ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...

Die Seite wird erstellt Frank Körner
 
WEITER LESEN
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
ARBEITSMARKT FUNDRAISING

  10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraising-
  bzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in
    Deutschland sowie Expert*innen im Fundraising
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
INHALTSVERZEICHNIS
       Gliederung und Autor*innen der Studie                                                        02

       Einführung und Methodik der Studie                                                           03

       Management Summary                                                                           04

       Unsere Interview-Partner*innen                                                               06

       Die zehn Kernergebnisse der Studie                                                           14

       Interview: Gehälter im Fundraising                                                           24

       Tipps für eine erfolgreiche Rekrutierung                                                     25

       Impressum                                                                                    27

      ÜBER DIE AUTOREN DER STUDIE

                                                                                                     © Privat
      Prof. Tom Neukirchen ist gelernter Journalist und seit 20 Jahren
      in der Branche – immer wieder auch als Interims-Manager, dort
      wo Fachkräfte nicht rechtzeitig gefunden werden. Er hat 2015 die
      Gehaltsstudie des DFRV ausgewertet und bietet Angestellten immer
      wieder praktische Seminare und Coachings an, um ihr Gehalt und
      ihre Arbeitsbedingungen gezielt zu optimieren.

                                                                                                     © Margarete Redl-von Peinen
      Carola von Peinen ist Geschäftsführerin der Personalvermittlung
      Talents4Good. Die Betriebswirtin war neun Jahre im For-Profit-Sek-
      tor in der Personalberatung tätig, bevor sie sich vor sieben Jahren
      mit der Agentur Talents4Good auf den Non-Profit-Sektor spezia-
      lisierte. Mit Erfolg: Das Unternehmen expandiert. Es hat bereits 7
      Mitarbeiter*innen und einen stetig wachsenden Kundenstamm, der
      neben Fundraiser*innen auch Geschäftsführungen, Vorstände und
      unterschiedliche Fachkräfte über Talents4Good sucht und findet.

      DANKSAGUNG
      Diese Studie wäre nicht möglich gewesen ohne die finanzielle Unterstützung der Anzeigenkund*innen
      und ohne die Zeit, die Offenheit und das Know How der interviewten Experten*innen. Dafür möchten
      wir allen von Herzen danken.

      Wir hoffen, die Erkenntnisse inspirieren Sie in Ihrer täglichen Arbeit.

      Wir freuen uns darauf, wenn diese Studie den Dialog innerhalb der Branche rund um dieses Themen-
      feld beflügelt und wir gemeinsam und besser den Personalbedarf von Morgen decken können.

      In diesem Sinne, Carola von Peinen & Prof. Tom Neukirchen

2 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
EINFÜHRUNG
Frühjahr 2019: Die Konjunktur brummt, in Deutschland herrscht
fast Vollbeschäftigung – und seit langem ein gravierender Fachkräf-
temangel. Auch im Fundraising. Denn immer mehr gemeinnützige                              Erfahrene und
Organisationen betreiben Fundraising oder weiten ihre Aktivitäten                         spezialisierte
massiv aus. Internationale Organisation eröffnen Fundraising-Büros                        Fundraiser*innen
in Deutschland und Stiftungen – die bislang eher auf der Geberseite
                                                                                          werden hände-
waren – müssen aufgrund der Niedrigzinslage auch zusätzliche
                                                                                          ringend gesucht.
Gelder einwerben. Die Lage hat sich in den vergangenen fünf Jahren
deutlich zugespitzt. Fundraising-Expert*innen sind rar und werden
bisweilen auch vergeblich gesucht.

Der Non-Profit-Bereich wird ohne qualifiziertes Fundraising-Personal
weit unter seinen finanziellen Möglichkeiten bleiben. Ein Grund mehr,
den Personalbereich der Branche unter die Lupe zu nehmen und                             20 anonymisierte
seine aktuelle und zukünftige Entwicklung zu beleuchten.                                 Expert*innen Interviews
                                                                                         in Deutschland im
                                                                                         ersten Quartal 2019.

METHODIK
Sorgfältig wurden 20 Experten*innen aus dem
Fundraising und aus dem Personalbereich
                                                                                    • Hamburg
ausgewählt. Sie wurden im ersten Quartal 2019
interviewt. Die Dauer der Interviews lag zwischen
                                                                                                        • Berlin
40 - 90 Minuten. Den Interviewten wurde zu-
gesagt, dass ihre Aussagen nur anonymisiert
verwendet werden, sodass eine vertrauensvolle
                                                              • Duisburg
Gesprächsatmosphäre aufgebaut werden konnte.
                                                                  • Köln
Den Interviewten wurde vorab eine Stichwortlis-            • Aachen
                                                                   • Bonn
te übersandt. Die Gespräche wurden an einem                          • Bad Honnef
Leitfaden entlang, aber meistens frei geführt. Die                          • Friedrichsdorf bei Frankfurt
Gespräche verliefen daher immer etwas unter-                               • Darmstadt

schiedlich und hatten einen eigenen Schwerpunkt,                             • Bensheim

den die Interviewten frei einbrachten.

Unser Ziel war es, herauszufinden, wie der Per-
sonalmarkt für Fundraiser*innen aktuell einge-                                              • München

schätzt und welche Entwicklung er nehmen wird.
Zudem ging es um eingesetzte oder geplante
Erfolgsstrategien zur Gewinnung und Bindung
von qualifiziertem Fundraising-Personal – als                                 Gesucht und gefunden: Tipps
praktische, kollegiale Beratung und Handrei-
                                                                              zur Gewinnung und Bindung
chung für alle Akteur*innen im Markt.
                                                                              von qualifiziertem Personal.

                                                                                             ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 3
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
MANAGEMENT SUMMARY

                       1. Der Markt expandiert, Fachkräfte fehlen

      1                Der Fundraising-Markt ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Orga-
                       nisationen stellen immer mehr Fundraiser*innen ein. Während früher
                       fachfremde Quereinsteiger*innen den Markt prägten, bringen heute
                       junge Einsteiger*innen branchenspezifische Qualifikationen mit. Aber
                       bei erfahrenen Fundraising-Leiter*innen und bei Spezialist*innen, z.B.
                       für CRM-Systeme oder im Online Bereich, besteht ein immer größer
                       werdender Engpass.

       2               2. Immer höhere Spezialisierung der Fundraiser*innen
                       Früher brauchte es für erfolgreiches Fundraising vorwiegend Mailing-
                       Spezialist*innen, heute sind die Anforderungen differenzierter. Fund-
                       raising-Abteilungen bestehen aus Teams von Expert*innen, z.B. für
                       Großspenden, Stiftungen, Unternehmenskooperationen oder Social
                       Media. Kleine NGOs suchen Allrounder*innen mit Überblickswissen,
                       die alles zumindest ein bisschen können.

       3               3. Kompetenzen der Zukunft für Fundraiser*innen
                       Die Einnahmen und der Personalbestand in den Bereichen Großspenden,
                       Erbschaften, Stiftungen und Unternehmenskooperationen nimmt seit
                       Jahren zu – und zugleich schreitet die Automatisierung vieler Prozesse
                       weiter voran. Dementsprechend sind Mitarbeiter*innen mit technisch-
                       analytischen Kompetenzen oder kommunikativen Begabungen in Zukunft

                               Manag
                       besonders gefragt.

       4               4. Quereinsteiger*innen: Frischer Blick von außen
                       Der Markt ist leergefegt. Eine Erfolgsstrategie: Rekrutierung neuen Perso-
                       nals aus der klassischen Wirtschaft. Die anfängliche Skepsis ist verflogen,
                       neue Mitarbeiter*innen fügen sich gut ein. Trotz schlechterer Bezahlung
                       punkten die Gemeinnützigen: mit Sinnstiftung, gelebten Werten und flexi-
                       blen Arbeitsmodellen.

       5
                       5. Erfolgsstrategie: Interne Qualifizierung und Rekrutierung
                       Eine zweite Erfolgsstrategie: interne Besetzungen offener Stellen, häufig
                       aus dem Projektbereich. Oder Übernahme und Qualifizierung von Aus-
                       hilfskräften und Werk-Student*innen.

4 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
6. Rekrutierungs-Plattformen und Employer Branding
 Rekrutierung erfolgt über spezifische Jobplattformen der Branche – und
 immer mehr über Xing, persönliche Netzwerk-Kontakte und Dienstleister,
 die Fundraising-Netzwerke mitbringen und helfen, Neubesetzungen
                                                                                           6
 schnell und professionell abzuwickeln. Aber ohne einen guten Ruf als
 Arbeitgeber wird es immer schwieriger.

