Alt erklärt, Jung erfährt - Opelvillen
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Schüler der Grundschule Innenstadt, 2013 Abbildung Titel: Die Schüler mit der Kunstlehrerin Anette Stock, 2013 2
Alt erklärt, Jung erfährt Die 2001 von der Stadt Rüsselsheim gegründete Kunst- Besuchergruppen zusammenzuführen. Das generatio- und Kulturstiftung hat ihren Sitz in den Opelvillen. Das nenübergreifende Lernen ist eine innovative Form der denkmalgeschützte Villenensemble zu sanieren und zu Vermittlung, die von der Kunst- und Kulturstiftung Opel- pflegen, prägt daher das Wirken der gemeinnützigen villen Rüsselsheim verfolgt wird, auch um Geschichte Einrichtung. Weitere tragende Säulen der Stiftungstä- anschaulich zu machen. tigkeit sind die kulturelle Bildung und die Kunstförde- rung. Hierzu entwickelt die Stiftung bürgerlichen Rechts Das Wissen um die Kunst, um ihre Entwicklung und ihre kulturelle Veranstaltungen in Form von Ausstellungen Inhalte ist ein großes Kulturerbe, das jede Generation und Vermittlungs- und Bildungsprogrammen und fördert aufs Neue antritt. Dies gilt es zu schützen und zu pflegen, junge Künstlerinnen und Künstler. um es sinnstiftend an die nachfolgende Generation wei- tergeben zu können. Die Öffnung der Opelvillen für alle Bildungsschichten hat bei der Programmgestaltung der Stiftung die höchste Priorität. Veranstaltungen wie der Infotag unter dem Motto „Alt erklärt, Jung erfährt“ im Oktober 2013 zeigen beispielhaft, wie es gelingen kann, unterschiedliche Das Schüler-Modell der Opelvillen, 2013 3
Zur Historie bis heute Zu dem Ensemble der Opelvillen am Mainvorland zählen Villa einquartiert werden. Schließlich verkaufte Martha die Villa Wenske, das sogenannte Herrenhaus sowie der Juritsch, Witwe von Fritz Opel, 1955 die Opelvillen an neu gestaltete Zwischenbau. die Stadt Rüsselsheim. Verschiedenste Anliegen führ- Diese architektonischen Elemente umfassen von der ers- ten die Rüsselsheimer Bürgerinnen und Bürger in den ten Grundsteinlegung bis heute ein Jahrhundert. 1916 folgenden Jahrzehnten in die Opelvillen, denn neben ließ der Ingenieur und Werksdirektor Wilhelm Wenske dem Amtsgericht waren zahlreiche Behörden in dem die kleinere Villa errichten, die Friedrich, genannt „Fritz“ Doppelvillenkomplex untergebracht. So konnte man ab Opel, 1920 erwarb und zehn Jahre später um einen 1956 im dortigen Standesamt heiraten und gleichzeitig Wintergarten erweiterte. Das heutige Ausstellungshaus, seine Streitigkeiten im Amtsgericht austragen. 1975 das sogenannte Herrenhaus, ließ der Sohn von Adam wurden die Opelvillen unter Denkmalschutz gestellt Opel 1931/32 errichten. Die Gesamtanlage, die er stolz und fügten sich so in die Reihe bedeutender Bauten ein, als „Schloss am Main“ bezeichnete, bewohnte Fritz Opel die in ganz Deutschland geschützt werden. Dennoch bis zu seinem Tod 1938. 1943 zog das Militär mit einem wurde die Frage nach einer geeigneten Nutzung nach Notlazarett in die Opelvillen ein. dem Leerstand 1996 kontrovers diskutiert. Auf Betreiben regionaler Kunstschaffender konnte eine Entscheidung schließlich zugunsten kultureller Belange in die Wege geleitet werden Die Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen wurde 2001 von der Stadt Rüsselsheim mit Unterstützung der Adam Opel AG ins Leben gerufen. 2002 wurde mit der Errichtung des Zwischenbaus „Dritte Villa“ durch das Kasseler Archi- tekturbüro Schultze + Schulze dieser kulturelle Ort der Begegnung und des Austauschs vervollständigt. Zehn Jahre sollte es noch dauern, bis 2012 der Garten der Villa Wenske in seinen ursprünglichen Zustand versetzt werden konnte. Verschiedene Sanierungsmaßnahmen stehen weiterhin aus. Daraus wurde nach Kriegsende das erste Rüsselsheimer Krankenhaus, das in den Opelvillen untergebracht war, bis es in einen Neubau umzog. Familien, die ihr Zuhause durch die Zerstörungen während des Zweiten Welt- Gruppenfoto vor den Opelvillen, 1944 kriegs verloren hatten, konnten im Dachgeschoss der „Bildersturm“, 1996 4
