ANDREA MENZE-SONNECK & ELKE LANGELAHN TURNEN, SCHREIBEN, REFLEKTIEREN - SOTL ALS BEITRAG ZUR QUALITÄTSENTWICKLUNG IM RAHMEN DER ...
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Andrea Menze-Sonneck & Elke Langelahn Turnen, Schreiben, Reflektieren – SoTL als Beitrag zur Qualitätsentwicklung im Rahmen der Fachpraxisausbildung angehender Sportlehrkräfte Einleitung Ein zentrales Problem im Rahmen der Fachpraxisausbildung angehender Sportlehrkräfte besteht darin, die Studierenden nicht nur im Hinblick auf ihre motorische Eigenrealisation in den verschiedenen, für den Sportunterricht relevanten Sport- und Bewegungsfeldern zu fördern. Vielmehr soll ihnen ein Kompetenzerwerb ermöglicht werden, der die Voraussetzungen dafür schafft, dass sie im späteren Berufsfeld Schüler*innen Spiel, Sport und Bewegung didaktisch-methodisch differenziert vermitteln können (KMK, 2019). Da Sportstudierende in der Regel eine hohe Motivation für die Verbesserung der motorischen Eigenrealisation mitbringen und diese zudem auch in einschlägigen Prüfungsformaten nachweisen müssen, gilt es für die Lehrenden in der Fachpraxisausbildung einen spezifischen und nicht immer leicht durchzuführenden „Spagat“ zwischen der Vermittlung motorischen Bewegungshandelns und fachdidaktischer Reflexion aufzulösen (vgl. Neuber & Pfitzner, 2017). Zu den Pflichtveranstaltungen im Rahmen der Fachpraxisausbildung im Sportlehramtsstudium zählt der Praxiskurs „Turnen – Bewegen an und mit Geräten“. Andrea Menze-Sonneck ist Lehrende dieses Kurses und setzte zur Förderung der Theorie-Praxis-Verknüpfung bereits seit mehreren Semestern ein Portfolio mit teilweise schriftlich zu bearbeitenden Aufgaben ein, um die Studierenden zu einer regelmäßigen, veranstaltungsbegleitenden Auseinandersetzung mit der relevanten Fachliteratur zu motivieren und sie im Hinblick auf ihre schreibbezogenen Kompetenzen beim Verfassen fachdidaktischer Texte zu fördern (vgl. Menze-Sonneck, 2005). Durch die Kooperation mit Elke Langelahn als Kollegin und Verantwortliche für die Vermittlung literaler Kompetenzen im Fach Sport war es möglich, die (naive) fachdidaktische Sicht auf das Schreiben im Fach mit schreibdidaktischen Erkenntnissen (vgl. z.B. Lahm, 2016) zusammenzuführen und den Wert des Schreibens im Fach anhand des Turn-Portfolios genauer zu evaluieren. So entstand die Idee eines kollaborativen SoTL- Projekts, das folgende Fragen untersuchte: 1. Inwiefern stellt das Portfolio im Praxiskurs Turnen für die Studierenden einen Nutzen dar? Welche inhaltlichen und organisatorischen Probleme sind damit verbunden? 2. Wie können die schriftlich zu bearbeitenden Portfolio-Aufgaben so formuliert werden, dass die Studierenden die damit verbundenen inhaltlichen und sprachlichen Anforderungen verstehen und erfüllen können? 1 Theorie-Praxis-Verknüpfung im Sportlehramtsstudium Das Sport- und Bewegungsfeld „Bewegen an Geräten – Turnen“ gehört zu den traditionellen Inhalten des Sportunterrichts an Schulen und ist entsprechend der Rahmenvorgaben für den Schulsport in Nordrhein-Westfalen (vgl. MSW NRW, 2014), zumindest in der Primarstufe und der Sekundarstufe I, verpflichtend zu unterrichten. Auch im Bachelorstudiengang der Lehramtsausbildung an der Universität Bielefeld ist Turnen im Rahmen der fachpraktischen Veranstaltungen zur „Didaktik und Methodik der Sport- und Bewegungsfelder“ in allen Lehramtsprofilen mit zwei Semesterwochenstunden verpflichtend verankert (vgl. Modulbeschreibung, 2017). In den fachpraktischen Veranstaltungen sollen die Studierenden verschiedene Thematisierungsmöglichkeiten des jeweiligen Sport- und Bewegungsfeldes kennenlernen und wesentliche bewegungstheoretische, fachspezifische und didaktisch-methodische Grundlagen für ihre spätere Unterrichtstätigkeit als Sportlehrkraft erwerben. In den Prüfungen müssen sie sowohl theoriebezogene als auch grundlegende sportmotorische Kompetenzen nachweisen. Vertiefte praxisbezogene Kompetenzen sind zudem im Bereich „Lehren“ im Rahmen einer Lehrpraktischen Prüfung nachzuweisen und im Bereich der motorischen Eigenrealisation als Motorische 1
