Aufbruch ins Abenteuer Die virtuelle Welt der Computerspiele - Begleitende Informationen zur gleichnamigen Ausstellung auf Schloss Hartenfels ...
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Benjamin Bigl, René Meyer und Florian Funk Aufbruch ins Abenteuer Die virtuelle Welt der Computerspiele Begleitende Informationen zur gleichnamigen Ausstellung auf Schloss Hartenfels (Torgau)
Aufbruch ins Abenteuer. Die virtuelle Welt der Computerspiele. Begleitende Informationen zur gleichnamigen Ausstellung auf Schloss Hartenfels (Torgau). 16.12.2019 – 30.03.2020. Eine Kooperation von Medienpädagogisches ZentrumPlus Haus der Computerspiele (Leipzig) Kulturbetrieb Schloss Hartenfels www.facebook.com/mpz www.spielepower.de www.schloss-hartenfels.de Herausgeber Dr. Benjamin Bigl Medienpädagogisches ZentrumPlus Puschkinstraße 3 04860 Torgau Bildnachweis Landratsamt Nordsachsen, Alexander Bley; Haus der Computerspiele, René Meyer Layout Florian Golo Flasshoff Filmdokumentation Ausstellungseröffnung & Informationsfilm Sascha Kummer, La Marée Film & Dr. Benjamin Bigl, Medienpädagogisches ZentrumPlus Empfohlene Zitation Bigl, B.; Meyer, R. & Funk, F. (2020): Aufbruch ins Abenteuer. Die virtuelle Welt der Computerspiele. Begleitende Informationen zur gleichnamigen Ausstellung auf Schloss Hartenfels (Torgau). https://doi.org/10.25366/2019.32
Inhaltsverzeichnis Grußwort 4 Zur Konzeption der Ausstellung 5 Aufbruch ins Abenteuer 6 Spiel-Genres 7 Alterseinstufungen der USK 8 Verantwortungsvolles Spielen 9 Die Vitrinen der Ausstellung 10 Spielkonsolen der Ausstellung 18 Kommunikation im Spiel 20 Computerspiele als virtuelle Welten 22 Faszination & Bedeutung von Computerspielen 24 Impressionen der Ausstellungseröffnung 25 Literatur 27
Grußwort Liebe Besucher und Besucherinnen, ich freue mich sehr, Sie auf Schloss Hartenfels Die Ausstellung des Pilotprojekts MPZPlus in in Torgau zu unserer Sonderausstellung „Auf- Kooperation mit dem Haus der Computer- bruch ins Abenteuer. Die virtuelle Welt der spiele Leipzig bietet dafür Raum. Und sie un- Computerspiele“ begrüßen zu können. terstützt die Bemühungen, Schloss Hartenfels noch stärker als Bildungsort zu etablieren Diese Schau sucht ihresgleichen: Inmitten und über Torgaus Stadtgrenzen hinaus wei- der traditionsreichen historischen Realität ei- ter bekannt zu machen. nes Schlosses können Sie eintauchen in die bunten virtuellen Welten der Computerspie- Für den Landkreis sind diese Aktivitäten von le. „Aufbruch ins Abenteuer“ schließt dabei besonderem Interesse. Games sind schon nahtlos an die vorausgegangene Sonder- immer Motor und Treiber bei der technolo- ausstellung „Mutbilder“ an: Es geht auch gischen Entwicklung gewesen, die Digital- diesmal um den zentralen Wert des sozialen wirtschaft ist ein Katalysator und attraktiv als und gesellschaftlichen Miteinanders. Arbeitgeber besonders für junge Menschen. Für die anstehenden Herausforderungen Ungewissheit, Wettkampf und Spannung der Digitalisierung können wir davon nur zeichnen jedes Computerspiel aus. Aber profitieren. allein spielt es sich schlecht. Darum bietet Schloss Hartenfels in den kommenden Wo- Gern lade ich Sie daher ein: Lassen Sie sich chen für Jung und Alt die Gelegenheit, sich ein auf dieses Abenteuer und nehmen Sie nicht nur miteinander zu messen, sondern selbst einmal den Controller in die Hand, um auch miteinander über Spiele, die reale und sich die virtuelle Welt der Computerspiele zu die virtuelle Welt, deren Chancen, Risiken erschließen! Kommen Sie, schauen Sie, spie- Kai Emanuel, Landrat Landkreis Nordsachsen und Herausforderungen ins Gespräch zu len Sie! kommen. Kai Emanuel Landrat des Landkreises Nordsachsen 4
Zur Konzeption der Ausstellung Etwa 524 Unternehmen in Deutschland ent- gewöhnlichen Lebens stattfindet, die den Elementen im Rahmen der Ausstellung auf- wickeln und vertreiben Computerspiele. Spieler völlig in Beschlag nimmt, mit der kein gegriffen. Gerade für junge Menschen, die sich nach materielles Interesse verbunden ist, die in- Ihrem Schulabschluss für eine Ausbildung nerhalb eines bestimmten Raumes sich voll- Die Ausstellung unterbreitet Angebote, wel- oder den Beruf neu orientieren, ist die Ga- zieht und nach bestimmten Regeln verläuft che die Besucher sich selbst erschließen kön- mes-Branche ein interessanter Arbeitgeber. und Gemeinschaftsverbände ins Leben ruft nen und selbst erschließen sollen. Sie bietet In der Altersklasse der 16- bis 24-jährigen (Huizinga, 2004). Diese Elemente treffen im eine Fülle an Objekten, sie gibt Auskunft zu sagen dies immerhin 64 Prozent, selbst bei Wesentlichen noch heute auf das Compu- verschiedenen Spielformen und Genres, in- den 35- bis 44j-ährigen favorisieren mehr als terspiel zu! teraktive QR-Codes bieten Kontextinformati- 50 Prozent eine Tätigkeit bei Unternehmen onen zu Geschichte und Kultur des Spielens, der Digitalwirtschaft (GAME, 2020). Cloud- Drittens machen es die Digitalisierung und zur Spielentstehung und natürlich auch zum basiertes, flexibles und agiles Arbeiten sind Vernetzung heute auch den Nicht-Profis bewussten Umgang mit Computerspielen. in großen Unternehmen und Konzernen möglich, einen virtuellen Spielraum entste- hen zu lassen, der für den Spieler Abenteuer Ein rund 40-minütiger Film mit Interviews mittlerweile Alltag und attraktiv für Schulab- von Entwicklern, Sammlern, Designern, For- gänger, die fit sind im Umgang mit digitalen wahr werden lässt, die vorher nur den Mär- chen vorbehalten waren. Diese Abenteuer schern und Spielbegeisterten verknüpft die Medien. Dies stellt gerade ländlich gepräg- Themen der Exponate, erklärt wie Spiele te Regionen vor Herausforderungen, um ei- sind bei jedem Spielen neu und aufregend. Diese Abenteuer muss sich der Spieler selbst entstehen und wirken und wie die Zukunft nem Wegzug der Jugendlichen entgegen- des Gamings wohl aussehen mag. zuwirken, aber auch um älteren Menschen und jedes Mal anders erschließen – bei die- digitale Medien sowie deren Faszination nä- sen Abenteuern im Kopf kommt es auch Als Angebot der außerschulischen Medien- herzubringen. Mit welchem pädagogischen nicht darauf an, ob es eine aktuelle Spiel- bildung möchte die Ausstellung auch die Konzept sollte man daher digitale Medien in konsole mit der neuesten Technik ist, oder Älteren motivieren, sich auf unbekannte einer Ausstellung präsentieren? doch nur eine schwarz-weiße Konsole aus Mediensituationen einzulassen. Eltern und den 1970er Jahren. Die Ausstellung ist daher Pädagogen sind gefordert, nicht nur not- Hinter Computerspielen steckt zunächst gar keine Leistungsschau, sondern konzentriert wendige Regeln für den Umgang mit digi- kein bestimmtes pädagogisches Konzept. sich auf ausgewählte Klassiker. talen Medien zu formulieren, sondern vor Das hat