Policy Brief Migration - Bertelsmann Stiftung
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Policy Brief Migration Migration fair gestalten | 11.2021 Fachkräfteengpässe und Zuwanderung aus Unternehmenssicht in Deutschland 2021: Stärkerer Anstieg als im Vorjahr angenommen 66 Prozent der befragten Unternehmen berichten aktuell von Fachkräfteengpässen. Im Vorjahr hatten nur 54 Prozent damit gerechnet, dieses Jahr Engpässe zu haben. Diese betreffen vor allem Personen mit Berufsausbildung. Die Rekrutierung ausländischer Fachkräfte spielt weiterhin eine untergeordnete Rolle. Allerdings gibt es Hinweise, dass die Hürden in der Fachkräftezuwanderung Schritt für Schritt abgebaut werden. Seit über eineinhalb Jahren hat die Covid-19-Pan- sam, dass Deutschland rund 400.000 Zuwander:innen demie die Welt und damit auch Deutschland fest im pro Jahr brauche, um Fachkräfteengpässe auszuglei- Griff. Einige Sektoren, wie Hotel und Gastronomie chen (Süddeutsche Zeitung 2021). Diese Zuwanderung oder Transport, waren besonders von den wiederhol- wäre nötig, um das Arbeitskräfteangebot, das soge- ten Lockdowns betroffen. Dennoch verzeichneten im nannte Erwerbspersonenpotenzial, knapp konstant zu vorigen Jahr viele Unternehmen Fachkräfteengpässe, halten (Deutsche Welle 2019, Fuchs und Weber 2020). wie die vorherige Ausgabe des Fachkräftemigrations- Um zu verhindern, dass das Erwerbspersonenpotenzial monitors zeigt (Mayer und Clemens 2021). Auch unter einen kritischen Wert fällt, bräuchte man hin- andere Daten spiegeln dies wider. So verkündete der gegen eine jährliche Nettozuwanderung von 260.000 Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Personen (Fuchs et al. 2019). Detlef Scheele, im August 2021 öffentlichkeitswirk- Engpässe am Arbeitsmarkt treten auf, wenn es zwi- schen Angebot und Nachfrage zu Passungsproblemen in Bezug auf Qualifikationen, Kompetenzen, Sektoren Dr. Matthias M. Mayer und Regionen kommt. Darüber hinaus stehen Teile ist Senior Expert im Programm Integration und Bildung der Bevölkerung im Erwerbsalter, wie z. B. die „stille der Bertelsmann Stiftung Reserve“, dem Arbeitsmarkt nicht oder in zu geringem Umfang zur Verfügung. Megatrends haben erheblichen
Policy Brief Migration Einfluss auf die Passungsprobleme: So verschiebt der 92,4 Punkte. So lässt sich also eine leichte Entspan- technologische Fortschritt, etwa die zunehmende nung aufseiten der Unternehmer:innen erkennen Digitalisierung und Automatisierung, das Verhält- – auch wenn der Index seit Juni 2021 wieder leicht nis von Angebot und Nachfrage in unterschiedlichen rückläufig ist (ifo 2021). Der Impffortschritt und Bereichen des Arbeitsmarkts. Diese Entwicklung ist die allgemeine Erwartungshaltung, die Pandemie bereits heute zu beobachten, wird sich künftig aber spätestens im Frühjahr 2022 überwinden zu können, noch verstärken (BMAS 2021). tragen auch zu einer wirtschaftlichen Erholung bei. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Der demografische Wandel lässt das einheimische (IAB) sieht im Prinzip ebenfalls eine Erholung der Fachkräftepotenzial in den kommenden Jahren Wirtschaft und rechnet mit einem Wirtschafts- drastisch schrumpfen und wird somit die Fach- wachstum von 3,4 Prozent für das Jahr 2021 und kräfteengpässe verschärfen. Doch auch auf der einem Rückgang der Arbeitslosigkeit um 110.000 Nachfrageseite werden sich demografisch bedingte Personen im Jahresdurchschnitt 2021 (Bauer et