PRESSEINFORMATIONEN - CARLSEN Verlag
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„Der nasse Fisch“ ist der erste von inzwischen sechs Romanen um den jungen Kriminalkommisar Gereon Rath, der in den politisch unruhigen Jahren vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Berliner Morddezernat ermittelt. Seinen ersten Fall hat der Autor und der studierte Historiker Volker Kutscher im Jahre 1929 angesiedelt. Gereon Rath, Sohn eines Kölner Polizeichefs, wird nach einer Schießerei, die hohe Wellen geschlagen hat, nach Berlin versetzt - ausgerechnet zur Sittenpolizei. Als er per Zufall in einen Mordfall verwickelt wird, wittert der ehrgeizige Polizist seine Chance, zur angesehenen Mordkomission aufzusteigen und ermittelt auf eigene Faust an den Kollegen vorbei. Er ahnt nicht, dass er damit in ein Wespennest gestochen hat... Arne Jysch („Wave and Smile“) setzt nicht nur einen spannenden und erfolgreichen Krimi um, sondern zeichnet im wahrsten Sinne des Wortes ein genaues Bild des Berlins der Zwanzigerjahre, des Glamours und der Modernität der Frauen, der Armut und politische Spannungen in der Weimarer Republik und nicht zuletzt der Kriminalität und der Entwicklung der moderen Polizeiarbeit. Für letzteres war in der Realität wie im Roman der legendäre Ernst Gennat, genannt Buddha, verantwortlich. Jysch recherchierte wie immer sehr genau und ISBN 978-3-551-78248-9 konnte dabei auch auf das Material und die Kontakte des Hardcover, 216 Seiten Autors Volker Kutscher zurückgreifen. schwarzweiß, EUR 17,99 Volker Kutscher und Arne Jysch - TERMINE 2017 5. April, 19.30 Uhr KÖLN - Literaturhaus Köln, Großer Griechenmarkt 39 Moderation: Tilmann Strasser, Lesung: Matthias Wieland Eintritt: EUR 9/7, Tickets: www.offtickets.de www.literaturhaus-koeln.de 6. April, 20 Uhr, BERLIN - Eh. Stummfilmkino „Delphi“, Gustav-Adolf-Straße 2 Moderation: Gesa Ufer, Lesung mit Matthias Wieland Eintritt: EUR 10/7, Tickets: www.reservix.de www.ehemaliges-stummfilmkino-delphi.de 7. April, 20 Uhr, HAMBURG - Carlsen Verlag, Völckerstraße 14-20 Moderation: Korinna Hennig, Lesung: Matthias Wieland Eintritt: EUR 8/6, Tickets: ticket@carlsen.de 8. April, 20 Uhr, BREMEN - Die Chinesische Wäscherei (nur Arne Jysch) www.diefriese.de
ARNE JYSCH, Jahrgang 1973, hat in Hamburg und Potsdam Kommunikati- onsdesign und Animation studiert. Seit Ende der 90er Jahre arbeitet er als Sto- ryboardzeichner, Illustrator und Animator. Als Storyboarder hat er u.a. für die Verfilmung des Romanbestsellers „Der Medicus“, für Max Erlenweins Film „Stereo“, „Goethe!“ von Phil- ipp Stölzl und für den RTL-TV-Dreiteiler „Winnetou - Die Legende lebt“ ge- arbeitet. Für die deutsche Band BEAT- STEAKS hat Arne Jysch Illustrationen für © Carlsen Verlag / by Claudius Pflug das Video „Everything went black“ ge- liefert. Und mit „Der Beste“ hat Arne Jysch einen preisgekrönten Kurzfilm pro- duziert und am „Filmmasters Program“ in Hollywood teilgenommen. 