Ansätze für die Reform der Altersvorsorge - Finanzierungsansätze und Lebensarbeitszeitmodell in der Wahrnehmung der Stimmbevölkerung - Centre Patronal
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Ansätze für die Reform der Altersvorsorge Finanzierungsansätze und Lebensarbeitszeitmodell in der Wahrnehmung der Stimmbevölkerung
Auftraggeberin Centre Patronal Kapellenstrasse 14 3001 Bern Auftragnehmerin Forschungsstelle sotomo Dolderstrasse 24 8032 Zurich Autor/innen (alphabetisch) Michael Hermann David Krähenbühl Gordon Bühler Zürich, April 2020
INHALTSVERZEICHNIS Inhaltsverzeichnis 1 Zu dieser Studie 4 1.1 Ziele und Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1.2 Ergebnisse in Kürze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2 Pessimistische Rentenerwartung 6 3 Finanzierung der AHV 8 3.1 Mehrwertsteuererhöhung statt Lohnprozente . . . . . . . . . . 8 3.2 Akzeptanz einer Mehrwertsteuererhöhung . . . . . . . . . . . . 10 4 Finanzierung des BVG 13 4.1 Zustimmung für frühere Beitragszahlungen . . . . . . . . . . . 13 4.2 Mehrheit für Verzicht auf Koordinationsabzug . . . . . . . . . . 14 5 Lebensarbeitszeitmodell 17 5.1 Positive Grundstimmung zum Lebensarbeitsmodell . . . . . . . 17 5.2 Lebensarbeitszeit im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 5.3 Potenzieller Stimmentscheid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 6 Datenerhebung und Methode 25 3
1 ZU DIESER STUDIE 1 Zu dieser Studie 1.1 Ziele und Inhalte Obwohl in der Schweizer Bevölkerung das Bewusstsein für den Reformbedarf bei der Altersvorsorge weit verbreitet ist, zeigt die Erfahrungen, dass es ausgesprochen schwierig ist, politische Mehrheiten für entsprechende Vorlagen zu erzielen. Aus Sicht der Arbeitgeberorganisation Centre Patronal (cP) braucht es deshalb neue und ungewohnte Ansätze. Mit neuen Perspektiven und Ansätzen sollen Wege gefunden werden, den aktuellen Knoten bei der Reform Altersvorsorge zu lösen. Im Zentrum dieser Vorschläge steht der Wechsel von einem fixen Rentenalter zu einem System, das auf der Zahl der Beitragsjahre basiert. Das Centre Patronal setzt auf eine koordinierte Reform der ersten und der zweiten Säule. Bei der zweiten Säule wird neben den bestehenden bundesrätlichen Vorschlägen vor allem auf einen früheren Eintritt ins BVG-System gesetzt. Für die vorliegende Studie im Auftrag des Centre Patronal hat sotomo 1221 Personen befragt. Die Befragung wurde im Frühjahr 2020 durchgeführt. Ihre Ergebnisse sind repräsentativ für die stimmberechtigte Bevölkerung in der Schweiz. Im Rahmen dieser Studie wurden, die Ansätze des Centre Patronal auf ihre Akzeptanz in der Bevölkerung geprüft. 1.2 Ergebnisse in Kürze Die stimmberechtigte Bevölkerung geht aufgrund des demographischen Wandels von tendenziell sinkenden Renten aus. Diese Einschätzung bezieht sich auf die erste Säule (AHV) und mehr noch auf die zweite Säule (BVG) des obligato- rischen Vorsorgesystems. Zugleich ist die Senkung der Renten als Ansatz zur Schliessung der Finanzierungslücke im Rentensystem unpopulär. Die vorliegende Befragung zeigt, dass es Mehrheiten für Massnahmen auf der Einnahmenseite gibt (Mehrwertsteuererhöhung, früherer BVG-Einstieg) und zugleich bestehen auch Mehrheiten für eine punktuelle Erweiterung der Lebensarbeitszeit durch den Übergang von einem fixen Rentenalter zu einem System, das auf der tatsächlichen Dauer der Erwerbstätigkeit beruht. Mehreinnahmen zur Schliessung der Finanzierungslücke Geht es um die Schliessung der Finanzierungslücke bei der AHV, so priorisieren die Stimmberechtigten ganz klar eine Erhöhung der Mehrwertsteuer im Vergleich zur Erhöhung der Abgaben auf den Löhnen und zwar im Verhältnis von 52 zu 16 Prozent. Eine überwiegende Mehrheit von 75 Prozent unterstützt dabei konkret eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozent, wie sie vom Bundesrat vorgeschlagen wird (Anteil «ja» und «eher ja» zusammengezählt). Immerhin 58 Prozent der Befragten sprechen sich für eine noch weitergehende Erhöhung der 4
1 ZU DIESER STUDIE Mehrwertsteuer zugunsten der AHV aus. Es fällt auf, dass in der Deutschschweiz die Unterstützung für eine Erhöhung im Sinn des Bundesrats mehr Zustimmung erfährt als in der Romandie. In der Romandie ist jedoch die Zustimmung für eine weitergehende Erhöhung grösser als in der Deutschschweiz. Die Haltung in der französischsprachigen Schweiz ist eher eine grundsätzliche, während in der deutschsprachigen Schweiz vermehrt auf den Betrag geachtet wird. Geht es um die Sanierung der zweite Säule, so besteht bei den Stimmberechtigten eine grosse Mehrheit (84 %), die sich für einen früheren Beginn des obligato- rischen Alterssparens im Rahmen des BVG aussprechen. Bevorzugt wird dabei ein Beginn zwischen 18 und 20 Jahren statt wie heute erst mit dem 25. Lebens- jahr. Immerhin 77 Prozent der Befragten sprechen sich für die Abschaffung des Koordinationsabzugs