al. Verschiebungen ergeben, denn eine alternde Gesell- 2021). schaft fragt andere Dienstleistungen nach. Letztlich wird auch die sozial-ökologische Transformation das Die Frage ist nun, inwiefern sich diese positiven Sig- Angebot und die Nachfrage nach Fachkräften maß- nale auf bestehende Fachkräfteengpässe auswirken. geblich beeinflussen. Um Antworten darauf zu finden, analysiert dieser Policy Brief die Ergebnisse einer aktuellen Civey- Obwohl u.a. die Unsicherheiten über den Verlauf Umfrage von Unternehmensentscheider:innen zu der Pandemie im Winter 2021/22 den Optimismus bestehenden Fachkräfteengpässen und der Rekru- weiterhin bremsen, sind die wirtschaftlichen tierung ausländischer Fachkräfte. Die Umfrage ist Aussichten positiver als noch im Vorjahr: Der ifo die Neuauflage einer Befragung aus dem Jahr 2020 Geschäftsklimaindex stand im September 2021 auf (Mayer und Clemens 2021). 98,8 Punkten; im Vorjahresmonat waren es nur Infobox Civey Befragungsgebiet Grundgesamtheit Stichprobe Bundesrepublik Entscheider:innen in (a) 7.500 bzw. 7.501 Befragte Deutschland Unternehmen mit über (b) 501 bzw. 502 Befragte zehn Mitarbeitenden: (c) 501 Befragte (a) insgesamt (b) die ausländische Fach- kräfte beschäftigen (c) die Engpässe haben, aber keine ausländischen Fachkräfte rekrutieren wollen Methode Befragungszeitraum Statistischer Fehler Netzwerkbasierte Panel 10. August 2021 Der statistische Fehler gibt Rekrutierung – Umfragen bis 3. Oktober 2021 an, um welchen Wert das werden täglich auf mehr Stichprobenergebnis von als 25.000 URLs über ein dem realen Wert in der Netzwerk von zahlreichen Grundgesamtheit ab- reichweitenstarken Web- weichen kann. seiten eingebunden. Das Konfidenzniveau beträgt immer 95 Prozent. Der statistische Fehler kann als niedrig (unter 5 %), mittel (zwischen 5 % und 10 %) oder hoch (größer als 10 %) eingestuft werden. Durchgeführt von Civey. Mehr Informationen zur Methode: www.civey.com. Methodischer Hinweis: Die dargestellten Anteilswerte sind teilweise auf ganze Zahlen gerundet, sodass es vorkommen kann, dass sie sich nicht zu 100 Prozent aufsummieren. Bei Fragen mit mehreren Antwortoptionen können die addierten Nennungen 100 Prozent überschreiten. 2
Policy Brief Migration Fachkräfteengpässe verschärfen Fachkräfteengpässe treten jedoch nicht gleichmäßig sich leicht über alle Branchen, Regionen, Qualifikationen, Berufs- sparten und Unternehmen auf. Am stärksten ausgeprägt sind sie mit 48 Prozent bei Personen mit abgeschlosse- Die positive wirtschaftliche Entwicklung macht sich ner Berufsausbildung, gefolgt von Akademiker:innen auch in den Umfrageergebnissen bemerkbar. So mit 27 Prozent (Abbildung 2). Bei Personen ohne Be- geben 66 Prozent der befragten Unternehmensent- rufsausbildung kommen Engpässe mit knapp 9 Prozent scheider:innen an, gegenwärtig Fachkräfteengpässe eher selten vor. Im Vorjahresvergleich zeigt sich, dass zu haben (Abbildung 1). 29 Prozent hingegen sehen bei den Befragten die Engpässe im mittleren Qualifikati- sich nicht damit konfrontiert (5 % wissen es nicht). onssegment merklich zugenommen haben (2020: 37 %), Das ist eine Verschärfung im Vergleich zum Vorjahr, bei Akademiker:innen weitgehend konstant geblieben in dem 55 Prozent über Engpässe klagten und 38 Pro- (2020: 27 %) und bei Personen ohne Berufsabschluss zent angaben, davon nicht betroffen zu sein. leicht gewachsen sind (2020: 6 %). ABBILDUNG 1 „Haben Sie derzeit in Ihrem Unternehmen Fachkräfteengpässe?