Analyse der Vorteile und Nachteile von Sofortness für Lieferanten und Kunden - Diplomarbeit Fachbereich Finanzen Hochschule des Bundes für ...

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Analyse der Vorteile und Nachteile
                   von Sofortness
            für Lieferanten und Kunden

                              Diplomarbeit

                      Fachbereich Finanzen

                    Hochschule des Bundes
                   für öffentliche Verwaltung

vorgelegt von:   Stefan Westphal
I

Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis ..................................................................III
1      Einführung ..............................................................................1
2      Sofortness ..............................................................................2
    2.1 Meilensteine des Handels bis hin zur Sofortness ...............2
    2.2 Sofortness als wesentlicher Bestandteil der Industrie 4.0 ...4
3      Der Lieferant...........................................................................8
    3.1 Neue Wege durch neue Ideen ...........................................8
       3.1.1        Den Kunden kennen lernen ......................................8
       3.1.2        „Platooning“............................................................10
       3.1.3        „Anticipatory Shipping“ ...........................................10
    3.2 Die „letzte Meile“ ..............................................................11
       3.2.1        Drohnenzustellung .................................................13
       3.2.2        Mikro-Depots inkl. Lastenfahrräder.........................14
       3.2.3        Packstationen & Paketboxen..................................15
       3.2.4        Ablage in den Kofferraum .......................................16
       3.2.5        Urbane Logistik unter der Erde...............................17
    3.3 Vorteile ............................................................................19
       3.3.1        Bindung des Kunden ..............................................19
       3.3.2        Förderung von Spontankäufen ...............................20
       3.3.3        ökologische sowie soziale Aspekte ........................20
    3.4 Nachteile ..........................................................................21
       3.4.1        Verarbeitung der Datenmengen .............................21
       3.4.2        Marktmacht des Kunden ........................................22
       3.4.3        Wettbewerbsdruck .................................................22
    3.5 Ergebnis...........................................................................23
4     Der Kunde ............................................................................24
    4.1 Vorteile ............................................................................24
       4.1.1        Kampf um den Kunden...........................................25
       4.1.2        Nutzung neuer Technologien .................................26
    4.2 Nachteile ..........................................................................26
       4.2.1        Informationsflut.......................................................27
       4.2.2        Kontrollverlust ........................................................27
       4.2.3        Zusatzkosten für Zusatzleistungen .........................28
II

    4.3 Ergebnis...........................................................................29
5     Fazit und Ausblick ................................................................30
6     Literaturverzeichnis ...............................................................III
7     Erklärung .............................................................................. XI
III

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Onlineumsatzentwicklung (netto) in Deutschland ......4
Abbildung 2: Online- und Offlinebestellungen 2018 .......................6
Abbildung 3: Verknüpfung von Vertriebskanälen ...........................9
Abbildung 4: Innovationen zur Verbesserung der „letzten Meile“ . 12
Abbildung 5: Baukosten von Transportwegen .............................18
Abbildung 6: Kundenkriterien bei der Onlineauswahl ...................24
1

1 Einführung

       „Wer zuerst liefert, wird von den Kunden bevorzugt.“ 1

Mit diesem Zitat bekräftigt die Autorin nicht nur die Auswirkungen
einer schnellen Lieferung auf den Lieferanten, sondern ebenso die
Stellung des Kunden. Der Kunde bestimmt demnach die Lieferge-
schwindigkeit und urteilt darüber, ob die Zustellung seiner Vorstel-
lung entspricht, um Rückschlüsse für Folgelieferungen für sich zu
ziehen. Der Lieferant hingegen sucht sich keinen Kunden aus oder
entscheidet etwas. Der Lieferant liefert und das am besten sofort.
Dieser Umstand wird in der nachfolgenden Arbeit durch die Analy-
se der Vor- und Nachteile der Sofortness für den Lieferanten und
den Kunden näher untersucht, wobei nicht nur die dazugehörige
Fachliteratur, Artikel unterschiedlicher Fachzeitschriften oder
Pressemitteilungen mit berücksichtigt werden, sondern ebenso
aktuelle Studien, Statistiken und Abbildungen, die dem Leser als
Vereinfachung des komplexen Themenbereiches dienen sollen.
Hierzu ist anfangs der Begriff der Sofortness, dessen Entwicklung
sowie seine Bedeutung in der heutigen Industrie 4.0 beschrieben,
wobei nachfolgend auf einige innovative Liefermöglichkeiten sowie
Kosteneinsparungen in der Zustellung eingegangen wird. Diese
Kosteneinsparungen sind das Ziel jedes Lieferanten und unter
dem Druck der steigenden Kundenforderungen sowie dem stei-
genden Sendungsvolumen in der Zukunft, sowohl für den Lieferan-
ten als auch für den Kunden mit Vor- aber auch Nachteilen behaf-
tet.
Daher soll dem Leser die Entwicklung der Sofortness, die Stellung
des Lieferanten sowie des Kunden verdeutlicht werden, wodurch
die weiterführenden Abschnitte einige Vor- sowie Nachteile dieser
Entwicklung, aufzeigen. Weiterhin soll der Leser am Ende der
Ausarbeitung die Marktmacht des Kunden sowie den Wettbewerb
und die dazu notwendigen Innovationen des Lieferanten verste-
hen, sowie die Notwendigkeit zeitgemäßer und Massentauglicher
Zustellungen nachvollzeihen können.

1   Zhalgassova (2014).
2

2 Sofortness

Diese Wortneuschöpfung aus dem Jahr 2007 des Schriftstellers
Peter Glaser, beschreibt die digitale Revolution und die damit ein-
hergehenden Möglichkeiten, technische Geräte jetzt sofort nutzen
zu können. Es ist nicht mehr notwendig, dass sich eine Radioröhre
erst noch warmglühen, eine Turbinenschaufel langsam in Bewe-
gung kommen oder der Computer erst einige Minuten hochfahren
muss, da die Elektrizität bereits erfunden und die Technologie da-
für vorhanden ist. 2 Sofortness beschreibt demnach das Bedürfnis
der Verbraucher, die vorhandene Technologie zur Informations-
gewinnung schnell und unmittelbar, am besten in Echtzeit, nutzen
zu können. 3
Der Kolumnist Sascha Lobo beschreibt den Umstand, dass die
Bedürfnisse bei den Verbrauchern und dessen Nachfrage nach
immer besseren, schnelleren und leistungsstärkeren Systemen
rasch geweckt wurden, als die technologische Ungeduld. Der Ver-
braucher hat sich daran gewöhnt 4, dass hoch komplexe Apparatu-
ren und Systeme innerhalb weniger Millisekunden einsatzbereit
sind und sofort, uneingeschränkt zur Verfügung stehen. 5
Resultierend aus der anfangs bestehenden digitalen Revolution
und der folgenden technologischen Ungeduld, erwuchs die digitale
Ungeduld. 6 Sie bezeichnet nicht etwa die sofortige Befriedigung
des Kunden mit einer technischen Innovation, sondern die soforti-
ge Befriedigung mit einem Gut. D.h. Sofortness bezeichnet nun-
mehr die schnellstmögliche Nutzung und in den Händen halten
des gewünschten, eben noch online bestellten, Produktes unter zu
Hilfenahme der neusten Technologie. 7

2.1 Meilensteine des Handels bis hin zur So-
    fortness

Die Handelsanfänge in Deutschland und die damit einhergehen-
den Versandgeschäfte sind auf das Jahr 1886 und die Erstellung
des ersten, bebilderten Versandhauskatalogs des Herrenausstat-
ters „Mey&Edlich“ zurückzuführen. 8

2 Vgl. Glaser (2007).
3 Vgl. Tremel/Panico (2018).
4 Vgl. Becker (2018).
5 Vgl. Lobo (2011).
6 Vgl. Alicke (2018), S. 36.
7 Vgl. Clemens (2016), S. 1.
8 Vgl. Bachmann/Herrmann (1986), S. 51 f.
3

