Antwort der Bundesregierung - Deutscher Bundestag

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Deutscher Bundestag                                                                   Drucksache 19/23490
19. Wahlperiode                                                                                    19.10.2020

Antwort
der Bundesregierung

auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Lisa Badum,
Dr. Bettina Hoffmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 19/22789 –

Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken in Europa

        Vorbemerkung der Fragesteller
        Die meisten Atomkraftwerke (AKW) in Europa sind für eine Betriebsdauer
        von 30 bis 40 Jahren ausgelegt. Von den 126 Reaktoren, die 2019 in der Euro-
        päischen Union (EU) in Betrieb waren, sind schon 90 davon über 30 Jahre alt
        und 14 über 40 Jahre alt (vgl. https://www.worldnuclearreport.org/IMG/pdf/w
        nisr2019-v2-lr.pdf, S. 272). Um Abschaltungen zu vermeiden, wurde die
        Laufzeit von etlichen AKW in Europa bereits verlängert: Die abgeschriebenen
        Anlagen stellen für Betreiber und deren Gesellschafter bzw. Aktionäre „Cash-
        cows“ dar, die es gilt, so lange wie möglich zu erhalten. Da jedoch die größte
        AKW-Neubauwelle in der EU in den 1980er-Jahren stattfand, steht die größte
        Welle an Laufzeitverlängerungen vermutlich noch bevor.
        Die Kluft zwischen dem heutigen Stand von Wissenschaft und Technik und
        der tatsächlichen Ausrüstung dieser Anlagen ist im Laufe der Jahrzehnte be-
        sonders groß geworden: Sicherheitseinrichtungen wie Kühlsysteme haben oft
        einen zu geringen Redundanzgrad, der sie unfallanfälliger macht; der Schutz
        gegen Einwirkungen von außen, wie Flugzeugabstürze, ist mangelhaft bis
        nicht gegeben; die Auffangbecken für Kernschmelzen werden unterdimensio-
        niert nachgerüstet oder sind inexistent (vgl. z. B. https://www.oeko.de/oekodo
        c/2216/2014-756-de.pdf, https://m.tagesspiegel.de/downloads/12767042/1/gut
        achten-fessenheim.pdf) etc. Vor allem aber leidet das Material nichtersetzbarer
        Teile unter der Alterung: in erster Linie die Dampferzeuger und Reaktordruck-
        behälter. Bei europäischen AKW, wie z. B. Beznau, Tihange 2 und Doel 3
        oder Hunterston B, wurden Risse bzw. Materialprobleme unterschiedlicher Art
        an nichtersetzbaren Teilen festgestellt. Solche Befunde führten so gut wie nie
        zu einer endgültigen Abschaltung (vgl. z. B. https://rp-online.de/panorama/aus
        land/akw-beznau-schweizer-atomkraftwerk-nahe-der-deutschen-grenze-darf-w
        ieder-ans-netz_aid-19018281 und http://rtl.de/cms/tihange-atomreaktor-mit-ta
        usenden-rissen-geht-in-belgien-wieder-ans-netz-2594561.html).
        In dem Urteil vom 29. Juli 2019 erklärte der Europäische Gerichtshof
        (EuGH), dass die Genehmigung für die Laufzeitverlängerung der belgischen
        Atomkraftwerke Doel 1 und 2 ohne grenzüberschreitende Umweltverträglich-
        keitsprüfung (UVP) nicht hätte erteilt werden dürfen, und so gegen Europäi-
        sches Recht verstoße. Das Ausmaß an Modernisierungsarbeiten für die Sicher-

Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und
nukleare Sicherheit vom 16. Oktober 2020 übermittelt.
Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.
Drucksache 19/23490                                    –2–                 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