aus. Lebensarbeitszeitmodell 61 Prozent der Stimmberechtigten sprechen sich heute für den Wechsel von einem System mit einem festen Rentenalter zu einem Lebensarbeitszeitmodell auf Basis der Zahl der Beitragsjahre aus. Ein Lebensarbeitszeitmodell wird dabei von der Stimmbevölkerung klar einer generellen Erhöhung des Rentenalters vorgezogen. Aus Sicht einer grossen Mehrheit der Befragten kann es Personen mit einer langen Ausbildungszeit zugemutet werden, bis zu ihrer Pensionierung länger zu arbeiten als heute (76 %). Zugleich sind die meisten der Ansicht, dass Personen mit einer harten körperlichen Betätigung, früher in Rente gehen sollten (82 %). Die Skepsis gegen das Lebensarbeitszeitmodell ist bei den jüngeren Befragten grösser als bei den älteren. Ausserdem hängt die Haltung zum Lebensarbeitszeit- modell relativ stark vom Bildungsabschluss ab. Personen, die spätestens nach der Berufslehre ins Arbeitsleben eingestiegen sind, bewerten das Modell besonders positiv, während Personen mit einem Hochschulabschluss besonders skeptisch sind. Dies erstaunt nicht, da ein Lebensarbeitszeitmodell insbesondere Personen mit einem tertiären Bildungsabschluss betreffen würde. Weil es sich dabei nur um eine Minderheit der Stimmberechtigten handelt, könnte genau hier die Basis für die Mehrheitsfähigkeit des Lebensarbeitsmodell liegen. Die wichtigsten Argumente für das Lebensarbeitszeitmodell sind der Beitrag zur Schliessung der Finanzierungslücken und die Tatsache, dass dieses den Unterschieden zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen gerecht wird. Das wichtigste Argument dagegen ist, dass dieses ausgetrickst werden könne. Häufig genannt wird ausserdem, dass dieses zu kompliziert sei. Diese Argumente sind klare Hinweise für einen möglichen Abstimmungskampf: Ein Modellwechsel hat nur dann eine Chance, wenn das vorgeschlagene Lebensarbeitszeitmodell einfach und klar ist und nicht mit taktischem Verhalten ausgespielt werden kann. 5
2 PESSIMISTISCHE RENTENERWARTUNG 2 Pessimistische Rentenerwartung Ein grosser Teil der Bevölkerung geht heute von einer negativen Entwicklung der AHV-Rentenentwicklung aus (61 %). Die Einschätzung unterscheidet sich zwischen den soziodemographischen Gruppen: Frauen gehen häufiger von sin- kenden AHV-Renten aus als Männer und Jüngere mehr als Ältere. Auffällig ist ein verstärkter Pessimismus bei Personen mit tiefen Einkommen, deren Renten besonders stark von der ersten Säule abhängt. Abbildung 1: Einschätzung zukünftige Entwicklung AHV-Renten - Soziodemografie Gesamt 17 44 31 6 Nach Geschlecht Frau 22 44 29 5 Mann 12 45 34 8 Nach Altersgruppen 18-25 35 37 15 12 26-45 24 54 17 4 46-65 10 44 39 6 > 65 31 59 6 Nach Einkommenskategorien Unter 4000 30 36 27 6 4000 bis 6000 18 47 27 6 6000 bis 10000 14 41 38 6 Über 10 000 12 48 32 7 0% 25% 50% 75% 100% Deutlich sinken Eher sinken Stabil bleiben Eher steigen Deutlich steigen «Was ist Ihre Einschätzung: Wie wird sich das Niveau der AHV-Renten künftig entwickeln?» Noch pessimistischer als bei der ersten ist die Einschätzung in Bezug auf die zweite Säule. Insgesamt gehen fast drei Viertel (74 %) von sinkenden BVG- Renten aus. Auffällig ist hier allerdings, dass sich die Einschätzungen nur wenig zwischen den demographischen Gruppen unterscheiden. In Bezug auf die BVG- Renten teilen Personen im Rentenalter den Pessimismus der nachfolgenden Generationen auch zeigen sich kaum Einschätzungsunterschiede zwischen den 6
2 PESSIMISTISCHE RENTENERWARTUNG Geschlechtern. Während die Einschätzung der Zukunft der AHV-Renten innerhalb der Gesellschaft variiert, ist der Pessimismus in Bezug auf die Pensionskasse breit und gleichförmig vorhanden. Abbildung 2: Einschätzung zukünftige Entwicklung BVG-Renten - Soziodemografie Gesamt 15 59 21 4 Nach Geschlecht Frau 16 58 21 5 Mann 15 59 22 4 Nach Altersgruppen 18-25 20 34 32 13 26-45 17 62 18 46-65 16 63 17 3 > 65 7 62 27 3 Nach Einkommenskategorien Unter 4000 24 46 23 7 4000 bis 6000 12 62 22 3 6000 bis 10000 14 63 20 3 Über 10 000 16 58 21 4 0% 25% 50% 75% 100% Deutlich sinken Eher sinken Stabil bleiben Eher steigen Deutlich steigen «Was ist Ihre Einschätzung: Wie wird sich das Niveau der Pensionskassen-Renten (BVG) künftig entwickeln?» 7