Praxisprüfung. Ein zentrales Ziel der Fachpraxisausbildung ist es, dass Studienabsolvent*innen „über ein sport- und bewegungsspezifisches Können in ausgewählten Feldern der Sport- und Bewegungskultur [verfügen], das sie in die Lage versetzt, sportliches Bewegen auf angemessenem Niveau auszuführen, anderen in differenzierter Weise mit unterschiedlichen Aufgabenanforderungen zu vermitteln und zu analysieren“ (KMK, 2019, S. 61). Die Anforderungen an die fachpraktische Ausbildung im Bereich des Lehramtsstudiums gehen damit deutlich über eine am System des Vereins- und Wettkampfsports ausgerichtete, sportartenorientierte Ausbildung hinaus und erfordern Veranstaltungskonzepte, die dem Anspruch einer qualitativ hochwertigen Theorie-Praxis-Verknüpfung gerecht werden. Insofern besitzt die Fachpraxisausbildung für die Durchdringung sportwissenschaftlicher Theorie, die die Studierenden im Rahmen von Vorlesungen und Seminaren erwerben, eine hohe Bedeutung (vgl. dvs, 2019). Im Rahmen der professionsbezogenen Diskussion zur Sportlehrer*innenausbildung kommt deshalb den fächerübergreifend bedeutsamen Begriffen der Theorie-Praxis-Verknüpfung und der reflektierten Praxis (vgl. u.a. Serwe-Pandrick, 2016) eine besondere, fachspezifische Bedeutung zu: Denn Reflektierte Praxis innerhalb der Lehramtsausbildung soll Sportstudierende in die Lage versetzen, „in Distanz zu ihrem eigenen sportpraktischen Handeln und Erleben sowie der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur zu treten, um diese Praxis retrospektiv, introspektiv und prospektiv zu reflektieren (Serwe-Pandrick, 2016, S. 147), zu verbalisieren und letztlich in die weitere Gestaltung eigener Sportpraxis sowie die der Schülerinnen und Schüler einfließen zu lassen“ (Frohn, 2017, S. 91). Damit derartige Reflexionsprozesse fruchtbar werden, sind diese nicht nur systematisch anzulegen und wahrzunehmen, sondern auch auf „wissenschaftliche Wissensbestände als Referenzpunkte“ (Fichten & Meyer, 2014, S. 26; Koller, 2006) zu beziehen. Die auf wissenschaftlichen Wissensbeständen basierenden Referenzpunkte der Reflexion stellen in der fachpraktischen Ausbildung eine zentrale Voraussetzung dafür dar, dass die angehenden Sportlehrkräfte eine reflexive Distanz zum eigenen und fremden (sport)unterrichtlichen Handeln herstellen können, um sich selbst und anderen beim Unterrichten theoriegeleitet über die Schulter zu schauen (vgl. Meyer, 2004, S. 138 f.). Das von den Sportstudierenden in der Regel im Vereins- und/oder Wettkampfsport erworbene Erfahrungswissen und Können der Lehrpraxis (vgl. Miethling, 2018) soll somit im Verlauf der Fachpraxisausbildung eine wertvolle Erweiterung erfahren und langfristig zum Erwerb eines „wissenschaftlich-reflexiven Habitus“ im Sinne von Helsper (2001, S.11) beitragen, der das zentrale didaktische Leitkonzept der Lehrer*innenbildung an der Universität Bielefeld darstellt (vgl. Schüssler & Schöning, 2017). 2 Fachliche und schreibdidaktische Begründung des Aufgabenportfolios Aufgrund der oben skizzierten curricularen und professionsbezogenen Anforderungen der Sportlehramtsausbildung sehen sich Lehrende in der fachpraktischen Ausbildung mit der Herausforderung konfrontiert, die Theorie und Praxis der Sport- und Bewegungsfelder in den zur Verfügung stehenden zwei Semesterwochenstunden möglichst effektiv miteinander zu verzahnen. Hierdurch sollen die Studierenden zum einen hinreichend im Bereich der motorischen Eigenrealisation gefördert werden, zum anderen aber auch die relevanten Kompetenzen erwerben, um den jeweiligen Sport- und Bewegungsbereich mit Blick auf unterschiedliche Zielsetzungen und Adressat*innengruppen zu vermitteln und Vermittlungsprozesse sowie die damit in Zusammenhang stehenden verschiedenen unterrichtlichen Handlungen und Interaktionen theoriegeleitet zu reflektieren. Dies soll im Grundkurs „Turnen – Bewegen an und mit Geräten“ mittels eines Aufgaben- Portfolio unterstützt werden. Innerhalb der Lehrer*innenausbildung an der Universität Bielefeld stellt die Portfolioarbeit eine zentrale Dokumentations- und Reflexionsmethode dar. Die (schriftliche) Arbeit mit dem Bielefelder Portfolio Praxisstudien begleitet die Lehramtsstudierenden in den verschiedenen Praxisphasen ihres Studiums und soll ihre individuelle Kompetenzentwicklung unterstützen sowie die Ausbildung eines professionellen Selbstverständnisses fördern (vgl. Arbeitsgruppe Portfolio in der LehrerInnenbildung, 2011). Dies entspricht aus formaler Sicht nicht nur den Vorgaben des LABG 2009, nach dem die 2
Dokumentation der Praxiselemente in einem Portfolio verpflichtender Bestandteil des Lehramtsstudiums ist, sondern wird vor allem auch dem Leitkonzept der Bielefelder Lehrer*innenausbildung gerecht, das diese unter das Dach des Forschenden Lernens stellt (vgl. Heinrich & Klewin, 2018). Der konzeptionellen Umsetzung dieser Leitidee in den verschiedenen Veranstaltungsformaten im Rahmen der Fachausbildung sowie den damit verbundenen Chancen und Problemen kommt dementsprechend auch insgesamt in der Sportlehrer*innenausbildung an der Universität Bielefeld eine zentrale Bedeutung zu (vgl. Ukley, Gröben, Faßbeck & Kastrup, 2019). Das Aufgaben-Portfolio im Grundkurs „Turnen – Bewegen an und mit Geräten“ besteht aus verschiedenen Aufgabenblättern, die die Studierenden zu jedem Kurstermin erhalten, um die Inhalte des Kurses anhand der gestellten Aufgaben schriftlich vor- oder nachzubereiten (vgl. Menze-Sonneck & Langelahn, 