Auswirkungsanalyse zur Erweiterung eines Netto Lebensmittelmarktes
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Fokussiert auf die Zukunft von Stadt und Land. Seit 1988. Stadt+Regionalentwicklung Auswirkungsanalyse zur Erweiterung eines Handel Marketing Netto Lebensmittelmarktes Digitale Stadt Management Graßdorfer Straße 15a, Taucha Wirtschaftsförderung Immobilien CIMA Beratung + Management GmbH Walter-Heinze-Str. 27 04229 Leipzig T 0341-69603-0 cima.leipzig@cima.de München Stuttgart Forchheim Frankfurt a.M. Köln Leipzig Projektleitung: Dipl.-Geogr. Martin Kremming Berlin Bearbeitung: Dipl.-Geogr. Katharina Groß Hannover Leipzig, September 2021 Lübeck Ried (AT) www.cima.de
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Nutzungs- und Urheberrechte Die vorliegende Ausarbeitung ist durch das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) und andere Gesetze ge- schützt. Die Urheberrechte verbleiben bei der CIMA Beratung + Manage- ment GmbH (cima). Der Auftraggeber kann die Ausarbeitung innerhalb und außerhalb seiner Organisation verwenden und verbreiten, wobei stets auf die angemessene Nennung der CIMA Beratung + Management GmbH als Urheber zu achten ist. Jegliche – vor allem gewerbliche – Nutzung darüber hinaus ist nicht ge- stattet, sofern nicht eine gesonderte Vereinbarung getroffen wird. Veranstalter von Vorträgen und Seminaren erwerben keinerlei Rechte am geistigen Eigentum der cima und ihrer Mitarbeiter. Inhalte von Präsentati- onen dürfen deshalb ohne schriftliche Genehmigung nicht in Dokumenta- tionen jeglicher Form wiedergegeben werden. Haftungsausschluss gutachterlicher Aussagen Für die Angaben in diesem Gutachten haftet die cima gegenüber dem Auf- traggeber im Rahmen der vereinbarten Bedingungen. Dritten gegenüber wird die Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der im Gutachten enthaltenen Informationen (u. a. Datenerhebung und Auswertung) ausge- schlossen. 2
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Inhalt 1 Auftrag / Rechtsgrundlagen für die Bewertung der 7 Zusammenfassung und Empfehlungen ................................ 24 Einzelhandelserweiterung / Projektdaten .............................. 5 8 Methodik und Begriffsbestimmung ...................................... 26 1.1 Auftrag ...................................................................................... 5 1.2 Rechtsgrundlagen für die Bewertung von Einzelhandelsstandorten .......................................................... 5 1.2.1 Baunutzungsverordnung .............................................................................. 5 1.2.2 Vorbemerkungen zur Umsatzumverteilungsquote ........................... 6 1.2.3 Landesentwicklungsplan Sachsen / Regionalplan Westsachsen ...................................................................................................... 7 1.2.4 Nahversorgungskonzept der Stadt Taucha .......................................... 8 1.3 Projektdaten .............................................................................. 9 2 Einzelhandelsstandort Taucha / Projektstandort Graßdorfer Straße ................................................................... 10 2.1 Einzelhandelsstandort Taucha ............................................... 10 2.2 Projektstandort Graßdorfer Straße ....................................... 11 3 Einzugsgebiet des erweiterten Netto Lebensmittelmarktes / Kaufkraftvolumen ........................... 14 3.1 Einzugsgebiet und Bevölkerungsaufkommen ...................... 14 3.2 Kaufkraftvolumen im Einzugsgebiet des erweiterten Lebensmittelmarktes .............................................................. 15 4 Wettbewerbsanalyse ............................................................... 16 5 Prüfung einer atypischen Fallgestaltung .............................. 19 6 Wirkungsprognose .................................................................. 21 6.1 Umsatzerwartung des Erweiterungsvorhabens ................... 21 6.2 Ökonomische Wirkungsprognose ......................................... 22 3
