Aus Württemberg in den Südkaukasus - Deutsche Siedler in Georgien

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Aus Württemberg in den Südkaukasus - Deutsche Siedler in Georgien
Historisches Bauernhaus oder Gehöftteil im 1817 als erste deutsche Siedlung in Georgien gegründeten Marienfeld, benannt nach
Maria Fjodorowa, der Schwester des württembergischen Königs Friedrich I. Später entstanden in unmittelbarer Nachbarschaft
Petersdorf und Freudental. Die drei Ortschaften wurden 1920 vereint und in Rosenfeld umbenannt. Seit der Zwangsumsiedlung
heißt der Ort Sartitschala, mehrheitlich bewohnt von ethnischen Georgiern.

Jan Chudožilov 	Aus Württemberg in den Südkaukasus –
                 Deutsche Siedler in Georgien
Vor etwas mehr als 200 Jahren zogen mehrere Tau-                 in welchem sie den Einwanderern Religions- und
send schwäbische Siedler aus Württemberg in den                  Steuerfreiheit, Entbindung aus dem Militärdienst,
Kaukasus und gründeten in Georgien über 20 Sied-                 Ackerland, staatliche finanzielle Unterstützung
lungen. Bis in die 40er-Jahre des 20. Jahrhunderts               beim Bau von Wohnhäusern und freie Wahl des
blühten diese Dörfer, dann wurden fast alle Bewoh-               Wohnortes garantierte. Im Gegenzug mussten die
nerinnen und Bewohner auf Befehl der Sowjetregie-                Auswanderungswilligen über ein Barvermögen
rung nach Kasachstan und Sibirien deportiert.                    von 300 Gulden verfügen sowie Landwirt oder
   Zwischen 1763 und 1842 wanderten in drei                      Handwerker sein. Nachdem die ersten beiden Wel-
Migrationswellen über eine Million Deutsche nach                 len die Menschen an die Wolga und an Gebiete am
Russland aus. Sie wurden dabei gezielt von der rus-              Schwarzmeer brachten, kamen mit der dritten Welle
sischen Regierung angeworben, die jene neu erober-               die Auswanderer in den Südkaukasus, nach Geor-
ten Gebiete besiedeln wollte. Die «Musterwirtschaf-              gien und Aserbaidschan.
ten» der Migranten aus Deutschland sollten der
ansässigen Bevölkerung als «Vorbild» dienen. Die
rechtliche Grundlage für die Einwanderung bildete
ein im Jahr 1763 erlassener Ukas von Katharina II.,

Bild rechts: Die Hauptstraße von Elisabethtal hieß lange
Zeit «Stalinstraße» und wurde erst vor ein paar Jahren in
«Schwabenstraße» umbenannt. Zur Zeit werden einige
Gebäude renoviert und die Straße saniert, die Kosten trägt die
georgische Regierung. Frühere Renovierungen wurden ohne
staatliche Unterstützung unternommen. So stellten etwa im
Jahr 2001 Gymnasiasten aus Homburg und der Jugendkreis
der evangelisch-lutherischen Versöhnungskirche Tiflis
(Tbilissi) den Friedhof wieder her.

