Arbeitsmarktliche Trendentwicklungen im OECD-Raum - Begriffe, Definitionen Entwicklung der Arbeitslosigkeit Weitere Trendentwicklungen Fazit

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Arbeitsmarktliche Trendentwicklungen im OECD-Raum - Begriffe, Definitionen Entwicklung der Arbeitslosigkeit Weitere Trendentwicklungen Fazit
1. Arbeitsmarktliche Trendentwicklungen im
   OECD-Raum

Begriffe, Definitionen

Entwicklung der Arbeitslosigkeit

Weitere Trendentwicklungen

Fazit

                                             1
1.1. Begriffe, Definitionen

•   Erwerbspotential (B)
    Wohnbevölkerung im Alter von 15-64 bzw. Bevölke-
    rung im erwerbsfähigen Alter

•   Erwerbspersonen (P)
    Erwerbstätige (E) und Arbeitslose (U) bzw. die Er-
    werbsbevölkerung

•   Erwerbsquote (P/B)

•   Arbeitslosenquote (U/P):

Definitorische Zusammenhänge

P = B · (P/B) = E + U

U/P = U/(E+U)

                                                         2
Erwerbsquoten nach Alter und Geschlecht, SchweizerInnen, 1970-2000
                100%

                90%

                80%

                70%
 Erwerbsquote

                60%

                50%

                40%

                30%

                20%

                10%

                 0%
                       15   20   25      30     35     40        45      50      55         60       65   70
                                                      Alter in Jahren

                                 Frauen, 1970   Frauen, 2000      Männer, 1970        Männer, 2000

                                                                                                               3
Sockel- bzw. Gleichgewichtsarbeitslosigkeit

                                              4
Problem hoher Gleichgewichtsarbeitslosigkeit

• Hohe Gleichgewichtsarbeitslosigkeit impliziert ein ho-
 hes Mass an wirtschaftlicher Ineffizienz: Ressourcen
 bleiben ungenützt und Outputpotentiale werden nicht
 ausgeschöpft.

• Sie belastet die öffentlichen Finanzen: Einnahmen sin-
 ken, während Ausgaben steigen.

• Die direkt Betroffenen erleiden Verluste, deren Aus-
 mass von der Durchlässigkeit der Arbeitslosigkeit ab-
 hängt.

                                                         5
6
1.2. Entwicklung der Arbeitslosigkeit

• Obwohl die Arbeitslosigkeit in allen Ländern mit etwa
  der gleichen Rate entsteht, baut sie sich je nach Land
  mit unterschiedlicher Geschwindigkeit wieder ab.

• Dies ist zum einen an der Entwicklung der Arbeitslo-
  senquote im Zeitablauf zu erkennen: In Ländern, in de-
  nen es zu einem schnellen Abbau kommt, bewegt sich
  die Arbeitslosigkeit wellenartig um ein konstantes Ni-
  veau, während sie sich in den anderen Ländern trep-
  penartig nach oben entwickelt.

• Die unterschiedliche Geschwindigkeit des Abbaus ist
  zum anderen am positiven Zusammenhang zwischen
  der Höhe der Arbeitslosigkeit und dem Ausmass der
  Langzeitarbeitslosigkeit zu sehen, was wiederum ein
  Beleg dafür ist, dass nicht die Inzidenz, sondern die
  Dauer der Arbeitslosigkeit für das unterschiedliche Ni-
  veau der Arbeitslosigkeit im OECD-Raum massgebend
  ist.

                                                        7
Arbeitslosigkeit in OECD-Ländern, 1970-06

                                  14

                                  12
                                                                                                                                         EG
   Arbeitslosenquote in Prozent

                                  10

                                   8
                                                                                               Nordamerika
                                                                                                                                         EFTA
                                   6

                                   4
                                                                                                                                  Japan
                                   2

                                   0
                                       1970
                                              1972
                                                     1974
                                                            1976
                                                                   1978
                                                                          1980
                                                                                 1982
                                                                                        1984
                                                                                               1986
                                                                                                      1988
                                                                                                             1990
                                                                                                                    1992
                                                                                                                           1994
                                                                                                                                  1996
                                                                                                                                          1998
                                                                                                                                                 2000
                                                                                                                                                        2002
                                                                                                                                                               2004
                                                                                                                                                                      2006
Quelle: Employment Outlook, OECD, verschiedene Jahrgänge

                                                                                                                                                                             8
Arbeitslosenquote (%)

                          0.0
                                1.0
                                       2.0
                                               3.0
                                                       4.0
                                                              5.0
                                                                    6.0
                   1970

