrsg.) (2006): 4 Drogenbeauftragte der Bundesregierung (Hrsg.) (2015): Kinder suchtkranker Eltern. Hamm. Drogen- und Suchtbericht. Berlin. 7 Vgl. Beck-Texte im dtv (2015): Jugendrecht SGB VIII (36. Aufl.). München. 5 Statistisches Bundesamt (2015): Verkehrsunfälle. Unfälle unter dem Einfluss von 8 §24a StVG, siehe Bundesministerium für Justiz (2015): Straßenverkehrsgesetz. Alkohol und anderen berauschenden Mitteln im Straßenverkehr. Wiesbaden. https://tinyurl.com/yb3eeqa9 (abgerufen am 22.02.2018). 3
INFORMATIONSBLATT Alkohol linien fährt oder an einem Verkehrs- Neben der Begrenzung der täglichen Trinkmenge sprechen sich die unfall beteiligt ist). Ab 1,1 Promille Empfehlungen für einen risikoarmen Konsum darüber hinaus für Blutalkoholgehalt wird die absolute mindestens zwei alkoholfreie Tage pro Woche aus.11 Jugendliche ALKOHOL Fahruntüchtigkeit angenommen. ab 16 Jahren sollten allerdings deutlich weniger und seltener Alko- Auch ohne auffälliges Fahrverhalten hol trinken, da ihr Organismus sich noch in der Entwicklung befin- kann das Fahren dann zum Führer- det und vor allem das Gehirn durch Alkohol stark geschädigt wer- scheinentzug und einer Geld- oder den kann.12 Auch im Alter nimmt die Verträglichkeit von Alkohol ab. Freiheitsstrafe (bis zu fünf Jahren) führen.9 Für Fahrradfahrer*innen Das Konzept der Punktnüchternheit UND STRASSENVERKEHR gilt in der Rechtsprechung hierfür Punktnüchternheit gehört zu einem verantwortungsvollen Umgang bislang noch ein höherer Grenz- mit Alkohol. Hierbei gilt es, Risiken zu vermeiden und eine Vor- wert von 1,6 Promille.10 Momentan bildfunktion einzunehmen. Dies heißt, INFOKARTE „ALKOHOL UND STRASSENVER- wird jedoch eine Absenkung dieses in bestimmten Situationen den Alkohol- KEHR“ BILD: SHOTSHOP/M. OSTERRIEDER Wertes diskutiert. konsum konsequent zu vermeiden. Richtlinien für risikoarmen Konsum Es wird empfohlen in ALKOHOL Ob Alkoholkonsum als risikoarm eingestuft werden kann, hängt folgenden Situationen auf Alkohol von zahlreichen Faktoren ab. Hierzu zählen Trinkmengen und zu verzichten: -häufigkeit, Geschlecht, Alter, gesundheitliche Verfassung, ■■ in der Schwangerschaft Lebenssituation und auch die Funktion, die das Alkoholtrinken ■■ im Straßenverkehr für einen Menschen hat. Bei der Bewertung der Trinkmengen ■■ am Arbeitsplatz ist zu beachten, dass Männer aufgrund verschiedener körperli- ■■ beim Sport WERTVOLLE TIPPS FÜR IHRE GESUNDHEIT ... cher Merkmale (Körpergröße, höherer Anteil von Muskeln und ■■ im Kontakt mit Kindern und Wasser) durchschnittlich mehr Alkohol vertragen als Frauen. Jugendlichen (z.B. Schulfeste) ■■ bei gleichzeitiger Einnahme von INFOKARTE „ALKOHOL – WERTVOLLE TIPPS Die Initiative der Österreichischen Dialogwoche Alkohol Medikamenten, mit denen es zu FÜR IHRE GESUNDHEIT“ empfiehlt folgende Grenzwerte für den Konsum alkoholischer Wechselwirkungen kommt 13 BILD: PHOTOCASE.COM/ZIMT_STERN Getränke: Risiken eines übermäßigen Alkoholkonsums Neben den akuten Risiken beim Konsum von Alkohol (z.B. Alko- Geschlecht niedriges Risiko hohes Risiko holvergiftung) können durch das regelmäßige Überschreiten der risikoarmen Konsummengen gesundheitliche Folgeschädigun- bis zu 16g Rein- ab 40g Rein- gen auftreten. Grundsätzlich gilt: Je mehr Alkohol getrunken wird, alkohol pro Tag alkohol pro Tag (z.B. 1 Glas Wein (z.B. 2 1/2 Gläser desto schädlicher ist es für den Körper. Gesundheitliche Schäden à 0,2l) Wein à 0,2l) müssen dabei nicht zwangsläufig zusammen mit einer Abhängig- keit auftreten, sondern sind auch bei einem gewohnheitsmäßig bis zu 24g Rein- ab 60g Rein- alkohol pro Tag alkohol pro Tag hohen, nichtsüchtigen Konsum möglich. (z.B. 2 Flaschen (z.B. 5 Flaschen Bier à 0,33l) Bier à 0,33l) EMPFEHLUNGEN FÜR ERWACHSENE, WIEVIEL ALKOHOL RISIKOARM IST UND 11 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (2010): Empfehlungen des wissen- AB WELCHER MENGE EIN HOHES GESUNDHEITLICHES RISIKO EINGEGANGEN WIRD schaftlichen Kuratoriums der DHS zu Grenzwerten für den Konsum alkoholischer QUELLE: WWW.DIALOGWOCHE-ALKOHOL.AT/FACTSHEET-ZUR-DIALOGWOCHE Getränke. https://tinyurl.com/y88vh5xz (abgerufen am 22.02.2018). 12 Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (2013): Alkohol macht kaputt. https://tinyurl.com/ya26xgky (abgerufen am 22.02.2018). 9 Vgl. BGH-Beschluss vom 28.06.1990 (4 StR 297/90). 13 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.) (2017): 10 Vgl. BGH-Beschluss vom 17.07.1986 (4 StR 543/85). Suchtprobleme am Arbeitsplatz. Hamm. S.15. 4