Zur Gartenrekonstruktion 2012 die Geschichte der Villa Wenske Bezug und bindet das Gebäude in den Gartenraum ein. Im März 2012 konnte der Garten der Villa Wenske mit Senkgarten, Rosenstauden, Kieswegen und weißen Bänken neu gestaltet werden. Die Garten- und Land- schaftsarchitektin Hildegunde Franziska Henrich über- nahm die Planung des idyllischen Grüns. Bestandspläne der Gartenanlage lagen nicht vor, aber die Rekonstruk- tion der ursprünglichen Gestaltung des Gartens gelang anhand alter Familienfotos. Sie stammen von der Familie Scholl-Listmann, die die Villa Wenske kurz nach dem Erwerb durch Fritz Opel mietete. Deren Tochter Ma- rie-Luise Listmann, geborene Scholl, erblickte hier das Licht der Welt. Über die Rekonstruktion hinaus plädierte der Denkmalschutz für eine gradlinigere Wegeführung, um die Architektursprache der neueren Terrasse und des Fritz Opel (1875–1938) ließ den Garten der 1916 er- Glasanbaus fortzuführen. bauten Villa Wenske 1920 erweitern und täglich durch einen Gärtner pflegen. Opel gestaltete den Garten mit Die Opelvillen sowie die Außen- und Gartenanlagen sind Kieswegen und Grünflächen. Der Abschnitt im Bereich heute eine Schnittstelle zwischen Alt und Neu. In dem der Terrasse wurde mit Formgehölzen, weißen Sitzbän- Ausstellungshaus zugewandten Teil des Gartens wurde ken und einem Rundweg um eine zentrale Rasenfläche im Juli 2013 eine großformatige Skulptur von Knut Hen- gestaltet. Im westlichen Abschnitt war ein Senkgarten mit rik Henriksen realisiert, die den Anfang eines geplanten Rosenbeet angelegt. Zudem wurde die Grundstücksein- Skulpturengartens bildet. friedung mit Sockelmauern und Stahlzaun versehen. Das harmonische Gesamtbild des Gartens nimmt dadurch auf 6
Abbildungen linke Seite: Rosengarten der Villa Wenske, 1929 Gartenanlage im Bau, 2012 Garten der Villa Wenske mit neuangelegten Senkgarten, 2012 Gartenanlage, 2012 7
Die Vorbereitungen zur Zeitreise Die Planung für das besondere Vermittlungsprojekt Die Vorbereitungen der Antworten auf mögliche Fragen „Alt erklärt, Jung erfährt“ am 22. Oktober 2013 begann begannen im August 2013 in der Rüsselsheimer Grund- schon Monate zuvor mit der Einladung älterer und jünge- schule Innenstadt, deren Schüler zu diesem Projekt als rer Interessenten, die aktiv an der Veranstaltung teilneh- aktive Akteure eingeladen waren. In Begleitung der men sollten. Zum einen galt es, Zeitzeugen zu finden, die Kunstpädagogin Anette Stock besuchten die Schüler die Geschichte der Opelvillen aus eigener Anschauung der Klassen 2b und 2c mehrmals die Opelvillen, um sie kannten, und zum anderen, junge Menschen neugierig zu genauer zu erkunden. Die Kinder hielten fotografisch be- machen. Die in der Villa Wenske geborene Marie-Luise sondere Merkmale der Opelvillen im Innen- und Außen- Listmann erklärte sich rasch bereit, auch jungen Men- bereich unter der Aufgabenstellung fest: „Fotografiere schen ihr Familienalbum zu öffnen, dessen Fotos für die die zwei schönsten und ältesten Dinge (Fenster, Türen, Rekonstruktion des Gartens die einzigen Anhaltspunkte Wände, Böden …) der Gebäude.