2018). Die Aufgaben sind so formuliert, dass sich die Studierenden mit unterschiedlichen Anforderungsniveaus auseinandersetzen können und zudem Wissen aus unterschiedlichen Bereichen und Bezugsdisziplinen der Sportwissenschaft kennenlernen. Um den Studierenden eine theoriegeleitete Reflexion der im Kurs erlebten bzw. zu erlebenden Praxis zu ermöglichen, sind möglichst viele Aufgabenstellungen mit konkretem Praxisbezug formuliert. Hierbei wird versucht darauf zu achten, dass die Theorie-Praxis-Verknüpfung nicht rein affirmativ oder illustrativ (vgl. Kurz & Schulz, 2010; Trebels, 1999) erfolgt, sondern durch Hinzunahme einschlägiger alternativer Quellen auch eine kritische Auseinandersetzung mit der im Kurs erlebten Praxis erfolgen kann. Hierdurch soll einer rein „rezeptartigen“ Übertragung der selbst erlebten Praxis auf spätere Unterrichtsprozesse entgegengewirkt werden (vgl. Koller, 2006). Zudem soll das Portfolio die Studierenden beim Erwerb literaler Kompetenzen unterstützen, indem ihnen Anlässe geboten werden, regelmäßig Fachtexte zu lesen, zu verstehen und zentrale Aspekte (in eigenen Worten) wiederzugeben. Hiermit verbunden ist der (auch formale) Umgang mit verschiedenen, für die Sportwissenschaft typischen Textsorten, die neben der üblichen Fachliteratur auch nicht lineare Texte, z.B. Bewegungsbeschreibungen in Form einer Aufzählung, Phasenbilder einer Bewegung oder Abbildungen fehlerhaft ausgeführter Bewegungen, umfassen. Durch die Regelmäßigkeit der Bearbeitung der Aufgaben sollen die Studierenden das Schreiben nicht nur als Erfüllung von Leistungsanforderungen in Form bestimmter Textsorten („Learning to Write“), sondern auch als Denkinstrument und wichtige Form der theoriegeleiteten reflektierenden Erkenntnisgewinnung kennenlernen („Writing to Learn“; vgl. z.B. Lahm, 2016; Kruse, 2017; Liessmann, 2015). Durch die schriftliche Auseinandersetzung mit der für den Kurs relevanten Theorie soll diese kursbegleitend zur Unterstützung von Reflexionsprozessen und nicht allein prüfungsorientiert aufgearbeitet werden. Die Aufgaben, die entweder stichpunktartig oder – wie z.B. die Erörterung der turndidaktischen Konzepte – als Fließtext zu bearbeiten sind, werden von den Studierenden entweder im Paper-Pencil- Format verfasst oder im digitalen Lernraum in vorher eingerichteten Ordner hochgeladen. Die zur Bearbeitung der Aufgaben relevante Pflichtlektüre ist ebenfalls im Lernraum hochgeladen. Zusätzlich ist in der Bibliothek ein Handapparat „Turnen“ mit weiteren für die Fachausbildung relevanter Literatur vorhanden. Formal ist das Aufgaben-Portfolio als Studienleistung im Kurs verortet und am Ende des Semesters einzureichen. Hierbei wird den Studierenden gegenüber der Charakter des Portfolios als Instrument zum eigenverantwortlichen, selbstgesteuerten und selbstregulierten Lernen betont (vgl. Imhof, Borsch, Hänssig, Korneck, Labonté, Petras, Picard, Quetz und Wagner, 2006, S. 131). Eine inhaltlich schwache und unvollständige Bearbeitung der Portfolio-Aufgaben wird dementsprechend nicht negativ bewertet. Ein differenziertes Feedback zur inhaltlichen und sprachlichen Qualität der Aufgabenbearbeitung erhalten die Studierenden aber, wie zu Beginn des Kurses ebenfalls angekündigt wird, für die Bearbeitung einer komplexeren Aufgabenstellung zur Diskussion zweier turndidaktischer Konzepte (vgl. Menze-Sonneck & Langelahn, 2018, S. 108). 3 Das SoTL-Projekt zur Evaluation der Portfolio-Arbeit Im Folgenden werden die Ergebnisse zweier Teilstudien zur Evaluation der Portfolio-Arbeit aus dem Wintersemester 2016/17 und dem Wintersemester 2017/18 vorgestellt und diskutiert. Die 3
Evaluation erfolgte in der ersten Teilstudie mittels eines schriftlichen Fragebogens, mit dem die Einstellung der Studierenden zum Portfolio sowie speziell zu den Schreibaufgaben erhoben wurde. In der zweiten Teilstudie wurde eine qualitative, kriteriengeleitete Textanalyse (Instrument: Six- Subgroup Quality Scale; vgl. Ransdell & Levy, 1996) einer komplexeren Schreibaufgabe zur Diskussion zweier turndidaktischer Konzepte durchgeführt. Die im WS 2016/17 zunächst im klassischen Aufgabenformat einer Erörterung formulierte Schreibaufgabe überarbeiteten wir im WS 2017/18 im Sinne einer effektiven Schreibaufgabe (vgl. Anderson et al., 2015; Bean, 2011; Gottschalk & Hjortshoj, 2004) mit dem Ziel, die Qualität der Studierendentexte zu verbessern. Studie 1 – Fragebogen zum Nutzen des Portfolios Mit der Fragebogenuntersuchung wollten wir von den Studierenden erfahren, wie sie den Nutzen des Portfolios wahrnahmen, die Qualität der Aufgaben einschätzten und mit welchen Herausforderungen die Bearbeitung für sie verbunden war. Im Wintersemester 2016/17 nahmen 42 Studierende, im Wintersemester 2017/18 nahmen 19 Studierende an der