gute Gründe: Erstens sind Compu- allem, um mit ihren Kindern und Anderen ins terspiele interaktive Medien, die zum Zweck Dennoch soll nicht nur gespielt und in die Geschichte der Computerspiele einge- Gespräch zu kommen, was und warum ge- der Unterhaltung hergestellt und genutzt spielt wird. Schauen Sie hin und spielen Sie werden. Zweitens ist die Tätigkeit des Com- taucht werden. Auch der kompetente Um- gang mit Computerspielen soll reflektiert vor allem mit. Nicht zuletzt für das gemeinsa- puterspielens nichts anderes als „normales“ me Gespräch, den Austausch und das ge- Spielen, nur eben mit Hilfe eines Computers werden. Dieter Baacke (1973) versteht unter dem Begriff der Medienkompetenz grund- meinsame Spielen möchte die Ausstellung oder einer Spielkonsole. ein Raum der Möglichkeiten sein. Brechen sätzlich alle Fähigkeiten, welche in einer Der niederländische Kulturwissenschaftler mediengeprägten Welt zur eigenen Hand- Sie auf ins Abenteuer! Johann Huizinga versuchte in den 1930er lungsmacht nötig sind. Die vier Dimensionen Jahren das Spielen zu beschreiben. Er cha- der Medienkompetenz – Medienkunde, Me- rakterisiert Spielen als eine freie Handlung, diennutzung, Mediengestaltung und Medi- die als ‚nicht so gemeint‘ außerhalb des enkritik – werden in ganz unterschiedlichen 5
Aufbruch ins Abenteuer Computerspiele versetzen uns in zauberhaf- Zwischen Frust und Spielspaß fer heutiger Computerspiele sind die Auto- te virtuelle Welten, die sich interpretativ mit matenspiele der 1970er und 1980er Jahren, der Welt, in der wir leben, auseinanderset- Macht, Herrschaft und Kontrolle über die die in Hotels und Restaurants äußerst beliebt zen. Ob realistisch, abstrakt oder minima- eigene Handlung in der virtuellen Welt sind waren. Während der klassische PC ursprüng- listisch: Je nach Vorlieben und Fähigkeiten die drei wichtigsten Spielmotive (Fritz, 2004). lich nur für Büroaufgaben konzipiert war, der Spieler erlauben Computerspiele das Der Avatar wird so zum elektronischen Stell- fand 1972 mit der ersten Spielkonsole (Mag- Eintauchen in und das aktive Erleben und vertreter des Spielers im Spiel. Maßgeblich na-vox) ein Wandel der Spielkultur statt – ge- Gestalten von Spielgeschichten allein, im für den Spaß beim Spielen sind die Eignung spielt wird seitdem nicht mehr ausschließlich Team oder mobil. Die Möglichkeiten sind so des Spiels, aber auch die persönlichen Prä- am Schreibtisch, sondern im Wohnzimmer mannigfaltig, dass es schwerfällt, den Über- ferenzen und Kompetenzen, um den An- vor dem Fernseher mit anderen. Im mobilen blick zu behalten. Kein Wunder, schließlich forderungen des Spiels gerecht zu werden. Alltag sind Computerspiele seit dem Game sind in den vergangenen fast 50 Jahren fast Sind Spiele zu kompliziert, ist das Spiel schnell Boy von Nintendo (1989) allgegenwärtig, 100.000 verschiedene Spiele erschienen. aus. Im Idealfall können Computerspiele Smartphones haben die transportablen durch maßvolles Spielen dazu beitragen, so- Spielkonsolen jedoch fast verdrängt. Egal Faszination der ziale Kompetenzen zu fördern, das logische ob im Bus, auf Plätzen, in Parks oder Cafés: virtuellen Welten Denken in Zusammenhängen zu trainieren, auch vernetztes Spielen online ist ein Aben- sowie sich kreativ zu entfalten. Durch die Al- teuer, was jederzeit auch mit anderen mög- Spiele prägen unsere Kultur und haben den terseinstufungen der Unterhaltungssoftware lich ist (Bigl, 2016; Forster, 2009). Menschen von Beginn seiner Evolution an Selbstkontrolle (USK) ist für Spieler, Eltern und begleitet – angefangen von einfachen Wür- Pädagogen leicht erkennbar, für welches fel- oder Legespielen über Gesellschafts- Alter das Spiel geeignet ist (USK, 2020). spiele, Brettspiele und Sportspiele bis hin zu digitalen Computerspielen. Als interaktive Die Entwicklung Medienangebote haben Computerspiele der Computerspiele mittlerweile alle sozialen Bereiche erreicht. Mit einem Umsatz von etwa 4 Milliarden Euro Mit einem Patent von Thomas T. Goldsmith pro Jahr (2018) sind sie ein immenser Wirt- für ein „Amusement-Device“ kann das Jahr schaftsfaktor und attraktiv für Men-schen 1947 als der Beginn der Computerspielent- aller Altersgruppen. Mehr als 34 Millionen wicklung angesehen werden. Das Gerät Menschen spielen in Deutschland regelmä- erforderte sehr viel mehr Fantasie als heute, ßig, 2018 lag das durchschnittliche Alter bei es vermochte lediglich bewegbare, grün leuchtende Punkte darzustellen. Die Vorläu- 36 Jahren (GAME, 2020). 6
Spiel-Genres Casual Games sind besonders auf Spielkon- In Strategie- und Simulationsspielen steht aus Alterseinstufungen solen populäre Spiele und umfassen Brett-, der Vogelperspektive der Aufbau bspw. ei- Karten-, Rhythmus-und Partyspiele wie „Sing ner Zivilisation im Mittelpunkt (bspw. im Spiel Für die Alterseinstufung von Computerspie- Star“. Arcade-Spiele wie „Pong!“ sind einfa- „Civilization“). Sport- und Rennspiele wie len ist in Deutschland die Unterhaltungssoft- che, rundenbasierte Geschicklichkeitsspiele „Need for Speed“ erfordern Konzentration, ware Selbstkontrolle (USK) zuständig. Jedes und entstammen der Zeit der Spielautoma- Geschicklichkeit und Schnelligkeit. Beson- Spiel, welches in Deutschland verkauft wird, ten. In Jump’n’Run-Spielen wie bspw. „Su- ders im Bereich der E-Sport-Spiele (bspw. unterliegt dieser Prüfung und Einstufung. Da- per Mario“ muss die Spielfigur auf verschie- „League of Legends“, „FIFA International für gibt es festgelegte Kriterien, die in Zusam- denen Ebenen Gegenstände einsammeln, Soccer“) etablieren sich zunehmend eigene menarbeit mit den Obersten Landesjugend- die Punkte bringen. In Adventures steht das Verbände und Ligen mit öffentlichen Wett- behörden und unter Berücksichtigung der Erleben einer Geschichte im Mittelpunkt, kämpfen (bspw. Dreamhack in Leipzig). Bundesprüfstelle für jugendgefährdende oft wird die Spielfigur nur durch Mausklicks Medien (BPJM) entwickelt wurden und er- gesteuert – „Monkey Island“ ist ein Klassi- Datenschutz & klären, welche Aspekte sich negativ auf die ker dieser Point-and-Click-Adventures. Die kostenpflichtige Spielinhalte Entwicklung von Kindern und Jugendlichen Shooter für Erwachsene werden als rasante auswirken könnten. Die Alterseinstufungen Action-Spiele meist in der Ich-Perspektive Vorsicht ist geboten bei angeblich kostenlo- der USK finden sich auf jeder Spieleverpa- gespielt, was besonders ins Spiel hineinzieht. sen Spielen und Apps, bei denen innerhalb ckung (§ 14 JuSchG). Die Story ist dabei häufig nebensächlich, des Spieles kostenpflichtige Zusatzange- wichtiger ist die detailreiche Darstellung bote wie bspw. Ausrüstungsgegenstände des Geschehens sowie des wahrgenom- erworben werden können oder die Glücks- menen dreidimensionalen Raumes, in dem spiel-Elemente enthalten (bspw. „Coin Mas- sich der Spieler mit Maus und Tastatur be- ter“). Insbesondere bei Spiele-Apps kann wegt (oftmals WASD). In Rollenspielen steht für einen kompetenten Umgang mit diesen die Entwicklung des Charakters der eige- Spielen auch das Thema Datenschutz rele- nen Spielfigur (Avatar) im Mittelpunkt. Dies vant werden, wenn das Spiel Berechtigun- geschieht über das Lösen von Aufgaben gen auf den Zugriff zu persönlichen Daten (Quests) in einer Fantasiewelt. Eine Sonder- des Smartphone-Benutzers einfordert (u.a. form sind MMORPGs (Massively Multiplayer auf das Adressbuch oder den Standort). Hier Online Role Playing Games) wie „World of sind insbesondere Eltern, Angehörige und Warcraft“, wo tausende Spieler sich in so ge- Pädagogen gefordert, Kinder und Jugend- nannten Gilden (Gruppen) verbünden. liche für diese Themen fit zu machen. www.usk.de 7