 7. Führung im Fundraising wird immer wichtiger

                                                                                           7
 Große Fundraising-Abteilungen haben Teams mit unterschiedlichen
 Arbeitsweisen und teilweise konfligierenden Zielen. Das erfordert eine
 strategische und integrierende Leitungskompetenz. Führungskräfte
 müssen immer mehr als Coaches fungieren und die Bedürfnisse ihrer
 Mitarbeiter*innen kennen.

 8. Werte, Freiräume und Unternehmenskultur
    binden Mitarbeiter*innen

                                                                                           8
 Eine auskömmliche Entlohnung ist wichtig. Darüber hinaus sind Mitarbei-
 ter*innen durch Freiräume in der Aufgabengestaltung, Flexibilität bezüglich
 Zeit und Ort und eine gute Unternehmenskultur mehr zu motivieren und
 zu binden als über Geld. Home Office, Gleit- und Auszeiten sowie über-
 tragene Projektverantwortung und interessante Arbeitsinhalte spielen
 die größte Rolle.

gement
 9. Karrierewege, Aus- und Weiterbildung

                                                                                           9
 Weiterbildungen und gemeinsame Karriereplanung werden wichtiger,
 gerade weil Aufstiegschancen in kleinen und mittleren Organisationen
 nur begrenzt funktionieren. Fachkarrieren ohne Führungsverantwortung
 sind eine Lösung, gleitende Einarbeitung in ganz neue Aufgabenfelder
 eine andere.

 10. Markt-Ausblick
 Für die Zukunft prognostizieren die Expert*innen einen verschärften Wett-

                                                                                         10
 bewerb um Talente, anziehende Gehälter sowie eine höhere Fluktuation,
 insbesondere in den Ballungsräumen Berlin und Köln/Bonn. Dort dürfte
 die Rekrutierung leichter, aber die Bindung schwieriger werden. Insgesamt
 sehen die meisten Expert*innen ihre Chancen als Arbeitgeber auch in
 Zukunft positiv.

                                                                               ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 5
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
UNSERE WISSENSQUELLE
                                  DIE INTERVIEW-PARTNER*INNEN
    © Misereor

                                                                                                    © Schomerus
                                                             Andreas Lohmann                                                                 Andreas Schiemenz
                                                             Abteilungsleiter Partnerschaften                                                Geschäftsführer, Schomerus –
                                                             und Spenderkontakte,                                                            Beratung für gesellschaftliches
                                                             Misereor Aachen                                                                 Engagement GmbH

                                  „  Wir brauchen Leute mit Überblickswissen.                                     „ Wir brauchen kreative Zerstörer, die der
                                  Stagen in anderen Fundraising-Teams, an-                                        Branche endlich fundamentale Innovationen
                                  deren Abteilungen (z.B. Programmbereich)                                        bescheren. Dafür brauchen wir die besten
                                  oder sogar befreundeten Organisationen                                          Köpfe. Um die zu kriegen, müssen wir Fund-
                                  sind überaus hilfreich: Für die Einarbeitung                                    raiser*innen deutlich besser bezahlen.
                                  und ein gutes Miteinander im eigenen Haus.

                                  Andreas Lohmann, 61 Jahre, Theologe und Kommunikations-
                                                                                              “                   Denn nur wer wirklich gut bezahlt, rekrutiert
                                                                                                                  und bindet die Richtigen. Alles andere ist ein
                                  wirt. Nach mehreren Jahren in der Gemeindepastoral, arbeitete
                                  er als Berater und Texter in einer Werbeagentur. Seit 2001
                                                                                                                  gefährlicher Irrglaube.
                                                                                                                                                 “
                                                                                                                  Andreas Schiemenz hat als Direktor bei der HSH Nordbank
                                  bei MISEREOR, seit 2008 Abteilungsleiter Partnerschaften
                                                                                                                  in Hamburg den Bereich „Philanthropie, Stiftungen und Ver-
                                  und Spenderkontakte.
                                                                                                                  mögensgestaltung“ aufgebaut und geleitet, war Leiter des
                                                                                                                  Fundraising beim Bundesverband der Johanniter-Unfall-
                                                                                                                  Hilfe e.V. in Berlin und bei der Berliner Stadtmission. Außer-
                                                                                                                  dem ist er ein anerkannter Referent, Moderator und Coach
                                                                                                                  sowie Herausgeber des Buches „Das persönliche Gespräch:
                                                                                                                  Fundraising durch Überzeugung“.
    © Malteser Hilfsdienst e.V.

                                                             Arne Peper
                                                             Bereichsleiter Förderer Services,
                                                             Malteser Hilfsdienst e.V.
                                                                                                    © privat

                                  „  Es gibt mehr Stellen als Bewerber*innen.
                                                                                                                                             Beate Eberhardt
                                                                                                                                             Leiterin Personal und Unter-
                                                                                                                                             nehmenskultur, World Vision
                                  Vielen NGOs ist gar nicht bewusst, dass
                                                                                                                                             Deutschland e.V.
                                  gezielte Abwerbungen durch andere Organi-
                                  sationen ein Damoklesschwert ist, das über
                                  vielen schwebt.
                                                       “                                                          „ Was die Menschen zu uns bringt und bei
                                  Arne Peper, Jahrgang 1962, Diplom-Physiker, war viele Jahre                     uns hält, ist vor allem die sinnstiftende Tätig-
                                  als Datenbankspezialist beschäftigt, bevor er 1997 zunächst                     keit und beispielsweise auch der Kontakt zu
                                  als IT-Leiter, später als Geschäftsführer in eine Full-Service-                 anderen Ländern und Kulturen – und was
                                  Fundraising-Agentur wechselte. Von 2013 - 2018 war er
                                  Geschäftsführer des Deutschen Fundraising Verbandes e.V.,
                                                                                                                  wir dort bewirken können. Das schafft eine
                                  mit über 1000 Mitgliedern der zweitstärkste europäische
                                  Berufs- und Fachverband der Fundraising-Branche.
                                                                                                                  hohe emotionale Bindung.
                                                                                                                                                      “
                                                                                                                  Beate Eberhardt, seit März 2017 Leiterin der Abteilung
                                                                                                                  Personal- und Unternehmenskultur bei World Vision
                                                                                                                  Deutschland e.V.“

6 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
HELFEN SIE DEN
                     KINDERN IN SYRIEN
© UNICEF/UN055730/

                     www.unicef.de
                     Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Köln
                     IBAN: DE57 3702 0500 0000 3000 00
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
© Patrick Wittmann

                                                                                          © Brot für die Welt
                                                   Beate Fischer                                                                             Birgit Kern
                                                   Leitung Personal,                                                                         Referatsleiterin Spender-
                                                   SOS Kinderdörfer weltweit                                                                 kommunikation, BROT für die Welt

                         „  Im Fundraising rekrutieren wir bewusst                                                „ Spezialist*innen sind nur gut, wenn sie
                         Quereinsteiger*innen aus den Bereichen Ver-                                              vorher mal Generalisten waren und Fund-
                         trieb und Marketing – außer in ganz speziellen
                         Fundraisingsegmenten, die profundes Pro-
                                                                                                                  raising in Gänze wirklich verstehen.
                                                                                                                                                                    “
                                                                                                                  Seit 1992 ist Birgit Kern, Volljuristin, Fundraiserin. Sie hat
                         grammwissen erfordern. Unsere starke Marke,                                              bei und für verschiedene Organisationen gearbeitet,
                         unser Angebot zur Work/Life-Balance und                                                  WWF-Deutschland, Deutsche Stiftung Weltbevölkerung,
                         die marktübliche Bezahlung tragen dazu bei,                                              Deutsche Rotes Kreuz, wie auch auf der Dienstleisterseite
                         dass wir uns auf dem engen Bewerber-Markt                                                bei der GFS in Bad Honnef. Seit 8 Jahren leitet Birgit Kern

                                                                “
                                                                                                                  das Referat Spenderkommunikation bei Brot für die Welt –
                         nach wie vor gut behaupten.                                                              Diakonie Katastrophenhilfe und verantwortet dort das ge-
                                                                                                                  samte Fundraising.
                         Beate Fischer hat Anglistik und Geschichte studiert und
                         zunächst 13 Jahre im IT-Bereich in der Profit-Welt gearbeitet.
                         Seit 2001 arbeitet sie bei SOS Kinderdörfer weltweit, zunächst
                         im Fundraising, dann in der Personalentwicklung und seit
                         2015 als Leitung Personal.
                                                                                          © FOUR PAWS Fred Dott