Dieser, sowie der Versandhauskatalog „Witt Weiden“, sind verant-
wortlich dafür, dass sich Waren nicht nur im Geschäft angeschaut
und gekauft werden, sondern schon per Katalog entschieden wird,
welches Produkt dem Kunden zuspricht. Die Beschreibungen und
Illustrationen ihrer Produktpaletten zielten schon damals auf die
geographische Unabhängigkeit potentieller Käufer und somit auf
die Erweiterung des Kundenstamms ab. 9
Es entstanden im Laufe der Jahre verschiedene Warenhäuser und
Selbstbedienungsgeschäfte sowie 1957 der erste deutsche Super-
markt in Köln. 10 Dieser orientierte sich zwar an sein amerikani-
sches Vorbild, traf jedoch damit zur damaligen Zeit den Nerv der
deutschen Konsumenten, welche nach Zeiten des Verzichts und
des Hungers infolge der Weltkriege, einen enormen Nachholbedarf
an Konsumgütern verspürten. 11 Sie trugen dazu bei, dass im ers-
ten Jahr 9,2 Millionen Mark in den Supermärkten umgesetzt wur-
den und erste Discounter, Bau-, Einkaufs- sowie Drogeriemärkte
entstanden. 12
Ein weiterer Meilenstein wurde 1989 mit der Erfindung des „World
Wide Webs“ gesetzt, wodurch die Internetnutzung nun auch für
den privaten Gebrauch zur Verfügung stand. Diese technische
Entwicklung stellt die Geburtsstunde des kommerziell, nutzbaren
Internets dar und gleichwohl den Beginn des Onlinehandels. 13
Jedem Versandhändler ist es seither möglich seine Waren online
zu präsentieren, um seinen Kundenstamm, unabhängig seiner
regionalen Ansässigkeit, zu vergrößern. Die wohl bekanntesten
Onlineversandhäuser der ersten Stunde sind Amazon 14 und
ebay 15, welche seit 1994 bzw. 1995 bestehen. Auch wenn sie an-
fangs Schwierigkeiten hatten sich auf dem Markt zu etablieren,
konnten sie bereits ab dem Jahr 2000 erheblich dazu beitragen,
dass der erzielte Onlineumsatz in Deutschland jährlich steigt.
Die nachfolgende Grafik zeigt die Onlineumsätze (netto) in
Deutschland von 2000 bis 2018 und gibt gleichwohl eine Prognose
für das Jahr 2019 ab.

9  Vgl. Eden (2018), S. 1 f.
10 Vgl. Kolbe (2017).
11 Vgl. Freter/Diller/Köhler (2008), S. 63.
12 Vgl. Roik (2019), S. 4 f.
13 Vgl. Schneider (2018), S. 13 f.
14 Vgl. Bürklin (o.J.).
15 Vgl. Briegleb (2014).
4

                                     Onlineumsatz in Mrd. €
                                                                                                       57,8
                                                                                                   53,3
                                                                                               48,9
                                                                                           44,2
                                                                                       39,9
                                                                                   35,6
                                                                               32,0
                                                                           28,0
                                                                       24,4
                                                                   20,2
                                                               15,6
                                                           12,6
                                                       10,4
                                                8,4
                                         6,4
                      4,4
      1,3 1,6 2,2 3,0
      2000
             2001
                    2002
                           2003
                                  2004
                                         2005
                                                2006
                                                       2007
                                                              2008
                                                                     2009
                                                                            2010
                                                                                   2011
                                                                                          2012
                                                                                                 2013
                                                                                                        2014
                                                                                                               2015
                                                                                                                      2016
                                                                                                                             2017
                                                                                                                                    2018
                                                                                                                                           2019
Abbildung 1: Onlineumsatzentwicklung (netto) in Deutschland
Quelle: In Anlehnung an Roik (2019), S. 6.

Es ist zu erkennen, dass die anfängliche Skepsis, Waren aller Art
online zu kaufen und zu bezahlen, verflogen ist, als die Konsu-
menten die Vorzüge dessen für sich erkannt haben. Anders
Parment begründet das große Interesse sowie die schnelle Etab-
lierung des Onlinehandels auf dem Markt, mit dem Generationen-
wechsel von der „Generation X“ hin zur „Generation Y“. Dieser
Wechsel steht für die Konsumenteneigenschaften weg von den
60er bzw. 70er, hin zu denen der 80er Jahre, die in Zeiten hoher
Transparenz, ständiger Kommunikation, vielen Wahlmöglichkeiten
und einem großen Individualismus aufgewachsen sind. 16 Diese
Geraration ist es, die durch ihre ständige Nachfrage nach neuer
Technologie und schnelleren Systemen dazu beiträgt, dass der
Konsum weg vom traditionellen Handel (Offlinehandel) hin zum
digitalen Handel (Onlinehandel) vorangetrieben wird, da diese Ge-
neration in der Technik- bzw. Konsumgesellschaft aufgewachsen
ist. 17

2.2 Sofortness als wesentlicher Bestandteil der
    Industrie 4.0

Die Industrie 4.0 beschreibt die vier Stufen der aufeinander auf-
bauenden revolutionären, technologischen Entwicklungsphasen
der vergangenen Jahrhunderte, bis hin zur heutigen Digitalisierung
und Vernetzung aller erforderlicheren Wertschöpfungsketten eines
Unternehmens.

16   Vgl. Parment (2009), S. 20 f.
17   Vgl. Schneider (2018), S. 15 f.
5

Diese technologischen Neuerungen, wie sie heute Anwendung
finden, basieren in ihrer ersten Stufe auf einfache, mechanische
Produktionsanlagen, angetrieben durch Dampf- oder Wasserkraft
aus dem Jahr 1784. Der erste mechanische Webstuhl war es, der
die Vision der arbeitsteiligen Massenproduktion vorantrieb und
schließlich 1870 die zweite Stufe der industriellen Revolution mit
dem ersten Fließband einläutete. Die Nutzung des elektrischen
Stroms sowie des Verbrennungsmotors ermöglichten es, einfache
Informationstechniken zu entwickeln, welche 1960 in die dritte Stu-
fe mündeten. Bis heute ist diese Stufe geprägt von einer fortschrei-
tenden Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechno-
logie, welche nur durch eine Optimierung der bereits bestehenden
Technologien verbessert werden kann. Diese Verbesserungen
stellt die vierte Stufe der industriellen Revolution, die digitale Revo-
lution der Technologie, dar. 18 Sie basiert auf den drei vorangestell-
ten Stufen der vergangenen Jahre und verbessert diese hinsicht-
lich ihrer Flexibilität, Produktivität sowie die Effektivität aller
beteiligten Wertschöpfungsketten. 19
Diese Wertschöpfungsketten, auch „Value Chains“ genannt,
bestimmen sich aus den selbst erstellten Leistungen eines Unter-
nehmens, abzüglich erbrachter Vor- und Fremdleistungen. Leis-
tungen, das sind z.B. Verkettungen von Systemen zur Auftrags-
abwicklung, Kombinationen von Material-und Informationsflüssen
aber auch die Optimierung von Kundenanforderungen und Liefe-
rantenkosten. In der Literatur werden die komplexen Einflussfakto-
ren der Werkschöpfungskette mit Hilfe des Supply Chain
Managements dargestellt und umfasst das komplette Unterneh-
mensnetzwerk, welches sich aus dem Hersteller, dem Lieferanten
und dem Kunden zusammensetzt. Demnach berücksichtigt ein
Supply Chain Management nicht nur die Beziehungen der Akteure
untereinander, sondern ebenso die Material-, Informations- und
Geldflüsse entlang der kompletten Wertschöpfungskette zueinan-
der. 20
Grundlage aller Kostenberechnungen und der daraus resultieren-
den Gewinnermittlung für den Unternehmer, ist der Abnehmer und
somit der Endverbraucher eines Produktes. Abnehmergruppen
unterscheiden sich in private Haushalte, privatwirtschaftliche Un-
ternehmen sowie öffentliche Institutionen. 21 Es ist entscheidend,
was der Abnehmer kauft und was er bereit ist dafür zu bezahlen,
um so alle Kostenbestandteile für einen Unternehmer zu kalkulie-
ren.