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Abbildungen Karten Abb. 2: cima-Warengruppen .................................................................................................. 26 Karte 1: Zentrale Versorgungsbereiche in Taucha ............................................................. 8 Karte 2: Projektstandort Graßdorfer Straße ........................................................................ 11 Karte 3: Einzugsgebiet des erweiterten Netto Lebensmittelmarktes ...................... 14 Tabellen Karte 4: Wettbewerbssituation ................................................................................................ 18 Tab. 1: Sortimentsaufteilung nahversorgungsrelevanter und nicht nahversorgungsrelevanter Sortimente im erweiterten Netto Lebensmittelmarkt ....................................................................................................... 19 Tab. 2: Umsatzherkunft des erweiterten Netto Lebensmittelmarktes .................. 20 Tab. 3: Verkaufsflächen- und Umsatzstruktur des erweiterten Netto Lebensmittelmarktes an der Graßdorfer Straße .............................................. 21 Tab. 4: Umsatzumverteilungseffekte im Einzugsgebiet (Hauptsortiment Lebensmittel) ................................................................................................................. 22 Fotos Foto 1: Netto Lebensmitteldiscounter an der Graßdorfer Straße .............................. 9 Foto 2: Planstandort für den Neubau des Ärztehauses ................................................. 9 Foto 3: Gut ausgebauter Bahnübergang / Anbindung an Wohnquartier ........... 12 Foto 4: SB-Waschanlage und Apotheke am Projektstandort ................................... 12 Foto 5: Wohngebiet nordöstlich des Projektstandortes ............................................. 12 Foto 6: Wohngebiet nordwestlich des Projektstandortes .......................................... 12 Foto 7: Marktplatz mit Magnetbetrieb „Rossmann“ ..................................................... 16 Foto 8: Betriebe in Erdgeschosslage an der Eilenburger Straße .............................. 16 Foto 9: Kaufland Verbrauchermarkt an der Portitzer Straße ..................................... 17 Foto 10: Netto Lebensmitteldiscounter im NVZ „Sommerfelder Straße“ .............. 17 Foto 11: Gewerbeimmobilie mit Einzelhandel und Dienstleistungen ...................... 17 4
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 1 Auftrag / Rechtsgrundlagen für die Bewertung der Einzelhan- delserweiterung / Projektdaten präferiert, an denen ein möglichst hoher Umsatz erzielt werden kann, be- 1.1 Auftrag werten Städte und Gemeinden sowohl die Planareale als auch die Nut- zungskonzepte unter dem Aspekt einer Vereinbarkeit mit lokalen stadt- Das Unternehmen Josef Saller Gewerbebau aus Weimar beabsichtigt die entwicklungspolitischen Vorstellungen. Erweiterung des Netto Lebensmittelmarktes an der Graßdorfer Straße 15a in Taucha. Die derzeit bestehende Verkaufsfläche von aktuell ca. 781 m² Den rechtlichen Rahmen zur Beurteilung der städtebaulichen Verträglich- soll um ca. 419 m² auf ca. 1.200 m² erweitert werden1. Neben diesem Vor- keit von Einzelhandelsplanungen stecken in diesem Zusammenhang vor haben ist auf dem Areal Graßdorfer Straß auch der Neubau eines Ärz- allem das Baugesetzbuch (BauGB) und die Baunutzungsverordnung tehauses vorgesehen. Zur planungsrechtlichen Sicherung beider Vorha- (BauNVO) ab. Allerdings dürfen diese Bundesgesetze von den Kommunen ben ist die Aufstellung eines Bebauungsplanes erforderlich. nicht arbiträr angewendet werden, sondern müssen durch eine qualifi- zierte Planung (Einzelhandelskonzept) untersetzt bzw. begründbar sein. Die CIMA Beratung + Management GmbH wurde beauftragt, das Erweite- rungsvorhaben des Lebensmittelmarktes im Rahmen des anstehenden Nachfolgend werden die wesentlichen Rechtsnormen zur Bewertung der Genehmigungsverfahrens auf Grundlage des sich aus dem § 11 Abs. 3 hier in Rede stehenden Einzelhandelserweiterung in der Stadt Taucha vor- BauNVO ergebenden Prüfschemas auf seine wettbewerblichen und städ- gestellt. Die Präsentation erfolgt in verkürzter Form und dient ausschließ- tebaulichen Auswirkungen hin zu untersuchen. lich einer Darlegung des Rechtsrahmens, ohne den Anspruch auf eine ju- ristische Interpretation. 