Alterseinstufungen der USK ohne Altersbeschränkung familienfreundliche Spiele (bspw. Geschicklichkeits- und Gesellschaftsspie- le, Sportspiele, Jump ’n` Runs) ab 6 Jahren überwiegend familienfreundliche Spiele, die bereits spannender und wett- kampfbetonter ausfallen dürfen (bspw. Rennspiele) ab 12 Jahren schon deutlich kampfbetontere Spiele, die Spielszenarien werden oft von einer Handlung gerahmt und bieten Distanzierungsmöglichkeiten (bspw. Adventure, Strategie- und Rollenspiele) ab 16 Jahren auch Gewalthandlungen werden gezeigt, häufig bewaffnete Kämpfe mit einer Rahmenhandlung (bspw. militärische Strategiespiele) ab 18 Jahren auf Grund der gewalthaltigen Spielkonzepte und ihrer bedrohlichen Atmo- sphäre sind diese Spiele ausschließlich für Erwachsene freigegeben (bspw. Ego-Shooter, Action-Adventures) 8
Verantwortungsvolles Spielen Markige Überschriften wie „Je brutaler die In Sachsen unterstützt die Koordinierungs- Spiele, desto schlechter die Schulnoten“ stelle Medienbildung (KSM) die Netzwerk- (Main Post, 15.10.2013) zieren immer dann bildung und Unterstützung in der Medien- die Titelseiten von Tageszeitungen, wenn bildungslandschaft in Sachsen. Die KSM Computerspiele in der Kritik stehen, sich macht die medienpädagogischen An- negativ vor allem auf die Entwicklung von gebote in Sachsen sichtbar und vernetzt Kindern und Jugendlichen auszuwirken. Die außerschulische Akteurinnen und Akteure, Frage, wie Computerspiele wirken, ist je- berät die sächsische Bevölkerung und weist doch äußerst komplex und nicht einfach zu auf wichtige Informationen im Bereich Medi- beantworten. Viele Faktoren wie bspw. die enbildung hin. www.medienbildung.sachsen.de Persönlichkeit des Spielers, seine individuel- len Vorerfahrungen, seine allgemeine Me- Empfehlenswerte Fachbücher (unter Litera- dienkompetenz, aber auch soziale Faktoren tur) geben einen fundierten wissenschaftli- sowie natürlich die Art und die Beschaffen- chen Überblick zum Stand der Forschung zu heit des Spieles bestimmen letztlich das Erle- Nutzung und Wirkung von Computerspielen ben von virtuellen Computerspielwelten. und (digitalen) Medien. Verschiedene Anlaufstellen von Organisa- tionen, Einrichtungen und Vereinen bieten daher konkrete Unterstützung und medi- enpädagogische Orientierung im Spie- le-Dschungel und helfen bei der Spielaus- wahl. www.internet-abc.de www.schau-hin.info www.klicksafe.de www.spielbar.de 9
Die Vitrinen der Ausstellung LCD-Spiele und Miniatur-Automatenspiele Neben Quarzuhren, Taschenrechnern und den gern als Beigabe mitgegeben, etwa zu ein 3D-Bild liefert, allerdings nur zweifarbig – tragbaren Kassettenspielern sind in den einer Kinderzeitschrift. rot und schwarz. Der Virtual Boy ist ein Miss- achtziger Jahren tragbare LCD-Spiele ein erfolg und erscheint nur in Japan und den beliebter Zeitvertreib. Der Game Boy ist noch Die großen Brüder der LCD-Spiele sind Table USA, aber nicht in Europa. nicht erfunden (er erscheint erst 1990 in Eu- Tops. Die Form der Miniatur-Automaten erin- ropa) und so vergnügt man sich unterwegs nert an die Geräte in Spielhallen. Sie haben Ähnlich ungewöhnlich ist die im gleichen mit kleinen Geräten, die ein einfaches Spiel nur ein Spiel eingebaut. Heute hat die in Ver- Jahr erschienene Headset-Variante der eingebaut haben. Der Hintergrund ist durch gessenheit geratene Form Konjunktur durch R-Zone von Tiger Electronics. Sie projiziert das farbige Folien gestaltet. So fällt es weniger eine neue Generation von Mini-Arcades, Bild über eine transparente Linse ins Auge auf, dass sich das eigentliche Spielgesche- die jeweils zahlreiche Spiele emulieren. des Spielers. hen auf einige Elemente beschränkt, die Eines der originellsten Geräte ist sicher der sich auf festgelegten Positionen bewegen. Virtual Boy von Nintendo, der bereits 1995 Manche Geräte haben zwei oder drei Bild- schirme, die verschiedene Levels darstellen. Die Geräte sind nicht so teuer, 20 bis 50 DM, und finden ihren Weg auch in die DDR. Besonders gefragt ist die Game&Watch-Se- rie von Nintendo. Sie hat, der Name deutet es an, neben dem Spiel eine Uhr mit We- cker integriert. Sie ist in Westdeutschland auch unter dem Handelsnamen tricOtronic bekannt. Die Serie wird in der Sowjetunion nachgebaut und unter der Marke Elektroni- ka im Handel angeboten. Auch diese Spiel- zeuge werden gern mit in die DDR gebracht; zu Preisen um die 20-40 Rubel – ungefähr 30- 60 Euro nach heutiger Rechnung. Ab den neunziger Jahren sind LCD-Spiele mit ihrer einfachen und starren Unterhaltung nicht mehr zeitgemäß. Die Ära der Hand- helds mit Wechselmodulen wie der Game Boy hat begonnen. Dennoch werden noch heute LCD-Spiele in großer Zahl produziert. Sie sind für wenige Euro zu haben und wer- 10
25 Jahre PlayStation Ursprünglich wollten Sony und Nintendo ge- PlayStation 4 als graue Jubiläumsausgabe, meinsam eine Konsole entwickeln. Als sich die 2014 zum 20. Geburtstag erschien, eine Nintendo zurückzieht, beschließt Sony, allein PSOne als abgespeckte Variante der Play- weiterzumachen. Die Voraussetzungen sind Station mit aufgestecktem Bildschirm, eine gegeben: Sony hat einerseits viel Erfahrung PocketStation (eine nur in Japan erschiene- mit Hardware, entwickelt etwa schon in den ne Mischung aus Memory Card und LCD- 1980ziger Jahren einen Heimcomputer (na- Spiel als Zubehör) und die neue PlayStation mens HitBit), und ist andererseits neben Mu- Classic, die 20 Spiele fest eingebaut hat. sik auch als Verleger von Spielen aktiv. Unter den Exponaten: Eines der damals sehr Basis der PlayStation ist die damals neue beliebten MogelPower-Bücher mit Schum- www.mogelpower.de CD-Technik. Sie bietet weitaus mehr Spei- meltricks. cher für Sprachausgabe und Videos als die bisherigen Steckmodule. Die leistungsfähi- gen Chips erlauben eine 3D-Graphik, wie man sie bisher nur vom PC her kennt. Sony übernimmt eine Reihe von Entwicklern wie Psygnosis. Dadurch entstand eine große An- zahl von Spielen. Ein Grund für den Erfolg ist das Zuwenden an neue Käuferschichten. Die PlayStation ist „cooler“ als die bunte Nin- tendo-Welt und zieht verstärkt Erwachsene an. Die PlayStation wird zur zweiterfolgreichsten TV-Konsole überhaupt. Nur ihr eigener Nach- folger, die PlayStation 2, verkauft sich mehr. In einer Vitrine ist eine originale Playstation im Airbrush-Design zu sehen, von der nur wenige Exemplare gestaltet wurden, eine 11
