Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad

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Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad
Stadt Bad Dürrenberg

 Anlagenteil zur Begründung

 des Bebauungsplanes Nr. 17
„Sondergebiet für großflächigen
Einzelhandel Breite Straße Bad
         Dürrenberg“

                     Verfahrensstand:

                     Entwurf
     zur formellen Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung
                  gemäß § 3 (2) / § 4 (2) BauGB

             Bad Dürrenberg November 2020
Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad
Zentrenkonzept für die
                    Stadt Bad Dürrenberg

Bad Dürrenberg, 22. August 2019
Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Inhaltsverzeichnis

1.     Ausgangslage / Zielsetzung ...........................................................................................................3

2.     Standortrahmendaten Bad Dürrenberg ........................................................................................4

3.     Einzelhandelsanalyse Bad Dürrenberg .........................................................................................7

4.     Zentrenkonzept Bad Dürrenberg ................................................................................................ 12
     4.1.     Ziele / Grundlagen des Zentrenkonzepts .............................................................................. 12
     4.2.     Zentrenkonzept Bad Dürrenberg .......................................................................................... 15
     4.3.     Sortimentsliste Bad Dürrenberg ............................................................................................ 18
     4.4.     Grundsätze der Einzelhandelsentwicklung in Bad Dürrenberg ............................................. 21

5.     Schlussbemerkung ...................................................................................................................... 22

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Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

1.       Ausgangslage / Zielsetzung
Die Stadtverwaltung Bad Dürrenberg plant mit dem vorliegenden Zentrenkonzept – das ein städtebauliches
Konzept im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB darstellt – einen Steuerungsprozess der
Einzelhandelsentwicklung in Bad Dürrenberg. Somit entsteht Rechtssicherheit für die Kommune und
Transparenz und Sicherheit für Investoren und Betreiber von Handelsbetrieben.
Die Zielsetzung ist vor allem darauf ausgerichtet, dass zukunftsfähige und attraktive Einzelhandelsstrukturen
in Bad Dürrenberg herausgebildet werden. Die Stadt Bad Dürrenberg möchte dabei den Einwohnern der Stadt
und des Umlandes ein breit gefächertes und attraktives Versorgungsangebot bereitstellen, um die
landesplanerisch verankerte Versorgungsfunktion als Grundzentrum sowohl für die Stadt selbst als auch für
den Verflechtungsbereich langfristig zu erfüllen. Es soll ein ausgewogenes Einzelhandelsangebot offeriert
werden, welches der Größe des Versorgungsgebietes von Bad Dürrenberg entspricht.

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Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

2.        Standortrahmendaten Bad Dürrenberg
Die Stadt Bad Dürrenberg ist hinsichtlich ihrer geographischen Lage in Sachsen-Anhalt und hier im
südlichen Bereich des Saalekreises verortet. Bad Dürrenberg ist durch die zentrale Lage zwischen den
größeren Städten Weißenfels, Merseburg und Leipzig geprägt und grenzt unmittelbar an die Stadt Leuna,
einer der größten Standorte der chemischen Industrie in Deutschland.
Die überregionale verkehrliche Erreichbarkeit von Bad Dürrenberg erfolgt über die Autobahn A 9, deren
Trassierung durch das östliche Gemarkungsgebiet der Stadt verläuft. Ferner ist Bad Dürrenberg auch von der
südlich liegenden Autobahn A 38 erreichbar. Die Kernstadt ist durch verschiedene Landes- und Kreisstraßen
sowohl mit den peripheren Ortsteilen als auch mit den umliegenden Orten vernetzt, so dass Bad Dürrenberg
im Fazit durch eine sehr gute verkehrliche Erreichbarkeit geprägt ist.
Bad Dürrenberg ist an das Schienennetz der Deutschen Bahn angebunden und liegt an der
Regionalbahnstrecke Erfurt – Leipzig. Der Bahnhof befindet sich im nördlichen Bereich der Kernstadt und
dient als Umsteigepunkt für den öffentlichen Personenverkehr, da sich am Bahnhofsvorplatz auch
Haltepunkte für Busse des Regionalverkehrs und eine Straßenbahnlinie befinden. Die Regionalbusse stellen
die Erschließung des Stadtgebietes sicher, wobei diese auch verschiedene innerörtliche Haltestellen anfahren
und die Erreichbarkeit der peripheren Ortsteile gewährleisten. Die Straßenbahnlinie bindet Bad Dürrenberg
über Leuna und Merseburg an den Nahverkehr der Stadt Halle an.
Bad Dürrenberg wird im Regionalplan 2010 und im aktuellen Entwurf des Regionalplans als Grundzentrum1
ausgewiesen. Grundzentren sollen gemäß den landesplanerischen Vorgaben2 als Standorte zur Konzentration
von Einrichtungen der überörtlichen Grundversorgung mit Gütern und Dienstleistungen gesichert und
entwickelt werden, wozu auch die Einzelhandelsfunktion zählt. Ferner haben Grundzentren den
Versorgungsauftrag für die allgemeine tägliche Grundversorgung auch für Orte in ihrem Verflechtungsbereich
zu erfüllen. In dem regionalplanerisch definierten Verflechtungsbereich von Bad Dürrenberg leben ca.
15.340 Personen.3

Karte 1: Raumstruktur Planungsregionen Halle (Ausschnitt)

                                                                                                         Mittelzentrum

                                                                                                         Grundzentrum

                                                                                               Quelle: Regionale Planungsgemeinschaft Halle,
                                                                                                       Regionaler Entwicklungsplan für die
                                                                                                       Planungsregion Halle, Sachlicher Teilplan
                                                                                                       „Zentrale Orte“ (3. Entwurf)

1    vgl. Regionaler Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle, Sachlicher Teilplan „Zentrale Orte“ (3. Entwurf), Z 2.
     Anmerkung: Die grundzentrale Funktion beschränkt sich gemäß der Festlegung im Regionalplan auf den im Zusammenhang
     bebauten Ortsteil als zentrales Siedlungsgebiet, der im Wesentlichen den räumlichen Umgriff der Kernstadt von Bad Dürrenberg
     umfasst (Karte 2a/b).
2    vgl. Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt, Landesentwicklungsplan 2010, Z 35.
3    vgl. Regionaler Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle, Sachlicher Teilplan Zentrale Orte, (3. Entwurf), Seite 74.
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Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

In Bad Dürrenberg wohnen ca. 11.600 Einwohner. Die Bevölkerung der Stadt ist in den letzten zehn Jahren
um 8,1 % gesunken, so dass der Rückgang im Rahmen der Bevölkerungsentwicklung des Saalekreises
(-8,3 %) und des Landesdurchschnitts (-7,3%) lag.

Tabelle 1: Bevölkerungsentwicklung von Bad Dürrenberg im Vergleich
                                                       Einwohner                   Veränderung          Einwohner            Veränderung
                                               12/2008              06/2018                                   2028

                                                abs.                 abs.                  %                  abs.                   %

    Bad Dürrenberg                         12.6704                  11.643                -8,1             10.786                   -7,4
    Landkreis Saalekreis                   201.273               184.582                  -8,3            167.149                   -9,4
    Sachsen-Anhalt                        2.381.872            2.208.321                  -7,3           2.028.513                  -8,1
Quelle: Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Bevölkerung 12/2008 + 06/2018; 6. regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung

Vor dem Hintergrund der aktuellen demographischen Entwicklung ist in den nächsten zehn Jahren eine weiter
rückläufige Bevölkerungszahl zu erwarten, die auf Basis von Vorausberechnungen des Statistischen
Landesamts im Jahr 2028 bei ca. 10.800 Personen (-7,4 %) liegen wird. Der Rückgang wird im Vergleich zum
Landkreis Saalekreis (-9,4 %) und zum Landesdurchschnitt (-8,1 %) niedriger ausfallen.
Die Siedlungsstruktur von Bad Dürrenberg gliedert sich neben der Kernstadt in 17 dezentrale Ortsteile5 mit
einem dörflich geprägten Charakter, wobei diese Ortsteile überwiegend östlich und südlich der Kernstadt
liegen. Der Siedlungsschwerpunkt befindet sich in der Kernstadt, da hier knapp 80 % der gesamtstädtischen
Bevölkerung leben.
Das einzelhandelsrelevante Kaufkraftniveau wird durch die Einkommensverhältnisse der Bevölkerung
bestimmt. Die Kennziffer gibt – unabhängig von der Größe der Stadt bzw. Region – das verfügbare Pro-Kopf-
Einkommen im Verhältnis zum Gesamteinkommen der Bundesrepublik an, das nach Abzug von
einzelhandelsfremden Aufwendungen (z.B. Miete, Vorsorgeleistungen, Versicherungen, Dienstleistungen,
Reisen) potenziell für die Ausgaben im Einzelhandel (inkl. Versand-/ Onlinehandel) am Wohnort verfügbar ist.