Da Alkohol als Zellgift über das Blut im gesamten Körper ver- ■■ wiederholter Konsum trotz ständiger oder wiederholter teilt wird, können Schädigungen in fast allen Organen auftreten. sozialer oder zwischenmenschlicher Probleme Besonders belastet regelmäßiger Alkoholkonsum die Leber und ■■ Aufgabe oder Reduzierung von sozialen, beruflichen oder er kann zu krankhaften Veränderungen (z.B. Fettleber, Leberent- Freizeitaktivitäten zugunsten des Substanzkonsums zündung und -zirrhose) führen. Zudem können Schäden an der ■■ wiederholter Konsum in Situationen, in denen es aufgrund Bauchspeicheldrüse, am Magen, am Herzen, dem Nervensystem des Konsums zu einer körperlichen Gefährdung kommen und der Muskulatur auftreten. Längerfristig steigt das Risiko für kann Leber-, Magen-, Mund-, Rachen-, Speiseröhren- und Kehlkopf- ■■ fortgesetzter Gebrauch trotz Kenntnis von körperlichen oder krebs und bei Frauen für Brustkrebs. Besondere Beeinträchti- psychischen Problemen gungen können außerdem durch das Absterben von Gehirnzellen ■■ Toleranzentwicklung, gekennzeichnet durch Dosissteigerung entstehen (Konzentrations-, Gedächtnisstörungen, Minderung oder verminderte Wirkung der Kritik- und Urteilsfähigkeit und Intelligenz).14; 15 ■■ Entzugssymptome oder deren Vermeidung durch Substanz- konsum.16 Missbrauch und Abhängigkeit Bei der Diagnose von Erkrankungen kommen in Deutschland zwei Alkoholkonsum von Kindern, Jugendlichen Klassifikationssysteme zum Einsatz – das ICD-10 und das DSM-5. und jungen Erwachsenen Wird im Diagnosemanual ICD-10 noch immer zwischen Missbrauch Durchschnittlich finden der erste Alkoholkonsum mit 14,9 Jahren und Abhängigkeit unterschieden, führt die Neuauflage des DSM-5 und der erste Rausch mit 16,4 Jahren statt.17 Diese Zahlen lassen „Substanzmissbrauch“ und „Substanzabhängigkeit“ zusammen und sich auch auf Berlin übertragen: meist findet der erste Alkoholkon- bezeichnet es als „Substanzgebrauchsstörung“, um dem fließenden sum im Alter zwischen 12 und 15 Jahren statt – Anlässe hierfür Übergang zwischen Missbrauch und Abhängigkeit gerecht zu werden. sind z.B. Partys, Geburtstage, Jugendweihe oder Konfirmation.18 Den Kriterien des DSM-5 folgend kann eine Substanzgebrauchs- Der größte Teil der Jugendlichen trinkt verantwortungsvoll Alkohol störung in verschiedene Schweregrade eingeteilt werden: Dabei unter der Berücksichtigung der Vorgaben des Jugendschutzge- wird von einem leichten Schweregrad bei 2 bis 3 erfüllten Sym- setzes. Der Umgang mit Alkohol muss jedoch erst gelernt wer- ptomkriterien gesprochen, bei 4 bis 5 liegt eine mittlere Konsum- den. Gerade junge Menschen, die erste Erfahrungen mit Alkohol störung vor und bei 6 oder mehr zutreffenden Kriterien wird von machen, trinken daher häufiger zu viel – in den meisten Fällen einer schweren Konsumstörung gesprochen. jedoch ohne ernsthafte Folgen. Das DSM-5 verwendet folgende diagnostische Kriterien: Gleichzeitig betrinkt sich ein Teil der Jugendlichen bewusst bis ■■ stärkerer Konsum oder länger als beabsichtigt zum Rausch und trinkt dafür in möglichst kurzer Zeit große Men- ■■ anhaltender Wunsch oder erfolglose Versuche der gen Alkohol. Am Ende steht oft genug eine Einlieferung ins Kran- Reduktion oder Kontrolle kenhaus aufgrund einer Alkoholvergiftung (Alkoholintoxikation). ■■ hoher Zeitaufwand für Beschaffung und Konsum der „Komasaufen“ oder „binge drinking“ (gezieltes Betrinken) sind Substanz sowie Erholen von der Wirkung Begriffe, die diesen riskanten Konsum von Alkohol, das Trinken ■■ „Craving“ bzw. „Suchtdruck“: starkes Verlangen oder Drang, bis zum Kontrollverlust, bezeichnen. die Substanz zu konsumieren ■■ wiederholter Konsum, der zu einem Versagen bei der In regelmäßig veröffentlichten Repräsentativbefragungen der Erfüllung wichtiger Verpflichtungen bei der Arbeit, in der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wird ak- Schule oder in der Familie führt 16 Falkai, P. & Wittchen, H.-U. (Hrsg.) (2015): Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen DSM-5®. Göttingen: Hogrefe. 14 Vgl. Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (2015): Alkohol. Basisinformation. 17 Orth, B. (2017). Der Alkoholkonsum Jugendlicher und junger Erwachsener in https://tinyurl.com/ya89mses (abgerufen am 22.02.2018). Deutschland. Ergebnisse des Alkoholsurveys 2016 und Trends. BZgA-Forschungs- 15 Vgl. Kuntz, B. et al. (2015): Alkoholkonsum bei Jugendlichen – bericht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Aktuelle Ergebnisse und Trends. GBE kompakt, 6(2). 18 Vgl. Fachstelle für Suchtprävention Berlin (2009): Berliner JAH-Studie. https://tinyurl.com/y8kodwly (abgerufen am 22.02.2018). Jugendliche-Alkohol-Hintergründe. Berlin. 5
