Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich - Statistik der ...
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Impressum Produktlinie/Reihe: Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt Titel: Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich Veröffentlichung: Mai 2021 Herausgeberin: Bundesagentur für Arbeit Statistik/Arbeitsmarktberichterstattung Rückfragen an: Kirsten Singer Regensburger Straße 104 90478 Nürnberg E-Mail: Arbeitsmarktberichterstattung@arbeitsagentur.de Telefon: 0911 179-1080 Fax: 0911 179-1383 Weiterführende Informationen: Internet: http://statistik.arbeitsagentur.de Zitierhinweis: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Berichte: Blickpunkt Arbeitsmarkt – Arbeitsmarktsituation im Pflegebereich, Nürnberg, Mai 2021 Nutzungsbedingungen: © Statistik der Bundesagentur für Arbeit Sie können Informationen speichern, (auch auszugsweise) mit Quellenangabe weiter- geben, vervielfältigen und verbreiten. Die Inhalte dürfen nicht verändert oder ver- fälscht werden. Eigene Berechnungen sind erlaubt, jedoch als solche kenntlich zu ma- chen. Im Falle einer Zugänglichmachung im Internet soll dies in Form einer Verlinkung auf die Homepage der Statistik der Bundesagentur für Arbeit erfolgen. Die Nutzung der Inhalte für gewerbliche Zwecke, ausgenommen Presse, Rundfunk und Fernsehen und wissenschaftliche Publikationen, bedarf der Genehmigung durch die Statistik der Bundesagentur für Arbeit. 2
Arbeitsmarkt für Pflegekräfte Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze .................................................................................................................................................................. 4 1 Einleitung ............................................................................................................................................................................... 5 2 Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ........................................................................................ 6 2.1 Erwerbstätigkeit ................................................................................................................................................................. 6 2.2 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ..................................................................................................................... 6 2.3 Entgelte ............................................................................................................................................................................. 8 2.4 Strukturmerkmale der Beschäftigung................................................................................................................................ 9 3 Arbeitslosigkeit ..................................................................................................................................................................... 11 3.1 Altenpflege ....................................................................................................................................................................... 12 3.2 Krankenpflege ................................................................................................................................................................. 13 3.3 Strukturmerkmale der Arbeitslosigkeit ............................................................................................................................. 14 4 Arbeitskräftenachfrage ......................................................................................................................................................... 16 4.1 Gemeldete Stellen ........................................................................................................................................................... 16 4.2 Arbeitslosen-Stellen-Relation .......................................................................................................................................... 17 5 Fachkräfteengpässe............................................................................................................................................................. 18 6 Förderung der beruflichen Weiterbildung zu Pflegefachkräften ........................................................................................... 20 3
Das Wichtigste in Kürze 2020 waren in Deutschland 1,7 Millionen Pflegekräfte in der Kranken- und Altenpflege sozialversiche- rungspflichtig beschäftigt. Anders als die Beschäftigung insgesamt ist sie im Coronajahr weiter gewach- sen. Pflegeberufe sind weiterhin eine Frauendomäne: Ein Großteil der Beschäftigten ist weiblich. Teilzeitbe- schäftigung ist weit verbreitet. Nachdem die Arbeitslosigkeit in der Kranken- und Altenpflege über Jahre hinweg rückläufig war, ist sie 2020 coronabedingt angestiegen. Der Anstieg lag jedoch unter dem der Arbeitslosigkeit insgesamt. Deut- lich verschlechtert hat sich die Situation vor allem für Pflegehelfer. Auf Helferniveau übersteigt die Zahl der Arbeitslosen die der gemeldeten Stellen. Bei Fachkräften stellt sich die Situation genau umgekehrt dar. Nahezu alle Indikatoren der weiterentwickelten Engpassanalyse weisen auf deutliche bestehende Fach- kräfteengpässe hin. In der Risikobetrachtung lässt insbesondere das geringe Substituierbarkeitspotenzial in der Pflege keine nennenswerte Entspannung dieser Engpässe erkennen. Erfolgreiche geförderte Ausbildungen von Pflegekräften bieten beste Chancen für eine Arbeitsaufnahme am ersten Arbeitsmarkt. 4
Arbeitsmarkt für Pflegekräfte 1 Einleitung Die demografische Entwicklung, aber auch der medizinische CORONA Fortschritt haben bereits in der Vergangenheit dazu geführt, Die Corona-Pandemie hat einmal mehr gezeigt, welche dass der Bedarf an Pflegepersonal in der Kranken- und Alten- enorme gesellschaftliche Bedeutung die Pflege hat. Struktu- pflege gestiegen ist. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. relle Auswirkungen können anhand der vorliegenden Daten So hat sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in noch nicht abgelesen werden. Erkennbare unmittelbare Aus- Deutschland in den letzten Jahren deutlich erhöht. Das Statis- wirkungen werden jeweils bei den einzelnen Kapiteln darge- tische Bundesamt weist in seiner Pflegestatistik für 2019 eine stellt. Zahl von bundesweit 4,1 Millionen pflegebedürftigen Men- schen aus1. Im Vergleich zum letzten Erhebungszeitpunkt Insgesamt sind die Auswirkungen am Arbeitsmarkt im Bereich 2017 waren das rund 713.000 bzw. 21 Prozent Pflegebedürf- der Pflege geringer als im Durchschnitt über alle Berufe. Das tige mehr. Der hohe Anstieg weist darauf hin, dass sich hier Beschäftigungswachstum dürfte schwächer gewesen sein, immer noch Effekte des seit dem 01.01.2017 weiter gefassten als es ohne die Pandemie gewesen wäre, im Gegensatz zur Pflegebedürftigkeitsbegriffs zeigen. Die Zahl der Pflegebe- Gesamtbeschäftigung bleibt die Veränderung zum Vorjahr je- dürftigen dürfte in Folge der Alterung der Gesellschaft und bei doch deutlich positiv. Die Zahl der arbeitslosen Pflegekräfte weitgehend konstanten Pflegefallwahrscheinlichkeiten weiter ist zwar gestiegen, betroffen sind allerdings in erster Linie Per- zunehmen2. sonen, die eine Helfertätigkeit suchen. Gleichzeitig ist die Zahl der offenen Stellen im Jahr 2020 deutlich gesunken, hierfür Damit einher geht ein weiter steigender Bedarf an Pflegekräf- dürfte die Corona-Krise hingegen nur einer der Gründe sein. ten. Die Prognosen über die zu erwartende Versorgungslücke fallen dabei unterschiedlich aus. Dies stellt eine Herausforde- Im Bereich der Beruflichen Weiterbildung zeigen sich ver- rung für die künftige Fachkräftesicherung dar. Sie wird ver- gleichbare Rückgänge wie bei den übrigen Aus- und Weiter- schärft durch die Tatsache, dass bereits jetzt ein bundeswei- bildungszielen, denn auch die Ausbildungsträger im Bereich ter Fachkräftemangel bei examinierten Pflegefachleuten so- der Pflege waren durch die Kontaktbeschränkungen massiv wohl in der Alten- wie auch in der Krankenpflege herrscht. eingeschränkt. Die Arbeitsmarktsituation von Alten- und Krankenpflegekräf- ten3 zeigte sich in der Vergangenheit nicht immer ganz ein- PFLEGEBERUFEREFOMGESETZ heitlich. Dennoch ist mit Blick auf die Zusammenführung der Ausbildung von Alten- und Krankenpflegefachkräften mit dem Am 1. Januar 2020 trat das Pflegeberufereformgesetz in Kraft. Pflegeberufereformgesetz4 seit 2020 eine gesamthafte Be- Dieses hatte u.a. das Ziel, die Pflegeberufe attraktiver zu ma- trachtung beider Pflegeberufe sinnvoll – auch wenn es weiter- chen. Die ersten Ausbildungen nach den neuen Richtlinien hin eine Spezialisierungsmöglichkeit gibt. Zusammen stellen begannen im Frühjahr 2020. Kranken- und Altenpflegekräfte knapp ein Drittel der gut 5 Mil- Absolventen gibt es folglich noch nicht. Gleichwohl wird in den lionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten des gesam- Statistiken der Bundesagentur für Arbeit (BA) zu Beschäfti- ten Gesundheits- und Sozialwesens. gung, Arbeitslosigkeit und offenen Stellen die jeweils ausge- Zwei Themen spielten im Jahr 2020 in Bezug auf das Thema übte oder angestrebte Tätigkeit erfasst, so auch die der Pfle- Alten- und Krankenpflege eine besondere Rolle. Der Aus- gefachkraft. Erste Verschiebungen sind dadurch schon sicht- bruch der Corona-Pandemie und die neue gesetzliche Ausbil- bar, gleichzeitig gibt es derzeit noch Erfassungsunsicherhei- dungsgrundlage. ten. Fundierte Aussagen zu den Auswirkungen des neuen Geset- zes sind auf Basis der derzeit vorliegenden Daten daher nicht möglich. 1 3 Sofern nicht anders erwähnt, werden hier und im Folgenden Personen, die Quelle: Statistisches Bundesamt https://www.destatis.de/DE/ZahlenFak- ten/GesellschaftStaat/Gesundheit/Pflege/Pflege.html den Tätigkeitsfeldern „813 – Pflegefachmann/-frau bzw. Gesundheits- und 2 Bundesministerium für Gesundheit - Pflegeversicherung, Zahlen und Fakten, Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe“ sowie „821 – Altenpflege“ Seite 17: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Da- der Klassifikation der Berufe (KldB2010) zugeordnet sind betrachtet. 4 teien/3_Downloads/Statistiken/Pflegeversicherung/Zahlen_und_Fakten/Zah- Informationen zum Pflegeberufereformgesetz sind hier zu finden: len_und_Fakten_der_SPV_Februar-2021_bf.pdf http://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/pflege/pflegeberufege- setz.html 5
2 Erwerbstätigkeit und sozialversicherungs- pflichtige Beschäftigung MINIJOBS HABEN EINE EHER GERINGE BEDEU- 2.1 Erwerbstätigkeit TUNG IN DER PFLEGE Gemäß der aktuell vorliegenden Daten aus dem Mikrozensus Die ausschließlich geringfügige Beschäftigung spielt im Be- waren im Jahr 2019 1,9 Millionen Pflegekräfte in Deutschland reich der Pflege eine eher untergeordnete Rolle. Über alle Be- erwerbstätig (davon 1,2 Millionen in der Kranken- und 0,7 Mil- rufe hinweg sind 12 Prozent der Beschäftigten Minijobber, in lionen in der Altenpflege). Ihre Zahl hat in den letzten Jahren der Pflege sind es nur 4 Prozent. Die Zahl der geringfügig Be- stetig zugenommen, allein gegenüber 2018 um 67.000 schäftigten in der Pflege ist zudem seit Ende 2018 rückläufig. (+3,6 Prozent). Als Selbständige üben diesen Beruf nur we- Dabei setzte der Rückgang in der Altenpflege früher ein und nige Menschen aus, die meisten sind abhängig beschäftigt. fiel kräftiger aus. GROßE MEHRHEIT DER ERWERBSTÄTIGEN IST WEIBLICH UND ARBEITEN IN TEILZEIT 2.2 Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Die große Mehrheit der Pflegekräfte ist weiblich: etwas mehr als vier von fünf Erwerbstätigen in der Alten- und Kranken- Im Juni 2020 belief sich die Zahl der sozialversicherungs- pflege sind Frauen. In der Altenpflege liegt ihr Anteil mit pflichtig Beschäftigten in der Kranken- und Altenpflege auf 84 Prozent etwas höher als in der Krankenpflege (80 Pro- 1,7 Millionen, darunter 615.000 Altenpflegekräfte sowie zent). Gleichwohl ist der Frauenanteil in der Krankenpflege – 1,1 Millionen Krankenpflegekräfte. Im Vergleich zum Vorjahr wenn auch nur geringfügig – sinkend, was bedeutet, dass zu- war das eine Zunahme von 40.000 bzw. gut zwei Prozent. nehmend Männer diese Berufe ergreifen. 37 Prozent dieses Wachstums geht auf Helfertätigkeiten zu- rück. Diese nahmen um 15.000 oder drei Prozent zu. Weitere Strukturdaten zur Erwerbtätigkeit in der Pflege liefert die Gesundheitspersonalrechnung, die derzeit für das Jahr 2018 vorliegt5. Sie zeigt, dass Teilzeitbeschäftigungen und geringfügige Beschäftigungen weit verbreitet sind. Fast drei BESCHÄFTIGUNGSANSTIEG AUCH WÄHREND Fünftel der Erwerbstätigen in diesem Bereich arbeiten in Teil- DER CORONA-PANDEMIE zeit oder sind geringfügig beschäftigt. Dabei arbeiten rund 62 Prozent der Frauen und 38 Prozent der Männer in Teilzeit. Im Zuge der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pan- demie hat das Beschäftigungswachstum in der Pflege etwas Insbesondere bei Berufen mit einem hohen Teilzeitanteil ist an Dynamik verloren. Anders als die Beschäftigung insgesamt es in der Diskussion um Fachkräftemangel (siehe Kapitel 5) waren hier allerdings auch im Jahr 2020 weiterhin deutliche und Versorgungslücken hilfreich, neben der absoluten Zahl Zuwächse zu verzeichnen. Diese wurden zuletzt wieder etwas der Erwerbstätigen auch die Zahl der sogenannten Vollzeit- größer (Abb. 1). äquivalente zu betrachten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes entsprachen 2018 die 1,7 Millionen erwerbstä- tigen Pflegekräfte knapp 1,3 Millionen Vollzeitäquivalenten (Krankenpflege 0,8 Millionen, Altenpflege 0,5 Millionen).6 5 Quelle: Aktuelle Gesundheitspersonalberechnung des Statistischen Bundes- 6 Ebenda. amts: https://www-genesis.destatis.de/genesis/online?sequenz=statistikTabel- len&selectionname=23621 6