Studie teil. Der Fragebogen bestand aus einem geschlossenen Fragenteil mit zehn Items, die wir aus den zentralen Lehrzielen des Portfolio-Einsatzes ableiteten. Weitere fünf offene Fragen dienten dazu, die individuellen Perspektiven der Studierenden hinsichtlich des Nutzens sowie möglicher Probleme bei der Bearbeitung des Portfolios zu erfassen, um daraus konkrete Verbesserungen zu den Aufgabenstellungen oder organisatorischen Bedingungen abzuleiten (Beispielfrage: Ist dir die Bearbeitung des Portfolios eher leicht oder eher schwer gefallen? Warum? Worin warst du dir ggf. unsicher?). Die Fragebogenstudie wurde jeweils in der letzten Seminarsitzung durchgeführt. Auf Grundlage der Evaluationsergebnisse des ersten Erhebungszeitpunktes (WiSe 2016/17) entwickelten wir das Portfolio weiter und evaluierten es im WiSe 2017/18 erneut. In der quantitativen Analyse wurden neun der zehn Items (da ein Item den Gesamteindruck erfasste) mithilfe einer explorativen Faktorenanalyse zu den drei folgenden Faktoren zusammengefasst (wobei Item 9 rekodiert wurde): Qualität der Arbeitsblätter (Beispiel-Item: Die Arbeitsblätter hatten eine klar erkennbare Struktur), Aufwand (Beispiel-Item: Der Umfang der Arbeitsblätter war angemessen) und Bezug/Nutzen (Beispiel-Item: Die Inhalte des Portfolios sind für mein Studium nützlich). Für jeden Faktor wurde aus den zugehörigen Items ein standardisierter Wert gebildet, der zwischen 1 (alle Items so schlecht wie möglich bewertet) und 5 (alle Items bestmöglich bewertet) beträgt. Die Antworten auf die offenen Fragen wurden in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse (vgl. Mayring, 2015) ausgewertet, indem sie zu induktiv ermittelten Inhaltskategorien zusammengefasst wurden. Ergebnisse und Diskussion In Abbildung 1 ist die durchschnittliche Bewertung des Portfolios zu den jeweiligen Erhebungszeitpunkten dargestellt (vgl. Menze-Sonneck & Langelahn, 2019). 4
Abb.1. Bewertung der Aspekte Qualität, Aufwand, Bezug und Gesamteinschätzung (N=61), Mittelwertvergleiche mittels T-Tests für unabhängige Stichproben: *:p
Befragungszeitpunktes konnten viele Aufgaben leicht bearbeiten, wenn diese als klar formuliert wahrgenommen wurden und die passende Literatur eindeutig zugeordnet werden konnte. In Bezug auf die Literatur werden aber Probleme angegeben, die eine Bearbeitung der Aufgaben erschwerte: „War die Literatur nicht vollständig bereitgestellt oder undurchsichtiger zu lesen, fiel es manchmal schon schwer.“ (S18) Weitere Schwierigkeiten, die die Befragten nennen, sind: unklare Organisation der Literatur im digitalen Lernraum der Veranstaltung, keine eindeutige Zuordnung von Literatur zu Aufgaben, Notwendigkeit eigener Literaturrecherche. Ein weiteres häufig genanntes Problem ist ein hoher wöchentlicher Zeitaufwand, der sich aus der Perspektive der Befragten zum einen durch die (zu) hohe Anzahl der zu bearbeitenden Aufgaben, zum anderen durch das teilweise schwierige Auffinden der passenden Literatur ergab: 64% der befragten Studierenden geben an, durchschnittlich 1 bis 2 Stunden pro Woche in die Portfolio-Arbeit zu investieren, 29% investierten bis zu einer Stunde und 7% zwischen 2 und 3 Stunden. Aufgrund dieser Einschätzungen wurde das Portfolio in Hinblick auf drei Aspekte optimiert: Der Umfang wurde reduziert, indem eine Unterteilung in Pflicht- und Wahlaufgaben vorgenommen wurde. Zudem wurde die Literatur ergänzt und alle zur Bearbeitung benötigten Texte neu organisiert im Lernraum zur Verfügung gestellt. Schließlich wurden wegen vereinzelt geäußerter Kritik zur unklaren Struktur von Aufgaben(blättern) diese noch einmal geprüft und an einigen Stellen klarer gegliedert und formuliert. Wie die Ergebnisse der zweiten Befragung nach der Überarbeitung im Wintersemester 2017/18 zeigen (s. Abb. 1), waren die Veränderungsmaßnahmen erfolgreich. Dies wird auch in der qualitativen Analyse der entsprechenden Fragen deutlich: Es werden nur selten Probleme mit der Literatur genannt, die Aufgabenstellungen werden als klar empfunden und der Zeitaufwand wird nur vereinzelt als zu hoch eingeschätzt, was sich auch in den genannten Zeitumfängen wiederspiegelt (79%: 0-1 Stunde/Woche; 21%: 1-2 Stunden/Woche). Wie die Auswertung des Fragbogens zur Nutzung des Portfolios zeigt, stellt das Portfolio zumindest für einen Teil der Studierenden ein geeignetes Denk- und Reflexionsinstrument im Rahmen der Fachpraxisausbildung dar. Aber es ist auch ein sehr zeitaufwendiges und aus fachlicher und schreibdidaktischer Sicht anspruchsvolles Instrument. Die (schriftliche) Auseinandersetzung mit fachlichen und fachdidaktischen Inhalten wird von den Studierenden durchaus (an)erkannt und als wertvoll für die eigene berufliche Karriere betrachtet. Durch die enge Verzahnung der Portfolio- Aufgaben