      heit, sowie die Dauer der Laufzeitverlängerung würden Umweltrisiken bergen,
      die mit der ursprünglichen Inbetriebnahme vergleichbar seien, so der EuGH
      (vgl. https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2019-07/cp1901
      0 0 d e .pdf). Die Implikationen für andere AKW in Europa sind potentiell
      immens, da diese Erkenntnis nicht nur im Falle Doels relevant erscheint.
      Einem „Spiegel-Online“-Artikel vom August 2019 zufolge werden mindes-
      tens 18 Atomkraftwerke in der Europäischen Union (EU) offenbar ohne die
      notwendigen Genehmigungen betrieben, da keine grenzüberschreitenden
      UVPs vor der Laufzeitverlängerung stattfanden (siehe https://www.spiegel.de/
      wirtschaft/atomkraft-dutzende-meiler-in-europa-laufen-offenbar-ohne-genehm
      igung-a-1282287.html).
      Mit diesem Urteil ist aber bei Weitem nicht Rechtssicherheit zu AKW-Lauf-
      zeitverlängerungen in der EU geschaffen worden. Denn der EuGH ließ dem
      belgischen Verfassungsgerichthof Interpretationsspielraum bezüglich der Not-
      wendigkeit der Abschaltung des AKW Doel: Diese Entscheidung sollte vor
      dem Hintergrund der belgischen Versorgungssicherheit getroffen werden. In
      einem Urteil vom 5. März 2020 vertritt der belgische Verfassungsgerichtshof
      die Ansicht, dass die Abschaltung der zwei Reaktoren unter diesem Gesichts-
      punkt eine Bedrohung für die Energiesicherheit des Landes darstelle. Die Inte-
      ressen der Betreiber blieben somit bewahrt, und der Umweltbericht zum
      Atomkraftwerk Doel lässt noch immer auf sich warten. Mehr als ein Jahr nach
      dem Urteil wurden für andere AKW, deren Laufzeit verlängert wurde, keine
      Umweltberichte nachträglich veröffentlicht. Darüber hinaus erscheint die
      Anwendbarkeit des Urteils auf Atommeiler im Vereinigten Königreich und in
      der Schweiz ungewiss.
      Außerdem birgt das Urteil unter Umständen das Risiko europaweiter Sicher-
      heitsrabatte im Rahmen von AKW-Laufzeitverlängerungen. Die Niederlande
      sehen sich z. B. nicht in der Pflicht, eine UVP durchzuführen, weil im Zuge
      der Laufzeitverlängerung des AKW Borssele keine Modernisierungsarbeiten
      durchgeführt wurden (vgl. https://zoek.officielebekendmakingen.nl/kst-25422-
      258.html). Wenn eine UVP-Pflicht tatsächlich nur im Zuge von Modernisie-
      rungsarbeiten droht, wird das Urteil zu einem guten Grund, keine durchzufüh-
      ren. Die Niederlande verstoßen laut dem Compliance Committee der Aarhus-
      Konvention mit ihrem Verhalten auch gegen Voraussetzungen der Öffentlich-
      keitsbeteiligung der Konvention – doch auch das konnte die Niederlande zu
      keiner grenzüberschreitenden Beteiligung der Öffentlichkeit überzeugen (vgl.
      https://www.unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/compliance/C2014-104/C104_
      Netherlands_Findings_advance_unedited.pdf).
      Abgesehen von dem Urteil des EuGH wird auch im Rahmen der Espoo-
      Konvention das Thema AKW-Laufzeitverlängerungen behandelt. Dazu wurde
      eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe geschaffen, dessen Co-Vorsitz das Vereinigte
      Königreich und Deutschland innehaben. Sie befasst sich mit der Erstellung
      einer Anleitung zur Anwendbarkeit der Espoo-Konvention in Bezug auf Lauf-
      zeitverlängerungen von Atomkraftwerken, da in diesem Bereich laut Espoo-
      Sekretariat rechtliche Unsicherheit besteht. Diese Anleitung sollte ursprüng-
      lich bei dem Treffen der Vertragsparteien vom 8. bis 11. Dezember 2020 in
      Vilnius zur Annahme vorgelegt werden. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie
      wurden aber alle Treffen der Arbeitsgruppe abgesagt (vgl. https://www.unece.
      org/environmental-policy/conventions/environmental-assessment/meetings-an
      d-events.html#/). Es steht aus der Sicht der Fragesteller außerdem nicht fest,
      ob diese Leitlinien eindeutig, rechtlich bindend und in der Praxis durchsetzbar
      sein werden.
      Dieser kurze Überblick sollte nach Ansicht der Fragestellenden ausreichen,
      um festzustellen: Die lose Ansammlung an dieser Stelle nicht eindeutiger
      internationaler Konventionen und einer EU-Rechtsprechung ist unzureichend.
      Es fehlt eine allgemein geltende Regel in Europa. Das ist besonders besorgnis-
      erregend angesichts der zunehmenden Alterung des europäischen Reaktor-
      parks und des fehlenden Willens, veraltete Atomkraftwerke abzuschalten. Zu
      möglichen Lösungen dieses Problems gehört z. B. die Ergänzung der UVP-
      Richtlinie mit der ausdrücklichen Erwähnung der UVP-Pflicht im Falle von
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         AKW-Laufzeitverlängerungen (vgl. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/D
         E/ALL/?uri=CELEX%3A32011L0092). Die europäische Kommission wehrt
         sich aber, dieses Projekt anzugehen (vgl. https://www.europarl.europa.eu/doce
         o/document/E-9-2019-004179-ASW_DE.html).
         Reaktoren in deutscher Grenznähe, die von einer Laufzeitverlängerung ohne
         UVP betroffen sind, sind insbesondere Tihange und Doel in Belgien, Borssele
         in den Niederlanden, Dukovany in der Tschechischen Republik und die
         Schweizer AKW Beznau und Gösgen. Mit diesen Ländern hat Deutschland
         Kommissionen bzw. Expertengruppen zum Thema Reaktorsicherheit ein-
         gerichtet, die einen engen Informationsaustausch ermöglichen sollen (vgl.
         https://www.bmu.de/themen/atomenergie-strahlenschutz/nukleare-sicherheit/i
         nternationales/bilaterale-zusammenarbeit/). Aber auch weiter entfernte alte
         AKW stellen für Deutschland ein Risiko dar. Aus der Sicht der Fragestellen-
         den ist es nicht zuletzt aus Gründen der staatlichen Pflicht zur Schadensvor-
         sorge notwendig, dass die Bundesregierung über eine präzise Übersicht zum
         Zustand von Reaktoren in Europa verfügt. Deutschland ist außerdem Vertrags-
         partei der Espoo-Konvention und hat wie bereits erwähnt den Co-Vorsitzt der
         Espoo-Arbeitsgruppe zu AKW-Laufzeitverlängerungen inne. Vor allem aber
         hat Deutschland am 1. Juli 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernommen und
         verfügt in diesem Zusammenhang über erweiterte Informationsquellen und
         Einflussmöglichkeiten. Darauf muss die Bundesregierung aus Sicht der Frage-
         stellenden umgehend zurückgreifen, um ihrem Versprechen aus dem Koali-
         tionsvertrag von 2018, „bei der Reaktorsicherheit in Europa dauerhaft Einfluss
         aus[zuüben]“, gerecht zu werden. Des Weiteren wird im Koalitionsvertrag ver-
         sprochen: „Angesichts des alternden Bestands der Atomkraftwerke in Europa
         wollen wir uns weiterhin für umfassende Sicherheitsüberprüfungen, ambitio-
         nierte verbindliche Sicherheitsziele in der EU und ein System wechselseitiger
         Kontrolle bei fortbestehender nationaler Verantwortung für die Sicherheit ein-
         setzen.“