                                                                                                                                             Dr. Matthias Lehmann
                                                                                                                                             Head of Fundraising,
                                                                                                                                             Vier Pfoten Deutschland
    © privat

                                                   Carsten Scholz
                                                   Leiter Fundraising,
                                                   Deutsche Welthungerhilfe e.V.                                  „ Mittlerweile achten wir bei Bewerber*innen
                                                                                                                  weniger auf Fundraisingerfahrung, sondern
                                                                                                                  mehr auf grundsätzliche Fähigkeiten und

                         „  Es gibt nur sehr wenige, qualifizierte und
                                                                                                                  Eigenschaften, die für die jeweilige Stelle
                                                                                                                  wichtig sind. Fachlich qualifizieren wir dann
                         wechselbereite Fundraiser*innen. Die zweite
                         Reihe ist kaum sichtbar und schwer zu
                         identifizieren: weder in Netzwerken noch
                                                                                                                  on the job.
                                                                                                                                 “
                                                                                                                  Dr. Matthias Lehmann ist Head of Fundraising Deutschland
                         als Speaker auf Kongressen o. ä.
                                                                     “
                         Carsten Scholz kann eine zwanzig jährige Fundraising Erfahrung
                                                                                                                  bei der international tätigen Tierschutzorganisation VIER
                                                                                                                  PFOTEN – Stiftung für Tierschutz. Davor war er Teamleiter
                                                                                                                  Fundraising bei PETA Deutschland e.V. Er ist Fundraising
                         in sowohl kleinen als auch großen Organisationen unter                                   Manager (FA) und Mitglied des Ethikausschusses des Deut-
                         anderem als Referent Fundraising bei der Kindernothilfe e.V.                             schen Fundraising Verbandes und referiert regelmäßig auf
                         und als Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe e.V. vor-                               Fundraising-Tagungen und bei der Fundraising Akademie.
                         weisen. Seit 2005 arbeitet er für die Welthungerhilfe in Bonn
                         und ist heute Leiter Fundraising.

8 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
© ANT Informatik

                                                                                 © privat
                                              Johannes Bausch                                                                Manfred Richter
                                              Geschäftsführer, Deutscher                                                     Leiter Personal,
                                              Spendenhilfsdienst GmbH                                                        UNICEF Deutschland

                     „ So lange Anforderung, Kenntnisse und                                         „ Gute Leute kommen und bleiben, wenn
                     Gegenleistung nicht eine große Schnitt-                                        man ihnen Freiräume bietet und die strategi-
                     menge haben, wird es keine erfolgreiche                                        sche Ausrichtung klar ist. Unser Anspruch als
                     Zusammenarbeit.
                                            “                                                       Arbeitgeber ist daher: Vorangehmodus statt

                     Johannes Bausch ist seit 25 Jahren im Fundraising mit
                     Erfahrungen aus der Geschäftsführung in NPO, Deutscher
                                                                                                    Verwaltungsmodus.
                                                                                                                             “
                                                                                                    Nach dem Studium der Psychologie mit den Schwerpunkten
                     Spendenhilfsdienst, dem Vorstand des Fundraising Ver-                          Organisation- und Arbeitspsychologie sowie Stationen in der
                     bandes und ANT-Informatik, gepaart mit fünf Jahren Profit                      Personalentwicklung und Personalleitung in der Privatwirt-
                     Marketing Erfahrung.                                                           schaft ist Manfred Richter seit 2006 für das Personalma-
                                                                                                    nagement bei UNICEF Deutschland verantwortlich.
© Gero Breloer DRK

                                                                                 © Kindernothilfe

                                              Marc Groß
                                              Bereichsleiter Kommunikation,                                                  Marcel Rütten
                                              Marketing und Fundraising,                                                     Blogger bei HR4Good,
                                              Deutsches Rotes Kreuz                                                          ehemals Kindernothilfe

                     „  Wir rekrutieren auch gezielt in Anrainer-
                     Branchen, um unseren Bedarf zu decken.                                         „ Digitale Kommunikationskompetenz ist so
                     Sowohl zur Gewinnung als auch zur Bindung                                      wichtig wie die eigene Muttersprache! Über
                     von Mitarbeitern sind letztlich drei Faktoren                                  Social Media schaffen Mitarbeitende Identität
                     wichtig: eine wirklich sinnstiftende kohärente                                 und Transparenz für sich und die Organisati-
                     Vision für die Orga, greifbare Gestaltungs-                                    on und sind für ihre Zielgruppen sichtbarer.
                     freiräume für die eigene Arbeit und das                                        Ihre Identifikation mit der Arbeitgebermarke
                     Wichtigste: ehrlich gemeinte, persönliche                                      schafft somit einen echten Mehrwert!
                                                                                                                                                   “
                     Wertschätzung.
                                        “
                     Marc Groß ist im DRK Bundesverband für die Themen
                                                                                                    Marcel Rütten ist Blogger von HR4Good und Head of Talent
                                                                                                    Acquisition & Employer Branding bei der Berner Group.
                     Marketing, Kommunikation und Fundraising zuständig. Mit                        Zuvor hat er mehr als sechs Jahre als HR Manager der
                     seinem Team steuert er die Marke des DRK und richtet sie                       Kindernothilfe das Recruiting und Employer Branding der
                     auf die Herausforderungen die Zukunft aus. Davor ver-                          NGO geprägt. Er gilt als einer der Experten rund um das
                     antwortete er die Kommunikation der Welthungerhilfe. Zu                        Thema Recruiting und Personalmarketing. Seine Konzepte
                     dem, war er als Kommunikationsoffizier der Bundeswehr in                       im HR-Bereich wurden bereits mehrfach ausgezeichnet.
                     Kriseneinsätzen wie Afghanistan oder Kosovo.

                                                                                                                                         ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 9
ARBEITSMARKT FUNDRAISING - 10 Erkenntnisse aus einer Befragung von Fundraisingbzw. Personalleiter*innen kleiner und großer NGOs in Deutschland ...
© Agentur Zielgenau

                                                                                                   © Don Bosco Mission
                                                             Miriam Wagner Long                                                                    Thomas Becker
                                                             Geschäftsführerin, Agentur                                                            Leiter Fundraising und Marketing,
                                                             Zielgenau Darmstadt                                                                   Don Bosco Mission Bonn

                                   „ Wir würden es viel leichter haben, gutes                                            „  Der Einstieg über längere Praktika ist
                                   Personal aus Anrainer-Branchen zu rekrutie-                                           passé. Der Arbeitsmarkt hat sich massiv ver-
                                   ren, wenn das Image des Fundraisings bes-                                             ändert. Wir sind bei Personaleinstellungen
                                   ser und das Berufsbild bekannter wäre.
                                                                                          “
                                   Als geschäftsführende Gesellschafterin verantwortet Miriam
                                                                                                                         heute viel flexibler. Gute Rekrutierungs-
                                                                                                                         Erfahrungen haben wir mit Junior-Referenten-
                                   Wagner Long den Bereich Fundraising der Agentur Zielgenau
                                   GmbH. Sie war 7 Jahre im Fundraising in den USA, zuletzt
                                                                                                                         Stellen gemacht.
                                                                                                                                               “
                                                                                                                         Thomas Becker ist seit vielen Jahren leitend im Bereich
                                   als „Director of Development“ für die NephCure Foundation,
                                                                                                                         Finanzen und Fundraising tätig. Seit 2015 leitet er die Ab-
                                   tätig. Durch ihre Arbeit mit gemeinnützigen Organisationen
                                                                                                                         teilung Fundraising und Marketing bei der Don Bosco
                                   aus den unterschiedlichsten Bereichen, entwickelte sie eine
                                                                                                                         Mission Bonn. Er ist Geschäftsführer von Don Bosco-nahen
                                   Leidenschaft für den dritten Sektor und schloss 2009 berufs-
                                                                                                                         Stiftungen. Als studiertem Theologen ist ihm die aktive
                                   begleitend ein Masterstudium „MS Nonprofit-Management“
                                                                                                                         Kommunikation wichtig. Schwerpunkt seiner Referate
                                   in den USA ab. Seit April 2014 engagiert sie sich ehrenamt-
                                                                                                                         bei Fachveranstaltungen sind die Themen ‚Zielgruppen-
                                   lich im Vorstand des Deutschen Fundraising-Verbands.
                                                                                                                         Konzepte‘ und ‚Middle Donors‘.
     © Axel Kirchhof/ Greenpeace