2012 erschien Arne Jyschs erste Graphic Novel, „Wave and Smile“, und wurde einer der meist verkauften deutschen Comics des Jahres. Mit „Der nasse Fisch“ erscheint im März seine zweite lange Comicerzählung. Das Projekt begleitet Jysch schon seit 2009. storymator.blogspot.de AUSSERDEM VON ARNE JYSCH ERSCHIENEN: Mit Arne Jysch wendet sich der erste deutsche Zeichner dem Thema Afghanistan zu. Gekonnt erzählt und inszeniert er eine spannende Geschichte in den Wirren des Bundeswehreinsatzes, die von Freundschaft und Verantwortung handelt. Gleichzeitig vermittelt Arne Jysch dem Leser eine wirklichkeitsgetreue Darstellung des Alltags in diesem fremden Land und was es für einen deutschen Soldaten heißt, dort Dienst zu tun. Das alles schafft er, ohne ideologisch oder belehrend zu sein. „Arne Jysch ist ein großer Wurf gelungen.“ DER TAGESSPIEGEL „Nicht nur für Soldaten ist Wave and Smile eine lohnende Lektüre.“ Deutschlandfunk 200 Seiten, vierfarbig EUR 12,90 (Sc) EUR 24,90 (Hc)
VOLKER KUTSCHER, geboren 1962, arbeitete nach dem Studium der Germanistik, Philosophie und Geschich- te zunächst als Tageszeitungsredakteur, bevor er seinen ersten Kriminalroman schrieb. Heute lebt er als freier Au- tor in Köln. Mit dem Roman „Der nasse Fisch“, dem Auftakt seiner Krimiserie um Kommissar Rath im Berlin der 30er-Jahre, gelang ihm auf Anhieb ein Bestseller. Die Reihe ist auf acht Romane angelegt - zuletzt erschien November 2016 mit „Lunapark“ der sechste Band der Serie. „Der nasse Fisch“ wird aktuell von Tom Tykwer und seiner Produktionsfirma X-Filme für die Fernsehanstalten SKY und ARD als 16-teilige TV-Serie umgesetzt, die 2017 auf SKY und 2018 in der ARD ausgestrahlt werden soll. www.gereonrath.de www.kiwi-verlag.de @ Monika Sandel Mit diesem Roman beginnt eine sensationelle Serie, mit der Volker Kutscher den Kriminalkommissar Gereon Rath durch das Berlin der 20er- und frühen 30er-Jahre und mitten in die politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der Zeit schickt. „‚Der Nasse Fisch‘ changiert höchst unterhaltsam zwischen mitreißend geschriebener Literatur und sowie den Unterhal- tungsgenres Krimi und historischem Roman“. Sven Felix Kellerhoff, Berliner Morgenpost „Volker Kutschers Projekt, den Untergang der Weimarer Repu- blik im Medium Kriminalroman darzustellen, ist ambitioniert und dabei ganz und gar schlüssig.“ Hardy Reich (F.A.Z.) 580 Seiten, EUR 9,99, ET 2007 544 Seiten 576 Seiten 576 Seiten 608 Seiten 560 Seiten EUR 9,99, ET 2009 EUR 9,99, ET 2011 EUR 9,99, ET 2012 EUR 12, ET 2014 EUR 22,99, ET 2016
„Ich muss eine Welt neu erschaffen“ Bereits 2009 trat Arne Jysch an den Kölner Autor Volker Kutscher mit der Bitte heran, seinen Erfolgskrimi „Der nasse Fisch“ als Comic zu adaptieren. Seither avancierte Kutschers Gereon-Rath-Reihe zu einem der größten deutschen Krimierfolge avanciert. Im Interview spricht Arne Jysch über die Zusammenarbeit mit Volker Kutscher, über seine Faszination für den Stoff und Berlin in den Wilden Zwanzigern. Lieber Arne Jysch, Es war vielleicht etwas naiv ge- Sie sind als Illustra- rade diesen Stoff für ein Comic- tor und Storyboard- Debüt als Autor und Zeichner zeichner schwer be- zu wählen. Ich hatte nicht mit schäftigt - Sie haben so vielen Reaktionen darauf für Filme wie „Der gerechnet. Für mich war es ein Medicus“ oder jüngst Comic - eine kleine Abenteuer- die RTL-Neuinterpre- geschichte über Menschen mit tation