“ Aus dem vorhandenen boten. Ferner zeigten sich auch frühe Mitstreiter in der Fotomaterial gestalteten die Schülerinnen und Schüler Debatte um die kulturelle Ausrichtung der Opelvillen wie Schaukästen und ein Würfelspiel, um die Geschichte der Sigrid Roes und Gerhard Löffert von der Idee begeistert, Opelvillen aufzeigen und präsentieren zu können. alte und junge Menschen zusammenzuführen, um Fragen rund um das Baudenkmal Opelvillen nachzugehen. Wel- Daraufhin hat sich Doris Bender, langjährige Mitarbeite- chen Wandel haben die denkmalgeschützten Opelvillen rin der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim, im Laufe der Jahre durchlaufen? Welche Personen sind mit den Schülern und Schülerinnen zweimal getroffen mit ihrer Geschichte verbunden? und erklärte anhand von historischem Bildmaterial die 8
Geschichte der Opelvillen. Thematische Schwerpunkte kulturellen Austausches werden konnten. Nach einer waren zum einen das historische Wohnen, die Kriegszeit anregenden Diskussion aller wurde schnell klar, dass das und die Nachkriegszeit, zum anderen die unterschiedli- vielfältige Wissen an dem Veranstaltungstag auf lebendi- che Nutzung der Opelvillenräume im Laufe der Zeit als ge und spannende Weise wiedergegeben werden sollte. Gericht, Standesamt und Krankenhaus und später für Man einigte sich auf eine zentrale Begrüßung und die Ausstellungen. Die Visualisierung der Geschichte beider Einrichtung zahlreicher Stationen in den Opelvillen. Der Villen beschäftigte die Schülerinnen und Schüler in ihrem Sitzungssaal des ehemaligen Amtsgerichts sollte genau- Kunstunterricht bis zum Tag der Veranstaltung. so eine Rolle spielen wie der ehemalige Juso-Keller oder die Malkasten-Ateliers. Die von den jungen Teilnehmern geschaffenen Objektkästen zur Geschichte der Opelvil- Auch alle anderen Teilnehmer trafen sich im Vorfeld und len sollten im Verbindungstrakt der beiden Villen, der trugen zur Recherche über das Baudenkmal mit histori- sogenannten Schleuse, aufgehängt werden. Darüber schen Fotografien oder anderen Dokumenten bei. Wenn hinaus wurde nach Hochzeitsfotos gefahndet, die Braut- sich auch Marie-Luise Listmann, die einst in der Villa paare in den Opelvillen zeigen. Zahlreiche Bilder wurden Wenske zur Welt kam und in Haus und Garten laufen allein aus dem Freundeskreis der Stiftung eingereicht, lernte, nicht detailliert an diesen Ort erinnern kann, wobei das älteste aus den 1960er-Jahren stammte. Alle da sie in jungen Jahren mit ihren Eltern auszog, ist ihr wurden gesammelt und zur Präsentation vorbereitet. Familienalbum ein unschätzbares visuelles Gedächtnis. Weniger Fotomaterial, dafür aber Anekdoten konnten hingegen der ehemalige Richter Gerhard Löffert und sein Flörsheimer Kollege Werner Schiele liefern. Sie erzähl- ten angeregt von der Zeit, als die Opelvillen zunächst Zweigstelle des Groß-Gerauer Amtsgerichtes und später Sitz des ersten selbständigen Amtsgerichtes Rüsselsheim waren. Gerhard Löffert war darüber hinaus als junger Mann auch Mitglied der Rüsselsheimer Jungsozialisten, die einst den Keller der Opelvillen als Treffpunkt nutzten. Sigrid Roes vom Rüsselsheimer Künstlerverein Malkas- ten e. V. bereicherte die Zeitreise mit Dokumenten der ersten Umbauphase. Sie und ihre Mitstreiter, darunter Wintergarten mit Weihnachtsdekoration, Anfang 1930er-Jahre auch der Pianist und nicht nur in Rüsselsheim bekannte Malkasten in der Villa Wenske, 1982 Musikpädagoge Albrecht Schmidt, waren maßgeblich daran beteiligt, dass die Opelvillen zu einem Ort des Abbildung linke Seite: Schülerin, 2013 9