“ 66,0 % Ja 55,0 % 29,1 % Nein 38,4 % 4,9 % Weiß nicht 6,6 % 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2021 Ja Nein Weiß nicht Stat. Fehler: 2,5 % | Stichprobengröße: 7.500 | Befragungszeit: 10.08.–03.10.2021 2020 Ja Nein Weiß nicht Stat. Fehler: 3,0 % | Stichprobengröße: 2.504 | Befragungszeit: 21.09.–21.10.2020 Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden Quelle: Civey; eigene Berechnungen ABBILDUNG 2 „Haben Sie derzeit in Ihrem Unternehmen Fachkräfteengpässe?“ (Mehrfachantworten möglich) Ja, bei Personen 26,8 % mit Hochschulabschluss 26,5 % Ja, bei Personen 48,0 % mit Berufsausbildung 37,4 % Ja, bei Personen 8,6 % ohne Berufsausbildung 5,8 % 29,1 % Nein 38,4 % 4,9 % Weiß nicht 6,6 % 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 2021 Stat. Fehler: 2,5 % | Stichprobengröße: 7.500 | Befragungszeit: 10.08.–03.10.2021 2020 Stat. Fehler: 3,0 % | Stichprobengröße: 2.504 | Befragungszeit: 21.09.–21.10.2020 Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden Quelle: Civey 3
Policy Brief Migration ABBILDUNG 3 „Haben Sie derzeit in Ihrem Unternehmen Fachkräfteengpässe?“ – nach Unternehmensgröße (Mehrfachantworten möglich) Beschäftigte in Unternehmen mit 2021 17,6 48,4 10,2 34,2 2,4 weniger als 50 Mitarbeitenden 2020 18,8 37,8 4,9 43,9 4,8 Beschäftigte in Unternehmen 2021 24,1 47 7,7 30,8 5,4 mit 50 bis 249 Mitarbeitenden 2020 23,4 39,2 4,3 40,3 4,1 Beschäftigte in Unternehmen 2021 31,4 44,8 6,8 28,5 6,9 ab 250 Mitarbeitenden 2020 33,4 35,3 5,1 35,2 6,8 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 120 % 2021 Stat. Fehler: 3,3 % | Stichprobengröße: 7.500 | Ja, bei Personen mit Hochschulabschluss Nein Befragungszeit: 10.08.–03.10.2021 2020 Stat. Fehler: 6,5 % | Stichprobengröße: 2.504 | Ja, bei Personen mit Berufsausbildung Weiß nicht Befragungszeit: 21.09.–21.10.2020 Ja, bei Personen ohne Berufsausbildung Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden Quelle: Civey Bezieht man auch die Unternehmensgröße mit ein, Berlin. Tendenziell stärker fallen sie in Mecklenburg- fällt auf, dass Engpässe bei Akademiker:innen mit Vorpommern, in Sachsen, Rheinland-Pfalz, Bayern, der Größe des Unternehmens zunehmen (Abbildung Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt aus. 3). Bei Personen mit und ohne Berufsausbildung Tendenziell ist auch zu erkennen, dass Engpässe bei verringern sie sich dagegen leicht mit wachsender Akademiker:innen zunehmen, je dichter besiedelt Unternehmensgröße. Betrachtet man die Unter- das Gebiet ist, wohingegen Engpässe bei Personen nehmensbranchen getrennt, zeigt sich – wenig mit Berufsausbildung zunehmen, je dünner besiedelt überraschend –, dass Engpässe besonders stark in das Gebiet ist. der Pflege auftreten, gefolgt (mit einigem Abstand) von der Gesundheitsbranche. Eher weniger mit Die Unternehmensentscheider:innen scheinen in Engpässen zu kämpfen haben Handel und Kultur/ der Tendenz davon auszugehen, dass der Covid- Medien/Wissenschaft. Dennoch geben auch in diesen 19-Schock weitgehend überwunden ist. Ein Indikator Branchen mehr als 50 Prozent der Unternehmens- ist, dass noch mehr Unternehmen als im Vorjahr entscheider:innen Personalengpässe an. mit Fachkräfteengpässen für das kommende Jahr rechnen. 