Vorbemerkung der Bundesregierung
Es trifft zu, dass eine Vielzahl von Atomkraftwerken (AKW) in Europa
30 Jahre und älter ist. Ebenso ist zutreffend, dass auch in Europa die Verlänge-
rung der Betriebsdauer von AKW über ihre ursprünglich geplante Laufzeit
hinaus in den letzten Jahren bereits vielfach realisiert wurde bzw. angestrebt
wird.
Deutschland hat sich für den Ausstieg aus der Atomenergie bis spätestens Ende
des Jahres 2022 entschieden. Gleichzeitig ist jeder Staat frei, über seinen natio-
nalen Energiemix souverän zu entscheiden und trägt dafür auch die alleinige
Verantwortung.
Die Bundesregierung steht Laufzeitverlängerungen kritisch gegenüber. Sie
kann Laufzeitverlängerungen ausländischer AKW letztlich nicht verhindern,
setzt sich aber nachdrücklich dafür ein, dass zumindest grenzüberschreitende
Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) durchgeführt werden für mehr Trans-
parenz und Beteiligungsmöglichkeiten der angrenzenden Bevölkerung. Das
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU)
engagiert sich im Rahmen der UN ECE Espoo Konvention in einer ad hoc
Arbeitsgruppe unter deutsch-britischem Ko-Vorsitz für die Durchführung
grenzüberschreitender UVP auch vor Entscheidungen über AKW-Laufzeitver-
längerungen, weil die Gefahren für die Umwelt bei einer weit über die ur-
sprüngliche Betriebsdauer hinausreichenden Laufzeitverlängerung eines AKW
ein Ausmaß umfassen können, welches einer Erstinbetriebnahme einer Anlage
gleichkommt. Geplant ist, auf der Espoo Vertragsstaatenkonferenz im Dezem-
ber des Jahres 2020 (unter deutschem EU-Ratsvorsitz) einen Leitfaden zur An-
wendbarkeit der Espoo-Konvention auf Laufzeitverlängerungen zur Entschei-
dung vorzulegen.
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Neben der Espoo-Konvention und der jüngeren EuGH-Rechtsprechung eröffnet
die europäische UVP-Richtlinie den Bundesländern und der deutschen Öffent-
lichkeit die Möglichkeit, sich an grenzüberschreitenden UVPs zu beteiligen, die
für kerntechnische Vorhaben im Ausland durchgeführt werden. Auch in Fällen,
in denen für solche ausländischen Vorhaben keine grenzüberschreitenden
UVPs, jedoch Zulassungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung (Artikel 6
Aarhus-Konvention) durchgeführt werden, können sich interessierte Personen
und Vereinigungen aus Deutschland beteiligen. Es gelten jeweils die Rechts-
vorschriften des Staates, in dem das Vorhaben durchgeführt wird – mithin aus-
ländisches Recht. Auf deutscher Seite ist für die Prüfung und Entscheidung, ob
für ein ausländisches Vorhaben mit möglichen grenzüberschreitenden Umwelt-
auswirkungen eine grenzüberschreitende UVP durchgeführt werden soll, die
Behörde zuständig, die für ein gleichartiges Vorhaben oder eine gleichartige
Planung in Deutschland zuständig wäre (§ 58 Absatz 5 Satz 1 UVP-Gesetz);
das sind bzgl. AKW die Bundesländer. Zu Informationszwecken veröffentlicht
das BMU ausländische Nuklearvorhaben auf seiner Website (Quelle: https://w
ww.bmu.de/themen/atomenergie-strahlenschutz/nukleare-sicherheit/internation
ales/beteiligungsverfahren-und-uvpsup/), von denen es durch Benachrichtigung
eines anderen Staates oder auf sonstige Weise Kenntnis erhält, darunter auch
Fälle ohne Bundesländer-Beteiligung.
Die Bundesregierung erfüllt ihren Schutzauftrag gegen die Gefahren der Kern-
energie, auch nach dem Jahr 2022, unter Achtung der alleinigen Zuständigkeit
anderer Staaten für kerntechnische Anlagen in dortiger Verantwortung. Nur der
jeweils zuständigen nationalen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde liegen alle
für eine sicherheitstechnische Bewertung notwendigen Informationen vor. Die
Bundesregierung nutzt verschiedene Möglichkeiten und Instrumente, wie z. B.
bilaterale Nuklearkommissionen mit allen Nachbarstaaten mit Atomenergie,
maßgebliche Mitwirkung in allen relevanten europäischen wie internationalen
Gremien zur Weiterentwicklung des kerntechnischen Regelwerkes oder die
Unterstützung der Kompetenz- und Nachwuchsentwicklung für nukleare
Sicherheit in Deutschland mittels staatlicher Forschungsförderung und ist be-
strebt, auch nach dem Atomausstieg dauerhaft Einfluss bei der Reaktorsicher-
heit in Europa auszuüben.

         1. Welche Atomkraftwerke (AKW) in der EU (zzgl. des Vereinigten König-
            reiches, der Schweiz, der Ukraine, der Türkei, Armeniens und des russi-
            schen Kaliningrader Gebiets) überschreiten nach Kenntnis der Bundes-
            regierung die bei ihrer Auslegung vorgesehene Laufzeit jeweils um wie
            viele Jahre (bitte jeweils das Baujahr, die bei der Auslegung vorgesehene
            Laufzeit, die aktuelle Laufzeit, die entsprechende Überschreitung und
            ggf. das aktuell vorgesehene Abschaltdatum tabellarisch angeben – vgl.
            Antwort auf die Schriftliche Frage 99 auf Bundestagsdrucksache
            19/12640 und Antwort auf die Schriftliche Frage 146 auf Bundestags-
            drucksache 19/13176)?

Nachstehend sind die der Bundesregierung bekannten Angaben für AKW in der
EU zur Inbetriebnahme, zugrunde gelegten Betriebsdauer und zur derzeit vor-
gesehenen Stilllegung tabellarisch aufgeführt. Die aufgeführten Angaben sind
aus öffentlich zugänglichen Berichten der Vertragsparteien des Übereinkom-
mens über nukleare Sicherheit (CNS) für die achte Überprüfungstagung (Stand:
August 2019) abgeleitet worden. Genaue Angaben zu aktuellen Laufzeiten kön-
nen ausschließlich die dafür zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörden
auf Basis der von ihnen zugrunde gelegten und regelmäßig überwachten Be-
triebsdauer erteilen. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Detailinformatio-
nen vor. Die aufgeführten Betriebsdauern wurden vielmehr für die Zwecke die-
ser Übersicht aus den in der Inbetriebnahme-Erlaubnis festgelegten Betriebs-
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laufzeiten bzw. aus der im Rahmen der Auslegung unterstellten Betriebslauf-
zeiten hergeleitet.

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                                                             Jahr der                   Jahr der zur-
                                                                              gelegte
               Staat                       Anlage           Inbetrieb-                  zeit geplanten
                                                                          Betriebsdauer
                                                              nahme                       Stilllegung
                                                                           (in Jahren)
             Armenien                 ARMENIAN-2               1980             30
                                         DOEL-1                1974             40           2025
              Belgien                    DOEL-2                1975             40           2025
                                       TIHANGE-1               1975             40           2025
             Bulgarien                KOZLODUY-5               1987             30           2027
             Finnland                   LOVIISA-1              1977             30           2027
                                        LOVIISA-2              1980             30           2030
                                      OLKILUOTO-1              1978             40           2038
                                      OLKILUOTO-2              1980             40           2038
                                         BUGEY-2               1978             40
                                         BUGEY-3               1978             40
                                         BUGEY-4               1979             40
                                         BUGEY-5               1979             40
                                      DAMPIERRE-1              1980             40
            Frankreich
                                     GRAVELINES-1              1980             40
                                     GRAVELINES-2              1980             40
                                      TRICASTIN-1              1980             40
                                      TRICASTIN-2              1980             40
                                      TRICASTIN-3              1980             40
                                     DUNGENESS B               1983             35           2028
                                      HARTLEPOOL               1983             36           2024
      Vereinigten Königreich
                                       HEYSHAM-1               1983             36           2024
  (jeweils 2 Blöcke pro Standort)
                                    HINKLEY POINT B            1976             40           2023
                                     HUNTERSTON B              1976             40           2023
           Niederlande                  BORSSELE               1973             40           2033
                                      FORSMARK-1               1980             40
             Schweden
                                       RINGHALS-1              1976             40           2020
                                        BEZNAU-1               1969             40
              Schweiz                   BEZNAU-2               1971             40
                                         GÖSGEN                1979             40
                                      BOHUNICE-3               1984             30           2044
             Slowakei
                                      BOHUNICE-4               1985             30           2045
               Spain                   ALMARAZ-1               1980             40           2021
                                      DUKOVANY-1               1985             30
                                      DUKOVANY-2               1986             30
            Tschechien
                                      DUKOVANY-3               1987             30
                                      DUKOVANY-4               1987             30
Drucksache 19/23490                                     –6–                 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