3 FINANZIERUNG DER AHV 3 Finanzierung der AHV Die Schweizer Bevölkerung altert, einerseits weil die Menschen im Schnitt immer älter werden und andererseits, weil im Vergleich zu früheren Generationen Frauen weniger Kinder haben. Durch Zuwanderung wird ein Teil der demographischen Al- terung verzögert. Dennoch verschiebt sich das Verhältnis von Erwerbsbevölkerung und Pensionierten zu Ungunsten ersterem. Die Lage verschärft sich zusätzlich dadurch, dass die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten «Babyboomer»- Generation zunehmend das Rentenalter erreichen. Sollen ein wachsender Schul- denberg und/oder radikale Rentenkürzungen verhindert werden, müssen die finanziellen Zuflüsse ins Rentensystem erhöht werden. Der folgende Teil dieser Studie untersucht die Haltung der Bevölkerung zu verschiedenen Optionen bei der Generierung von Mehreinnahmen für das schweizerische Rentensystem. Die be- schriebene demografische Entwicklung bringt insbesondere die umlagefinanzierte erste Säule des Schweizer Altersvorsorgesystem in eine finanzielle Schieflage. 3.1 Mehrwertsteuererhöhung statt Lohnprozente Abbildung 3: Präferenz Mehrwertsteuer vs. Lohnprozente bei der AHV-Finanzierung Gesamt 4 12 32 34 18 Nach Geschlecht Frau 9 37 36 15 Mann 5 16 28 32 20 Nach Altersgruppen 18-25 13 32 38 13 26-45 3 13 33 33 18 46-65 4 11 30 36 20 > 65 6 13 36 30 15 0% 25% 50% 75% 100% Klar «Erhöhung Lohnabgaben» Eher «Erhöhung Lohnabgaben» Beide gleich Eher «Erhöhung Mehrwertsteuer» Klar «Erhöhung Mehrwertsteuer» «Wenn es um zusätzliche Finanzierungsquellen für die AHV geht, stehen aktuell vor allem höhere Mehrwertsteuerbeiträge sowie höhere Abgaben auf den Löhnen zur Debatte. Wenn Sie wählen müssen, welchen Ansatz bevorzugen Sie?» - Soziodemografie 8
3 FINANZIERUNG DER AHV Es bestehen verschiedene Möglichkeiten zur Gewinnung von Mehreinnahmen für die AHV. Zur Diskussion stehen vor allem zwei Ansätze. Zum einen die Erhöhung der Abgaben auf dem versicherungspflichtigen Lohn zum anderen die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes. Die Befragung der stimmberechtigten Bevölkerung zeigt dabei eine klare Präferenz. Werden die beiden Ansätze gegenübergestellt bevorzugen 52 Prozent eine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Abb. 3) und nur 16 Prozent höhere Lohnabgaben. Weitere 32 Prozent möchten die Finanzierungs- lücke mit Mehreinnahmen aus beiden Quellen gleichermassen schliessen. Dies zeigt, dass aus Sicht der Bevölkerungsmehrheit eine finanzielle Sanierung der AHV nicht zu einer Verteuerung des Produktionsfaktors Arbeit führen soll. Statt nur die Lohn Empfängerinnen und -empfänger bzw. die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollen die finanziellen Lasten auf alle, die Konsumausgaben haben, verteilt werden. Diese Haltung zeigt sich dabei über alle soziodemografischen Gruppen hinweg (Abb. 3). Interessant ist, dass zwischen den Altersgruppen nur geringe Unterschiede bestehen. Zwar ziehen bei den über 65-Jährigen nur 45 Prozent eine hauptsächliche Finanzierung durch die Mehrwertsteuer vor. Für eine hauptsächliche Finanzierung durch Lohnabgaben sprechen sich auch in dieser Altersgruppe nur 19 Prozent aus, obwohl die meisten über 65-Jährigen selber keine Lohnabgaben mehr zahlen. Am grössten ist die Skepsis gegenüber der Erhöhung der Lohnabgaben bei den 46- bis 65-Jährigen. Es ist die Altersgruppe, die bereits überdurchschnittlich hohe Beiträge auf dem Erwerbseinkommen zahlen muss. Ein vergleichsweiser deutlicher Unterschied zeigt sich nach Sprachregion: 42 Pro- zent der französischsprachigen Bevölkerung sprechen sich für die Doppelstrategie zur Finanzierung der AHV aus jedoch nur 29 Prozent der Deutschschweizer Bevölkerung. Demgegenüber hängt die Einstellung zu den beiden Finanzierungs- arten erstaunlich wenig von der politischen Orientierung ab. Etwas stärker als der Durchschnitt tendiert die Wählerbasis von CVP und FDP zu einer primären Mehrwertsteuerfinanzierung (Abb. 4). 9
3 FINANZIERUNG DER AHV Abbildung 4: Vorliebe zusätzliche Finanzierungsquelle AHV – nach politischen Variablen Gesamt 4 12 32 34 18 Nach Parteiwählerschaft Grüne 11 39 31 17 SP 6 11 29 32 22 GLP 4 8 35 37 15 CVP 13 21 41 24 FDP 10 30 37 22 SVP 6 16 25 37 16 Nach Sprachregion Deutschschweiz 4 13 29 35 19 Französische Schweiz 3 11 42 30 14 0% 25% 50% 75% 100% Klar «Erhöhung Lohnabgaben» Eher «Erhöhung Lohnabgaben» Beide gleich Eher «Erhöhung Mehrwertsteuer» Klar «Erhöhung Mehrwertsteuer» «Wenn es um zusätzliche Finanzierungsquellen für die AHV geht, stehen aktuell vor allem höhere Mehrwertsteuerbeiträge sowie höhere Abgaben auf den Löhnen zur Debatte. Wenn Sie wählen müssen, welchen Ansatz bevorzugen Sie?» - Parteiwählerschaft 3.2 Akzeptanz einer Mehrwertsteuererhöhung Wie gezeigt, zieht die Bevölkerung die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes einer Erhöhung der Lohnabgaben klar vor. Geht es um die Haltung zu einer konkre- ten Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Deckung der Finanzierungslücke in der AHV zeigt sich eine differenzierte Sicht. Eine sehr grosse Akzeptanz findet eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte, wie dies vom Bundesrat vorgeschlagen wird. 75 Prozent der Stimmberechtigten sprechen sich dafür aus. Umstrittener ist dagegen eine weitergehende Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes über die 0,7 Prozent hinaus. Doch auch hier sprechen sich immerhin 58 Prozent dafür aus. Dies zeigt, dass via Mehrwertsteuer gerade im Vergleich zur Erhöhung der Lohnprozente, durchaus ein Potenzial für eine mehrheitsfähige Generierung von Mehreinnahmen besteht. Insgesamt ist die Bereitschaft für Mehrwertsteuer- erhöhungen zugunsten der AHV bei den Frauen etwas grösser als bei Männern. Die Skepsis ist bei den 26- bis 45-Jährigen am grössten. Dies gilt insbesondere für eine weitergehende Erhöhung des Satzes (Abb. 6). 10