67 Prozent (Abbildung 4) beantworten die Eine getrennte Betrachtung der einzelnen Bundes- Frage, ob nächstes Jahr Engpässe erwartet werden, länder zeigt, dass Engpässe bundesweit auftreten – mit „ja“ oder „eher ja“ (Vorjahr: 54 %), knapp auch wenn es kleinere Unterschiede in Intensität und 29 Prozent mit „nein“ oder „eher nein“ (Vorjahr: nach Qualifikationen gibt. Etwas weniger ausgeprägt 42 %). Diese deutliche Zunahme drückt ebenfalls aus, sind die Engpässe in Bremen, im Saarland und in dass die Fachkräfteengpässe sich verschärft haben. ABBILDUNG 4 „Werden Sie Ihrer Einschätzung nach im nächsten Jahr Fachkräfteengpässe in Ihrem Unternehmen haben?“ (Mehrfachantworten möglich) 2021 67,4 % Ja 2020 54,4 % 2021 28,5 % Nein 2020 41,6 % 2021 4,1 % Weiß nicht 2020 4,0 % 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2021 Stat. Fehler: 2,5 % | Stichprobengröße: 7.501 | Befragungszeit: 10.08.–03.10.2021 Ja, auf jeden Fall Eher nein Weiß nicht 2020 Stat. Fehler: 3,1 % | Stichprobengröße: 2.505 | Befragungszeit: 21.09.–21.10.2020 Eher ja Nein, auf keinen Fall Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden | Quelle: Civey 4
Policy Brief Migration Fachkräfterekrutierung spielt von Fachkräften bleibt noch immer eher die Ausnah- weiterhin untergeordnete me als die Regel. Rolle bei der Bekämpfung von Eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Fachkräfte- einwanderungsgesetzes ist also zu konstatieren, Engpässen dass die Zuwanderung von Fachkräften sich in der Fläche nicht als probates Mittel zur Abmilderung von Engpässen durchgesetzt hat. Größere Unterneh- Bei den Maßnahmen, die die befragten Unterneh- men geben dabei mit 18 Prozent etwas häufiger als men auf den Weg bringen, um Fachkräfteengpässe kleinere (14 %) und mittlere Unternehmen (13 %) an, zu mildern oder zu vermeiden, belegen die eigene Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren. Zudem Ausbildung im Betrieb (47 %), gute Vereinbarkeit sind die befragten westdeutschen Unternehmen von Familie und Beruf (41 %) und das Anbieten von etwas aufgeschlossener gegenüber der Fachkräftezu- Weiterbildungsmöglichkeiten (39 %) die vordersten wanderung als ostdeutsche Unternehmen (17 % vs. Plätze (Abbildung 5). Nur etwas mehr als 16 Prozent 14 %). Auch sind die westdeutschen Unternehmen der Unternehmen setzen auf die Rekrutierung von eher geneigt, Ausbildung (48 % vs. 44 %) und Weiter- Fachkräften aus dem Ausland. Damit ergibt sich ein bildungsmöglichkeiten (39 % vs. 36 %) einzusetzen, sehr ähnliches Bild wie im Vorjahr: Die Zuwanderung um Engpässe zu bekämpfen. ABBILDUNG 5 „Welche dieser Instrumente nutzen Sie, um Fachkräfteengpässe in Ihrem Unternehmen zu vermeiden?“ (Mehrfachantworten möglich) 47,3 % Eigene Ausbildung im Betrieb 55,3 % 16,4 % Rekrutieren Fachkräfte aus dem Ausland 17,0 % 41,1 % Gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf 39,6 % 12,4 % Schaffen altersgerechte Arbeitsplätze 12,4 % 38,8 % Bieten Weiterbildungsmöglichkeiten 39,9 % 26,2 % Regelmäßige Erhöhung des Entgelts 23,3 % 17,1 % Proaktive Gesundheitsangebote 17,1 % Etwas anderes 9,9 % 10,7 % Nichts davon 20,3 % 19,9 % 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2021 Stat. Fehler: 2,5 % | Stichprobengröße: 7.500 | Befragungszeit: 10.08.–03.10.2021 2020 Stat. Fehler: 3,0 % | Stichprobengröße: 2.504 | Befragungszeit: 21.09.–21.10.2020 Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden Quelle: Civey 5