                                                                                      Zugrunde
                                                                      Jahr der                    Jahr der zur-
                                                                                        gelegte
               Staat                            Anlage               Inbetrieb-                   zeit geplanten
                                                                                    Betriebsdauer
                                                                       nahme                        Stilllegung
                                                                                     (in Jahren)
                                          KHMELNITSKI-1                 1988              30
                                            ROVNO-1                     1980              30           2030
                                            ROVNO-2                     1981              30           2031
                                            ROVNO-3                     1987              30           2037
                                          SOUTH UKRAI-                                                 2023
                                                                        1983              30
                                              NE-1
                                          SOUTH UKRAI-                                                 2025
                                                                        1985             30
              Ukraine                         NE-2
                                          SOUTH UKRAI-
                                                                        1990             30            2020
                                              NE-3
                                          ZAPOROZHYE-1                  1985             30            2025
                                          ZAPOROZHYE-2                  1986             30            2026
                                          ZAPOROZHYE-3                  1987             30            2027
                                          ZAPOROZHYE-4                  1988             30            2028
                                          ZAPOROZHYE-5                  1990             30            2020
              Ungarn                         PAKS-1                     1982             30            2032
                                             PAKS-2                     1984             30            2034
                                             PAKS-3                     1986             30            2036
                                             PAKS-4                     1987             30            2037

         2. Bei welchen der in der Antwort zu Frage 1 aufgelisteten Atomkraftwerke
            wurden im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung nach Kenntnis
            der Bundesregierung Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt?

Nach Kenntnis der Bundesregierung sind in allen im Rahmen der Antwort zu
den Fragen 1 sowie 4 aufgeführten Anlagen seit Inbetriebnahme Modernisie-
rungs- und Nachrüstungsmaßnahmen vorgenommen worden.

         3. Bei welchen der in der Antwort zu Frage 1 aufgelisteten Atomkraftwerke
            wurde im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung nach Kenntnis
            der Bundesregierung eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durch-
            geführt?

Die Bundesregierung hat keine systematischen und dementsprechend zuverläs-
sigen Erkenntnisse darüber, bei welchen der in Antwort zu Frage 1 aufgeliste-
ten Atomkraftwerken im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung eine
UVP durchgeführt wurde, und bei welchen dies nicht der Fall war.

         4. Welche Atomkraftwerke in der EU (zzgl. des Vereinigten Königreiches,
            der Schweiz, der Ukraine, der Türkei, Armeniens und des Kaliningrader
            Gebiets), für die noch keine Stilllegung angekündigt wurde, werden nach
            Kenntnis der Bundesregierung die bei ihrer Auslegung vorgesehene
            Laufzeit in den nächsten fünf Jahren überschreiten (bitte das Baujahr, die
            bei der Auslegung vorgesehene Laufzeit und die aktuelle Laufzeit tabel-
            larisch angeben)?

Nachstehend sind die nach Kenntnis der Bundesregierung von der Frage betrof-
fenen Anlagen samt Angaben zur Inbetriebnahme und zugrunde gelegter Be-
triebsdauer tabellarisch aufgeführt. Die Bundesregierung verweist im Übrigen
auf die Antwort zu Frage 1.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode               –7–                           Drucksache 19/23490

                                                                                      Zugrunde gelegte
                                                               Jahr der Inbetrieb-
               Staat                         Anlage                                    Betriebsdauer
                                                                     nahme
                                                                                        (in Jahren)
             Bulgarien                    KOZLODUY-6                   1991                  30
                                            BLAYAIS-1                  1981                  40
                                            BLAYAIS-2                  1982                  40
                                            BLAYAIS-3                  1983                  40
                                            BLAYAIS-4                  1983                  40
                                           CHINON B-1                  1982                  40
                                           CHINON B-2                  1983                  40
                                             CRUAS-1                   1983                  40
                                             CRUAS-2                   1984                  40
                                             CRUAS-3                   1984                  40
                                             CRUAS-4                   1984                  40
                                         DAMPIERRE-2                   1981                  40
                                         DAMPIERRE-3                   1981                  40
            Frankreich                   DAMPIERRE-4                   1981                  40
                                        FLAMANVILLE-1                  1985                  40
                                         GRAVELINES-3                  1981                  40
                                         GRAVELINES-4                  1981                  40
                                         GRAVELINES-5                  1984                  40
                                         GRAVELINES-6                  1985                  40
                                            PALUEL-1                   1984                  40
                                            PALUEL-2                   1984                  40
                                            PALUEL-3                   1985                  40
                                          ST. ALBAN-1                  1985                  40
                                        ST. LAURENT B-1                1980                  40
                                        ST. LAURENT B-2                1981                  40
                                          TRICASTIN-4                  1981                  40
                                           HEYSHAM 2                   1988                  35
          Großbritannien
                                            TORNESS                    1988                  35
                                         FORSMARK -2                   1981                  40
                                          FORSMARK-3                   1985                  40
             Schweden                   OSKARSHAMN-3                   1985                  40
                                          RINGHALS-3                   1981                  40
                                          RINGHALS-4                   1983                  40
              Schweiz                      LEIBSTADT                   1984                  40
             Slowenien                        KRSKO                    1982                  40
                                           ALMARAZ-2                   1983                  40
                                             ASCO-1                    1982                  40
                                             ASCO-2                    1985                  40
                                           COFRENTES                   1984                  40
              Ukraine                   ZAPOROZHYE-6                   1996                  30

         5. Bei welchen in der Antwort zu Frage 4 aufgelisteten Atomkraftwerken
            sind nach Kenntnis der Bundesregierung Modernisierungsarbeiten im
            Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung vorgesehen?

Die Bundesregierung verweist auf die Antwort zu Frage 2.
Drucksache 19/23490                                    –8–               Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

          6. Bei welchen der in der Antwort zu Frage 4 aufgelisteten Atomkraftwerke
             ist im Zusammenhang mit der Laufzeitverlängerung nach Kenntnis der
             Bundesregierung die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung
             vorgesehen?

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Langzeitbetriebs ist nach
Kenntnis der Bundesregierung für das slowenische Atomkraftwerk Krsko und
das ukrainische Atomkraftwerk Zaporozhye-6 vorgesehen.

          7. Bei welchen der in den Fragen 1 bis 6 aufgelisteten AKW ist im Falle
             eines GAU nach Kenntnis der Bundesregierung eine radioaktive Konta-
             minierung Deutschlands auszuschließen (bitte Gründe wie z. B. die Ent-
             fernung zu Deutschland angeben)?