1.2 Rechtsgrundlagen für die Bewertung 1.2.1 Baunutzungsverordnung von Einzelhandelsstandorten Paragraf 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung legt fest, dass sowohl Ein- kaufszentren als auch großflächige Einzelhandelsbetriebe, von denen an- Die Qualität von Einzelhandelsstandorten wird von Investoren, Projektent- zunehmen ist, dass sie gegebenenfalls unerwünschte städtebauliche und wicklern und Betreibern häufig anders eingeschätzt als von Vertretern der raumordnerische Auswirkungen zeitigen könnten, planungsrechtlich nur Kommunen. Grund für die disparaten Vorstellungen beider Seiten sind un- in „Sondergebieten“ zulässig sind. Die Auswirkungen betreffen insbeson- terschiedliche Zielsetzungen: während die Privatwirtschaft Standorte dere die infrastrukturelle Ausstattung, den Verkehr, die Versorgung der 1 Lt. Angaben des Auftraggebers. 5
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Bevölkerung im Einzugsbereich sowie die Entwicklung zentraler Versor- Umsatzverlagerungen ist zwischen dem „Abstimmungsschwellenwert“ ei- gungsbereiche in der Stadt oder in anderen Kommunen. Die in § 11 Abs. nerseits und dem „Hindernisschwellenwert“ andererseits zu unterschei- 3 BauNVO formulierte Regelvermutung kann durch Geltendmachung ei- den. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Frage eines numerisch-präzi- ner atypischen Fallgestaltung widerlegt werden. sen Schwellen- oder Rahmenwertes bislang offengelassen.4 Das OVG Koblenz und das OVG Lüneburg haben unmittelbare Auswirkun- 1.2.2 Vorbemerkungen zur Umsatzumverteilungsquote gen gewichtiger Art angenommen (=„Abstimmschwellenwert“), wenn ein Planvorhaben der Standortgemeinde zu Lasten der Nachbargemeinde Die Evaluation der Effekte eines zur Ansiedlung oder Erweiterung vorge- eine Umsatzumverteilung von wenigstens 10 % erwarten lässt. 5 Nach den sehenen Großflächenbetriebes auf den bestehenden Einzelhandelsbesatz Ergebnissen einer Langzeitstudie sind wirtschaftliche Auswirkungen auf kann auf Grundlage der zu erwartenden Umlenkung von Kaufkraftströmen Einzelhandelsgeschäfte im Einzugsbereich eines Einzelhandelsprojekts in erfolgen. Neben einer Erhöhung der Kaufkraftbindung bzw. Reduzierung der Regel erst ab einem Umsatzverlust zwischen 10 % und 20 % relevant.6 vorhandener Kaufkraftabflüsse, steht in diesem Zusammenhang vor allen Der Literatur und der Rechtsprechung lässt sich die Tendenz entnehmen, Dingen die Höhe der ausgelösten Umsatzumverteilungen im Fokus. dass selbst diese Prozentsätze lediglich Bedeutung für die Frage der Ab- Die Umsatzumverteilungsquote ist ein maßgebliches Beurteilungskrite- wägungsrelevanz eines Einzelhandelsgroßprojekts haben, nicht jedoch rium für die Verträglichkeit von Einzelhandelsvorhaben. Allerdings bedeu- schon zwangsläufig die Obergrenze für noch zumutbare Auswirkungen tet nicht jeder Kaufkraftabfluss eine nicht nur unwesentliche Auswirkung, markieren.7 denn allein die Veränderung der bestehenden Wettbewerbslage ist bau- Als Richtwert für die Verträglichkeit eines Vorhabens verwendet die cima rechtlich irrelevant.2 Erforderlich ist vielmehr eine Wirkungsintensität, die im Allgemeinen die oben genannte 10 %-Grenze als wesentlichen Bewer- so genannte „städtebauliche Effekte“ nach sich zieht (Schließen von Ein- tungsmaßstab. Je nach der Situation vor Ort sind dabei jedoch branchen- zelhandelsbetrieben mit städtebaulichen Folgen, wie Verödung einer In- spezifische Abweichungen (nach oben und unten) grundsätzlich möglich, nenstadt, Unterversorgung der Bevölkerung etc.). 