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Aus Württemberg in den Südkaukasus - Deutsche Siedler in Georgien
Bei dieser Gruppe handelte es
sich mehrheitlich um Schwaben
aus Württemberg, viele von ihnen
waren Anhänger des radikalen
Pietismus. Diese hatten auch gute
Gründe ihre Heimat zu verlas-
sen, denn die Lebensbedingun-
gen im Württemberg Ende des 18.
und Anfang des 19. Jahrhunderts
waren für die Mehrheit der Bevöl-
kerung miserabel. Kriegsverwüs-
tungen, Heeresdienst, Mangel an
Boden, hohe Steuerabgaben (4/5
der Ackerbaueinnahmen) sowie
Ernteausfälle führten zu Armut
und Unzufriedenheit. Viele Menschen suchten in         Zeuge der deutschen Siedlung im 1818 von 65 Familien
jenen bitteren Zeiten Zuflucht in religiösen Sekten.   gegründeten Dorf Elisabethtal (heute: Assureti), der nach Kat-
                                                       harinenfeld größten deutschen Siedlung. Die Infrastruktur des
In Württemberg fand der radikale Pietismus, eine
                                                       Orts umfasste eine Schule, ein Badehaus, ein Elektrizitätswerk,
kirchenkritische Bewegung innerhalb des Pietismus,     eine Weinfabrik und ein Kartoffellager. Die deutschen Vor-
viele Anhängerinnen und Anhänger. Diese hielten        fahren von Nadeschda Allilujewa, der ersten Ehefrau Stalins,
an biblischen Vorstellungen fest: Die Bibel galt als   stammten von dort.
einzige Richtschnur und Quelle absoluter Wahrheit.
Predigt und Sakrament mieden sie, ihre Kinder tauf-
ten sie selber oder überhaupt nicht. Entsprechend      Ein anderer Denker des Pietismus, Johann Heinrich
wurden sie von den Behörden schikaniert, verfolgt      Jung-Stilling, prophezeite, der Bergungsort würde
und bestraft.                                          sich am Berg Ararat im Südkaukasus befinden.
   Eines der zentralen Themen der pietistischen        Neben den pietistischen Visionen war auch noch der
Denkerinnen und Denker war die Endzeiterwar-           Generalgouverneur des Kaukasus, General Aleksey
tung und Wiederkunft Jesu Christi: Der pietistische    Jermolow (1777–1861) bei der Auswahl des Kau-
Theologe Johann Albrecht Bengel sah den Anbruch        kasus als neue Heimat ausschlaggebend. Der mili-
des Tausendjährigen Reiches für das Jahr 1836 vor.     tärische Held der Napoleonischen Kriege, der von
                                                       1817 bis 1827 als Generalgouverneur der transkau-
                                                       kasischen Provinzen amtierte, bat den Zaren um die
                                                       Ansiedlung deutscher Kolonisten in Georgien, wel-
                                                       ches 1801 von Russland annektiert worden war. Sie
                                                       sollten den in Lehmhütten kümmerlich wohnenden
                                                       georgischen und armenischen Bauern als Vorbild
                                                       dienen.
                                                          So machte sich schließlich eine erste Gruppe
                                                       Schwaben aus dem württembergischen Schwaik-
                                                       heim auf den Weg in den Südkaukasus, wo 31
                                                       Familien im Jahre 1817 die erste deutsche Kolonie
                                                       in Georgien, Marienfeld (heute: Dorf Sartitschala),
                                                       gründeten. Die ersten Häuser der Siedlung wurden
                                                       von russischen Soldaten gebaut. Saatgut, landwirt-
                                                       schaftliches Inventar und Vieh stellte die russische

                                                       Bild links: Grab auf dem Friedhof von Marienfeld.
                                                       Die meisten der schwäbischen Auswanderer waren Pietisten.
                                                       Endzeit­erwartungen und die Wiederkehr Christi waren
                                                       zentrale Themen pietistischen Denkens. So prophezeite Johann
                                                       Heinrich Jung-Stilling, der Bergungsort der Gläubigen werde
                                                       am Berg Ararat im Südkaukasus sein. Daher wählten die
                                                       schwäbischen Auswanderer den Südkaukasus als neue Heimat.

Schwäbische Heimat 2020/1                                                                                         17
Aus Württemberg in den Südkaukasus - Deutsche Siedler in Georgien
Bild links: Elisabethtal in der Assuretula-Schlucht. Tiflis (Tbilissi) liegt hinter den Bergen und ist in einigen Stunden
Fußmarsch erreichbar. Die Bewohner von Elisabethtal begaben sich jede Woche dorthin, um Milch, Butter und Käse zu verkaufen.
Als Mitte des 19. Jahrhunderts das Ackerland knapp wurde, da die Bevölkerung zunahm, neues Land aber nicht gekauft werden
konnte, verließen 1857 mehrere Familien die Siedlung und gründeten Alexandershilf (heute: Trialeti), nach Katharinenfeld und
Elisabethtal die drittgrößte deutsche Siedlung in Georgien.

Bild rechts: In Katharinenfeld wurde vor allem Wein und Obst angebaut. Es existierten drei Obstverarbeitungsfabriken,
drei Mühlen, ein Krankenhaus und eine Berufsschule. Die Mühle im Bild wurde von einem kürzlich zugewanderten Unter­nehmer
aus Deutschland renoviert und in das Hotel «German Mill Bolnisi» umgewandelt. Es sind noch etwa 400 weitere historische
Gebäude erhalten, jedoch in einem sehr schlechten Zustand.

Bild links: Wegweiser in Katharinental/Bolnissi – auch auf den historischen «german district» der rund 9000 Einwohner
zählenden Kleinstadt.