Arbeitsmarkt für Pflegekräfte Abbildung 1 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Veränderung zum Vorjahr in % Insgesamt Alten- und Krankenpflege +2,6 -0,4 Jan 18 Jul 18 Jan 19 Jul 19 Jan 20 Jul 20 Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit A bbildung 2 A bbildung 3 Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Altenpflegekräfte Krankenpflegekräfte Deutschland, jeweils Juni Deutschland, jeweils Juni 1,09 Mio 1,11 Mio 1,06 Mio 1,02 Mio 1,04 Mio 12% 12% Spezialist/ 12% 12% Experte 13% 615.000 561.000 583.000 601.000 536.000 72% 72% Fach- 72% 72% kraft 72% darunter 45% 45% 46% 48% 48% Helfer 15% 16% 16% 16% 16% Helfer 2016 2017 2018 2019 2020 2016 2017 2018 2019 2020 Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 7
BESCHÄFTIGUNGSENTWICKLUNG IN DER ALTENPFLEGE 2.3 Entgelte Zwischen Alten- und Krankenpflegekräften gibt es ein deutli- Von den 615.000 Beschäftigten in der Altenpflege waren ches Lohngefälle (Abb. 4). Das mittlere Bruttoentgelt vollzeit- 320.000 Personen als examinierte Fachkraft tätig.7 Knapp die beschäftigter Fachkräfte in der Krankenpflege lag 2019 mit Hälfte bzw. 295.000 Beschäftigte gingen einer Tätigkeit als Al- 3.539 Euro pro Monat über dem für alle Fachkräfte tenpflegehelfer nach (Abb. 2), für die üblicherweise keine oder (3.140 Euro). Das mittlere Bruttoentgelt vollzeitbeschäftigter nur bis zu zwei Jahre Ausbildung erforderlich sind. Der Anteil Altenpflegefachkräfte war mit 3.034 Euro hingegen um eini- der beschäftigten Altenpflegehelfer, die eine Berufsausbil- ges geringer. Entsprechendes zeigt sich auch bei Pflegehel- dung absolviert haben, ist mit zwei Drittel allerdings über- fern: das mittlere monatliche Bruttoentgelt von Krankenpfle- durchschnittlich hoch. Zum Vergleich: Bei den beschäftigten gehelfern betrug 2.675 Euro, das von Altenpflegehelfern Helfern insgesamt ist es nur die Hälfte. 2.146 Euro (zum Vergleich alle Helfer: 2.334 Euro). Darüber hinaus sind sowohl die regionalen Entgeltunterschiede als Ob es sich bei den Altenpflegehelfern um solche mit einschlä- auch die zwischen der Art der Pflegeeinrichtung erheblich9. giger oder mit fachfremder Ausbildung handelt, kann statis- tisch leider nicht ausgewiesen werden. Auch bei der Beschäf- Im Vergleich zum Vorjahr sind die Gehälter in der Kranken- tigungsentwicklung in der Altenpflege spielen Helfertätigkei- pflege für Helfer um 84 Euro bzw. drei Prozent und für Fach- ten nach wie vor eine wichtige Rolle: 60 Prozent des Zuwach- kräfte um 134 Euro bzw. vier Prozent gestiegen. In der Alten- ses gehen auf Altenpflegehelfer zurück. Ihre Zahl ist im Ver- pflege gab es im gleichen Zeitraum ebenfalls eine Gehalts- gleich zum Vorjahr um 8.500 gestiegen (Fachkräfte +5.900). steigerung. Sowohl für Altenpflegehelfer als auch für die Fach- Insgesamt belief sich das Wachstum auf 14.000 Beschäftigte kräfte in diesem Bereich fallen die Gehaltszunahmen mit je- bzw. zwei Prozent. weils fünf Prozent (+105 Euro, +154 Euro) deutlich höher aus als im Durchschnitt über alle Berufe (Helfer +75 Euro bzw. +3 Prozent; Fachkräfte +88 Euro bzw. +3 Prozent).10 BESCHÄFTIGUNGSENTWICKLUNG IN DER KRANKENPFLEGE Abbildung 4 Im Juni 2020 waren 1,11 Millionen Personen als Krankenpfle- gekräfte8 sozialversicherungspflichtig beschäftigt (Abb. 3). Bruttolöhne im Vergleich Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Zuwachs um 26.000 bzw. Deutschland, Dezember 2019 zwei Prozent. Bezogen auf die Größe des Berufsfeldes ist die Medianentgelte sv-pflichtig Vollzeitbeschäftigter Krankenpflege damit genauso stark gewachsen wie die Alten- pflege. Dabei sind die Zuwächse in der Krankenpflege im Jah- Helfer 2.334 € resverlauf 2020 größer geworden, während sie in der Alten- Fachkräfte 3.140 € pflege kleiner wurden. In den Jahren zuvor wies die Alten- Insgesamt Spezialisten 4.428 € pflege jeweils eine höhere Dynamik auf. Experten 5.566 € Der Großteil der Beschäftigten in der Krankenpflege sind exa- minierte Fachkräfte (803.000 Personen bzw. 72 Prozent). Der 2.675 € Helferanteil ist mit 16 Prozent (179.000 Personen) deutlich geringer als in der Altenpflege. Weitere 130.000 Personen Kranken- 3.539 € sind als Spezialisten, wie bspw. Fachkrankenpflegekräfte für pflege 4.053 € Intensivpflege und Anästhesie, oder Experten in Führungspo- 4.161 € sitionen, tätig (12 Prozent). Der Beschäftigungszuwachs ge- genüber 2019 geht zum größeren Teil auf Fachkräfte zurück (+18.000; Helfer: +6.000). 2.146 € Alten- 3.034 € pflege 3.058 € 5.251 € Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 7 Bei Altenpflegekräften sind an dieser Stelle bei der Betrachtung in den Fach- 9 Ausführlich siehe dazu IAB-Forum http://doku.iab.de/arbeitsmarktdaten/Ent- kräften auch die Spezialisten und Experten enthalten. gelte_von_Pflegekraeften_2019.pdf 8 Betrachtet werden hier Personen, die dem Tätigkeitsfeld 813 „Gesundheits- 10 Weitere Informationen zu Entgelten: https://entgeltatlas.arbeitsagentur.de/ und Krankenpflege, Rettungsdienst und Geburtshilfe“ der Klassifikation der Berufe (KldB2010) zugeordnet sind. 8
Arbeitsmarkt für Pflegekräfte sozialversicherungspflichtig Beschäftigten zwischen 2015 und 2.4 Strukturmerkmale der 2020 in Altenpflegeberufen Teilzeitbeschäftigte (+55.000; Beschäftigung Vollzeit: +46.000). Bei Krankenpflegekräften war das Verhält- nis umgekehrt, der Anteil der Teilzeitbeschäftigten am Ge- PFLEGEBERUFE WEITERHIN FRAUENDOMÄNEN samtzuwachs lag im gleichen Zeitraum nur noch bei 45 Pro- zent (+49.000; Vollzeit: +61.000). Pflegeberufe sind Frauen- und Teilzeitdomänen (Abb. 5). Auch wenn der Frauenanteil leicht rückläufig ist: Vier von fünf Pflegekräften waren 2020 Frauen (Krankenpflege 80 Prozent; ANTEIL AUSLÄNDISCHER ARBEITSKRÄFTE Altenpflege 83 Prozent. Darüber hinaus sind die Pflegeberufe STEIGT von einem überdurchschnittlich hohen Anteil Teilzeitbeschäf- tigter geprägt: 2020 waren 43 Prozent der Krankenpflege- Zur Abmilderung des Fachkräftemangels setzt die Pflege- kräfte und 55 Prozent der Altenpflegekräfte in Teilzeit tätig branche zunehmend auf ausländische Arbeitskräfte, auch (zum Vergleich insgesamt: 29 Prozent). wenn die Sprachbarriere sowie die Berufsanerkennung zum Im Vergleich zum Vorjahr haben sich praktisch keine Ände- Teil große Hürden darstellen. Zum einen sind Pflegetätigkei- rungen bei dieser Verteilung ergeben. Der überdurchschnittli- ten in Deutschland für EU-Ausländer interessant. So hat sich che Teilzeitanteil ist nicht nur auf die hohe Frauenbeschäfti- in den letzten fünf Jahren die Zahl der im Zuge der europäi- gung in Pflegeberufen zurückzuführen. Mit einem Anteil von schen Freizügigkeit in Deutschland beschäftigten Pflegekräfte 20 Prozent in der Krankenpflege bzw. 35 Prozent in der Alten- um 31.000 auf 84.000 erhöht (Krankenpflegekräfte +16.000 pflege