Policy Brief Migration Mehrere Hürden erschweren die Vergleich mit dem Vorjahr zeigt sich allerdings, dass Fachkräfterekrutierung aus dem die Probleme größtenteils rückläufig sind. Möglicher- weise lassen sich hier erste Anzeichen erkennen, Ausland dass die Bestrebungen im Zuge der Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes, die Zuwanderung von Fachkräften weiter zu verbessern, Früchte tragen Obwohl in den vergangenen Jahren viel unternom- – beispielsweise durch das beschleunigte Fachkräf- men wurde, um die Fachkräftegewinnung aus dem teverfahren, durch Sprachförderung und durch ein Ausland zu erleichtern, gibt es weiterhin Hinder- besseres Informationsangebot zur Anerkennung aus- nisse, die die befragten Unternehmen vor Probleme ländischer Berufsqualifikationen. stellen. So sind sprachliche Verständigungsschwie- rigkeiten, die Einschätzung der Qualifikation und Ein besonderer Hemmschuh waren immer die büro- falsche Vorstellungen der Bewerber:innen die am kratischen Prozesse. Auch diese werden im Vorjah- häufigsten genannten Probleme (Abbildung 6). Im resvergleich seltener beklagt. ABBILDUNG 6 „Welche dieser Probleme sind aufgetreten, als Sie ausländische Fachkräfte für Ihr Unternehmen rekrutiert haben?“ (Mehrfachantworten möglich) 11,8 % Coronabedingte Einreisebeschränkungen 10,3 % 24,7 % Bürokratische Hürden 30,9 % 14,2 % Rechtliche Hürden 19,7 % 28,4 % Einschätzung der Qualifikationen 31,4 % 38,9 % Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten 45,0 % 27,2 % Falsche Vorstellung der Bewerber:innen 25,0 % Probleme beim Familiennachzug* 7,9 % Anerkennung ausländischer 22,6 % Berufsabschlüsse 27,0 % 32,2 % Keines dieser Probleme 27,8 % 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2021 Stat. Fehler: 7,9 % | Stichprobengröße: 502 | Befragungszeit: 10.08.–17.08.2021 2020 Stat. Fehler: 7,6 % | Stichprobengröße: 503 | Befragungszeit: 21.09.–20.10.2020 * „Probleme beim Familiennachzug“ wurde 2020 nicht abgefragt. Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden, die ausländische Fachkräfte beschäftigen Quelle: Civey 6
Policy Brief Migration Eine weitere Frage beschäftigt sich mit den Ursachen: ne inländische Fachkräfte. Dass die Angabe „Gibt ge- Warum rekrutieren Unternehmen mit Fachkräfte- nügend inländische Fachkräfte“ deutlich unter dem engpässen keine ausländischen Fachkräfte? Der Wert des Vorjahres liegt, ist ein weiterer Indikator, Hauptgrund ist weiterhin, dass die sprachliche Ver- dass sich die Fachkräfteengpässe zugespitzt haben. ständigung Schwierigkeiten bereitet (Abbildung 7). Tendenziell ist ebenfalls erkennbar, dass die Pro- Ähnlich wie bei den Problemen mit der Rekrutierung zentwerte der genannten Gründe rückläufig sind, was sind weitere genannte Gründe die Schwierigkeiten, darauf hinweisen könnte, dass sich Informationslage die Qualifikation einzuschätzen, falsche Vorstellun- und Rekrutierungsprozesse sukzessive verbessert gen der Bewerber:innen sowie ausreichend vorhande- haben. ABBILDUNG 7 „Wieso rekrutieren Sie keine ausländischen Fachkräfte?“ (Mehrfachantworten möglich) 36,7 % Gibt genügend inländische Fachkräfte 48,0 % 3,9 % Coronabedingte Einreisebeschränkungen 6,0 % 8,6 % Bürokratische Hürden 7,9 % 5,6 % Rechtliche Hürden 11,9 % Schwierigkeit, Qualifikation einzuschätzen 40,2 % 44,7 % Sprachliche Verständigungsschwierigkeiten 45,2 % 54,3 % Falsche Vorstellung der Bewerber:innen 36,7 % 37,0 % Können notwendige Ressourcen nicht aufbringen (2021) 15,4 % Nicht genügend Ressourcen 3,0 % im Bewerbungsprozess (2020) 13,0 % Aus anderen Gründen 18,4 % 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2021 Stat. Fehler: 7,7 % | Stichprobengröße: 501 | Befragungszeit: 10.08.