von „Winne- realem Hintergrund in einem tou“ die Storyboards aktuellen Setting. Viele Leser gezeichnet, machen hat das Buch im positivem wie Illustrationen für Mu- im negativen sehr emotional er- sikvideos von Bands wischt. Das kontroverse Thema wie BEATSTEAKS und und der Diskurs darüber haben MODERAT. Welchen eigentlich alle künstlerischen As- Anteil vom Ihrem pekte meines Erstlings beiseite Arbeitsalltag nimmt geschoben. das Comiczeichnen Wegen der zahlreichen, sehr ein? Sehen Sie sich unterschiedlichen Kritiken und als Comicautor oder Rezensionen konnte ich die eher als zeichneri- Schwächen und gelungenen Ele- scher Allrounder? mente sehr genau analysieren. Aber am Wichtigsten ist, was Weder noch. Für einen man selbst gerne - mit etwas Ab- Allrounder bin ich zu stand betrachtet - verbessern und sehr spezialisiert auf Illus- erreichen möchte. Im Gegensatz trationen, die filmisches zu „Wave and Smile“ wollte ich Denken erfordern. Das in meinem nächsten Buch un- ist es, was die Auftrag- bedingt einen klassischen sehr geber an mir schätzen. Das Comiczeichnen fühlt grafischen Stil mit viel Kontrasten ausprobieren. sich neben der Arbeit für Film-, Event- und Musik- Ich habe Dramaturgie- und Schauspielkurse belegt videoproduktionen immer noch wie ein Hobby an, und mein nächstes Buch sollte ein Krimi mit klar mit dem ich in andere Welten und Figuren eintau- gesetzten Genreelementen sein. Nichts, was in chen kann. In meinen eigenen Comics kann ich die Verdacht steht, eins zu eins die Wirklichkeit abzu- Szenen so umsetzen, wie ich sie selbst gerne lesen bilden oder gar entlarvenden Aufdeckungsjourna- oder als Film sehen möchte. Im Jahr 2016, als die lismus zu betreiben. 200 Seiten von „Der nasse Fisch“ fertig werden sollten, hat allerdings das Comiczeichnen meinen Im März 2017 kommt Ihre zweite Graphic Tagesablauf komplett eingenommen. Ich musste im Novel raus, „Der nasse Fisch“ nach einem Durchschnitt eine Seite pro (Werk-)Tag reinzeich- Roman von Volker Kutscher. Aus der nen. Die Vorskizzen und Layouts der Comicseiten geo-politischen Gegenwart wechseln Sie hatte ich 2015 neben den anderen Tätigkeiten als ins - ebenfalls politisch aufgeladene - Zeichner bereits erledigt. Deutschland der 1920er Jahre. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Volker 2012 ist Ihre erste Graphic Novel „Wave Kutscher? and Smile“ erschienen. Darin erzählen Sie vom Alltag deutscher Soldaten in Als Wahlberliner hat mich die Geschichte dieser Afghanistan. Können Sie uns etwas Stadt schon lange fasziniert und ich habe mir oft über dieses Projekt erzählen. Wie kam vorgestellt, wie es gewesen wäre, in den 1920ern es zustande und warum haben Sie sich zu leben. Zum Glück ist der Roman zwischen der für diesen Stoff für Ihren Einstand als Inflation 1923 und der Weltwirtschaftskrise 1929 Comiczeichner entschieden? angesiedelt, also in den sogenannten „Goldenen @Illustration: Arne Jysch