INFORMATIONSBLATT Alkohol tuell ein kontinuierlicher Rückgang des Rauschtrinkens bei den kontinuierlich zurück. Wurden im Jahr 2009 noch 2.058 Fälle 12- bis 17-Jährigen auf zuletzt 15% festgestellt. Der Drogen- registriert, waren es 2016 nur noch 707. In 2017 stieg diese affinitätsstudie nach ist auch der regelmäßige Alkoholkonsum Zahl zum ersten Mal wieder an, auf insgesamt 867 Fälle. Circa bei den 12- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen auf 10% 75% hiervon waren männlich. Etwa zwei Drittel der aufgegriffe- gesunken. So gering wie in keiner frü- nen Minderjährigen waren 16 bis 17 Jahre alt. 27 Jugendliche heren Befragung der BZgA19 (3%) waren unter 14 Jahre alt. Die „Europäische Schülerstudie zu Alkoholintoxikationen in Berlin (vollstationäre Behandlungen, absolute Zahlen) ALKOHOL Alkohol und anderen Drogen 2011“ 400 10 - 14 Jahre (ESPAD-Studie) zeigt nur geringfügi- 344 353 Alkoholintoxikationen in Berlin (vollstationäre 354 Behandlungen, absolute Zahlen) 350 15 - 19 Jahre 311 ge Unterschiede zwischen den Bun- 10 - 14 Jahre 284 289 300 265 264 262 253 desländern bzgl. der Prävalenz des 258 258 250 15 - 19 Jahre Alkoholkonsums bei Schüler*innen 190 200 der 9. und 10. Klassen. Die einzige 152 148 150 113 Ausnahme bildet Berlin, hier liegen 98 NICHT GANZ OHNE ! 82 80 88 89 86 82 100 56 61 55 51 58 die Werte deutlich niedriger.20 46 47 50 0 INFOKARTE „ALKOHOL – NICHT GANZ Zudem scheint der Anstieg der Alko- 09 07 08 11 12 13 14 15 16 10 01 02 03 04 05 06 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 OHNE!“ BILD: PHOTOCASE.COM/VOID holintoxikationen sowohl bei Kindern unter 15 Jahren als auch bei Jugend- TABELLE ENTHÄLT AUCH DIE BERLINER*INNEN, DIE AUSSERHALB BERLINS BEHANDELT WURDEN lichen von 15 bis 19 Jahren seit dem Jahr 2000 gebremst: Das 53 QUELLE: STAT. BUNDESAMT (DESTATIS), KRANKENHAUSDIAGNOSESTATISTIK Statistische Bundesamt veröffentlicht jährlich die Zahlen der in 00 20 Deutschland vollstationär behandelten Alkoholvergiftungen.21 Die Anzahl der unter Alkoholeinfluss polizeilich aufgegriffenen 446 799 Bereits in den vergangenen Jahren lag Berlin in Relation zur Kinder und Jugendlichen 356 liegt jedoch noch immer über dem Bevölkerungszahl unter dem Bundesdurchschnitt. Dieser Trend Niveau der Werte von vor 2008.22 hat sich noch verstärkt. Mit umgerechnet 105 Fällen je 100.000 Einwohner*innen waren es in 2016 in Berlin deutlich weniger als Polizeilich aufgegriffene Kinder und Jugendliche halb so viele Krankenhausbehandlungen bei den 10 bis 19-Jähri- unter Alkoholeinfluss in Berlin gen gegenüber dem Bundesdurchschnitt von 281 Fällen. 2500 2058 In absoluten Zahlen heißt dies für das Jahr 2016, dass insge- 2000 1535 samt 148 weibliche und 152 männliche Jugendliche im Alter 1500 1299 1264 von 10 bis 19 Jahren (länger als einen Tag) in Berliner Kranken- 1209 931 häusern wegen akuter Alkoholvergiftung behandelt wurden. Die 1000 796 867 663 712 707 Zahl der von der Berliner Polizei aufgegriffenen betrunkenen 500 Kinder und Jugendlichen war in den Jahren 2008 und 2009 0 dramatisch angestiegen, bis zum Jahr 2016 ging sie wieder 14 13 15 6 7 07 08 09 10 11 12 1 1 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 20 350 DER POLIZEILICH AUFGEGRIFFENEN BERLINER KINDER- UND JUGENDLICHEN ANZAHL 353 IN 98 344 354 00 19 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.) (2016): Die Drogen- 09 300 20 DEN JAHREN 2007 BIS 2017 311 1 2 3 10 1 1 1 289 20 20 20 20 20 affinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2015. Der Konsum von 80 284 250 GRAFIK: 265 88 FACHSTELLE FÜR SUCHTPRÄVENTION BERLIN Alkohol, Tabak und illegalen Drogen: aktuelle Verbreitung und Trends. Köln. 258 258 82 20 Vgl. Institut für Therapieforschung (Hrsg.) (2011): 190 86 Die Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen 2011 (ESPAD): Befragung von Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klasse in Bayern, Berlin, 145 152 148 22 Vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin (2018): Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. München. Antwort auf die Schriftliche Anfrage des Abgeordneten 21 Statistisches Bundesamt (Destatis) (2018): Krankenhausdiagnosestatistik. Joschka Langenbrinck (SPD) vom 23. Januar 2018 (Drucksache 18/13270). Statistisches Bundesamt. Wiesbaden. https://tinyurl.com/ya7flrng (abgerufen am 08.03.2018). 6