Abbildung 1: Ausgewählte einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern
                                                                                                                             Bundesdurchschnitt

            Markranstädt                                                                                              95,6
                   Leuna                                                                               93,1
                   Lützen                                                                             92,9
               Saalekreis                                                                     91,3
                  Leipzig                                                                   90,8
              Weißenfels                                                           88,8
          Sachsen-Anhalt                                                         88,3
            Halle (Saale)                                               87,0
          Bad Dürrenberg                                                86,9
              Merseburg                                                86,6
            Braunsbedra                                       85,2
                                80        82             84    86           88       90          92      94          96        98          100

Quelle: MB-Research Nürnberg, Einzelhandelsrelevante Kaufkraftkennziffern 2018

4    Im Januar 2010 wurden Nempitz und Tollwitz nach Bad Dürrenberg eingemeindet. Zur besseren Vergleichbarkeit der
     Bevölkerungsentwicklung wurden die Einwohner dieser Gemeinden zum Bevölkerungsbestand von Bad Dürrenberg des Jahres
     2008 addiert.
5    Dies sind die Ortsteile Balditz, Ellerbach, Goddula-Vesta, Kauern, Keuschberg, Kirchfährendorf, Lennewitz, Nempitz, Oebles-
     Schlechtewitz, Oetzsch, Ostrau, Porbitz-Poppitz, Ragwitz, Teuditz, Tollwitz, Treben und Zöllschen.
                                                                                                                                     5
Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Der einzelhandelsrelevante Kaufkraftindex von Bad Dürrenberg (86,9) liegt unterhalb des Durchschnittswerts
des Landkreises Saalekreis (91,3) und des Landes Sachsen-Anhalt (88,3). Im nationalen Vergleich weist Bad
Dürrenberg – wie der Großteil der ostdeutschen Kommunen – eine geringere Kaufkraft auf, die unter dem
bundesdeutschen Durchschnitt (100,0) liegt. Folglich steht dem lokalen Einzelhandel in Bad Dürrenberg ein im
Bundesvergleich geringeres Ausgabevolumen zur Verfügung.

                                                                                                   6
Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

3.       Einzelhandelsanalyse Bad Dürrenberg
Bad Dürrenberg nimmt im regionalen Kontext eine untergeordnete Stellung in Bezug auf den generierten
Einzelhandelsumsatz (ca. 44,2 Mio. EUR) ein, was sich aus der Stadtgröße und von allem aus den
umliegenden leistungsstarken Handelsstandorten wie Leipzig oder Leuna (hier Günthersdorf), aber auch
Weißenfels oder Merseburg ableitet. Das Angebot ist in Bad Dürrenberg – wie auch in vergleichbaren
Kleinstädten – maßgeblich auf die Grundversorgung der lokalen Bevölkerung ausgerichtet, was sich auch in
der Zentralität des örtlichen Handels widerspiegelt.
Die Einzelhandelszentralität stellt die Bindung der Einzelhandelsumsätze vor Ort unter Berücksichtigung der
lokalen einzelhandelsrelevanten Kaufkraft dar. So können Aussagen über die Fähigkeit eines Ortes getroffen
werden, die Kaufkraft seiner Bewohner und der Bewohner anderer Gebiete an den lokalen Einzelhandel zu
binden. Die Zentralität ist somit ein Indikator für die Einzelhandelsattraktivität eines Ortes.6

Abbildung 2: Ausgewählte Zentralitätskennziffern
                                                             Kaufkraftabfluss ↔ Kaufkraftzufluss

                Leuna                                                                                                          I         441,3
           Merseburg                                                                                            136,1
          Weißenfels                                                                                       129,1
               Leipzig                                                                 107,3
        Halle (Saale)                                                         98,1
     Bad Dürrenberg                               70,8
          Schkeuditz                         66,5
        Braunsbedra                       63,7
       Markranstädt               55,8                                                                                         I   440

                         50        60        70         80        90        100       110          120   130    140      150       160

Quelle: MB-Research Nürnberg, Zentralitätskennziffern   20187

Die Zentralitätskennziffer von Bad Dürrenberg liegt bei ca. 71 % und weist somit auf einen Kaufkraftabfluss
hin. Dies ist aus Sicht des örtlichen Handels negativ einzustufen, da per Saldo Kaufkraft aus Bad Dürrenberg
abfließt und somit die lokale Kaufkraft und auch die Nachfrage aus dem Verflechtungsbereich der Stadt nicht
vollständig vor Ort gebunden werden können.
Für die folgende Analyse wurden alle Einzelhandelsbetriebe in Bad Dürrenberg im März 2019 im Rahmen
einer Vor-Ort-Erhebung durch die BBE Handelsberatung aufgenommen und gemäß ihrem
Umsatzschwerpunkt der jeweiligen Einzelhandelsbranche zugeordnet. Das flächenseitige
Einzelhandelsangebot8 beläuft sich aktuell auf rd. 10.900 m², was einer Verkaufsflächendichte9 von ca.
0,9 m² je Einwohner entspricht. Diese einwohnerbezogene Verkaufsflächenausstattung befindet sich –
unabhängig von einer branchenspezifischen Betrachtung10 – unterhalb des bundesdeutschen
Ausstattungswerts von rd. 1,5 m² Verkaufsfläche pro Einwohner.