Zwanzigern“, als es noch sehr offen war, wie es eine Comicerzählung von knapp 200 mit dem Land eigentlich weitergehen würde. Mich Seiten zu übertragen? interessiert die Atmosphäre aus Kunst, Kultur und Unterhaltung, als vieles freier und erfrischend neu Volker selbst ist großer Comicfan, aber als ich ihn war (z.B.: Neue Sachlichkeit, Bauhaus, Frauen fragte, ob er Lust hätte, das Comicszenario zu mit kurzen Haaren, Schnellimbiss, Revuen, Rund- schreiben, hat er dankend abgelehnt. Nicht ver- funk). Aus heutiger Sicht hat man oft das Gefühl, es wunderlich bei seinem Arbeitspensum für die Ro- herrschte damals ein Stilwillen und eine Eleganz, manserie. Also war er außer der abschließenden die uns abhanden gekommen ist. Die Zwanziger Kontrolle des Szenarios und an kleinen Korrektu- Jahre sind zu einer herbeigesehnten Fantasiewelt ren eigentlich nicht involviert. Aber weil wir uns geworden, ähnlich wie Piraten oder Ritter. Dieser inzwischen häufiger sahen und über das Projekt Blick in die Vergangenheit verklärt natürlich vieles austauschten, konnte ich gewisse Vorlieben und und ganz ohne Politik geht es in einem Stoff aus Wünsche für eine grafische Umsetzung heraushö- der Weimarer Republik nicht. Wir wissen, worauf ren. es hinauslief, und das macht einen Großteil des Es war ein großes Unterfangen, den wendungs- reizvollen Grusels der Geschichten aus dieser Zeit reichen Plot und die Vielzahl von Charakteren auf aus. Aber gerade dieses Wissen macht es uns so die geplanten 200 Comicseiten zu adaptieren. Es schwer, sich in das damalige Lebensgefühl hinein- hat knapp zwei Jahre gebraucht, das Szenario zu zuversetzen. entwickeln und die Rohskizzen der Seitenlayouts anzulegen. Viele Figuren und Szenen konnten ge- Bei Volkers Roman habe ich gleich gemerkt, dass kürzt oder zusammengefasst werden. Sehr früh er sehr ähnliche Interessen an Figuren, Dramatur- kam dabei die Idee der Ich-Erzählerstimme hinzu, gie, Popkultur und Action hat. Ich nahm Kontakt zu die es im Roman nicht gibt. Dank ihr konnte ich ihm auf und Ende 2009 kam es zu einem ersten einige Szenenübergänge flüssiger gestalten und Treffen in Köln. Informationen vermitteln, die sonst viele Panels ge- braucht hätten. Ohne Raths „Voice over“ wäre es In welchem Maße war Volker Kutscher in wohl ein Comic mit 800 Seiten geworden. Ihre Adaption involviert? Und vor welche Herausforderungen waren Sie gestellt, Inwieweit haben Sie sich von der Vorlage seine über 500 Seiten starke Vorlage in entfernt und warum? Meiner Einschätzung nach fällt der Hauptfigur Gereon Rath im Roman zu viel in den Schoß und aus dramaturgischer Sicht muss er für seine Vergehen und moralischen Verfehlungen zu wenig einstecken. Das wollte ich ändern. Als in der Geschichte klar wird, dass die ersten Mordopfer gefoltert wurden, um ihnen ein Geheimnis zu entlocken, sollte Rath zumindest einmal in der Geschichte selbst in Todesgefahr und im Mittelpunkt dieses Geheimnisses stehen. So kam es zu einer der Hauptunterschiede zum Roman. ACHTUNG SPOILER: Rath selbst wird entführt und gefoltert und sieht sich seinem Erzfeind gegenüber. Erst im letzten Moment rettet ihn ein phantomgleiches Wesen. Das Martyrium hinterlässt deutliche Spuren, was wiederum aus erzählerischer Sicht von Nutzen war: Die Menschen reagieren auf seine Verletzungen, Rath ist gut „Kontroverses Thema“: Auszug aus Arne Jyschs Debüt „Wave and Smile“