üben auch Männer überdurchschnittlich oft eine Teil- auf 45.000; Altenpflegekräfte +15.000 auf 39.000). Zum ande- zeitbeschäftigung aus (Teilzeitanteil der Männer über alle Be- ren wurden als Reaktion auf den Fachkräftemangel in den rufe: 12 Prozent). letzten Jahren verstärkt Altenpfleger aus dem außereuropäi- schen Ausland angeworben11. So wurden durch die Westbal- Im Bereich der Altenpflege ging das langfristige Wachstum kanregelung die Schwellen für den Arbeitsmarktzugang, die der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung – ähnlich durch Qualifikationsanforderungen und den Nachweis der wie bei der Beschäftigung insgesamt – noch auf mehr Teilzeit- Gleichwertigkeit von Hochschulabschlüssen und beruflichen beschäftigung zurück. So waren 54 Prozent der Zunahme der Abschlüssen entstehen, erheblich gesenkt. Abbildung 5 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte nach Strukturmerkmalen Juni 2020 Frauen Männer Deutsche Ausländer Insgesamt 46% 54% 87% 13% Krankenpflege 80% 20% 91% 9% Altenpflege 83% 17% 85% 15% Vollzeit Teilzeit Helfer Fachkraft Spez./Exp. Insgesamt 71% 29% 15% 58% 27% Krankenpflege 57% 43% 16% 72% 12% Altenpflege 45% 55% 48% 51% 2% Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 11 Näheres zum Projekt der BA und der Gesellschaft für internationale Zusam- menarbeit (GIZ) „Triple win“: http://www.triple-win-pflegekraefte.de 9
Diese Regelung war ursprünglich bis Ende 2020 befristet, ist Aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie jedoch inzwischen bis Ende 2023 verlängert worden12. Im sind allerdings keine Aussagen zur bisherigen Wirkung des Zuge dessen verdreifachte sich die Zahl der sozialversiche- Gesetzes möglich. rungspflichtig Beschäftigten aus den Westbalkanstaaten in den vergangenen fünf Jahren auf 34.000 (Krankenpflege +13.000 auf 19.000; Altenpflege +10.000 auf 14.000). ANTEIL VON LEIHARBEIT IN DER ALTEN- UND Darüber hinaus ist das Interesse von Geflüchteten an einer KRANKENPFLEGE AUF VORJAHRESNIVEAU Tätigkeit in der Pflege groß. Im Juni 2020 waren 13.000 Pfle- gekräfte aus einem der acht zuzugsstärksten Asylherkunfts- Als Reaktion auf die starke Nachfrage nach Arbeitskräften in länder in der Pflege tätig, vor der starken Flüchtlingszuwan- der Alten- und Krankenpflege hatte in den letzten Jahren die derung im Jahr 2015 waren es weniger als 2.000. Derzeit liegt Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die über ihr Anteil an allen in der Pflege beschäftigten Ausländern mit ein Leiharbeitsunternehmen in der Pflege tätig sind, zuge- knapp sieben Prozent nur leicht unter dem über alle Berufe nommen. Immer mehr Pflegekräfte hatten sich also in den ver- hinweg (8 Prozent). gangenen Jahren für eine Beschäftigung über ein Leiharbeits- unternehmen entschieden, sicher auch, weil diese mit über- All das zeigt sich in einem wachsenden Anteil Beschäftigter durchschnittlichen Löhnen, Mitbestimmungsrechten bei ohne deutschen Pass: Lag der Anteil der Ausländer an den Dienstplänen und bezahlten Überstunden werben 14. Waren beschäftigten Altenpflegern 2015 noch bei acht Prozent, so es 2014 noch 12.000 Leiharbeitnehmer in der Krankenpflege hat er sich bis 2020 auf knapp 15 Prozent (91.000 Beschäf- so waren es 2018 schon fast doppelt so viele (22.000). Auch tigte) erhöht. Bei Krankenpflegern stieg der Anteil der Auslän- in der Altenpflege stieg die Zahl der Leiharbeiter in diesem der von fünf Prozent 2015 auf neun Prozent 2020 (103.000 Zeitraum merklich von gut 8.000 auf 12.000 im Jahr 2018. Im Beschäftigte). Der Ausländeranteil in der Pflege insgesamt folgenden Jahr stagnierten die Zahlen weitgehend. liegt damit mit elf Prozent etwas unter dem aller Beschäftigten (13 Prozent). Obwohl ab dem Jahr 2020 die Kosten für Leiharbeit nur bis zum Tariflohn vergütet werden und auch Zahlungen von Ver- Die TOP 5 der Herkunftsländer der in Deutschland beschäf- mittlungsentgelten nicht im Pflegebudget berücksichtigt wer- tigten ausländischen Pflegekräfte haben sich seit 2015 nicht den können, ist die Zahl der Leiharbeitnehmerinnen und Leih- geändert. Wie fünf Jahre zuvor kamen im Jahr 2020 die meis- arbeitnehmer leicht gestiegen15. Ihr Anteil an allen sozialver- ten ausländischen Pflegekräfte aus den Ländern Polen, Bos- sicherungspflichtig Beschäftigten ist in der Pflege mit weniger nien und Herzegowina, Türkei, Kroatien sowie Rumänien. als zwei Prozent jedoch weiterhin leicht unterdurchschnittlich. Unter allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten beträgt Ab März 2020 sind im Rahmen des Fachkräfteeinwande- der Anteil der Leiharbeitnehmer etwas mehr als zwei Prozent. rungsgesetzes13 neue Perspektiven für Fachkräfte aus Nicht- EU-Ländern geschaffen worden. Der deutsche Arbeitsmarkt Der grundsätzliche Einsatz von Leiharbeitnehmerinnen und ist damit nicht mehr nur für Hochqualifizierte vollständig geöff- Leiharbeitnehmern in der Pflege wird allerdings derzeit kont- net, sondern auch für Menschen mit anerkannter Berufsaus- rovers diskutiert. bildung. Dadurch wird die Zuwanderung ausländischer Arbeit- nehmer auch im Bereich der Pflege erleichtert. 12 https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba146772.pdf 15 Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen (MDK-Reformgesetz) 13 https://www.arbeitsagentur.de/datei/dam-fachkraefte-einwanderungsge- (BGBl. Jg. 2019 Teil I Nr. 51 vom 14.12.2019) setz_ba146358.pdf https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav?startbk=Bundesanzei- 14 https://gesundheit-soziales.verdi.de/themen/leiharbeit; ger_BGBl&start=//*%5B@attr_id=%27bgbl119s2789.pdf%27%5D#__bgbl__% 2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl119s2789.pdf%27%5D__159430085806 https://www.ukv.de/content/service/gesundheit-aktuell/leiharbeit-in-der-pflege/ 7 10
Arbeitsmarkt für Pflegekräfte 3 Arbeitslosigkeit Die Arbeitslosigkeit in der Alten- und Krankenpflege war bis kenpflege liegen die Zugänge aus Erwerbstätigkeit unabhän- zum Beginn der Corona-Krise 2020 in der Tendenz rückläufig. gig vom Anforderungsniveau leicht über und die Abgänge In Folge der Corona-Pandemie und der begleitenden Eindäm- leicht unter den Werten von 2019. Es gehen also auf der einen mungsmaßnahmen ist sie von März 2020 auf April 2020 Seite mehr Menschen aus einer Erwerbstätigkeit in Arbeitslo- sprunghaft um 5.300 höher ausgefallen. sigkeit zu, als sie auf der anderen Seite durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit beenden können. Über alle Berufe war der Der gesamte (sogenannte) Corona-Effekt auf die Arbeitslosig- Effekt deutlicher ausgeprägt. keit lässt sich abschätzen, indem deren Entwicklung in den Monaten seit Beginn der Krise mit der in den entsprechenden Daneben spielt sicher auch ein Punkt eine Rolle, der nicht mit Vorjahresmonaten verglichen wird. Dabei wird unterstellt, dem Beschäftigungssystem in Zusammenhang steht: Perso- dass die Entwicklung, die