                                                                                                   © OXFAM Deutschland

                                                             Uli Busch
                                                                                                                                                   Ulrich Bärtels
                                                             Leiterin Großspenden,
                                                                                                                                                   Director, Leiter Personal &
                                                             Stiftungen und Erbschaften,
                                                                                                                                                   Organisation | Director Human
                                                             Greenpeace e.V. Hamburg
                                                                                                                                                   Resources & Organisations
                                                                                                                                                   Oxfam Deutschland

                                   „ Greenpeace entwickelt kontinuierlich seine
                                                                                                                         „  Der Markt für Fundraiser*innen ist sehr eng.
                                   Mitarbeiter*innen, investiert in sie und gibt
                                                                                                                         Unsere Strategie ist es daher, auf Querein-
                                   ihnen Verantwortung. Gleichzeitig setzen
                                                                                                                         steiger und solche Bewerber*innen zu setzen,
                                   Quereinsteiger*innen in unserem Team wert-
                                   volle Impulse. Mit dieser Vielfalt können wir
                                                                                                                         die wir noch intern qualifizieren können.
                                                                                                                                                                              “
                                   das Potenzial am besten ausschöpfen.
                                                                                      “
                                   Uli Busch arbeitete nach ihrem Studium der Germanistik und
                                                                                                                         Ulrich Bärtels hat in Lüneburg Wirtschafts- und Sozialwis-
                                                                                                                         senschaften studiert und einen internationalen Master in
                                                                                                                         Öffentliche Gesundheit in Heidelberg absolviert. Er hat zu-
                                   Kulturwissenschaften bei der PR-Agentur Faktor3 in Hamburg.                           nächst im Krankenhausmanagement und in der deutschen
                                   Später wechselte sie ins Fundraising und beriet bei Fundgiver                         Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet, bevor er 2007 bei
                                   Social Marketing gemeinnützige Organisationen. Seit 2012                              OXFAM anheuerte, zunächst als Verwaltungsleiter. Seit 2015
                                   bringt Uli Busch ihre Erfahrung bei Greenpeace ein, wo sie                            ist Herr Bärtels Leiter des Bereichs Personal & Organisation
                                   heute die High Value-Programme verantwortet.                                          und Prokurist der Oxfam Deutschland Shops gGmbH.

10 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
© CBM

                                                                                                      © Kwiotek
                                                                 Susanne Wohmann                                                                 Dr. Sebastian Brandis
                                                                 Geschäftsbereichsleitung                                                        Vorstand, Menschen für
                                                                 Spendenmarketing, Christoffel-                                                  Menschen Deutschland
                                                                 Blindenmission Deutschland e.V.

                                        „  In Zukunft brauchen wir im Fundraising                                      „  Wir brauchen Menschen, die offen sind
                                        noch mehr Kommunikationstalente. Menschen,                                     für Neues und durch Empathie auch echte
                                        die es schaffen andere anzusprechen, ein-                                      Brücken bauen zwischen verschiedenen
                                        zubinden und zu engagieren. Wir brauchen                                       Teilen der Gesellschaft. Sie müssen ihr Tun
                                        strategische Köpfe, die alle Kanäle bedienen                                   immer wieder hinterfragen, aber sich selbst
                                        können, die weniger in Zielgruppen als in                                      nicht zu sehr in Frage stellen. Menschen mit
                                        Kontexten denken, die mutig sind und offen                                     Bauchgefühl und Mut zu entscheiden.
                                                                                                                                                                          “
                                        für Neues.
                                                     “
                                        Susanne Wohmann bringt mehr als 20 Jahre Erfahrung im
                                                                                                                       Dr. Sebastian Brandis ist seit Dezember 2016 Vorstand der
                                                                                                                       Stiftung Menschen für Menschen. Vor seiner Berufung zum
                                        Fundraising und Marketing für NGOs in Deutschland mit.                         Vorstand war Sebastian Brandis von 2010 bis 2016 Geschäfts-
                                        Vor ihrem Einstieg bei der CBM war sie sechs Jahre Leiterin                    führer bei der e-shelter facility services GmbH (Frankfurt am
                                        Wachstum bei Amnesty International. Zuvor war sie auf                          Main), die Rechenzentren in Deutschland, Österreich und
                                        Agenturseite tätig und setzte zahlreiche erfolgreiche                          der Schweiz entwickelt und betreibt. Davor war er von 2001
                                        Kampagnen u.a. für das DRK, den WWF, die Caritas, World                        bis 2010 in mehreren leitenden Funktionen bei der British
                                        Vision, Unicef und viele weitere NGOs um.                                      Telecommunications Group Germany (BT Germany und
                                                                                                                       BT Global Services) tätig; von 2008 an als Geschäftsführer
                                                                                                                       der BT Germany (München). Weitere Stationen waren VIAG
                                                                                                                       Interkom (1998 bis 2001) und Booz Allen & Hamilton (1995-
                                                                                                                       1998). 2016 wirkte er als privater Investor und Gründer
                                                                                                                       sozialer und kultureller Initiativen in München. Dr. Brandis
© Plan International Deutschland e.V.

                                                                                                                       ist innerhalb der Stiftung u.a. für die Bereiche Verwaltung,
                                                                                                                       Finanzen und Kommunikation zuständig.
                                                                 Wolfgang Porschen
                                                                 Geschäftsführer Marketing &
                                                                 Fundraising, Plan International
                                                                 Deutschland e.V.
                                                                                                      © Talents4Good

                                        „ Quereinsteiger aus dem Marketing oder                                                                  Judith Hartmann
                                                                                                                                                 Mitglied der Geschäftsleitung,
                                        Vertrieb können als Expert*innen ihr Know-
                                                                                                                                                 Talents4Good GmbH
                                        How einbringen und haben dabei in NGOs
                                        große Gestaltungsmöglichkeiten. Verbunden
                                        mit dem sinnstiftenden Auftrag ist er für
                                        mich und viele andere ein Traumjob.
                                                                                        “                              „ Klassische Rekrutierungswege funktionieren
                                        Wolfgang Porschen, Geschäftsführer Marketing & Fund-
                                                                                                                       im Fundraising schon länger nicht mehr. Hier
                                        raising arbeitet seit Januar 2000 für Plan International                       brauchen Arbeitgeber entweder ein sehr gutes
                                        Deutschland e.V.. Davor sammelte er umfangreiche Marketing-
                                        erfahrungen (insbesondere im Direktmarketing) bei ver-
                                        schiedenen Versandhandelsunternehmen und als Einkäufer
                                                                                                                       Netzwerk oder die Unterstützung durch Profis.

                                                                                                                       Judith Hartmann studierte Politikwissenschaft, Völkerrecht
                                                                                                                                                                                  “
                                        im Food-Bereich.                                                               und Interkulturelle Kommunikation in München und London.
                                                                                                                       Nach beruflichen Stationen in der politischen Erwachsenen-
                                                                                                                       bildung und der partizipativen Stadtentwicklung ist sie 2016
                                                                                                                       zu dem Sozialunternehmen Talents4Good gestoßen. Dort
                                                                                                                       leitet sie u.a. den Bereich der Karriereberatung, in dem Um-
                                                                                                                       stiegswillige aus der klassischen Wirtschaft bei ihrem Weg in
                                                                                                                       den gemeinnützigen Sektor begleitet werden.

                                                                                                                                                             ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 11
1          DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

           1. DER MARKT EXPANDIERT,
              FACHKRÄFTE FEHLEN
                                     Der Fundraising-Markt ist in den letzten Jahren stark gewachsen.
                                     Organisationen stellen immer mehr Fundraiser*innen ein.
                                     Während früher fachfremde Quereinsteiger*innen den Markt
                                     prägten, bringen heute junge Einsteiger*innen branchenspezi-
                                     fische Qualifikationen mit. Aber bei erfahrenen Fundraising-
                                     Leiter*innen und bei Spezialist*innen, z.B. für CRM-Systeme
                                     oder im Online Bereich, besteht ein immer größer werdender
                                     Engpass.