3 um den speziellen Gegebenheiten des Einzelfalls gerecht zu werden. Um- Lt. Urteil des OVG Münster vom 7.12.2000 werden Umsatzverlagerungen satzumverteilungsquoten im Bereich von 10 % und mehr werden nachfol- zwischen 7 und 11 % bereits als abwägungsrelevant eingeordnet. Das gend für jedes tangierte Sortiment vertiefend diskutiert und gutachterlich heißt, sollten Umsatzverlagerungen dieser Größenordnung für ein Projekt- bewertet. vorhaben nicht dokumentiert werden, wird von einem Abwägungsfehler in der baurechtlichen Beurteilung ausgegangen. Bei der Beurteilung der 2 Berkemann/Halama, Erstkommentierung zum BauGB, Bonn 2005, Rn. 24 zu § 34 BauGB OVG Lüneburg, E. v. 21.2.2002, 1 MN 4128/01, BauR 2003, 670= NVwZ-RR 03,76; B. v. 3 OVG Greifswald, U. v. 15.4.1999, 3 K 36/97, NVwZ 2000, 826; OVG Münster, U. v. 6.6. 30.10.2000, 1 M 3407/00, NStN 2001, 159 = NdsRPfl. 2001, 277 2005, 10 D 145 und 148/04.NE, BauR 2005, 1577 ff. (CentrO) 6 Moench/Sandner, Die Planung für Factory-Outlet-Center, NVwZ 1999, 337. 4 BVerwG vom 01.08.2002, 4 C 5.01, BverwGE 117, 25 = DVBl 2003, 62 = NVwZ 2003, 86 = 7 OVG Münster, Urteil vom 05.09.1997, 7 A 2902/93, BauR 1998, 307, 312 = BRS 59 Nr. 70; UPR 2003, 35 u. a. Fundstellen (Gewerbepark Mühlheim-Kärlich); U. v. 17.9.2003, 4 C OVG Frankfurt/Oder, Beschluss 3 B 116/98, NVwZ 1999, 434 = BauR 1999, 613 = BRS 60 14.01 Nr. 201; OVG Koblenz vom 08.01.1999, 8 B 12650/98, UPR 1999, 154 = NVwZ 1999, 435 5 OVG Koblenz, Urteil vom 25.04.2001, 8 A 11441/00, BauR 2002, 577 = NVwZ-RR 2001, = BauR 1999, 367; OVG Lüneburg, B. v. 21.2.2002, 1 MN 4128/01BauR 2003, 670 = NVwZ- 638; OVG Münster, Urteil vom 05.09.1997, 7 A 2902/93, BauR 1998, 309 = BRS 59, Nr. 70; RR 2003, 76. 6
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 1.2.3 Landesentwicklungsplan Sachsen / Regionalplan „Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflä- Westsachsen chigen Einzelhandelseinrichtungen darf weder durch Lage, Größe des Vorhabens oder Folgewirkungen das städtebauliche Gefüge, die Funkti- Den rechtlichen Rahmen einer landes- und regionalplanerischen Bewer- onsfähigkeit des zentralörtlichen Versorgungszentrums oder die ver- tung von Einzelhandelsprojekten definiert im vorliegenden Fall der Lan- brauchernahe Versorgung des zentralen Ortes sowie der benachbarten desentwicklungsplan (LEP) des Freistaates Sachsen aus dem Jahr 2013 und zentralen Orte substantiell beeinträchtigen“ (Z 2.3.2.5). der Regionalplan Westsachsen 2008. „Bei der Ansiedlung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen soll Der Landesentwicklungsplan Sachsen (2013) trifft im Abschnitt Z 2.3.2 eine ausreichende Anbindung an den ÖPNV gewährleistet werden“ zur Zulässigkeit von großflächigen Einzelhandelsbetrieben folgende Aus- (G 2.3.2.6). sagen: Der aktuell geltende Regionalplan Westsachsen (2008)8 verweist bezüg- lich der Zulässigkeitsvoraussetzungen des großflächigen Einzelhandels „Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von Einkaufs- weitgehend auf den Landesentwicklungsplan des Freistaates Sachsen. In- zentren und großflächigen Einzelhandelsbetrieben sowie sonstigen groß- sofern bedarf er in dieser Hinsicht keiner weiterführenden bzw. differen- flächigen Handelsbetrieben, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte zierten Betrachtung. Endverbraucher und auf die Auswirkungen den vorstehend bezeichneten großflächigen Einzelhandelseinrichtungen vergleichbar sind, ist nur in Im Regionalplan wird die Stadt Taucha als Grundzentrum ausgewiesen (Z Ober- und Mittelzentren zulässig“ (Z 2.3.2.1). 