Der Tag „Alt erklärt, Jung erfährt“ Der Veranstaltung am 8. Oktober 2013 blickten alle städtischen Nutzung. Im Laufe der Jahre wurden im Akteure mit Freude entgegen und als in der Tat zwi- Ausstellungshaus Türen verbaut, andere neu geschaffen. schen 14 und 17 Uhr Gäste verschiedener Generationen Die Spuren der Geschichte wurden für alle Besucher zusammenkamen, war die Freude groß: Eltern mit ihren deutlich sichtbar und führten zu angeregten Diskussio- Kindern trafen ein, Großeltern gesellten sich genauso nen. Wo war das Gold geblieben, das einst den Stuck des dazu wie nicht familiär gebundene Interessierte. Schnell Weinkellers zierte? Die Decke ist längst verschwunden, war der Eingangsbereich mit Besuchern gefüllt und es doch die Großzügigkeit des Raums lässt noch erahnen, breitete sich eine erwartungsvolle Stille aus. Dr. Beate welch feudalem Anspruch des Bauherrn der repräsenta- Kemfert begrüßte die Gäste und führte in die Thematik tive Weinkeller genügen sollte. In der Zeit der Nutzung Denkmal und Denkmalpflege ein. Die Teilnehmerinnen als Juso-Keller gab es noch die vergoldete Decke ebenso und Teilnehmer erhielten vor Ort einen unmittelbaren wie die burgunderroten schweren Samtvorhänge, hinter Eindruck von der Funktion und der Bedeutung der Opel- denen sich eine kleine Bühne verbarg, erinnerte sich villen als Kulturdenkmal. Doris Bender lieferte dazu wich- Gerhard Löffert. tige historische Fakten und führte die Besucher durch das Gebäude. Ebenso begeisterte Marie-Luise Listmann mit ihrem Familienalbum und den über achtzig Jahre alten Fotografien bei der Zeitreise in die Vergangenheit. Umringt wurden immer wieder der ehemalige Richter Gerhard Löffert und sein Kollege Werner Schiele, die über die langjährige Nutzung der Opelvillen als Zweig- Ein Rundgang vom Keller bis unters Dach gab den Besu- stelle des Groß-Gerauer Amtsgerichtes ab 1955 berich- chern die Möglichkeit, die Gebäude bis ins kleinste De- teten. Auch die Geschichte von der Nutzung des Kellers tail zu erkunden und Räume zu betreten, die sonst dem in den 1960er-Jahren als Treffpunkt der Juso-Gruppe Publikum verschlossen sind. So konnte man die eigent- wussten sie zu erzählen. Gerhard Löffert war als junger liche Größe des Gebäudes von Grund auf neu erfahren. Mann selbst Juso-Mitglied und verbrachte viele Stunden Es gab vieles zu entdecken, was aus früheren Zeiten in dem Kellertreffpunkt. Er wusste von den vielen pro- und aus unterschiedlichen Bauphasen erhalten ist. Zum minenten Gästen zu berichten, darunter Rudi Arndt, der Beispiel stammen die Fliesen im heutigen Künstlerlabor langjährige Frankfurter Oberbürgermeister, der legendä- aus der Zeit, als die Opelvillen gegen Ende des Zweiten re damalige Hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, Weltkriegs als Lazarett genutzt wurden. So mancher Gast der die Frankfurter Auschwitzprozesse in Gang brachte, konnte sich daran erinnern, nach dem Krieg einmal als aber auch Hermann Schmitt-Vockenhausen, der als Vor- Kranker die Opelvillen besucht zu haben. Die hochwer- sitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundes- tigen Parkettböden hingegen stammen sowohl aus der tages die Notstandsgesetze durchsetzte und damit eine Zeit der ursprünglichen privaten als auch der späteren ganz wesentliche Ursache für die Studentenproteste am 10
Ender der 1960er-Jahre legte. Der Juso-Keller war ein unbestrittener Kristallisationspunkt der intellektuellen Jugend der damaligen Zeit im südhessischen Raum. Junge Arbeiter und Gewerkschafter trafen auf Studen- ten und Schüler. Es gab heiße Diskussionen auch mit der Jungen Union und den Jungdemokraten. Viele, die später einflussreiche Positionen in Stadt, Land und Bund einnahmen, waren Mitglieder der Jusos und im Keller oft präsent. 