Anders als bei den Jugendlichen ist der Alkoholkonsum bei jungen junge Frauen aus Verstärkungsmotiven, d.h. sie wollen länger Erwachsenen im Alter des Übergangs zu einem selbstständigen feiern können, Spaß haben, Gefühle intensivieren oder sich Erwachsenenleben (18 bis 25-Jährige) unverändert hoch. Mehr besser konzentrieren können.25 als jede*r Dritte (33,6%) trinkt regelmäßig alkoholische Getränke, rund 44,6% der Männer und 24,8% der Frauen dieser Altersgruppe Ein Kontrollverlust wird zum Teil bewusst angestrebt oder die praktizieren mindestens einmal im Monat Rauschtrinken.23 Wirkung, insbesondere der „harten“ Spirituosen, fehleinge- schätzt. Begünstigt werden frühzeitige Rauscherfahrungen durch Es muss also weiterhin dringendes Anliegen sein, sich mit den die leichte Verfügbarkeit des Alkohols: Alkohol ist z.B. häufig im Hintergründen des Alkoholkonsums von Kindern, Jugendlichen Elternhaus in Griffnähe, wird unter Umgehung von Jugendschutz- und jungen Erwachsenen zu beschäftigen sowie gezielte Präven- bestimmungen von einzelnen Gastronomiebetrieben und Einzel- tionsmaßnahmen durchzuführen. händlern an Kinder und Jugendliche verkauft oder von älteren (die den Alkohol nach dem JuSchuG bereits kaufen dürfen) an Hintergründe für (riskanten) Alkoholkonsum bei Kindern, jüngere Jugendliche weitergegeben. Jugendlichen und jungen Erwachsenen In unterschiedlichen Befragungen wurden die Motive für den Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen untersucht. Alkohol gehört für Jungen und Mädchen gleichermaßen zu einem gelungenen Event dazu. Mädchen befürworten öfter als Jungen Folgende von Jugendlichen benannte Motive lassen alkoholfreie Partys. Auch fällt es Jungen schwerer, als Einziger sich für das Trinken festmachen: in einer Gruppe keinen Alkohol zu trinken.26 Dem Drogen- und ■■ Neugier Suchtbericht 2013 zufolge nähern sich die Konsummuster von ■■ Abbau von Hemmungen Mädchen und Jungen in den letzten Jahren allerdings immer ■■ Spaß weiter an. Der Bericht zeigt zudem auf, dass insbesondere junge ■■ Geselligkeit Männer zwischen 18 und 29 Jahren eine Risikogruppe für ■■ Verdrängung von Problemen Rauschtrinken darstellen. Die BZgA stellt folgende geschlechts- ■■ Grenzerfahrungen, Rauscherleben spezifischen Unterschiede bei den Konsumpräferenzen fest: ■■ Betäubung Jungen nehmen häufiger regelmäßig Bier und Spirituosen zu ■■ Gruppendruck sich als Mädchen, während Mädchen Wein und Sekt bevor- ■■ Cool sein zugen.27 ■■ Geschmack 24 Alkohol und Kriminalität Während im jüngeren Alter besonders bei den unter 18-Jährigen Die Polizeiliche Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts (BKA) häufiger Konformitätsmotive (z.B. Gruppendruck, dazugehören erfasst alle aufgeklärten Delikte, bei denen Alkohol im Spiel war. wollen) als Grund für den Substanzkonsum angeführt werden, Im Jahr 2014 standen 11,7% aller Tatverdächtigen bei Tatbegehung werden bei den 18- bis 20-Jährigen Bewältigungsmotive (z.B. unter Alkoholeinfluss (89%, aller Tatverdächtigen waren Männer, Verdrängung von Problemen, Umgang mit negativen Gefühlen) 11% waren Frauen). Die Verbindung ist besonders stark bei Gewalt- am häufigsten genannt. Junge Männer konsumieren häufiger als straftaten, die zu 29,4% in Zusammenhang mit Alkohol standen.28 23 Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.) (2016): 25 Vgl. Fachstelle für Suchtprävention Berlin gGmbH (2014): Berliner JDH-Studie. Die Drogen-affinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2015. Jugend – Drogen – Hintergründe. Ergebnisse einer Befragung junger Menschen in Der Konsum von Alkohol, Tabak und illegalen Drogen: aktuelle Verbreitung Berlin zu Einstellungen und Haltungen zum Drogenkonsum. Berlin. und Trends. Köln. 26 Vgl. Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin (2009): 24 Vgl. u.a.: Sucht Schweiz (Hrsg.) (2011): JAH-Studie. Jugendliche – Alkohol – Hintergründe. Ergebnisauswertung Konsum psychoaktiver Substanzen Jugendlicher in der Schweiz – einer Befragung Berliner Jugendlicher. Berlin. Zeitliche Entwicklungen und aktueller Stand. Resultate der internationalen Studie 27 Vgl. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.) (2012): “Health Behaviour in School-aged Children” (HBSC). Lausanne. Die Drogenaffinität Jugendlicher in der Bundesrepublik Deutschland 2011. Köln. https://tinyurl.com/7gvpa4f (abgerufen am 22.02.2018); Stumpp et al. (2009): 28 Bundeskriminalamt (Hrsg.) (2014): JuR – Einflussfaktoren, Motivation und Anreize zum Rauschtrinken bei Jugendlichen. Polizeiliche Kriminalstatistik. Bundesrepublik Deutschland, Jahrbuch 2014. https://tinyurl.com/ydhyv6d6 (abgerufen am 23.02.2018). https://tinyurl.com/ychwmzoq (abgerufen am 23.02.2018). 7
