ANFRAGE vom 05.10.2020 (XXVII. GP) - Österreichisches Parlament

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                                         3638/J
                             vom 05.10.2020 (XXVII. GP)

                                        ANFRAGE

der Abgeordneten Kai Jan Krainer,
Genossinnen und Genossen

an den Bundesminister für Finanzen

betreffend: „Copy&Paste" inklusive Sprüche für die Presse klopfen reicht nicht, wann
liefern Sie, Herr Finanzminister?

Sehr geehrter Herr Finanzminister!
Am 25. August 2020 gab es wieder einen Anlass, bei dem Sie sich inszenieren und schöne
Fotos auf Flickr veröffentlichen konnten - die deutschsprachigen Finanzminister trafen sich in
Wien.
Bemerkenswert ist Ihr „message"-kontrolliertes Wording, welches einfach nur eine wichtige
sozialdemokratische Kernbotschaft aus den vergangenen Jahren inhaltlich kopierte. Im Zuge
des Steuerstreits zwischen der EU-Kommission und Irland über die Steuerzahlungen des
Konzerns Apple im Jahr 2016, kritisiert die SPÖ, dass „Jedes Wiener Kaffeehaus, jeder
Würste/stand zahlt in Österreich mehr Steuern als ein globaler Konzern". Folge dessen
fanden sich im Wahlprogramm der SPÖ des Jahres 2017, im Wahlprogramm zur Europawahl
2019 und der Nationalratswahl 2019 ganze Kapitel unter diesem Gesichtspunkt zum Thema
„Steuergerechtigkeit". Was macht Ihre Presseabteilung für die ÖVP-Berichterstattung auf der
Homepage des BMF über das Finanzministertreffen daraus? Sie werden zitiert mit „Ein Greißler
ums Eck darf nicht mehr Steuern zahlen als multinationale Konzerne".1
Die unterzeichnenden Abgeordneten stellen daher nachstehende

                                            Anfrage:

1) Seit wann ist Ihnen das Thema Steuergerechtigkeit im Vergleich zwischen einem
   österreichischen kleinen und mittleren Unternehmen und internationalen Großkonzernen ein
   Anliegen?
2) Ist Ihnen bekannt, dass unter Ihrem Amtsvorgänger, ÖVP-Finanzminister Löger, das
   Digitalsteuergesetz 2020 bereits beschlossen wurde (BGBI 191 /2019)2 ?
3) Ist Ihnen bekannt, dass Ihr Amtsvorgänger gemeinsam mit dem damaligen FPÖ-
   Staatssekretär per OTS verlauten ließ „„Mit dem Digitalsteuerpaket schließen wir
   Steuerlücken und Schlupflöcher und nehmen damit digitale Großkonzerne,
   Vermittlungsplattformen und Händlerplattformen in die Pflicht. Wir schaffen durch eine faire
   Besteuerung der digitalen Wirtschaft eine neue Steuergerechtigkeit", hält Finanzminister
   Hartwig Löger fest."3 ?

1 https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2020/august/treffen-der-deutschsprachigen-

finanzminister.html
2 https://www. parlament. gv .at/pls/portal/rislink.bg bl?bgbl_n r=91&jahr=2019&BGBITeil=I
3
  https://www.ots.at/presseaussendu ng/OTS_20190403_0TSO109/loegerfuchs-5-prozent-d igitalsteuer-
fuer-digitale-grosskonzerne

