Enabling interprofessional collaboration in delirium management Interprofessionelle Zusammenarbeit im Delir-Management gestalten - Stadt Zürich

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Enabling interprofessional collaboration in delirium management Interprofessionelle Zusammenarbeit im Delir-Management gestalten - Stadt Zürich
INTERNATIONAL JOURNAL OF HEALTH PROFESSIONS
                 Volume 7, Issue 1, 2020, Pages 1–12, ISSN 2296-990X, DOI: 10.2478/ijhp-2020-0001

Enabling interprofessional collaboration in delirium
management
Interprofessionelle Zusammenarbeit im Delir-Management
gestalten
Andrea Moser1*, Uta Grosse2, Susanne Knüppel Lauener3
    1
     Stadtspital Triemli, Departement Pflege, Soziales und
    Therapien, 8063 Zürich, Switzerland
    * andrea.moser@triemli.zuerich.ch

    Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften,
    2

    Departement Gesundheit, 8401 Winterthur, Switzerland
    3
     Universitätsspital Basel, Ressort Pflege/MTT, Abteilung
    Praxisentwicklung Pflege, 4031 Basel, Switzerland

Received 7 May 2019, accepted 19 December 2019

Abstract
Introduction: Interprofessional collaboration (IPC) is dependent on different expectations and communication styles. IPC is a meaningful
approach to accomplish treatment goals, especially in patients with delirium. Delirium affects approximately 50 % of patients older than 65
years in acute care settings. The constant attention and effort needed to care for patients suffering from delirium is challenging and cannot be
provided by one profession alone. Instead, there is a need for IPC.
Aim: This study aims to analyse the structure of IPC in the treatment of patients suffering from delirium.
Method: Data was collected by conducting three group interviews and six individual interviews with members of different professions in an
acute care hospital, and analysed by Charmaz’s (2014) grounded theory approach.
Results: A model called enabling IPC in delirium management was developed. This model shows how mutual respect and appreciation, being
in dialog and dealing with challenges in IPC interact with each other and also affect each other. Mutual respect and appreciation are common
baseline values that have a pivotal effect on the dialog between professions and the management of IPC challenges. Being in dialog and dea-
ling with challenges in IPC are essential values for enabling IPC, as well as mutual respect and appreciation.
Conclusion: Mutual respect and appreciation is fundamental for enabling IPC in the treatment of patients suffering from delirium. Interpro-
fessional education, structured interprofessional care conferences and standardised communication can offer opportunities to foster mutual
respect and appreciation which, in turn enable IPC.

Abstract
Einleitung: Interprofessionelle Zusammenarbeit (IPZ) wird von verschiedenen Erwartungen und unterschiedlichen Kommunikationsmustern
geprägt. Zur Erreichung von Behandlungszielen ist IPZ bedeutsam, so auch in der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir. Bis zur Hälfte der
über 65-jährigen Patienten-/innen im Akutspital kann von einem Delir betroffen sein. Die Betreuung dieser Patientenpopulation stellt eine
Herausforderung dar, die nicht von einer Profession alleine bewältigt werden kann, sondern der IPZ bedarf.
Ziel: Diese Studie untersucht, wie sich die IPZ in der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir gestaltet.
Methode: Zur Datensammlung dienten drei Gruppen- und sechs Einzelinterviews mit Personen verschiedener Professionen in einem Akutspital.
Die Daten wurden mittels Grounded Theory nach Charmaz (2014) analysiert.
Ergebnisse: In dieser Studie wurde das Modell IPZ im Delir-Management gestalten erarbeitet. Dieses zeigt, wie sich die IPZ in der Betreuung
von Patienten/-innen mit Delir in einem engen Zusammen- und Wechselspiel gestaltet, das geprägt ist von gegenseitigem Respekt und
Wertschätzung, im Dialog miteinander sein und sich mit Hindernissen auseinandersetzen. Im Zentrum stehen gegenseitiger Respekt und
Wertschätzung, was sowohl den Dialog miteinander als auch die Auseinandersetzung mit Hindernissen beeinflusst. Der Dialog miteinander
und die Auseinandersetzung mit Hindernissen sind essenziell für die Gestaltung der IPZ, bedingen sich gegenseitig und haben wiederum
Auswirkungen auf gegenseitigen Respekt und Wertschätzung.
Schlussfolgerungen: Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung sind für die Gestaltung der IPZ in der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir
grundlegend. Interprofessionelle Delir-Fortbildungen, formale interprofessionelle Gesprächsplattformen und eine gemeinsame professionelle
Sprache bieten eine Chance, gegenseitigen Respekt und Wertschätzung in der Gestaltung der IPZ zu stärken