–20.08.2021 2020 Stat. Fehler: 8,0 % | Stichprobengröße: 501 | Befragungszeit: 21.09.–19.10.2020 Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden, die Engpässe haben, aber keine ausländischen Fachkräfte beschäftigen Quelle: Civey In Bezug auf die Herkunftsregionen ausländischer Fachkräften aus europäischen Nicht-EU-Staaten Fachkräfte, die von den befragten Unternehmen be- und aus Asien. Am wenigsten werden Fachkräfte aus schäftigt werden, ist das Bild ähnlich wie im Vorjahr Subsahara-Afrika beschäftigt. (Abbildung 8): Am häufigsten beschäftigen Unter- nehmen Fachkräfte aus dem EU-Ausland, gefolgt von 7
Policy Brief Migration ABBILDUNG 8 „Welche der folgenden Personengruppen beschäftigt Ihr Unternehmen im Moment?“ (Mehrfachantworten möglich) 66,5 % Fachkräfte aus dem EU-Ausland 69,0 % 41,6 % Fachkräfte aus europ. Nicht-EU-Staaten 47,9 % 36,4 % Fachkräfte aus Asien 38,9 % 17,2 % Fachkräfte aus Nordafrika 18,2 % 15,2 % Fachkräfte aus Subsahara-Afrika 12,8 % 22,6 % Fachkräfte aus Nordamerika 22,6 % 18,8 % Fachkräfte aus Süd-/Mittelamerika 20,3 % 31,6 % Fachkräfte aus dem mittleren Osten 31,0 % 20,5 % Keine dieser Personengruppen 16,5 % 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 2021 Stat. Fehler: 7,8 % | Stichprobengröße: 501 | Befragungszeit: 10.08.–17.08.2021 2020 Stat. Fehler: 8,0 % | Stichprobengröße: 500 | Befragungszeit: 21.09.–20.10.2020 Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden, die ausländische Fachkräfte beschäftigen Quelle: Civey Ausbildungspartnerschaften: lung von Fachkräften als sinnvoll (Abbildung 9) – zur Ein wichtiges Instrument zur Vermittlung von Auszubildenden befürworten es 30 Prozent und zur Nachqualifizierung gut 29 Pro- Fachkräftegewinnung zent. 19 Prozent finden solche Vermittlungsabspra- chen nicht sinnvoll. Vereinbarungen zur Anwerbung bzw. Vermittlung Tendenziell beurteilen die westdeutschen Unter- von ausländischen Fachkräften oder Auszubildenden nehmen diese Maßnahme positiver als die ostdeut- – sogenannte Ausbildungspartnerschaften, wie die schen: in Bezug auf Fachkräfte 58 Prozent vs. knapp Bundesregierung sie mit verschiedenen Partnerlän- 53 Prozent, in Bezug auf Auszubildende 30 Prozent dern abgeschlossen hat, etwa mit Indonesien, Me- vs. 28 Prozent und in Bezug auf Nachqualifizierung xiko, den Philippinen und Vietnam (Bundesagentur 31 Prozent vs. 24 Prozent. Besonders in Hamburg, für Arbeit 2021, Bundesministerium für Gesundheit Bremen und Berlin findet sich eine eher größere 2019, Make it in Germany 2021) –, sehen viele Unter- Unterstützung für Vermittlungsabsprachen. Etwas nehmen als wirksames Mittel zur Bekämpfung von zurückhaltender hingegen sind die befragten Unter- Engpässen. 57 Prozent der befragten Unternehmens- nehmen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thürin- entscheider:innen erachten Absprachen zur Vermitt- gen.1 1 Für eine weiterführende Diskussion zu transnationalen Ausbildungspartnerschaften am Beispiel des Bausektors mit Fokus auf Nordrhein-Westfahlen und Ghana siehe Schultz (2021). 8