                                       www.parlament.gv.at
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          4) Aus welchem Grund fordern Sie eine Digitalsteuer, wenn Österreich schon eine hat?
                 a. Haben Sie in der derzeit von ÖVP und FPÖ seinerzeit verhandelten Digitalsteuer,
                    Steuergerechtigkeitslücken erkannt, die eine neue Digitalsteuer notwendig machen,
                    damit jedes Wiener Kaffeehaus, jeder Würstelstand in Österreich nicht mehr Steuern
                    zahlen muss als ein globaler Konzern?
                 b. Wenn ja, welche?
                 c.   Wenn ja, ist es vielleicht der Umstand, dass die ÖVP/FPÖ-Digitalsteuer nur Online-
                      Werbeumsätze erfasst, nicht aber Plattformumsätze oder den Verkauf von
                      Nutzerdaten?
                 d. Wenn Sie diese Fehler in der Konstruktion der ÖVP/FPÖ-Digitalsteuer erkannt
                    haben, warum haben Sie dann inzwischen als zuständiger Finanzminister nicht
                    bereits eine Regierungsvorlage mit einer Novelle des Digitalsteuergesetzes
                    vorgelegt, die derzeit geltende ÖVP/FPÖ-Variante saniert und eine, wie übrigens von
                    der     SPÖ       geforderte,     umfassende     Digitalsteuer      entlang     des
                    Kommissionsvorschlages in Österreich zur Anwendung bringt?
                 e. Wenn ja, ist es vielleicht der Umstand, dass internationale Konzerne ihre Steuern für
                    die in Österreich erwirtschafteten Gewinne nicht in Österreich zahlen, sondern
                    steuerreduzierend in Steuersümpfe verschieben?
                 f.   Wann liefern Sie als Finanzminister eine für Österreich geltende Digitalsteuer, die
                      nicht nur eine Werbeabgabe auf Onlinewerbung ist, sondern eine echte
                      Digitalsteuer, z.B. im Umfang des Kommissions-Vorschlages?
                 g. Können Sie erklären welche „neue Steuergerechtigkeit" der damalige ÖVP-
                    Finanzminsiter Löger gemeint hat und ob die Steuerlücken und Schlupflöcher
                    tatsächlich geschlossen werden konnten?
                 h. Wie groß waren die von ÖVP-Finanzminister Löger genannten Steuerlücken und
                    Schlupflöcher (bitte um Angabe der jährlichen Beträge in Mio. €)? Konnten Sie sich
                    als zuständiger Finanzminister inzwischen vergewissern , dass diese Lücken und
                    Löcher inzwischen geschlossen sind? Wenn nein, warum nicht?
                 i.   Haben Sie im Ministerium hausinterne Berechnungen in Auftrag gegeben, um wie
                      viel die Steuern für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für kleine und
                      mittlere österreichische Unternehmen im Inland gesenkt werden könnten, wenn
                      auch in Österreich tätige Großkonzerne ihre Milliardengewinne, genauso wie das
                      Wiener Kaffeehaus oder der Würstelstand, im Inland versteuern würden? Wenn ja,
                      zum welchem Ergebnis sind diese hausinternen Berechnungen gekommen?

          5) Ein weiteres Zitat aus Ihrer Presseaussendung des BMF: "Wir wollen hier als Österreich
             gemeinsam mit unseren internationalen Partnern dafür kämpfen, dass es in dem Bereich
             eine internationale Lösung gibt."4 Herr Bundesminister, wie sieht Ihr Kämpfen für eine
             internationale Lösung für einen multinationalen Ansatz bzw. ein level-playing-field auf
             internationaler Ebene für die Einigung zur Digitalsteuer aus?
                 a. Warum hoffen Sie nur auf eine Einigung zur Digitalsteuer auf OECD-Ebene?
                 b. Was tun Sie aktiv für diese Einigung zur Digitalsteuer auf OECD-Ebene?
                 c. Welches konkrete Modell erachten sie als ausreichend, um eine gerechte
                    Besteuerung internationaler Online-Konzerne herzustellen, und wie sieht Ihr
                    diesbezüglicher Verhandlungsstand mit den anderen internationalen Partnern aus?

          4 https://www.bmf.gv.at/presse/pressemeldungen/2020/august/treffen-der-deutschsprachigen-
          finanzminister. html
                                                                                                        2

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3638/J XXVII. GP - Anfrage (gescanntes Original)                        3 von 4