INFORMATIONSBLATT Alkohol Dies kann unter anderem mit der erhöhten Risikobereitschaft und nerationenübergreifendes Problem. Erwachsene als Vorbilder Aggressionsneigung unter Alkoholeinfluss begründet werden.29 leben Kindern und Jugendlichen vor, wie mit Alkohol umgegan- gen wird. Die große Präsenz, die Alkohol auch in der Öffent- Der britische Forscher Prof. David Nutt stellt Alkohol aufgrund des lichkeit hat, lässt den Konsum als selbstverständlich dazuge- hohen Fremdschädigungspotenzials sogar auf Platz 1 der schäd- hörig erscheinen. Hinzu kommt, dass jede Flasche Alkohol, die lichsten Drogen.30 Kinder und Jugendliche erhalten, zuvor durch die Hände Erwachsener gegangen ist. Mischkonsum Illegale Substanzen werden häufig auf Partys konsumiert – einem Lange tabuisier t und vernachlässigt, ist in den letzten Jahren Setting, in dem Jugendliche und junge Erwachsene üblicherwei- auch der Alkoholkonsum älterer Menschen in den Blick der se Alkohol trinken. Die Ergebnisse der Befragungen im Schwei- Exper t*innen gerückt. Es hat sich gezeigt, dass alkoholbezo- zer Nachtleben stufen Alkohol als bedeutsamste „Partydroge“ gene Störungen auch im höheren Lebensalter in erheblichem ein: 79,8% der Befragten gaben an, dass Alkohol für sie zu einer Maße auftreten – Tendenz steigend, nicht zuletzt aufgrund typischen Partynacht dazugehöre. der demographischen Entwicklung. Insgesamt weisen 1,2% Auch Ecstasy (33,7%), Amphetamine der Männer und 0,5% der Frauen im Alter von 75 Jahren und (25,6%) und Kokain (21,1%) gehören älter einen schädlichen Alkoholkonsum auf.32 laut der Befragung dazu. Dabei spielt MISCHKONSUM Mischkonsum eine große Rolle: 70% Alkohol in verschiedenen Kulturen gaben an, mindestens zwei Substanzen Lebenskrisen, wie z.B. das Erleben von „Entwurzelung“, Ver- in einer typischen Partynacht zu kon- einsamung oder Trennung, können die Entwicklung einer Ab- sumieren.31 hängigkeitserkrankung begünstigen, wie auch durch Flucht und Vertreibung erlebte Traumata. Menschen mit Migrations- oder Der gleichzeitige oder zeitnahe Kon- Fluchthintergrund unterliegen somit überdurchschnittlich vielen sum verschiedener psychoaktiver Belastungsfaktoren, zudem haben sie häufig einen schlechteren EINTAUCHEN – DURCHHALTEN – ABDRIFTEN? Substanzen ist als besonders riskant Zugang zum Hilfesystem. 28% der Berliner*innen haben einen einzustufen, da Wirkungen verändert Migrationshintergrund.33 Daher gilt es, auf diesen Aspekt ein INFOKARTE „MISCHKONSUM: EINTAUCHEN – und z.T. erheblich verstärkt werden besonderes Augenmerk zu richten. Was die Akzeptanz und den DURCHHALTEN – ABDRIFTEN?“ können. Weiterhin können lebensbe- Konsum von Alkohol angeht, gibt es in den unterschiedlichen BILD: FOTOLIA/THEFATCAT drohliche Wechselwirkungen auftre- Kulturen allerdings große Unterschiede. So ist der Konsum von ten. Besonders die Kombination mit Alkohol beispielsweise in Russland sehr akzeptiert, in der Türkei Alkohol ist gefährlich, da negative Wirkungen verstärkt werden. demgegenüber eher verpönt.34 Auch unterscheiden sich Krank- Erbrechen, Angst- und Panikzustände oder auch Atemstillstand heitskonzepte sowie das Verständnis von Behandlung je nach sind einige der möglichen Folgen. kulturellem Hintergrund. Alkohol – ein Thema in jedem Alter In der Alkoholprävention gilt es, dieses Wissen einzubeziehen und In öffentlichen Debatten wird vor allem das Konsumverhalten mit einer offenen und wertschätzenden Haltung die Auseinander- von Kindern und Jugendlichen diskutiert. Das Thema Alkohol setzung mit dem Thema zu fördern, wissend, dass es gerade betrifft jedoch alle Altersgruppen. Durch die gesellschaftliche bei Familien mit Migrationshintergrund besonders tabubesetzt und kulturelle Akzeptanz ist der riskante Alkoholkonsum ein ge- sein kann. 29 Vgl. BKA (2013), S. 10. Zitiert nach: Egg, R. (2014): 32 Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (Hrsg.) (2012): Delikte unter Alkoholeinfluss. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.): Substanzbezogene Störungen im Alter. Informationen und Praxishilfen. Hamm. Jahrbuch Sucht 2014. Lengerich: Pabst. 154-168. 33 Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (2014): 30 Vgl. Nutt, D.J. et al. (2010): Drug harms in the UK: a multicriteria decision Statistischer Bericht. Einwohnerinnen und Einwohner im Land Berlin am analysis. The Lancet, 376, 1558-1565. 31. Dezember 2013. https://tinyurl.com/y8do4wx6 (abgerufen am 23.02.2018). 31 Menzi, P., Bücheli, A. (2013): Reporting Safer Nightlife Schweiz (SNS) 2013. 34 Vgl. Weißbach et al. (2012): Suchtprävention und Beratung gender- und Bern: infodrog Schweizerische Koordinations- und Fachstelle Sucht. diversitygerecht gestalten – Empfehlungen zum Handeln. Berlin. 8
Alkohol und Schwangerschaft Weitere Informationen hierzu unter: Alkoholkonsum während der Schwangerschaft kann zu angebo- www.berlin-suchtpraevention.de unter der Rubrik „Themen/ renen Fehlbildungen und neurobiologischen Entwicklungsstörun- Präventionsfelder/Betriebliche Suchtprävention und gen führen. Alkoholbedingte Geburtsschäden treten bei 1% der www.prevatwork.de Geburten in Deutschland auf. Nach Schätzungen werden jährlich 4.000 Prävention – Verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol Kinder mit fetalem Alkoholsyndrom und Einhaltung des Jugendschutzes (FAS), einer schweren durch den Alkoholprävention ist eine Gemeinschaftsaufgabe: von Eltern, Alkoholkonsum der Mutter verursach- Lehrkräften und anderen Pädagog*innen, Präventionsexpert*- ten Behinderung, diagnostiziert.35 innen, der Politik, der Polizei, des Einzelhandels sowie weiteren ALKOHOL Akteur*innen. Die Gesamtzahl der Kinder, die durch riskanten und missbräuchlichen WIR BRAUCHEN EINE Alkoholkonsum der Mutter in ihrer KULTUR DER VERANTWORTUNG! Entwicklung gestört werden, liegt UND SCHWANGERSCHAFT wesentlich höher. So wird davon Die Risiken des Alkoholkonsums und der verantwortungsvolle ausgegangen, dass Behinderungen Umgang mit Alkohol müssen dabei systematisch und nachhaltig INFOKARTE „ALKOHOL UND durch hohen Alkoholkonsum bei ca. zum Thema u.a. in Schulen, Sporteinrichtungen, Betrieben und in SCHWANGERSCHAFT“ 7.500 Kindern auftreten. Somit stellen den Familien gemacht werden. Auch in der Alkoholprävention ist ein BILD: MARTINA JACOB geistige Behinderungen, deren Ursa- Policy Mix aus Verhaltens- und Verhältnisprävention notwendig. che Alkoholmissbrauch während der Zum einen muss für die konsequente Einhaltung des Jugend- Schwangerschaft ist, eine der häufigsten angeborenen Behinde- schutzes und zum anderen für eine frühzeitige Auseinanderset- rungen dar.36 zung über die Risiken von Alkohol, sowohl in Einrichtungen als auch in Familien gesorgt werden. Jugendliche schätzen offene Alkohol am Arbeitsplatz Gespräche mit den Eltern zum Thema Alkohol, da sie das Inter- Alkohol am Arbeitsplatz ist ein häufig vernachlässigtes Thema, esse als Fürsorge wahrnehmen (auch wenn sie möglicherweise dabei haben sowohl problematischer Konsum als auch Sucht un- in den Gesprächen ablehnend reagieren).38 mittelbare Auswirkungen auf die Arbeit. Expert*innen schätzen, dass jede*r 10. Mitarbeiter*in eines Unternehmens einen riskan- Berliner Landesprogramm ten oder gar schädlichen Suchtmittel- „Na klar – unabhängig bleiben!“ konsum betreibt.37 Dies hat u.a. Auswir- Seit 2009 wird in Berlin von allen Bezirken, den Senats- kungen auf die Leistungsfähigkeit und verwaltungen für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung, sowie das Arbeitsklima. Zudem steigt durch Bildung, Jugend und Familie, der Berliner Polizei, dem Projekt HaLT, den Konsum von Alkohol die Gefahr von der Landesstelle für Suchtfragen und der Fachstelle für Sucht- Arbeitsunfällen. Im betrieblichen Kontext gibt es jedoch gute Mög- prävention das Landesprogramm zur Alkohol- und Drogen- lichkeiten zu intervenieren (lesen Sie mehr unter: www.sucht-am- prävention „Na klar – unabhängig bleiben!“ erfolgreich umge- arbeitsplatz.de) und Suchtprävention strukturell zu verankern. Die setzt. Es setzt Suchtprävention als Gemeinschaftsaufgabe um: Fachstelle für Suchtprävention in Berlin hat hierfür das Programm Kooperationspartner wie der Handelsverband Berlin-Branden- Prev@WORK entwickelt. burg, der Berliner Fußball-Verband, aber auch Partner*innen an- derer Bereiche wie Schule, Jugend, Jobcenter, Freizeit, Suchtbe- 35 Dtsch Arztebl 2008; 105(41): 693 – 8. ratung, Sucht-Selbsthilfe u.a. unterstützen das Programm aktiv. https://tinyurl.com/yckqhm9d (abgerufen am 23.02.2018). 