Keywords
Interprofessional Collaboration – Delirium – Grounded Theory Study

Keywords
Interprofessionelle Zusammenarbeit – Delir – Grounded-Theory-Studie

   Open Access. © 2020 Andrea Moser, published by Sciendo.                             This work is licensed under the Creative Commons
Attribution-NonCommercial-NoDerivatives 4.0 License.                                                    Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
                                                                                                                                   Angemeldet      1
                                                                                                        Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
EINLEITUNG                                                   wobei „nicht verstanden werden vom Gegenüber“ zu
                                                                 Frust führen kann. Gelingt es Pflegefachpersonen und
    Interprofessionelle Zusammenarbeit (IPZ) ist keine           Ärzten/-innen hingegen, ihre jeweilige Perspektive
    Selbstverständlichkeit. Nur weil verschiedene Professionen   verständlich einzubringen, begünstigt dies eine sichere,
    die gleichen Patienten/-innen betreuen, ist dies nicht       wirksame und patientenzentrierte Betreuung (Foronda,
    automatisch einer IPZ gleichzustellen (Schweizerische        MacWilliams und McArthur, 2016). Kommunikation in
    Akademie der Medizinischen Wissenschaften [SAMW],            der IPZ existiert nicht nur zwischen Pflegefachpersonen
    2017). IPZ bedeutet, dass Personen im Gesundheitswesen       und Ärzten/-innen, sondern findet auch mit anverwandten
    mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund mit            Professionen, wie Physio- und Ergotherapie,
    Patienten/-innen und deren Familien zusammenarbeiten,        Ernährungsberatung, Sozialdienst und Seelsorge,
    um die höchste Betreuungsqualität zu gewährleisten.          statt. Die Kommunikation zwischen den Professionen
    Dabei können sämtliche Personen beigezogen werden,           kann ad hoc ablaufen oder geplant in vorgesehenen
    deren Fähigkeiten zur Erreichung der Behandlungsziele        Gesprächsstrukturen (Lewin und Reeves, 2011). Der
    hilfreich sind (World Health Organization [WHO], 2010).      Informationsaustausch zwischen den Professionen
    Zudem muss IPZ von den Professionen gewollt, initiiert       stellt eine der großen Herausforderungen in der IPZ dar
    und erarbeitet werden (SAMW, 2017). Gegenseitiges            (Weller, Boyd und Cumin, 2014).
    Rollenverständnis ist eine vorausgesetzte Kompetenz          Gerade in komplexen, sich schnell verändernden
    zur gelingenden IPZ (Interprofessional Education             Patientensituationen, wie bei Patienten/-innen mit einem
    Collaborative [IPEC], 2011; Suter et al., 2009). Ein         Delir, hat IPZ einen hohen Stellenwert und ist eine
    gemeinsames patientenorientiertes Werteverständnis,          unabdingbare Voraussetzung für die patientenorientierte
    interprofessionelle Kommunikation und Teamwork               Betreuung (Neufeld et al., 2011). Bei diesen Patienten/-
    ergänzen die Kompetenzfelder der Akteure/-innen in der       innen zeigen sich unmittelbare Konsequenzen eines
    IPZ (IPEC, 2011). Auch organisationale Strukturen, wie       fehlenden interprofessionellen Informationsaustausches
    räumliche Nähe oder Distanz zwischen den Professionen,       und somit mangelnder IPZ deutlich. Wenn beispielsweise
    können IPZ beeinflussen (Bowles et al., 2016).               Pflegefachpersonen Informationen, wie Beobachtungen
    Viele Studien konzentrieren sich auf IPZ zwischen            zum Verhalten von Patienten/-innen, welches auf ein
    Pflegefachpersonen und Ärzten/-innen, welche die             Delir schließen lässt, nicht an Ärzte/-innen weiterleiten,
    häufigste Form der IPZ darstellt (Haddara und Lingard,       kann dies eine verpasste Delir-Diagnostik zur Folge
    2013). Haddara und Lingard (2013) zeigen auf, dass im        haben (Detweiler et al., 2014). Auch scheint die
    wissenschaftlichen Diskurs über IPZ zwischen einem           professionsspezifische Wahrnehmung von Patienten/-
    utilitaristischen und einem emanzipatorischen Ansatz         innen mit Delir unterschiedlich zu sein, was die IPZ
    unterschieden wird: Der utilitaristische Diskursansatz       sowie die Betreuung der Patienten/-innen beeinflusst:
    beinhaltet Themen der Effizienzsteigerung und                Pflegefachpersonen halten Ärzten/-innen vor, dass
    Verbesserung des Patienten/-innen-Outcomes. Der              diese Patienten/-innen mit Delir nicht als dringende
    emanzipatorische Diskursansatz hingegen legt den             Fälle betrachten. Ärzte/-innen hingegen fühlen sich von
    Fokus auf die Stärkung von nichtärztlichen Professionen      Pflegefachpersonen unter Druck gesetzt, eine sofortige
    und Abflachung von Hierarchien zwischen den                  Lösung für das Problem „Delir“ zu liefern, ungeachtet
    Professionen (Haddara und Lingard, 2013). Ärzte/-            der Gesamtsituation der Patienten/-innen mit allfälligen
    innen und Pflegefachpersonen scheinen nicht nur ein          Limitationen für die Delir-Behandlung (Palacios-Cena et
    unterschiedliches Verständnis über, sondern auch             al., 2016).
    unterschiedliche Beweggründe für IPZ zu haben.               Bis zur Hälfte der über 65-jährigen Patienten/-
    Ärzte/-innen sind generell zufriedener mit der IPZ und       innen in einem Akutspital kann von einem Delir
    sehen, im Gegensatz zu den Pflegefachpersonen, keine         betroffen sein (Inouye, Westendorp und Saczynski,
    Notwendigkeit für Veränderungen (Sollami, Caricati           2014). Kennzeichnend für ein Delir sind eine akute
    und Sarli, 2015). Pflegefachpersonen hingegen möchten        Aufmerksamkeits- und Bewusstseinsstörung, verminderte
    die IPZ fördern, was Sollami et al. (2015), in Anlehnung     Kognition, die Fluktuation der Symptome im Tagesverlauf
    an Haddara und Lingard (2013), als Ausdruck des              und die Entstehung des Delirs innerhalb von Stunden
    emanzipatorischen Stranges sehen. Pflegefachpersonen         bis wenigen Tagen als Folge einer Erkrankung oder im
    haben eine zentrale Rolle in der IPZ, weil sie unter         Zusammenhang mit Substanzen-Konsum (American
    anderem koordinative Aufgaben zwischen den                   Psychiatric Association, 2014). Beim Delir wird zwischen
    Professionen übernehmen (Miers und Pollard, 2009).           der hyperaktiven Form mit Agitation, gesteigerter
    Nicht nur das Verständnis über und die Beweggründe für       Motorik und teilweise vegetativen Entgleisungen, der
    IPZ unterscheiden sich zwischen Pflegefachpersonen und       hypoaktiven Form mit Verlangsamung, reduzierter
    Ärzten/-innen, sondern auch der Kommunikationsstil,          Motorik bis zu Apathie und Mischformen unterschieden

                                                                                    Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
2                                                                                                              Angemeldet
                                                                                    Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
INTERNATIONAL
INTERNATIONAL JOURNAL
              JOURNALOF
                      OFHEALTH
                        HEALTHPROFESSIONS
                               PROFESSIONS

(Savaskan et al., 2016). Über 65-jährige Patienten/-        zwischenmenschlicher und interaktiver Prozess ist
innen mit Delir weisen längere Spitalaufenthalte, höhere    und verschiedene Perspektiven einschließt (D’Amour,
Mortalitätsraten, höhere Fallkosten sowie einen erhöhten    Ferrada-Videla, San Martin Rodriguez und Beaulieu,
Pflegeaufwand auf (Schubert et al., 2018).                  2005), wurde die Methode der Grounded Theory als
Weil das Delir so facettenreich und komplex ist und         besonders geeignet erachtet, um die Gestaltung der IPZ
die Konsequenzen für Betroffene schwerwiegend sind,         zu erforschen.
kann die Betreuung dieser Patienten/-innen nicht von
einer Profession alleine geleistet werden, sondern es       Studienpopulation
bedarf der IPZ (Brajtman et al., 2008; Neufeld et al.,
2011; Savaskan et al., 2016). IPZ in der Praxis, ergänzt    Diese Forschungsarbeit wurde in einem Akutspital
von interprofessionellen Delir-Fortbildungen, kann          mit 500 Betten in der Deutschschweiz durchgeführt.
die Teamarbeit fördern (Sockalingam et al., 2014;           Es wurden Pflegefachpersonen, Ärzte/-innen, Physio-
Sockalingam et al., 2015) und das klinische Outcome         und      Ergotherapeuten/-innen,     Ernährungsberater/-
von Patienten/-innen mit Delir verbessern (Sockalingam      innen, Sozialarbeiter/-innen und Seelsorger/-innen
et al., 2014).                                              rekrutiert, welche alle in die Betreuung von Patienten/-
Obwohl IPZ im klassischen Duo Arzt/Ärztin – Pflege          innen mit Delir involviert sind. Um die in qualitativen
untersucht wurde, ist wenig darüber bekannt, wie IPZ sich   Studien bedeutungsvolle Perspektivenvarianz zu
mit anderen involvierten Professionen gestaltet. Ebenso     unterstützen (Creswell, 2013) und die Heterogenität
bestehen wenige Kenntnisse zur Gestaltung von IPZ           des Untersuchungsfeldes einzubeziehen (Kruse,
im Arbeitsalltag bei bestimmten Patientengruppen. Da        2015), wurde eine bewusste Fallauswahl getroffen.
Patienten/-innen mit Delir häufige und herausfordernde      Es wurden Fachpersonen verschiedener Altersstufen,
Arbeitssituationen im Alltag im Akutspital darstellen,      mit      unterschiedlicher      Berufserfahrung         und
ist es ein zentrales Anliegen, IPZ in diesem spezifischen   Betriebszugehörigkeit, mit oder ohne Zusatzfunktion
Kontext besser zu verstehen. Ein erweitertes Verständnis    (Ausbildungs-, Fachberatungs- oder Kaderfunktion)
und neue Erkenntnisse zur IPZ sind gefragt, um diese        gewählt. Die Fachpersonen sollten seit mindestens drei
herausfordernden Patientensituationen erfolgreich zu        Monaten im Betrieb fest angestellt sein, weil nach dieser
meistern und die Praxis zum Wohl der Betroffenen zu         Zeit die reguläre Einarbeitungsphase abgeschlossen ist.
optimieren.                                                 Fachpersonen der Intensivstation wurden ausgeschlossen,
                                                            weil die Erstautorin und Interviewerin selbst dort tätig ist.
Zielsetzung und Forschungsfrage                             Forschungen im eigenen Arbeitsumfeld können aufgrund
                                                            des Hierarchiegefälles die Datenqualität beeinträchtigen
Die vorliegende Studie verfolgt das Ziel herauszufinden,    (Creswell, 2013). Die Rekrutierung erfolgte durch
wie IPZ in der Betreuung von Patienten/-innen mit           Information der Departements- und Klinikleitungen der
Delir gestaltet wird, um aus diesen Erkenntnissen           jeweiligen Professionen über das Forschungsvorhaben
Handlungsbedarf und -möglichkeiten abzuleiten. Die          mit der Bitte, potenzielle Studienteilnehmer/-innen für
Forschungsfrage lautet: Wie gestaltet sich IPZ in der       eine freiwillige Teilnahme anzufragen. Interessierte
Betreuung von Patienten/-innen mit Delir aus Sicht der      Fachpersonen wurden der Erstautorin gemeldet und
involvierten Professionen in einem Schweizer Akutspital?    durch sie kontaktiert.