18 Vgl. Kleemann/Glas (2017), S. 1 ff.
19 Vgl. Lorenzen/Krokowski (2018), S. 28 ff.
20 Vgl. Werner (2017), S. 5 f.
21 Vgl. Bruhn et al. (2013), S. 5.
6

Wie zuvor beschrieben, ist es die originäre Aufgabe des Einzel-
handels die Ware des Produzenten in den Verfügungsbereich des
Konsumenten zu verbringen, so dass dieser zum Kauf animiert
wird. 22 Im Zeitalter der digitalen Revolution, welche bereits im Ka-
pitel 2 beschrieben wurde, ist jedoch die Animierung, mit Hilfe der
verschiedenen Medien, unproblematisch. Bezeichnend ist daher
der Umstand, dass 91% der Internetznutzer im 1. Quartal 2018
das Internet dazu nutzten, um Informationen über Waren und
Dienstleistungen aller Art zu erhalten 23 und um diese dann mitei-
nander zu vergleichen. 24 Eine Übersicht dieser vielfältigen Waren-
gruppen sowie die Gegenüberstellung der Online- und Offlinebe-
stellungen 25 aus dem Jahr 2018, sind in der nachfolgenden Grafik
verdeutlicht. 26

            80
            70
            60
            50
     in %

            40
            30
            20
            10
             0

                    Onlinebestellungen       Offlinebestellungen

Abbildung 2: Online- und Offlinebestellungen 2018
Quelle: eigene Darstellung

Die Abbildung 2 zeigt nicht nur wie unterschiedlich die Waren-
gruppen zueinander sind, die per Internet gekauft werden, sondern
verdeutlicht ebenso, wie stark sich das Niveau der Onlinebestel-
lungen dem der Offlinebestellungen annähern. Wurden im Jahr
2016 noch 3,16 Mrd. Sendungen an private Haushalte und somit
38 Sendungen pro Person versandt, waren es 2018 schon 3,52
Mrd. und somit 42 Sendungen pro Person. 27 Diese Entwicklung ist
ebenso in den Einzelhandelsumsätzen zu erkennen. Lag der Anteil
des Einzelhandelsumsatzes an den privaten Konsumausgaben im
Jahr 2000 noch bei 35,8%, betrug er 2014 nunmehr 28,6%. 28

22 Vgl. Schneider (2018), S. 15.
23 Vgl. Becker (2018).
24 Vgl. Statistisches Bundesamt (2019).
25 Waren, die im Einzelhandel erworben werden.
26 Vgl. Statistisches Bundesamt (2018).
27 Vgl. Kurte/Esser (2018); Hansen (2019), S.1; Keller (2019).
28 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 739.
7

Einer Prognose zufolge wird daher im Jahr 2020 jeder fünfte Ein-
kauf online getätigt, so dass sich die Einzelhandelsumsätze wei-
terhin verringern werden. 29
Zurückzuführen ist dieser Umstand z.B. darauf, dass Onlineshop-
ping bequem sowie immer und überall möglich und gleichzeitig
eine große Auswahl an vergleichbaren Produkten vorhanden ist,
die sich in Ruhe und ohne Drängen angeschaut werden kann. 30
Betrachtet man die Vorzüge des Onlineshoppings unter dem Ge-
sichtspunkt, dass der Preis einer Ware weiterhin der einschnei-
dende Faktor für den Abnehmer ist, 31 so stellt sich die Frage, wel-
che Vorzüge dem Einzelhandel vorbehalten sind.
Der wohl größte Vorteil eine Ware im Einzelhandel zu kaufen liegt
darin, dass die Ware üblicherweise sofort mitgenommen werden
kann und dem Abnehmer sofort zur Verfügung steht. Der Abneh-
mer hat demnach keine Wartezeit und kann die Ware sofort nut-
zen. 32 Daher wird von 59% der Abnehmer eine Zustellung so
schnell wie möglich (24 Stunden oder schneller) gefordert 33 und
dabei besonders von Kunden unter 35 Jahren, welche gleichwohl
zu der Altersgruppe gehören, die den größten Anteil der Online-
einkäufer ausmachen. Abnehmern über 60 Jahren ist die schnelle
Zustellung weniger wichtig. 34 30% der Abnehmer ist die schnelle
Zustellung sogar so wichtig, dass sie bereit sind pro Sendung 1 €
mehr zu bezahlen und 10% wären sogar bereit 3 € bis 5 € mehr
pro Sendung zu bezahlen. 35 Betrachtet man dem gegenüber die
Zustellkosten von 3,50 € je Paket, so wären 1 € bis 5 € Mehrbei-
trag eine nicht zu vernachlässigende Kalkulationsspanne. 36
Waren es vor einigen Jahren noch „Next-Day-Delivery“ (Zustellung
am Tag nach der Bestellung) und die Zustellung an einem
Wunschtag oder zu einer Wunschzeit, so ist es nun „Same-Day-
Delivery“ (Zustellung am selben Tag) oder sogar innerhalb von 60
bis 90 Minuten nach Bestellung. 37

29 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 8.
30 Vgl. Statistisches Bundesamt (2019a).
31 Vgl. Manner-Romberg/Symanczyk/Miller (2015), S. 5.
32 Vgl. Clemens (2016), S. 1; Schmortte (2017), S. 11.
33 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 9.
34 Vgl. Roik (2019), S. 25.
35 Vgl. Clemens (2016), S. 1.
36 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 11.
37 Vgl. Schmortte (2017), S. 17; DHL Paket GmbH (2018), S. 2; Manner-

        Romberg/Symanczyk/Miller (2015), S. 9.
8

3 Der Lieferant

Schnell oder besser noch sofort und natürlich versandkostenfrei,
so wünschen es sich 59% der Kunden, wenn sie ihre Bestellung
online abgegeben haben. 38 Doch was dies für den Lieferanten
bedeutet, gerade wenn die infrastrukturelle Kapazitätsgrenze in
den Städten erreicht ist, der Kunde bei der ersten Auslieferung
nicht angetroffen werden kann oder wie die kundenspezifischen
Datenmengen verwertet und alle diese Gegebenheiten ökologisch
sowie nachhaltig verwendet werden können, 39 darüber macht sich
der Kunde keine Gedanken. 40 Die Aufgabe des Lieferanten ist es
jedoch, alle diese Komponenten unter Zufriedenheit des Kunden
sowie der eigenen ökonomischen Rentabilität, zu beachten. 41 Aus
Vereinfachungsgründen werden nachfolgend Kurier-, Express-
sowie Paketdienstleister als Lieferanten zusammengefasst und
nicht nach ihrer Zustellentfernung unterschieden. 42

3.1 Neue Wege durch neue Ideen

Waren es im Jahr 2000 noch 1,69 Mrd. Sendungen die jährlich
deutschlandweit verschickt wurden, so sind es 2018 nunmehr 3,52
Mrd. und für das Jahr 2023 werden mithin 4,43 Mrd. Sendungen
prognostiziert. 43 Das bedeutet, dass das Sendungsvolumen von
20 auf 53 Sendungen pro Person und Jahr ansteigen wird 44,
wodurch neue Wege der Lieferoptionen hin zu den Kunden not-
wendig sind.
Nachfolgend sind einige Neuerungen und zukunftweisende Ideen
der Lieferanten aufgezeigt, sowie dessen Vor- und Nachteile ana-
lysiert, um dem zukünftigen Sendungsvolumen beizukommen.