36 Vgl. Bartsch G., Merfert-Diete C. (2013): Einmal jährlich wird in einer Aktionswoche gebündelt auf einen Alkoholabhängigkeit und riskanter Alkoholkonsum. In: Badura et al. (Hrsg.): verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol und Drogen aufmerk- Fehlzeiten-Report 2013. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag. 37 Vgl. Bartsch, Merferte-Diete (2013): Alkoholabhängigkeit und riskanter 38 Vgl. Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin (2009): JAH-Studie. Alkoholkonsum. In: Badura et al. (Hrsg.): Fehlzeiten-Report 2013. Berlin, Jugendliche – Alkohol – Hintergründe. Ergebnisauswertung einer Befragung Heidelberg: Springer-Verlag. Berliner Jugendlicher. Berlin. 9
INFORMATIONSBLATT Alkohol sam gemacht. Die alkoholpräventiven Aktivitäten des Landes- Hilfe – aber wie und wo? programms umfassen in Berlin auch den proaktiven Baustein von Betroffenen gelingt es meist gut, ihre Sucht und die damit einher- „HaLT – Hart am Limit“. Engagieren auch Sie sich und machen gehenden Belastungen längere Zeit zu verheimlichen. Es fällt ihnen Sie mit! oft schwer, Hilfe in Anspruch zu nehmen und sich Angehörigen gegenüber zu öffnen. Im Kontakt mit einer Beratungsstelle kann Mehr Infos: www.berlin-suchtpraevention.de unter der Rubrik gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht werden, wie die Situ- „Netzwerke/Landesprogramm ‚Na klar – unabhängig bleiben!‘“ ation der Betroffenen verändert werden kann. Auch Angehörige und Freunde erhalten in Beratungsstellen Unterstützung und Rat. Interaktive Materialien zum Thema Alkohol Neben ambulanter Beratung können auch Selbsthilfegruppen, ver- Beratung und Materialien zur inhaltlichen und methodischen schiedene Konsumreduktionsprogramme sowie ambulante oder Umsetzung sind in der Fachstelle für Suchtprävention Berlin stationäre Rehabilitation in Anspruch genommen werden. Seit erhältlich. So ist beispielsweise neben der Methodensammlung dem Jahr 2015 wird als (zumindest zwischenzeitliches) Thera- „Jugendliche und Alkohol“ und verschiedenen Rauschbrillen auch pieziel auch eine Verringerung der Trinkmengen anerkannt, um so der KlarSicht-Koffer der Bundeszentrale für gesundheitliche Auf- die Hürden bei der Inanspruchnahme einer Therapie zu senken.39 klärung (nach vorheriger Einführungsschulung) in der Fachstelle für Suchtprävention innerhalb der Öffnungszeiten auszuleihen: Eine Beratungsstelle unterstützt bei der Suche nach der geeigne- ten Hilfe und kennt sich mit Anträgen und Kostenübernahmever- Fachstelle für Suchtprävention Berlin fahren durch Krankenkassen aus. In Berlin gibt es wohnortnah Chausseestraße 128 /129 | 10115 Berlin sowohl Sucht- und Drogenberatungsstellen als auch Alkohol- und Tel. 030 - 29 35 26 15 | Fax 030 - 29 35 26 16 Medikamentenberatungsstellen, die kostenlos und unbürokratisch www.berlin-suchtpraevention.de Hilfe anbieten. Für junge Menschen, die nicht nur Alkohol, sondern auch andere Substanzen konsumieren, sind eher in den Sucht- In Verbindung mit der Umsetzung dieser interaktiven Methoden und Drogenberatungsstellen passende Angebote zu finden. eignet sich der interaktive Parcours von Karuna pre|vents „Volle Pulle leben auch ohne Alkohol!“ zur weiteren inhaltliche Hier finden Sie die Adresse in Ihrer Nähe: Bearbeitung des Themas: www.berlin-suchtpraevention.de unter der Rubrik „Informationen“ oder www.sucht-drogen-rat-hilfe.de KARUNA pr|events Mauritiuskirchstr. 3 | 10365 Berlin Frühe Intervention bei riskantem Konsum Tel. 030 - 55 15 33 29 Um Hilfe in Anspruch nehmen zu können, muss nicht erst eine www.karuna-prevents.de manifeste Suchterkrankung vorliegen. Sogenannte Frühinterven- tionsprogramme, die in den Beratungsstellen angeboten werden, Fortbildungsangebote richten sich insbesondere an Jugendliche und junge Erwachsene Darüber hinaus bietet die Fachstelle für Suchtprävention mit dem Ziel, sich kritisch mit ihrem riskanten Alkoholkonsum u.a. folgende Fortbildungen an, weitere Infos finden Sie auf auseinanderzusetzen und ggf. den Konsum zu reduzieren. www.berlin-suchtpraevention.de: ■■ „MOVE – Motivierende Kurzintervention“: Programme bei problematischem Alkoholkonsum sind Rubrik „Aktuelles/Veranstaltungen“ HaLT – Hart am Limit und Break: ■■ „Suchtsensible Pflege“: HaLT: Das Projekt besteht aus zwei unterschiedlichen Baustei- Rubrik „Themen/Präventionsfelder/Sucht im Alter“ nen, die sich gegenseitig ergänzen und verstärken. Im reaktiven ■■ Kind s/Sucht Familie: Rubrik „Aktuelles/Veranstaltungen“ Projektbaustein werden Jugendliche nach einer stationär behan- delten Alkoholvergiftung im Rahmen eines so genannten „Brücken- 39 Vgl. AWMF (2016): S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und Behandlung alkoholbezogener Störungen“. https://tinyurl.com/yb45gwp2 (abgerufen am 23.02.2018). 10