sich bis vor Einsetzen der Corona- nen werden als arbeitslos gezählt, die sonst zwar auch von Krise in den Daten zeigte, fortsetzt, weil in den Veränderun- einer Arbeitsagentur oder einem Jobcenter betreut, aber bei- gen des Vorjahres auch der Trend des Vorjahres enthalten ist. spielsweise wegen Teilnahme an einer arbeitsmarktpoliti- Der so berechnete Corona-Effekt bringt zum Ausdruck, um schen Maßnahme nicht als arbeitslos erfasst wurden. wie viel niedriger die Arbeitslosigkeit bis zum Jahresende 2020 gewesen wäre, wenn es die Corona-Krise nicht gegeben Wie sich die coronabedingt gestiegene Belastungssituation hätte und sich der Vor-Corona-Trend tendenziell sinkender auf der einen oder die positivere Wahrnehmung der Pflegebe- Arbeitslosenzahlen fortgesetzt hätte. rufe in der Gesellschaft auf der anderen Seite auswirken, kann mit Hilfe der Statistik nicht beantwortet werden. Für die Arbeitslosigkeit in der Pflege errechnet sich so für die Dennoch befindet sich die Arbeitslosigkeit – insbesondere in Zeit seit Beginn der Krise bis zum Jahresende 2020 insge- der Krankenpflege – weiter auf niedrigem Niveau. Die berufs- samt ein Corona-Effekt von rund 8.000. Er ergibt sich, indem spezifische Arbeitslosenquote in der Krankenpflege lag im die Veränderung von März 2020 bis Dezember 2020 – in die- Durchschnitt 2020 bei 1,1 Prozent und somit nur um 0,1 Pro- sen Monaten ist die Arbeitslosigkeit um 6.300 gestiegen – mit zentpunkte über der des Vorjahres. Selbst für Helfer, die übli- der des Vorjahres verglichen wird, als sie in diesen Monaten cherweise eine höhere Arbeitslosigkeit aufweisen, lag sie mit um 1.400 gesunken war. 3,0 Prozent noch deutlich unter der vergleichbaren Arbeitslo- senquote über alle Berufe und Anforderungsniveaus hinweg Der Corona-Effekt in der Pflege beträgt damit weniger als zwei (5,9 Prozent; +0,9 Prozentpunkte ggü. 2019). Prozent des Corona-Effektes auf die gesamte Arbeitslosig- keit. Dieser hatte bis zum Dezember 2020 bei fast einer hal- In der Altenpflege lag die berufsspezifische Arbeitslosenquote ben Million gelegen. Zum Vergleich: Der Anteil der arbeitslo- 2020 bei 5,5 Prozent (+0,6 Prozentpunkte ggü. 2019). Hier sen Pflegekräfte an der Arbeitslosigkeit insgesamt liegt eben- fällt der Unterschied zwischen den Qualifikationsniveaus al- falls unter zwei Prozent. Ihr Anteil an der Beschäftigung hin- lerdings wesentlich kräftiger aus: Altenpflegefachkräften ha- gegen ist mehr als doppelt so hoch (5 Prozent). ben mit 1,1 Prozent eine erheblich niedrigere Quote als Alten- pflegehelfer (9,9 Prozent). Insbesondere bei den Altenpflege- Entlassungen waren aber nur für einen Teil des coronabe- helfern zeigte die Quote gegenüber 2019 einen deutlichen An- dingten Anstiegs der Arbeitslosigkeit verantwortlich. Deutlich stieg (+1,0 Prozentpunkte). Die Quote aller Helfer unabhängig höheren Einfluss haben fehlende Beschäftigungsaufnahmen vom angestrebten Beruf lag 2020 allerdings bei 16,7 Prozent, (direkt aus Arbeitslosigkeit oder im Anschluss an eine Maß- 3,5 Prozentpunkte mehr als 20191617 nahme), ausgebliebene arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und geschlossene Dienststellen in Folge der Eindämmungs- Betroffen von Arbeitslosigkeit sind dabei vor allem Pflege- maßnahmen. kräfte, die nicht über eine geregelte Pflege-Ausbildung verfü- gen und ausschließlich für eine allgemeine Pflegehilfstätigkeit So liegen die Zugänge in Arbeitslosigkeit aus Beschäftigung in Frage kommen. Alten- und Krankenpflegehelferinnen und in der Altenpflege etwa auf dem Niveau von 2019. Die Ab- -helfer, die über eine abgeschlossenen Pflegehelferausbil- gänge von Arbeitslosen in Beschäftigung, vor allem der Hel- dung verfügen, sind dagegen in der Regel deutlich seltener fer, allerdings deutlich unter ihrem Vorjahreswert. In der Kran- von Arbeitslosigkeit betroffen oder können diese innerhalb kurzer Zeit wieder beenden. 16 Nähere Informationen zu berufsspezifischen Arbeitslosenquoten: 17 https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Fach- https://statistik.arbeitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsu- statistiken/Arbeitsuche-Arbeitslosigkeit-Unterbeschaeftigung/Generische-Pub- che_Formular.html?nn=20894&topic_f=berufsspezifische-aloquoten likationen/Kurzinfo-DKZ-Aenderungen.pdf?__blob=publicationFile&v=9 11
Kontaktbeschränkungen direkt zur Verlangsamung von Stel- 3.1 Altenpflege lenbesetzungsprozessen beigetragen; zum anderen sind in Krisenzeiten sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber zu- Im Jahresdurchschnitt 2020 waren 35.400 Altenpflegekräfte in rückhaltender was Veränderungen angeht. Deutschland arbeitslos gemeldet (Abb. 6). Das waren 4.900 oder 16 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit stieg Die Zugänge in und Abgänge aus Arbeitslosigkeit sind im Ver- der Arbeitslosigkeit im Zuge der Corona-Krise auf das Niveau gleich zum Vorjahr zwar geringer ausgefallen. Dennoch ha- von 2015, nachdem sich bis zum Jahr 2019 im längerfristigen ben sich im Jahr 2020 insgesamt 94.500 Altenpflegekräfte ar- Trend noch ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit ge- beitslos gemeldet. Davon kamen 38.400 direkt aus einer Be- zeigt hatte. schäftigung am ersten Arbeitsmarkt oder auch einer (außer-) betrieblichen Ausbildung. Neun von zehn Arbeitslosen mit Zielberuf Altenpflege suchten eine Tätigkeit auf Helferniveau (31.800 Personen). Dieser An- Auf der anderen Seite konnten insgesamt 92.400 Altenpflege- teil war in den letzten Jahren gleichbleibend hoch. Hier ist je- kräfte die Arbeitslosigkeit beenden, knapp 31.800, weil sie doch eine differenzierte Betrachtung erforderlich. Zwei Drittel eine Beschäftigung am ersten Arbeitsmarkt oder eine der arbeitslosen Helfer in der Altenpflege verfügen über kei- (außer-)betriebliche Ausbildung aufgenommen haben. Dabei nerlei abgeschlossene Berufsausbildung (21.300), 8.200 über gelingt die Beschäftigungsaufnahme vielfach relativ schnell: eine fachfremde Ausbildung und nur 2.300 haben die Ausbil- Altenpflegekräfte waren bei einer Arbeitsaufnahme mit durch- dung zum Altenpflegehelfer absolviert und sind damit – ähn- schnittlich 191 Tagen 41 Tage weniger arbeitslos als alle Ar- lich wie examinierte Fachkräfte – seltener arbeitslos. 2020 wa- beitslosen. Bei Fachkräften in der Altenpflege ist die Arbeits- ren durchschnittlich 3.400 Fachkräfte in diesem Feld arbeits- losigkeitsdauer mit durchschnittlich 106 Tagen beinahe halb los gemeldet. Die Zahl der arbeitslosen Spezialisten und Ex- so lang wie bei allen Fachkräften (Altenpflegehelfer: 205 perten lag bei etwas über 200. Tage, Altenpflegehelfer mit einschlägiger Berufsausbildung: 114 Tage, alle Helfer: 288 Tage). Entsprechend lag die Ab- Wie eingangs erwähnt waren die Austauschprozesse am Ar- gangsrate aus Arbeitslosigkeit in eine Beschäftigung am ers- beitsmarkt im Jahr 2020 eingeschränkt. Zum einen haben die ten Arbeitsmarkt bzw. eine (außer-)betriebliche Ausbildung18 Abbildung 6 Arbeitslose Altenpflegekräfte und gemeldete Arbeitsstellen für Altenpflegekräfte Deutschland, jeweils Jahresdurchschnitt Arbeitslose gemeldete Arbeitsstellen 35.400 33.700 32.200 30.700 30.500 23.300 23.900 23.500 20.700 20.700 darunter Helfer 90% 90% 90% 90% 90% 37% 36% 36% 35% 35% 2016 2017 2018 2019 2020 2016 2017 2018 2019 2020 Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 18 Die Abgangsrate setzt die Abgänge aus Arbeitslosigkeit ins Verhältnis zum Arbeitslosenbestand des Vormonats. 12