3.1.1 Den Kunden kennen lernen

Die Grundprämisse eines Lieferanten ist es, die bestellte Ware
zügig, zuverlässig und kosteneffizient zum Kunden zu bringen.
Noch bevor der Kunde seine Ware in den Händen hält, hat sich
deshalb der Lieferant mit den nachfolgenden Fragestellungen
auseinandergesetzt:

38 Vgl. Schmortte (2017), S. 11; Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 9.
39 Vgl. Göpfert/Roman (2017), S. 31.
40 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 10 f.
41 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 751 f.
42 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 793.
43 Vgl. Keller (2019).
44 Vgl. Hüther (2017), S. 3.
9

        - Wann ist der Kunde Zuhause?
        - Wo ist die Klingel zum richtigen Namen?
        - Nehmen Nachbarn die Sendung entgegen, wenn keiner
          die Tür öffnet?
        - Gibt es eine Abstellgenehmigung?
        - Hat der Kunde eine Wunschlieferzeit angegeben? 45
Auch wenn die Fragen trivial erscheinen, so sind sie durchaus
berechtigt, da sie dazu beitragen, dass Lieferrouten optimiert, eine
Fehlzustellung aufgrund bekannter Abwesenheit des Kunden aus-
geschlossen oder die Verfehlung von geplanten Routen minimiert
werden können. 46 Jeder dieser Umstände trägt dazu bei, dass der
Kunde seine Ware unverzüglich zugestellt bekommt und der Liefe-
rant nur einen Zustellversuch benötigt, da er nicht erst vor Ort mit
den Unwegsamkeiten konfrontiert wird. Verschiedene Lieferdiens-
te richten sich mit ihren flexiblen Zustelloptionen wie Wunschzeit,
Ablageort und Liefergeschwindigkeit nach dem Lebenszyklus des
Kunden, da die Kundenzufriedenheit nachweislich steigt, wenn die
Warenzustellung beim ersten Zustellversuch realisiert werden
kann. 47
Beschrieben wird dieses Vorgehen mit dem „Omnichannel-
Modell“, 48 welches ein effizientes Bestandsmanagement sowie
eine optimierte Produktauswahl und dessen Logistik gegenüber
dem Kunden verspricht, wodurch verschiedene Vertriebskanäle
miteinander verknüpft werden und der Lieferant mit dem Kunde
personalisiert in Kontakt tritt. 49
Vereinfacht, wie in der Abbildung 3 dargestellt, bedeutet das, je
mehr Kundeninformationen dem Lieferanten vorliegen, desto bes-
ser kann er seine Logistik abstimmen, wodurch die Kundenzufrie-
denheit steigt und folglich die Onlinebestellungen zunehmen, da
der Kunde zufrieden ist und erneut bestellt.

Abbildung 3: Verknüpfung von Vertriebskanälen
Quelle: eigene Darstellung

45 Vgl. Schmortte (2017), S. 18.
46 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 786 f.
47 Vgl. DHL Paket GmbH (2018), S. 1; DHL Pakete GmbH (2016), S. 3 f.
48 Bezeichnet das synergetische Planen, Steuern und Kontrollieren ver-

   fügbarer Vertriebskanäle, um das Kundenerlebnis und den Unterneh-
   menserfolg zu optimieren; Oeser (o.J.).
49 Vgl. Woopen/Jannes (2019), S. 90 ff.; Bibra (2018), S. 21.
10

3.1.2 „Platooning“

„Platooning“ (engl. für "militärischen Zug") ist eine neuartige Tech-
nologie, die es ermöglicht, dass eine Vielzahl von LKWs und
Transportfahrzeugen, verbunden durch eine elektronische Car-to-
Car-Kommunikation (GPS gesteuert), mit sehr geringem Abstand
hintereinander herfahren können. Dadurch ist es z.B. möglich, den
Windschatten des ersten LKWs zu nutzen, um so eine Kraftstof-
fersparnis der nachfolgenden LKWs von bis zu 10% zu realisie-
ren. 50 Ebenso wird durch diese Kraftstoffeinsparung eine CO2-
Emissionsreduzierung von bis zu 8 kg je Stunde und LKW er-
reicht. 51 Weiterhin wird durch das teilautonome 52 Hinterherfahren
der nachfolgenden LKWs erreicht, dass die Straßeninfrastruktur
besser genutzt wird, wenn man bedenkt, dass insgesamt acht die-
ser LKWs miteinander gekoppelt werden können. 53
Für Lieferanten ist diese Art des Transports nicht nur aus den o.g.
Gründen eine lohnende Perspektive des Massentransports, son-
dern auch aufgrund der Verkehrssicherheit sowie der personellen
Notwendigkeit. Nur der erste LKW gibt Richtung und Geschwin-
digkeit vor, so dass die nachfolgenden Transporter zukunftswei-
send vollkommen autonom und spätestens in 11 Jahren komplett
ohne menschliche Überwachungs- und Eingriffsaufgaben, aus-
kommen können. Ein vollkommen autonomer Transport ist derzeit
technisch zwar möglich, rechtlich jedoch nicht.
Es ist die Vision, bis zum Jahr 2030, dass die zuvor genannten
Einsparungen und dadurch erreichten Kostenreduzierungen für
Personal und Kraftstoff realisiert werden können und ebenso die
gesetzlichen Vorgaben bis dahin angepasst sind.

3.1.3 „Anticipatory Shipping“

Noch bevor der Kunde weiß, was er für eine Ware bestellen möch-
te, ist diese bereits versandt worden und kann noch am selben
Tag zugestellt werden. 54 Dieses Prinzip ließ sich „Amazon“ 2013
als das „Anticipatory / Predictive Shipping“ (engl. für "voraussichtli-
cher / vorausschauende Versand") patentieren und soll Amazon-
bestellungen von Kunden prognostizieren, um so die Ware in die
Nähe des Kunden zu befördern, ohne dass diese die Bestellung
tatsächlich erhalten.

50 Vgl. Schmortte (2017), S. 12.
51 Vgl. Kellerhoff (2019).
52 Die Rechtslage fordert derzeit in Gefahrensituationen eine Überprü-

   fungs- sowie Eingriffsmöglichkeit durch den Führer des Fahrzeugs.
53 Vgl. ADAC e.V. (2018).
54 Vgl. Mortsiefer (2019); Schmortte (2017), S. 18.
11

Es erfolgt demnach eine intelligente sowie automatisierte Kommis-
sionierung, so dass die Ware zu einem speziellen Ort oder inner-
halb des Postleitzahlengebiets des Kunden bis auf einen LKW
zwischengelagert wird. Erfolgt dann die physische Onlinebestel-
lung, so wie sie prognostiziert wurde, ist die Ware bereits unmittel-
bar beim Kunden und kann daher binnen kurzer Zeit zugestellt
werden. 55
Grundlage dieser Prognosen sind Datenmengen, welche von je-
dem einzelnen Kunden erfasst und ausgewertet werden. Hierzu
nutzen Onlineanbieter Informationen wie z.B. Suchhistorien des
Browsers, Wunschzetteleinträge, Warenkorbzusammenstellungen
bis hin zur Cursorverweilzeit eines Kunden auf einem Produkt, um
zu analysieren welche Ware unmittelbar gekauft werden soll. Be-
zeichnet werden diese Datenmengen als „Big Data der Logistik“, 56
da sie personalisiert Auskünfte über die Interessen sowie über das
Kaufverhalten des Kunden geben und mit Hilfe logischer Verknüp-
fungen eine Kaufprognose erstellt wird. 57 Nachdem eine Zustel-
lung erfolgte, werden die Kaufprognosen validiert und die Informa-
tionen über den Kunden angepasst, um für die Nachfolgebe-
stellung präzisere Daten bereitzustellen. Diese enormen Daten-
mengen werden nach ihren relevanten Gestaltungsfeldern unter-
schieden, um anschließend unterschiedliche Kosten-, Prozess-
sowie Dispositionsanalysen durchzuführen. 58
„Anticipatory Shipping“ bietet sich demnach besonders für Pro-
duktgruppen an, die einer großen Anzahl an Zielgruppen zugehö-
rig sind und vom Kunden erwartet wird, dass diese Ware taggleich
geliefert werden kann. Als Beispiele sind hierzu neue Smartphone-
Modelle oder Bestsellerbücher zu nennen.

3.2 Die „letzte Meile“

Als „letzte Meile“ wird in der Logistik der finale Schritt des Lieferan-
ten hin zum Endkunden und damit die konkrete Zustellung be-
schrieben. Hierzu werden Paketsendungen zuerst vorsortiert und
anschließend an Lieferanten der zugewiesenen Postleitzahlenbe-
reiche weitergeleitet, um abschließend an den jeweiligen Empfän-
ger übergeben zu werden. 59 Da in diesen personalisierten Zustel-
lungen, wie in 3.1.1 beschrieben, umfangreiche Vorüberlegungen
des Lieferanten enthalten sind, fallen in dem letzten Schritt der
Auslieferung 50% der Lieferkosten bei einem Standartversand an.