gesprächs“ angesprochen. Dies geschieht meist noch im Kranken- Haben Sie Fragen rund um das Thema haus. Interessierte Jugendliche oder Eltern können sich aber auch Prävention von Alkoholmissbrauch und -abhängigkeit? selbst an den Projektstandorten melden. Ergänzend zu diesem Dann sprechen Sie uns gerne an! Ansatz im Bereich der indizierten Prävention steht eine kommunal verankerte Präventionsstrategie mit dem Ziel, Alkoholexzesse und Fachstelle für Suchtprävention Berlin schädlichen Alkoholkonsum im Vorfeld zu verhindern. Schlüssel- Chausseestraße 128 /129 | 10115 Berlin begriffe für diesen proaktiven Projektbaustein sind Verantwortung Tel. 030 - 29 35 26 15 | Fax 030 - 29 35 26 16 und Vorbildverhalten von Erwachsenen im Umgang mit Alkohol, www.berlin-suchtpraevention.de die konsequente Einhaltung des Jugendschutzgesetzes bei Festen, in der Gastronomie und im Einzelhandel sowie eine breite Sensi- Unsere Öffnungszeiten finden Sie auf unserer Webseite. bilisierung der Bevölkerung. Dieser Projektbaustein wird von der Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin umgesetzt. Literaturhinweise In den folgenden ausgewählten Studien/Berichten finden Break: Das Programm Break unterstützt Jugendliche und junge Sie weitere Informationen rund um das Thema Alkohol: Erwachsene bei ihrem Ziel, den eigenen Alkoholkonsum signifikant ■■ Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu reduzieren. Im Rahmen des kostenlosen Programms werden die (Hrsg.) (2017): Der Alkoholkonsum Jugendlicher und Umstände des Konsums genauer analysiert, um so Risikosituati- junger Erwachsener in Deutschland. Ergebnisse des onen erkennen und Kontrollstrategien entwickeln zu können. Das Alkoholsurveys 2016 und Trends. Programm beinhaltet drei Einzelberatungen mit einer Berater*in Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. über einen Zeitraum von vier Wochen. Unterstützt wird das ■■ Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) (Hrsg.) (2018): Programm durch ein Begleitbuch inkl. Trinktagebuch. Jahrbuch Sucht 2018. Lengerich: Pabst Science Publishers. ■■ Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung (2017): Mehr Informationen zu den Frühinterventionsangeboten Drogen- und Suchtbericht 2017. Berlin: Bundesministerium in Berlin unter: www.netzwerk-fruehintervention.de für Gesundheit. ■■ Kraus, L., et al. (2014): Kurzbericht Epidemiologischer Selbsthilfegruppen Suchtsurvey 2012. Tabellenband: Prävalenz des Konsums Selbsthilfegruppen werden von Betroffenen organisiert und geleitet. illegaler Drogen, multipler Drogenerfahrung und drogen- Sie stehen jedem offen, der seine Alkoholerkrankung bekämpfen will. bezogener Störungen nach Geschlecht und Alter im Jahr 2012. München: Institut für Therapieforschung. Einige haben wir hier zusammengestellt: ■■ Lampert, T., Kuntz, B. & KiGGS Study Group (2014): ■■ Anonyme Alkoholiker, www.anonyme-alkoholiker.de Tabak- und Alkoholkonsum bei 11- bis 17-jährigen Jugend- ■■ Blaues Kreuz, www.blaues-kreuz.de lichen. Ergebnisse der KiGGS-Studie – Erste Folgebefragung ■■ Guttempler, www.guttempler-berlin.com (KiGGS Welle 1). In: Bundesgesundheitsblatt 57 (2014). ■■ Kreuzbund, www.kreuzbund-berlin.de S. 830-839. ■■ Stiftung Synanon, www.synanon.de Für Verwandte und Freunde von Alkoholabhängigen gibt es die Angebote von Al-Anon (www.al-anon.de). Eltern und Angehörige von Suchtgefährdeten und Süchtigen finden ebenfalls Unterstüt- zung bei den Elternkreisen Berlin-Brandenburg (www.ekbb.de). Eine Übersicht über die bestehenden Selbsthilfegruppen für Betroffene und/oder Sucht-Selbsthilfe für Angehörige finden Sie auf der Webseite der Berliner Landesstelle für Suchtfragen: www.landesstelle-berlin.de unter der Rubrik „Adressen Suchthilfe Berlin/Selbsthilfegruppen“. 11
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