6  Die Zentralität errechnet sich aus dem Verhältnis des örtlichen Einzelhandelsumsatzes zum einzelhandelsrelevanten Kaufkraftindex.
   Eine Zentralität von über 100 drückt aus, dass eine Stadt mehr Einzelhandelsumsatz bindet, als aus ihrem Einwohnerpotenzial zu
   erwarten ist. Bei einer Kennziffer von unter 100 besteht per Saldo ein Umsatzabfluss.
7 Die ausgewählten Zentralitätskennziffern dienen als Orientierungswerte und sind nicht miteinander vergleichbar, da die Städte über
   unterschiedliche Einwohnerzahlen, Ortsgrößen, Bevölkerungs- und Siedlungsstrukturen, Einzelhandelsstrukturen etc. verfügen.
8 Die Einzelhandelserhebung wurde für den stationären Einzelhandel im engeren Sinn, d.h. ohne Handel mit Kraftfahrzeugen, Kraft-
   und Brennstoffen, Versandhandel und ambulantem Handel durchgeführt. Bei Dienstleistungsbetrieben (Reisebüro, Videothek,
   Reinigung, Fotostudio etc.), Handwerksbetrieben (Schlüsseldienst, Schneiderei, Friseur etc.) und Gastronomiebetrieben (Imbiss,
   Kiosk, Gaststätte etc.) steht die Handelsfunktion nicht im Vordergrund, so dass diese Anbieter nicht zum Einzelhandel zählen und
   nicht erhoben wurden.
9 Die Verkaufsflächendichte errechnet sich aus dem Verhältnis der Verkaufsfläche zu den Einwohnern eines Ortes oder einer Region.
10 Bei der Betrachtung der Verkaufsflächendichte muss beachtet werden, dass alle erhobenen Bestandsdaten der Erhebungseinheit
   zusammengefasst wurden. Eventuelle rechnerische Defizite in einer Branche können also durch andere Branchen wieder
   ausgeglichen werden.
                                                                                                                                   7
Anlagenteil zur Begründung des Bebauungsplanes Nr. 17 "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel Breite Straße Bad
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Oft weisen Grundzentren eine über dem Bundesdurchschnitt liegende Verkaufsflächendichte auf, da solche
Städte auch eine Versorgungsfunktion für ihren umliegenden Raum besitzen und somit höhere
Flächenangebote vorhalten. Dies trifft nicht für Bad Dürrenberg zu, da die Stadt nur eine verhältnismäßig
geringe Flächendichte besitzt und somit auch keine vollumfängliche Versorgungsfunktion für die Stadt selbst
und ihren Verflechtungsbereich übernehmen kann (vgl. auch Einzelhandelszentralität in Abb. 2).
Das verhältnismäßig geringe Handelsangebot ist auch auf das Vorhandensein des leistungsstarken
Shopping Centers Nova Eventis in Leuna-Günthersdorf zurückzuführen (vgl. Einzelhandelszentralität in
Abb. 2), das die handelsseitige Entwicklung in Bad Dürrenberg sowie auch in anderen Orten im regionalen
Umfeld dieses Centers deutlich eingeschränkt hat.
Die gesamtstädtische Verkaufsfläche ist in Bad Dürrenberg in den letzten Jahren relativ konstant geblieben.
Der lokale Einzelhandelsbestand11 lag im Jahr 2016 bei ca. 10.800 m², im Jahr 2012 bei ca. 10.500 m².
Somit ist zum aktuellen Zeitpunkt mit ca. 10.900 m² ein annähernd gleicher Flächenbestand festzustellen,
was auf eine gewisse Stabilität des örtlichen Einzelhandels schließen lässt.
Die Analyse der Verkaufsflächenstruktur zeigt, dass mit ca. 5.300 m² fast die Hälfte der örtlichen
Verkaufsfläche von der Lebensmittelbranche eingenommen wird, die auch die größte Anzahl an Betrieben
aufweist. Einerseits wird diese Branche durch großformatige Lebensmittelmärkte geprägt, anderseits
ergänzen kleinere Anbieter (v.a. Bäcker/Fleischer) das Angebot. Die Lebensmittelfläche ist in den letzten
Jahren zurückgegangen, da Aldi seine Filiale in der Bahnhofstraße im Herbst 2015 geschlossen hat.
Es folgt mit einem deutlich geringeren Flächenanteil von rd. 14 % die Modebranche, wobei das Angebot
maßgeblich durch zwei Fachmärkte (KIK, NKD) geprägt ist. Weiterhin ist in der Branche Schreib-/
Spielwaren ein großflächiger Fachmarkt (Pagro) sowie im Segment Einrichtungsbedarf ein Discount-
Baumarkt (Sonderpreis Baumarkt) vorhanden, so dass beide Branchen mit einem Flächenanteil von 10 %
bzw. 11 % eine strukturprägende Bedeutung besitzen.
Die restlichen Sortimente nehmen jeweils einen geringeren Anteil an der gesamtörtlichen Verkaufsfläche ein,
tragen jedoch zu einem breiten Sortimentsmix in Bad Dürrenberg bei.

Abbildung 3: Einzelhandelsstruktur Bad Dürrenberg

                                     2%     1%                                     Branchen (Anzahl der Geschäfte)
                          11%
                                                                                        Lebensmittel/Reformwaren (18)
                     2%                                                                 Drogeriewaren/Gesundheit (4)

                  10%                                                                   Blumen/Pflanzen/Zoo (6)

                                                           48%                          Bekleidung/Schuhe/Sport/Lederwaren (6)
                                                                                        Bücher/Schreib-/Spielwaren (2)
                                                                                        Unterhaltungselektronik/Elektro/PC/Foto (4)
                   14%
                                                                                        Möbel/Einrichtung/Hausrat/Bau-/Gartenmarkt (5)
                                                                                        Optik/Uhren/Schmuck (3)
                            4%
                                     8%                                                 Sonstiger Einzelhandel (3)

Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Erhebungen, März 2019

In Bezug auf die räumliche Verteilung des Einzelhandels ist der Großteil der Einzelhandelsfläche in der
Bad Dürrenberger Kernstadt vorzufinden, da die Handelsfläche in den dezentralen Ortsteilen lediglich einen
Anteil von ca. 1 % der gesamtörtlichen Verkaufsfläche einnimmt.

11 Quelle: IHK Halle-Dessau, IHK-Handelsatlas für den IHK-Bezirk Halle-Dessau 2012/2013 (Seite 320) und 2017 (Seite 274).
                                                                                                                                 8
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Nachstehend erfolgt die kartographische Darstellung der prägenden Einzelhandelslagen in Bad Dürrenberg.

Karte 2: Skizzierung der strukturprägenden Einzelhandelslagen in Bad Dürrenberg

                                                                                     Saline-Passage

                                                                               Karte: GeoBasis-DE / BKG 2018
                                                                               Bearbeitung: BBE Handelsberatung

Der maßgebliche innerstädtische Angebotsschwerpunkt befindet sich in der Saline-Passage, die ein sog.
Nahversorgungs- bzw. Stadtteilzentrum darstellt. Der Bereich umfasst ein gemischt genutztes
Geschäftshaus mit verschiedenen Magnetbetrieben (Edeka, Rossmann, NKD, Mäc Geiz), deren Angebot
durch kleinere Handelsbetriebe und zahlreiche Komplementäre (v.a. Dienstleistungen, Ärzte,
Kleingastronomie) abgerundet wird.

Abbildung 4: Zentraler Versorgungsbereich Saline-Passage

Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Aufnahmen

                                                                                                        9
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Die Saline-Passage verfügt aktuell über einen Angebotsbestand von 16 Handelsbetrieben mit einer
Verkaufsfläche von ca. 3.800 m². Ferner befindet sich in diesem Bereich auch ein Autohaus, was jedoch
eine untypische Nutzungsart darstellt. Die Saline-Passage – die bereits langjährig am Markt etabliert ist –
weist gewisse konzeptionelle Schwächen auf. Diese zeigen sich bspw. bei der Anfahrbarkeit bzw. der
beengten Zufahrt zu den Parkflächen, der Aufsplittung der Parkflächen auf zwei Ebenen, der beengten und
unattraktiven innenliegenden Passage oder im Fehlen einer gemeinschaftlichen Mall. Demnach zeigt sich
ein gewisser Modernisierungsbedarf.
Weitere großformatige Handelsbetriebe und auch kleinere Anbieter befinden sich in innerstädtischen
Streulagen (vgl. vorstehende Karte 2), so dass kein weiterer Angebotsschwerpunkt in Bad Dürrenberg
auszumachen ist. Der Handelsbesatz wird vor allem durch großformatige Lebensmittelmärkte und vereinzelte
Non-Food-Fachmärkte geprägt.
In Bad Dürrenberg konnte keine sog. Einkaufsinnenstadt identifiziert werden, da am Bad Dürrenberger
Marktplatz lediglich ein flächenseitig geringes Angebot von fünf Handelsbetrieben mit einer Verkaufsfläche
von ca. 200 m² vorzufinden ist. Für die Ausprägung einer attraktiven und leistungsfähigen innerstädtischen
Handelslage reicht dieses Angebot nicht aus. Im Verhältnis zur gesamtstädtischen Verkaufsfläche entspricht
dies einem Flächenanteil von ca. 2 %, so dass diesem Bereich keine prägende Versorgungsfunktion bzw. kein
städtebauliches Gewicht zuzuschreiben ist.
Insbesondere sind die für ein Innenstadtzentrum typischen Angebote an modischen Waren (v.a. Textilien,
Schuhe, Sport) nicht ausgeprägt, da in diesen Branchen überhaupt kein Angebot besteht. Es fehlen auch
relevante Nahversorgungsangebote, da in den Branchen Lebensmittel und Drogeriewaren keine Betriebe
vorhanden sind.
Des Weiteren ist keine komprimierte Einzelhandelslage bzw. keine charakteristische Einkaufsinnenstadt
vorhanden, da die wenigen Geschäfte lediglich an der West- und der Südseite des Marktes zu finden sind.
Der östliche Bereich ist durchgängig mit einer Wohnnutzung belegt. Somit existiert auch keine Einkaufsstraße
o.ä. mit einem zusammenhängenden bzw. verdichteten Geschäftsbesatz, da sich die derzeitigen
Angebotsstrukturen lückenhaft darstellen. Der Großteil der Gewerbeeinheiten wird durch
Dienstleistungsanbieter genutzt, deren Anzahl deutlich über dem Handelsbestand liegt.