55 Vgl. Zhalgassova (2014); Pumpe (2016), S. 9; Hassa (2018), S. 6.
56 Vgl. Pumpe (2016), S. 9; Drangmeister/Gust (2019), S. 7.
57 Vgl. Woopen/Jannes (2019), S. 90 ff.; Mülling (2019), S. 4 ff.
58 Vgl. Lorenzen/Krokowski (2018), S. 40 ff.; Zhalgassova (2014).
59 Vgl. Zhalgassova (2014); Drangmeister/Gust (2019), S. 1.
12

Bei einer Zustellung am selben Tag (Same-Day-Delivery) ist ein
exponentieller Anstieg bis auf 90% zu verzeichnen, da der logisti-
sche Mehraufwand bei dieser Art der Zustellung, erheblich größer
ist.
Haus- und Adresszustellungen werden von 87% der Kunden be-
vorzugt, 60 wobei Paketshops von 10% und Paketautomaten von
3% präferiert werden. Paketboxen und sonstige Zustellmöglichkei-
ten werden derzeit vom Kunden nicht stark genutzt. Demnach ist
zu erkennen, dass der Kunde Zuhause beliefert werden möchte,
wodurch eine Einheitslösung für den Lieferanten nicht möglich
ist. 61 Jede Zustellung ist folglich eine individuelle sowie kundenori-
entierte Belieferung, die anfällig für unvorhergesehene Störfälle
ist. 62 Damit die „letzte Meile“ des Onlinehandels nicht dadurch dis-
ruptiert wird, dass operative sowie administrative Probleme auftre-
ten, 63 werden von den Lieferanten unterschiedliche Distributions-
konzepte 64 sowie technische Innovationen dazu genutzt, schwieri-
ge sowie zeit- und kostenintensive Zustellung zu optimieren. 65
Die Abbildung 4 zeigt jene Innovationen, die mit Nachdruck von
namhaften Unternehmen wie Amazon, eBay, DHL, DPD, GLS,
Hermes und UPS verfolgt werden, da sie davon überzeugt sind,
dass in ihnen ein großes Einsparpotential der „letzten Meile“ und
somit in den Lieferkosten verborgen sind. 66

      Abbildung 4: Innovationen zur Verbesserung der „letzten Meile“
      Quelle: eigene Darstellung

60 Vgl. Clemens (2016), S. 1; Hansen (2019), S. 1.
61 Vgl. Kurte/Esser (2018).
62 Vgl. Nolte (2016), S. 27.
63 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 752.
64 Vgl. Schmortte (2017), S. 18.
65 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 15.
66 Vgl. Manner-Romberg/Symanczyk/Miller (2015), S. 5; Bibra (2018),

        S. 21; Pumpe (2016), S. 7 f.
13

Aufgrund des steigenden Sendungsvolumens und der damit ver-
bundenen Kosten, ist der Lieferant daran interessiert, technische
Innovationen der „letzten Meile“ voranzutreiben. Bestärkt wird die-
ses Vorgehen ebenso darin, dass der Kunde sofort beliefert wer-
den soll und damit bestandsführende Läger oder andere Alternati-
ven notwendig sind, wodurch das Produkt jederzeit vorrätig wäre
und sofort ausgeliefert werden könnte. 67 Hierzu werden im Fol-
genden einige Neuheiten beschrieben, welche die klassische Zu-
stellung revolutionieren könnten.

3.2.1 Drohnenzustellung

Die eben noch bestellte Ware binnen 30 Minuten auf der eigenen
Terrasse oder dem eigenen Balkon geliefert zu bekommen, das ist
die Vorstellung der „Prime-Air“ Drohne von Amazon. 68 Sie soll vor-
erst kleinere Haushaltsartikel wie Zahnpasta und Rasierklingen zu
Testzwecken ausliefern, um dann zukünftig Sendungen bis zu
einem Gesamtgewicht von 2,3 kg transportieren zu können. Mit
einer Reichweite von 24 km ist der Hexakopter 69 mit optischen
sowie Infrarotkameras als auch unterschiedlichen Sensoren aus-
gestattet, um selbstständig Hindernissen wie Menschen, Tiere
oder Wäscheleinen auszuweichen und um Starts sowie Landun-
gen selbstständig durchzuführen. Diese Drohne kann in der Luft
sowie am Boden eingesetzt werden, da sie mit Hilfe einer künstli-
chen Intelligenz alle erforderlichen Sicherheitsvorrichtungen mit
sich führt, um z.B. im Notfall einen geeigneten Landeplatz zu su-
chen oder bei einem Antriebsausfall zu Boden zu segeln. 70
Zustelldrohnen sind nicht nur unbemannte, fliegende und wieder-
verwertbare Transportmittel, die mittels hoch technologischer Im-
plementierungen die Paketströme vom Boden in die Luft verlagern
können, ebenso ermöglichen sie es, dass die Warenströme ökolo-
gischer sowie nachhaltiger, als auch flexibler und kundenorientier-
ter ausgeführt werden können. 71 Die Drohnen entlasten den Liefe-
ranten nicht nur durch ihr autarkes Vorgehen und ihrer
selbstständigen Auftragserfüllung, sondern tragen ebenso dazu
bei, dass die Kundenzufriedenheit steigt, da die Sendung noch
schneller zum Endabnehmer gelangt. Das ist auch ein Grund da-
für, dass 33% der Kunden eine Lieferung per Drohne zukünftig
nutzen würden und demnach ein persönlicher Kontakt mit dem
Lieferanten zweitrangig wäre.

67 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 744.
68 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 17 ff.
69 Flugzeug mit sechs senkrecht nach unten wirkenden Rotoren.
70 Vgl. Woopen/Jannes (2019), S. 41; Bünte (2019).
71 Vgl. Drangmeister/Gust (2019), S. 15.
14

Bevor jedoch diese Drohnen zum Einsatz kommen, müssen Fra-
gen der Luftsicherheit, des Datenschutzes sowie des Urheber-
rechts juristisch geklärt sein.

3.2.2 Mikro-Depots inkl. Lastenfahrräder

Mikro-Depots sind z.B. Behälter, Container, abgestellte Nutzfahr-
zeuge, geeignete Lagerplätze oder Immobilien, die schnell und
effizient mit Paketen bestückt werden können, um von Lastenfahr-
rädern oder fußläufig mit Sackkarren (Zustellradius beträgt 1 km)
auch die „Allerletzte Meile“ hin zum Adressaten, zeitoptimiert zu
beliefern. Hierbei werden z.B. Container im Zentrallager mit bis zu
400 Sendungen bestückt, sodass diese Container am Depotplatz
abgestellt werden, um von dort aus mittels Lastenfahrräder oder
Sackkarren die Endlieferung zu realisieren. 72 Diese Art der Distri-
butionslösung wird auch „mobiles Depot“ genannt, da es zentral
beladen wird und täglich an neuen Abstellorten platziert werden
kann. 73
Durch diese Innovation sind große Zentrallager innerhalb einer
Stadt nicht notwendig, der LKW Verkehr reduziert sich aufgrund
der wegfallenden Zustellfahrzeuge und die Verkehrsbelastung
entzerrt sich gerade zu den Stoßzeiten. Ebenso ist eine Reduzie-
rung der Lärmbelästigung sowie der Schadstoffausstöße durch
den Einsatz von Lastenfahrrädern bzw. Sackkarren erkennbar, 74
was wiederum von 61% der Kunden befürwortet wird. Diese legen
mittlerweile nicht nur Wert auf eine schnelle Lieferung, sondern
bestärken ebenso die Präferenz des umweltfreundlichen Trans-
ports. Dazu eignen sich besonders die Lastenfahrräder, welche mit
bis zu 250 kg beladen werden können sowie die Sackkarren, wo-
bei auch die Elektromobilität mit ihren E-Autos den ökologischen
Aspekt erfüllen, jedoch die Verkehrsbelastung bei dieser Art der
Zustellung weiterhin bestehen bleibt. Einer Studie zur Folge könn-
te z.B. der Lieferverkehr der Stadt München um 34% durch den
Einsatz von Lastenfahrrädern gesenkt werden und so auch der
Verkehr in der Innerstadt. 75
Denkbar ist demnach eine Mischform der unterschiedlichen Zu-
stellmöglichkeiten. In engen Zufahrtswegen oder Fußgängerzonen
könnten Lastenfahrräder oder Sackkarren eingesetzt werden, wel-
che zuvor mittels LKW und einem Mikro-Depot beliefert wurden,
wobei große und sperrige Pakete weiterhin durch die konventionel-
len Zustellmöglichkeiten per Transporter ausgeliefert werden.