wiederzuerkennen und durch die Heilung seiner Volker Kutschers Weimarer-Republik- Blessuren kann man Zeitvergehen visualisieren. Berlin ist eine sehr moderne Metropole. Außerdem wollte ich dem Kenner des Romans eine Welche Parallelen würden Sie zu dem Überraschung bieten. heutigen Berlin ziehen? Was erzählen uns Volker Kutschers Romane über Berlin und Können Sie uns etwas über die Recherche seine Bewohner im Jahr 2017? zu den historischen Aspekten des Romans erzählen? Haben Sie das Berlin von 1929 An dem ersten Roman „Der nasse Fisch“ hat mir anhand von Volker Kutschers Beschrei- besonders gefallen, dass er eben noch nicht ver- bungen in seinem Roman oder eher an- sucht, eine Projektionsfläche für die Gegenwart zu hand von historischem Referenzmaterial sein, sondern eine eskapistische Flucht in die „Wil- porträtiert? den Zwanziger“ bietet. Wenn man einen Vergleich ziehen möchte, könnte man sagen, dass Berlin in Volkers Roman war immer die Grundlage, den letzten zwanzig Jahren wieder zu einer im besonders für den Plot. Er war Ausgangspunkt für Ausland sehr anerkannten Weltmetropole der Kul- meine eigene Recherche, die vor allem die Lektüre tur und Innovation geworden ist, zum beliebten von Regina Stürickows Büchern zum Thema Ernst Schmelztiegel für Künstler und Weltbürger, so wie Gennat und die Berliner Mordinspektion der sie es damals war. Unterschwellige Themen der Weimarer Republik umfasste. Ich habe gemeinsam Welt um 1929, wie Demokratiefeindlichkeit, Nati- mit Volker die Polizeihistorische Sammlung am onalismus haben sich nach meinem Gefühl erst in Platz der Luftbrücke besucht und wir sprachen viel den letzten drei Jahren wieder in die Gegenwart über die damalige Polizeiarbeit. eingeschlichen. Plötzlich sind uns Vergleiche zur Bei der Vorbereitung für einen Comic wird meistens Weimarer Republik wieder viel präsenter. die visuelle Recherche unterschätzt. Fahrzeuge, In- neneinrichtungen, Frisuren, Hüte, Alltagskleidung, Volker Kutschers Darstellung von Gereon polizeiliche Dokumente usw. Das muss ich ja al- Rath ist vielschichtig und nuanciert. Kom- les aus vielen verschieden Winkeln zeichnen. Das missar Rath ist keine klassische, positive erfordert eine Unmenge an Bildmaterial, das ge- Heldengestalt, aber auch kein zynischer funden und organisiert werden will. Ich muss eine Noir-Antiheld. Wie haben Sie sich der Fi- komplette Welt aus vielen kleinen Puzzleteilen neu gur genähert? Was verbinden Sie mit dem erschaffen. Jede Figur musste ich typgerecht ent- Protagonisten? wickeln, einkleiden, frisieren. Dabei wollte ich un- bedingt vermeiden, dass sie wir kostümierte Leute Rath ist charmant und gutaussehend vor allem von heute aussehen und habe mich ausschließlich aber ist er die Identifikationsfigur für die Zeitreise an zeitgenössischen Abbildungen orientiert. Nicht des Lesers. Die meisten seiner Handlungen ha- nur für die Kleidung sondern auch um die Attitüden ben die Motivation, aus dem Schatten seines ein- und den Ausdruck der Menschen von damals zu flussreichen Vaters herauszutreten. Gereon Raths treffen. Bücher wie „Antlitz der Zeit“ von August sehnlichster Wunsch ist es, in Gennats legendärer Sander und Filme wie „Menschen am Sonntag“ Mordkommission zu arbeiten, nur dass er dieses waren dafür eine wertvolle Quelle. Ziel endlich aus eigener Kraft mit seinem eigenen Ehrgeiz erreichen möchte. Leider kommt ihm sein