                                     Die Zahl der gemeinnützigen Organisationen wächst – und der An-
                                     teil der aktiv Fundraisenden ebenfalls. Diese Expansion hat Folgen:
                                     Viele NGOs suchen vergeblich Fundraising-Leiter*innen oder Spezi-
                                     alist*innen mit langjähriger Erfahrung. Insbesondere Personen mit
                                     Expertise im Direktmarketing, mit Online- und Social Media-Fähig-
                                     keiten werden gesucht. Aber genauso Persönlichkeiten, die wohl-
                                     habende Spender*innen, Unternehmen oder Stiftungen erfolgreich
                                     ansprechen können, sind derzeit rar.

                                     Anders als in anderen Branchen ist die Wechselbereitschaft eher
                                     gering. Viele Angestellte sind intrinsisch motiviert und an ihre Or-
           Der Markt ist leer-
                                     ganisation emotional gebunden. Ein höheres Einkommen lässt sich
           gefegt, gute Zeiten für
                                     meist nur durch einen Wechsel zu einer anderen Organisation
           Arbeitnehmer*innen!       bewerkstelligen. Aber da höhere Wohnungskosten bei einem Umzug
                                     die Gehaltszuwächse wieder auffressen würden, sinkt die Wechsel-
                                     bereitschaft, sobald ein Wohnortwechsel ins Spiel kommt. Große
                                     Gehaltssprünge sind ohnehin nur selten möglich, da viele Organi-
                                     sationen an Tarifverträge wie den für den öffentlichen Dienst (oder
                                     daran orientierter Verträge) gebunden sind.

                                     Positiv wird vermerkt, dass Nachwuchskräfte aus Hochschulen heute
           Kaum Wechselanreize       besser qualifiziert sind als früher: Sie bringen passende Studiengänge
                                     und Fortbildungen mit, sodass Einarbeitungszeiten sich verkürzen.
           für gefragte
                                     Manche Expert*innen beklagen, dass es schwierig ist, Potenzial-
           Führungskräfte und
                                     träger*innen in der „zweiten Reihe“ aktiv anzusprechen, da diese
           Spezialist*innen.
                                     kaum sichtbar sind und sich nicht präsentieren, etwa auf Kongressen
                                     und Netzwerktreffen.

    12 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
Tierleid berührt.
VIER PFOTEN beschützt.
VIER PFOTEN erkennt Missstände, rettet Tiere in Not und
beschützt sie. Weltweit.
Jetzt engagieren auf www.vier-pfoten.de/25Jahre
2          DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

           2. IMMER HÖHERE SPEZIALISIERUNG
              DER FUNDRAISER*INNEN
                                                                          Früher brauchte es für erfolgreiches Fundraising vorwiegend
           Immer differenziertere                                         Mailing-Spezialist*innen, heute sind die Anforderungen diffe-
           Anforderungen an                                               renzierter. Fundraising-Abteilungen bestehen aus Teams von
                                                                          Expert*innen, z.B. für Großspenden, Stiftungen, Unternehmens-
           Fundraiser*innen.
                                                                          kooperationen oder Social Media. Kleine NGOs suchen All-
                                                                          rounder*innen mit Überblickswissen, die alles zumindest ein
                                                                          bisschen können.

                                                                          Die Anforderungen an Fundraiser*innen haben sich in den letzten
                                                                          Jahren extrem ausdifferenziert. So findet man insbesondere bei den
                                                                          größeren Organisationen viele Spezialist*innen, etwa für die gezielte
                                                                          Ansprache von Großspender*innen, Stiftungen, Erbschaften und
                                                                          Unternehmenskooperationen. Jeder Bereich benötigt eine andere
                                                                          Herangehensweise und Sprache. Auch für die strukturierte Arbeit
                                                                          mit Datenbanken, die Spender*innenwerbung über Online-Medien
                                                                          und Social Media sowie die Ansprache jüngerer Zielgruppen ist
                                                                          immer spezifischeres Fachwissen erforderlich.

           Von mitfühlendem                                               Bei der Ansprache von Einzelpersonen sei eine authentische, stil-
           Gespräch bis Daten-                                            sichere Kommunikation sowie eine Identifikation mit den Inhalten
                                                                          der Organisation nötig. Denn gute Fundraiser*innen „verkaufen
           bankanalyse: unter-
                                                                          immer auch ein gutes Gefühl.“
           schiedliche Fähigkeiten
           sind gefragt.                                                  Die Kolleg*innen im Direktmarketing benötigten dagegen eher
                                                                          exzellente schriftliche Kommunikationsfähigkeiten und eine gewisse
                                                                          Technikaffinität. Sie müssen quasi mündlich und schriftlich zuhören
                                                                          können, Datenbanken analysieren, und in Zielgruppen- und Donor
                                                                          Journey-Logiken denken.

                                                                          Die Expert*innen wünschen sich Kolleg*innen, die über den Teller-
                                            DA                            rand hinausschauen und die Bedürfnisse ihrer Kolleg*innen in an-
                                                 TE
                                                      NA                  deren Abteilungen mitdenken. Und eine gute Portion Erfolgshunger.
                       SPE                                 NA
                             ND                                 LY
                                  EN                                 SE
                                       BU
                                            CH
                                                 HA
          UNT                                         LTU
                ERNE                                        NG                                V.A
                       HME                                                                          . DI
                             NSKO                                                                          REK
                                       OPER                                                                      TM
                                                  ATIO                                                                ARK
                                                            N                                                               ETIN
                                                                                                                                   G
                              SOCIAL MEDIA

                                                    DEN
                             GROSSSPEN
             DAUER- &
                                                    TING
                                   A        RKE
                        DIR   EKTM
                                                           HR
                                                S   ME
                                            ELE
                                  DV
                                        I                                       HEUTE                                                  FRÜHER
                             UN

    14 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

3. KOMPETENZEN DER ZUKUNFT FÜR
                                                                                                           3
   FUNDRAISER*INNEN
Die Einnahmen und der Personalbestand in den Bereichen
Großspenden, Erbschaften, Stiftungen und Unternehmens-
                                                                            Wandel nicht nur
kooperationen nehmen seit Jahren zu – und zugleich schreitet
                                                                            ertragen, sondern
die Automatisierung vieler Prozesse weiter voran. Dement-
sprechend sind Mitarbeiter*innen mit technisch-analytischen                 gestalten können.
Kompetenzen oder kommunikativen Begabungen in Zukunft
besonders gefragt.

Was alle Mitarbeiter*innen betreffen wird: Sie müssen den disruptiven
Wandel als Dauerzustand nicht nur ertragen können, sondern aktiv ge-
stalten und offen sein, insbesondere auch für technische Neuerungen.

Immer wichtig wird es daher, weitsichtig ein kompetenzorientiertes
Personalmanagement zu betreiben, das heißt absehbare Kompetenz-
bedarfe der Organisation durch Qualifizierungsmaßnahmen der ei-
                                                                            Heute den Personal-
genen Mitarbeiter*innen und gezielte Neueinstellungen zu decken.
                                                                            bedarf von morgen
Mitarbeiter*innen müssen mit Bauchgefühl und Mut Entschei-                  managen.
dungen treffen können, um etwas Neues zu wagen. Sie müssen
sich als Person mehr einbringen wollen und für Integrität und klar
formulierte Werte stehen.

Außerdem würden folgende Themen und Trends laut Einschätzung
der Expert*innen das Fundraising-Personal in den kommenden
                                                                                  Digitalisierung
Jahren beschäftigen:                                                                 DSGVO
                                                                                     Big Data
• DSGVO: Wie sieht Fundraising aus, wenn ggf. weniger personen-
                                                                                  Privatsphäre
  bezogene Daten gespeichert werden dürfen?                                       Deep Learning
                                                                                        KI
• Big Data: Es gibt immer mehr Daten, aber nicht genug Menschen,
                                                                                Automatisierung
  die diese ertragbringend verwerten.                                              Social Media
                                                                                    Influencer
• Schutz der Privatsphäre von Fundraiser*innen: Dies wird wichtiger,
                                                                                       etc...
  da z.B. Social Media die Kommunikation immer persönlicher macht.
  Es werde wichtiger, in den relevanten sozialen Netzwerke aktiv zu
  sein und Kontakte zu Influencer*innen aufzubauen.

• Deep Learning / Marketing Automation: Wann und wie wird dies
  Arbeitsplätze im Fundraising betreffen? Bedarf es zukünftig Chief
  Digital Officers, die alle Prozesse in der Organisation digital denken?