3 FINANZIERUNG DER AHV Abbildung 5: Unterstützung einer Mehrwertsteuererhöhung um 0,7 Prozentpunkte oder mehr – nach Geschlecht und Alter Erhöhung Mehrwertsteuer um 0,7 Pkte. Weitere Erhöhung Mehrwertsteuer Total 12 13 44 31 14 28 40 18 Nach Geschlecht Frau 8 11 52 29 10 29 44 16 Mann 15 15 38 33 19 26 36 19 Nach Alterskategorien 18-25 12 11 59 18 10 27 47 16 26-45 12 16 47 24 15 34 33 17 46-65 11 11 44 34 16 24 44 16 > 65 11 12 32 46 13 22 42 23 Nein Eher Nein Eher Ja Ja «Unterstützen Sie die vom Bundesrat vorgeschlagene Erhöhung der Mehrwertsteuer (heute 7.7 Prozent) zugunsten der AHV um 0.7 Prozentpunkte?» / «Erachten Sie in Zukunft eine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Sicherung der AHV-Renten für angebracht?» Interessant sind die Unterschiede zwischen den beiden grossen Sprachregionen. So ist die Zustimmung für eine Erhöhung um 0,7 Prozentpunkte in der Deutsch- schweiz grösser als in der Romandie. Geht es jedoch um eine weitergehende Erhöhung sinkt die Zustimmung in der Deutschschweiz viel stärker. Und zwar so stark, dass für eine weiterführende Erhöhung in der Romandie mehr Rück- halt besteht. Dies zeigt, dass die Haltung zu einer Mehrwertsteuererhöhung in der Deutschschweiz besonders elastisch reagiert. Eine durch den Bundesrat abgestützte Erhöhung in kleinen Schritten findet hier besonders viel, eine weiter- gehende jedoch relativ wenig Unterstützung. In der Romandie scheint es dagegen eher um einen Grundsatzentscheid zu geben, der nur wenig von der konkreten Ausgestaltung abhängt. Die Unterstützung der einer Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der AHV hängt durchaus von der parteipolitischen Orientierung ab, die politische Polarisierung ist jedoch eher schwach ausgeprägt. Eine mehrheitliche Opposition besteht nur bei der SVP-Basis und auch dort nur für eine weitergehende Erhöhung der Mehrwersteuer. 11
3 FINANZIERUNG DER AHV Abbildung 6: Unterstützung einer Mehrwertsteuererhöhung um 0,7 Prozentpunkte oder mehr – nach Politik und Sprachregion Erhöhung Mehrwertsteuer um 0,7 Pkte. Weitere Erhöhung Mehrwertsteuer Total 12 13 44 31 14 28 40 18 Nach Parteiwählerschaft Grüne 12 7 55 26 13 23 47 16 SP 8 11 35 46 11 22 39 28 GLP 5 8 55 32 7 17 58 18 CVP 4 8 50 38 5 31 47 17 FDP 10 15 42 33 11 33 40 15 SVP 19 20 38 23 23 36 24 17 Nach Sprachregion Deutschschweiz 11 12 43 33 14 31 38 17 Französische Schweiz 13 15 48 24 16 18 46 20 Nein Eher Nein Eher Ja Ja «Unterstützen Sie die vom Bundesrat vorgeschlagene Erhöhung der Mehrwertsteuer (heute 7.7 Prozent) zugunsten der AHV um 0.7 Prozentpunkte?» / «Erachten Sie in Zukunft eine weitere Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Sicherung der AHV-Renten für angebracht?» 12
4 FINANZIERUNG DES BVG 4 Finanzierung des BVG Mit der höheren Lebenserwartung steigt die Rentenbezugsdauer. Das wirkt sich nicht nur auf die umlagefinanzierte erste Säule, sondern auch auf die zweite Säule aus, die auf dem Kapitaldeckungsverfahren beruht. Das in der zweiten Säule angesparte Alterskapital muss auf mehr Jahre verteilt werden. Soll es nicht zu einer markanten Senkung der BVG-Renten führen, müssen auch für die zweite Säule zusätzliche Einnahmequellen erschlossen werden. 4.1 Zustimmung für frühere Beitragszahlungen Gegenwärtig beginnt die Beitragspflicht in die zweite Säule erst ab dem 25. Lebensjahr eines Versicherungsnehmers an. Durch einen früheren Beginn der Beitragszahlung liesse sich bis zum Eintritt in den Ruhestand mehr Kapital ansparen. Allgemein stösst eine Senkung des Mindestalters in der Bevölkerung auf eine sehr grosse Akzeptanz. 84 Prozent befürworten einen früheren Beginn des Alterssparprozesses als dies gegenwärtig Artikel 7 des BVG vorsieht. Die unter 45-Jährigen sind dabei etwas skeptischer als die älteren Stimmberechtigten. Dennoch besteht auch bei den Jüngeren eine klare Zustimmung. Praktisch keinen Zusammenhang besteht mit der parteipolitischen Orientierung und der sprachregionalen Herkunft. Abbildung 7: BVG: früherer Eintritt? Gesamt 5 11 36 48 Nach Geschlecht Frau 4 16 39 41 Mann 6 7 32 55 Nach Altersgruppen 18-25 7 14 47 32 26-45 7 15 37 40 46-65 7 33 58 > 65 9 31 57 0% 25% 50% 75% 100% Nein Eher Nein Eher Ja Ja «Heute beginnt das Alterssparen im BVG erst im Alter von 25 Jahren. Unterstützen Sie einen früheren Beginn des Alterssparens, damit insgesamt ein höheres Sparkapital erzielt werden kann?» - Soziodemografie 13