                   1972

                   1974

                   1976

                   1978

                   1980

                   1982

                   1984

                   1986
                                                                          Arbeitslosenquote der Schweiz, 1970-2008

                   1988

                   1990

    Jahresanfang
                   1992

                   1994

                   1996

                   1998

                   2000

                   2002

                   2004

                   2006

                   2008
9
ARBEITSLOSENQUOTE UND LANGZEITANTEIL 1989
90

80
                                                           BEL
70                                                                        ITA
                                                                                     IRE

60
                                                   GRE                                     SPN
50                             POR                 NLD
                                       GER
                                                          FRA

40                                          UKD

30
                                                           DEN
                                            AUS
20                   JAP
                                                  NZL
                                     NOR
10
               SWE         FIN        USA          CAN
         SWZ
 0
     0          2          4           6            8       10       12         14   16          18   20

                                                  Arbeitslosenquote (in %)

                                                                                                           10
ARBEITSLOSENQUOTE UND LANGZEITANTEIL 2000
                                        70
Anteil an Langzeitarbeitslosen (in %)

                                        60                                                                            ITA
                                                                     IRE                                               GRE
                                                                                                     GER
                                        50
                                                              POR
                                                                                                                                 SPN
                                                                                                                FRA
                                        40
                                                        NLD
                                        30                                   UKD
                                                                                     AUS                    FIN
                                                                           JAP SWE

                                        20             SWZ           DEN           NZL

                                                                                           CAN
                                        10                     USA
                                                              NOR
                                         0
                                             0     2            4              6                 8         10               12   14    16
                                                                               Arbeitslosenquote (in %)

                                                                                                                                            11
1.3. Weitere Trendentwicklungen

Der strukturelle Wandel auf den Arbeitsmärkten der hoch
entwickelten Industrieländer zeichnet sich durch drei
Trends aus:
- eine wachsende Internationalisierung der Arbeitstei-
  lung (Globalisierung), die dafür sorgt, dass immer
  mehr einfache, repetitive Tätigkeiten ins Ausland ab-
  wandern und einen wachsenden Anteil an anspruchs-
  volleren Beschäftigungen zurücklassen, die höhere
  Qualifikationen erfordern;
- einen bildungsintensiven („skill-biased“) technischen
  Fortschritt, der eine steigende Nachfrage nach Höher-
  qualifizierten zu Lasten von Un- und Angelernten aus-
  löst, und
- eine Tertiarisierung der Arbeitswelt bzw. eine kontinu-
  ierliche Verlagerung der Beschäftigung von den ge-
  werblich-industriellen Tätigkeiten hin zu den Dienst-
  leistungsberufen, was die Nachfrage nach schulischen
  Berufsausbildungen ansteigen lässt.

                                                      12
Tertiarisierung:Sektorale Beschäftigungstrends, jährliche Wachstumsraten in Prozent, 1979-
90
                                                 2.0
         Jährliche relative Veränderung (in %)

                                                 1.5

                                                 1.0

                                                 0.5    Ozeanien        Nordamerika     Japan

                                                                   EG            EFTA
                                                 0.0
                                                                                                Ozeanien        Nordamerika      Japan
                                                 -0.5
                                                                                                           EG             EFTA

                                                 -1.0

                                                 -1.5

                                                 -2.0

                                                                    Verarbeitung                               private
                                                                                                           Dienstleistungen

                                                                                                                                         13
Der Abbau in der verarbeitenden Industrie bezieht
sich auf die Beschäftigung, nicht auf die Produktion.

                                                    14
Abbau industrieller Arbeitsplätze für Ungelernte eine
besondere Gefahr

• Die betroffenen Produktionsarbeiter sind vielfach ohne
  Berufsausbildung, verdienen aber aufgrund des hohen
  Mechanisierungsgrades ihrer Stellen einen im Ver-
  gleich zur Qualifikation hohen Lohn.

• Die Löhne im Dienstleistungssektor für Ungelernte
  sind vergleichsweise niedrig, da die Produktivität eines
  Einzelnen dort vielmehr von seiner Qualifikation als
  von seiner Arbeitsstelle abhängt.

• Aufgrund des drohenden Einkommensverlustes gestal-
  tet sich die Reintegration von Ungelernten besonders
  schwierig.

                                                        15
Der technische Fortschritt ist bildungsintensiv (hu-
mankapitalnutzend).

D.h., die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften er-
höht sich zu Lasten der Ungelernten.

Erläuterung:

Technischer Fortschritt ist x-faktornutzend, wenn bei
konstanten Faktoreinsatzverhältnissen die Grenzproduk-
tivität des Faktors x stärker steigt als jene der anderen
Produktionsfaktoren. Bei Faktorentlohnung gemäss der
Grenzproduktivität führt dies zu einem verstärkten Ein-
satz des Faktors x auf Kosten der anderen Faktoren.

Fazit:

Angesichts des Tertiarisierung der Berufswelt und des
Vordringens bildungsintensiver Technologien bleibt we-
nig qualifizierten Arbeitskräften die Wahl zwischen
Lohnverzicht oder Arbeitslosigkeit.