Abbildung 5: Innerörtliche Raumverhältnisse am Markt in Bad Dürrenberg (Beispiel)

                     Markt – westliche Seite                             Markt – östliche Seite
Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Aufnahmen

Perspektivisch ist die Ausbildung eines Innenstadtzentrums in dem Bereich um den Markt nicht realistisch, da
die Raumverhältnisse hier die Ansiedlung von Magnetbetrieben oder von größeren Fachgeschäften nicht
zulassen. Eine Innenentwicklung ist vor allem auf Grund
   ■ des kleinteiligen und größtenteils geschlossenen Immobilienbesatzes,
   ■ der ausschließlich kleinparzellierten Ladenflächen der Erdgeschosszonen,
   ■ der teilweisen Belegung der Erdgeschosszonen durch Wohnungen und
   ■ auf Grund fehlender größerer Potenzial- bzw. Freiflächen
                                                                                                    10
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

praktisch ausgeschlossen. Somit wird in der Ortsmitte von Bad Dürrenberg bzw. in dem Markt-Bereich
auch zukünftig keine maßgebliche Einzelhandelsentwicklung für eine komplexe Versorgung
stattfinden können.
Des Weiteren sind keine Baulücken für eine Belegung mit einem großformatigen Handelsbetrieb vorhanden.
Auch die Analyse der Leerstandsflächen zeigt keine Potenziale für eine weitere Handelsansiedlung.
Grundsätzlich stehen aktuell lediglich drei Gewerbeeinheiten leer, wobei die kleinteiligen Verkaufsflächen für
die Ansiedlung eines Magnetbetriebes definitiv nicht ausreichen.
Im Fazit ist in Bad Dürrenberg kein Innenstadtzentrum vorhanden, das als sog. zentraler innerstädtischer
Versorgungsbereich zu kategorisieren wäre. Ferner ist die prospektive Ausbildung eines solchen zentralen
Bereiches bezüglich der räumlichen Gegebenheiten nicht realisierbar.

                                                                                                     11
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

4.       Zentrenkonzept Bad Dürrenberg

4.1.      Ziele / Grundlagen des Zentrenkonzepts

Mit dem folgenden Zentrenkonzept werden die städtebaulichen Zielvorstellungen von Bad Dürrenberg zur
Einzelhandelsentwicklung dargestellt. Hierzu werden Versorgungsbereiche definiert und diesen eine
Versorgungsaufgabe zugewiesen. Somit wird im gesamtstädtischen Kontext ein räumlich ausgewogenes und
zugleich versorgungsstrukturell sinnvolles Einzelhandelsnetz entwickelt, das den lokalen Siedlungsstrukturen
von Bad Dürrenberg Rechnung trägt. Auf der anderen Seite wird durch das Zentrenkonzept auch eine
Planungs- und Investitionssicherheit, gerade im zentralen Versorgungsbereich geschaffen.
Auf Basis der dargestellten Ist-Situation im lokalen Einzelhandel sowie der Stadt- und Siedlungsstruktur wird
nachfolgend für Bad Dürrenberg ein Zentrenkonzept abgeleitet, d.h. es werden zentrale Versorgungsbereiche
definiert. Das Zentrenkonzept verfolgt dabei nicht den Eingriff in den einzelbetrieblichen Wettbewerb, da die
Entwicklung des Handels eine originär privatwirtschaftliche Aufgabe ist. Mit dem Konzept soll vor allem eine
räumliche Steuerung des insbesondere großflächigen Einzelhandels hin zu einer geordneten Stadtentwicklung
erfolgen.
Die Rechtsinstrumente zur Einzelhandelssteuerung stellen vor allem die Baunutzungsverordnung
(§ 11 Abs. 3 BauNVO) und das Baugesetzbuch (§ 34 Abs. 3 BauGB/ § 2 Abs. 2 BauGB/ § 9 Abs. 2a BauGB)
dar. In erster Linie kann hiermit die Zulässigkeit von Einzelhandelsgroßprojekten gesteuert und damit ein
Schutz von zentralen Versorgungsbereichen sichergestellt werden.
Bei dem Begriff „zentraler Versorgungsbereich“ handelt es sich um räumlich abgrenzbare Bereiche, denen
auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen eine bestimmte Versorgungsfunktion über den unmittelbaren
Nahbereich hinaus zukommt.12 Neben Handelsbetrieben sollte der zentrale Versorgungsbereich auch
Dienstleistungsbetriebe und sonstige Nutzungen aufweisen, welche die Handelsfunktion ergänzen, so dass
dieser Bereich einen funktionalen Mittelpunkt darstellt.
Idealerweise sind zentrale Versorgungsbereiche – vor allem mit dem ÖPNV und für Fußgänger –
verkehrsgünstig erreichbar. Die Funktionszuweisung eines zentralen Versorgungsbereichs setzt eine
städtebaulich integrierte Lage voraus.13
Zentrale Versorgungsbereiche können sowohl einen umfassenden als auch einen hinsichtlich des
Warenangebots oder des örtlichen Einzugsbereichs eingeschränkten Versorgungsbedarf abdecken.14
Innerhalb von Städten kann es demnach mehr als einen zentralen Versorgungsbereich und unterschiedliche
Typen bzw. Hierarchiestufen von Versorgungsbereichen (Innenstadtzentrum/ Neben- oder Stadtteilzentrum/
Nahversorgungszentrum) geben.
     ■ Innenstadtzentren (A-Zentren) versorgen meist einen größeren Einzugsbereich (Stadtgebiete und
         darüber hinaus) und bieten regelmäßig ein umfassendes Spektrum von Waren für den kurz-, mittel-
         und langfristigen Bedarfsbereich an. Ergänzt wird das Einzelhandelsangebot i.d.R. durch die
         öffentliche Verwaltung, finanz- und konsumorientierte Dienstleister, medizinische Einrichtungen, freie
         Berufe, Gastronomie, Entertainment- und Kulturanbieter (abhängig von der Stadtgröße).
     ■ Neben- oder Stadtteilzentren (B-Zentren) haben i.d.R. einen mittleren Einzugsbereich (Stadtteile,
         Stadtbezirke größerer Städte), in denen ein breiteres Spektrum von Waren des kurz- und mittelfristigen
         (ggf. des langfristigen) Bedarfs sowie diverse Dienstleistungs- und Gastronomieangebote vorhanden
         sind. Nebenzentren können auch eine Teilfunktion des eigentlichen Innenstadtzentrums übernehmen,
         jedoch bleiben der Umfang des Angebots (Verkaufsfläche) und die Diversifizierung (Sortimentsbreite
         und -tiefe) deutlich hinter dem Angebot eines Innenstadtzentrums zurück.
     ■ Grund- bzw. Nahversorgungszentren (C-Zentren) offerieren vorwiegend Waren des kurzfristigen
         Bedarfs und auch Teilbereiche des mittelfristigen Bedarfs. Der Einzelhandel wird durch

12 vgl. Urteil BVerwG [4 C 7.07] vom 11.10.2007.
13 vgl. Urteil BVerwG [4 C 2.08] vom 17.12.2009.
14 vgl. Urteil OVG Nordrhein-Westfalen [7 A 964/05] vom 11.12.2006.
                                                                                                       12
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