METHODE                                                     Datensammlung

Design                                                      Die Erstautorin führte im Zeitraum zwischen November
                                                            2017 und März 2018 drei Gruppeninterviews à
Zur Bearbeitung der Forschungsfrage, im Rahmen              durchschnittlich 81 Minuten (Standardabweichung
einer Masterthesis als Teil eines studentischen             [SD]: 7,5 Minuten) und sechs Einzelinterviews à
Gesamtforschungsprojekts zum Thema „Delir“, wurde           durchschnittlich 58 Minuten (SD: 5,4 Minuten). Die
der konstruktivistische Ansatz der Grounded Theory          Interviewreihenfolge richtete sich nach der Verfügbarkeit
von Charmaz (2014) gewählt. Die Grounded Theory             der Teilnehmenden. Zu den Gruppeninterviews waren
ist geeignet, um interaktives Geschehen aus Sicht der       vier bis fünf Personen eingeladen, jeweils eine Ärztin
Beteiligten zu erklären (Creswell, 2013) sowie soziale      oder ein Arzt, eine Pflegefachperson und zwei bis drei
Prozesse zu erforschen (Charmaz und Belgrave, 2012).        Personen aus den Professionen Physio- und Ergotherapie,
Beim konstruktivistischen Ansatz von Charmaz (2014)         Ernährungsberatung, Sozialarbeit und Seelsorge.
wird die soziale Realität als vielfältig, prozesshaft       Gruppeninterviews wurden als geeignet erachtet, weil
und konstruiert betrachtet. Weil IPZ ein dynamischer,       diese nicht nur Einzelmeinungen abbilden, sondern auch

                                                                                   Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
                                                                                                              Angemeldet      3
                                                                                   Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
Tabelle 1: Soziodemografische Daten (n=19).

                                               Geschlecht                                                      Weiblich (n)                14
                                                                                                               Männlich (n)                5
                                 Ausbildungs- oder Fachberatungsfunktion                                           (n)                     5
      Kaderposition (ab Stufe Abteilungsleitung/stellvertretende Abteilungsleitung oder Oberärztin/
                                                                                                                    (n)                    8
                                                Oberarzt)
                       Alter in Jahren                        M (SD)              41.7 (± 12.2)                 Min. – Max.              26–60
                 Berufserfahrung in Jahren                    M (SD)              13.8 (± 9.9)                  Min. – Max.              3–39
                Anstellungsdauer in Jahren                    M (SD)               6.2 (± 5.6)                  Min. – Max.              1–24
    n=Anzahl, M=Mittelwert, SD=Standardabweichung, Min.=Minimum, Max.=Maximum

    das interaktive Geschehen zwischen den Teilnehmenden                    fokussierte Codes, oder initiale Codes wurden bereits
    (Kruse, 2015). Da sich ein Großteil der IPZ zwischen                    gebildeten fokussierten Codes zugeordnet. Aus den
    Pflegefachpersonen und Ärzten/-innen abspielt (Haddara                  insgesamt 42 fokussierten Codes zeichneten sich
    und Lingard, 2013), wurden ergänzend Einzelinterviews                   erste Hinweise auf vorläufige Kategorien ab. Um
    mit Ärzten/-innen und Pflegefachpersonen geplant. Initial               diese zu festigen und in Verbindung miteinander
    wurde ein Interviewleitfaden für Gruppeninterviews, mit                 zu bringen, arbeitete die Erstautorin fortlaufend mit
    welchem die Diskussion über IPZ im Delir-Management                     grafischen Darstellungen (Mindmaps). Diese stellte
    stimuliert werden sollte, und ein Interviewleitfaden                    sie jeweils der Begleitperson und einer Peer-Gruppe
    für Einzelinterviews, um individuelle Sichtweisen                       von Kommilitoninnen des Gesamtforschungsprojekts
    herauszukristallisieren, erstellt. Beide Interviewleitfäden             vor. Diese Peer-Debriefings dienten einerseits als
    entstanden basierend auf Literatur über IPZ und                         Qualitätskontrolle (Polit und Beck, 2012), andererseits
    persönlichen Erfahrungen. Die Interviewleitfäden wurden                 konnten durch das kritische Hinterfragen in der Gruppe die
    im Verlauf der Datensammlung und Analyse angepasst,                     Kategorien und ihre Zusammenhänge weiterentwickelt
    um erste Ideen zur Kategorienbildung zu überprüfen,                     werden. Begleitend wurden seit Beginn der iterativen
    zu vertiefen oder zu verwerfen. Zur Beschreibung der                    Datensammlung und Datenanalyse analytische Memos
    Studienpopulation wurden soziodemografische Daten                       geschrieben. Basierend auf den grafischen Darstellungen,
    erhoben. Die Interviews wurden digital aufgezeichnet                    den analytischen Memos und dem ständigen Vergleichen
    und von der Erstautorin Wort für Wort nach dem                          von Daten, Codes und vorläufigen Kategorien entstand
    einfachen Transkriptionssystem von Dresing und Pehl                     schließlich ein theoretisches Konstrukt, welches als
    (2015) transkribiert. Die Transkripte wurden kontrolliert               Modell mit dem Namen IPZ im Delir-Management
    und anonymisiert. Zur Interviewanalyse wurde mit dem                    gestalten ausgearbeitet wurde und drei Kategorien
    Programm Atlas.ti 8® gearbeitet. Soziodemografische                     beinhaltet.
    Angaben wurden mittels deskriptiver Analyse mit IBM
    SPSS 24® ausgewertet. Sämtliche Daten wurden zur                         ERGEBNISSE
    Weiterbearbeitung auf einem gesicherten Server gelagert.
                                                                            Beschreibung Studienpopulation
    Datenanalyse
                                                                            Die interviewten Pflegefachpersonen (PFP, n=6),
    Datensammlung und Datenanalyse fanden in einem                          Ärzte/-innen (Ae, n=5) und Personen anverwandter
    parallelen Prozess statt, was typisch ist für Studien, die              Professionen (AP, n=8), bestehend aus Physiotherapie
    auf der Grounded Theory basieren (Charmaz, 2014).                       (n=2),    Ergotherapie    (n=1),     Ernährungsberatung
    Jede einzelne Interviewaufnahme wurde unmittelbar                       (n=1), Sozialdienst (n=2) und Seelsorge (n=2), waren
    transkribiert, analysiert und mit initialen Codes versehen.             auf chirurgischen und medizinischen Abteilungen
    Die initiale Codierung erfolgte Zeile für Zeile. Die 542                tätig. Fünf Personen hatten eine Ausbildungs- oder
    initialen Codes des gesamten Datenmaterials wurden                      Fachberatungsfunktion inne und acht Personen eine
    nahe den Daten in Verbform formuliert. Das zweite                       Kaderfunktion. Es nahmen mehrheitlich Frauen teil und
    Interview wurde zur Qualitätskontrolle im Rahmen                        die Studienpopulation zeigt eine breite Spanne bezüglich
    eines Peer-Debriefings von einer Kommilitonin aus dem                   Berufserfahrung, Betriebszugehörigkeit und Alter (vgl.
    Gesamtforschungsprojekt gegencodiert. Im nächsten                       Tabelle 1).
    Schritt, beginnend nachdem das dritte Interview initial                 Da die für das erste Gruppeninterview rekrutierte
    codiert war, erfolgte das fokussierte Codieren jedes                    Pflegefachperson krankheitshalber nicht teilnehmen
    einzelnen Interviews. Aus initialen Codes entstanden                    konnte und somit die pflegerische Perspektive auf die