Bild rechts: Nach der Deportation der deutschen Bevölkerung unter Stalin in den 1940er-Jahren wurde der Turm der 1854
eingeweihten lutherischen Kirche abgerissen. Seitdem dient die Kirche als Sporthalle, doch ist die Wiederherstellung des
Kirchturms geplant. Im evangelischen Gemeindehaus gibt es heute einen Museumsraum und eine deutschsprachige Bibliothek.
Im Gegensatz zu anderen Siedlungen ist der Friedhof nicht mehr erhalten. Er wurde in der Stalinzeit eingeebnet.

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Aus Württemberg in den Südkaukasus - Deutsche Siedler in Georgien
Die deutschen Auswanderer
benannten ihre neue Heimat
Katharinenfeld zu Ehren der
württembergischen Königin
Katharina, der Schwester des
Zaren Alexander I. Nachdem die
Rote Armee Georgien 1921 besetzt
hatte, wurde der Ort in Luxem-
burg umbenannt, zum Gedenken
an Rosa Luxemburg. 1944 erhielt
die Stadt den Namen Bolnissi
und ist mehrheitlich bewohnt von
ethnischen Georgiern. Offenbar
finden sich letzte Nachfahren der
deutschen Siedler in Georgien
heute fast nur noch in Katharinen-
feld/Bolnissi.

Regierung zur Verfügung. Bis 1842 reisten noch etwa             Fakultäten. In ihrer Freizeit konnten die Bewohner-
1369 weitere Familien in die damalige russische                 innen und Bewohner Konzerte des Streichorchesters
Kolonie und gründeten über 20 weitere Siedlungen.               besuchen, im Lustgarten spazieren, ins Kino gehen,
Nennenswerte Siedlungen waren Katharinenfeld                    dem Schützen- und Fahrradverein oder einer der
(1818, heute: Bolnissi), Elisabethtal (1818, heute:             zahlreichen Fußballmannschaften beitreten.
Assureti), Alexandersdorf (1818, heute Teil der Stadt              Zeugen aus dieser Zeit sind die in den wohlha-
Tbilissi) und Alexandershilf (1857, heute: Trialeti).           benderen Siedlungen wie Katharinenfeld oder Eli-
Die größte Siedlung, Katharinenfeld, errichteten 135            sabethtal ab den 40er-Jahren des 19. Jahrhunderts
Familien zuerst 1817 in Aserbaidschan. Wegen des                erbauten Wohnhäuser, die sich architektonisch zwar
ungesunden Klimas und der schlechten Böden ver-                 stark an den schwäbischen Fachwerkhäusern ori-
ließen sie die Gegend und gründeten die Siedlung                entierten, jedoch auch Elemente der lokalen Archi-
neu etwa 80 Kilometer entfernt südlich von Tbilissi.            tektur, etwa die Holzbalkone, aufnahmen. Auch
    Die Anfangszeit war in Katharinenfeld wie in                sozial öffnete sich die Siedlung mehr und mehr.
den anderen Siedlungen entbehrungsreich und hart:               Während der ersten Jahre lebten die Deutschen von
Den ersten Winter verbrachten die Neuankömm-                    ihrer Umwelt relativ abgeschottet, eine Heirat mit
linge in Erdhäusern oder Wagen; zu essen hatten sie             anderen Konfessionen oder Nationalitäten war ver-
kaum. Der russische Staat unterstützte sie finanziell,
teilweise mussten die Menschen aber trotzdem bet-
teln. Nachdem sich die Situation während der ers-
ten Jahre stabilisierte, erlitt die Siedlung 1826 einen
herben Rückschlag: Ein Überfall durch die Perser
hinterließ die Siedlung zerstört, dutzende Einwoh-
nerinnen und Einwohner wurden ermordet oder
versklavt. Die Siedler ließen sich jedoch nicht ent-
mutigen und am Ende des Jahrhunderts war Katha-
rinenfeld ein blühender Ort, der seinen Wohlstand
dem erfolgreichen Wein- und Obstanbau verdankte.
Es gab drei Mühlen, drei Obstverarbeitungsfabri-
ken, ein Krankenhaus und eine Berufsschule mit drei

Alexandersdorf in der Nähe von Tiflis (Tbilissi) wurde
1818 als eine der ersten deutschen Siedlungen gegründet
und ist nach dem damaligen russischen Zaren Alexander I.
benannt. Später wurde der Ort in die Stadt eingegliedert,
heute liegt er im Stadtteil Didube, umgeben von Plattenbauten
aus der Sowjetzeit und zeitgenössischen Hochhäusern.
Das Gemeindehaus und 23 Wohnhäuser sind noch erhalten,
allerdings stark umgebaut.