30 Jahre Game Boy Am 21. April 1989 erscheint der Game Boy Versionen in Japan. Nach Deutschland kommt er erst 1989 Game Boy (in Deutschland 1990) im September 1990. Mit 120 Millionen ver- kauften Geräten ist er das dritterfolgreichs- 1996 Game Boy Pocket mit kleineren Maßen te Spielsystem, hinter dem Nintendo DS und 1996 Pokémon – rote und grüne Edition (in Deutschland 1999) der PlayStation 2. Zwar bieten Mitbewerber wie Atari Lynx und SEGA Game Gear bereits 1997 Game Boy Light mit Hintergrundlicht (nur in Japan erschienen) Farbe, aber der Game Boy ist handlicher, hat deutlich längere Batterie-Laufzeiten und 1998 Game Boy Camera und Game Boy Printer mehr und bessere Spiele. Allen voran natür- 1998 Game Boy Color mit Farbe lich „Tetris“ und die Mario- und Zelda-Teile. Später kommt „Pokémon“ dazu. 2001 Game Boy Advance mit neuer Technik und kleineren Modulen 2003 Game Boy Advance SP mit Klappe und Beleuchtung 2005 Game Boy Micro 2004 Nintendo DS mit zwei Bildschirmen (in Deutschland 2005) 2011 Nintendo 3DS mit 3D-Effekt 2012 Nintendo 3DS XL mit größeren Maßen 2013 Nintendo 2DS ohne Klappe und ohne 3D 2014 New Nintendo 3DS / 3DS XL mit mehr Tasten und mehr Leistung 2017 New Nintendo 2DS XL Screenshots Game Boy 12
20 Jahre Moorhuhn Die erfolgreichste deutsche Spielserie? Im Herbst 1998 ging es auf Kneipen-Tour. Irgendwie kam alles zusammen. Viele Haus- „Die Siedler“? „Anno“? Weit gefehlt: das Doch WITAN hatte eine fast fertige Version halte hatten bereits einen Internet-Anschluss, „Moorhuhn“ wurde nicht nur millionenfach bereits im August bei der Demo-Party Bizarre das Spiel war kostenlos, klein genug auch für aus dem Netz geladen, sondern erschien unter dem Namen Kippen Schieten vorge- einen E-Mail-Anhang, leicht zu verstehen – auch in rund vierzig Ausführungen im Han- stellt, wo es gar mit einem Preis ausgezeich- und es hatte eine Bestenliste. Es gab Strate- del. Zunächst als Ballerspiel; später auch in net wurde. Obwohl man das Spiel kostenlos gien für viele Punkte, und das Glück spielte Adventures, Rennspielen, Jump‘n‘Runs, in aus dem Netz laden konnte, blieb es zu- eine gewisse Rolle so dass man sich immer Sportarten wie Fußball, auf dem Mobilpho- nächst ein Ladenhüter. Erst 1999 wurde aus wieder daran versuchen konnte. ne. Und im Ausland unter dem Namen Cra- dem simplen Ballerspiel ein Erfolgsschlager. zy Chicken. Der Nachfolger von Art Department, Phen- Ein Berliner Radiosender nahm es in sein Pro- omedia, erkannte die Chance und zog die Die Geschichte begann 1997, als Ingo Buch- gramm auf, es war in der Harald-Schmidt- Marke groß auf. Und irgendwie geschah es, holz von der Hamburger Werbeagentur V Show zu sehen und im Frühjahr 2000 landete dass das Interesse an der Marke nie abriss. und B für seinen Kunden Johnnie Walker es gar auf der Titelseite der BILD: „Volkskrank- Der jüngste Sproß: Moorhuhn VR. eine neue Kampagne überlegte. Jedes heit Moorhuhn“. Quartal hatte eine neue Aktion und für den Herbst kam ihm der Gedanke einer visuellen Moorhuhn-Jagd in den schottischen High- lands. Der ursprüngliche Gedanke war eine Apparatur, doch er wurde als zu aufwendig empfunden. Promoter sollten mit Notebooks abends durch Kneipen ziehen und die Gäs- te mit einem kleinen Spielchen locken. Für die Umsetzung wurde Frank Ziemlinski und sein Spielestudio Art Department ins Boot geholt, das damals viele Werbespie- le entwickelte und auch schon für V und B ein kleines Spielchen für eine andere Alko- hol-Marke umgesetzt hatte. Die eigentliche Programmierung erfolgte durch das nieder- ländische Studio WITAN – streng genommen wurde das bekannteste deutsche Spiel gar nicht in Deutschland entwickelt. Von Ingo Mesche stammt die berühmte Moorhuhn-Fi- gur. Er hatte sie schon Jahre zuvor für ein nie erschienenes Amiga-Spiel entworfen. 13
Commodore CBM 3032 Adventures 1975 erscheinen die ersten bezahlbaren Ab 1977 gibt es betriebsbereite Heimcom- Das Adventure ist eines der ältesten Spiele- Heimcomputer wie der Altair 8800 und der puter mit Gehäuse und Tastatur zu kaufen. genres. Seinen Namen erbt es vom ersten IMSAI 8080. In der Grundausstattung kann Zunächst den Apple II, den TRS-80 von Ra- Vertreter, „Collosal Cave Adventure“, das man nicht viel damit anstellen; die Gerä- dio Shack und den Commodore PET, der bereits Anfang der siebziger Jahre entsteht te bestehen aus LEDs als Anzeige und aus einen Bildschirm gleich eingebaut hat. Aus und nur Text enthält, keine Bilder. Das Pro- Kickschaltern für mühsame Programmierung dem PET erwächst eine ganze Serie von gramm beschreibt eine Umgebung und der im Maschinen-Code. Sie werden häufig als Rechner-Modellen, die Commodore mit der Spieler muss seine Anweisungen eintippen, Bausatz verkauft und müssen erst zusam- Einführung in Europa in CBM umbenennen um das Abenteuer voranzutreiben. Das ist mengesetzt werden. Doch beide Computer muss – den Namen PET hat sich schon Phi- jetzt fünf Jahrzehnte her, die Zeit, als Groß- sind kompatibel zueinander und erweiter- lips gesichert. Die Reihe ist sehr erfolgreich rechner regieren, aber die Prinzipien, die das bar. Das ist die Geburtsstunde des ersten und wird vor allem in Betrieben und Schulen Spiel charakterisierten, gelten heute noch: Heimcomputer-Standards, für den zahlrei- eingesetzt. che, oftmals frisch gegründete Unterneh- Ein Adventure ist den strengen Regeln unter- men Zubehör anbieten. Der in der Ausstellung gezeigte CBM 3032 worfen, die vom Programmierer festgelegt ist 40 Jahre alt – von 1979. Er hat einen Ar- sind. Die Welt, in die der Spieler eingela- Ebenfalls 1975 wird Microsoft gegründet. Das beitsspeicher von 32 Kilobyte, was ungefähr den wird, mag flexibel erscheinen, ist aber erste Produkt ist die Umsetzung der Program- der Zeichenmenge von zehn A4-Seiten ent- in Wirklichkeit relativ starr. Probleme lassen miersprache BASIC für den Altair. Sie macht spricht. Zum Speichern und Laden wird ein sich meist nicht so lösen, wie die Phantasie nicht nur den störrischen Bastelcomputer für Kassettenrekorder benötigt. Er speichert Pro- vorschlägt, sondern nur so, wie es vorgese- Einsteiger zugänglich. BASIC wird die über- gramme als Töne auf herkömmlichen Ton- hen wurde. Die einzige Wahlmöglichkeit be- greifende Sprache für alle Heimcomputer. bandkassetten. Auch teure Diskettenlauf- steht