         Dienstleistungen und ggf. Gastronomieangebote ergänzt, so dass eine gewisse Funktionsbündelung
         besteht. Diese Versorgungsbereiche besitzen im Vergleich zu Nebenzentren einen kleineren
         Einzugsbereich, der i.d.R. Stadtquartiere oder Wohnortlagen umfasst. Meist sind diese
         Versorgungszentren durch einen „Frequenzbringer“ gekennzeichnet, um welchen sich diverse andere
         Einzelhandelsanbieter mit einem ergänzenden, ggf. auch konkurrierenden Angebot gruppieren. Diese
         Versorgungsbereiche müssen ein umfassendes Nahversorgungsangebot vorhalten, wobei ein
         Supermarkt oder Discounter i.d.R. als Magnetbetrieb unverzichtbar ist.
         Entscheidend ist weiter, dass der Versorgungsbereich nach Lage, Art und Zweckbestimmung eine für
         die Versorgung der Bevölkerung in einem bestimmten Einzugsbereich zentrale15 Funktion, d.h. eine
         Mittelpunktfunktion hat. Ferner muss ein Nahversorgungszentrum auch einen gewissen, über seine
         eigenen Grenzen hinausreichenden räumlichen Einzugsbereich mit städtebaulichem Gewicht haben.16
         Das weitere Umfeld eines Nahversorgungszentrums sollte dadurch geprägt sein, dass dieser zentrale
         Versorgungsbereich für einen gewissen räumlichen Bereich das einzige Nahversorgungszentrum
         darstellt.

In der Regel ist eine vollumfängliche und flächendeckende Versorgung durch die Einzelhandelsangebote nur
in zentralen Versorgungsbereichen nicht möglich, da in Innenstädten oder auch in Wohngebieten oft größere
Handelsbetriebe auf Grund der kompakten und kleingliedrigen Bebauungsstrukturen oder durch räumliche
Begrenzungen nicht etabliert werden können bzw. auch in verdichteten Wohnquartieren eine Nahversorgung
notwendig ist. Dies betrifft auch großformatige Einzelhandelsanbieter – vor allem mit sog. nicht-
zentrenrelevanten Sortimenten – die in integrierten Lagen oft nicht untergebracht werden können.
Der vorgenannte Fakt trifft auch in Bad Dürrenberg zu, so dass der Einzelhandel neben zentralen
Versorgungsbereichen durch weitere Versorgungslagen komplettiert wird. Die wohnortnahe Versorgung der
Bevölkerung in Bad Dürrenberg wird dabei ergänzend zu dem Angebot in zentralen Versorgungsbereichen
durch sog. Nahversorgungsstandorte dargestellt. Diese Nahversorgungsstandorte – die sich in
städtebaulich integrierten Lagen befinden – decken insbesondere vorhandene räumliche Lücken ab, so dass
erst unter Einschluss dieser Standorte eine weitgehend flächendeckende wohnungsnahe
Grundversorgungsstruktur im Kernstadtbereich in Bad Dürrenberg sichergestellt werden kann.
Diese Standorte sind i.d.R. durch einen Anbieter des Lebensmitteleinzelhandels (bspw. Discounter,
Supermarkt) und teilweise weitere kleinteilige Lebensmittelanbieter (u.a. Bäcker, Fleischer, Getränkemarkt)
geprägt und stellen vor allem für ihr näheres räumliches Umfeld die Grundversorgung dar. Diese
Angebotsstandorte dienen insbesondere der Nahversorgung der im fußläufigen Bereich lebenden
Bevölkerung bzw. der sog. Grundversorgung.17 Die Ausstattung dieser Nahversorgungsstandorte kann in
Bezug auf die Größe bzw. Komplexität schwanken, ist jedoch auf den sog. kurzfristigen Bedarfsbereich bzw.
auf nahversorgungsrelevante Sortimente fokussiert.
Die Standorteigenschaften eines Nahversorgungsstandortes werden wie folgt definiert:
    ■ räumliche und funktionale Zuordnung zu einem Siedlungsschwerpunkt (bspw. Stadtteil, Wohnquartier),
    ■ wohnsiedlungsintegrierte Lage,18
    ■ zentrale und für die Wohnbevölkerung fußläufig gut erreichbare Lage, möglichst barrierefreier Zugang,
    ■ hohe Mantelbevölkerung im unmittelbaren Umfeld (in Abhängigkeit der lokalen Siedlungsstrukturen),
    ■ ÖPNV-Anbindung (optional).

15 Das Adjektiv "zentral" ist nicht rein geografisch in dem Sinne zu verstehen, dass es sich um einen räumlich im Zentrum der jeweiligen
   Gemeinde gelegenen Bereich handeln muss, es hat vielmehr eine funktionale Bedeutung.
   vgl. Urteil OVG Nordrhein-Westfalen [7 A 964/05] vom 11.12.2006.
16 vgl. Urteile BVerwG [4 C 1.08] und [4 C 2.08] vom 17.12.2009.
17 Unter Grundversorgung wird die verbrauchernahe Deckung des überwiegend kurzfristigen Bedarfs an Nahrungs- und Genussmitteln,
   Drogerieerzeugnissen u.ä. verstanden.
18 Nahversorgungsstandorte können auch in Randlagen zu Wohnsiedlungsgebieten verortet sein, sofern fußläufige Beziehungen zu
   den Wohnbereichen vorhanden sind und fußläufige Austauschbeziehungen bestehen.
                                                                                                                                    13
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Die Nahversorgungsstandorte haben jedoch weder funktional noch städtebaulich einen Zentrencharakter, da
diese Standorte i.d.R. durch eine eingeschränkte Angebotsstruktur bzw. geringe Nutzungsdurchmischung
geprägt sind, keine sog. Mittelpunktsfunktion besitzen und die Komplementärnutzungen (u.a.
Dienstleistungen, Gastronomie) nur unzureichend ausgebildet sind. Diese Standorte stellen keinen zentralen
Versorgungsbereich im Sinne des BauGB bzw. der BauNVO dar, wenngleich sie einen wichtigen Beitrag zur
verbrauchernahen Versorgung leisten. Eine Schutzmöglichkeit dieser sog. Nahversorger durch eine
Ausweisung als zentraler Versorgungsbereich ist auch aus Gründen eines individuellen Konkurrenzschutzes
einzelner Anbieter unzulässig.
Das vorstehende Angebot in zentralen Versorgungsbereichen und an Nahversorgungsstandorten wird durch
Ergänzungsstandorte bzw. Sonderlagen komplettiert, die i.d.R. durch eine Ansiedlung von Fachmärkten oder
anderen großformatigen Anbietern gekennzeichnet sind. Die zum Teil auf wenige Branchen des großflächigen
Einzelhandels spezialisierten Geschäftslagen sind oft an verkehrsgünstig gelegenen Standorten mit einer
großzügig dimensionierten Parkplatzanlage angesiedelt. Diese Lagen sind als nicht-schützenswert im Sinne
der Stadtentwicklung einzustufen, da sie meist wegen ihrer dezentralen Lage sowie der fachspezifischen
Ausrichtung nur ein eingeschränktes Warensortiment führen und nicht durch andere Nutzungen ergänzt
werden, wenngleich diese Agglomerationen über einen weiten Einzugsbereich verfügen und z.T. eine
beachtliche Versorgungsfunktion erfüllen.19 Oft stehen diese Lagen auch in Konkurrenz zu zentralen
Versorgungsbereichen.
Weiterhin bestehen außerhalb der vorstehend beschriebenen Einzelhandelsstandorte i.d.R. verschiedene
Streulagen, die größtenteils durch kleinteilige und historisch gewachsene Einzelhandelsanbieter – meist
Fachgeschäfte – geprägt sind. Diese Geschäfte verfügen normalerweise über einen geringen Einzugsbereich,
der vorwiegend auf ihr fußläufiges Umfeld beschränkt ist.