Bei Notfällen in Atomkraftwerken (AKW) mit Freisetzung von radioaktiven
Stoffen hängt die Ausbreitung der radioaktiven Wolke und die Kontamination
der Umwelt maßgeblich von den Freisetzungsbedingungen und den vorherr-
schenden Wetterbedingungen ab. Das Ausmaß einer möglichen Kontamination
bzw. die Wahrscheinlichkeit für eine aus Sicht des Strahlenschutzes relevante
Kontamination nimmt im Allgemeinen mit wachsendem Abstand vom Frei-
setzungsort stark ab.
Auf Basis von Gefährdungsanalysen für schwere AKW-Unfälle empfiehlt die
Strahlenschutzkommission (SSK), Maßnahmen des Katastrophenschutzes (d. h.
insbesondere die Schutzmaßnahmen Evakuierung, Aufforderung zum Aufent-
halt in Gebäuden und Iodblockade) in folgenden Abständen (Zonen) um deut-
sche und grenznahe ausländische AKW mit unterschiedlichen Planungsvor-
gaben vorzubereiten:
•   Zentralzone (bis 5 km): Evakuierung, Aufforderung zum Aufenthalt in Ge-
    bäuden, Iodblockade
•   Mittelzone (bis 20 km): Evakuierung, Aufforderung zum Aufenthalt in Ge-
    bäuden, Iodblockade
•   Außenzone (bis 100 km): Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden, Iod-
    blockade
•   Gesamtes Staatsgebiet: Iodblockade für Personen unter 18 Jahren und
    Schwangere
Radiologische Kriterien für sonstige Schutzmaßnahmen können jedoch in deut-
lich größeren Entfernungen erreicht bzw. überschritten werden. Nach Gefähr-
dungsanalysen des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) besteht bei mög-
lichen Reaktorunfällen in ausländischen AKW in beispielsweise 1.500 km Ent-
fernung eine nicht vernachlässigbare Wahrscheinlichkeit dafür, dass in
Deutschland beispielsweise radiologische Kriterien für notfallbedingt kontami-
nierte Lebensmittel (Höchstwerte nach Verordnung 2016/52/Euratom) über-
schritten würden, wie dies nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl geschehen
ist.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode                    –9–                              Drucksache 19/23490

         8. Wird der Umweltbericht zur Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke
            Doel 1 und 2, der im ersten Quartal 2021 veröffentlicht werden soll, nach
            Kenntnis der Bundesregierung auch in deutscher Sprache zur Verfügung
            gestellt?
             Wenn nein, wird die Bundesregierung um eine Übersetzung bitten bzw.
             eine Übersetzung selber veranlassen (vgl. Deutschland wurde von Bel-
             gien gemäß Artikel 7 der UVP-Richtlinie notifiziert, https://www.bm
             u.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Nukleare_Sicherheit/notifiz
             ierung_doel_bf.pdf)?

Nach Informationen der Bundesregierung plant Belgien für die Laufzeitverlän-
gerung von Doel 1 und Doel 2 eine Online-Konsultation, bei der eine Zusam-
menfassung der Hauptdokumente in vier Sprachen, u. a. Deutsch, übersetzt
werden soll. Für die grenzüberschreitende Behördenbeteiligung im Rahmen der
UVP bei ausländischen Atomkraftwerken gilt die Zuständigkeitsregelung des
§ 58 Absatz 5 des UVP-Gesetzes. Danach besteht hier keine Zuständigkeit von
Bundesbehörden.

         9. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung Umweltverträglichkeitsprü-
            fungen für das Atomkraftwerk Tihange 1 (das bereits die bei der Aus-
            legung vorgesehene Laufzeit überschritten hat), Tihange 2 (das sie 2022
            überschreiten wird), und Tihange 3 (das sie 2025 überschreiten könnte)
            durchgeführt (vgl. https://www.grenzecho.net/32359/artikel/2020-03-04/l
            aufzeitverlangerung-fur-atommeiler-kein-tabuthema-mehr)?

Für den bereits im Langzeitbetrieb befindlichen Reaktor Tihange-1 wurde nach
Kenntnis der Bundesregierung für die Laufzeitverlängerung keine UVP durch-
geführt; ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 20 verwiesen. Gemäß aktu-
eller belgischer Gesetzeslage sind der am 13. Oktober 1982 ans Netz gegan-
gene Reaktor Tihange-2 bis zum 1. Februar 2023 und der am 15. Juni 1985 ans
Netz gegangene Reaktor Tihange-3 bis zum 1. September 2025 außer Betrieb
zu nehmen (vgl. auch Antwort zu Frage 1).

        10. Wurde die Bundesregierung von der finnischen Regierung über die
            Umweltverträglichkeitsprüfung im Zuge der Laufzeitverlängerung des
            Atomkraftwerks Loviisa 1 und 2 bis jeweils 2027 und 2030 gemäß Arti-
            kel 2 der Espoo-Konvention notifiziert (vgl. https://tem.fi/en/loviisa-1-an
            d-2-eia-programme)?
             Wenn nein, wird die Bundesregierung im Rahmen der Espoo-Konvention
             um die Zusendung der Unterlagen zum UVP-Verfahren bitten und die
             deutschen Bundesländer mittels einer Länderabfrage um Beteiligung
             bitten?

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
wurde vom finnischen Umweltministerium am 28. August 2020 mit einer Noti-
fizierung über die Einleitung einer grenzüberschreitenden UVP gemäß Espoo-
Konvention hinsichtlich einer Laufzeitverlängerung des AKW Loviisa unter-
richtet (www.bmu.de/ME9201).
Drucksache 19/23490                                    – 10 –            Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

        11. Erwägt nach Kenntnis der Bundesregierung die Regierung der Nieder-
            lande eine zweite Laufzeitverlängerung des AKW Borssele über seine
            bei der Auslegung vorgesehene Laufzeit hinaus (also für den Zeitraum
            nach 2033)?
             Wenn ja, hat die Bundesregierung diesbezüglich schon Bedenken ge-
             äußert und auf die UVP-Pflicht hingewiesen?

Die Niederlande haben die Bundesregierung informiert, dass im Juni 2020 ein
Antrag im Parlament die niederländische Regierung aufgefordert habe, die not-
wendige Änderung des Kernenergiegesetzes vorzubereiten, die eine mögliche
Verlängerung der Lebensdauer des AKW Borssele nach dem Jahr 2033 ermög-
lichen würde, sofern dies der Genehmigungsinhaber für technisch und wirt-
schaftlich machbar hält. Jene Prüfung erfolge zurzeit. Die endgültige Entschei-
dung, ob die Betriebszeit des AKW Borssele sicher verlängert werden könne,
liege bei der niederländischen Atomaufsichtsbehörde. Eine konkrete Initiative
bezüglich einer zweiten Laufzeitverlängerung für das AKW Borssele ist der
Bundesregierung bisher nicht bekannt geworden.

        12. Wurde nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen der Laufzeit-
            verlängerung des Atomkraftwerks Tricastin 1 über seine bei der Aus-
            legung vorgesehene Laufzeit (auch vierte Zehnjahresprüfung genannt –
            Quatrième Visite Décénnale) eine Umweltverträglichkeitsprüfung durch-
            geführt?

        13. Erwägt nach Kenntnis der Bundesregierung die französische Regierung
            für die anderen Reaktoren der 900-MW-Klasse, die gemäß französischer
            mehrjähriger Energieplanung für den Zeitraum 2021 bis 2028 über ihre
            bei der Auslegung vorgesehene Laufzeit verlängert werden sollen, Um-
            weltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen (vgl. https://www.ecologie.
            gouv.fr/sites/default/files/15.%20PPE%20-English%20Full%20documen
            t%20for%20public%20consultation.pdf)?