meist darin, Teilaufgaben in verschie- werke gibt es, Festplatten sind für Büros und dener Reihenfolge anzugehen. Das frustriert Haushalte noch unerschwinglich. manchmal, regt aber auf der anderen Seite die grauen Zellen an. Das Knobeln, wie es Durch den Grünmonitor und ohne einzeln nun weitergeht, welcher Hinweis verfolgt ansteuerbare Bildpunkte entstehen nur ein- wird, welcher Gegenstand wie verwendet fache Spiele, die aus Zeichen bestehen: wird, das macht Adventures beliebt. Die Fir- Textadventures ohne Graphiken, nur mit ma Infocom greift die Idee von „Adventure“ beschreibenden Texten und Befehlen wie für ihre Trilogie „Zork“ auf und vermarktet sie GEHE NORD, ÖFFNE TÜR oder Wirtschafts- für Heimcomputer. Dank guter Geschichten spiele, bei denen Waren gekauft und ver- und eines leistungsfähigen Parsers wird Info- kauft werden. Und Geschicklichkeitsspiele, com zum Marktführer. Vor allem: Man richtet bei denen die Levels und die Spielfiguren es so ein, dass jedes neue Infocom-Spiel auf durch Buchstaben und Zeichen wie % dar- einer Vielzahl von Computertypen läuft. Bis gestellt werden. Ein sogenannter Parser ver- heute. arbeitet diese Eingaben. 14
Die nächste Entwicklungsstufe ist die Anrei- das multimediale Zeitalter sorgt nicht nur für gerten Eingriffsmöglichkeiten erkauft wurde. cherung um Grafiken. Zwar müssen immer Freude. Ein Spielfilm ist zwar nett anzuschau- noch Befehle eingetippt werden, aber die en, eignet sich aber nicht sonderlich gut für Heute besinnt sich die Industrie wieder auf Beschreibungen werden um Bilder ergänzt. Interaktionen. „The 7th Guest“ ist im Grunde gezeichnete Grafiken, wobei Auflösung Vorreiter ist das junge Studio Sierra im Jahre genommen nur eine Sammlung von Knobe- und Farbtiefe verbessert wurden, wie etwa 1980, das mit Reihen wie „King‘s Quest“ groß laufgaben, die durch Videosequenzen mit- bei „Baphomets Fluch“ von Revolution Soft- wird. einander verbunden werden. Die folgenden ware. In Deutschland ist für ihre guten Ad- Spiele, bei denen Videos dominierten, zei- ventures wie „Edna bricht aus“ vor allem 1987 übernimmt mit Lucasfilm Games (spä- gen endgültig, dass der Realismus mit verrin- Daedalic Entertainment bekannt. ter LucasArts) ein anderes Unternehmen die Führungsrolle für Innovationen: „Maniac Mansion“ ist etwas Neues. Erstmals müssen keine Befehle mehr eingetippt werden; Ak- tionen werden durch die Kombination einer Reihe abgedruckter Verben mit den Ele- menten der Grafik ausgeführt: Wenn mit ei- nem Schlüssel eine Tür geöffnet werden soll, klickt man auf das Wort „Benutze“, kramt aus den Hosentaschen (im Adventure-Jar- gon Inventar genannt) den Schlüssel hervor und klickt dann auf die Tür: „Benutze Schlüs- sel an Tür“. Die Einführung der CD-ROM bringt Neuerun- gen in zweierlei Hinsicht: Der große Speicher- platz und die weitflächige Etablierung von Soundkarten erlaubten, Spielen eine Stim- me zu geben. Heute ist die Synchronisation aller Sprecher Standardmerkmal eines Ad- ventures. Und dank der erhöhten Leistungs- fähigkeit der PCs sorgten hochauflösende Standbilder oder gar gefilmte Animationen für Bewunderung. Als erstes Spiel, das spe- ziell für CD-ROM entwickelt wird, wird 1993 „The 7th Guest“ von Trilobyte bekannt. Doch 15
Fußball Fußball ist bei Videospielen von Anfang an Rasch entwickelt sich Fußball zu einem be- Die zweite große Marke unter den Fußball- dabei: Bereits bei der ersten Spielkonsole, liebten Spielgenre. Als erstes Spiel, für das spielen ist „Pro Evolution Soccer“ von Kona- der Odyssey von Magnavox von 1972, kann der Name eines bekannten Fußballers lizen- mi. Sie nimmt unter dem Namen „Internati- um den Ball gekämpft werden. Zunächst ziert wird, gilt „Pelé‘s Soccer“ von 1980 für onal Superstar Soccer“ 1994 auf dem Super nur Mensch gegen Mensch: Das Gerät das Atari VCS. Es ist das erste Spiel mit einem Nintendo ihren Anfang. kommt noch ohne elektronische Schaltkrei- scrollenden Hintergrund. se aus und ist nicht schlau genug, um einen Der Start der noch heute populären FI- Computergegner zu stellen. Auch um ein FA-Reihe ist „FIFA International Soccer“ für Spielfeld zu zeichnen, reicht die Kunst nicht. das Sega Mega Drive 1993; bereits damals Daher werden durchsichtige Folien mitgelie- unter der Marke EA Sports. Mit „FIFA 16“ wer- fert, die man auf den Fernseher klebt. Der den Frauenmannschaften eingeführt; auf eigentliche Star der Odyssey ist aber ein der US-Version des Covers ist mit Alex Morg- anderes Ballspiel: Tennis. Es wird unter dem an erstmals eine Frau zu sehen. Namen „Pong“ ein Verkaufsschlager – zu- nächst als Münzautomat von Atari, ab 1975 als Heimkonsole. Neben TV-Konsolen sind seit den siebziger Jahren tragbare Geräte verbreitet. Die ers- ten Vorfahren des Game Boy haben einen winzigen Bildschirm und können nur einzelne Punkte oder Striche durch LEDs darstellen. Bei Football von Mattel (1977), einem der ersten Handhelds überhaupt, werden alle Spieler durch dünne rote Linien dargestellt. „Head to Head Soccer“ von Coleco (1980) und „Soccer“ von Tomy (1980) bieten bereits einen 2-Spieler-Modus. 16
Ralph reichts Spiele und andere Medien befruchten ei- nander, was auch unter dem Fachbegriff Remediatisierung bezeichnet wird. Bücher und Filme werden als Spiele umgesetzt; aus Spielen werden Bücher und Filme, aus Fil- men Serien oder Spiele. So thematisiert der Disney-Trickfilm „Ralph reichts“ von 2012 Vi- deospiele und wird selbst als Videospiel für verschiedene Systeme umgesetzt. Synchro- nisiert wird der Titelheld durch einen Schau- spieler: Christian Ulmen. Es gibt Bücher, ein Hörspiel und eine Soundtrack-CD. 2018 er- scheint der Nachfolger „Chaos im Netz“. 17
Spielkonsolen der Ausstellung Atari Video Computer System BSS 01 Kleincomputer KC85/3 (1977) (1979) (1984) Die Urversion des Atari VCS 2600 erschien Das Bildschirmspiel 01 (BSS 01) ist die einzige Die Kleincomputer der Reihe KC 85 wur- 1977 und begründete als erfolgreichste Kon- stationäre Spielkonsole der DDR, welche auf den ab 1984 in der DDR vom volkseigenen sole der 1970er und 1980er Jahre die Ära Grund ihres Preises (550 Mark der DDR) und Betrieb VEB Mikroelektronik „Wilhelm Pieck“ der Spielkonsolen mit austauschbaren Spie- ihrer geringen Stückzahl (1000 Stück) nur sel- in Mühlhausen (Thüringen) aus dem Kombi- len (Spielmodule). Mit diesem Prinzip eröff- ten in Privathaushalte gelangte. Die Konsole nat Mikroelektronik Erfurt gebaut. Die Klein- nete Atari den Markt der Dritthersteller von wurde vom Volkseigenen Betrieb Halblei- computer sind in Schulen, Hochschulen Computerspielen, bis dahin produzierten terwerk Frankfurt (Oder) zusammengebaut, und Arbeitsgemeinschaften, aber auch in ausschließlich die Hardware-Produzenten Grundlage war der aus Westdeutschland Betrieben weit verbreitet, da sie