Arbeitsmarkt für Pflegekräfte für Altenpflegekräfte 2020 bei 7,5 Prozent. Damit ist der Ab- im Zuge der Corona-Krise zwar etwas weniger als in der Al- stand zu Abgangsrate insgesamt (6,1 Prozent) nur geringfü- tenpflege, lag jedoch auch wieder auf dem Niveau der Jahre gig kleiner geworden. 2014/2015. Im längerfristigen Trend hatte sich von 2009 bis 2019 noch ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosigkeit, ins- Differenziert nach der Berufsausbildung zeigt sich, dass die besondere bei den examinierten Krankenpflegekräften ge- Abgangschancen der Arbeitslosen mit einer Ausbildung in der zeigt. Bei jeweils 45 Prozent der Arbeitslosen (5.600 Perso- Altenpflege deutlich besser sind. Während die Abgangsrate nen) handelt es sich um Krankenpflegehelfer oder exami- der Helfer ohne Berufsausbildung mit 5,6 Prozent unterdurch- nierte Fachkräfte, weitere 1.200 sind als Spezialist oder Ex- schnittlich ist, ist die der ausgebildeten Altenpflegehelfer mit perte vermittelbar. 10,6 Prozent beinahe doppelt so hoch. Die Abgangsrate der Fachkräfte liegt sogar nochmals deutlich höher bei 18,9 Pro- Wie im Bereich der Altenpflege beschrieben, waren die Aus- zent. tauschprozesse am Arbeitsmarkt im Jahr 2020 eingeschränkt. Dies hat auch bei der Zahl arbeitsloser Krankenpflegekräfte Wie die absolute Zahl der Abgänge verringerten sich im Ver- zu geringeren Bewegungen geführt. Dennoch haben sich im gleich zu 2019 auch die Abgangsraten, sowohl insgesamt, als Jahr 2020 insgesamt 39.700 Krankenpflegekräfte arbeitslos auch in der Altenpflege. Bei den Arbeitslosen, die über eine gemeldet. Zugleich haben sich insgesamt 39.700 Kranken- abgeschlossene Berufsausbildung in der Altenpflege verfü- pflegekräfte aus der Arbeitslosigkeit abgemeldet. Davon gen, sei es als Helfer oder als Fachkraft, waren der Rück- konnten insgesamt 18.100 Krankenpflegekräfte die Arbeitslo- gänge aufgrund der gestiegenen Arbeitslosenzahlen sogar sigkeit beenden, weil sie eine Beschäftigung am ersten Ar- stärker ausgeprägt als bei der Abgangsrate insgesamt. beitsmarkt oder eine (außer-)betriebliche Ausbildung aufge- nommen haben. Dabei gelingt die Beschäftigungsaufnahme vielfach relativ schnell: Krankenpflegekräfte sind im Durch- 3.2 Krankenpflege schnitt 138 Tage arbeitslos (Helfer: 181 Tage; Fachkräfte 112 Tage) und damit deutlich kürzer als die Arbeitslosen ins- Im Jahresdurchschnitt 2020 waren 12.400 Krankenpflege- gesamt. Die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit in Beschäfti- kräfte in Deutschland arbeitslos gemeldet, knapp 15 Prozent gung am ersten Arbeitsmarkt und (außer-) betriebliche Ausbil- mehr als im Vorjahr (Abb. 7). Damit stieg die Arbeitslosigkeit dung war für Krankenpflegekräfte 2020 weiterhin ungefähr doppelt so hoch wie die Abgangsrate insgesamt (12,3 Prozent bzw. 6,1 Prozent). A bbildung 7 Arbeitslose Krankenpflegekräfte und gemeldete Arbeitsstellen für Krankenpflegekräfte Deutschland, jeweils Jahresdurchschnitt Arbeitslose gemeldete Arbeitsstellen 16.200 15.700 15.500 14.700 13.600 14% 14% 14% 12.400 15% 11.500 11.600 14% 11.100 10.800 Spezialist/ 10% Experte 10% 10% 9% 10% 45% 44% Fachkraft 45% 45% 75% 76% 76% 45% 75% 76% Helfer 45% 45% 46% 45% 46% 10% 10% 10% 10% 10% 2016 2017 2018 2019 2020 2016 2017 2018 2019 2020 Datenquelle: Statistik der B undesagentur für A rbeit 13
Abbildung 8 Arbeitslose nach ausgewählten Strukturmerkmalen Deutschland, jeweils Jahresdurchschnitt, Anteile am Insgesamt Altenpflege Krankenpflege 82% 2015 2015 74% Frauen 78% 2020 2020 70% 16% 2015 2015 16% Ausländer 26% 2020 2020 29% 32% 2015 2015 23% Langzeitarbeitslose 26% 2020 2020 18% 53% 2015 2015 24% Helfer ohne 60% 2020 Berufsausbildung 2020 28% Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit Jahren 2016 und 2017 verzeichnet, also nach der großen 3.3 Strukturmerkmale der Arbeitslo- Flüchtlingszuwanderung von 2015. Die Zuwächse seit 2015 sigkeit gehen zu mehr als zwei Dritteln auf Arbeitslose mit einer Staatsangehörigkeit aus den acht Hauptherkunftsländern der GESCHLECHT Geflüchteten19 zurück. Es spricht somit viel dafür, dass ar- beitslose Schutzsuchende ihre Integrationskurse und Fortbil- Wie die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird dungen mittlerweile beendet haben und nun dem Arbeits- auch die Arbeitslosigkeit von Pflegekräften von einem hohen markt unter anderem mit dem Berufswunsch als Pflegekraft Frauenanteil dominiert. Dieser ist zwar in den letzten fünf Jah- zur Verfügung stehen. ren sowohl für Altenpflegekräfte als auch für Krankenpflege- kräfte tendenziell etwas gesunken, lag im Jahresdurchschnitt Von den 9.300 arbeitslosen Altenpflegekräften mit einer aus- 2020 allerdings dennoch bei 78 bzw. 70 Prozent (Abb. 8). ländischen Staatsangehörigkeit war knapp ein Drittel aus ei- nem der acht Hauptherkunftsländer der Geflüchteten. Bei den 3.600 ausländischen Krankenpflegekräften traf dies auf STAATSANGEHÖRIGKEIT 44 Prozent der Arbeitslosen zu. Die Zahl der arbeitslosen deutschen Pflegekräfte hatte bis Im Jahresdurchschnitt 2020 besaß damit mehr als ein Viertel zum Jahr 2019 stetig abgenommen. Erst mit der Corona-Krise der arbeitslosen Altenpflegekräfte keine deutsche Staatsan- stieg die Arbeitslosigkeit wieder an. Dennoch gab es im Ver- gehörigkeit und fast alle suchten eine Tätigkeit auf Helferni- gleich zum Jahresdurchschnitt 2015 knapp 13 Prozent weni- veau (95 Prozent). Bei den Krankenpflegekräften lag der Aus- ger arbeitslose Altenpflegekräfte und gut 11 Prozent weniger länderanteil sogar bei 29 Prozent. Der Anteil der Helfer hieran Krankenpflegekräfte mit deutscher Staatsangehörigkeit. Im lag allerdings lediglich bei 61 Prozent der arbeitslosen Aus- gleichen Zeitraum erhöhte sich die Zahl der arbeitslosen aus- länder. ländischen Pflegekräfte – wenngleich von niedrigem Niveau – sehr stark. Die deutlichsten Vorjahresanstiege wurden in den 19 Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien 14