72 Vgl. Optel Media Services GmbH (2019); Pieringer (2018).
73 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 17 ff.
74 Vgl. Optel Media Services GmbH (2019); Hansen (2019), S. 1.
75 Vgl. Drangmeister/Gust (2019), S. 6 ff.; Hansen (2019), S. 2.
15

Grundsätzlich besitzt diese Art der Zustellung Erfolgsaussichten,
da sie in Städten und Ballungsgebieten flexibel sowie variabel ein-
gesetzt werden kann, 76 wobei die geographischen und sozialen
Bedingungen hierbei maßgebend sind. Ebenso muss die Akzep-
tanz in der Gesellschaft vorhanden sein, dass Mikro-Depots in
Form von Containern, aufgestellten Behältern oder geeignete La-
germöglichkeiten das Stadtbild beeinflussen. 77

3.2.3 Packstationen & Paketboxen

Packstationen, die an öffentlichen Orten wie Einkaufszentren,
Bahnhöfen oder U-Bahnstationen aufgebaut sind bzw. Paketbo-
xen, die vor Wohnblöcken, Hochhäusern oder Einfamilienhäusern
platziert wurden, sind bereits seit vielen Jahren in der Anwendung.
Auch wenn sich diese Stationen noch nicht flächendeckend etab-
liert haben und derzeit von ca. 3% der Kunden verwendet wer-
den, 78 sehen die Lieferanten diese Art der Zustellung als zu-
kunftsweisend, da die Stationen viele Vorteile für den Kunden als
auch für den Lieferanten mit sich bringen. 79
Der Kunde muss sich mit einem Code, einer Karte oder einem
Schlüssel identifizieren und kann demnach jederzeit sein Paket in
Empfang nehmen. Er entscheidet somit selbst, wann er das Paket
abholen möchte, da ihm die Sendungsankunft per E-Mail mitgeteilt
wird. Ebenso hat der Kunden die Möglichkeit, eine weitere Person
mit der Abholung zu beauftragen, ohne dass diese der originäre
Empfänger des Pakets ist. Hierzu ist lediglich die Zugangsberech-
tigungsübertragung notwendig. Der Kunde ist damit flexibel in der
Zeit der Abholung sowie in der Wahl der Abholperson, wobei
gleichzeitig die Sicherheit der Sendungsübergabe durch das
Übergabesystem gegeben ist. 80
Für den Lieferanten hingegen ist diese Art der Paketzustellung
darin vorteilhaft, dass er nur wenige Stationen anfahren muss, um
seine Sendungen abzuliefern. Er ist nicht darauf angewiesen, dass
der Empfänger Zuhause ist, eine Abstellgenehmigung vorliegt oder
der Nachbar die Sendung in Empfang nehmen kann, da die Pack-
stationen bzw. die Paketboxen zeitunabhängig zu beliefern sind.
Mit Hilfe der Barcodes auf den Paketen, welche eine grundlegende
Innovation der Paketzustellung und der Abfertigungsbeschleuni-
gung darstellen, werden die zutreffenden Schließfächer der Pa-
ketstationen geöffnet und das Paket abgeliefert.

76 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 18.
77 Vgl. Optel Media Services GmbH (2019).
78 Vgl. Kurte/Esser (2018).
79 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 19.
80 Vgl. Drangmeister/Gust (2019), S. 12.
16

Ein weiterer Vorteil dieser gebündelten Belieferung liegt ebenso in
der geringeren Verkehrsbelastung und damit einhergehenden mi-
nimierten Schadstoffemissionsbelastung, da die Lieferanten einen
verkürzten Transportweg haben.
Weil diese Art der Zustellung sowohl für den Kunden als auch für
den Lieferanten Vorteile mit sich bringen, gerade in Hinblick auf
die steigenden Sendungszahlen, erwägen einige Lieferanten die
kostenfreie Zustellung nur noch für Packstationen bzw. Paketbo-
xen anzubieten. Für die Zustellung an die Privatadresse des Kun-
den würde hingegen eine Liefergebühr entstehen. 81 Da Haus- und
Adresszustellung jedoch weiterhin mit 87% die beliebteste Varian-
te der Zustellung darstellt, ist in Hinsicht der Kundenzufriedenheit
diese Einführung der Kostenübertragung eher als gering einzu-
schätzen. Wahrscheinlicher ist demnach der Lösungsansatz von
„Multi-Label-Paketshops“. Das sind Paketstationen, wobei unter-
schiedliche Lieferanten miteinander kooperieren und nahe dem
Kunden agieren. So sind diese Paketshops z.B. in Kiosken, Tank-
stellen oder Ladenlokalen integriert, in denen sich der Kunde oft
aufhält, so dass er auf seinem Weg nach Hause das Paket mit-
nehmen kann. 82

3.2.4 Ablage in den Kofferraum

Diese Innovationsidee verdeutlicht, dass die Lieferanten in unter-
schiedliche Richtungen der Zustellvarianten forschen und so die
Möglichkeit der direkten Zustellung in den Kofferraum des Kunden
erproben. Hierzu würde der Lieferant das Auto des Kunden orten
und den Kofferraum über eine App 83 öffnen können, um das Paket
hineinzulegen, ohne dass der Kunde persönlich vor Ort sein müss-
te. Dieser könnte den Vorgang über die App oder ggf. über Kame-
rasysteme des Autos (Rückfahrkamera) mitverfolgen, wenn die
technischen Gegebenheiten dazu vorhanden sind.
Ebenso denkbar ist eine Zustellung des Pakets in den Kofferraum
eines Kunden, wenn dieser sich in seiner Arbeitsstelle befindet.
Damit würde die Zustellung in den Kofferraum mit der zum Ar-
beitsplatz verbunden werden, wodurch der Lieferant ein flexibleres
Zeitfenster für seine Zustellung zur Verfügung hätte. 84
Derzeit ist es jedoch technisch sowie rechtlich nicht möglich, eine
Kofferraumzustellung vorzunehmen, ohne dass der Kunde vor Ort
ist.

81 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 15.
82 Vgl. Kurte/Esser (2018); Drangmeister/Gust (2019), S. 12.
83 Ist eine Anwendungssoftware (Applicationsoftware) eines Anbieters,

   um dessen unterschiedliche Serviceleistungen zu nutzen.
84 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 19 ff.
17

Aufgrund dieser Gegebenheiten würden derzeit 16% der Kunden
eine Kofferraumzustellung nutzen, wobei 68% diese Art der Zustel-
lung strikt ablehnen. Derzeit ist die Akzeptanz dieser Innovation
nicht stark verbreitet, da das System technisch sowie rechtlich
noch nicht ausgereift ist. 85