                                                                                                      Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
4                                                                                                                                Angemeldet
                                                                                                      Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
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                               PROFESSIONS

Tabelle 2: Interviewreihenfolge und teilnehmende Fachpersonen.        mit Hindernissen, mit denen die Beteiligten in der
                                                                      IPZ konfrontiert sind. Wie das Modell IPZ im Delir-
  Nummer        Art des Interviews    Teilnehmende Fachpersonen       Management gestalten zeigt (vgl. Abb. 1), stehen
      1         Gruppeninterview           Ae (n=1), AP (n=3)
                                                                      die drei Kategorien in einem engen Zusammen- und
                                                                      Wechselspiel. Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung
      2          Einzelinterview               PFP (n=1)
                                                                      beeinflussen den Dialog miteinander und den Umgang
      3          Einzelinterview               PFP (n=1)              mit Hindernissen in der IPZ. Hindernisse offenbaren
      4          Einzelinterview                Ae (n=1)              sich meist im Dialog, die Auseinandersetzung damit
      5         Gruppeninterview      Ae (n=1), PFP (n=1), AP (n=2)   beeinflusst und bedingt aber den Dialog miteinander.
      6         Gruppeninterview     Ae (n=1), PFP (n=1), AP (n=3),   Der Dialog miteinander und die Auseinandersetzung
                                                                      mit Hindernissen in der IPZ beeinflussen wiederum
      7          Einzelinterview                Ae (n=1)
                                                                      gegenseitigen Respekt und Wertschätzung.
      8          Einzelinterview               PFP (n=1)
                                                                      Nachfolgend werden die drei Kategorien detailliert
      9          Einzelinterview               PFP (n=1)              dargestellt und mit Zitaten ausgeführt.
Ae= Ärztin/Arzt, AP= andere Profession, PFP= Pflegefachperson,
n= Anzahl                                                             Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung

                                                                      Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung werden
                                                                      beeinflusst von gegenseitigem Verständnis, respektive
                                                                      fehlendem Verständnis, von der unterschiedlichen
                                                                      Priorisierung von Patienten/-innen mit Delir und von
                                                                      Erwartungen der Professionen aneinander. Weitere
                                                                      Einflussfaktoren sind die Hierarchie zwischen den
                                                                      Professionen und fehlende Kenntnisse von Fähigkeiten
                                                                      und Kompetenzen des Gegenübers.
                                                                      Pflegefachpersonen und Ärzte/-innen beklagten das
                                                                      fehlende gegenseitige Verständnis für individuelle
                                                                      Herausforderungen in der Betreuung von Patienten/-
                                                                      innen mit Delir und die Anforderungen des Klinikalltags.
                                                                      Auf der einen Seite berichteten Pflegefachpersonen, wie
                                                                      ihre Not von ärztlicher Seite nicht verstanden wird, wenn
                                                                      sie Unterstützung in der Betreuung deliranter Patienten/-
Abbildung 1: IPZ im Delir-Management gestalten.                       innen benötigen, wenn diese beispielsweise agitiert sind.

IPZ im Delir-Management als ungenügend abgebildet                         „Und sie [Ärzte/-innen] sehen gar nicht, wie schlimm
erschien, wurden im Verlauf der Datensammlung                             es für uns ist und für den Patienten. Dass er je nach
und -analyse zwei zusätzliche Pflegefachpersonen für                      dem aggressiv ist und du nichts mit ihm machen
Einzelinterviews rekrutiert. Die Interviewreihenfolge                     kannst.“ (PFP 18, 7:34)
und Teilnahme der Fachpersonen sind in Tabelle 2
abgebildet.                                                           Auf der anderen Seite äußerten Ärzte/-innen, dass
                                                                      Pflegefachpersonen wenig Verständnis zeigen, wenn
Modell IPZ im Delir-Management gestalten                              Ärzte/-innen delirante Patienten/-innen nicht sofort
                                                                      visitieren und die Pflegefachpersonen nicht unmittelbar
Das Modell IPZ im Delir-Management gestalten                          in der Betreuung unterstützen können.
besteht aus drei Kategorien: Gegenseitiger Respekt und
Wertschätzung, im Dialog miteinander sein und sich mit                    „Das ist immer sehr schwierig, die Zusammenarbeit
Hindernissen auseinandersetzen. Gegenseitiger Respekt                     und das Verständnis füreinander, dass man jetzt
und Wertschätzung im Umgang miteinander und für die                       nicht gerade hochkommen kann. Und dass die Pflege
individuellen Berufssituationen ist eine grundlegende                     noch ein bisschen aushalten muss mit dem deliranten
und erforderliche Haltung für die Gestaltung der IPZ in                   Patienten.“ (Ae 9, 4:105)
der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir. Ebenfalls
essenziell ist der Dialog miteinander über Erfahrungen                Pflegefachpersonen und Ärzte/-innen erzählten,
mit Patienten/-innen im Delir und die gemeinsame                      dass solche Situationen vor allem abends und nachts
Betreuung. Prägend ist auch die Auseinandersetzung                    problematisch seien, wenn Dienstärzte/-innen nebst der