Schwäbische Heimat 2020/1                                                                                      19
Aus Württemberg in den Südkaukasus - Deutsche Siedler in Georgien
Wohnhaus in Katharinenfeld.
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                                                                                      jahren erlebten die größeren
                                                                                      Siedlungen wie Katharinen­feld
                                                                                      und Elisabethtal ab der zwei-
                                                                                      ten Hälfte des 19. Jahrhunderts
                                                                                      eine kulturelle und wirtschaft-
                                                                                      liche Blütezeit. In den wohl­
                                                                                      habenden Siedlungen wurden
                                                                                      eindrückliche Wohnhäuser
                                                                                      erbaut, die an schwäbische
                                                                                      Fachwerkhäuser erinnern,
                                                                                      aber auch Elemente der lokalen
                                                                                      Architektur aufnahmen, etwa
                                                                                      die Holzbalkone.

boten. Eine Statistik aus dem Jahr 1917 hält jedoch     serte sich ihre Situation. Die Siedlungen in Sibirien
fest, dass zu jenem Zeitpunkt in Katharinenfeld 2718    wurden aufgelöst, den Menschen war es inoffiziell
Deutsche, 89 Georgier, 159 Armenier, 70 Tataren, 41     möglich, den Wohnort frei zu wählen, und sie erhiel-
Russen, 1 Grieche, 142 Juden, 197 Perser, 32 Dagesta-   ten sowjetische Personalausweise. Im Gegenzug
ner, 189 Assyrer lebten.                                mussten die Deutschen schriftlich bestätigen, dass
   Der Niedergang der Siedlungen begann mit der         sie auf ihr Hab und Gut sowie die Rückkehr in ihr
Annektierung Georgiens durch die Sowjetunion. In        Dorf verzichten. Bis 1979 kamen etwa 2000 Deutsche
Luxemberg, wie Katharinenfeld nun hieß, wurden
ab 1930 die wirtschaftlichen Betriebe zwangskollek-
tiviert. Die im gleichen Zeitraum stattfindende Ent-
kulakisierung traf die Deutschen umso mehr, weil
überproportional viele Großbauern gewesen sind.
Verbannungen, Enteignungen und Verhaftungen
führten zu zunehmender Armut, welche wiederum
viele über eine Emigration nach Deutschland nach-
denken ließ. Der Terrorherrschaft der «Großen Säu-
berung» unter Stalin fielen weite Teile der deutschen
Intelligenz zum Opfer, etwa zehn Prozent aller in
Georgien lebenden Deutschen wurden ermordet.
   Nach dem Angriff des Deutschen Reiches auf
die Sowjetunion 1941 beschloss das Präsidium des
Obersten Sowjets die Deportation aller in der Sow-
jetunion lebenden Deutschen nach Kasachstan und
Sibirien, wo sie unbewirtschaftete und unwirtliche
Gebiete besiedeln sollten. Die Deportationen kün-
digten Sowjetvertreter jeweils drei Tage im voraus
an, pro Person waren 60 Kilo Gepäck erlaubt. Mehr-
heitlich in ungeheizten Viehwaggons transportiert,
deportierte die Sowjetregierung 20.423 Deutsche
aus Georgien nach Kasachstan und Sibirien. Nur
Frauen, die mit einem Nichtdeutschen verheiratet
waren, durften im Land bleiben. Männer, die zwi-
schen 17 und 50 Jahre alt waren, kamen in Gulags,       Die Orte Hoffnungstal und Traubental sind vergleichsweise
wo während der ersten Monate zehn bis 30 % von          junge Siedlungen. Beide wurden erst in den 1920/30er-Jahren
ihnen starben. Die restlichen Menschen wurden           von Bauern aus Alexanderstal, wo nicht genügend Ackerland
                                                        zur Verfügung stand, gegründet. 1937 lebten in beiden
in unwirtliche Gebiete geschickt, die Bürgerrechte
                                                        Dörfern zusammen 309 Personen, davon 290 Deutsche,
wurden ihnen aberkannt.                                 6 Türken, 5 Armenier, 4 Russen und 4 Georgier. Heute leben
   Erst nach dem Tod Stalins und einem Besuch von       dort ethnische Aserbaidschaner; Aserbaidschan ist im Süden
Konrad Adenauer in Moskau im Jahr 1955 verbes-          nur 15 Kilometer entfernt.