Die Fragen 12 und 13 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam
beantwortet.
Nach Kenntnis der Bundesregierung sieht der mehrstufige französische Prozess
zur vierten Periodischen Sicherheitsüberprüfung der Reaktoren der 900MW-
Flotte (vgl. https://www.asn.fr/Informer/Actualites/4e-reexamen-periodique-de
s-reacteurs-de-900-MWe), zu der auch Tricastin-1 gehört, keine Umweltvert-
räglichkeitsüberprüfungen vor. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 20
verwiesen.

        14. Hat die Bundesregierung im Rahmen bilateraler Gespräche mit Frank-
            reich die Notwendigkeit der systematischen Durchführung von Umwelt-
            verträglichkeitsprüfungen im Rahmen der Laufzeitverlängerung von
            französischen Atomkraftwerken über ihre bei der Auslegung vorge-
            sehene Laufzeit betont?
             Was ist der aktuelle Stand solcher Gespräche?

Die Bundesregierung verweist im Rahmen ihrer Gespräche mit Frankreich auch
auf die Notwendigkeit grenzüberschreitender Umweltverträglichkeitsprüfungen
für Laufzeitverlängerungen von AKW und wirbt um französische Unterstüt-
zung eines Espoo Leitfadens für Laufzeitverlängerungen von AKW, zuletzt am
Rande des informellen Umweltministerrates am 1. Oktober 2020.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode                  – 11 –                           Drucksache 19/23490

        Arbeit auf Ebene der UN ECE:

        15. Warum wurden alle Treffen der Ad-hoc-Arbeitsgruppe zur Anwendung
            der Espoo-Konvention auf die Laufzeitverlängerung von Atomkraft-
            werken 2020 ersatzlos abgesagt (d. h. ohne ein virtuelles Treffen als Er-
            satz zu veranlassen, vgl. https://www.unece.org/environmental-policy/co
            nventions/environmental-assessment/meetings-and-events.html#/)?

Die Treffen der Ad hoc Arbeitsgruppe zur Anwendung der Espoo-Konvention
auf Laufzeitverlängerungen von AKW wurden, wie viele internationale Tref-
fen, aufgrund der COVID-19-Pandemie abgesagt. Seit Mai 2020 tagt die
Ad hoc Arbeitsgruppe regelmäßig virtuell.

        16. Wann wird die Arbeitsgruppe zum nächsten Mal tagen (virtuell oder
            physisch)?

        17. Wann bzw. an welcher Tagung der Vertragsparteien wird die Arbeits-
            gruppe nach dieser Verzögerung voraussichtlich den Entwurf von Leit-
            linien zum Thema Anwendung der Espoo-Konvention auf die Laufzeit-
            verlängerung von Atomkraftwerken vorstellen können (ursprünglich war
            eine Vorstellung im Dezember 2020 vorgesehen, vgl. https://www.unece.
            org/fileadmin/DAM/env/eia/documents/WG2.8_Nov2019/Workshop/No
            te_Stakeholder_Workshop_v.3_FINAL.pdf)?

Die Fragen 16 und 17 werden zusammen beantwortet.
Ein erster Entwurf von Leitlinien wurde im Vorfeld der Espoo Working Group
9, die im August 2020 stattfand, erarbeitet. Es ist weiterhin beabsichtigt, den
endgültigen Entwurf im Rahmen der 8. Vertragsstaatenkonferenz der Espoo
Konvention (8th Meeting of the Parties to the Convention on Environmental
Impact Assessment in a Transboundary Context) zu verabschieden. Die Ver-
tragsstaatenkonferenz findet vom 8. bis 11. Dezember 2020 in Vilnius, Litauen,
statt.

        18. Ist die Bundesregierung vor dem Hintergrund des heutigen Arbeitstandes
            im Rahmen dieser Arbeitsgruppe zuversichtlich, dass die Leitlinien die
            systematische Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bei
            Laufzeitverlängerungen von AKW über die bei der Auslegung vorge-
            sehene Dauer hinaus vorschreiben werden?
             Wie bewertet die Bundesregierung die Fortschritte der Arbeitsgruppe?

Die Bundesregierung wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass erhebliche Lauf-
zeitverlängerungen einer grenzüberschreitenden UVP unterzogen werden.
Durch die Rolle als Ko-Vorsitz der Espoo Ad hoc Arbeitsgruppe und die aktu-
elle EU-Ratspräsidentschaft nimmt die Bundesregierung vornehmlich eine
neutrale und vermittelnde Rolle ein. Die Verhandlungen in der Arbeitsgruppe
sind noch nicht abgeschlossen. Trotz erreichter Fortschritte gibt es noch eine
Reihe konfliktträchtiger Themen.
Drucksache 19/23490                                     – 12 –              Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

         19. Werden die vom Espoo Implementation Committee verabschiedeten
             Leitlinien einen verbindlichen Charakter erhalten und im Implementation
             Committee verfechtbar sein, oder sollen sie lediglich der unverbindlichen
             Orientierung der Vertragsparteien dienen?

Die Leitlinien werden der Espoo Vertragsstaatenkonferenz im Dezember 2020
vorgelegt werden. Es ist weiterhin angestrebt, dass die Leitlinien als verbind-
liche Auslegungshilfe der Espoo Konvention verabschiedet werden.

         20. Wie viele Fälle einer fehlenden UVP im Falle von Laufzeitverlängerun-
             gen von Atomkraftwerken wurden bis heute insgesamt im Implementa-
             tion Committee der Espoo-Konvention behandelt (bitte die betroffenen
             Atomkraftwerke und ggf. die jeweils vom Implementation Committee
             getroffene Entscheidung angeben)?

Derzeit sind nach Angaben des Sekretariats der UN ECE Espoo Konvention
vor dem Implementation Committee der UN ECE Espoo Konvention diverse
Überprüfungsverfahren zu Laufzeitverlängerungen bei europäischen Atom-
kraftwerken anhängig, die ohne Durchführung einer UVP zugelassen worden
sein sollen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Anlagen:
•   1 Block des AKW Borssele (Niederlande) EIA/IC/INFO/15
•   2 Blöcke des Kraftwerkes Doel; ein Block des Kraftwerkes Tihange (Bel-
    gien) EIA/IC/INFO/18
•   4 Blöcke des AKW Dukovany (Tschechien) EIA/IC/INFO/19
•   3 Blöcke des AKW Südukraine; 2 Blöcke des AKW Khmelnitski, 2 Blöcke
    des AKW Rivne; 5 Blöcke des AKW Zaprihia (Ukraine) EIA/IC/INFO/20
•   1 Block des AKW Santa Maria de Garoña, 2 Blöcke des AKW Almaraz
    (Spanien) ECE/IC/INFO/26, EIA/IC/INFO/34
•   2 Blöcke des AKW Kozloduy (Bulgarien) ECE/IC/INFO/28
•   4 Blöcke des AKW Blayais; 4 Blöcke des Kraftwerkes Bugey; 4 Blöcke des
    AKW Chinon; 4 Blöcke des AKW Cruas; 4 Blöcke des AKW Dampierre;
    6 Blöcke des AKW Gravelines; 2 Blöcke des AKW St. Laurent; 4 Blöcke
    des AKW Tricastin (Frankreich) EIA/IC/INFO/32

         21. Welche Arbeiten laufen gerade nach Kenntnis der Bundesregierung auf
             EU-Ebene (z. B. seitens der Europäischen Kommission) zum Thema
             UVP-Pflicht bei AKW-Laufzeitverlängerungen?