mit der erlebten bzw. zu erlebenden motorischen Praxis im Kurs wird den Studierenden in deren Wahrnehmung eine fachlich fundierte Auseinandersetzung mit der Akteur*innenperspektive möglich. Hiervon glauben sie aktuell während des Kurses im Hinblick auf die motorische Eigenrealisation zu profitieren, meinen aber auch durch das Portfolio zukunftsorientiert Impulse dahingehend zu erhalten, wie sie Turnen in ihrer späteren Berufslaufbahn – als „Arrangeur*innen“ – im Sportunterricht vermitteln könn(t)en. Aus professionstheoretischer Sicht trägt das Portfolio somit offenbar zum Erwerb von Wissen bei, das zur Klärung von „(fachspezifischen) Rahmenbedingungen ‚guten‘ Unterrichtens“ (Hartmann, Laging & Scheinert, 2019, S. 8) beitragen kann. Da an dieser Stelle jedoch auch immer das Problem einer rezeptartigen Übernahme von scheinbar gesicherten Erkenntnissen oder Vermittlungspraktiken in die spätere Unterrichtspraxis besteht (vgl. Koller, 2016), muss die Bedeutung einer theoriebezogenen und diskursiv-kritischen Auseinandersetzung mit der im Kurs erlebten Praxis für die Studierenden verdeutlicht werden. Die argumentative Auseinandersetzung mit verschiedenen (fachdidaktischen) Positionen erscheint uns vor diesem Hintergrund eine wichtige Aufgabe im Rahmen der fachpraktischen Ausbildung (vgl. Langelahn & Menze-Sonneck, i.Vorb.). Insbesondere die schriftliche Bearbeitung von Aufgaben ermöglicht es den Studierenden, sich intensiv mit den theoretischen Inhalten auseinanderzusetzen, ihr Wissen zu strukturieren und zu erweitern (vgl. u.a. Steinhoff, 2014). Die Ergebnisse der im Folgenden vorgestellten Textanalyse deuten allerdings darauf hin, dass die Studierenden hier im Rahmen der Portfolio-Arbeit noch stärkerer Unterstützung bedürfen, um wesentliche fachliche Inhalte und Positionen sprachlich präzise herauszuarbeiten und diskursiv gegenüberzustellen, um sie letztendlich als „Referenzpunkte“ (Fichten & Meyer, 2014, S. 26) für die Reflexion von Unterricht nutzen zu können. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass Aufgabenformate, die aktuellen schreibdidaktischen Überlegungen entsprechen, die Textqualität positiv beeinflussen können. 6
Studie 2 – Textanalyse einer komplexeren Schreibaufgabe In unserer zweiten Teilstudie zur Evaluation der Portfolio-Arbeit führten wir eine systematische Analyse von Studierendentexten zu einer komplexeren Schreibaufgabe durch. Hierdurch erhofften wir uns, spezifische Problembereiche und Ansatzpunkte für Unterstützungsmöglichkeiten zu bestimmen. 1 Ein geeigneter Ansatz dazu erschienen uns neuere Überlegungen der Schreibdidaktik zu sogenannten effektiven Schreibaufgaben (vgl. Anderson et al., 2015; Bean, 2011; Gottschalk & Hjortshoj, 2003 Bräuer & Schindler, 2010; Bachmann & Becker-Mrotzek, 2010) zu sein. Hierzu überarbeiteten wir eine im Kurs eingesetzte, im klassischen Format formulierte Schreibaufgabe, indem wir die entsprechenden Merkmale berücksichtigten: Die Schreibaufgabe ist bedeutungsvoll, d.h. sie behandelt ein fachlich relevantes Problem; die Anforderungen und der Kontext sind transparent; die Aufgabe ist in einen situativen Kontext eingebettet. Als weiteres Merkmal wird ein interaktiver Schreibprozess genannt, d.h. Studierende sollten mindestens ein Feedback im Bearbeitungsprozess erhalten. Dieses Kriterium konnten wir aus organisatorischen Gründen zum zweiten Erhebungszeitpunkt noch nicht umsetzen, planten dies aber für den folgenden Kurs ein. Die Schreibaufgabe wurde im Wintersemester 2016/17 auf einem Arbeitsblatt zum Balancieren (vgl. Menze-Sonneck & Langelahn, 2018, S. 110 ff.) im klassischen Aufgabenformat formuliert: Erörtern Sie, inwieweit die Kenntnis beider Konzepte 2 für das Unterrichten des Balancierens im Sportunterricht bedeutsam ist. Wo sehen Sie bezüglich der methodischen Vermittlung Differenzen, wo Überschneidungen? Die als effektive Schreibaufgabe überarbeitete Aufgabenstellung lautete folgendermaßen: Nach dem Referendariat haben Sie eine Anstellung an Ihrer Traumschule erhalten! Die Fachkonferenz Sport der Schule trifft sich, um zu diskutieren, wie Turnen im Sinne einschlägiger turndidaktischer Konzepte unterrichtet werden soll. Um die Diskussion konstruktiv zu gestalten, bittet die Fachkonferenzvorsitzende, Frau Mustermann, alle Kolleg*innen, ihr vorab ihren Standpunkt schriftlich darzulegen. Schreiben Sie der Fachkonferenzvorsitzenden eine E-Mail (ca. 700 Wörter), in der Sie anhand des Balancierens erläutern, warum an der Schule sowohl das normierte als auch das unnormierte Turnkonzept im Sportunterricht berücksichtigt werden sollte. Gehen Sie hierbei unter Bezug auf die unten angegebene Literatur auf die typischen Ziele, Inhalte und Methoden der Konzepte ein und beziehen Sie den Lehrplan Ihrer Schulform (z.B. Grundschule oder Lehrplan Gymnasium/Gesamtschule der Sek. I) in die Begründung Ihrer Antwort ein. Weitere Literatur, die Sie ggf. zum Verfassen Ihrer Stellungnahme nutzen, geben Sie bitte gesondert an. Die erste Aufgabe (im klassischen Format) wurde im Wintersemester 2016/17 von 51 Studierenden bearbeitet, wobei wir aus organisatorischen Gründen nur 25 Studierendentexte eines Kurses im Rahmen der SoTL-Studie auswerteten. Die überarbeitete Aufgabe (als effektive Schreibaufgabe) im Wintersemester 2017/18 wurde ebenfalls von 25 Studierenden bearbeitet. Die Textanalyse führten wir in Anlehnung an die Six-Subgroup Quality Scale (SSQS) von Ransdell und Levy (1996) durch (vgl. auch Scharlau, Golombek & Klingsiek, 2017), die zur Beurteilung von Essays auf der Grundlage eines universitären Einstufungstests entwickelt wurde. Die SSQS besteht aus dreizehn Kriterien, die sechs Kategorien („Subgroups“) zugeordnet und auf einer fünfstufigen Skala bewertet werden. Die Kategorien wurden von uns ins Deutsche übersetzt („Wörter: Auswahl und Anordnung“, „Technische Qualität“, „Inhalt, Absicht/Adressatenbezug/Ton“, „Organisation & Entwicklung“, „Stil“) und im Hinblick auf die Anforderungen der Schreibaufgabe inhaltlich leicht modifiziert (vgl. ausführlich dazu Langelahn & Menze-Sonneck, i.Vorb.). Abweichend von Ransdell und Levy nahmen wir zudem die 1 An dieser Stelle beschränken wir uns auf zentrale Ergebnisse der Textanalyse. Eine ausführliche Publikation der Studie, in der auch die inhaltlichen und schreibbezogenen Anforderung der Schreibaufgabe sowie das methodische Vorgehen detailliert dargestellt sind, ist zur Veröffentlichung eingereicht (vgl. Langelahn & Menze-Sonneck (i.Vorb.). 2 Gemeint sind hier das normierte und das unnormierte Turnkonzept, zu denen auf dem Aufgabenblatt bereits die ersten fünf Fragen formuliert waren. 7
Bewertung auf einer vierstufigen Skala vor, um die Tendenz zur Mitte auszuschließen. Die Werte 1 und 2 bildeten dabei die untere Hälfte, die Werte 3 und 4 die obere Hälfte der Skala. Die Unterschiede in der Textqualität zwischen den beiden Aufgabenformaten wurden sowohl auf Kategorien- als auch auf Kriterienebene mit einem zweiseitigen t-Test für unabhängige Stichproben geprüft. Ergebnisse und Diskussion Die Auswertung der Textanalyse zeigt eine signifikante Verbesserung der Textqualität im Gesamteindruck von M = 2,16 (SD = 0.70) im klassischen Aufgabenformat auf M = 2,64 (SD = 0.55; p < .05) für die effektive Schreibaufgabe. Entsprechend erhöhte sich die Textqualität sowohl in der Kategorie „Absicht/Adressatenbezug/Ton“ von M = 2.71 (SD = 0.59) auf M = 2.81 (SD = 0.62; p < 0.5) als auch in der Kategorie „Organisation und Entwicklung“ von M = 2.39 (SD = 0.59) auf M = 2.81 (SD = 0.80; p < 0.5). In der Kategorie „Technische Qualität“ zeigt sich dagegen eine Verschlechterung von M = 3.45 (SD = 0.58) auf M = 3.12 (SD = 0.46; p < 0.5). In den anderen Kategorien lassen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Aufgabenformaten feststellen. Die Verbesserung der Kategorien „Absicht/Adressatenbezug/Ton“ und „Organisation und Entwicklung“ erklären wir mit der Situierung der Schreibaufgabe: Hierdurch wurde eine größere Relevanz und Transparenz hinsichtlich des zu bearbeitenden fachlichen Problems sowie des Adressaten und Formats geschaffen. Mit der Vorgabe der inhaltlichen Vergleichskategorien (Ziele, Inhalte, Methoden) wurde bereits ein möglicher Rahmen für eine strukturierte Argumentation gegeben und auch die Vorgabe des Umfangs vermittelte Hinweise darauf, wie umfassend und/oder tiefgehend der zu verfassende Text sein sollte. Insbesondere die Verbesserungen im Einzelkriterium „Differenziertheit und Tiefe der Argumentation“ (Kriterium der Kategorie „Organisation und Entwicklung“) sehen wir besonders positiv, weil dieses Kriterium – neben dem Kriterium „Literaturverweise“ – in der Ausgangsanalyse der im klassischen Aufgabenformat verfassten Texte die schlechtesten Bewertungen erzielte und einen zentralen Motivationsfaktor für die Überarbeitung der Schreibaufgabe darstellte. Die Textqualität „Inhalt“ blieb demgegenüber trotz der Verbesserungen auf Darstellungsebene unabhängig von der Art der Aufgabenstellung in beiden Fachsemestern nahezu gleich. Dieser, uns zum Teil auch mit Blick auf das im vorangegangenen dargestellte Ergebnis widersprüchlich erscheinende Befund könnte evtl. darauf hindeuten, dass die Studierenden des zweiten Schreibdurchgangs durch die effektive Schreibaufgabe keine zusätzlichen Impulse erhielten, ihr inhaltliches Wissen auszubauen, und sie die zur Bearbeitung der Aufgabe empfohlenen Texte nicht schlüssig in Hinblick auf die typischen Merkmale der beiden Unterrichtskonzepte vergleichend lesen und darstellen konnten. Hierfür spricht auch, dass die