1978 kam es zum Rausschmiss der Jusos, erinnerten sich Löffert und Schiele. Die Linksorientierung der Gruppe war einigen suspekt, auch wenn als offizieller Kündigungsgrund Raumbedarf angegeben wurde. Und in der Tat seien die Villen mit den vielen darin unterge- brachten Ämtern aus allen Nähten geplatzt. Die beiden Juristen erinnerten sich auch, dass der Wintergarten als Wärmestube diente und so mancher einfach nur zum Aufwärmen die Opelvillen besuchte. Dabei zeigte sich die Stadt Rüsselsheim großzügig und sorgte dafür, dass immer die neusten Tageszeitungen in dem Raum ausla- gen. Um den Interessierten und den Kindern die Aufgabe ei- nes Amtsgerichts näherzubringen, wurde schließlich eine Gerichtsverhandlung vorgeführt, für die Gerhard Löffert in einer originalen Robe in die Rolle des Richters schlüpf- te. Bei der Nachstellung im ehemaligen Gerichtsraum hatten Löffert und Schiele über den Buchdiebstahl eines jungen Mädchens zu entscheiden. Die Opelvillen-Prak- tikantin Jennifer Konrad hatte sich auf die Rolle gut vorbereitet und überzeugte in ihrer Verteidigung auch die Zeitzeugen. Die ehemaligen Amtsrichter Löffert und Schiele sprachen sie frei. Diese lustige und authentische Darstellung fand besonders bei den Schülern Anklang. Zu der jüngsten Geschichte der Opelvillen zählt die Nutzung der Räume in der kleineren Villa Wenske als Ateliers des Rüsselsheimer Künstlervereins Malkasten e. V. von 1979 bis 1984. An dem Tag der Veranstaltung „Alt erklärt, Jung erfährt“ ließen Sigrid Roes und Ger- linde Hammer in dem ursprünglichen Ateliergebäude gemeinsam mit den jüngsten Besuchern ihrer Kreativität auf Leinwänden freien Lauf. Anhand vieler Fotografien schilderten sie ihre Erinnerungen, wie das Kunstzent- rum damals entstand und welche Räume zuerst genutzt wurden. Die Schülerinnen und Schüler der Grundschule Innen- stadt präsentierten ihre collagenartigen kleinen Kunst- werke, die sie im Vorfeld geschaffen hatten. In reich dekorierten Schaukästen zeigten sie ihre Vorstellung von den historischen Räumen der Opelvillen zu den verschie- denen Zeiten. Dazu bastelten die Schüler mit viel Liebe zum Detail aus Pappe und Knete ein Architekturmodell der Opelvillen. Bei dem Würfelspiel „Villa Wenske – Her- renhaus“ sollen unter Berücksichtigung der unterschiedli- chen architektonischen Gegebenheiten markante Details aus den beiden Villen dem jeweils richtigen Gebäude Gerhard Löffert während der Vorführung, 2013 Marie-Luise Listmann mit Schülern, 2013 (Villa Wenske oder Herrenhaus) zugeordnet werden. In Schüler-Schaukasten „Kinderzimmer von Marie-Luise Listmann“, 2013 dem Spielzimmer versammelten sich erneut verschie- Gerlinde Hammer von der Künstlervereinigung Malkasten, 2013 dene Generationen um einen Tisch, um das von den Abbildungen linke Seite: Kindern selbst erfundene Spiel zu testen. Gärtner mit Marie-Luise Listmann, geb. Scholl, 1929 Schüler-Schaukasten „Krankenhaus“, 2013 11
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Die Teilnehmer Doris Bender ist Mitarbeiterin der Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen schon vom ersten Tag an. In ihrer vielfältigen Tätigkeit widmet sie sich auch der Kunstvermittlung, wobei sie sich besonders für ältere und an Demenz erkrankte Men- schen engagiert. „Die spannende Geschichte der Opelvillen sowie die Vermittlung unserer außergewöhnlichen Ausstellungen empfinde ich als große Bereicherung meines Berufsle- bens.“ Marie-Luise Listmann geboren in der Villa Wenske, verbrachte ihre Kindheit im Garten und in der Villenanlage. „Es sind die Erinnerungen an mein Elternhaus und die abwechslungsreichen, inspirierenden Veranstaltungen des Freundeskreises, die mich auf besondere Weise mit den Opelvillen verbinden.“ Abbildung linke Seite: Gartenanlage, 2013 13