Die EU-Kommission ist als Espoo Vertragspartei in die Arbeiten zum Leitfaden
eingebunden. Als Hüterin der Verträge verantwortet die EU-Kommission im
Übrigen die vollständige und rechtzeitige Umsetzung der UVP Richtlinie in
den EU-Mitgliedstaaten. Zudem wird das EuGH-Urteil C-411/17 (UVP—
Pflicht Laufzeitverlängerung AKW Doel) unabhängig von der Espoo-Thematik
von der EU-Kommission mit den zuständigen Experten*innen der Mitglied-
staaten diskutiert.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode                  – 13 –                           Drucksache 19/23490

        22. Teilt die Bundesregierung die Meinung der EU-Kommission, dass es
            nicht erforderlich ist, die UVP-Richtlinie zu überarbeiten, um Projekte
            des Anhangs I mit den Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken zu
            ergänzen, weil Projekte, die eine Laufzeitverlängerung von Atomkraft-
            werken umfassen, von dem Anwendungsbereich der Espoo-Konvention
            und daher auch der Richtlinie schon erfasst sind (vgl. https://www.europ
            arl.europa.eu/doceo/document/E-9-2019-004179-ASW_DE.html)?

Die Bundesregierung teilt diese Ansicht grundsätzlich. Jedoch haben die Espoo
Konvention und die UVP-Richtlinie keinen deckungsgleichen Anwendungs-
bereich.

            a) Wenn ja, warum wird nach Ansicht der Bundesregierung genau die
               Frage der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung im
               Falle von AKW-Laufzeitverlängerungen von der Ad-hoc-Arbeits-
               gruppe auf UNECE-Ebene erörtert?

Die Espoo-Konvention hat einen anderen Anwendungsbereich und weitere Ver-
tragsparteien, die über die EU-Mitgliedsstaaten hinausgehen. Zudem benutzt
sie grundsätzlich andere Begrifflichkeiten als die UVP-Richtlinie. Anlass der
Einrichtung der Ad hoc Gruppe auf UN ECE-Ebene war eine alternde AKW-
Flotte in ganz Europa mit einer endenden Betriebsdauer von 30 oder 40 Jahren
sowie vielfacher Maßnahmenergreifung zur Fortsetzung des operativen Be-
triebs, einhergehend mit einer wachsenden Anzahl an Fällen von AKW-Lauf-
zeitverlängerungen vor dem Espoo Implementation Committee. Vor diesem
Hintergrund sollte eine Klärung der Frage auch auf UN ECE Espoo Ebene er-
folgen.

            b) Wenn ja, kann die Bundesregierung bestätigen, dass bei allen geplan-
               ten Laufzeitverlängerungen in der EU (ggf. nachträglich) eine Um-
               weltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss?

Das Erfordernis einer grenzüberschreitenden UVP bei der Laufzeitverlänge-
rung von AKW hängt von verschiedenen Faktoren ab. Auf die Vorbemerkung
der Bundesregierung wird verwiesen.

            c) Wenn ja, werden Atomkraftwerke, die in der EU ohne Umweltverträg-
               lichkeitsprüfung laufzeitverlängert wurden (wie z. B. das französische
               AKW Tricastin 1, vgl. https://www.greenpeace.org/luxembourg/de/co
               mmuniques-de-presse/6657/aktion-greenpeace-beginnt-mit-dem-abba
               u-des-veralteten-und-gefaehrlichen-kernkraftwerks-tricastin-2/), nach
               Ansicht der Bundesregierung rechtswidrig betrieben?

Die Bundesregierung bewertet nicht die Rechtmäßigkeit des Betriebs von
AKW in anderen Mitgliedsstaaten.
Drucksache 19/23490                                   – 14 –              Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

        23. Wird sich die Bundesregierung im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft
            für die Überarbeitung der UVP-Richtlinie 2011/92/EU einsetzen, um
            Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken mit in die Projekte des
            Anhangs I einzuschließen?
             Wenn nein, wie wird sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer EU-
             Ratspräsidentschaft dafür einsetzen, dass die Pflicht einer Umweltvert-
             räglichkeitsprüfung im Falle der Laufzeitverlängerung eines AKW über
             die bei der Auslegung vorgesehene Dauer mit oder ohne geplanten Mo-
             dernisierungsarbeiten auch auf EU-Ebene immer besteht (vgl. Verpflich-
             tung aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD von
             2018, bei der Reaktorsicherheit in Europa dauerhaft Einfluss auszu-
             üben)?

Eine Änderung der UVP-Richtlinie 2011/92/EU ist nach Kenntnis der Bundes-
regierung nicht vorgesehen. Die Bundesregierung verfolgt jedoch die weiteren
Entwicklungen in diesem Bereich aufmerksam und setzt sich im Rahmen der
internationalen Zusammenarbeit, insbesondere in den Gremien der UN ECE
Espoo Konvention, dafür ein, dass erhebliche Laufzeitverlängerungen einer
grenzüberschreitenden UVP unterzogen werden. Im Rahmen der EU-Ratspräsi-
dentschaft hat die Bundesregierung vor allem eine neutrale und vermittelnde
Rolle.

        24. Zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des EuGH vom 29. Juli
            (Rechtssache C411/17) die Schlussfolgerung, dass die Betreiber von
            Atomkraftwerken in der EU laut dieser Rechtsprechung nur dann zur
            Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichtet wären,
            wenn die Laufzeitverlängerung zusammen mit Modernisierungsarbeiten
            großen Umfangs auftritt?

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 29. Juli 2019
(C-411/17) hat festgestellt, dass eine Laufzeitverlängerung, die untrennbar mit
einer Nachrüstverpflichtung über 700 Mio. Euro verbunden ist, in der Gesamt-
betrachtung ein „Projekt“ im Sinne der UVP-Richtlinie darstellt und dass daher
die Laufzeitverlängerung der belgischen Atomkraftwerke einer UVP bedurfte.
Zur Frage, ob die Betreiber von AKW in der EU auch dann zur Durchführung
einer UVP verpflichtet sind, wenn solche Modernisierungsmaßnahmen nicht
stattfinden, äußert sich das Urteil nicht.