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Aus Württemberg in den Südkaukasus - Deutsche Siedler in Georgien
Die evangelisch-lutherische
Kirche in Elisabethtal
wurde 1871 eingeweiht.
In den 1930er-Jahren wurde
das Kreuz vom Kirchturm
entfernt und durch einem
Sowjetstern ersetzt.
Nach der Deportation der
Deutschen 1941 wurde der
Turm abgerissen, an den
Seiten der Kirche neue
Räume angebaut und
das Gebäude anderweitig
genutzt. Seit 2018 wird es
grundlegend renoviert.

nach Georgien zurück. Wie die meisten der 2,5 Mil-           aus anderen Regionen. Die Kirchtürme in Assureti
lionen Deutschen, die in den Gebieten der ehema-             und Bolnissi, wie Elisabethtal und Katharinenfeld
ligen Sowjetunion lebten, zogen sie zwischen 1990            seit 1943 hießen, ließen die Kommunisten abreißen,
und 2011 nach Deutschland.                                   das Kirchengebäude in Bolnissi dient seitdem als
   Wie es den Siedlungen nach den Deportationen              Turnhalle. Einzig im zuletzt erwähnten Ort leben
erging, ist wenig bekannt und erforscht. Angesiedelt         heute noch einige wenige Nachkommen der Deut-
wurden größtenteils Georgierinnen und Georgier               schen. Vereinzelt gibt es Deutsche, die unabhän-
                                                             gig von der Siedlungsgeschichte ihre neue Heimat
                                                             in einem der Dörfer gefunden haben. So wird das
                                                             Hotel German Mill Bolnisi von einem Deutschen
                                                             geführt, es ist auch eines der wenigen der etwa noch
                                                             400 erhaltenen historischen Gebäude in Bolnissi, die
                                                             renoviert wurden und nicht am Zerfallen sind.
                                                                Auch wenn Georgien in den letzten Jahren einen
                                                             wahrhaften Tourismusboom erlebt hat, so scheinen
                                                             die ehemaligen Siedlungen noch ein Geheimtipp
                                                             zu sein, obwohl die meisten Orte nur ein oder zwei
                                                             Autostunden entfernt von der Hauptstadt liegen.
                                                             Zumindest in Assureti bemüht sich die georgische
                                                             Regierung um eine Renovation des Dorfkernes. So
                                                             wird die Kirche zur Zeit vollständig renoviert, der
                                                             Friedhof neu gestaltet und die ehemalige Haupt-
                                                             straße des Ortes wurde von Stalinstraße in Schwa-
                                                             benstraße umbenannt.

                                                             LITERATUR
                                                             Allmendiger, Ernst: Katharinenfeld, ein deutsches Dorf im Kau-
                                                             kasus, Neustadt 1989.
                                                             Gross, Andreas: Missionare und Kolonisten. Die Basler und die
                                                             Hermannsburger Mission in Georgien am Beispiel der Kolonie
                                                             Katharinenfeld 1818–1870, Hamburg 1998.
                                                             Laubhahn, Rita: Alexandersdorf, ein schwäbisches Dorf im Kau-
                                                             kasus. Die ersten 100 Jahre: Familienchronik (1817–1917), Lud-
Friedhof der 1922 respektive 1933 von ehemaligen Bewohnern   wigsburg 2017.
von Alexandersdorf und Katharinenfeld nahe der Industrie­    Reitenbach, Edgar: Vom Kaukasus nach Kasachstan, Duisburg
                                                             2004.
stadt Rustavi gegründeten Dörfer Hoffnungstal (heute:
                                                             Reitenbach, Edgar: Deutsche im Kaukasus. Zusammengefasste,
Achalscheni) und Traubental (heute: Birliki). Der Friedhof   überarbeitete Neuauflage der Trilogie «Vom Kaukasus nach
wurde 2016 wiederentdeckt und mit Hilfe des DVV Inter­       Kasachstan». Hg. von Mutlu Er und Florian Hertsch, Hamburg
national (Institut für Internationale Zusammenarbeit des     2017.
Deutschen Volkshochschul-Verbandes e.V.) gereinigt. Zwei     Tatarashvili, Nestan: Die deutschen Siedlungen in Georgien und
Jahre später war er schon wieder zugewachsen und vermüllt.   das deutsche architektonische Erbe in Georgien, Tbilisi 2018.

Schwäbische Heimat 2020/1                                                                                              21
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