19 vgl. Urteil BVerwG [4 C 2.08] vom 17.12.2009.
                                                                                                 14
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

4.2.      Zentrenkonzept Bad Dürrenberg

Auf Basis der erfolgten Einzelhandelsanalyse (vgl. Pkt. 3) und der Grundlagen zur Ausweisung von zentralen
Versorgungsbereichen (vgl. Pkt. 4.1) wird nachstehend für Bad Dürrenberg ein Zentrenmodell abgeleitet.
Hierbei ist auf die lokale atypische Situation zu verweisen, da in Bad Dürrenberg keine „klassische“
Einkaufsinnenstadt besteht und auch perspektivisch nicht entwickelt werden kann. Aus diesem Grund wird auf
die Ausweisung eines entsprechenden Innenstadtzentrums (A-Zentrum) verzichtet.
Der Einzelhandelsschwerpunkt liegt derzeit in dem Einkaufszentrum Saline-Passage. Dieser Bereich
entspricht den Kriterien eines zentralen Versorgungsbereiches. Da die Saline-Passage jedoch auf Grund ihres
limitierten Flächenpotenzials nicht die gesamte Stadt Bad Dürrenberg versorgen kann, ist die Entwicklung
eines weiteren zentralen Versorgungsbereiches geplant. Dieser soll auf einer Potenzialfläche an der Breiten
Straße entstehen. Beide Bereiche sollen – in Zusammenarbeit – eine umfängliche und attraktive
Einzelhandelsversorgung für Bad Dürrenberg sicherstellen und sich funktional ergänzen.
Trotz der überwiegenden Ausrichtung beider Bereiche auf die Nahversorgung sollen auch zentrenrelevante
Sortimente in diesen Bereichen angesiedelt werden. In Bezug auf die Ausstattung geht die Funktionsfähigkeit
dieser beiden Zentren (wie auch derzeit schon in der Saline-Passage) über die reine Nahversorgung hinaus.
Das künftige Zentrenleitbild für die Einzelhandelsentwicklung von Bad Dürrenberg beinhaltet nachfolgende
funktionale Gliederung, die auf Basis der sortiments- und lagespezifischen Einzelhandelsanalyse und der
Standortrahmenbedingungen erstellt wurde.

Abbildung 6: Modell der Zentrenstruktur von Bad Dürrenberg

                                                                                 schützenswerte zentrale
                                                                            Versorgungsbereiche im Sinne von

                          Bipolarer zentraler                                    § 11 Abs. 3 (BauNVO)
                         Versorgungsbereich                                       § 2 Abs. 2 (BauGB)
                    Saline-Passage / Breite Straße
                                                                                  § 9 Abs. 2a (BauGB)
                                                                                  § 34 Abs. 3 (BauGB)

   Nahversorgungsstandorte                        Sonderlagen

Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Darstellung

Der bipolare zentrale Versorgungsbereich soll zukünftig den Hauptangebotsschwerpunkt für den
Einzelhandel mit nahversorgungsrelevanten und mit zentrenrelevanten Sortimenten (s. Bad Dürrenberger
Sortimentsliste in Anlage 1) darstellen. Damit soll einer Streuung des Angebots über das gesamte Bad
Dürrenberger Stadtgebiet entgegengewirkt werden. Dies ist insbesondere unter dem Aspekt zu sehen, dass
der Bereich Saline-Passage bereits heute den größten zusammenhängenden Einzelhandelsstandort bildet.
Der Bereich Breite Straße soll dagegen neu entwickelt werden und besitzt ein attraktives Flächenpotenzial. Mit
der eindeutigen Fokussierung des Einzelhandels auf diese Bereiche soll eine Stärkung der
Einzelhandelskompetenz von Bad Dürrenberg erreicht werden, wobei die Flächendichte von ca. 0,9 m²
Verkaufsfläche je Einwohner maßvoll angehoben werden soll. Der bipolare zentrale Versorgungsbereich soll
dabei dauerhaft als dominierender Einkaufsort für zentrenrelevante Sortimente positioniert werden.
Das Angebot in dem bipolaren zentralen Versorgungsbereich wird durch die vorstehend beschriebenen
Nahversorgungsstandorte ergänzt, deren Einzelhandelsbesatz i.d.R. monofunktional auf Lebensmittel
fokussiert sein soll. Die Nahversorgungsstandorte sind durch die Existenz eines strukturprägenden
Lebensmittelanbieters gekennzeichnet, dessen Angebot ggf. durch Nahrungsmittelhandwerker,
Getränkemärkte oder ähnliche Anbieter ergänzt werden kann. Die Nahversorgungsstandorte befinden sich in
für die Wohnbevölkerung gut erreichbarer Lage und verfügen über eine – für die jeweiligen lokalen
Gegebenheiten – hohe Mantelbevölkerung im direkten fußläufigen Umfeld.
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Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Andere Einzelhandelsanbieter außerhalb der nahversorgungsrelevanten Sortimente sollten an diesen
Standorten nicht angesiedelt werden, um die funktionsteilige Angebotsstruktur zwischen dem bipolaren
zentralen Versorgungsbereich und diesen Standorten nicht zu unterlaufen.
Aktuell konnten bezüglich der vorgenommenen Einstufung dieser Standortkategorie vier sog.
Nahversorgungsstandorte zugeordnet werden. Hierbei handelt es sich um die Standorte Seumestraße (Netto),
Breite Straße (Lidl / Norma) und Richard-Wagner-Straße (Netto).
Grundsätzlich erfüllen die Nahversorgungsstandorte nicht die beschriebenen Kriterien an einen zentralen
Versorgungsbereich, stellen jedoch hinsichtlich ihrer städtebaulich integrierten Lage einen wesentlichen
Beitrag zur verbrauchernahen Grundversorgung der Bevölkerung, insbesondere mit dem Sortiment
Lebensmittel dar. Diese Standorte besitzen auch einen Schutzstatus, der im § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO
formuliert wird.
Neben den dargestellten Versorgungsbereichen existieren weitere Einzelhandelslagen, die als Sonderlagen
bzw. Ergänzungsstandorte einzustufen sind. Diese Standorte besitzen insbesondere hinsichtlich der
Ausprägung und der Lagequalität nicht die Merkmale von zentralen Versorgungsbereichen. Die
Sonderstandorte sind durch größere Einzelhandelsbetriebe – z.T. auch oberhalb der Großflächigkeit –
geprägt, die auch ein gesamt- bzw. überörtliches Einzugsgebiet besitzen können und somit größere
Marktgebiete erschließen. Die Betriebe in diesen Lagen sollten eine Ergänzungsfunktion zu den bereits
beschriebenen Einzelhandelslagen darstellen und nicht in einer direkten Konkurrenzsituation zu dem
zentralen Versorgungsbereich oder zu Nahversorgungsstandorten stehen. Derzeit wurden in Bad Dürrenberg
zwei Sonderlagen an der Bahnhofstraße (Sonderpreis Baumarkt) und an der Ostrauer Straße (Pagro)
identifiziert.
Nachstehende Karte stellt das Standortkonzept für den Bad Dürrenberger Einzelhandel überblicksartig dar.

Karte 3: Skizzierung der strukturprägenden Einzelhandelslagen in Bad Dürrenberg

                                                                                 Zentren-/ Standortkonzept

                                                                                       Zentraler Versorgungsbereich

                                                                                       Nahversorgungsstandorte

                                                                                       Sonderlagen

                                                                                 Karte: GeoBasis-DE / BKG 2018
                                                                                 Bearbeitung: BBE Handelsberatung

                                                                                                         16
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Die nachstehend vorgenommene Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches Saline-Passage erfolgt
unter Berücksichtigung städtebaulicher und funktionaler Kriterien und auf Basis des tatsächlich vorhandenen
Einzelhandels- und Gewerbebesatzes, wobei die räumliche Ausdehnung dieses Versorgungsbereiches dem
Umgriff der Saline-Passage entspricht.

Karte 4: Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich Saline-Passage

                                                                                         zentraler Versorgungs-
                                                                                         bereich Saline-Passage

                                                                                         Einzelhandelsbetrieb:

                                                                                           < 400 m² VK

                                                                                           > 400 m² VK

                                                                                  Karte: GeoBasis-DE / BKG 2018
                                                                                  Bearbeitung: BBE Handelsberatung

Der zweite – noch zu entwickelnde Versorgungsbereich – entspricht der Potenzialfläche östlich der Breiten
Straße. Nördlich dieses Bereiches wird aktuell ein Wohngebiet erschlossen; im Süden befindet sich ein kurzes
bandförmiges Privatgrundstück mit zwei Wohnhäusern.