                                                                                ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 15
4          DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

           4. QUEREINSTEIGER*INNEN:                                                             ZIEL

              FRISCHER BLICK VON AUSSEN

                         LT
                    WE                                                        KLAS
             NGO                                                                   S
                                                                              WIRT ISCHE
                                                                                  SCHA
                                                                                       FT

                                    Der Markt ist leergefegt. Eine Erfolgsstrategie: Rekrutierung
                                    neuen Personals aus der klassischen Wirtschaft. Die anfängliche
                                    Skepsis ist verflogen, neue Mitarbeiter*innen fügen sich gut
                                    ein. Trotz schlechterer Bezahlung punkten die Gemeinnützigen
                                    hier: mit Sinnstiftung, gelebten Werten und flexiblen Arbeits-
                                    modellen.

                                    Ohne Quereinsteiger*innen aus dem kommerziellen Bereich geht
           Viele Quereinstei-       es gar nicht mehr, so die Expert*innen nahezu einstimmig, gerade
                                    im Bereich Direktmarketing, wo sich neue Kräfte schnell integrieren.
           ger*innen kommen
                                    Ihr Blick von Außen, ihre speziellen Kompetenzen werden geschätzt
           z.B. aus dem Direkt-
                                    und schnell gewinnbringend eingesetzt.
           marketing oder dem
           Vertrieb.                Auch Menschen mit Vertriebserfahrung sind für Bereiche des Key
                                    Accountings im Fundraising eine willkommene Bereicherung. Diese
                                    Quereinsteiger*innen benötigen in der Einarbeitung zwar eine an-
                                    dere Betreuung, um sich mit den Besonderheiten der Branche bis
                                    hin zum Vokabular vertraut zu machen. Sie bringen aber auch eine
                                    starke Erfolgsorientierung mit, die sehr geschätzt wird.

                                    Quereinsteiger*innen sind bereit zu deutlichen Gehaltseinbußen –
           Weniger Gehalt, dafür    aus zweierlei Gründen: Zum einen, weil sie mit ihrer Arbeit einer
                                    sinnvollen Mission dienen und Teil einer wertebasierten und men-
           mehr Sinn und bessere
                                    schenfreundlichen Organisation werden können. Zum anderen,
           Work-Life-Balance.
                                    weil sie eine bessere Work-Life-Balance und mehr Flexibilität (etwa
                                    Home-Office, Überstundenausgleich) geboten bekommen.

    16 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
Wir bringen
Menschen in Arbeit –
in Äthiopien wie in Deutschland.

Möchten auch Sie echte Perspektiven schaffen, dann melden
Sie sich doch bei uns. Wir suchen aktuell Ihre Unterstützung!
www.menschenfuermenschen.de/ jobs

Stiftung Menschen für Menschen – Karlheinz Böhms Äthiopienhilfe
Brienner Straße 46 | 80333 München | Tel.: +49 (0)89 38 39 79-0 | info@menschenfuermenschen.org
5          DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

           5. ERFOLGSSTRATEGIE: INTERNE
              QUALIFIZIERUNG UND REKRUTIERUNG
                                     Eine zweite Erfolgsstrategie: interne Besetzungen offener
           Früher lästige Pflicht,   Stellen, häufig aus dem Projektbereich. Oder Übernahme und
                                     Qualifizierung von Aushilfskräften und Werk-Student*innen.
           heute der Renner:
           interne Stellenaus-       Viele Expert*innen berichten, dass die früher oft unbeliebten,
           schreibungen.             aber vorgeschriebenen internen Stellenausschreibungen sich zu
                                     einem echten Renner entwickeln – mit sehr schnellen und hohen
                                     Rekrutierungserfolgen. In Zeiten von Fachkräftemangel ist das
                                     ein echter Glücksfall.

                                     Es ist ein minimiertes Risiko auf beiden Seiten bezüglich der Per-
           Hire for attitude,        sonen- bzw. Organisationswahl. Wenn die Einstellung stimmt, ist
                                     das schon die halbe Miete. Denn Mitarbeiter*innen aus anderen
           train for skills!
                                     Bereichen, etwa der Programmabteilung, kennen die Organisation
                                     gut, der Onboarding-Prozess entfällt. Die gewonnene Zeit kann man
                                     in die Qualifizierung investieren und Mitarbeiter*innen freuen sich
                                     über Entwicklungsmöglichkeiten.

                                     Einzelne Expert*innen berichten auch über erfolgreiche Neu-Ein-
           Das Potenzial der         stellungen aus dem Pool ehemaliger Auszubildenden, FSJler*innen
           vorhandenen Mitarbei-     oder Werkstudent*innen, die ebenfalls schnell und mit geringem
           ter*innen erkennen.       zeitlichen und finanziellen Aufwand vonstattengehen.

                                                                                      UFIG
                                                                      E U E N SIND HÄ
                                                                DIE N                E
                                                                               KANNT
                                                                    ALTE BE

    18 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

6. REKRUTIERUNGS-PLATTFORMEN UND
                                                                                                                   6
   EMPLOYER BRANDING
Rekrutierung erfolgt über spezifische Jobplattformen der Branche –
und immer mehr über Xing, persönliche Netzwerk-Kontakte
und Dienstleister, die Fundraising-Netzwerke mitbringen
und helfen, Neubesetzungen schnell und professionell abzu-
wickeln. Aber ohne einen guten Ruf als Arbeitgeber wird es
immer schwieriger.

Neue Mitarbeiter*innen werden vorwiegend über eigene Newsletter
und digitale Plattformen, wie z.B. www.dfrv.de oder spezifische Job-
börsen wie z.B. www.epojobs.de, www.tbd.community, www.nach-                        Post & Pray war
haltigejobs.de, etc. gesucht und gefunden. Es werden aber auch                      gestern, heute
viele kostenlose Jobplattformen wie z.B. die der Agentur für Arbeit,                muss Rekrutierung
oder aber auf den kommerziellen Sektor fokussierte Anbieter wie                     aktiver sein.
„Monster“ oder „Stepstone“ genutzt.

Bei Leitungsfunktionen und Expert*innenpositionen reichen diese
Wege nicht mehr aus. Immer mehr wird gezielt im persönlichen
                                                                                    Externe Dienstleister
Netzwerk und bei Xing oder LinkedIn gesucht. Außerdem, so die
                                                                                    minimieren den
Expert*innen, werden immer mehr persönliche Kontakte gebeten
                                                                                    eigenen Zeitaufwand
bei der eigenen Suche zu helfen.
                                                                                    und maximieren den
Auch spezialisierte Personaldienstleister, die ein großes Netzwerk und              Erfolg, kosten aber
systematische Suchstrategien mitbringen, werden vermehrt zu Rate
                                                                                    auch Geld.
gezogen, um Neubesetzungen schnell und professionell abzuwickeln:
von der Erstellung der Stellenanzeige bis zur Begleitung der Be-
werbungsgespräche. Externe Dienstleister minimieren den eigenen
Zeitaufwand und maximieren den Erfolg, kosten aber auch Geld.

Alle Maßnahmen setzen einen guten Ruf als Arbeitgeber voraus.
Interessanterweise wird die systematische Arbeit daran, das soge-
nannte Employer Branding, bisher kaum betrieben, allenfalls mit
punktuellen Maßnahmen. Arbeitgeber-Bewertungsportale finden
noch wenig Beachtung.

                                                                                                             UNG
              FACH-                                                                       RSONA     LBERAT
                      PLATT                                                  K   EDIN, PE
                              FORM
                                     EN                          XING, LIN

     PERSÖNLICH                                                    SPEZIFISCHE JOBBÖRSEN
                    ES NETZWER
                                     K

     PERSONALBERATUNGEN

                                                                                        ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 19
7          DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

           7. FÜHRUNG IM FUNDRAISING WIRD
              IMMER WICHTIGER
                                    Große Fundraising-Abteilungen haben Teams mit unterschied-
           Führung wird immer       lichen Arbeitsweisen und teilweise konfligierenden Zielen. Das
                                    erfordert eine strategische und integrierende Leitungskompe-
           mehr zum Coaching
                                    tenz. Führungskräfte müssen immer mehr als Coaches fungieren
           von Mitarbeiter*innen.
                                    und die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter*innen kennen.

                                    Gewachsene Fundraising-Abteilungen mit unterschiedlichen Expert*-
                                    innen-Teams brauchen eine Art der Führung, die dazu beiträgt, sie
                                    funktional und als Gruppe zusammenzuhalten. Unterschiedliche
                                    Arbeitslogiken und -kulturen (z.B. Dialoger*innen, Großspenden-
                                    Fundraiser*innen und Direktmarketing-Expert*innen) müssen be-
                                    rücksichtigt und aufeinander abgestimmt werden.