Gesamtbewertung der Textqualität auch bei der effektiven Schreibaufgabe noch nicht im oberen Bereich der Skala liegt. Denkbar wären deshalb zusätzliche Hinweise in der Aufgabenstellung zu Schritten der systematischen und fokussierten Rezeption und Bearbeitung der Fachliteratur im Schreibprozess, z.B. das Anfertigen einer Tabelle, in der die Argumente aus den Texten gegenübergestellt werden. Bei der festgestellten Verschlechterung der Textqualität im Bereich der Grammatik und Zeichensetzung könnte es sich um in der Schreibdidaktik bekannte sogenannte „Breakdown- Phänomene“ handeln, „bei denen es aufgrund der neuen Erwerbsanforderungen zu einem ‚Durchschlagen‘ von Schreibschwierigkeiten auf solche Kompetenzebenen kommt, deren Erwerb eigentlich bereits abgeschlossen ist“ (Pohl, 2011, S. 4 f., mit Bezug auf Ortner, 1993). Einen Lösungsansatz sehen wir hier in der von uns für den folgenden Kurs geplanten systematischen Einbeziehung von Feedback, das auch als ein Kriterium effektiver Schreibaufgaben betrachtet wird (s.o.), da die Studierenden möglicherweise auch auf Prozessebene eine systematische Textüberarbeitung mit abschließender sprachlicher Korrektur noch nicht zu ihrer Routine gemacht haben (vgl. auch Wissensbereich „Schreibprozesswissen“; Beaufort, 2005). Mit der Umformulierung der Aufgabenstellung konnten wir leider keinerlei positive Wirkung bezüglich des Kriteriums „Literaturverweise“ feststellen. Eine Ursache dafür könnte sein, dass die explizite Angabe von Quellen für die Studierenden noch nicht selbstverständlich geworden ist, was 8
mit dem fehlenden Bewusstsein für die Argumentationsdimension wissenschaftlicher Texte erklärt werden könnte (vgl. Pohl, 2011, S. 6 f.). Möglicherweise fühlten sich die Studierenden durch die Situierung des Schreibkontexts und der Adressatin in Form von Schule und Fachkollegin aber auch nicht ausreichend aufgefordert, auf die verwendeten Quellen im Text explizit hinzuweisen. Zudem könnte auch das Medium „E-Mail“ die Angabe der genutzten Literatur verhindert haben. Für die nächste Kursgruppe gilt es daher, einen noch eindeutigeren Kontext zu schaffen, der die Literaturbezüge für die Studierenden notwendig erscheinen lässt. 4 Fazit Die als SoTL-Projekt durchgeführte Evaluation des Aufgaben-Portfolios zur Förderung der Theorie- Praxis-Verknüpfung im Rahmen der Fachpraxisausbildung angehender Sportlehramtsstudierenden erwies sich für uns in zweifacher Hinsicht als sehr fruchtbar. So zeigte es uns nicht nur, wie wichtig es sein kann, im Bemühen um eine qualitativ hochwertige Lehre den Bereich des „armchair-reasoning“ (vgl. Huber, 2011, S. 120) zu verlassen, sondern auch, wie wertvoll es hierbei ist, eine Kooperation von Fach- und Schreibdidaktik einzugehen. Auch die Studierenden konnten hiervon, wie die Ergebnisse der beiden Teilstudien zeigen, profitieren. Auf Basis der Evaluationsergebnisse nehmen wir weitere inhaltliche und strukturelle Optimierungen des Portfolio-Einsatzes vor. Hierdurch sollen die Studierenden es zum einen noch deutlicher als Raum wahrnehmen, in dem sie die Gelegenheit erhalten, sich theoretisch-begrifflich präzise sowie auch kritisch-reflexiv mit der erlebten oder zu erlebenden Unterrichtspraxis auseinanderzusetzen. Zudem sollen sie das Schreiben als Denkinstrument und (selbst)reflexives Schreiben als wertvolle Kompetenz im Rahmen ihrer Ausbildung erkennen und als solches schriftlich reflektieren. In diesem Zusammenhang wäre es auch sinnvoll, klarere Bezüge zur Portfolioarbeit im Rahmen der Bielefelder Praxisstudien und dem Forschenden Lernen herzustellen. Die Schreibanlässe, die das Aufgaben- Portfolio hierzu in seiner gegenwärtigen Form liefert, könnten Gegenstand einer weiteren Teilstudie zur Qualitätsverbesserung sein. Zudem möchten wir das Potenzial des Formats effektiver Schreibaufgaben zur Förderung der Qualität von Studierendentexten im Bereich der adressat*innenbezogenen Erörterung fachdidaktischer Problemstellungen weiter erforschen, da sich unseres Erachtens dieser Ansatz sehr gut eignet, um Orientierungspunkte für die Konzeption und Formulierung von Aufgabenstellungen zu erhalten. Durch die von uns vorgenommene Textanalyse konnten zentrale, aus anderen Untersuchungen zum Schreiben im Fach bereits bekannte Problembereiche (u.a. strukturierte und stringente Darstellung einer Argumentation, korrekte Verwendung von Zitationsregeln, Fachbegriffen und Ausdrücken der Alltäglichen Wissenschaftssprache) erneut herausgearbeitet werden. Aus schreibdidaktischer Sicht erscheint es uns deshalb sinnvoll, die für die Bearbeitung der Aufgabenstellungen relevanten schreibbezogenen Kompetenzen transparent zu machen und den Studierenden das in anderen Veranstaltungskontexten (z.B. Einführungsveranstaltungen) hierzu bereits erworbene