4 FINANZIERUNG DES BVG Eine überwiegende Mehrheit spricht sich für eine Senkung des Beginns der BVG- Beitragszahlungen aus. Aus Sicht einer deutlichen Mehrheit sollen es dabei eine Senkung um mindestens fünf Jahre vom 25. auf das 20. Lebensjahr sein. Nur eine Minderheit wünscht sich jedoch eine Senkung auf das 17. Lebensjahr, welches dem Start der Beitragspflicht für die AHV entspricht. Die direktbetroffenen 18- bis 25-Jährigen sind etwas zurückhaltender als die älteren Altersgruppen. Doch auch hier spricht sich rund die Hälfte derer, die eine Senkung des Beitragsbeginn grundsätzlich gutheissen, für eine Senkung bis zumindest zum 20. Lebensjahr aus (Abb. 8). Abbildung 8: Früherer Eintritt in BVG: ab welchem Alter? Gesamt 22 47 31 Nach Geschlecht Frau 17 48 34 Mann 26 46 27 Nach Altersgruppen 18-25 18 34 48 26-45 21 47 29 46-65 24 52 24 > 65 21 45 34 0% 25% 50% 75% 100% Mit 17 Jahren (dem AHV-Eintrittsalter) Zwischen 18-20 Jahren Zwischen 21-23 Jahren Keine Meinung «Wann soll der frühere Beginn des Alterssparens im BVG angesetzt werden?» - Nur Befragte, die für einen früheren Eintritt sind, nach Soziodemografie 4.2 Mehrheit für Verzicht auf Koordinationsabzug Aus der Grundidee heraus, dass die zweite Säule der Altersvorsorge die erste bloss ergänzen soll, wird der Teil des Lohnes, der durch die AHV abgedeckt ist nicht durch das BVG versichert. Gegenwärtig (2020) werden CHF 24 885 des AHV-pflichtigen Jahreslohns nicht durch das BVG abgedeckt. Dieser Teil wird als Koordinationsabzug bezeichnet. Der Koordinationsabzug hat zur Folge, dass Personen, die Teilzeit arbeiten und Personen mit tiefen Einkommen in der zweiten Säule unterversichert sind. Betroffen davon sind insbesondere Frauen. Mehr als drei Viertel der Stimmbevölkerungbevölkerung befürwortet einen Verzicht auf den Koordinationsabzug (77 %, Abb. 9). Die Zustimmung bei den Männern 14
4 FINANZIERUNG DES BVG ist dabei interessanterweise noch etwas grösser als bei den Frauen, ob wohl die heutige Unterversicherung vor allem Frauen betrifft. Etwas grösser ist die Skepsis bei den jüngeren Befragten, die sich ebenfalls etwas weniger stark für ein tieferes BVG-Eintrittsalter aussprichen. Dies zeigt, dass für die Jüngeren die Last der Beiträge tendenziell etwas mehr ins Gewicht fällt als für die Älteren, für welche die erwarteten Renten stärker in den Fokus rücken. Abbildung 9: BVG: Verzicht auf Koordinationsabzug? Gesamt 8 14 33 44 Nach Geschlecht Frau 8 16 38 38 Mann 9 12 29 50 Nach Altersgruppen 18-25 6 22 42 30 26-45 11 20 32 37 46-65 7 8 36 50 > 65 6 10 28 56 0% 25% 50% 75% 100% Nein Eher Nein Eher Ja Ja «Der sogenannte Koordinationsabzug hat zur Folge, dass heute Löhne unter rund 25 000 Franken nicht BVG-versichert sind. Unterstützen Sie den Verzicht auf den Koordinationsabzug und damit die Möglichkeit, dass auch kleinere Löhne versichert werden?» - Soziodemografie Solide Mehrheiten für die Abschaffung des Koordinationsabzugs finden sich glei- chermassen in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz. Die Haltung zum Koordinationsabzug unterscheidet sich zwar teilweise deutlich zwischen den Anhängerschaften der Parteien. Bei allen gibt es jedoch eine Mehrheit für die Ab- schaffung. Interessant ist jedoch, dass sich kein eigentliches Links-rechts-Muster ausmachen lässt. Die Skepsis gegen die Abschaffung des Koordinationsabzug ist bei der Anhängerschaft der SVP und der Grünen am grössten. Am meisten Unterstützung findet diese bei der Basis von SP, CVP und FDP (Abb. 10). 15
4 FINANZIERUNG DES BVG Abbildung 10: BVG: Verzicht auf Koordinationsabzug? Gesamt 8 14 33 44 Nach Parteiwählerschaft Grüne 13 9 40 38 SP 10 26 62 GLP 9 19 25 47 CVP 5 46 47 FDP 5 18 24 53 SVP 8 22 38 32 Nach Sprachregion Deutschschweiz 9 14 33 45 Französische Schweiz 6 15 36 43 0% 25% 50% 75% 100% Nein Eher Nein Eher Ja Ja «Der sogenannte Koordinationsabzug hat zur Folge, dass heute Löhne unter rund 25 000 Franken nicht BVG-versichert sind. Unterstützen Sie den Verzicht auf den Koordinationsabzug und damit die Möglichkeit, dass auch kleinere Löhne versichert werden?» - Parteiwählerschaft 16
5 LEBENSARBEITSZEITMODELL 5 Lebensarbeitszeitmodell Ein zentraler Baustein des Reformvorschlags des Centre Patronals ist der Wechsel von einem fixen Rentenalter zu einem System, das auf der Zahl der Beitragsjahre basiert. In den folgenden Abschnitten geht es um die Akzeptanz dieses alter- nativen Modells zur Festlegung des Zeitpunkts des ordentlichen Übergangs ins Rentenalter. 