Karte 5: Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich Breite Straße (Neuentwicklung)

                                                                                         zentraler Versorgungs-
                                                                                         bereich Breite Straße

                                                                                   Karte: GeoBasis-DE / BKG 2018
                                                                                   Bearbeitung: BBE Handelsberatung

                                                                                                         17
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

4.3.       Sortimentsliste Bad Dürrenberg

Eine Sortimentsliste stellt einen wesentlichen Bestandteil eines kommunalen Einzelhandelskonzepts dar und
ist als Steuerungsinstrument des Einzelhandels im Rahmen der Bauleitplanung richterlich anerkannt. Zur
Steuerung von Einzelhandelsvorhaben ist die Festlegung von zentren- und nicht-zentrenrelevanten
Sortimenten erforderlich.
Nachfolgender Kriterienkatalog dient zur Unterscheidung von zentren- und nicht-zentrenrelevanten
Sortimenten.

Abbildung 7: Kriterienkatalog zur Unterscheidung zentren-/ nicht-zentrenrelevanter Sortimente

     zentrenrelevante Sortimente

        geringer spezifischer Flächenanspruch, räumliche Integration dieser Betriebe ist grundsätzlich in
           zentrale Versorgungsbereiche möglich
          meist hohe Flächenproduktivität
          hohe Ausstrahlungskraft
          überwiegend leichter bzw. problemloser Abtransport, ein Kfz ist i.d.R. nicht notwendig
          häufige Nachfrage im Zusammenhang mit anderen Innenstadtnutzungen und meist in Abhängigkeit
           von anderen Frequenzbringern
        lösen positive Agglomerations- bzw. Verdichtungseffekte aus
        prägen durch ihr Vorhandensein bereits die städtebaulich-funktionale Struktur des zentralen
           Versorgungsbereiches
        ziehen viele Besucher an und sind für einen attraktiven Branchenmix notwendig
     nicht-zentrenrelevante Sortimente

        Angebot dieser Waren erfolgt auf Grund der Größe und Beschaffenheit i.d.R. an dezentralen,
           vorwiegend autokundenorientierten Standorten
          zum Warenabtransport wird überwiegend ein zusätzliches Transportmittel benötigt
          keine Eignung für zentrale Lagen, da hoher Flächenbedarf
          niedrige Flächenproduktivität
          erzeugen eine eigene Besucherfrequenz und werden i.d.R. gezielt angefahren, geringe
           Kopplungen mit anderen Aktivitäten
        keine prägende Funktion für zentrale Innenstadtlagen
Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Darstellung

Zentrenrelevante Sortimente tragen maßgeblich zur Attraktivität städtebaulich integrierter
Versorgungszentren bei und können positive Agglomerations- bzw. Kopplungseffekte auslösen. Die
Sortimente können dabei im Verbund eine hohe Ausstrahlungskraft induzieren, was sich positiv auf die
Besucherfrequenzen auswirkt. Diese Sortimente sind ferner durch einen meist geringen Flächenanspruch
geprägt und lassen sich i.d.R. in bestehende innerörtliche Bebauungsstrukturen integrieren. Zentrenrelevante
Sortimente sind i.d.R. bereits in zentralen Versorgungsbereichen etabliert und prägen städtebaulich-funktional
die Bestandsstruktur.
Für die Stärkung der innerstädtischen Versorgung und zur Verbesserung der Gesamtattraktivität der Stadt
Bad Dürrenberg gilt es, diejenigen Sortimente in den beiden innerstädtischen zentralen Versorgungsbereichen
zu konzentrieren, die maßgeblich der Nutzungsvielfalt und der Attraktivität dieses Bereiches dienen.

                                                                                                    18
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

Zu der Sortimentsgruppe der zentrenrelevanten Sortimente zählen auch die sog. nahversorgungsrelevanten
Sortimente, die überwiegend der kurzfristigen bzw. periodischen Grundversorgung20 dienen (v.a.
Lebensmittel) und durch eine häufige Konsumentennachfrage gekennzeichnet sind. Auf diese Warengruppen
treffen auch die Merkmale der zentrenrelevanten Sortimente zu. Da in innerstädtischen zentralen
Versorgungsbereichen oft die flächenseitigen Voraussetzungen zur Installation von diesen z.T.
großformatigen Anbietern nicht gegeben sind, sollte eine Ansiedlung auch außerhalb dieser Bereiche im
Sinne einer wohnungsnahen und möglichst engmaschigen Bedarfsabdeckung möglich sein.
Eine Ansiedlung außerhalb eines zentralen Versorgungsbereiches könnte erfolgen, wenn die jeweilige Lage
der wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung dient, der Standort städtebaulich integriert ist und die Größe
des geplanten Vorhabens dem zu versorgenden Einzugsbereich entspricht. Ferner müssen schädliche
Auswirkungen auf den Angebotsbesatz in zentralen Versorgungsbereichen weitgehend ausgeschlossen
werden.
Die sog. nicht-zentrenrelevanten Sortimente besitzen i.d.R. hohe Flächenansprüche, die in zentralen
Versorgungsbereichen meist nicht darstellbar sind. Bei diesen Sortimenten handelt es sich um Waren, die
zentrale Versorgungsbereiche nicht prägen und hier i.d.R. bezüglich ihrer Größe und Beschaffenheit nicht
angeboten werden können. Somit besitzt diese Sortimentsgruppe für die Attraktivität von zentralen
Versorgungsbereichen eine untergeordnete Bedeutung. Ferner ist zum Abtransport dieser meist
großvolumigen Waren ein Kfz erforderlich.
Grundsätzlich sollte eine Ansiedlung dieser Sortimentsgruppe an einem städtebaulich integrierten Standort,
idealerweise in innerstädtischer Randlage erfolgen. Hierbei ist die Nachnutzung von bestehenden
Gewerbestandorten bzw. die Erweiterung von bestehenden Einzelhandelsstandorten zu präferieren (Prinzip
„Nachnutzung vor Neuinanspruchnahme von Flächen“).
Bei der Definition ist grundsätzlich auf eine ortstypische Sortimentsliste abzustellen, die sich auf die
ortsspezifischen Verhältnisse und auch auf mögliche Entwicklungsperspektiven bezieht und somit auf die
konkreten lokalen städtebaulichen Erfordernisse abgestimmt ist.21 Ein genereller Rückgriff auf allgemeingültige
Auflistungen von Sortimenten – wie dies z.T. in Landes- oder Regionalentwicklungsplänen der Fall ist – reicht
im Rahmen einer bauleitplanerischen Steuerung nicht aus und wurde in der Rechtsprechung bereits als
fehlerhaft beurteilt.
Die nachfolgende Herleitung der Sortimentsliste erfolgt auf Grundlage des tatsächlichen
Einzelhandelsbestandes in Bad Dürrenberg. Dabei sind insbesondere die gesamtstädtische
Einzelhandelsstruktur und der aktuelle sortimentsspezifische Bestand von Anbietern in dem zentralen
Versorgungsbereich wichtig. Ferner wird bei der Einstufung der Zentrenrelevanz auch beachtet, dass
einzelne Sortimente möglicherweise untereinander wichtige Kopplungen und Synergien auslösen und
so – auch bei einem derzeitigen Nichtvorhandensein im zentralen Versorgungsbereich –
perspektivisch hier angesiedelt werden sollten.
Eine ortsspezifische Sortimentsliste kann daher Sortimente – auch wenn diese in einem zentralen
Versorgungsbereich noch nicht vorhanden sind – als zentrenrelevant ausweisen. Es ist möglich, diese
Sortimente in anderen Ortsgebieten mit dem Ziel auszuschließen, eventuelle Neuansiedlungen
zwecks Steigerung oder Erhaltung der Attraktivität dem zentralen Versorgungsbereich zuzuführen.22