Gerhard Löffert, ehemaliger Richter des Amtsgerichts in den Opelvillen, von 1974 bis 1982 hauptamtlicher Stadtrat und von 1982 bis 1994 Bürgermeister und Kulturdezernent der Stadt Rüsselsheim, hat sich für die Idee eingesetzt, dass die Opelvillen als Ort der kulturellen Entfaltung dienen sollten. „Ich habe im legendären Keller der Jungsozialisten in den Opelvillen meine politische Sozialisation erfahren, ich habe dann dort meine berufliche Laufbahn als Richter begonnen und ich durfte im selben Haus meine kommu- nalpolitische Laufbahn als Mitglied des Stiftungsrates des neuen Zentrums für Kunst und Kultur beenden. Als geborener Rüsselsheimer sind die Opelvillen für mich intellektuelle und emotionale Heimat.“ Sigrid Roes war wie Gerlinde Hammer Mitglied des Rüsselsheimer Künstlervereins Malkasten e. V., als dieser im Jahr 1979 im Dachgeschoss der Villa Wenske seine Atelierräume bezog. „Zum Thema Opelvillen fällt mir das Malkastenatelier ein, das sich in den 1980er-Jahren einige Zeit im Dach- geschoss der Wenske-Villa befand. Es fallen mir auch die „Ideen-Konferenzen“ ein, die Mitte der 1990er-Jahre von kulturell tätigen Rüsselsheimern (18 bis 80 Jahre alt) ge- führt wurden. Sie endeten im sogenannten „Bildersturm“ 1996, der die Opelvillen als Stätte der Kunst und Kultur zeigen sollte. Als beeindruckendstes Erlebnis fällt mir die Rede der Kuratorin Dr. Beate Kemfert zur ersten Ausstel- lungseröffnung ein. Ohne sprachliche Hochstapeleien verstand sie es, ihre Begeisterung für die Kunst fundiert und für alle verständlich weiterzugeben. Das war neu.“ Werner Schiele war Richter des Amtsgerichts in den Opelvillen von 1975 bis 1976 und nach einer Abordnung an das Landgericht Darmstadt erneut wieder ab 1977 bis zum Umzug des Gerichts im Juni 1996. „Bei Beginn meiner Tätigkeit waren einzig drei Richter am Amtsgericht eingesetzt, heute elf. Die Anzahl der am Amtsgericht zugelassenen Anwälte belief sich auf unter zwanzig. Die Arbeit war zwar nicht beschaulich, aber überschaubar. Der Erledigungsdruck aufgrund des Anfal- les von Rechtsstreitigkeiten war bedeutend geringer als in den letzten drei Jahren und die Rechtsprechung damit auch persönlicher.“ 14
Anette Stock Kunstpädagogin der Grundschule Innenstadt Rüsselsheim „Es ist mir ein wichtiges Anliegen, Kindern und Jugend- lichen dieser Stadt, die keine Teilhabe an kultureller Bildung haben, die Möglichkeit zu geben, Kunst mit allen Sinnen zu erleben. An diesen sinnstiftenden, persönlich- keitsbildenden Prozessen der kulturellen Bildung in der Begegnung mit Kunst kreativ und gestaltend mitzuwir- ken, fasziniert mich immer wieder aufs Neue.“ Schülerinnen und Schüler besuchen regelmäßig die unterschiedlichen Ausstellungen in den Opelvillen. Sie verarbeiten ihre Eindrücke bildnerisch und sind glücklich, dass sie von den Künstlern immer etwas Neues lernen können. „Wir, die Schülerinnen und Schüler der Grundschule In- nenstadt, kommen sehr gerne zu Ihnen in die Ausstellun- gen. Wir finden, Sie sind immer sehr nett und hilfsbereit, wenn wir unsere Suchaufgaben lösen müssen.“ 15
Unser Dank gilt dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das das Projekt förderte. © Text: Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim © Fotos: Frank Möllenberg, Umschlag, Seiten: 2, 3, 6, unten, 7,8, 10, links, 11-15; Bildnachweise: S. 6, oben und S. 10, links, zur Verfügung gestellt von Marie-Luise Listmann, geb. Scholl; S. 5, unten rechts und S. 9, links, Heimatverein Rüsselsheim 1905 e. V.; S. 5, oben, Opel Classic Archiv; S. 9, rechts, zur Verfügung gestellt von Malkasten Rüsselsheim e. V.; S. 5, unten links, zur Verfügung gestellt von Familie Kurtz Kunst- und Kulturstiftung Opelvillen Rüsselsheim Ludwig-Dörfler-Allee 9 65428 Rüsselsheim Telefon: 06142 835 907 info@opelvillen.de www.opelvillen.de
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