1.3.7). „Die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflä- chigen Einzelhandelseinrichtungen ist zur Sicherung der verbraucherna- hen Versorgung mit Gütern des kurzfristigen Bedarfs auch in Grundzen- tren zulässig“ (Z 2.3.2.2). „Bei überwiegend innenstadtrelevanten Sortimenten oder bei einer Ver- kaufsfläche für innenstadtrelevante Sortimente von mehr als 800 m² ist die Ansiedlung, Erweiterung oder wesentliche Änderung von großflächi- gen Einzelhandelseinrichtungen nur in städtebaulich integrierter Lage zulässig. In den Zentralen Orten, in denen zentrale Versorgungsbereiche ausgewiesen sind, sind diese Vorhaben nur in den zentralen Versorgung- bereichen zulässig“ (Z 2.3.2.3). 8 Für den Regionalplan Westsachsen erfolgten für einzelne Themenbereiche Fortschrei- bungen, die jedoch den hier untersuchten Gegenstand nicht berühren. 7
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 1.2.4 Nahversorgungskonzept der Stadt Taucha Karte 1: Zentrale Versorgungsbereiche in Taucha Die Stadt Taucha verfügt über ein Nahversorgungskonzept9 aus dem Jahr 2019, welches das im Jahr 2015 erarbeitete Einzelhandelskonzept thema- tisch fortschreibt und speziell die Nahversorgung innerhalb des Stadtge- bietes zum Gegenstadt hat. Neben der nachrichtlichen Übernahme des Zentralen Versorgungsberei- ches „Innenstadtzentrum“ wurde nur ein Nahversorgungszentrum abge- grenzt. Hierbei handelt es sich um die Lage „Sommerfelder Straße“, ca. 600 m südlich des „Innenstadtzentrums“ (s. Karte 1). Darüber hinaus wurden zwei Lebensmittelmärkte an der Leipziger Straße als Nahversorgungsbe- triebe eingestuft. In dem Nahversorgungskonzept wurden darüber hinaus folgende Leitli- nien zur Behandlung von Ansiedlungs- oder Erweiterungsplanungen des nahversorgungsrelevanten Einzelhandels außerhalb Zentraler Versor- gungsbereiche formuliert: ▪ Ist der Standort städtebaulich integriert? ▪ Verfügt der Standort über einen ÖPNV-Anschluss in fußläufiger Entfer- nung (max. 200 m)? ▪ Führt der Betrieb ein Kernsortiment, welches eindeutig als nahversor- gungstypisch einzustufen ist? Der Projektstandort des zur Erweiterung vorgesehenen Lebensmittel- marktes befindet sich außerhalb der abgegrenzten Zentralen Versor- gungsbereiche der Stadt Taucha (s. Karte 1). 9 CIMA Beratung + Management GmbH: Nahversorgungskonzept für die Stadt Taucha 2019 8
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Foto 1: Netto Lebensmitteldiscounter an der Graßdorfer Straße 1.3 Projektdaten Bei dem zur Erweiterung vorgesehene Lebensmittelmarkt handelt es sich um einen Netto Lebensmitteldiscounter (Marken-Discount, s. Foto 1). Er befindet sich im Kernort Tauchas, ca. 200 m nordwestlich der Innenstadt. Die aktuelle Verkaufsfläche beträgt laut Angaben des Projektentwicklers 781 m². Sie soll um 419 m² auf 1.200 m² erweitert werden10. Bezüglich der Zu- und Abfahrten für Kunden und den Wirtschaftsverkehr sind am Standort keine Veränderungen vorgesehen. An der Graßdorfer Straße besteht eine Zu- und Abfahrt für den Kunden- und Anlieferverkehr. Die Anzahl der PKW-Stellplätze wird von derzeit 75 auf 60 reduziert. Sie befinden sich östlich des Lebensmittelmarktes. Der Eingangskoffer für die Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 Konsumenten verbleibt im Südosten der Immobilie. Die Laderampe für die Warenanlieferung ist an der nordwestlichen Gebäudeseite situiert. Foto 2: Planstandort für den Neubau des Ärztehauses Südlich an den Markt angrenzend findet sich die Fläche für den vorgese- henen Neubau des Ärztehauses. Aktuell handelt es sich hierbei um eine Grünbrache (s. Foto 2). Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 10 Alle Angaben inkl. Bäcker. 9