        25. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass die
            Schweiz aufgrund der Abkommen mit der EU vom EuGH-Urteil mit der
            Rechtssache C411/17 ebenfalls betroffen ist (vgl. https://www.eda.admi
            n.ch/dam/dea/de/documents/publikationen_dea/accords-liste_de.pdf),
            und hat die Bundesregierung die schweizerische Regierung darum ge-
            beten, eine UVP für die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke
            Gösgen und Beznau in diesem Sinne nachzuholen?

Zu der Frage, ob die Schweiz aufgrund des Urteils der EuGH in der Rechts-
sache C-411/17 verpflichtet ist, eine UVP für die Laufzeitverlängerung der
AKW Gösgen und Beznau nachzuholen, liegen der Bundesregierung keine ab-
schließenden Erkenntnisse vor.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode                 – 15 –                           Drucksache 19/23490

        26. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass die vor dem EU-Austritt
            gefällten Urteile des EuGH – wie z. B. das Urteil mit der Rechtssache
            C411/17 – auch nach dem Austritt weiterhin im Vereinigten Königreich
            Anwendung finden (z. B. im Rahmen der Verhandlungen über die künf-
            tige Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich, vgl. https://ec.europ
            a.eu/info/european-union-and-united-kingdom-forging-new-partnership/f
            uture-partnership_de)?

Aus Artikel 89 Absatz 1 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten
Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und
der Europäischen Atomgemeinschaft ergibt sich, dass vor Ende des Übergangs-
zeitraums ergehende Urteile und Beschlüsse des Gerichtshofs der Europäischen
Union in ihrer Gesamtheit für das Vereinigte Königreich und im Vereinigten
Königreich rechtsverbindlich sind.

        27. Wird sich die Bundesregierung im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft
            darüber hinaus dafür einsetzen, dass ein generelles Verbot von AKW-
            Laufzeitverlängerungen über die bei der Auslegung vorgesehene Dauer
            in der EU eingeführt wird?

In der Europäischen Union entscheidet nach Artikel 194 Absatz 2 Unter-
absatz 2 AEUV jeder Mitgliedstaat souverän über seinen Energiemix.

        Laufzeitverlängerungen und Alterung von Reaktordruckbehältern bzw.
        Moderatoren:

        28. Bei welchen der in den Antworten zu den Fragen 1 und 4 aufgelisteten
            AKW hat die Bundesregierung Kenntnis über Risse bzw. Materialfehler
            im Reaktordruckbehälter?

Nach Kenntnis der Bundesregierung sind von den Anlagen in der Antwort zu
Frage 1 bei Ultraschallprüfungen der Reaktordruckbehälter (RDB) der französi-
schen AKW Bugey-5, Gravelines-6, St. Laurent B-1 und B-2 sowie Tricastin-1
und des schweizerischen AKW Beznau-1 Anzeigen auf Materialbefunde fest-
gestellt worden.

        29. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass sich die Betreiberin Axpo im
            Falle eines der ältesten AKW Europas, des AKW Beznau – dessen Lauf-
            zeit ohne Umweltverträglichkeitsprüfung verlängert wurde –, vor der
            Veröffentlichung von Untersuchungsergebnissen des Reaktordruckbehäl-
            ters drückt, obwohl sich das schweizerische Bundesverwaltungsgericht
            2017 für eine Veröffentlichung entschieden hatte (vgl. Entscheid
            A-1432/2016 des schweizerischen Bundesverwaltungsgericht vom
            5. April 2017, https://entscheide.weblaw.ch/cache.php?link=05-04-2017-
            A-1432-2016 und https://energiestiftung.ch/medienmitteilung/oeko-instit
            ut-zweifelt-am-sicherheitsnachweis-von-beznau-i.html)?

Der Bundesregierung liegen hierzu keine Kenntnisse vor.
Drucksache 19/23490                                                      – 16 –                     Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

         30. Bei welchen der im Vereinigten Königreich heute noch betriebenen
             Atomkraftwerke des Typs AGR (Advanced Gas-cooled Reactor) wurde
             nach Kenntnis der Bundesregierung eine Zerbröckelung bzw. ein Ge-
             wichtsverlust der im Kern als Moderator genutzten Graphitblöcke fest-
             gestellt (vgl. Antwort auf die Schriftliche Frage 146 auf Bundestags-
             drucksache 19/13176)?

Alle Graphitblöcke als Moderator im Kern der AKW des Typs AGR verlieren
mit zunehmender Betriebszeit infolge Oxidation langsam an Gewicht. Nach
Kenntnis der Bundesregierung sind Rissbildungen in den Graphitblöcken bei
den AKW Hunterston B-1 und B-2 sowie Hinkley Point B bekannt.

         31. Wurde diese Zerbröckelung bzw. dieser Gewichtverlust nach Kenntnis
             der Bundesregierung beziffert (bitte ggf. die entsprechenden Werte für
             jedes AKW angeben)?

Nach einem Bericht der zuständigen atomrechtlichen Aufsichtsbehörde ONR
(Office for Nuclear Regulations, http://www.onr.org.uk/pars/2019/hunterston-
b-19-004.pdf) bezifferte sich die Anzahl der durch Rissbildung betroffenen
Graphitblöcke am Standort Hunterston auf über 350 im Block B-1 und unter
350 im Block B-2. Weitere Detailkenntnisse liegen der Bundesregierung nicht
vor.

         32. Sind die Konsequenzen der Alterung von Reaktordruckbehältern bzw.
             Reaktorkernen auf ihre Widerstandsfähigkeit nach Kenntnis der Bundes-
             regierung allgemein schon belastbar erforscht worden?

         33. Kann nach Kenntnis der Bundesregierung unter Berücksichtigung der
             vorhandenen Forschungsergebnisse zu diesem Thema das Versagen eines
             Reaktordruckbehälters bzw. von Moderatoren aufgrund ihres Alters in
             Europa praktisch ausgeschlossen werden?

Die Fragen 32 und 33 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam
beantwortet.
Nach Kenntnis der Bundesregierung sind in den letzten 40 Jahren Forschungs-
aktivitäten zur Integrität von Reaktordruckbehälter (RDB) international durch-
geführt worden. Dabei wurden zerstörungsfreie Prüfmethoden sowie struktur-
mechanische Berechnungsverfahren entwickelt und erprobt. Diese entwickelten
Methoden bzw. Verfahren, die im Rahmen von Sprödbruchsicherheitsnach-
weisen eingesetzt werden, werden international als belastbar zur Bewertung der
Integrität der Reaktordruckbehälter über die Betriebszeit eines AKW akzep-
tiert. Es liegt in der alleinigen Verantwortung der für ein AKW zuständigen
atomrechtlichen Aufsichtsbehörde, aus den Ergebnissen der Integritätsbewer-
tung des RDB Schlussfolgerungen zu ziehen.

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     Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
                                                                    ISSN 0722-8333
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