                                    Ansonsten bekräftigen die Expert*innen den Trend zu weniger
                                    fachlicher Führung, mehr Selbständigkeit für Einzelne und flacheren
                                    Hierarchien. Gewandelt hat sich die Aufgabe von Führung: weg von
                                    Vorgehen und Vorgeben, hin zu einem wertschätzenden, individuellen
                                    Coaching der Mitarbeiter*innen. Nur wer die Bedürfnisse der Mitar-
           Mitarbeiter*innen        beiter*innen kennenlernt und auf sie eingeht, kann sie erfolgreich
           kündigen häufig ihrer    binden. Dazu gehört auch die kreative Erarbeitung von Entwicklungs-
           Führungskraft, nicht     räumen im limitierten Karriere-Umfeld.

           der Organisation.        Die meisten Expert*innen sind sich einig darin, dass im Dritten Sektor
                                    der Führungswille weniger stark ausgeprägt sei, Führen teilweise
                                    sogar negativ besetzt sei und es daher auch an Führungskräften
                                    mangle. Fortbildungsmöglichkeiten gäbe es genug, das Interesse
                                    daran sei jedoch eher gering. Schlechte Führung von Teams wird
                                    auch im Non-Profit Sektor als eine Gefahr erkannt, da sie die Mitar-
                                    beiter*innen-Fluktuation abrupt erhöhen kann.

    20 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

8. WERTE, FREIRÄUME UND UNTERNEHMENS-
                                                                                                              8
   KULTUR BINDEN MITARBEITER*INNEN
Eine auskömmliche Entlohnung ist wichtig. Darüber hinaus
sind Mitarbeiter*innen durch Freiräume in der Aufgabenge-                  Fluktuation ist nicht
staltung, Flexibilität bezüglich Zeit und Ort und eine gute Un-
                                                                           unser Problem –
ternehmenskultur mehr zu motivieren und zu binden als über
                                                                           eher das Gegenteil.
Geld. Home Office, Gleit- und Auszeiten sowie übertragene
Projektverantwortung und interessante Arbeitsinhalte spielen
die größte Rolle.

Einhelliger Tenor der Expert*innen: Die Mitarbeiter*innen sind vor-
wiegend über nicht-monetäre Elemente an die Organisation gebun-
den bzw. zu binden.

Unisono berichten die Expert*innen, dass hohe Fluktuation bisher
kein Problem ist. Gekündigt wird vor allem aus privaten Gründen.
Insgesamt ist die Loyalität zum Arbeitgeber sehr hoch, viele Fund-
raiser*innen sind 20 Jahre und länger bei ihrem Arbeitgeber. Dieses
Extrem führt teilweise zu einem Problem: Zu wenige neue Mitarbei-
ter*innen geben der Organisation neue Impulse, aktuelle Trends
werden verschlafen, jahrelange Routinen beherrschen die Arbeit.
                                                                           Wichtigstes Kriterium
Wichtigstes Bindungsmittel für neue und bestehende Mitarbeiter*-
                                                                           ist die Flexibilität
innen ist Flexibilität: Flexible Arbeitszeiten, Teilzeitangebote und die
Möglichkeit im Home Office zu arbeiten, reduzieren den Stresslevel         bezüglich Arbeitszeit
und helfen, Arbeit und Privates besser unter einen Hut zu bekommen.        und -ort.
Für viele sei dies deutlich wichtiger als das Gehalt.

Ein weiteres Bindungselement, so die Expert*innen, sei das Betriebs-       Unternehmenskultur
klima. Ein freundliches Miteinander, Kolleg*innen, die die eigenen
                                                                           und Gestaltungs-
Werte teilen und das Gefühl, an einem Strang zu ziehen, lässt viele
                                                                           spielräume tragen zur
Fundraiser*innen über Jahre zufrieden auf ihrer Stelle verweilen,
sofern sie ausreichend Gestaltungsspielraum im Job haben.                  Mitarbeiter*innen-
                                                                           bindung bei.
Andere motivierende Aspekte seien die sinnstiftende Mission des
Arbeitgebers und die Möglichkeit, international zu arbeiten oder
aber mit spannenden Persönlichkeiten zusammenzutreffen.

Vereinzelt wird berichtet, dass die Größe der Organisation den                                     LIFE
Mitarbeiter*innen zwar Vorteile wie gute Bezahlung und Arbeits-            WORK
platzsicherheit bietet, andererseits aber NGOs mit zunehmender
Größe bürokratischer werden. Die Gefahr von Silo-Denken, Ab-
sicherungswünschen und Besprechungsmarathons wächst dann.
Binnen weniger Jahre würden so aus neuen, dynamischen, ergebnis-
orientierten Mitarbeiter*innen weitere bloße Verwalter*innen
eines Sachgebiets werden.

                                                                                   ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 21
9          DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

           9. KARRIEREWEGE, AUS- UND
              WEITERBILDUNG
                                       Weiterbildungen und gemeinsame Karriereplanung werden
           Kreative Ansätze für        wichtiger, gerade weil Aufstiegschancen in kleinen und mittleren
           Karrierewege schaffen       Organisationen nur begrenzt funktionieren. Fachkarrieren ohne
                                       Führungsverantwortung sind eine Lösung, gleitende Einarbeitung
           sichtbare Entwick-
                                       in neue Aufgabenfelder eine andere.
           lungsmöglichkeiten
           für Mitarbeiter*innen.      Die meisten Expert*innen geben zu, dass es nur limitierte Karriere-
                                       wege für ihre Mitarbeiter*innen gibt. Umso wichtiger sind fachliche
                                       Aus- und Weiterbildungen und das kreative Aufzeigen und Besprechen
                                       von alternativen Entwicklungschancen. Denn genau das wünscht
                                       sich die Mehrzahl der Mitarbeiter*innen; deutlich weniger streben
                                       eine Führungsaufgabe an.

                                       Ein*e Expert*in berichtet von gezielten Programmen, durch die
           Mitarbeiter*innen           Mitarbeiter*innen z.B. in Teilzeit in andere Abteilungen im Haus
                                       hineinschnuppern oder sich auf organisationsübergreifende Projek-
           kündigen häufig ihrer
                                       te in Teilzeit bewerben können. Das habe Vorteile für beide Seiten:
           Führungskraft, nicht
                                       Der Stammabteilung bleiben die Mitarbeiter*innen erstmal erhalten
           der Organisation.
                                       und diese können zunächst risikofrei neue Bereiche kennenlernen.
                                       Und als positiver Nebeneffekt hat sich die abteilungsübergreifende
                                       Kommunikation und das Verständnis füreinander anschließend
                                       deutlich verbessert.

                                       Ein anderer Experte hat in seiner Organisation aktiv drei Karrierewege
           „Wer immer tut, was         eingeführt: Fachkarriere, Projektkarriere und Führungskarriere. Alle
           er schon kann, bleibt       drei sind gleichwertig und über ein ausgeklügeltes Punktesystem
                                       vergleichbar. Durch das Punktesystem weiß nun auch jede*r Mitar-
           immer das, was er
                                       beiter*in wo er oder sie steht und welche Entwicklungen nötig sind,
           schon ist.“ Henry Ford
                                       um den nächsten Schritt zu machen.

                                    FAC                                                    JEKT
                                          H                                          PRO

                                                                                       FÜH
                                        R                                                    RUN
                                    QUE               KARRIEREWEGE                                 G

    22 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
DIE ZEHN KERN-ERGEBNISSE

10. MARKT-AUSBLICK
                                                                                                       10
Für die Zukunft prognostizieren die Expert*innen einen ver-
schärften Wettbewerb um Talente, anziehende Gehälter sowie             In Ballungsräumen
eine höhere Fluktuation insbesondere in den Ballungsräumen             wird die Bindung
Berlin und Köln/Bonn. Dort dürfte die Rekrutierung leichter,
                                                                       schwieriger, in Rand-
aber die Bindung schwieriger werden. Insgesamt sehen die
                                                                       lagen die Rekrutie-
meisten Expert*innen ihre Chancen als Arbeitgeber auch in
Zukunft positiv.                                                       rung.

Im Gegensatz dazu ist die Herausforderung bei NGOs in Randlagen,
also ohne unmittelbare Konkurrenz in der Nähe laut einiger Ex-
pert*innen eine andere: Hier ist die Gewinnung der Mitarbeiter*in-
nen die größere Herausforderung als die Bindung.