                                                                                            Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
                                                                                                                       Angemeldet      5
                                                                                            Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
Verantwortung auf der Notfallstation auch für die örtlich        Delir in dem Zimmer ist, wo steht, bitte nicht stören,
    getrennten Abteilungspatienten/-innen zuständig sind. In         kann ich dort nichts machen.“ (AP 2, 1:890).
    diesem Zusammenhang beschrieben Pflegefachpersonen
    und Ärzte/-innen, wie sie Patienten/-innen mit Delir         In den Interviews zeigte sich, wie wenig Pflegefachpersonen
    unterschiedlich priorisieren. Patienten/-innen mit Delir     und Ärzte/-innen über die Fähigkeiten und Kompetenzen
    können unter Umständen die gesamte Aufmerksamkeit            wissen, über die Personen aus anverwandten Professionen
    einer oder mehrerer Pflegefachpersonen erfordern             in der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir
    und nehmen eine hohe Priorität im Arbeitsablauf von          verfügen. Sowohl Pflegefachpersonen wie Ärzte/‑innen
    Pflegefachpersonen ein. Dienstärzte/-innen auf der           äußerten, dass Personen anverwandter Professionen
    Notfallstation hingegen priorisieren andere Patienten/-      in der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir nicht
    innen, beispielsweise mit akut lebensbedrohlichen            viel tun könnten. Physio- und Ergotherapeuten/-innen
    Symptomen, höher als Patienten/-innen mit Delir. Als Folge   veranschaulichten aber, wie sie Patienten/-innen mit
    des fehlenden Verständnisses und der unterschiedlichen       Delir in der Wahrnehmungsförderung und Mobilisation
    Priorisierung bekannten Pflegefachpersonen und Ärzte/-       unterstützen können und dies auch gerne tun möchten.
    innen, sich in solchen Situationen nicht richtig zuzuhören
    oder ernst zu nehmen, was ungünstige Auswirkungen auf            „Ich wünsche mir, dass wir schneller hinzugezogen
    Patienten/-innen mit Delir hat.                                  werden. Weil wir wirklich Patienten positiv
                                                                     beeinflussen können, was die Orientierung anbelangt,
        […] und sie [Ärzte/-innen] dann gewisse                      was das Hier und Jetzt anbelangt.“ (AP 12, 5:314).
        Informationen von der Pflege nicht wahrnehmen
        wollen und man genau durch das nicht im Sinne vom        Seelsorger/-innen und Sozialarbeiter/-innen erklärten,
        Patienten miteinander kommuniziert und agiert.“ (Ae      wie sie beispielsweise in der Angehörigenbetreuung von
        14, 5:105)                                               Patienten/-innen mit Delir unterstützend tätig sein können
                                                                 und möchten. Dafür müssten sie aber von der Situation
    Pflegefachpersonen und Ärzte/-innen schilderten, in          dieser Patienten/-innen erfahren, was im Alltag oft
    Bezug auf die Betreuung von Patienten/-innen mit Delir,      vergessen gehe, weil ihre Fähigkeiten und Kompetenzen
    gegenseitige Erwartungen, die nur selten ausgesprochen       Pflegefachpersonen und Ärzten/-innen nicht präsent seien.
    und erfüllt wurden. Pflegefachpersonen erwarten
    beispielsweise von Ärzten/-innen vorausschauende                  „Also, wenn Angehörige ein Problem haben […],
    medikamentöse      Delir-Verordnungen.     Ärzte/-innen          wäre das auch unser Bereich, wo wir noch vorbei
    hingegen erwarten von Pflegefachpersonen, dass diese erst        gehen könnten. Das wird manchmal vergessen.“ (AP
    ein Delir-Screening durchführen und nichtmedikamentöse           11, 4:70)
    Maßnahmen zur Delir-Prävention und Behandlung
    ausschöpfen, bevor sie nach Medikamenten verlangen.          Die Interviewten sahen in interprofessionellen Delir-
                                                                 Fortbildungen eine Möglichkeit, über jeweilige
                                                                 Fähigkeiten und Kompetenzen zu informieren und
        „Das Thema Medikamente verordnen ist meistens            aufzuzeigen, wer zur Betreuung von Patienten/-innen mit
        das Erste, was an uns herangetragen wird, bevor          Delir etwas beitragen könnte. In interprofessionellen Delir-
        man andere Maßnahmen ergreift […]. Das machen            Fortbildungen könnten zudem professionsspezifische
        wir schon […], aber schade, wenn ich manchmal das        Herausforderungen in der Betreuung von Patienten/-
        Gefühl habe, es ist das Erste nach dem gerufen wird.“    innen mit Delir aufgezeigt werden, wodurch sich die
        (Ae 3, 1:492)                                            Interviewten mehr gegenseitiges Verständnis erhofften.

    In die Betreuung von Patienten/-innen mit Delir sind             „Dann würde man auch hören, was die
    nicht nur Pflegefachpersonen und Ärzte/-innen involviert.        Schwierigkeiten von den Berufsgruppen sind. Und
    Personen anverwandter Professionen erzählten, dass ihre          wie sieht es eben die andere [Berufsgruppe].“ (PFP
    Tätigkeiten in der Hierarchie nach den pflegerischen und         6, 3:351)
    ärztlichen Tätigkeiten kämen. Auch wenn anverwandte
    Professionen durch diese Hierarchie in der Ausübung          Mehrheitlich bevorzugen die Interviewten Delir-
    ihrer Tätigkeiten gestört werden, akzeptieren sie dies als   Fortbildungen im vertrauten Rahmen mit denjenigen
    gegeben.                                                     Personen, mit welchen sie täglich zusammenarbeiten,
                                                                 beispielsweise in Form eines Stationsworkshops.
        „Wir haben jetzt diese roten Täfelchen, wo es heißt:     Vereinzelt wurde von ärztlicher Seite Bedenken
        Visite, bitte nicht stören […]. Und wenn der mit         geäußert, dass Personen aus Sozialdienst oder Seelsorge,

                                                                                    Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
6                                                                                                              Angemeldet
                                                                                    Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
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welche keinen medizinischen Hintergrund haben, in            erzählten, dass sie Patienten/-innen oft nur im Rahmen
interprofessionellen Delir-Fortbildungen überfordert sein    der täglichen Visiten sehen würden und daher auf
könnten. Obwohl Sozialarbeiter/-innen und Seelsorger/-       Beobachtungen über einen längeren Zeithorizont von
innen diese Bedenken teilten, ist ihnen die Teilnahme        Pflegefachpersonen im Zusammenhang mit Delir-
an interprofessionellen Delir-Fortbildungen ein großes       Symptomen angewiesen seien.
Anliegen.
                                                                 „Auf der Visite kann sich vielleicht wieder ein
    „Im Zusammenhang mit Delir, wo wir direkt betroffen          normales Bild zeigen, wie das halt so fluktuierend ist
    sind, weil wir den Umgang mit den Patienten haben,           manchmal. Und dann braucht es diese Beobachtungen
    wäre das wichtig, […] dass wir dort auch geschult            an den übrigen Zeiten.“ (Ae7, 8:35)
    würden.“ (AP 4, 1:817)
                                                             Personen anverwandter Professionen zeigten auf, dass
Die Ergebnisse dieser Kategorie zeigen, dass                 auch sie zur Delir-Erkennung beitragen können. Und
gegenseitiger Respekt und Wertschätzung im Umgang            zwar im Dialog mit Pflegefachpersonen, wenn sie
miteinander und gegenüber individuellen beruflichen          Auffälligkeiten und Besonderheiten, welche sie im
Situationen das zentrale Element der IPZ in der Betreuung    Patienten/-innenkontakt erlebten, weitergeben würden.
von Patienten/-innen mit Delir sind. Interprofessionelle
Delir-Fortbildungen können einen wertvollen Beitrag zur          „Und dann weiß ich nicht so recht, ist das eine
Förderung des gegenseitigen Respekts und Wertschätzung           bestimmte Form von Demenz, oder ist es Delir.
leisten. Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung                 Da gehe ich zurückfragen, oder einfach meine
beeinflussen den Dialog miteinander, der essenziell ist,         Wahrnehmungen der Pflege weitersagen.“ (AP 16,
um die IPZ in der Betreuung von Patienten/-innen mit             5:22)
Delir zu gestalten.
                                                             Zur Koordination der verschiedenen Professionen
Im Dialog miteinander sein                                   bei der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir
                                                             hoben die Interviewten die Wichtigkeit des Dialogs
Wenn es um den Dialog zwischen den Professionen              miteinander hervor. Um Patienten/-innen mit Delir
geht,      sind       Pflegefachpersonen      wesentliche    nicht zu überfordern, versuchen die Befragten mittels
Ansprechpersonen. Das betrifft sowohl den alltäglichen       Absprachen ihre Tätigkeiten bei den Patienten/-innen zu
Informationsaustausch, die Delir-Erkennung und die           koordinieren. Beim Thema „Koordination“ wurde in den
Koordination der in die Betreuung von Patienten/-innen       Interviews deutlich, dass Pflegefachpersonen auch hier
mit Delir involvierten Professionen. Zur gemeinsamen         eine wesentliche Rolle einnehmen.
Besprechung von komplexen Patientensituationen gibt
es formale Gesprächsstrukturen, welche den Dialog mit            „Wir schauen, wie viele Personen in die Behandlung
allen Professionen intensivieren.                                involviert sind. […] und dann immer mit der Pflege
Pflegefachpersonen erzählten, dass sie sehr oft in               absprechen, was für heute die Priorität ist, damit die
den Informationsaustausch involviert würden und                  Patienten nicht überfordert sind.“ (AP 13, 5:281)
Drehscheibe für Informationen seien. Ärzte/-innen
und Personen anverwandter Professionen beschrieben           Die        Interviewten       beschrieben       formale
Pflegefachpersonen als diejenigen Fachpersonen, welche       Gesprächsstrukturen,     welche     zur   gemeinsamen
am besten über Patienten/-innen Bescheid wüssten,            Besprechung von Patienten/-innen mit Delir genutzt
weshalb sie bewusst den Austausch vor und nach               werden können, wie Visiten und interprofessionelle
Patientenkontakt mit ihnen suchten. Pflegefachpersonen       Rapporte. Letztere finden auf einigen Abteilungen
erklärten, dass dies einerseits ein Mehraufwand für sie      wöchentlich statt und dienen dazu, komplexe Situationen
bedeute, andererseits seien sie sich ihrer zentralen Rolle   von Patienten/-innen aus verschiedenen Perspektiven zu
in der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir bewusst,     diskutieren. Der Informationsstand aller Professionen
weil sie so viel Zeit mit ihnen verbringen würden.           kann dadurch abgeglichen und Entscheidungen können
                                                             transparent erklärt und getroffen werden. Dies fördert
    „Es kommt schon viel bei der Pflege zusammen. Ich        das gegenseitige Verständnis und somit gegenseitigen
    denke, weil wir am nächsten beim Patienten sind, die     Respekt und Wertschätzung. Zudem erzählten
    größte Zeit den Patienten sehen.“ (PFP 5, 2:53)          Personen anverwandter Professionen, dass sie im
                                                             interprofessionellen Rapport Gelegenheit hätten, ihre
Der Dialog miteinander trägt laut Aussagen der               Fähigkeiten und Kompetenzen in der Betreuung von
Interviewten zur Delir-Erkennung bei. Ärzte/-innen           Patienten/‑innen mit Delir einzubringen.