Arbeitsmarkt für Pflegekräfte LANGZEITARBEITSLOSIGKEIT beitslosen Krankenpflegefachkräften waren sogar nur 14 Pro- zent langzeitarbeitslos. Auch in Berufen mit (Fachkräfte-)Engpässen kann es vorkom- men, dass Angebot und Nachfrage nicht zusammenpassen In beiden Bereichen ist im Verlauf des Jahres 2020 – wie über und so Langzeitarbeitslosigkeit entsteht. Ursachen können alle Berufe hinweg – ein Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit beispielsweise unterschiedliche Arbeitszeitvorstellungen oder zu beobachten. Ursache dürften hier vor allem die coronabe- regionale Divergenzen sein. Die bis ins Jahr 2019 positive dingt eingeschränkten Stellenbesetzungsprozesse, aber auch wirtschaftliche Situation führte dazu, dass auch Langzeitar- das deutlich geringere Angebot an arbeitsmarktpolitischen In- beitslose häufiger einen Weg aus der Arbeitslosigkeit fanden. strumenten sein. Dies zeigt sich auch bei der Arbeitslosigkeit von Pflegekräften. Innerhalb der letzten fünf Jahre sank der Anteil Langzeitar- beitsloser an allen arbeitslosen Altenpflegern um sechs Pro- QUALIFIKATION zentpunkte auf 26 Prozent im Jahr 2020 (alle Arbeitslosen: 30 Prozent). Von den arbeitslosen Altenpflegefachkräften wa- Im Jahresdurchschnitt 2020 suchten drei Fünftel der Arbeits- ren sogar nur 15 Prozent langzeitarbeitslos (zum Vergleich losen, die als Altenpflegekraft tätig sein möchten, eine Be- alle arbeitslosen Fachkräfte: 27 Prozent). schäftigung auf Helferniveau und hatten zugleich keine ent- sprechende Berufsausbildung aufzuweisen. Bei arbeitslosen Auch die Langzeitarbeitslosigkeit von Krankenpflegekräften Krankenpflegekräften lag dieser Anteil bei knapp 28 Prozent sank in diesem Zeitraum deutlich. Lediglich 18 Prozent der damit deutlich unter dem Anteil von arbeitslosen Helfern ohne Krankenpflegekräfte waren 2020 langzeitarbeitslos. Bei ar- Berufsausbildung an allen Arbeitslosen mit 36 Prozent. 15
4 Arbeitskräftenachfrage WEITERHIN HOHES NIVEAU – TROTZ 4.1 Gemeldete Stellen NACHLASSENDER DYNAMIK Vor dem Hintergrund des wachsenden Personalbedarfs in der Auch vor dem Hintergrund der Corona-Krise und der zuvor Alten- und Krankenpflege in den letzten Jahren ist die Zahl der nachlassenden Dynamik befindet sich die Kräftenachfrage in gemeldeten Stellen coronabedingt zwar zurückgegangen, den Pflegeberufen insgesamt weiterhin auf relativ hohem Ni- aber nicht so deutlich eingebrochen wie über alle Berufe hin- veau. Dies wird insbesondere in der mittelfristigen Betrach- weg. Im Jahresdurchschnitt 2020 waren 20.700 Stellen für Ar- tung deutlich. Im 5-Jahres-Vergleich stieg die Zahl der gemel- beitskräfte im Bereich der Altenpflege sowie 15.500 Stellen für deten Stellen für Pflegekräfte mehr als doppelt so stark wie die Krankenpflege bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet die der Stellen insgesamt (+7 Prozent). In der Altenpflege liegt (siehe Abb. 6 und 7). Nach den starken Anstiegen der Nach- der Anstieg dabei mit einem Plus von 13 Prozent deutlich un- frage bis 2017 hat die Dynamik auch schon vor der Corona- ter dem in der Krankenpflege mit rund 28 Prozent. Krise etwas nachgelassen. Gegenüber 2019 ist die Zahl der gemeldeten Stellen für Altenpfleger um 12 Prozent bzw. 2.700 Stellen gesunken nach minus 2 Prozent im Vorjahr. Zum Ver- STRUKTUR DER NACHFRAGE gleich: Über alle Berufe hinweg ging der Stellenbestand um 21 Prozent zurück. Für Krankenpfleger fiel der Rückgang mit Die Nachfragestruktur unterscheidet sich teilweise deutlich minus 4 Prozent bzw. 700 Stellen erheblich moderater aus, im von der Struktur der Arbeitslosen. Insbesondere hinsichtlich vergangenen Jahr gab es hier noch einen Anstieg. Gesucht des Qualifikationsniveaus gibt es große Disparitäten (siehe werden nach wie vor überwiegend examinierte Fachkräfte, sie Abb. 6 und 7). machen in der Altenpflege knapp zwei Drittel und in der Kran- kenpflege gut drei Viertel des Stellenbestandes aus. Von den Sowohl in der Alten- als auch in der Krankenpflege richtet sich Rückgängen sind jedoch alle Anforderungsniveaus betroffen. die deutliche Mehrheit der Stellenangebote an examinierte Pflegefachkräfte (13.300 bzw. 64 Prozent und 11.900 bzw. Insbesondere das Ausbleiben von Stellenneumeldungen 77 Prozent.) Gleichzeitig verfügen aber nur 10 Prozent der Ar- schlug bei dem Rückgang der Arbeitskräftenachfrage im Zu- beitslosen in der Alten- und 45 Prozent in der Krankenpflege sammenhang mit der Corona-Krise zu Buche. In der Kranken- über eine Qualifikation als Pflegefachkraft. Für Helfer stellt pflege ging die Zahl um 17 Prozent auf 28.200 zurück. In der sich die Situation genau umgekehrt dar. Lediglich 35 Prozent Altenpflege wurden im Jahr 2020 36.100 Stellen neu gemel- der Stellenangebote in der Altenpflege richten sich an Arbeits- det, damit fiel der Rückgang beinahe so stark aus wie über lose mit Helferqualifikation (7.200). In der Krankenpflege sind alle Berufe hinweg (Altenpflege: -24 Prozent; insge- es sogar nur 10 Prozent (1.500). Zahl und auch Anteil der Ar- samt: -25 Prozent). beitslosen für Tätigkeiten in diesen Bereichen (Altenpflege: 31.800 bzw. 90 Prozent; Krankenpflege: 5.600 bzw. 45 Pro- Rückläufige Stellenzugänge sind aber nicht 1:1 auf eine sin- zent) übersteigen das Angebot an gemeldeten Stellen. kende Nachfrage nach Arbeitskräften zurückzuführen. In der derzeit wirtschaftlich angespannten Lage wechseln weniger In Bezug auf die Arbeitszeit passen Angebot und Nachfrage Menschen ihren Arbeitsplatz. Diese niedrigere Fluktuation auf den ersten Blick recht gut zusammen. Gut drei von vier trägt dazu bei, dass weniger Stellen zu besetzen sind (s.a. arbeitslosen Pflegekräften suchen eine Vollzeitstelle. Dem ge- Kapitel 3). Darüber hinaus können sie auch Ausdruck des genüber ist jede fünfte gemeldete Arbeitsstelle in der Alten- Fachkräftemangels sein. Wenn nämlich Betriebe nach erleb- und gut jede dritte Stelle in der Krankenpflege als reine Voll- ter vergeblicher Suche in der Folge auf Stellenanzeigen bei zeitstelle ausgeschrieben. Allerdings kommen bei mehr als der Bundesagentur für Arbeit verzichten. der Hälfte aller gemeldeten Arbeitsstellen für Pflegekräfte bei- der Fachrichtungen sowohl eine Teilzeit- als auch eine Voll- zeitbeschäftigung infrage. In der Praxis erschweren indes häufig unterschiedliche Vorstellungen über die Lage und Ver- teilung der Arbeitszeit eine zügige Stellenbesetzung. Eine Aussage hierzu ist auf Basis der Statistik jedoch nicht möglich. 16