erheblich entsprechende Spiele, die auf den Konsolen importierte Mikrochip AY-3-8500 von Gene- preiswerter als Bürocomputer sind. Viele An- und Automaten fest einprogrammiert waren ral Instruments (USA): dieser wurde impor- wender in der DDR sammeln mit ihnen ihre und nicht getauscht werden konnten. Trotz tiert, da das damals übliche Nachbauen ersten Erfahrungen, da die meisten Geräte einer vergleichsweise geringen Auflösung von mikroelektronischen Bauteilen bei die- aber für Aufgaben der Volksbildung be- von 160x200 Pixeln wollten alle Spielinteres- sem Chip nicht realisiert werden konnte. Die stimmt und recht teuer sind (bis zu 4000 Mark sierten einen „Atari“ haben, da durch das Staatsführung der DDR wollte aber dennoch der DDR), sind sie für private Anwender prak- offene System auch ein großer Markt an der Bevölkerung dem in westlichen Ländern tisch nicht verfügbar. Angetrieben wurde Zubehör erhältlich war – angefangen von populären Tennisspiel Pong! etwas Eben- der Kleincomputer vom Prozessor U880 (mit Spezial-Joysticks zur Steuerung bis hin zu bürtiges anbieten. In der BRD erhielt Pong! 1,75 MHz-Taktfrequenz), welcher eine nicht Kopiersystemen für die Spielmodule. Das im 1977 einen besonderen Schub durch die lizenzierte Kopie des U.S.-amerikanischen Rahmen der Ausstellung mit dem Klassiker Abendsendung „Telespiele“ mit Thomas Z80 (Zilog, San Jose, USA) von 1976 war. Der „Pac Man“ spielbare „Junior-Modell“ er- Gottschalk, bei der Kandidaten am Telefon Z80 Kleinprozessor ist der bis heute am wei- schien gegen Ende der Produktionszeit für mit ihrer Stimme den Schläger steuern. Auf testen verbreitete 8-Bit-Prozessor weltweit weniger als 50 US-Dollar. dem BSS 01 waren vier Spiele auswählbar: und kommt u.a. auch in vielen Spielkon- Tennis (das originale Pong!), Fußball (jeder solen wie dem Master System zum Einsatz. Spieler hat zwei Schläger, auf jeder Seite ei- Verwirrenderweise gibt es Kleincomputer nen), Squash (beide Spieler spielen gegen mit dem Namen KC 85 auch von Robotron die gleiche Wand), Pelota (Squash für einen Dresden. Das Werk in Mühlhausen bot ei- Spieler). Ist keine der vier Spielarten-Tasten gene Software für ihren Kleincomputer an, eingedrückt, erscheint ein verstecktes fünf- teilweise auf Steckmodulen, vor allem aber tes Spiel: Fußball mit Handicap. Hier hat auf Kassetten. Darunter auch Spiele-Samm- der linke Spieler zwei Schläger, der rechte lungen für je 38 Mark oder für einfache Pro- jedoch drei. Im Vergleich zum Original wur- grammierungen in der 1964 entwickelten de das BSS 01 verbessert: über drei weitere Programmiersprache BASIC (= Beginner’s Tasten kann die Ballgeschwindigkeit erhöht, All-purpose Symbolic Instruction Code“). der Ablenkwinkel verändert und die Schlä- ger verkleinert werden. 18
Master System Nintendo Super Famicom Sony Playstation 1 (1987) (1989) (1994) 1987 erscheint das Sega Master System und Nintendos Super Famicom steht prototypisch Mitte der 1990er Jahre wurde Sony mit der konkurriert damit auch außerhalb von Ja- für die rasante Entwicklung der westlichen „Playstation“ der Weltmarktführer der Kon- pan mit dem Nintendo NES. Die Konsole ist Mikroelektronik vor allem der japanischen solenhersteller – mit mehr als 102 Millionen eine konsequente Weiterentwicklung des Hersteller von Spielkonsolen. Mit dem 16-fa- verkauften Konsolen. Die Konsole ist den Sega SG-1000, von welchem mehr als 10 chen Arbeitsspeicher (128 kbyte) des Master Mitbewerbern (allen voran Sega) deutlich Millionen Stück verkauft wurden. Das Gerät Systems konnten nun 256 unterschiedliche voraus und ermöglicht die Darstellung von wird von einem mit 3,58 MHz getakteten Pro- Farben aus einer Auswahl von über 32.000 3D-Animationen in Echtzeit, sowie die foto- zessor angetrieben, der in 8 bit 16 Farben in möglichen Farben dargestellt werden – in ei- realistische Darstellung des Spielgeschehens einer Auflösung von 256x192 Pixel darstellen ner annähernd so großen Auflösung 512x448 mit mehr als 16 Millionen möglichen Farben. kann. Während in Japan verhältnismäßig Pixel wie die TV-Geräte der damaligen Zeit Als Speichermedium dient die Compact wenig Spiele für das System erscheinen, ist lag Nintendo damit auf der Höhe der Zeit. Disc – ReadOnlyMemory (kurz: CD-ROM), dieses vor allem in Europa populär u.a. mit Einen Schwerpunkt legte Nintendo vor allem von welcher auch vorgefertigte Spielse- dem im Rahmen der Ausstellung spielbaren auf den Sound, der in 16-bit-Stereo-Technik quenzen und so genannte Cutscenes (Zwi- Jump-’n‘-Run „Bubble Bobble“, bei wel- annähernd die Soundqualität von CDs lie- schensequenzen) als Videodatei abgespielt chem der Spieler seinen Gegner auf neben- ferte. Das in der Ausstellung spielbare Spiel werden können. Die grafischen Qualitäten und übereinander angeordneten Ebenen „Zelda“ gilt als das erfolgreichste Action-Ad- der Playstation 1 werden vom Publisher mit bunten Blasen beschießt. venture um die beiden Helden „Link“ sowie Capcom auch dazu genutzt, mit dem Spiel „Zelda“, die Prinzessin des fiktiven König- „Resident Evil“ (USK 16/18) das Genre der reichs Hyrule. Die mittlerweile 19 Hauptspiele Survival-Horror-Spiele einzuführen. In der sind in unterschiedlichen Zeitepochen an- Ausstellung ist mit dem Fußballspiel FIFA 98 gesiedelt, auch die Spielemusikl verzaubert (Electronic Arts) ein Vertreter der damals wie bis heute. heute populären FIFA-Reihe zu spielen. Mit dem 1997 erschienene Spiel mit dem deut- schen Fußballnationalspieler Andreas Möller auf dem Cover, konnte mit dem eingebau- ten Modem der Playstation 1 erstmals auch online mit anderen gespielt werden. 19
Kommunikation im Spiel Computerspiele sind nicht nur Unterhal- Simulation, die in ihrer Gestaltung einer Welt ler mit anderen eine Gruppe bildet, um die tungsmedien, sondern im Wesentlichen in der frühen Neuzeit nachempfunden ist. Im virtuellen Abenteuer gemeinsam zu bestrei- Kommunikationsmedien, mit und über wel- Spiel kann sich der Spieler seine eigene Welt ten. Ohne die direkte Kommunikation über che die am Spiel Beteiligten kommunizieren. erschaffen. Notwendige Informationen über die Chat-Funktion mit den weltweit zu Spit- Autoren und Programmierer vermitteln über Steuereinnahmen, den Zustand der Bevölke- zenzeiten rund 9 Millionen Spielern kommt in Zeichen und Symbole im Spiel Informationen rung oder die Produktivität einzelner Betrie- WoW somit auch das eigentliche Spiel nicht an die Spieler. Für das Zustandekommen die- be werden dem Spieler über eine Vielzahl zustande. Für das Spiel notwendige Ausstat- ser Kommunikation ist eine Rollenübernah- von Icons angezeigt, auf welche der Spieler tungsgegenstände sowie Spielstände kön- me Voraussetzung. Das bedeutet, dass alle reagieren muss – in der Draufsicht auf die nen innerhalb des Spieles auf