5.1 Positive Grundstimmung zum Lebensarbeitsmodell Wenn aufgrund der Finanzierungslücke in der Altersvorsorge bis zur Pensionierung tendenziell länger gearbeitet werden soll, dann kann dies aus Sicht der Befragten einzelnen Personengruppen vermehrt zugemutet werden. Im Vordergrund stehen dabei insbesondere Personen, die eine lange Ausbildungsdauer hatten und ent- sprechend spät ins Erwerbsleben eingestiegen sind. 76 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass es Personen mit langen Ausbildungszeiten zugemutet werden kann, später in Pension zu gehen als heute. Abbildung 11: Länger arbeiten als bis zum heutigen Rentenalter bzw. früher in Pension – Personengruppen Spätere Pensionierung zumutbar Personen mit Bürojobs 14 22 46 18 Personen mit langer Ausbildungszeit 12 12 42 34 Sollten früher in Pension gehen dürfen Personen mit körperlich belastenden Jobs 6 12 43 39 Personen mit frühem Einstieg ins Erwerbsleben 23 29 29 18 0% 25% 50% 75% 100% Nein Eher Nein Eher Ja Ja «Welchen Personengruppen kann am ehesten zugemutet werden, länger als bis zum heutigen Rentenalter zu arbeiten?» / «Ganz grundsätzlich: welche Faktoren sollten Ihrer Meinung nach einen Einfluss darauf haben, in welchem Alter jemand pensioniert wird bzw. in Rente gehen kann?» Ebenfalls eine Mehrheit, wenn auch eine relativ kleine (54 %), ist der Ansicht, dass es Personen in Bürojobs ohne spezielle körperliche Belastung zugemutet werden kann, länger zu arbeiten als heute. Hier erfolgt die Differenzierung vermehrt nach unten statt nach oben. So ist eine klare Mehrheit der Ansicht, dass Personen, die harte körperliche Arbeit leisten, früher in Rente gehen können sollen als Personen mit einem Bürojob (82 %). Für eine frühzeitige Verrentung von Personen, die nach einer Lehre ins Erwerbsleben eingestiegen sind, sprechen sich dagegen nur 47 Prozent aus. Aus Sicht der Bevölkerung sollen somit Personen, die harte 17
5 LEBENSARBEITSZEITMODELL körperliche Arbeit leisten, frühzeitig in Rente gehen können. Gleichzeitig sollen aus Sicht der Stimmberechtigten jedoch vor allem Personen mit einer langen Ausbildung zur Schliessung der Finanzierungslücke in der Altersvorsorge bis zu ihrer Pensionierung länger arbeiten. Entsprechend dieser Grundeinstellungen in der Bevölkerung wird ein Wechsel von einem fixen Rentenalter zu einem Lebensarbeitszeitmodell, welches die Zahl der Beitragsjahre berücksichtigt, positiv beurteilt. 17 Prozent haben eine sehr positive Einstellung dazu. Weitere 55 Prozent eine eher positive. Die Unterstützung für das Modell ist dabei bei den Männern etwas grösser als bei den Frauen, ausserdem wird das Modell von älteren Stimmberechtigten positiver eingeschätzt als von jüngeren. Abbildung 12: Beurteilung Lebensarbeitszeitmodell – nach Geschlecht und Alter Gesamt 5 23 55 17 Nach Geschlecht Frau 5 27 57 11 Mann 5 18 54 23 Nach Altersgruppen 18-25 9 27 42 21 26-45 5 27 54 13 46-65 4 19 61 15 > 65 17 57 24 0% 25% 50% 75% 100% Sehr negativ Eher negativ Eher positiv Sehr positiv «Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Stossrichtung eines Wechsels zum Lebensarbeitszeitmodell?» Es fällt auf, dass Personen mit einer tertiären Ausbildung und dabei insbesondere mit einem Hochschulabschluss skeptischer sind als Personen mit maximal einer Berufslehre. Es sind typischerweise Personen mit einer langen Ausbildung und einem entsprechend späten Berufseinstieg, die durch ein Lebensarbeitszeitmodell später in Rente gehen könnten. Skeptisch sind ausserdem Personen mit sehr tiefem Haushaltseinkommen (unter CHF 4000 netto pro Monat). Es handelt sich dabei vor allem um Personen, die Teilzeit arbeiten. 18
5 LEBENSARBEITSZEITMODELL Abbildung 13: Beurteilung Lebensarbeitszeitmodell – nach Ausbildung und Einkommen Gesamt 5 23 55 17 Nach Bildungsgruppen Oblig. Schule/Berufslehre 3 17 61 18 Matura/Höhere Berufsbild. 3 30 50 17 Universität/Fachhochschule 14 33 41 12 Nach Einkommenskategorien Weniger als 4'000 8 35 50 8 4'001 bis 6'000 4 16 60 20 6'001 bis 10'000 5 21 54 20 10'001 bis 16'000 5 27 52 17 Über 16'000 4 22 51 23 0% 25% 50% 75% 100% Sehr negativ Eher negativ Eher positiv Sehr positiv «Wie beurteilen Sie grundsätzlich die Stossrichtung eines Wechsels zum Lebensarbeitszeitmodell?» 5.2 Lebensarbeitszeit im Vergleich Das Lebensarbeitszeitmodell ist für eine Mehrheit eine bevorzugte Alternative zu einer generellen Erhöhung des Rentenalters. 53 Prozent ziehen dieses Modell vor, während nur 26 Prozent einer generellen Rentenaltererhöhung den Vorzug geben. Der Rest kann sich nicht entscheiden. Unter den wichtigsten demographischen Gruppen bevorzugen einzig die 18- bis 25-Jährigen eine generelle Erhöhung. Dasselbe gilt für Personen mit Hochschulbildung. 19
5 LEBENSARBEITSZEITMODELL Abbildung 14: Lebensarbeitszeit vs. generelle Erhöhung Rentenalter Gesamt 26 20 53 Nach Geschlecht Frau 24 28 48 Mann 28 13 59 Nach Altersgruppen 18-25 48 20 32 26-45 24 25 50 46-65 18 19 62 > 65 26 12 62 0% 25% 50% 75% 100% Generelle Erhöhung besser Weiss nicht Lebensarbeitszeitmodell besser «Wie beurteilen Sie das Lebensarbeitszeitmodell im Vergleich zu einer generellen Erhöhung des Rentenalters?» Nicht nur im Vergleich zu einer generellen Erhöhung des Rentenalters wird die Einführung eines Lebensarbeitszeitmodells bevorzugt. Der Ansatz erhält auch im Vergleich zu anderen Massnahmen zur Reform der Altersvorsorge viel Unterstützung. Dies zeigt die Gewichtung verschiedener Reformansätze durch die Befragten. Diese wurden gebeten, fünf Punkte auf fünf verschiedene Ansätze zur Schliessung der Finanzierungslücke bei der obligatorischen Altersvorsorge (AHV und BVG) zu verteilen. Dabei erhält die Einführung eines Lebensarbeitszeitmodells neben der Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes am meisten Punkte – nämlich je 1,4 von insgesamt 5. Weniger populär ist dagegen die Erhöhung der Abgaben auf den Löhnen, die generelle Erhöhung des Rentenalters sowie die Senkung der Ausgaben (bzw. der Renten). Diese erhalten zwischen 0,7 und 0,8 Punkte. Frauen setzen dabei etwas mehr auf eine Mehrwertsteuererhöhung, während Männer dem Lebensarbeitszeitmodell, aber auch der generellen Erhöhung des Rentenalters mehr Gewicht geben. 20