       d. Haben Sie als Finanzminister ein „Österreichisches-Modell für eine gerechte
          Besteuerung" vorgelegt? Wenn nein, warum nicht?
       e. Tun Sie auch etwas für eine Einigung zur gerechten Besteuerung der IT-Konzerne
          auf EU-Ebene? Wenn ja, was bzw. welche konkreten Schritte haben Sie gesetzt?
       f.   Hat für Sie das Digitalpaket bestehend aus Digitalsteuer (OST) und der digitalen
            Betriebsstätte (SDP) „hohe Priorität"? Wenn ja, bis wann wollen Sie die steuerlichen
            Regelungen für den Anknüpfungspunkt der digitalen Betriebsstätte in Österreich/der
            EU umgesetzt haben?
       g. Welche konkreten Schritte zur Umsetzung von mehr Steuergerechtigkeit haben Sie
          mit Ihren deutschsprachigen Amtskollegen vereinbart?
       h. War eine Finanztransaktionssteuer auch Teil der Gespräche bzw. des Konzepts für
          mehr Steuergerechtigkeit? Wenn ja, in welcher Variante und mit welchem
          Aufkommen wird für Österreich gerechnet? Wann soll die Steuer eingeführt werden?
       i.   Ist eine Finanztransaktionssteuer auf Ihrer politischen Agenda , um auf europäischer
            Ebene für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen? Wenn nein, warum nicht?
       j.   Haben Sie die Beantwortung gegenständlicher Anfrage inhaltlich persönlich
            beauftragt und vor Abfertigung abgezeichnet?

6) Aus welchen Gründen werden die Pressebilder des BMF nicht auf der im Inland gehosteten
   Website des BMF veröffentlicht, sondern dafür ein ausländischer Filehost (flickr) verwendet?
       a. Gibt es technische Gründe, aus denen die IT-Abteilung des BMF nicht in der Lage
          ist Bilder im Internet zu veröffentlichen? Wenn ja, welche?
       b. Gibt es Kostengründe, aus denen eine Veröffentlichung der Bilder über die
          ministeriumseigene Website nicht wirtschaftlich oder zweckmäßig erscheint?
       c.   Wie hoch waren die jährlichen Kosten für die Bilderveröffentlichung der der
            Pressearbeit des Ministeriums zuzuordnenden Bilder (audiovisiuelle Medien) über
            den Dienst flickr in den Jahren 2017, 2018, 2019, 2020 und wie viele Bilder wurden
            über flickr online gestellt? Bitte um Angabe der jährlichen Gesamtsumme in Euro
            sowie der Anzahl der über diese Website veröffentlichten Bilder je Jahr.
       d. Wer trägt die Kosten der gemachten Fotos?
       e. Wer hält die Urheberrechte und Rechte der Wiederverwertung an den über Flickr
          veröffentlichten Fotos?
       f.   Würde die rechtliche Situation der Fotos anders aussehen, wären die Fotos auf der
            Website des BMF gehostet?
       g. Ist Ihnen das Projekt „Ö-Cloud"5 Ihrer Regierungskollegin Bundesministerin
          Schramböck bekannt? Könnte das Wirtschaftsministerium ein Ansprechpartner sein,
          um Ihre Fotos im Inland zu hasten? Wenn nein, warum nicht?

5s. OTS zu ersten Sitzung im Juni 2020
https://www.ots.aUpresseaussendung/OTS_2020061 O_ OTS0116/schramboeck-erste-arbeitssitzung-
zur-oe-cloud
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    '   4"                             3638/J XXVII. GP - Anfrage (gescanntes Original)

             7) In der Zib2 vom 10.05.2020 beantworteten Sie die Frage, warum sie die Budgetzahlen (Anm.
                für 2020) vom März nicht adaptieren wollen mit „Jede Zahl. die wir heute einsetzen, ist mit
                an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. eines. nämlich falsch und insofern macht es
                aus unserer Sicht auch keinen Unterschied, ob es jetzt Anfang März-Zahlen oder diese
                Zahlen sind, denn sie werden auch weiterhin nicht stimmen." Werden Sie den Nationalrat
                im Oktober/November 2020 für das Budget 2021 wochenlang falsche Budgetzahlen beraten
                lassen, wie im Frühjahr 2020, oder wird es korrekte Budgetzahlen geben?
                    a. Seit wann haben Sie die richtigen Zahlen für 2021? Warum haben Sie das
                       Bundesfinanzrahmengesetz für 2021 und Folgejahr noch nicht korrigiert?

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Unterzeichner    Parlamentsdirektion
           Datum/Zeit-UTC    2020-10-05T14:33:32+02:00
           Prüfinformation   Informationen zur Prüfung des elektronischen Siegels und des
                             Ausdrucks finden Sie unter: https://www.parlament.gv.at/siegel

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