diese Weise am Kommunikationsprozess Beteiligten über Spielwelt („Gott-Perspektive“) stehen ihm auch an andere Mitspieler übertragen oder das gleiche Zeichen- und Symbolrepertoire dazu alle Möglichkeiten zur Verfügung, für sogar verkauft werden. In diesem Graube- verfügen müssen. Autoren, Programmierer welche es in unserer realen Welt auch Ent- reich des Rechts geht es heute auch um Fra- und Produzenten von Spielinhalten müssen sprechungen gibt (z.B. Handel mit anderen gen, inwieweit virtuellen Informationen oder so auch die Kompetenzen und das Vorwis- Völkern). Daten (= Kommunikate) Eigenschaften von sen der Spieler berücksichtigen und auf die- Gegenständen zugestanden werden. se die Spiele und ihre Inhalte aufbauen – so Auch innerhalb des eigentlichen Spieles werden bspw. üblicherweise die Spielfiguren spielt die Kommunikation eine wichtige Rol- Auch für die Erzeugung von Emotionen beim in Computer- und Videospielen oft über die le. Herauszuheben ist „World of Warcraft“ Spieler spielt die Kommunikation im Spiel gleichen Tasten bewegt. Neuerungen, die (Blizzard, 2004), oder einfach WoW genannt, eine wichtige Rolle, dies spiegelt sich auch keinen real-weltlichen Zeichen und Symbo- in welchem die Spieler di- in den Alterseinstufungen der USK wider. Ne- len entsprechen, müssen bekannt gemacht rekt mit einer Chat-Funktion ben Geräuschen und Spiel-Sounds werden werden. Dies geschieht meist in Tutorials zu miteinander kommunizieren vor allem durch die Gestaltung der Spiel- Beginn des Spieles. müssen, um die Abenteuer charaktere Stimmungen und Emotionen an- der virtuellen Welt gemein- geregt. Dabei bedarf es nicht zwingend der Kommunikation im Spiel findet auf mehreren sam zu bestreiten. Das Prinzip neuesten Techniken zur Erzeugung bspw. Ebenen statt. Auf der Ebene des Spielin- der „Rollenübernahme“ be- der bedrohlichen Atmosphäre. Auch eher halts können auch komplexe Inhalte sowie stimmt alle Rollenspiele. Als Elfe, Heiler oder klobig und einfach gezeichnete Spielcha- Wissen vermittelt werden bspw. über Ge- Wächter schlüpft der Spieler in WoW in eine raktere in Onlinespielen, die vergleichswei- schichte sowie historische Ab- Spielgestalt, die mit ganz unterschiedlichen se wenig Hardwareleistung läufe. Das Spiel „Anno 1701“ Kräften und Kompetenzen ausgestattet ist. benötigen, können durch (Sunflowers, 2006) im ersten 2019 waren bspw. rund 11 Prozent aller Spie- ihre Gestaltung bestimmte Raum der Ausstellung ist ein ler Jäger, 10 Prozent Druiden und 9 Prozent Stimmungen anregen. Das prototypisches Beispiel für Krieger. Spielziel und -ablauf ergeben sich Spiel „Dungeons & Dragons eine komplexe (Wirtschafts-) in der offenen Spielwelt erst, wenn der Spie- Online“ (Eberron Unlimited, 20
2006) zeigt beispielhaft, wie durch die Zeich- nung von Drachen und Kämpfern, die eine mittelalterliche Anmutung haben, eine be- drohlich wirkende Stimmung erzeugt wer- den kann. Sie Details der Charaktere (bspw. Schuppen der Drachen, Kettenhemd des Kämpfers) regen die Phantasie der Spie- lenden an. Die aus der Filmgestaltung den Spielern bekannte Untersicht auf den ge- fährlichen Drachen soll zudem das Gefühl der Bedrohlichkeit verstärken. Auch für die Spielmechanik spielt die Kom- munikation mit dem Spieler eine entschei- dende Rolle. Dies geschieht über direkte oder indirekte Hinweiszeichen im Spiel. So- genannte „Cues“ zeigen dem Spieler an, wohin er innerhalb der virtuellen Spielwelt seine Spielfigur bewegen soll. In dunklen und eher begrenzten Räumen und Gebäu- den können dies neben Pfeilen auch ausge- leuchtete Wege sein. Gerade aber in den großen Spielwelten von Open-World-Games oder von Rollenspielen ist dies auch für die Orientierung in der Spielwelt wichtig. „The Witcher 3“ (CD Project, 2015) zeigt prototy- pisch, wie durch den Lichtein- fall der Sonne in der riesigen und äußerst realistisch darge- stellten Märchenwelt für den Spieler oder dem Spielverlauf wichtige Details hervorgeho- ben werden. 21
Computerspiele als virtuelle Welten Antrieb der Entwicklung von Medien waren Spielwelt und desto tiefer kann der Spieler in Das ebenfalls gezeichnete neben den technischen Errungenschaften die Spielwelten von Computerspielen ein- noch unvollendete „Star Ci- und Entwicklungen schon immer auch die tauchen. Die virtuelle Welt der Computer- tizen“ (Cloud Imperium Ga- (künstlerischen) Bemühungen des Men- spiele kann all das ermöglichen, was weit mes, N.N.) hingegen fokus- schen, die Wirklichkeit detailliert abzubilden. über den Fähigkeiten und Möglichkeiten der siert auf eine in der fernen Für die Kommunikationswissenschaft ist Wirk- Realität liegt, da sie nicht an die Regeln der Zukunft spielenden Geschich- lichkeit das, was in unserer Welt tatsächlich realen Welt gebunden ist – der Imagination te im Weltraum. Als MMO (Massively Multip- geschieht und vor allem das, was von den sind in dieser Welt letztlich keine Grenzen layer Online Game) greift es Elemente der Medien beobachtet wird und worüber sie gesetzt. Virtuelle Welten sind in dieser Pers- klassischen Sciene-Fiction-Welten aus der berichten. pektive ein Produkt menschlicher Tätigkeit, Literatur (u.a. Stanislaw Lem) und dem Kino nämlich des Spielens. (u.a. Star Wars) auf. Sechs unterschiedliche Welten, in denen Menschen leben und integriert sind, können Die Spiele der Banner im zweiten Ausstel- Auch Ego-Shooter greifen häufig die The- unterschieden werden: die reale Welt, die lungsraum geben einen Überblick über die matisierung einer fernen, utopischen und Traumwelt, die mentale Welt, die Spielwelt, Möglichkeiten, wie die virtuellen Welten der oftmals äußerst gewalttägen Zukunft auf. die mediale Welt und die virtuelle Welt (Fritz, Computerspiele mit den Möglichkeiten, die „Half Life 2“ (Valve, 2004) er- 2004). Alle diese Welten sind Teil der Realität Wirklichkeit zu interpretieren und wiederzu- zählt vom Widerstand gegen des Menschen, jede dieser Teilwelten funk- geben, umgehen. ein totalitäres System, wel- tioniert nach eigenen Regeln und Charak- ches nach der Ankunft von teristika. Die Erfahrungen in den jeweiligen Die im Comic-Stil gestalteten Umgebun- Außerirdischen auf der Erde Teilwelten tragen dazu bei, dass sich die gen und die humorvolle und durch versehentlich geöffne- Wirklichkeit (Realität) durch neue Sichtwei- gewaltfreie Umsetzung von te Dimensionstore entstanden ist. Das Spiel sen und Erfahrungen in diesen Teilwelten in „Monkey Island“ (Lucasfilm ist damit auch ein herausragendes Beispiel, unserem Bewusstsein weiter entfalten kann. Games, 1990) ist ein beson- wie gesellschaftspolitisch kritische Entwick- deres Beispiel, welches die lungen auch in Spielen thematisiert werden Die reale Welt stellt bspw. die gelebte Wirk- Nähe zu den Fantasiewelten können – trotz der expliziten Gewaltdarstel- lichkeit des Einzelnen dar und lässt sich in die von Comics illustriert. lungen. Bereiche der Umweltwahrnehmung sowie der Körperwahrnehmung einordnen. Die Die Nähe zu Märchen wird Diese Thematisierungen können auch in der mediale Welt ist schließlich die Welt der (me- beim Rollenspiel „Drakens- Jetztzeit angesiedelt sein, wie das Beispiel dialen) Informationsvermittlung (bsw. Pres- ang“ (Radon Labs, 2008) und „Far Cry 5“ (Ubisoft, 2018) zeigt: im U.S.