Dennoch sehen einige Expert*innen ihre Chancen als Arbeitgeber
auch in Zukunft positiv. Sie glauben, dass sie als Charities und als   Investitionen in die
Marken durch den Wertewandel, der inzwischen nicht nur bei der         Arbeitgebermarke
jüngeren Generation zu spüren ist, weiter gute Rekrutierungs-
                                                                       sind lohnenswert.
Chancen haben.

Die großen haben gegenüber den kleinen Charity-Marken viele Vor-
teile bei der Rekrutierung. Auffällig sei, dass NGOs, die sich schon
aktiv Gedanken über ihre Branding als Arbeitgeber gemacht haben,
besonders erfolgreich rekrutieren, auch unter schwieriger werdenden
Rahmenbedingungen.

In jedem Fall werden sich die Anforderungen an die Fundraiser*innen
in Zukunft weiter differenzieren. Während für die persönliche An-
sprache vor allem Persönlichkeiten gesucht werden, die Werte
transportieren, eine hohe emotionale Stabilität und Fingerspitzen-
gefühl mitbringen, werden für anderen Formen der Ansprache Men-
schen mit ausgeprägten analytischen Fähigkeiten sowie Online- und
Datenbankkenntnissen immer wichtiger. Sie alle müssen Lust auf
die Veränderungen haben und lernen mit der Unsicherheit zu leben,
die die Digitalisierung mit sich bringen wird. Das zu gestalten sei
Aufgabe von Chief Digital Officers, die bisher fehlten.

                                                                               ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 23
Special: WAS VERDIENT MAN IM FUNDRAISING?
                                   EIN GESPRÄCH MIT EINER EXPERTIN, DIE ES WISSEN MUSS.

                                                      Prof. Tom Neukirchen: Als branchenspezifischer Dienstleister in der Personalver-
                                                      mittlung hat kaum jemand einen derart guten Überblick über die Bezahlung im Fund-
                                                      raising. Was verdient man denn so im Fundraising, Frau von Peinen?
© Margarete Redl-von Peinen

                                                      Carola von Peinen: Das hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und die
                                                      Bandbreiten sind groß. Für Fachkräfte im Mailingbereich sehen wir Gehälter
                                                      zwischen 30.000 und 45.000 Euro brutto, für Fundraiser*innen die Großspen-
                                                      der*innen, Unternehmen oder Stiftungen ansprechen eher Gehälter zwischen
                                                      45.000 und 75.000 Euro. Die Gehälter für Leitungspositionen liegen in einem
                                                      Rahmen von 50.000 bis 90.000 Euro. Es gibt also ein ziemlich breites Spektrum.
                                                      Das zeigte auch die Gehaltsstudie des Deutschen Fundraising Verbands von
                              Carola von Peinen       2015, an der sich über 300 Fundraiser*innen beteiligten.

                                                      Prof. Tom Neukirchen: Wovon hängt denn ganz konkret die Bezahlung ab?

                                                      Carola von Peinen: Zum einen vom Fundraising-Bereich aber auch von der Fi-
                                                      nanzierung und Historie der Organisation. Es macht einen Unterschied, ob eine
                                                      Organisation von ehemaligen Unternehmer*innen ins Leben gerufen wurde oder
© Privat

                                                      bottom-up als Verein gestartet ist und sich vorwiegend durch Mitgliedsbeiträge
                                                      finanziert. Das spiegelt sich in der Regel in der Gehaltsstruktur wider. Auch Werte
                                                      fließen ein. Wenn Gleichberechtigung, Familie, langjährige Erfahrung, Betriebszu-
                                                      gehörigkeit oder eine bestimmte Ausbildung der Organisation wichtig ist, findet
                                                      sich das oft in Zuschlägen wieder. Führungsverantwortung wird in der Regel
                                                      auch honoriert und höher bezahlt. Und am Ende spielt natürlich auch der Markt
                                                      eine Rolle – stark nachgefragte Qualifikationen sind teurer.

                              Prof. Tom Neukirchen    Prof. Tom Neukirchen: Bezahlen größere Einrichtungen besser als kleine?

                                                      Carola von Peinen: Die Größe der gemeinnützigen Einrichtung kann das Ge-
                                                      haltsgefüge auf jeden Fall beeinflussen. NGOs mit vielen Angestellten sind meist
                                                      liquider und können ihren Mitarbeiter*innen in der Regel auch mehr bezahlen.
                                                      Aber viele Gemeinnützige haben ein Bezahlungssystem, das sich an den TvöD
                                                      anlehnt und liegen daher oft gar nicht so weit auseinander.

                                                      Prof. Tom Neukirchen: Wie groß ist der Gap zur freien Wirtschaft denn in etwa?

                                                      Carola von Peinen: Das hängt davon ab, aus welchem Bereich die Personen
                                                      wechseln. Unserer Erfahrung nach liegen die Abstriche bei ca. 20-30 Prozent.
                                                      Zudem werden in der Regel keine Dienstwägen zur Verfügung gestellt und
                                                      Provisionen gezahlt. Für viele Interessierte ist das daher schon ein Einschnitt.
                                                      Zwei Expert*innen sagten zu dieser Problematik, dass sie bei einem Unterschied
                                                      von mehr als 10.000 Euro zwischen Angebot und Wunsch auf eine Zusammen-
                                                      arbeit verzichten – weil die nicht-monetären Anreize diese Lücke langfristig nicht
                                                      schließen können. Das kann ich aus unserer Erfahrung absolut bestätigen.

                                                      Prof. Tom Neukirchen: Vielen Dank für diese spannenden Einblicke.

                      24 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
Special:
       ZEHN TIPPS FÜR EINE ERFOLGREICHE
       REKRUTIERUNG

       1. Bleiben Sie mit Ehemaligen, Initiativ-Bewerber*innen und guten Kandidat*innen
          in Kontakt – für eine zweite Chance zur Zusammenarbeit. Pflegen Sie diesen
          Kandidat*innen-Pool.

       2. Nutzen Sie gezielt Berufsverbände und Fachkongresse zum Rekrutieren. Sie
          finden selten so viele potentielle Bewerber*innen auf einem Fleck.

       3. Drei bis sechs Monate dauert die Neubesetzung einer Stelle, wenn Sie im
          Markt suchen. Werden Sie daher so früh wie möglich aktiv.

       4. Optimieren Sie ihren Bewerbungsprozess für Ihre Bewerber*innen (Candidate
          Experience). Arbeiten Sie an Ihrem Onboarding-Prozess.

       5. Machen Sie einen guten ersten Eindruck, z.B. mit umgehenden Eingangsbe-
          stätigungen und Zwischenfeedbacks.

       6. Investieren Sie genug Zeit in die Suche passender Job-Titel. Beschränken
          Sie sich auf die wichtigsten Anforderungen. Schildern Sie anschaulich und
          realistisch die Aufgabe.

       7. Nutzen Sie die richtigen, und nicht möglichst viele Jobbörsen.

       8. Optimieren Sie das Finden und Anschauen Ihrer Stellenanzeigen (SEO,
          responsives Design). Ermöglichen Sie Ein-Klick-Bewerbungen über Social
          Media-Profile.

       9. Menschen stellen Menschen ein. Zeigen Sie Ihr Gesicht, werden Sie per-
          sönlich, zum Beispiel mit Videos, in denen Sie über Ihre Organisation und
          den Job berichten.

       10. Binden Sie in Ihren Rekrutierungsprozess zukünftige Kolleg*innen sinnvoll
           ein. So gewinnen beide Seiten zusätzliche Sicherheit.

26 | ARBEITSMARKT FUNDRAISING
,,Great vision without
                great people is irrelevant.,, Jim Collins

IMPRESSUM

Herausgeber und ViSdP:                          Durchführung:
Talents4Good GmbH                               Prof. Tom Neukirchen und Carola von Peinen
Carola von Peinen und Anna Roth-Bunting
                                                Layout: Ingeborg Schwarz, SCHWARZarbeit.org
Marienstraße 26
10117 Berlin                                    Druck: dieUmweltDruckerei GmbH
                                                Bildnachweis: S1: fotolia/PixlMakr & imaginando,
Konzeption und Redaktion:
                                                S. 12: iStock/AndreyPopov, S.14, 19, 21, 22, 23: iStock/phodo,
Prof. Tom Neukirchen
                                                S. 18, 26: iStock/ThomasVogel

Copyright: Das Copyright für sämtliche Inhalte dieser Borschüre liegt bei Talents4Good GmbH

                                                                                  ARBEITSMARKT FUNDRAISING | 27
Sie können auch lesen