20 Unter Grundversorgung wird die verbrauchernahe Deckung des überwiegend kurzfristigen Bedarfs an Nahrungs- und
   Genussmitteln, Drogerieerzeugnissen u.ä. verstanden.
21 vgl. Urteile OVG Nordrhein-Westfalen [7A D 92/.NE] vom 03.06.2002, VGH Baden-Württemberg [8 S 1848/04] vom 02.05.2005.
22 vgl. Urteile BVerwG [4 BN 33.04] vom 10.11.2004, VGH Baden-Württemberg [3 S 1259/056] vom 30.01.2006.
                                                                                                                            19
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

       Sortimentsliste Bad Dürrenberg

   zentrenrelevante Sortimente                               nicht-zentrenrelevante Sortimente
                                                             -   Autozubehör, -teile, -reifen, Kraftradteile,
   davon nahversorgungsrelevante Sortimente
                                                                 -zubehör
        -      Arzneimittel, Pharmazeutika, Apothekenwaren
                                                             -   Baumarktartikel (u.a. Bauelemente, Baustoffe,
        -      Blumen, Zimmerpflanzen
                                                                 Eisenwaren, Fenster, Türen, Badeeinrichtung,
        -      Drogeriewaren, Parfüms, Kosmetika,                Installationsmaterial, Sanitärerzeugnisse, Holz-
               Wasch-/ Putzmittel                                und Holzmaterialen, Kamine, Öfen)
        -      Heimtiernahrung/ Futtermittel für Haustiere   -   Büromaschinen, Büroeinrichtung,
        -      Nahrungs-/ Genussmittel, Getränke,                Organisationsmittel
               Tabakwaren, Reformwaren, Naturkost            -   Teppiche, Bodenbeläge, Farben, Lacke,
        -      Zeitungen, Zeitschriften                          Tapeten

   -        Antiquitäten, Kunstgegenstände                   -   Gartenartikel, Gartenbedarf, Gartenmöbel,
   -        Augenoptik, Brillen und -zubehör, optische           Gartenmaschinen, Freilandpflanzen,
            Erzeugnisse                                          Campingmöbel
   -        Bücher                                           -   Leuchten, Lampen
   -        Computer, Computertechnik, Computerzubehör       -   Möbel, Küchen, Büromöbel, Matratzen
   -        Elektrogeräte („Weiße Ware"), Elektrozubehör
   -        Fahrräder, Fahrradersatzteile und –zubehör
   -        Foto, Fotozubehör
   -        Geschenkartikel, Kunstgegenstände, Bilder,
            Briefmarken, Münzen
   -        Haushaltswaren, Hausrat, Glas, Porzellan,
            Keramik, Geschenkartikel
   -        Heimtextilien, Stoffe, Kurzwaren,
            Handarbeitsbedarf, Bettwaren, Gardinen
   -        Lederwaren, Reisegepäck, Kürschnerware,
            Galanteriewaren
   -        Musikinstrumente, Musikalien, Tonträger
   -        Oberbekleidung aller Art (Damen, Herren
            Kinder), Wäsche, Strümpfe, sonstige
            Bekleidung
   -        Papier- /Schreibwaren, Bürobedarf,
            Schulbedarf, Bastelbedarf
   -        Sanitätswaren, orthopädische und medizinische
            Produkte, Hörgeräte
   -        Schuhe
   -        Spielwaren, Bastelartikel
   -        Sportartikel, -schuhe, -bekleidung,
            Campingartikel,
            Jagd-/ Angelbedarf, Waffen
   -        Uhren, Schmuck
   -        Unterhaltungselektronik ("Braune Ware"), Ton-
            und Bildträger, Telekommunikationsgeräte
   -        Zooartikel, lebende Tiere, Tierpflegemittel,
            Zubehör

                                                                                                            20
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

4.4.     Grundsätze der Einzelhandelsentwicklung in Bad Dürrenberg

Abschließend werden auf Grundlage der Ergebnisse der Bestandsanalyse und der formulierten Ziele des
Zentrenkonzepts Grundsätze zur räumlichen Einzelhandelsentwicklung in Bad Dürrenberg definiert.
Hiermit wird eine städtebaulich bestmögliche Einzelhandelsentwicklung für die Zukunft sichergestellt.
Folgende Grundsätze sind bei der Ansiedlung von Handelsbetrieben einzuhalten:

    1. Einzelhandelsbetriebe mit zentrenrelevanten Kernsortimenten in die zentralen
       Versorgungsbereiche Saline-Passage und Breite Straße

    2. Einzelhandelsbetriebe mit dem Kernsortiment Lebensmittel primär in die beiden zentralen
       Versorgungsbereiche sowie nachgeordnet zur Gewährleistung der Grundversorgung
       ausschließlich an städtebaulich integrierte Standorte (Nahversorgungsstandorte)

    3. Großflächiger Einzelhandel mit nicht-zentrenrelevanten Kernsortimenten außerhalb des
       zentralen Versorgungsbereiches in bestehenden Sonderlagen

Die Ansiedlungsgrundsätze sind auf eine funktions- bzw. arbeitsteilige Einzelhandelsstruktur zwischen dem
bipolaren zentralen Versorgungsbereich, den Nahversorgungsstandorten und den Sonderlagen in Bad
Dürrenberg abgestimmt.

                                                                                                  21
Zentrenkonzept für die Stadt Bad Dürrenberg

5.       Schlussbemerkung
Bad Dürrenberg besitzt hinsichtlich seines Einzelhandelsbestandes und der räumlichen Verteilung eine
atypische städtebauliche Situation, da die Stadt über keine traditionelle Einkaufsinnenstadt verfügt. Die
Ausbildung eines entsprechenden Bereiches ist bezüglich der räumlichen Situation auch zukünftig nicht
möglich. Ferner besitzt die Stadt ein verhältnismäßig geringes Einzelhandelsangebot, was sich in der
niedrigen Flächenausstattung von 0,9 m² Verkaufsfläche je Einwohner (Bundesdurchschnitt ca. 1,5 m²/Ew.)
widerspiegelt.
Aus diesem Grund wird ein maßvoller Aufwuchs des Einzelhandels angestrebt. Dies soll durch den Aufbau
einer bipolaren Angebotsstruktur erfolgen, da neben der Salinen-Passage noch ein weiterer Handelsstandort
an der Breiten Straße entwickelt werden soll. Beide Bereiche sollen als zentrale Versorgungsbereiche
ausgebildet werden.
Neben der weiteren Entwicklung der zentralen Versorgungsbereiche ist auch die Sicherung der
Grundversorgung mit Lebensmitteln insbesondere an wohnsiedlungsintegrierten Standorten von wesentlicher
Bedeutung, wobei derzeit bereits ein Netz an weiteren Lebensmittelmärkten in wohnsiedlungsintegrierten
Lagen besteht.
Die Zentren- und Standortgliederung für Bad Dürrenberg stellt zusammenfassend folgende Abbildung dar,
welche die funktionale Arbeitsteilung der einzelnen Handelsstandorte in Bad Dürrenberg verdeutlicht.

Abbildung 8: Prospektive funktionale Standortgliederung des Einzelhandels in Bad Dürrenberg

                           Zentrale Versorgungsbereiche Saline-Passage + Breite Straße

                gesamtstädtische Angebotsschwerpunkte, vor allem für zentrenrelevante Sortimente

                    Nahversorgungstandorte                                 Sonderlagen
         wohngebietsbezogene Versorgungsfunktion            ergänzende Versorgungsfunktion mit zentren-
                    mit Lebensmitteln                          und nicht-zentrenrelevanten Sortimenten

Quelle: BBE Handelsberatung, eigene Darstellung

Für das Erreichen der formulierten Ziele zur Einzelhandelsentwicklung wurde die vorliegende
Einzelhandelskonzeption entwickelt. Das Einzelhandels- und Zentrenkonzept ist im Sinne des
§ 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB zur Steuerung der Einzelhandels- und Zentrenentwicklung in der Stadt Bad
Dürrenberg gedacht und wird durch den Beschluss des Bad Dürrenberg Stadtrats für die Verwaltung bindend.

                                                                                                   22
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