Policy Brief Migration ABBILDUNG 9 Fänden Sie es hilfreich, wenn es zwischen Deutschland und anderen Staaten mehr Vereinbarungen zur Vermittlung oder Ausbildung von Fachkräften gäbe? (Mehrfachantworten möglich) Ja, für ausgebildete Fachkräfte 57,0 % Ja, für Auszubildende 29,8 % Ja, zur Nachqualifizierung 29,4 % Nein 19,3 % Weiß nicht 8,2 % 0% 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % Stat. Fehler: 2,5 % | Stichprobengröße: 7.500 | Befragungszeit: 10.08.–03.10.2021 Entscheider:in in Unternehmen mit über 10 Mitarbeitenden Quelle: Civey Fazit und Ausblick: ausländische Fachkräfte sprachlich auf die Arbeit in Deutschland vor und machen die vorhandenen oder Fachkräftebasis nachhaltig (noch) zu entwickelnden Kompetenzen für Unterneh- men transparent (Azahaf 2020, Schultz 2021). sichern Fachkräfteengpässe werden Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in den kommenden Jahren verstärkt Angesichts erster vorsichtiger Anzeichen der Erholung beschäftigen. Um die eigene Fachkräftebasis stra- vom Covid-19-Schock haben sich die Fachkräfteeng- tegisch zu sichern, muss Deutschland drei zentrale pässe der befragten Unternehmen im Vergleich zum Wirkungshebel betätigen, die jeweils auf staatlicher/ Vorjahr verschärft. Die Zuwanderung von Fachkräften gesellschaftlicher, institutioneller sowie betrieblicher spielt allerdings im Maßnahmenkatalog zur Vermei- und individueller Ebene bearbeitet werden. Dabei dung von Engpässen weiterhin eine untergeordnete tragen die ersten beiden Wirkungshebel dazu bei, das Rolle. Es lässt sich jedoch auch erkennen, dass die inländische Arbeitskräfteangebot bestmöglich aufzu- Hindernisse im Rekrutierungsprozess für ausländi- bauen und zu mobilisieren. Der dritte zielt darauf ab, sche Fachkräfte rückläufig sind. Das könnte bedeuten, das inländische Angebot passgenau zu ergänzen: dass die durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz seit März 2020 angestoßenen Neuerungen tatsächlich • Teilhabe und Beschäftigungsfähigkeit fördern – greifen und die Prozesse schrittweise besser laufen. durch Bildung (frühkindlich, schulisch, berufs- qualifizierend und akademisch) sowie Aufbau, Zudem zeigt sich, dass die befragten Unternehmens- Anerkennung und Weiterentwicklung von Kom- entscheider:innen internationale Absprachen zur petenzen über den gesamten Erwerbsverlauf. Vermittlung von Fachkräften und Auszubildenden bzw. zur Nachqualifizierung positiv sehen. Diese • Rahmenbedingungen für gute Arbeit und attrakti- sogenannten Ausbildungspartnerschaften bergen ve Arbeitgeber:innen schaffen – auch durch gute ein großes Potenzial, Hürden bei der Rekrutierung be- Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf. sonders im stark nachgefragten mittleren Qualifika- tionssegment abzubauen (insbesondere mit Blick auf • Faire Migration aus der EU und aus Drittstaaten sprachliche Verständigungsschwierigkeiten und Pro- ermöglichen – die sowohl die Interessen der Ein- bleme bei der Einschätzung ausländischer Qualifika- wanderungsländer und der Herkunftsländer als tionen). Denn Ausbildungspartnerschaften bereiten auch die der Migrierenden im Blick hat. 9
Policy Brief Migration Quellen Azahaf, Najim (2020). Wie transnationale Ausbildungspartnerschaften in Deutschland vorangebracht werden können. Policy Brief. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh. www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/publikation/did/wie-transnationale- ausbildungspartnerschaften-in-deutschland-vorangebracht-werden-koennen-all-1 (Abruf 17.9.2021) Bauer, Anja, Johann Fuchs, Hermann Gartner, Markus Hummel, Christian Hutter, Su- sanne Wagner, Enzo Weber und Gerd Zika (2021). IAB-Prognose 2021: Arbeitsmarkt auf dem Weg aus der Krise. IAB-Kurzbericht 6/2021. Nürnberg. http://doku.iab.de/ kurzber/2021/kb2021-06.pdf (Abruf 3.9.2021). BMAS – Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2021). Aktualisierte BMAS-Prog- nose „Digitalisierte Arbeitswelt“. Berlin. www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Publikationen/Forschungsberichte/fb526-3-aktualisierte-bmas-prognose-digitalisierte- arbeitswelt.pdf;jsessionid=AE25450815973AFF8D7D7DC15861C42E.delivery1-re- plication?