-ame- se), während die virtuelle Welt als Gegen- der Zeichnung einer mär- rikanischen Hinterland hat eine Sekte die pool jene Welt darstellt, in der bspw. Spieler chenhaften, mittelalterlichen Macht an sich gerissen und von Computerspielen die „Allmacht“ des Landschaft offensichtlich – unterdrückt die Bevölkerung konsequenzlosen Spielens erfahren und er- Rollenspiel(welten) wie diese sind eine kon- mit Waffengewalt und Dro- leben können. Je mehr Sinne des Menschen sequente Weiterenwicklung der mit Stift und gen. Wie es typisch ist für die- angesprochen werden (bspw. 3D-Brillen), Papier zu spielenden klassischen so genann- se Serie, greift auch die Spiel- desto wirkmächtiger wird die Erfahrung der ten Pen-&-Paper-Rollenspiele. figur zur Waffe. 22
Computerspielwelten spielen häufig auch mit den Naturgesetzen: Die Überzeichnung der Kräfte der Physik zeigt besonders „Trials Rising“ (RedLynx, 2019). Mit viel Fingerspitz- engefühl muss der Spieler als Motoradfahrer durch haar- sträubende Parcours fahren und springen – die Hindernis- strecken werden immer kniff- liger. Selbst bei fehlerfreier Fahrt muss es am Ende nicht gut ausgehen, was das Spiel detailliert und in Zeitlupe im Replay selbstironisch zeigt. Die genannten Beispiele betonen zwei wich- tige Aspekte von virtuellen Computerspiel- welten: Erstens bieten sie Möglichkeiten der gefahr- losen Exploration und des Ausprobierens. Je- der kann in die Rolle eines Helden schlüpfen, der je nach Spiel mit fantastischen Kräften ausgestattet sein kann. Computerspiele er- möglichen somit den Spielern auch, direkt und unmittelbar in die Handlung oder den Ablauf in die Abenteuer der Spielwelt ein- greifen zu können. Gerade dieses direkte und der Inhalte dieser virtuellen Spielwelten der realen und virtuellen Welt hinreichend Feedback auf den Spieler – in der Wissen- begleitet werden, da sich die Themen, In- erkennen und die vermittelten Inhalte auch schaft „Selbstwirksamkeitserleben“ genannt halte und vor allem die Inszenierung von der beurteilen können. – ist eines der zentralen und motivierenden realen Welt unterscheiden können. Aspekte, ein Spiel zu spielen. Die Alterskennzeichen der USK bieten hierbei Zweitens ist es unter medienpädagogischen eine wichtige Orientierung, ob das entspre- Gesichtspunkten notwendig, darauf zu ach- chende Spiel für ein bestimmtes Alter geeig- ten, daß vor allem Kinder und Jugendliche net ist. Nur so ist sichergestellt, daß Kinder auf dem Weg der Aneignung des Spielens und Jugendliche die Unterschiede zwischen 23
Faszination & Bedeutung von Computerspielen 7-teiliger Interviewfilm (38 Minuten) zur Ausstellung mit: Dr. Benjamin Bigl (Kommunikationswissenschaftler, Projektleiter MPZ+) Felix Falk (Geschäftsführer, GAME Bundesverband der deutschen Games-Branche) Prof. Dr. Sonja Ganguin (Medienpädagogin, Universität Leipzig) Prof. Dr. Thomas Horky (Sportwissenschaftler, Hochschule Macromedia Hamburg) Christin Marczinski (Interaction Designerin, A. Muse) René Meyer (Journalist & Sammler, Haus der Computerspiele) Thi Binh Minh Nguyen (Creative Technologist, A. Muse) Valentin Spiegel (Audio Designer) www.youtu.be/-xaImxl9w0o 1. Anfang – Eindruck – Wirkung 2. Wirtschaft – Ausbildung – Potenziale 3. Kreation – Prozess – Ziele 4. Kultur – Geschichte – Gesellschaft 5. Medien – Verantwortung – Kompetenz 6. Sport – Anerkennung – Politik 7. Trends – Entwicklung – Zukunft Redaktion: Benjamin Bigl & Sascha Kummer Kamera & Schnitt: Sascha Kummer, www.la-maree.de 24
Impressionen der Ausstellungseröffnung – 16. Dezember 2019 Dr. Benjamin Bigl Prof. Dr. Jeffrey Wimmer (Projektleiter MPZ+) (Universität Augsburg) Prof. Dr. Markus Heinker (Präsident Sächsische Landesanstalt für Rundfunk und Neue Medien) Prof. Dr. Jeffrey Wimmer (Universität Augsburg), Landrat Kai Emanuel, Dr. Benjamin Bigl (Projektleiter MPZ+), René Meyer (Haus der Computerspiele). 25
Film der Ausstellungseröffnung La Maree Film, S. Kummer www.youtu.be/6uR1N-qMdOo 26
Literatur Baacke, D. (1973). Kommunikation und Kompetenz. Grundlegung einer Didaktik der Kom- munikation und ihrer Medien. München: kopaed. Bareither, Christoph (2016): Gewalt im Computerspiel. Facetten eines Vergnügens. Biele- feld: transcript Verlag. Beil, Benjamin; Hensel, Thomas; Rauscher, Andreas (Hrsg.) (2016): Game Studies. Berlin: Springer. Bigl, Benjamin (2016): Virtuelle Computerspielwelten. Rezeption und Transfer in dyna- misch-transaktionaler Perspektive. Köln: von Halem. Fritz, Jürgen (2004): Das Spiel verstehen. Eine Einführung in Theorie und Bedeutung. Köln: Juventa. Forster, Winnie (2009): Spielkonsolen und Heimcomputer. 1972-2009. Utting: Gameplan. GAME – Verband der Deutschen Gamesbranche (2020). Marktdaten. https://www.game.de/marktdaten/#Zahlen%20und%20Fakten (2.1.2020) Gierre, Daniel (2019): Computerspiele – Medienbildung – historisches Lernen. Zur Repräsen- tation von Geschichte in digitalen Spielen. Frankfurt am Main: Wochenschau Verlag. Huizinga, Johan (2004): Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Hamburg: Rowohlt. Meyer, René (2019): Computer in der DDR. Erfurt: Landeszentrale für politische Bildung Thüringen. Münte-Goussar, Stephan; Grünberger, Nina (2019): Medienbildung und die Kultur der Schule – Praxistheoretische Zugänge zur Erforschung von Schule in einer mediatisierten Gesellschaft. In Thomas Knaus (Hrsg.). Projekt – Theorie – Empirie. Spektrum medienpäda- gogischer Forschung. München: kopaed. Sander, Uwe; von Gross, Friederike; Hugger, Kai-Uwe (2012): Handbuch Medienpädagogik. Berlin: Springer. Statstia (2019): Verteilung der Spielercharaktere in World of Warcraft nach Klassen auf EU- und US-Servern im Jahr 2019. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/203876/umfra- ge/verteilung-der-world-of-warcraft-spielercharaktere-nach-klassen/ (2.1.2020) Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) (2020): USK-Alterskennzeichen. https://usk.de/alle-lexikonbegriffe/category/usk-alterskennzeichen/ (2.1.2020) Verhovnik, Melanie (2015): School Schooting. Interdisziplinäre Analyse und empirische Un- tersuchung der journalistischen Berichterstattung. Baden-Baden: Nomos. Wünsch, Carsten; Schramm, Holger; Gehrau, Volker; Bilandzic, Helena (Hrsg.) (2014): Hand- buch Medienrezeption. Baden-Baden: Nomos. 27
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