                                                                                   Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
                                                                                                              Angemeldet      7
                                                                                   Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
„Es gibt einen Wissenspool, wenn die verschiedenen         „Jetzt, wo wir sagen, wir wollen so wenig Sitzwachen
        Blickwinkel auf einen Patienten auf den Tisch              wie möglich, ist es noch viel wichtiger, was wir sonst
        kommen. Dann versteht man besser, warum welche             noch alles für den Patienten tun können.“ (PFP 19,
        Entscheidungen sinnvoll sind oder nicht, oder wie          9:25)
        man es auch noch angehen könnte.“ (AP 10, 4:87)        Ein weiteres Hindernis, welches aufgezeigt wurde und
                                                               Einfluss auf die Gestaltung der IPZ hat, ist das Fehlen
    Die Kategorie im Dialog miteinander sein zeigt die         einer gemeinsamen professionellen Sprache. Gerade
    Wichtigkeit und die verschiedenen Facetten des Dialogs     Pflegefachpersonen und Ärzte/-innen erzählten, dass
    in der IPZ in der Betreuung von Patienten/-innen           sie oft nicht in der gleichen professionellen Sprache
    mit Delir auf. Formale Gesprächsstrukturen können          miteinander sprächen.
    gegenseitigen Respekt und Wertschätzung fördern,
    indem sie gegenseitiges Verständnis und das Aufzeigen          „Im Moment kommunizieren wir nicht auf einer
    von Fähigkeiten und Kompetenzen unterstützen.                  Ebene. […] ich glaube, die Sprache ist irgendwie
    Dennoch begegnen die Personen im Dialog miteinander            unterschiedlich.“ (Ae 17, 6:45)
    verschiedenen Hindernissen.
                                                               In den Interviews zeigte sich, dass die Initiative zur
    Sich mit Hindernissen auseinandersetzen                    Auseinandersetzung mit diesem Hindernis mehrheitlich
                                                               von Pflegefachpersonen kommt. Sie lernen, objektive
    Die Auseinandersetzung mit Hindernissen in der IPZ ist     Messparameter zu erheben und diese mittels
    ein Prozess, welcher innerhalb der Professionen, aber      Kommunikationshilfen wie ISBAR (I = Identify, S
    auch interprofessionell stattfindet. Hindernisse sind      = Situation, B = Background, A = Assessment, R =
    sowohl der finanzielle Druck wie auch das Fehlen einer     Recommendation) strukturiert an den ärztlichen Dienst
    gemeinsamen professionellen Sprache und mangelndes         weiterzugeben. Pflegefachpersonen und Ärzte/-innen
    Wissen und Können in der Betreuung von Patienten/-         beschrieben ISBAR als Hilfsmittel, um beispielsweise
    innen mit Delir.                                           die Dringlichkeit in der Betreuung von Patient-/innen mit
    Die Interviewten berichteten über finanziellen Druck,      Delir besser darzustellen und Erwartung an das Gegenüber
    den sie in der täglichen Arbeit mit Patienten/-innen mit   klarer zu kommunizieren, womit gegenseitiger Respekt
    Delir erfahren. Dieser wird als hinderlich für die IPZ     und Wertschätzung gefördert werden können.
    wahrgenommen, da er teilweise unter den Professionen
    weitergegeben werde und sich somit negativ auf                 „Wir von der Pflege sind dran, mit dem ISBAR […],
    gegenseitigen Respekt und Wertschätzung auswirke.              dass man die Fakten in den Händen hat, nicht einfach
                                                                   sagt: ‚Dem Patienten geht es nicht gut.‘“ (PFP 15,
        „Und dann ist es so ein Kreislauf von Druck                5:120)
        weitergeben. Und dann kommt auch manchmal Frust
        auf, das ist so.“ (AP1, 1:652)                         Die Interviewten waren sich einig, dass Delir ein
                                                               herausforderndes Krankheitsbild ist. Es zeigte sich,
    Beispielsweise machten Ärzte/-innen Druck auf              dass fehlendes Wissen und Können im Umgang mit
    Sozialarbeiter/-innen, dass diese schnellstmöglich         Patienten/-innen im Delir zu Überforderung führen,
    eine Anschlusslösung für Patienten/-innen mit Delir        was sich dann in einer gemeinsamen Sprachlosigkeit
    finden. Sozialarbeiter/-innen wiederum würden Druck        äußert. Die Interviewten befürchteten, dass es dadurch
    von nachbetreuenden Institutionen erfahren, welche         zu Verzögerungen in der Delir-Behandlung kommen
    Patienten/-innen mit Delir nicht aufnehmen, solange        könnte.
    diese im Spital eine Sitzwache benötigen. Dies wiederum
    verschärfe den Druck auf Pflegefachpersonen, Patienten/-       „Andererseits habe ich manchmal das Gefühl, dass
    innen mit Delir ohne Unterstützung von Sitzwachen zu           ihr [Ärzte/-innen] dann auch selber nicht, also wir
    betreuen. Ein Teil der interviewten Pflegefachpersonen         [Pflegefachpersonen] auch, also beide nicht wissen,
    und Ärzte/-innen sah jedoch in diesem zunehmenden              was sollen wir machen.“ (PFP 8, 4:121)
    Kostendruck auch eine Chance zur Stärkung der IPZ,
    indem sie sich beispielsweise gemeinsam mit der Frage      Zusammenfassend zeigt sich, dass die Auseinandersetzung
    der Sitzwache auseinanderzusetzten, mit Fokus auf die      mit Hindernissen die IPZ im Bereich der Betreuung
    Optimierung der Betreuung von Patienten/-innen mit         von Patienten/-innen mit Delir voranbringen kann und
    Delir.                                                     den Dialog miteinander voraussetzt. Zudem braucht es
                                                               gegenseitigen Respekt und Wertschätzung, damit die