__blob=publicationFile&v=2 (Abruf 9.9.2021). Bundesagentur für Arbeit (2021). Pflegekräfte aus dem Ausland. Presseinfo Nr. 30. Nürnberg. www.arbeitsagentur.de/presse/2021-30-pflegekraefte-vermittlungsabspra- che-indonesien (Abruf 11.10.2021). Bundesministerium für Gesundheit (2019). Vereinbarung mit Mexiko - Pflegekräfte sollen schneller nach Deutschland kommen. Berlin. www.bundesgesundheitsministe- rium.de/ministerium/meldungen/2019/vereinbarung-mexiko.html (Abruf 11.10.2021). Deutsche Welle (2019). Brücker: Jeder Dritte in Deutschland wird Migrationshinter- grund haben. Bonn. www.dw.com/de/br%C3%BCcker-jeder-dritte-in-deutschland- wird-migrationshintergrund-haben/a-51141768 (Abruf 5.10.2021). Fuchs, Johann, Alexander Kubis und Lutz Schneider (2019). Zuwanderung und Digitali- sierung: Wie viel Migration aus Drittstaaten benötigt der deutsche Arbeitsmarkt künf- tig?. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh. www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/ Impressum publikation/did/zuwanderung-und-digitalisierung/ (Abruf 11.10.2021). © November 2021 Fuchs, Johann und Brigitte Weber (2020). Höhere Erwerbsquoten stoppen nicht den Bertelsmann Stiftung, Gütersloh Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials. Sozialer Fortschritt, Bd. 69, Heft 1: 45-71. Bertelsmann Stiftung ifo Institut (2021). ifo Geschäftsklima Deutschland: Ergebnisse der ifo Konjunkturum- Carl-Bertelsmann-Straße 256 fragen im September 2021. München. www.ifo.de/sites/default/files/secure/umfra- 33311 Gütersloh gen-gsk/ku-202109/ku-2021-09-pm-geschaeftsklima-DT.pdf (Abruf 29.9.2021). bertelsmann-stiftung.de Make it in Germany (2021). Deutschland braucht Pflegekräfte. Berlin. www.make-it- Autor: in-germany.com/de/arbeiten-in-deutschland/gefragte-berufe/pflegekraefte/ (Abruf Dr. Matthias M. Mayer 11.10.2021). Senior Expert Mayer, Matthias und Marius Clemens (2021). Fachkräftemigrationsmonitor: Fach- Programm Integration und Bildung kräfteengpässe von Unternehmen in Deutschland, Trends zum Zuzug ausländischer Kontakt: matthias.mayer@ Fachkräfte und die Situation ausländischer Erwerbstätiger am deutschen Arbeitsmarkt. bertelsmann-stiftung.de Bertelsmann Stiftung. Gütersloh. www.bertelsmann-stiftung.de/de/publikationen/ Telefon: +49 5241 81-81564 publikation/did/fachkraeftemigrationsmonitor-all?tx_rsmbstpublications_pi2%5Bfilter- Lektorat und Korrektorat: kategorie%5D%5B451%5D=1 (Abruf 7.9.2021). Heike Herrberg, Bielefeld Schultz, Susanne U. (2021). Innovation durch Kooperation: Ausbildungspartnerschaf- Gestaltung: werkzwei, Detmold ten im Bausektor. Bertelsmann Stiftung. Gütersloh. Titelbild: ©Dmytro - stock.adobe.com Süddeutsche Zeitung (2021). Arbeitsagentur-Chef: Brauchen 400.000 Zuwan- derer pro Jahr. München. www.sueddeutsche.de/karriere/arbeitsmarkt-arbeits- DOI: 10.11586/2021080 agentur-chef-brauchen-400-000-zuwanderer-pro-jahr-dpa.urn-newsml-dpa- com-20090101-210824-99-946632 (Abruf 9.9.2021).
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