Arbeitsmarkt für Pflegekräfte Stellen und es stehen 100 gemeldeten Stellen 442 Arbeitslose 4.2 Arbeitslosen-Stellen-Relation gegenüber. Diese Relation kann leider nicht separat für die Altenpflegehelfer mit einschlägiger Ausbildung ausgewiesen Bei der Gegenüberstellung von Arbeitslosen und gemeldeten werden. Sie dürften jedoch – im Vergleich zu ihren Mitbewer- Stellen nach Qualifikation für den Pflegebereich zeigt sich, bern ohne Berufsausbildung – die besseren Chancen haben. dass Angebot und Nachfrage hier oft nicht zusammenpassen. Dies kommt in der Arbeitslosen-Stellen-Relation zum Aus- Im Bereich der Krankenpflege stellt sich die Situation sehr druck (Abb. 9). ähnlich dar. Bei den Fachkräften standen im Jahr 2020 im Durchschnitt 100 gemeldeten Stellen 47 arbeitslose Kranken- In den letzten Jahren hatte die Arbeitslosen-Stellen-Relation pflegefachkräfte gegenüber. In der Zeit von 2014 bis 2019 war sowohl für Helfer als auch für Fachkräfte kontinuierlich abge- die die Relation noch von 80 auf 39 Arbeitslose auf 100 Stel- nommen. Im Zuge der Corona-Pandemie ist sie zwar gestie- len gesunken. Bei den Helfern überwiegt ebenfalls die Zahl gen, deutlich verschlechtert hat sich die Situation jedoch nur der Arbeitslosen die der Stellen: 100 Stellenangeboten stehen für Pflegehelfer. 367 Arbeitslose Krankenpflegehelfer gegenüber. In der Altenpflege fällt das zur Verfügung stehende Potenzial Sowohl in der Alten- als auch in der Krankenpflege ist der Be- an arbeitslosen Fachkräften sehr gering aus: Hier stehen 100 darf an examinierten Fachkräften um einiges höher als das gemeldeten Stellen lediglich 26 Arbeitslose gegenüber; ein Potenzial an Arbeitslosen mit diesem Qualifikationsprofil. leichter Anstieg gegenüber 2019, nachdem sich die Situation Gleichzeitig gibt es deutlich mehr Arbeitslose, die an einer den letzten Jahren – aus Arbeitgebersicht – noch weiter zu- Stelle als Pflegehilfskraft interessiert sind, als Stellen vorhan- gespitzt hatte. Im Jahr 2014 standen 100 gemeldeten Stellen den sind. Die Qualifizierung von Pflegehilfskräften zu Alten- rein rechnerisch noch 38 Arbeitslose gegenüber und im Jahr pflegehelfern mit Ausbildung oder Pflegefachleuten könnte vor der Corona-Pandemie waren es nur noch halb so viele. dazu beitragen, das Fachkräftepotenzial zu erhöhen. Bei den Altenpflegehelfern zeigt sich hingegen ein ganz an- deres Bild: Hier überwiegt die Zahl der Arbeitslosen die der Abbildung 9 Arbeitslosen-Stellen-Relation Arbeitslose je 100 gemeldete Arbeitsstellen Deutschland, jeweils Jahresdurchschnitt 2010 bis 2020 Altenpflege Krankenpflege 1025 Helfer 820 442 367 Insgesamt 316 171 157 80 Fachkraft 50 96 26 47 2010 2012 2014 2016 2018 2020 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit 17
5 Fachkräfteengpässe Mit dem anhaltend hohen Kräftebedarf geht einher, dass bei TENDENZEN DER KÜNFTIGEN ENTWICKLUNG der Suche nach neuem Personal immer wieder Engpässe auf- treten. Die Ergebnisse der weiterentwickelten Engpassana- Die neue Engpassmethodik der Bundesagentur für Arbeit be- lyse der Bundesagentur für Arbeit bestätigen die Engpasslage zieht auch sogenannte Risikoindikatoren ein, die eine Ten- in der Alten- und Krankenpflege auf Basis der Daten des Jah- denzabschätzung der künftigen Entwicklung ermöglichen. res 2019. Auch die Entwicklung im Jahr 2020 gibt keine Hin- weise auf eine nennenswerte Veränderung dieser Einschät- Für die Pflegeberufe liegen Daten zur Entwicklung des Anteils zung. Die Engpassanalyse 2020, die eine differenzierte Be- älterer Beschäftigter, zur Veränderungswahrscheinlichkeit trachtung ermöglichen wird, wird voraussichtlich im Juni 2021 durch Digitalisierung (Substituierbarkeitspotenzial) und zur veröffentlicht. Absolventen-Beschäftigten-Relation vor. Die weiterentwickelte Analyse20 bewertet einheitlich für alle Die Analyse kam zu der Einschätzung, dass in der Altenpflege Berufsgattungen anhand von sechs Arbeitsmarktindikatoren lediglich das niedrige Substituierbarkeitspotenzial ein Anzei- die Fachkräftesituation. Dabei werden die einzelnen Indikato- chen für das Fortbestehen der Engpässe liefert. Im Unter- ren ihrem Wert entsprechend einer Skala von 0 Punkten (sehr schied dazu stellte sich die Entwicklung des Anteils älterer Be- weit entfernt von Anzeichen eines Engpasses) bis zu 3 Punk- schäftigter sowie die Absolventen-Beschäftigten-Relation im ten (Anzeichen eines Engpasses) zugeordnet. Ergibt sich für Vergleich zu anderen Berufsgruppen positiver dar, was nicht eine Berufsgattung über alle betrachteten Indikatoren eine zuletzt auf umfangreiche Initiativen zur Steigerung der Ausbil- durchschnittliche Punktzahl von mindestens 2,0, bewertet die dungszahlen zurückzuführen sein dürfte. Bundesagentur für Arbeit diese Berufsuntergruppe als Eng- passberuf. In der Pflege ergibt sich für Altenpflegekräfte im In der Krankenpflege ließ neben dem gleichermaßen geringen Jahr 2019 ein durchschnittlicher Gesamtpunktewert von 2,8 Substituierbarkeitspotenzial auch die Entwicklung des Anteils und für Krankenpflegekräfte ein Wert von 2,5. Dieses Ergeb- älterer Beschäftigter kein Beitrag zur Entspannung der Eng- nis weist auf deutliche bestehende Fachkräfteengpässe hin21 pässe erkennen. Lediglich die Absolventen-Beschäftigten-Re- lation mit einem Punktewert von 2 zeigt ein etwas geringeres Risiko. DEUTLICHER FACHKRÄFTEENGPASS SOWOHL IN DER ALTEN- WIE IN DER KRANKENPFLEGE ENGPASS BEI SPEZIALISTEN IN BEIDEN BEREI- Im Bereich der Altenpflegefachkräfte waren fünf der sechs In- CHEN EBENFALLS ERHEBLICH dikatoren auffällig: die Vakanzzeit gemeldeter sozialversiche- rungspflichtiger Arbeitsstellen, die Arbeitsuchenden-Stellen- Unter „Spezialisten“ in der Altenpflege versteht man Fachal- Relation, die berufsspezifische Arbeitslosenquote, die Ab- tenpflegekräfte mit Zusatzausbildungen, beispielsweise für gangschance aus Arbeitslosigkeit sowie die Entgeltentwick- klinische Geriatrie, Rehabilitation, Palliativ oder Onkologie. Al- lung. Alle wurden für das Jahr 2019 mit drei Punkten bewertet lerdings handelt es sich dabei – verglichen mit den Altenpfle- und überstiegen damit jeweils die durchschnittlichen Werte gefachkräften insgesamt – um eine sehr kleine Gruppe. We- deutlich. Lediglich die Veränderung der sozialversicherungs- niger als ein Prozent der sozialversicherungspflichtig Be- pflichtigen Beschäftigung von Ausländer/-innen (siehe auch schäftigten waren 2019 hier tätig. Doch auch hier lagen so- Kapitel 2.4) signalisiert mit einem Punktewert von 2 nur leichte wohl die Engpass- als auch die Risikoindikatoren im Durch- Anzeichen eines Engpasses. schnitt bei drei Punkten und zeigten damit deutlich die beste- henden und erwarteten Engpässe. In der Krankenpflege sieht die Situation ganz ähnlich aus. Ein- zig die Bewertung der Entgeltentwicklung (siehe auch Kapitel In der Krankenpflege haben Spezialistentätigkeiten, wie 2.3), die mit einer Bepunktung von 1 einen unterdurchschnitt- bspw. Fachkrankenpflegekräfte für Psychiatrie oder für Inten- lichen Werte zeigt, führt zu der etwas besseren Gesamtbe- sivpflege und Anästhesie, mit einem Beschäftigungsanteil von wertung. knapp zehn Prozent ein höheres Gewicht. 20 21Die Engpassanalyse wird im Internet veröffentlicht: https://statistik.ar- https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Grundlagen/Metho- dik-Qualitaet/Methodenberichte/Uebergreifend/Generische-Publikationen/Me- beitsagentur.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Einzelheftsuche_Formu- thodenbericht-Engpassanalyse-Methodische-Weiterentwick- lar.html?nn=20626&topic_f=fachkraefte-engpassanalyse lung.pdf?__blob=publicationFile&v=6 18
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