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 2 Einzelhandelsstandort Taucha / Projektstandort Graßdorfer Straße Siedlungsstrukturell gliedert sich die Stadt neben dem Kernsiedlungsge- 2.1 Einzelhandelsstandort Taucha biet in vier weitere Ortsteile. Der Kernort weist eine kompakte Bebauung mit kleinstädtischem Charakter auf. Die vier weiteren Ortsteile Tauchas Die Stadt Taucha ist von der sächsischen Landesplanung als Grundzent- sind durch lockerständige Wohnbebauung (vorwiegend Einfamilienhäu- rum eingestuft worden. Sie zählt laut Statistischem Landesamt des Frei- ser) geprägt und weisen eher ländlichen Charakter auf. staates Sachsen derzeit 15.709 Einwohner11. Seit 2015 hat die Stadt einen Bevölkerungszuwachs von ca. 4 % (rd. 580 Personen) zu verzeichnen. Vor- Taucha verfügt mit dem zentralen Versorgungsbereich „Innenstadtzent- dergründig verantwortlich dafür ist die positive Einwohnerentwicklung des rum“ und dem Nahversorgungszentrum an der „Sommerfelder Straße“ benachbarten Oberzentrums Leipzig. Dies wirkt sich ebenfalls günstig auf über insgesamt zwei Zentrale Versorgungsbereiche. Der Innenstadtbe- das Umland und damit auch auf die Stadt Taucha aus. Prognosen gehen reich ist geprägt durch kleinteiligen, oft inhabergeführten Einzelhandels- für Taucha von einem anhaltenden Bevölkerungswachstum aus. Dies äu- besatz. Als Kundenmagnetbetrieb fungiert hier ein Drogeriefachmarkt der ßert sich in mehreren Vorhaben zur Schaffung neuer Wohnquartiere. Firma Rossmann. Ergänzt wird das Angebot durch diverse Dienstleistun- gen und gastronomische Einrichtungen. Ein Lebensmittelmarkt ist hier Taucha ist gut an das regionale Straßenverkehrsnetz angebunden. Die nicht ansässig. Bundesautobahn 14 (Leipzig/BAB 9 – Nossen/BAB 4) verläuft südwestlich des Stadtgebietes. Die Anschlussstelle 25 „Leipzig-Nordost“ ist vom Stadt- Im Nahversorgungszentrum „Sommerfelder Straße“ übt ein Netto-Le- zentrum in ca. 5 Fahrtminuten erreichbar. Zudem führt die Bundesstraße bensmitteldiscounter die Kundenmagnetfunktion aus. 87 durch das Stadtgebiet. Ergänzt wird das Nahversorgungsnetz durch weitere Lebensmittelmärkte. An das Schienennetz ist Taucha über einen Bahnhof im Zentrum ange- Erhebliche Marktbedeutung entfaltet hierbei der Kaufland Verbraucher- schlossen. Hier verkehrt ein Regionalexpress Richtung Leipzig und Cott- markt an der Portitzer Straße. Entlang der Bundesstraße 87 sind neben bus, sowie die S-Bahn-Linie 4 (Geithain - Hoyerswerda). Darüber hinaus dem hier untersuchten Netto Lebensmittelmarkt noch zwei weitere Le- besteht Anbindung durch die Tramlinie 3 (Knautkleeberg - Leipzig Haupt- bensmitteldiscounter ansässig. bahnhof - Taucha) der Leipziger Verkehrsbetriebe. Sie verbindet das Zent- rum Tauchas mit dem Leipziger Stadtgebiet. Über verschiedene Buslinien ist die Stadt Taucha auch mit dem regionalen Umland gut vernetzt. Die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV ist insgesamt als gut zu bezeichnen. 11 Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Stand: 31.12. 2020. 10
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 2.2 Projektstandort Graßdorfer Straße Sachs-Straße (s. Foto 5, S. 12). Nordwestlich des Bahnübergangs liegt ein weiteres Wohngebiet (s. Foto 6, S. 12). Die fußläufige Entfernung beider Wohngebiete vom Projektstandort beträgt ca. 100 bzw. ca. 130 m. Der Projektstandort befindet sich in der Kernstadt Tauchas, ca. 200 m nordwestlich des Zentralen Versorgungsbereiches „Innenstadtzentrum“. Die Hauptzufahrt zum Areal erfolgt über die Graßdorfer Straße. Hierbei Karte 2: Projektstandort Graßdorfer Straße handelt es sich um eine innerörtliche Straße, die von der Bundesstraße 87 abzweigt und im weiteren Verlauf zu den Tauchaer Ortsteilen Graßdorf, Merkwitz und Seegeritz führt und diese an den Kernort anbindet. Die Bun- desstraße 87 (Eilenburg – Leipzig) quert die Stadt Taucha in südwestlich- nordöstlicher Richtung. Nordwestlich des Projektstandortes verläuft die Bahnstrecke Leipzig-Eilenburg. In Richtung Norden entfaltet sie jedoch keine Barrierewirkung, weil an der Graßdorfer Straße ein - auch für Rad- fahrende und Fußgehende - gut ausgebauter Bahnübergang besteht (s. Foto 3, S. 12). An der Bundesstraße und der Graßdorfer Straße befinden sich beidseitig Gehwege. Darüber hinaus besteht eine Fuß- und Radwege- verbindung zwischen der B 87 auf Höhe des Projektstandortes und der Innenstadt