                                                       16
Verhältnis der Arbeitslosenquoten von Niedrig- und Hochqualifizierten anfangs der 80er
bzw. 90er Jahre
  6

  5

  4

  3

  2

  1

  0
              USA      Kanada   Australien        Frankreich    Grossbritannien   Italien   Deutschland

                                             80er Jahre   90er Jahre

Quelle: OECD (1994).

                                                                                                          17
Relative jährliche Veränderung der Reallöhne von Arbeitskräften niedrigen Erwerbsein-
kommens
   3

   2

   1

   0

  -1

  -2
              USA      Kanada   Australien   Frankreich   Grossbritannien   Italien   Deutschland

Quelle: OECD (1994).

                                                                                                    18
Arbeitslosenquote nach dem höchsten Bildungsabschluss der Betroffenen, 1970–2000
           9%

           8%

           7%

           6%

           5%
 Prozent

           4%

           3%

           2%

           1%

           0%
                kein Abschluss     Sekundarabschluss          Tertiärabschluss

                                 1970   1980   1990    2000

                                                                                   19
Entwicklung von Lohn- und Arbeitslosigkeit nach Bildungsstand in der Schweiz, 1991-07

                                                                                    20
Technischer Fortschritt dennoch kein Job-Killer

Rationalisierungen führen langfristig nicht zu weniger,
sondern zu mehr Beschäftigung. Das zeigt z.B. der Fall
Schweiz: Im Zeitraum 1870-1994 ist die Arbeitsproduk-
tivität in der Schweiz um 630 Prozent gestiegen, und
trotzdem hat die Beschäftigung um 192 Prozent zuge-
nommen. Von anhaltender Massenarbeitslosigkeit war
weit und breit keine Spur.

Berechnungshintergrund

Definitionsgleichungen:

          −1            −1
    ⎛Q⎞   ⎛H⎞
Q ⋅ ⎜ ⎟ ⋅ ⎜ ⎟ = E
    ⎝H⎠   ⎝E⎠

       ( Q H )t         ( H E )t
               −1              −1
Qt                                      Et
   ⋅                ⋅               =
       ( Q H )0         ( H E )0
              −1               −1
Q0                                      E0

wobei Q = Wertschöpfung
      Q
        = Arbeitszeitproduktivität
      H
      H
        = Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen
      E
      E = Erwerbstätige

12,36 · (7,30)-1 · (0,58)-1 = 2,92

                                                      21
Wie ist dieses, der Intuition scheinbar widersprechen-
de Ergebnis zu erklären?

• Ein Grund liegt darin, dass der technische Wandel, der
  hinter dem Produktivitätsfortschritt steht, nicht etwa
  wie Mana vom Himmel fällt, sondern erst durch den
  Einsatz neuer Maschinen und Geräte zustande kommt,
  und deren Entwicklung und Herstellung erfordert Ar-
  beitskraft.

• Hinzu kommt, dass höhere Produktivität gleichzeitig
  höhere Gewinne und/oder Löhne bedeutet, woraus zu-
  sätzliche Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen
  entsteht.

• Ferner zeigen empirische Untersuchungen, dass jene
  Länder, die in einer Branche hinsichtlich Produktivität
  weltweit führend sind, dies auch in bezug auf die Be-
  schäftigung sind, und zwar aus dem einfachen Grund,
  dass hohe Produktivität internationale Konkurrenzfä-
  higkeit und damit Absatzmöglichkeiten sichert.

Kurzum: Eine Ausweitung der Produktionsmöglichkeiten
einer Gesellschaft, worum es sich bei einer Produktivi-
tätssteigerung ja handelt, hat stets zu mehr (CH 1870-
1994: 1136%) und nicht weniger Produktion geführt, und
zwar aus dem einfachen Grund, dass das Streben der
Menschen nach einem materiell besseren Leben bislang
keinen Abbruch erfuhr.

                                                       22
1.4. Fazit

• Da die langfristigen Trends auf dem Arbeitsmarkt alle
  OECD-Länder gleichermassen treffen, kann nicht die
  Entstehung von Arbeitslosigkeit bzw. die unterschied-
  liche Fähigkeit der Länder, bestehende Arbeitsplätze zu
  erhalten, die unterschiedlichen Beschäftigungserfolge
  der Länder erklären.

• Vielmehr müssen folgende Faktoren die Unterschiede
  erklären:
  - unterschiedliche Erfolge in der Schaffung neuer Ar-
    beitsplätze und/oder
  - eine unterschiedliche Fähigkeit bzw. Bereitschaft der
    Arbeitslosen zur Stellenannahme.

• Konjunkturelle Faktoren kommen nicht in Betracht, da
  es hier um die Erklärung längerfristiger Unterschiede
  geht.

                                                       23
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