5 LEBENSARBEITSZEITMODELL Abbildung 15: Relative Gewichtung von Reformansätzen – nach Geschlecht 0.6 Senkung der Ausgaben 0.7 1.4 Lebensarbeitszeitmodell 1.3 0.8 Höheres Rentenalter 0.7 1.3 Höhere MWST 1.5 0.9 Höhere Abgaben auf Löhnen 0.8 0.0 0.5 1.0 1.5 Mann Frau «Wie gezeigt, bestehen verschiedene Ansätze zur Schliessung der Finanzierunglücke bei der obligatorischen Altersvorsorge (AHV und BVG). Geben Sie zum Schluss nochmals Ihre Prioritäten an. Verteilen Sie hierzu 5 Punkte auf die folgenden Ansätze. (Sie können alle Punkte auf einen Ansatz setzen oder sie beliebig verteilen).» Besonders stark auf die Gewichtung der Reform- bzw. Finanzierungsansätze wirkt sich der Bildungsabschluss der Befragten aus. Je länger die Ausbildung desto stärker verliert das Lebensarbeitszeitmodell im Vergleich zu einer generellen Er- höhung des Rentenalters an Bedeutung. Dies zeigt, dass die eigene Betroffenheit ein wichtiger Faktor in der Beurteilung ist. Auffällig ist zudem, dass Personen mit einer tertiären Ausbildung der Einnahmesteigerung über Mehrwertsteuerprozente etwas weniger und den Lohnabzügen etwas mehr Gewicht geben als Personen mit maximal einem Berufsschulabschluss. Abbildung 16: Relative Gewichtung von Reformansätzen – nach Bildungsabschluss Lebensarbeitszeit- Höhere Abgaben auf Senkung der Höhere MWST Höheres Rentenalter modell Löhnen Ausgaben 2.0 1.5 1.5 1.4 1.4 1.4 1.2 1.1 1.0 1 0.9 1 0.8 0.7 0.7 0.7 0.7 0.5 0.5 0.0 ef el h ef el h ef el h ef el h ef el h oc oc oc oc oc itt itt itt itt itt Ti Ti Ti Ti Ti M M M M M H H H H H «Wie gezeigt, bestehen verschiedene Ansätze zur Schliessung der Finanzierunglücke bei der obligatorischen Altersvorsorge (AHV und BVG). Geben Sie zum Schluss nochmals Ihre Prioritäten an. Verteilen Sie hierzu 5 Punkte auf die folgenden Ansätze. (Sie können alle Punkte auf einen Ansatz setzen oder sie beliebig verteilen).» 21
5 LEBENSARBEITSZEITMODELL Das Alter der Befragten wirkt sich insbesondere auf den Aspekt der Ausga- bensenkung aus. Je älter die Befragten, desto geringer ist das Gewicht, das auf die Begrenzung der Ausgaben im Rentensystem gesetzt wird. Das Lebens- arbeitszeitmodell ist bei den 46- bis 65-Jährigen besonders populär, während die generelle Erhöhung des Rentenalters in dieser Altersgruppe am wenigsten Rückhalt findet. Dies alles zeigt, dass die persönliche Betroffenheit eine wichtige Rolle in der Einschätzung verschiedener Reformansätze für die Schliessung der Finanzierungslücke in der obligatorischen Altersvorsorge spielt. Abbildung 17: Relative Gewichtung von Reformansätzen – nach Alter Lebensarbeitszeit- Senkung der Höhere Abgaben auf Höhere MWST Höheres Rentenalter modell Ausgaben Löhnen 2.0 1.5 1.4 1.5 1.4 1.4 1.4 1.3 1.4 1.1 1.0 1 0.9 0.9 0.8 0.8 0.8 0.8 0.8 0.7 0.6 0.6 0.5 0.4 0.0 26 5 46 5 5 65 26 5 46 5 5 65 26 5 46 5 5 65 26 5 46 5 5 65 26 5 46 5 5 65 -2 -4 -6 -2 -4 -6 -2 -4 -6 -2 -4 -6 -2 -4 -6 > > > > > 18 18 18 18 18 «Wie gezeigt, bestehen verschiedene Ansätze zur Schliessung der Finanzierunglücke bei der obligatorischen Altersvorsorge (AHV und BVG). Geben Sie zum Schluss nochmals Ihre Prioritäten an. Verteilen Sie hierzu 5 Punkte auf die folgenden Ansätze. (Sie können alle Punkte auf einen Ansatz setzen oder sie beliebig verteilen).» 5.3 Potenzieller Stimmentscheid Die positive Grundhaltung der Stimmberechtigten in der Schweiz wirkt sich auf die Einschätzung des eigenen Stimmentscheids bei einer potenziellen Abstimmung zur Einführung eines Lebensarbeitszeitmodells aus. Insgesamt geben 61 Prozent der Befragten an, Ja oder eher Ja stimmen zu würden. Der weitaus grössere Teil (43 %) sagt dabei allerdings bloss «eher Ja». Dies macht deutlich, dass die Zustimmungsbereitschaft keine bedingungslose ist. Wie gezeigt, spielt die persönliche Betroffenheit eine wichtige Rolle für die Haltung zu Reformansätzen in der Altersvorsorge. Das Ausmass der Betroffenheit hängt dabei stärk von der konkreten Ausgestaltung eines Lebensarbeitszeitmodells ab. Grundsätzlich lässt sich jedoch feststellen, dass ein Lebensarbeitszeitmodell, das vor allem für Personen mit einer langen tertiären Ausbildung zu einem späteren, regulären Eintritt ins Rentenalter führt, gerade deshalb Erfolgschancen hat. Anders als eine generelle Erhöhung des Rentenalters zielt es bloss auf Minderheit der Stimmbe- völkerung. Der grössere Teil der Stimmberechtigten, weiss mit Sicherheit, davon nicht betroffen zu sein. 22