Vater, ein guter Bekannter des Polizeipräsidenten, 200 gezeichnete Seiten bedeuten unvorstellbar viel immer wieder zuvor und lässt seine Beziehungen Arbeit. Meine Zeitrechnung war auf „geschaffte spielen, um seinen Sohn zu protegieren. Sogar weit Panels pro Tag“ umgestellt und von dem stressigen weg von seiner Heimat Köln scheint sich Rath immer Jahr 2016 muss ich mich erst mal langsam erholen. wieder eine Vaterfigur zu suchen. Ob Bruno Wolter, Mein Traum von einem Noir-Krimicomic im Berlin Polizeipräsident Zörgiebel oder Kriminalrath Gen- der 1920er Jahre ist in Erfüllung gegangen. Das nat, ständig taucht jemand auf, der sein Schicksal Werk ist vollbracht. In absehbarer Zeit steht also zu lenken scheint. So wird am Ende das Überführen keine weitere Kutscher Adaption auf dem Plan. seines eigenen Chefs und schließlich dessen Verhaf- tung zum ersten erfolgreichen Akt der Befreiung. Zum Buchrelease sind mehrere Veranstal- tungen mit Volker Kutscher geplant. Kön- „Berlin Babylon“ wird aktuell von Tom nen Sie uns etwas dazu verraten? Tykwer fürs Fernsehen verfilmt. Was er- warten Sie sich als Kutscher-Adapteur auf Es wird in jedem Fall eine umfangreiche Buchprä- der einen und Film-Storyboarder auf der sentation mit Vorskizzen, Fotos von der Recherche anderen von der Verfilmung? und Gespräche mit Volker Kutscher geben. Ich war sehr glücklich, als X-Filme die Rechte er- Und was für Projekte haben Sie als nächs- gattert hatte. Ich fing gerade an, das Szenario zu tes in der Planung? Woran arbeiten Sie schreiben, als Volker sagte: Lass uns doch in Berlin gerade? mit Tom Tykwer treffen. Ich war zunächst etwas ent- täuscht, weil erstens - ich den Film irgendwann am Ich freue mich jetzt wieder auf ein geregeltes Le- liebsten selbst gedreht hätte und zweitens - ich mir ben mit Storyboard Aufträgen. Ich lasse die Ideen einen Kinofilm und keine TV Serie erhofft hatte. Aber auf mich zukommen. Auch würde ich gerne wieder ich konnte dann verstehen, warum die Entscheidung mit Regisseuren zusammenarbeiten, deren Arbeit für eine Serie die Richtige war. Über viele der Fi- ich mag und denen ich letztes Jahr oft absagen guren und Milieus im Roman möchte man einfach musste. mehr erfahren und das braucht Zeit. Auf meinen 200 Comicseiten musste ich mich sehr oft auf den Plot beschränken, konnte dafür aber die Zwanziger Jahre mit Hilfe meines Zeichenstils zum Ausdruck bringen. Tom Tykwer ist ein Regisseur, der Filme auf inter- nationalem Niveau dreht und eine Vorliebe für vi- suell starke, dynamische Kinobilder hat. Insofern sind meine Erwartungen recht hoch. Ich war allerdings wäh- rend der Arbeit froh, dass die Produktion mit der Veröffent- lichung von Bildmaterial sehr zurückhaltend war. So konnte ich nicht beeinflusst werden und meinen eigenen Rath er- schaffen. Mit „Lunapark“ ist jüngst der bereits sechste Roman der Gereon-Rath-Reihe bei Kiepenhau- e r und Witsch er- schienen. Für Nachschub wäre also ge- sorgt. Haben Sie denn vor, weitere der Kri- mis von Volker Kutscher zu ad- aptieren?