Tauchas, welche den grünen Auenbereich der Parthe quert (s. Karte 2). Die nächste Bushaltestelle befindet sich ca. 250 m südlich an der Leipziger Straße. Sie ist über oben genannten Fuß- und Radweg vom Projektstand- ort direkt erreichbar. Hier verkehren 4 Buslinien Richtung Leipzig und Kro- stitz. Hinzuweisen ist noch auf eine Tram-Haltestelle in ca. 400 m fußläufi- ger Entfernung. Die Straßenbahn Linie 3 verbindet hier den Kernort Taucha mit der Stadt Leipzig. Südwestlich des Projektstandortes ist noch auf einen Kaufland Verbrau- Im südlichen Umfeld des Projektstandortes grenzt ein kleines Gewerbege- chermarkt hinzuweisen. Dieser ist für den Kraftfahrzeugverkehr etwas we- biet. Direkt am Areal befindet sich eine SB-Autowaschanlage, eine Einrich- niger verkehrsgünstiger an der Portitzer Straße gelegen. Während sich die tung des Malteser Hilfsdienstes sowie eine Apotheke (s. Foto 4, S. 12). Entfernung zwischen dem Projektstandort und dem Verbrauchermarkt Südwestlich ist das bestehende Ärztehaus gelegen, welche durch einen Luftlinie nur auf ca. 340 m beläuft, beträgt die tatsächliche Wegstrecke modernen Neubau weiter östlich ersetzt werden soll. bereits ca. 800 m. Starke Wettbewerbswirkung entfaltet er besonders für Nordöstlich des Netto-Lebensmittelmarktes liegt ein kleines Wohngebiet, die nordwestlich gelegenen Wohngebiete des Ortsteils Graßdorf, die auch welches durch die Parthe und die Bahntrasse eingefasst wird. Die einzige im fußläufigen Nahbereich des hier untersuchten Netto-Lebensmittel- Zuwegung erfolgt über die von der Graßdorfer Straße abzweigende Hans- marktes liegen. 11
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Foto 3: Gut ausgebauter Bahnübergang / Anbindung an Wohnquartier Foto 5: Wohngebiet nordöstlich des Projektstandortes Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 Foto 4: SB-Waschanlage und Apotheke am Projektstandort Foto 6: Wohngebiet nordwestlich des Projektstandortes Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 12
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Die wichtigsten Eigenschaften des Projektstandortes können in positive Der Projektstandort befindet sich zwar in einem gewerblich gepräg- und negative Faktoren eingeteilt werden. Nachfolgend werden diese As- ten Umfeld, es besteht aber eine fußläufige Nahlage zu zwei Wohn- pekte im Überblick präsentiert: gebieten sowie dem Stadtzentrum. Für die hier wohnende Bevölke- rung übernimmt der Lebensmittelmarkt eine wichtige Nahversor- gungsfunktion. Im Stadtzentrum selbst ist kein Lebensmittelmarkt Positive Standortfaktoren ansässig. Ein ÖPNV-Anschluss liegt ca. 250 m südlich des Projektareals. Ob- ▪ Positive Einwohnerentwicklung in der Stadt Taucha gleich die städtebauliche Integration in Wohngebiete nicht optimal ▪ gute verkehrsinfrastrukturelle Anbindung des Projektstandortes durch ist, ist der Standort zumindest siedlungsstrukturell gut integriert. Lage an der B 87 ▪ zwei Wohnquartiere in fußläufiger Nahlage ▪ gute fußläufige Erreichbarkeit aus der Innenstadt und den nördlichen und östlichen Wohngebieten ▪ gute Ergänzungsnutzung durch modernes Ärztehaus (in Planung) ▪ ÖPNV-Anbindung in ca. 250 m Entfernung ▪ siedlungsstrukturell integrierte Lage. Negative Standortfaktoren ▪ Projektstandort liegt außerhalb eines ausgewiesenen Zentralen Versor- gungsbereiches ▪ keine gute Sichtbarkeit des Marktes für aus dem Süden kommende Kraftfahrer ▪ starke Wettbewerbssituation durch den Kaufland Verbrauchermarkt an der Portitzer Straße. 13