Wissen systematischer in Erinnerung zu rufen und auszubauen. Dies betrifft sowohl Hinweise zu grundlegenden Konventionen des Schreibens im Fach (z.B. richtige Zitation), aber auch Hilfestellungen (Stichwort Scaffolding) für die Strukturierung von Texten auf meta-sprachlicher Ebene (z.B. Bedeutung geeigneter Konnektoren). Außerdem sollen zukünftig ein Peer-Feedback im Schreibprozess integriert und kollaborative Schreibprozesse gefördert werden. Zum einen erfahren die Studierenden dadurch, dass Feedback als essenzieller Bestandteil des (wissenschaftlichen) Schreibprozesses zur Erhöhung der Textqualität beiträgt. Zum anderen wird auch durch das Geben von Feedback die eigene Schreibkompetenz weiterentwickelt (vgl. Bijami, Kashef & Nejad, 2013; Moore & Teather, 2013). Nicht zuletzt hat die dadurch erwartete erhöhte Qualität der Studierendentexte positive Effekte für die betreuenden Lehrenden: Sie können sich im Rahmen ihres Feedbacks auf inhaltliche Kommentare und Anmerkungen auf der Ebene der sog. Higher Order Concerns konzentrieren. In der Gesamtschau erscheint uns sowohl das Format Aufgaben-Portfolio als auch das der effektiven Schreibaufgabe geeignet, um das Schreiben im Fach im Rahmen der Lehramtsausbildung wirksam zu 9
unterstützen. Es handelt sich um veranstaltungsbegleitend einzusetzende Aufgabenformate, die Studierende dabei unterstützen können, ihre fachlichen und (wissenschafts)sprachlichen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Literatur Anderson, P., Anson, C., Gonyea, R. M. & Paine, C. (2015). The Contributions of Writing to Learn and Development: Results from a Large-Scale Multi-institutional Study. Research in the Teaching of English, 50 (2), 199-235. Arbeitsgruppe Portfolio in der LehrerInnenbildung (2011). Empfehlungen der Arbeitsgrupe Portfolio in der LehrerInnenbildung für die Implementierung des „Bielefelder Portfolio Praxisstudien“. Zugriff am 15. Februar 2020 unter http://www.bised.uni-bielefeld.de/praxisstudien/ portfolio_praxisstudien/praxisstudien/pdf-empfehlungen Bachmann, T. & Becker-Mrotzek, M. (2010). Schreibaufgaben situieren und profilieren. In T. Pohl & T. Steinhoff (Hrsg.), Textformen als Lernformen (KöBeS Kölner Beiträge zur Sprachdidaktik, 7; S. 191-209). Duisburg: Gilles & Francke Verlag. Bean, J. (2011). Engaging Ideas. The Professor’s Guide to Integrating Writing, Critical Thinking, and Active Learning in the Classroom. San Francisco: Jossey-Bass. Beaufort, A. (2005). Adapting to New Writing Situations. How Writers Gain New Skills. In E.-M. Jakobs, K. Lehnen & K. Schindler (Hrsg.), Schreiben am Arbeitsplatz (S. 201-216). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften. Bielefeld School of Education (BiSEd). (Hrsg.). (2014). Bielefelder Portfolio Praxisstudien. Informationen für Studierende zur Portfolioarbeit. Zugriff am 10. Februar 2020 unter http://www.bised.uni-bielefeld.de/praxisstudien/portfolio_praxisstudien/praxisstudien Bijami, M., Kashef, S. H. & Nejad, M. S. (2013). Peer Feedback in Learning English Writing: Advantages and Disadvantages. Journal of Studies in Education, 3 (4), 91-97. Bräuer, G. & Schindler, K. (2010): Authentische Schreibaufgaben im schulischen Fachunterricht. Zeitschrift Schreiben (15.01.2010). Zugriff am 28.10.2019 unter https://zeitschrift- schreiben.eu/globalassets/zeitschrift- schreiben.eu/2010/braeuer_schindler_schreibaufgaben.pdf Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (Hrsg.). (2019). Positionspapier „Theorie und Praxis der Sportarten und Bewegungsfelder“ (6. März 2019). Zugriff am 18. Januar 2020 unter https://www.sportwissenschaft.de/fileadmin/pdf/Positionspapier/dvs- Positionspapier_ThPrSpa_2019.pdf Fast, N., Ukley, N., Neumann, K., & Kastrup, V. (2017). Schulsport im Blickfeld Forschenden Lernens. In R. Schüssler, A. Schöning, V. Schwier, S. Schicht, J. Goldt & U. Weyland (Hrsg.), Forschendes Lernen im Praxissemester. Zugänge, Konzepte, Erfahrungen (S. 316-321). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt. Fichten, W. & Meyer, H. (2014). Skizze einer Theorie forschenden Lernens in der Lehrer_innenbildung. In E. Feyerer, K. Hirschenhauser, K. Soukup-Altrichter (Hrsg.), Last oder Lust? Forschung und Lehrer_innenbildung (Beiträge zur Bildungsforschung, 1) (S. 11-42). Münster: Waxmann. Frohn, J. (2017). „Reflektierte Praxis“ im Master of Education Sportwissenschaft. In P. Neumann & E. Balz (Hrsg.), Sportlehrerausbildung heute – Ideen und Innovationen (Schriften der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, 263, S. 87–95). Hamburg: Czwalina. Gottschalk, K. & Hjortshoj, K. (2003). The Elements of Teaching Writing. A Resource forInstructors in All Disciplines. Boston/New York: Bedford/St. Martin’s. 10
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