3.2.5 Urbane Logistik unter der Erde

Urbanisierung bezeichnet die Ausbreitung städtischer Lebensfor-
men durch die Vermehrung, Ausdehnung oder Vergrößerung von
Städten nach Flächen- sowie Einwohnerzahl, im Verhältnis der
ländlichen bzw. nicht städtischen Siedlungen. Zur Verdeutlichung
dieser Ausbreitung werden u.a. demografische Kennziffern aber
auch Konsumgüter des täglichen Bedarfs, welche durch eine
schnelle Warenrotation gekennzeichnet sind, betrachtet. 86 Diese,
als „Fast Moving Consumer Goods“ (FMCG) bezeichneten Güter,
umfassen z.B. Lebens- sowie Reinigungsmittel aber auch Körper-
pflegeprodukte, Tabakwaren und Kosmetikartikel, welche der Kon-
sument ohne große Entscheidungsfindung täglich sowie routiniert
einkauft. 87 Der steigende Urbanisierungsgrad ist seit dem Jahr
2000 zu erkennen und seit 2016 so weit vorangeschritten, dass
nunmehr 75% dieser FMCG-Konsumenten in deutschen Städten
leben. Dies hat zur Folge, dass die Metropolregionen anwachsen,
wobei die ländlichen Gegenden an Bevölkerung verlieren. 88
Dieser Umstand erfordert es, dass die Logistik in den Großstädten
revolutioniert und zukunftsweisend gestaltet werden müssen, da
im Jahr 2050 die Hälfte aller Menschen in Großstädten wohnen
wird und nur so dem steigenden Konsumverhalten nachgekom-
men werden kann.
Um symbiotische sowie katalytische Verbindungen zwischen Städ-
ten und technologischen Neuerungen herzustellen, 89 kann eine
unterirdische Ausbreitung der Urbanisierung ein Lösungsansatz
dazu sein. Dieser Ansatz beschreibt eine unterirdische Verteilung
von Waren innerhalb einer Stadt, welche mittels eines Tunnelsys-
tems und dessen Beförderungseinheiten, den sogenannten „Car-
goCaps“, ausgerüstet ist. Dieses System ist unabhängig des Stra-
ßennetzes, des Schienen-, Wasser- sowie Lufttransportes zu
nutzen, 90 da es vollautomatisch sowie autonom agiert.

85 Vgl. Drangmeister/Gust (2019), S.14 ff.
86 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 17.
87 Vgl. Holzapfel (2016), S. 9 ff.; Bähr (2011), S. 1.
88 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 739.
89 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 1114.
90 Vgl. Stein (2018), S. 33; Helmold/Terry (2016), S. 130.
18

Vergleichbar ist diese fünfte ergänzende Transportalternative mit
einer herkömmlichen U-Bahn, wobei die „CargoCaps“ ausschließ-
lich Waren transportieren. Der Warentransport erfolgt mittels Stan-
dartladungsträgern wie z.B. der Euro-Palette, da so eine schnelle
und automatisierte Verladung gegeben ist.
Vorteilhaft sind bei dieser Art des Transports nicht nur die Entlas-
tungen der alternativen Transportwege sowie die Reduzierung der
Schadstoffemissionen und der Lärmbelästigungen, 91 sondern
ebenso die geringen Baukosten dieser Fahrrohrleitungen. Kosten-
einsparend wirkt sich hierbei das Prinzip des Rohrvortriebs aus,
wodurch eine Installation auch in dicht besiedeltem Gebiet möglich
ist. Die nachfolgende Abbildung 5 verdeutlicht die Baukosten für
1 km Fahrrohrleitung gegenüber dem Bau von 1 km Autobahn
sowie 1 km eines innerstädtischen Tunnels.

Abbildung 5: Baukosten von Transportwegen
Quelle: eigene Darstellung

Die o.g. Vorteile sowie die illustrierten Kostenersparnisse der Ab-
bildung 5 verdeutlichen die Relevanz dieser innovativen Transport-
idee. Sie kann dazu beitragen neue Aktionsfelder unter Berück-
sichtigung ökologischer sowie ökonomischer Gesichtspunkte zu
erschließen, um Ressourcen einzusparen, den Kunden flexibler
sowie schneller zu beliefern und trägt gleichwohl dazu bei, das
Stadtbild nicht zu entfremden. 92 Vorteilhaft sind ebenso die gerin-
gen juristischen Hürden dieser Innovation. Da es sich weder um
ein Straßen- oder Eisenbahnprojekt sowie um Energieleitungen
oder Pipelines handelt, greifen keine der bestehenden Planfest-
stellungserfordernisse. D.h. es sind zur Projektrealisierung ledig-
lich die bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen sowie umwelt-
rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. 93

91 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 1117.
92 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 1115 ff.
93 Vgl. Stein (2018), S. 33 f.
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3.3 Vorteile

Die vorangestellten Abschnitte 3.1 sowie 3.2 zeigen innovative
Ideen, Vorhaben sowie Pilotprojekte, um dem aufkommenden
Sendungsvolumen gerecht zu werden und um dem Kunden eine
schnelle oder besser noch, eine sofortige Lieferung der Ware zu
gewährleisten. Hierbei ergeben sich durch die Digitalisierung so-
wie die Vernetzung unterschiedlicher Lieferketten, vielfältige Vor-
teile für die Lieferanten.

3.3.1 Bindung des Kunden

Auch wenn sich Kaufentscheidungen in erster Linie auf die mone-
täre Ebene beziehen, sind weitere Einflussfaktoren wie die Liefer-
zeit einer Sendung, 94 die ökologische Nachhaltigkeit sowie der
Service des Lieferanten, wettbewerbsentscheidende Differenzie-
rungsmerkmale. 95 Der Konsument möchte online unterhalten wer-
den, Produkte schnell und übersichtlich miteinander vergleichen
und gleichzeitig mit anderen Konsumenten interagieren können. 96
Der Kunde wird somit aktiv und erlebnisorientiert in die Wertschöp-
fungskette mit eingebunden. 97 Diese Entwicklung macht sich der
Lieferant zu Nutze und bietet unterschiedliche Möglichkeiten der
Zustellung wie „Next-Day-Delivery“, „Same-Day-Delivery“ oder
Sofortlieferungen binnen 60 bis 90 Minuten nach Bestellungsein-
gang an, um den Kunden zufrieden zu stellen und ihn als langjäh-
rigen Abnehmer zu gewinnen. 98 Hierzu bietet der Lieferant z.B.
eigene Anwendungssoftwares (Apps), wie in 3.2.4 beschrieben an,
um dem Kunden weitere personalisierte Serviceleistungen bereit-
zustellen, 99 wodurch der Lieferant wiederum den beschriebenen
Lebenszyklus des Kunden kennenlernt und danach agiert. 100 Der
Lieferant nutzt den Wunsch der digitalen Sofortness des Kunden
für seine Informationsgewinnung aus, um seine Serviceleistungen
kundenspezifisch zu platzieren und um damit Kostenersparnisse
zu erwirtschaften. 101

94  Vgl. Clemens (2016), S. 1; Deges (2017), S. 13.
95  Vgl. Helmold/Terry (2016), S. 5 ff.
 96 Vgl. Bibra (2018), S. 21; Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 739.
 97 Vgl. Schneider (2018), S. 16.
 98 Vgl. Schmortte (2017), S. 17; DHL Paket GmbH (2018), S. 2; Manner-

         Romberg/Symanczyk/Miller (2015), S. 9.
 99 Vgl. Bibra (2018), S. 22 f.
100 Vgl. DHL Paket GmbH (2018), S. 1; DHL Pakete GmbH (2016), S. 3 f.
101 Vgl. Clemens (2016), S. 1.
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3.3.2 Förderung von Spontankäufen

Ein weiterer Grund den Kunden so schnell wie möglich zu belie-
fern besteht darin, dass dieser nur wenig Zeit haben soll seine
Kaufentscheidung infrage zu stellen. Verdeutlicht wird dieses Vor-
gehen bei Impuls- bzw. Spontankäufen. Je schneller der Kunde
das Produkt erhält, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer
Retoure, da kurzlebige Modetrends aber auch Veranstaltungen
wie Hochzeiten, Oktoberfeste oder Karneval bereits verstrichen
sein können und die Ware nicht mehr benötigt wird bzw. das Kon-
sumbedürfnis mittlerweile anderweitig gedeckt wurde. Je schneller
demnach ein Kunde beliefert wird, ohne dass Lieferverzögerun-
gen, Kommissionierungsfehler bzw. Schäden an der Ware oder an
der Verpackung auftreten, desto wahrscheinlicher ist es, dass der
Kunde seine Onlinebestellung behält und eine weitere Bestellung
ausführt. 102