„Geschichte ist eine Herausforderung, keine Einschränkung“ Der Kölner Schriftsteller und Historiker Volker Kutscher hat mit der Figur des Kriminalisten Gereon Rath, der im Berlin der 1920er und 1930er Jahre Mordfälle ermittelt, einen der erfolgreichsten Krimi- Kommissare der letzten Jahre geschaffen. Sechs von acht geplanten Romanbänden liegen schon vor - 2017 werden mit Arne Jyschs Graphic Novel und Tom Tykwers TV-Serie gleich zwei Adaptionen für andere Medien erscheinen. Im Interview erzählt Volker Kutscher über Gereon Rath, die historische Recherche für seine Romane und seine Zusammenarbeit mit Comiczeichner Arne Jysch. Lieber Herr Kut- wie viel Arbeit und Auf- scher, „Der nasse wand in der Recherche Fisch“, der erste der zu Ihren Romanen ste- Gereon-Rath-Roma- cken. Wie gehen Sie ne, ist 2007 erschie- beim Recherchieren nen. Zehn Jahre vor, und welchen Anteil später erscheint nun nimmt die Recherche die Graphic-Novel- in der Entstehung Ihrer Adaption von Volker Romane ein? Wie wich- Jysch. Können Sie tig ist Ihnen geschichtli- uns ein bisschen über che Akkuratesse? die Anfänge von Ge- reon Rath erzählen? Historische Akkuratesse ist Wie kamen Sie auf mir sehr wichtig, manchmal die Figur und warum übertreibe ich es damit haben Sie sich für das vielleicht sogar ein wenig. Jahr 1929 als Setting Aber da es sich bei meinen für seinen ersten Fall Kriminalfällen um rein entschieden? fiktive Fälle handelt, finde ich es umso wichtiger, dass Gereon Rath ist ein der historische Rahmen Mensch, den ich mit all stimmig ist. Mir kommt sehr seinen Charakterschwä- entgegen, dass ich nicht nur chen in eine Zeit der zweckbezogen recherchiere, Umbrüche schicke, in sondern mich ohnehin sehr eine Zeit, in der sich das für die damalige Zeit und den Deutsche Reich von einer Alltag in Berlin interessiere, durchaus hoffnungsvollen also sozusagen auch privat Republik nach und nach da sehr neugierig bin. So in eine barbarische Diktatur verwandelte und sich sauge ich alles auf, was ich darüber in Erfahrung aus dem Kreis der zivilisierten Länder verabschie- bringen kann und lasse einen Bruchteil davon in dete. Und diese Entwicklung, das Ende der stabilen meine Romane einfließen. Phase der Weimarer Republik, setzte mit dem Jahr 1929 ein, mit dem Blutmai, in dem es auf Berlins Hatten Sie Sorge, dass das geschichtli- Straßen erstmals seit den unruhigen unmittelbaren che Setting auch zu einem einschneiden- Nachkriegsjahren wieder bürgerkriegsähnliche Zu- den Korsett werden könnte? 1929 ist für stände gab. Das war das erste Zeichen, noch be- die meisten Leser ein unbekanntes Land, vor in der zweiten Hälfte des Jahres mit Stresemann aber spätestens ab der Machtergreifung einer der Stabilisatoren der Republik starb und mit der Nazis 1933 könnten die Leser ihre dem Börsencrash die wirtschaftlichen Grundlagen eigenen geschichtlichen Kenntnisse und des zwischenzeitlichen Aufschwungs wegbrachen. Projektionen im Kopf haben ... Auf ihrer Website gereonrath.de kann Tatsächlich habe ich die Einschränkungen durch man sich durch eine lange Liste von lite- den nun einmal vorgebenen Verlauf der histori- rarischen und historischen Quellen scrol- schen Entwicklung nie als Einschränkung, sondern len und kriegt eine ungefähre Vorstellung, als Herausforderung empfunden. Solche vermeint- @Illustration: Arne Jysch