                                                                                  Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
8                                                                                                            Angemeldet
                                                                                  Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
INTERNATIONAL
INTERNATIONAL JOURNAL
              JOURNALOF
                      OFHEALTH
                        HEALTHPROFESSIONS
                               PROFESSIONS

Professionen sich gemeinsam mit Hindernissen in der IPZ      mit dem absorbiert sein durch die Behandlung von
auseinandersetzen können. Diese Auseinandersetzung           anderen Patienten/-innen.
kann aber zugleich gegenseitigen Respekt und                 In der vorliegenden Studie kamen auch Personen
Wertschätzung stärken, wie das Thema der gemeinsamen         anverwandter Professionen zu Wort. Es zeigte sich,
professionellen Sprache zeigt.                               dass ihre Fähigkeiten und Kompetenzen im Bereich
                                                             der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir oft nicht
DISKUSSION                                                   erkannt und berücksichtigt werden. Suter et al. (2009)
                                                             bestätigten fehlendes Wissen über die Rolle und die
In dieser Studie wurde das Modell IPZ im Delir-              Verantwortlichkeit des Gegenübers als Grund, weshalb
Management gestalten entwickelt. Die IPZ in der              dessen Expertise zu wenig genutzt wird. Handlungsbedarf
Betreuung von Patienten/-innen mit Delir basiert auf einem   besteht deshalb bezüglich der Rollenklärung in
engen Zusammen- und Wechselspiel von gegenseitigem           interprofessionellen Teams, was gegenseitigen Respekt
Respekt und Wertschätzung, im Dialog miteinander             und Vertrauen erfordert (Suter et al., 2009). Sich der
sein und sich mit Hindernissen auseinandersetzen. Die        eigenen Rolle und derjenigen von anderen Professionen
Erkenntnisse aus diesem Modell und die Ausführungen zu       bewusst zu sein und den Beitrag anderer Professionen in
den drei Kategorien können das gegenseitige Verständnis      der Patientenbetreuung zu erkennen, wurde vom IPEC
der Professionen füreinander fördern, Unterstützung für      (2011) als Kernkompetenz der IPZ aufgeführt. Bezüglich
Patienten-/innen mit Delir bieten und somit insgesamt zur    Hierarchie in der Patientenbehandlung gilt es, bestehende
Stärkung der IPZ beitragen.                                  Strukturen zu überdenken. Denn sämtliche beteiligte
                                                             Personen verschiedener Professionen können einen
Gegenseitiger Respekt und Wertschätzung                      wertvollen Beitrag in der Patientenbetreuung leisten und
                                                             sollten als gleichberechtigte Teammitglieder betrachtet
Die vorliegende Studie zeigt, dass sich Personen             werden (Weller et al., 2014).
verschiedener Professionen gegenseitigen Respekt und         Interprofessionelle Delir-Fortbildungen wurden in
Wertschätzung im Umgang miteinander und gegenüber            dieser Studie als Möglichkeit gesehen, sich über
den     individuellen    Berufssituationen    wünschen.      Fähigkeiten und Kompetenzen auszutauschen und das
Gegenseitiger Respekt wurde vom IPEC (2011) als              Verständnis füreinander zu verbessern. Brajtman et
grundlegend für eine funktionierende IPZ genannt, in         al. (2008) ergänzten, dass durch interprofessionelle
welcher die Verschiedenheit der Professionen anerkannt       Delir-Fortbildungen ein größeres Bewusstsein für die
und ihre jeweilige Expertise in der Patientenbetreuung       Wichtigkeit der IPZ im Delir-Management erreicht
berücksichtigt wird.                                         werden könnte. Die Interviewten der vorliegenden
Pflegefachpersonen und Ärzte/-innen, die an der              Studie präzisieren, dass sie interprofessionelle Delir-
vorliegenden Studie teilnahmen, beschrieben von              Fortbildungen zusammen mit denjenigen Personen,
mangelndem gegenseitigem Verständnis geprägte                mit denen sie in ihrer täglichen Arbeit zu tun haben,
Situationen, was negative Auswirkungen auf die IPZ           bevorzugen. Genau dies wird auch von Weller et al.
und Patienten/-innen mit Delir hatte. Die SAMW (2017)        (2014) und Sockalingam et al. (2015) empfohlen.
bestätigte fehlendes gegenseitiges Verständnis als
möglichen Grund für eine misslingende IPZ. Ähnlich wie       Im Dialog miteinander sein
in der vorliegenden Studie zeigten Palacios-Cena et al.
(2016) problematische Auswirkungen auf die Betreuung         Im Informationsaustausch der verschiedenen Professionen
von Patienten/-innen mit Delir und die IPZ, wenn diese       nahmen Pflegefachpersonen in der vorliegenden Studie
Patientengruppe von Pflegefachpersonen und Ärzten/-          eine Schlüsselrolle ein. Auch Miers und Pollard (2009)
innen unterschiedlich priorisiert wurde und verschiedene     sowie Lewin und Reeves (2011) bestätigen dies aufgrund
Erwartungen vorhanden waren. Auch differierende              der Tatsache, dass Pflegefachpersonen die meiste Zeit
Ansprüche im Zusammenhang mit Medikamenten zur               mit den Patienten/-innen in Kontakt stehen. Detweiler et
Delir-Behandlung erschwerten die IPZ (Palacios-Cena          al. (2014) hoben die Wichtigkeit des Dialogs zwischen
et al., 2016). Bowles et al. (2016) hingegen gaben in        Pflegefachpersonen und Ärzten/-innen im Zusammenhang
Bezug auf IPZ und Verfügbarkeit von Ärzten/-innen            mit Delir-Erkennung hervor. In der vorliegenden Studie
zu bedenken, dass einzelne Ärzte/-innen für Patienten/-      zeigte sich ergänzend zu Detweiler et al. (2014), dass
innen auf verschiedenen, örtlich auseinanderliegenden        auch anverwandte Professionen einen wertvollen und
Stationen zuständig seien und somit nicht jederzeit vor      wichtigen Beitrag zur Delir-Erkennung leisten können,
Ort sein könnten. Die im Rahmen der vorliegenden Studie      indem sie ihre Beobachtungen weiterleiten. Gerade
interviewten Ärzte/-innen ergänzten die Begründungen         auch angesichts des fluktuierenden klinischen Bildes
von Palacios-Cena et al. (2016) und Bowles et al. (2016)     eines Delirs mit Mischformen (American Psychiatric