3.3.3 ökologische sowie soziale Aspekte

Ebenso vorteilhaft für den Lieferanten ist es, dass die Kunden ne-
ben dem Preis und der schnellen Lieferung nunmehr auch die öko-
logischen sowie sozialen Aspekte des Konsums mit betrachten. 103
Demnach achtet der Abnehmer schon bei der Onlinebestellung
darauf, woher das Produkt geliefert wird, mit welchem Lieferanten
die Zustellung erfolgt und welche nachhaltigen Innovationen den
Kunden bei seiner Kaufentscheidung bestärken. 104 Durch diese
Entwicklung, neu eingesetzter Technologien ist es dem Lieferan-
ten möglich, auf Kundenwünsche spezifischer aber auch zeitge-
rechter sowie nachhaltiger einzugehen, wodurch wiederum eine
gesteigerte Kundenzufriedenheit resultiert. 105
Die Hauptinteressen der Lieferanten liegen einerseits in der steti-
gen Kundenzufriedenheit als auch andererseits in der eigenen
ökonomischen Rentabilität. Beide Interessen können nur dann
verwirklicht werden, wenn die vorliegenden Kundeninformationen
und die daraus resultierenden Kundenanforderungen mit der ge-
nutzten Technologie des Lieferanten realisierbar sind. Im Zeitalter
der digitalen Ungeduld, 106 wie in Abschnitt 2 beschrieben, ist es
nicht nur notwendig technologische Neuerungen zur Bewältigung
der Sendungsvolumen zu nutzen sondern ebenso wichtig Wettbe-
werbsvorteile gegenüber anderer Lieferanten zu erarbeiten.

102 Vgl. Deges (2017), S. 13 f.
103 Vgl. Prümm/Kauschke/Peiseler (2017), S. 9.
104 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 972 ff.
105 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 752 ff.
106 Vgl. Bibra (2018), S. 20 ff.; Alicke (2018), S. 36.
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Hierzu können Spezialisierungen oder erworbene Kernkompeten-
zen wie z.B. durch die Realisierung von Drohnenlieferungen, Nut-
zung von Mikro-Depots inklusive Lastenfahrrädern oder der Urba-
nisierung unter der Erde, beitragen. 107

3.4 Nachteile

Naheliegend ist die Vermutung, dass die digitale Ungeduld nicht
nur Vorteile für den Lieferanten mit sich bringen, sondern ebenso
Herausforderungen bis hin zu Nachteilen aus der kundengetriebe-
nen Sofortness resultieren. Der zuvor genannte Segen, der tech-
nologischen Entwicklung mit all seinen Fassetten des Supply
Chain Managements, kann sich ebenso zum Fluch eines Lieferan-
ten entfalten, wenn er die Entwicklung eigener Innovationen sowie
die Digitalisierung seines Systems vernachlässigt.

3.4.1 Verarbeitung der Datenmengen

Wie in Abschnitt 3.1.1 beschrieben ist es nicht nur notwendig so
viele Kundeninformationen wie möglich zu generieren, sondern
ebenso wichtig ist es, diese gewonnenen Informationen zu verar-
beiten, um ein personalisierten Lebenszyklus des Kunden 108 zu
erhalten. 109 Diese, als „Big Data“ der Logistik bezeichneten Da-
tenmengen, ermöglichen es, kundenspezifische Bedürfnisse auf
Grundlage optimierter Entscheidungen innerhalb kürzester Zeit zu
befriedigen. Gleichwohl ist diese Bedürfnisbefriedigung nicht opti-
miert, wenn eine Vernetzung der vorliegenden Kundeninformatio-
nen nicht erfolgt ist. 110 Informationen werden dadurch fehlgeleitet
oder gehen gänzlich verloren, so dass der Lieferant finanzielle
sowie personelle Aufwendungen generieren muss, um den Kun-
den dennoch zufriedenstellend zu beliefern, da einige Prozessab-
läufe wie z.B. eine erfolgreiche Erstzustellung oder eine Zustellung
zu einem Wunschtermin nicht ermöglicht werden konnte. Dem-
nach ist eine Vernetzung der unterschiedlichen Informationsquel-
len sowie das Sammeln, Analysieren und Nutzen großer Daten-
mengen, grundlegend für jeden Lieferanten. 111 Wer keine bzw.
wenige Daten zeit- und bedarfsgerecht über die Endkundennach-
frage in seiner Werkschöpfungskette verarbeitet, verliert den An-
schluss an der Digitalisierung. 112

107 Vgl. Helmold/Terry (2016), S. 9.
108 Vgl. DHL Paket GmbH (2018), S. 1; DHL Pakete GmbH (2016), S. 3 f.
109 Vgl. Göpfert/Roman (2017), S. 30.
110 Vgl. Kleemann/Glas (2017), S. 5 f.; Zhalgassova (2014).
111 Vgl. Göpfert/Roman (2017), S. 30.
112 Vgl. Kleemann/Glas (2017), S. 6.
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3.4.2 Marktmacht des Kunden

Ein weiterer Nachteil für den Lieferanten ergibt sich aus der hohen
Transparenz sowie der Informationsdichte des Onlinehandels. Mit
Hilfe des Internets können Konsumenten schnell und übersichtlich,
unterschiedliche Produkte miteinander vergleichen, wobei gleich-
zeitig ein Austausch mit anderen Nutzern über dieses Produkt er-
folgen kann. Der Konsument entscheidet, beeinflusst von den Il-
lustrationen und Informationen des Onlinehändlers, nach dem
Erfahrungsaustausch mit anderen Nutzern sowie nach seinen ei-
genen Erfahrungen aus vorangestellten Onlinekäufen, welches
Produkt er bei welchem Anbieter kaufen möchte. Diese Entwick-
lung des Onlinehandels wir auch als steigende Marktmacht des
Kunden beschrieben. 113 Verdeutlicht wird diese Marktmacht, wenn
sich der Kunde den Lieferanten bei einem Kaufabschluss aussu-
chen kann. Erst an dieser Stelle kann der Lieferant den Kunden
von seinen Leistungen überzeugen, wobei die Entscheidung der
Lieferantenauswahl, oft aus vorangegangenen Zustellungen resul-
tiert. 114 Lieferantenleistungen die z.B. mittels App die Standortin-
formationen des Pakets anzeigen, Wunschlieferzeiten und Abstell-
genehmigungen vom Kunden selbst bestimmen lassen oder die
Nutzung von Servicemitarbeitern verspricht, sind nur einige der zur
Kundenzufriedenheit beitragenden Möglichkeiten.

3.4.3 Wettbewerbsdruck

Die zuvor beschriebene Marktmacht des Kunden hat ebenso zur
Folge, dass die Kundenforderungen anspruchsvoller werden und
damit auch der Wunsch seine Sendung sofort geliefert zu bekom-
men. Der Kunde kann zwischen einer der führenden Lieferdien-
ste 115 oder ein neu gegründetes Unternehmen (Start-up) wählen,
wodurch wiederum ein Margen-, Preis- und Wettbewerbsdruck auf
die gesamte Branche ausgeübt wird. 116
Der Lieferant versucht diesem Wettbewerbsdruck entgegenzuwir-
ken, indem er zukunftsweisende Projekte, neue Technologien so-
wie Kundenanforderungen oder Branchenzusammenschlüsse 117
frühzeitig erkennt bzw. umsetzt. Die Ermittlung sowie Aufbereitung
dieser Erkenntnisse basieren auf der Zukunftsforschung und damit
auf einer einhergehenden Wahrscheinlichkeitstheorie, da keine
gesicherten Informationen vorliegen.

113 Vgl. Bibra (2018), S. 20 ff.; Schneider (2018), S. 16.
114 Vgl. Bode et al. (2017), S. 56.
115 Vgl. Manner-Romberg/Symanczyk/Miller (2015), S. 5.
116 Vgl. Schneider (2018), S. 21; Becker (2018).
117 Vgl. Corsten/Gössinger/Spengler (2018), S. 753 f.
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