lichen Fesseln können die Kreativität durchaus setzt, verfilmt Tom Tykwer den Roman als anregen. Ich versuche, so gut wie möglich in die aufwändige, 16-teilige TV-Serie für die damalige Zeit und deren Umstände einzutauchen ARD und Sky. Fällt es Ihnen schwer, Ihre und nachzuvollziehen, wie meine Figuren in ihrer Geschichten anderen Erzählern zu über- teils doch sehr unterschiedlichen Ausprägung sie lassen und als Autor zurückzutreten? In empfunden haben könnten. Und hoffe natürlich, wie weit waren Sie in die Comic- und TV- dass meine Leser ebenso eintauchen können. Wenn Adaptionen involviert? dann die ein oder andere vorgefasste Meinung ins Wanken kommt und man über bestimmte Aspekte Meine Romane und ihre Adaptionen, ganz gleich neu nachdenkt - umso besser. ob Comic oder Film, das sind für mich unterschied- liche Baustellen. Ich bin sowohl beim Comic wie Dafür, dass ihr Roman vor fast 90 Jah- bei der Verfilmung eingebunden gewesen, habe ren spielt, ist das Berlin, das Sie in „Der aber grundsätzlich den jeweils zuständigen Kreati- nasse Fisch“ portraitieren, dem heutigen ven - also Arne und Tom - freie Fahrt gelassen. Das erstaunlich nahe. Russische Einwanderer sind alles eigenständige Projekte, die zwar auf der- sorgen für Integrationsdebatten, einhei- selben Geschichte basieren, die aber ihre jeweils mische Berliner, die Touristen und Zugezo- eigenen Blickwinkel und Erzählweisen haben. Das gene aufziehen, das elegante Charlotten- ist je gerade das Spannende. Auch für mich. burg und der verruchte Berliner Osten… Welche Parallelen gibt es zwischen Berlin Welchen Bezug haben Sie zum Medium damals und heute? Comic? Sind Sie mit Comics aufgewach- sen? Und was bedeutet Ihnen der Comic Die Parallelen sind erstaunlich. Berlin war auch da- heute? mals eine Stadt im steten Wandel, eine Stadt mit vielen Zugezogenen, eine Partystadt, deren Nacht- Ich bin kein Comic-Aficionado, der tausende Al- leben ganz Europa anzog (weil es dort wild zu- ben im Regal stehen hat, aber gleichwohl regelmä- ging, aber auch vergleichsweise billig war), und ßiger Comicleser. Mit „Asterix“, vor allem aber mit es war eine Stadt der Gegensätze zwischen sehr Hergés „Tim und Struppi“ bin ich sozusagen groß reich und sehr arm. Und auch damals unterschied geworden. Herge hat meine Comic-Rezeption man schon zwischen der mondänen City West und wahrscheinlich entscheidend geprägt. Und heute den ärmeren Vierteln im Osten. Ein Unterschied zu gehören Comicautoren wie Alan Moore und Ed heute: Prenzlauer Berg war damals ein Arbeiter- Brubaker neben Romanautoren genreübergreifend viertel, die Spandauer Vorstadt sogar in Teilen ein zu meinen Lieblingsautoren. Durch die beiden Er- Elendsquartier. zählebenen, die textliche und die visuelle, kann der Comic die Dinge zum Schwingen bringen und die „Der nasse Fisch“ wird aktuell gleich für Phantasie nicht weniger anregen als ein Roman. zwei Medien adaptiert. Während Arne Jysch Ihren Stoff als Graphic Novel um-
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Pressekontakt ARNE JYSCH: Claudia Jerusalem-Groenewald Carlsen Verlag GmbH, Völckersstraße 14-20, D- 22765 Hamburg Claudia.Jerusalem-Groenewald@carlsen.de Tel: + 49 (0)40 39 804 563 Filip Kolek Filip.Kolek.FM@carlsen.de mobil +49 (0)172 83 70 206 Pressekontakt VOLKER KUTSCHER: Gudrun Fähndrich Verlag Kiepenheuer & Witsch Bahnhofsvorplatz 1, D- 50667 Köln gfaehndrich@kiwi-verlag.de Tel: + (0I221- 376 85-3 www.carlsencomics.de
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