                                                                                   Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
                                                                                                              Angemeldet      9
                                                                                   Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
Association, 2014; Savaskan et al., 2016) erscheint es       ist, welche die Pflegefachpersonen als hierarchisch
     essenziell, dass alle Professionen ihre Beobachtungen in     tiefergestellte Profession zu Initiatoren/-innen und
     den interprofessionellen Dialog einbringen. Erfahrungen      Ausführenden der Sprachangleichung an die hierarchisch
     mit und Wissen über Patienten/-innen aus verschiedenen       höhergestellte Profession macht. Eine andere mögliche
     professionsspezifischen Perspektiven zu integrieren          Erklärung findet sich bei Sollami et al. (2015) in Analogie
     und zu koordinieren, gehört gemäß IPEC (2011)                zu Haddara und Lingard (2013): Die Pflegefachpersonen
     zur Gestaltung der IPZ, was den Dialog miteinander           möchten ihre eigene Autonomie im Rahmen der IPZ
     voraussetzt.                                                 stärken und engagieren sich deswegen in und für IPZ.
     Von den Interviewten Personen im Studien-Setting wurde       Basierend auf diesen Autonomiebestrebungen könnte
     die Bedeutung formaler Gesprächsstrukturen für den           auch die Initiative seitens der Pflegefachpersonen für eine
     Informationsaustausch und zum besseren Verständnis           gemeinsame Sprache kommen, mit dem Ziel, verstanden
     füreinander hervorgehoben. Formale interprofessionelle       und gleichberechtigt behandelt zu werden.
     Gesprächsstrukturen wurden auch von der SAMW (2017)          Trotz der unterschiedlichen Priorisierung von
     zur Verbesserung der IPZ empfohlen. Lewin und Reeves         Patienten/-innen mit Delir waren sich die verschiedenen
     (2011) hingegen zeigten in einer ethnografischen Studie,     Professionen über die Komplexität des Delirs einig
     dass formale Gesprächsstrukturen eher ritualisierte und      und gestanden sich auch eine teilweise Überforderung
     meist ergebnislose Zusammenkünfte mit unregelmäßiger         in der Betreuung ein. Unsicherheit in der Betreuung
     Beteiligung von Pflegefachpersonen und Ärzten/-innen         von Patienten/-innen mit Delir wirkt sich auf IPZ aus,
     darstellen. Ursache für diese Differenz könnten kulturelle   respektive kann dazu führen, dass Delir nicht als Aufgabe
     und kontextuelle Unterschiede sowie ein jeweils anderes      für das gesamte interprofessionelle Team betrachtet wird
     Studiendesign sein.                                          (Sockalingam et al., 2015). Mittels interprofessionellen
                                                                  Delir-Fortbildungen könnte dem fehlenden Wissen
     Sich mit Hindernissen auseinandersetzen                      und Können und der Überforderung der verschiedenen
                                                                  Professionen im Umgang mit Patienten/-innen im Delir
     Der im Alltag wahrgenommene finanzielle Druck im             entgegenwirkt werden. Nebst dem Wissenszuwachs
     Zusammenhang mit dem Einsatz von Sitzwachen wurde            führen interprofessionelle Delir-Fortbildungen auch
     im Studien-Setting von verschiedenen Personen als            zu einer größeren Fortbildungszufriedenheit der
     hinderlich in der Gestaltung der IPZ in der Betreuung        Teilnehmenden (Sockalingam et al., 2014).
     von Patienten/-innen mit Delir beschrieben. Vor diesem
     Hintergrund erscheint es umso bedeutsamer, dass die          Stärken und Limitationen
     Professionen eine gemeinsame, patientenorientierte
     Wertehaltung aufweisen, wie vom IPEC (2011)                  Die interviewten Personen standen der IPZ in der
     empfohlen. In der vorliegenden Studie wurde finanzieller     Betreuung von Patienten/-innen mit Delir allesamt
     Druck vereinzelt als Chance gesehen, sich gemeinsam          positiv gegenüber. Personen mit negativer Einstellung
     über Bedarf und Wirksamkeit von Interventionen               gegenüber IPZ wurden eventuell im Rahmen des
     auszutauschen und Entscheidungen gemeinsam zu                Rekrutierungsprozesses über Vorgesetzte nicht angefragt
     treffen. Diesbezüglich kann ebenfalls auf die Schaffung      oder haben abgelehnt, ohne dass die Erstautorin
     interprofessioneller Gesprächsstrukturen verwiesen           davon erfahren hat. Die Erstautorin ist selbst in der
     werden, welche allen Professionen die Möglichkeit            Institution tätig. Das damit verbundene Vorverständnis,
     bieten, ihre Sichtweise darzulegen (SAMW, 2017).             welches gemäß Charmaz (2014) Bestandteil der
     Eine gemeinsame professionelle Sprache gilt als              konstruktivistischen Grounded Theory ist, kann sowohl
     zentraler Aspekt in der Gestaltung der IPZ (IPEC, 2011).     die Datensammlung wie auch die Datenanalyse geprägt
     Standardisierte und strukturierte Kommunikationshilfen       haben. Zur Qualitätskontrolle, basierend auf den Kriterien
     wie ISBAR werden verschiedentlich empfohlen                  von Charmaz (2014), fanden regelmäßig Peer-Debriefings
     (Foronda et al., 2016; IPEC, 2011; Weller et al., 2014).     statt. Um die Transparenz und die Glaubwürdigkeit der
     Die vorliegende Studie zeigte, dass die Initiative zur       Studie zu erhöhen, wurden die Ergebnisse mit Zitaten
     Sprachangleichung primär von Pflegefachpersonen              aus den Interviews untermauert, welche ein direktes
     kommt. Die interviewten Ärzte/-innen begrüßten               Abbild der Erlebenswelten der Interviewten aufzeigen.
     Maßnahmen zur Sprachangleichung seitens der                  Die vorliegende Studie hebt die Integration anverwandter
     Pflegefachpersonen mittels ISBAR. Da aber die                Professionen in die IPZ im Rahmen der Betreuung von
     historisch gewachsene Hierarchie zwischen den beiden         Patienten/-innen mit Delir hervor, was die Originalität
     Professionen als erschwerend für die interprofessionelle     dieser Arbeit bereichert. Um die Anonymität der
     Kommunikation gilt (Foronda et al., 2016), entsteht der      einzelnen Teilnehmenden der Professionen Physio-
     Verdacht, dass es eine nach wie vor vorhandene Hierarchie    und Ergotherapie, Ernährungsberatung, Seelsorge

                                                                                     Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
10                                                                                                              Angemeldet
                                                                                     Heruntergeladen am | 25.02.20 09:40
INTERNATIONAL
INTERNATIONAL JOURNAL
              JOURNALOF
                      OFHEALTH
                        HEALTHPROFESSIONS
                               PROFESSIONS

und Sozialdienst zu sichern, wurden diese trotz ihres                      DANKSAGUNG
unterschiedlichen    Rollenprofils   in    anverwandte
Professionen zusammengefasst. Damit konnten Beiträge                       Wir danken den Interviewteilnehmer/-innen für
dieser einzelnen Professionen bezüglich der Gestaltung                     ihre Bereitschaft und für ihre Offenheit sowie dem
der IPZ nur ansatzweise aufgezeigt werden.                                 Praxispartner für die Ermöglichung der Forschungsarbeit
                                                                           und für die im Rekrutierungsprozess geleistete
Schlussfolgerungen mit                    Empfehlungen             für     Unterstützung.
Praxis und Forschung
                                                                           ETHISCHE PRÜFUNG
Die vorliegende Studie zeigt auf, wie grundlegend
gegenseitiger Respekt und Wertschätzung für IPZ                            Diese Forschungsarbeit fand im Rahmen eines
in der Betreuung von Patienten/-innen mit Delir ist.                       studentischen Gesamtforschungsprojekts statt, welches
Interprofessionelle    Delir-Fortbildungen,      formale                   von der Kantonalen Ethikkommission Zürich (BASEC-
interprofessionelle Gesprächsstrukturen und die                            Nr. 2017-01422) als unbedenklich eingeschätzt und
Etablierung einer gemeinsamen professionellen Sprache                      bewilligt wurde.
können positiv zur Gestaltung der IPZ beitragen sowie
gegenseitigen Respekt und Wertschätzung unterstützen,                      INTERESSENKONFLIKT
den Dialog miteinander bereichern und die gemeinsame
Auseinandersetzung mit Hindernissen stärken. Um die                        Es liegt kein Interessenkonflikt vor.
Perspektivenvarianz in der Betreuung von Patienten/-
innen mit Delir weiter zu fördern, ist es wünschenswert,
wenn zukünftige Forschung zur IPZ über die ärztliche-
pflegerische Zusammenarbeit hinaus auch anverwandte
Professionen einschließt.

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                                                                                                       Bereitgestellt von | Stadtspital Triemli
                                                                                                                                  Angemeldet         11
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