5 LEBENSARBEITSZEITMODELL In der potenziellen Zustimmungsbereitschaft für ein Lebensarbeitszeitmodell zeigt sich ein Links-rechts-Gegensatz. Die Wählerbasis der SVP spricht sich am ehesten und Basis der Grünen am wenigsten dafür aus. Die Zustimmung in den beiden grossen Sprachregionen ist aktuell ähnlich gross, wobei es in der Deutschschweiz eine etwas grössere Opposition dagegen gibt. Abbildung 18: Fiktiver Stimmentscheid Gesamt 8 16 15 43 18 Nach Parteiwählerschaft Grüne 11 24 16 34 15 SP 8 21 13 44 14 GLP 6 20 16 42 16 CVP 5 19 18 46 12 FDP 6 14 15 48 18 SVP 8 9 8 46 29 Nach Sprachregion Deutschschweiz 9 16 14 43 18 Französische Schweiz 5 17 17 42 18 0% 25% 50% 75% 100% Nein Eher Nein Weiss nicht Eher Ja Ja «Was denken Sie: Wie würden Sie stimmen, wenn es zu einer Volksabstimmung über die Einführung eines entsprechenden Lebensarbeitsmodell kommt?» - Parteiwählerschaft Die Chancen eines Lebensarbeitszeitmodells an der Urne hängen nicht nur von der konkreten Ausgestaltung des Modells, sondern auch von den Argumenten und der Dynamik im Abstimmungskampf ab. Hinweise über die Konfliktlinien in einen po- tenziellen Abstimmungskampf liefern bereits heute die Urteile über die Argumente für und gegen dieses Modell. Am meisten für das Lebensarbeitszeitmodell spricht aus Sicht der Befragten, dass dieses den Unterschieden zwischen verschiedenen Personengruppen gerecht wird (40 %) und, dass es dazu beiträgt, die Finanzie- rungslücke in der Altersvorsorge zu schliessen (38 %). Das Gegenargument, das am meisten Zustimmung findet, ist die Befürchtung, dass das System ausgetrickst werden könnte (39 %). Dies zeigt deutlich, dass ein Lebensarbeitszeitmodell, das an der Urne Erfolg haben soll, so ausgestaltet werden muss, dass es keine Anreize zu taktischem Verhalten setzt. Etwa indem Personen eine Arbeitstätigkeit zum 23
5 LEBENSARBEITSZEITMODELL Schein aufnehmen, damit ihr Rentenanspruch früher erfüllt ist. Am zweithäu- figsten gewählt wird das Gegenargument, das Modell sei zu kompliziert (31 %). Ähnlich wie das erste Argument weist dies darauf hin, dass die potenzielle Kritik weniger auf die Grundidee zielt als auf die konkrete Umsetzung, die klar, einfach und stabil sein muss, um in einem potenziellen Abstimmungskampf bestehen zu können. Immerhin geben fast gleich viel Befragte (30 %) an, das Modell sei einfach und klar. Das zeigt, dass bei geeigneter Ausgestaltung auch, dieses positive Argument bei der Stimmbevölkerung ziehen kann. Ähnlich offen ist die Frage, ob das Lebensarbeitszeitmodell als fair wahrgenommen wird. Gegenwärtig wird dies nur ein wenig häufiger (31 %) als Argument dafür denn als Argument dagegen (28 %) angesehen. Abbildung 19: Argumente, die für Lebensarbeitszeit sprechen Wird den Unterschieden zwischen 40 Personengruppen gerecht Hilft, die Finanzierungslücke zu schliessen 39 Ist fair 31 Ist einfach und klar 30 Es spricht nichts dafür 16 0% 10% 20% 30% 40% 50% «Welche Faktoren sprechen aus Ihrer Sicht für die Einführung des genannten Lebensarbeitszeitmodell? (Mehrere Antworten möglich)» Abbildung 20: Argumente, die gegen Lebensarbeitszeit sprechen Kann ausgetrickst werden 39 Ist kompliziert 31 Ist unfair 28 Bringt nichts 11 Es spricht nichts dagegen 25 0% 10% 20% 30% 40% 50% «Welche Faktoren sprechen aus Ihrer Sicht gegen die Einführung des genannten Lebensarbeitszeitmodell? (Mehrere Antworten möglich)» 24
6 DATENERHEBUNG UND METHODE 6 Datenerhebung und Methode Datenerhebung und Stichprobe Die Datenerhebung zur vorliegenden Befragung fand vom 19. Februar bis am 12. März 2020 statt. Die Befragung erfolgte online. Die Rekrutierung der Befragten fand einerseits über das Online-Panel von sotomo, andererseits via Online-Panel von Intervista statt. Das Sample beinhaltet 1 221 Personen, von denen 918 in der Deutschschweiz und 303 in der Romandie wohnhaft sind. Repräsentative Gewichtung Da sich die Teilnehmenden der Umfrage selber rekrutieren (opt-in), ist die Zu- sammensetzung der Stichprobe nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit. So nehmen typischerweise mehr Männer als Frauen an politischen Umfragen teil. Den Verzerrungen in der Stichprobe wird mittels statistischer Gewichtungsverfahren entgegengewirkt. Die Gewichtung erfolgt dabei mittels IPF-Verfahren (Iterative Proportional Fitting). Neben räumlichen (Wohnort) und soziodemographischen (Alter, Geschlecht, Bildung) Gewichtungskriterien werden dabei auch politische Gewichtungskriterien beigezogen (Stimm- und Wahlverhalten, regionale Parteien- struktur usw.). Durch die Gewichtung wird eine hohe Repräsentativität für die aktive Stimmbevölkerung erzielt. 25
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