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 3 Einzugsgebiet des erweiterten Netto Lebensmittelmarktes / Kaufkraftvolumen Sollten innerhalb dieses Untersuchungsraums keine strukturschädigenden 3.1 Einzugsgebiet und Bevölkerungsauf- Effekte durch das Planvorhaben zu ermitteln sein, kann daraus im Analo- kommen gieschlussverfahren gefolgert werden, dass auch für weiter entfernt lie- gende Wettbewerbsstandorte keine mehr als unwesentlichen Auswirkun- Zur Bestimmung der potenziell erschließbaren Kaufkraft ist es notwendig, gen zu erwarten sind. das Einzugsgebiet abzugrenzen, in dem die Konsumenten – zumindest teil- weise – auf den Projektstandort orientiert sind. Der Grad der Fokussierung Karte 3: Einzugsgebiet des erweiterten Netto Lebensmittelmarktes steht dabei in engem Bezug zur Wettbewerbssituation, der verkehrlichen Erreichbarkeit und der Attraktivität im Vergleich mit anderen Standorten. Bei der konkreten Abgrenzung des Einzugsgebietes für den zur Erweite- rung vorgesehenen Lebensmittelmarkt an der Graßdorfer Straße wurden folgende Einflussfaktoren berücksichtigt: ▪ Die Betreiberqualität des Netto Lebensmitteldiscounters sowie die Kun- denanziehungskraft eines modernen Lebensmitteldiscounters. ▪ Die verkehrliche Erreichbarkeit des Standortes für verschiedene Ver- kehrsträger. ▪ Die Verteilung von Konkurrenzbetrieben und die allgemeine Wettbe- werbssituation (vgl. Ausführungen im Kapitel 4 „Wettbewerbsanalyse“). Die cima geht davon aus, dass außerhalb der Stadt Taucha keine wesentli- chen Wettbewerbswirkungen auftreten werden. Mögliche Umsatzumver- teilungen werden auf zahlreiche Wettbewerbsstandorte verteilt, sodass dort jeweils nur mit vergleichsweise geringen Umverteilungseffekten zu rechnen ist. Für die vorliegende Analyse wird daher das Einzugsgebiet mit dem Untersuchungsraum gleichgesetzt. 14
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Der erweiterte Lebensmittelmarkt an der Graßdorfer Straße wird unter Be- ▪ Periodischer Bedarf: ca. 2.894 € rücksichtigung dieser Abgrenzungskriterien nach gutachterlicher Einschät- ▪ Aperiodischer Bedarf: ca. 2.838 € zung ein zweizonales Einzugsgebiet ausbilden. Als Zone I wurde ein fußläufiger Nahbereich abgegrenzt. Hierbei handelt es sich um eine 10-Minuten Fußwegisochrone. Zone II umfasst das Stadt- Insgesamt liegt die Pro-Kopf-Kaufkraft für alle Warengruppen des Einzel- gebiet Tauchas mit seinen Ortsteilen. handels somit bei ca. 5.732 €. In der abgegrenzten Zone I des Einzugsgebietes leben ca. 3.340 Menschen. Zur Kalkulation des speziell vom erweiterten Netto Lebensmittelmarkt er- In Zone II wohnen zusätzlich etwa 12.369 Personen. 12 schließbaren Nachfragepotenzials ist es indes notwendig, branchen- und betriebstypische Kaufkraftwerte zu verwenden. Im Mittelpunkt stehen hier- bei die Kernsortimente des Marktes (= Lebensmittel). In diesem Warenbe- reich ist mit folgender Pro-Kopf-Ausgabe zu rechnen: 3.2 Kaufkraftvolumen im Einzugsgebiet des erweiterten Lebensmittelmarktes ▪ Lebensmittel ca. 2.348 €. Eine branchenspezifische Kalkulation der Einzelhandelskaufkraft ist metho- Im Rahmen der Ermittlung des Kaufkraftvolumens im konkret abgegrenz- disch schwierig. Nur wenige Unternehmen in Deutschland sind in der Lage, ten Einzugsbereich ist darüber hinaus die sog. „Kaufkraftkennziffer“ zu be- rücksichtigen. Sie gibt lokale oder regionale Kaufkraftniveau-Unterschiede solche Berechnungen durchzuführen. Die cima unterhält in diesem Zusam- im Vergleich mit dem bundesweiten Durchschnittswert (= 100) wieder. Im menhang eine eigenständige Abteilung, die sich fortwährend und aus- Stadtgebiet von Taucha liegt der Wert nach Angaben von MB Research schließlich mit der Ermittlung von Pro-Kopf-Kaufkraftwerten beschäftigt und unter anderem die Umsatz- und Einkommenssteuerstatistik, aber auch aktuell bei 100,7 und damit geringfügig über dem Bundesdurchschnitt. Grundlagendaten der Handels- und Absatzwirtschaft auswertet. Zur Ein- Legt man alle ermittelten Einwohner- und Nachfragedaten zugrunde, dann schätzung regionaler und lokaler Niveauunterschiede der einzelhandelsbe- ergibt sich im abgegrenzten Einzugsgebiet des Projektstandortes Graßdor- zogenen Nachfrage arbeitet die cima darüber hinaus mit Spezialisten der fer Straße folgendes Kaufkraftvolumen: Firma MB Research aus Nürnberg zusammen. Im Ergebnis verfügt die cima über aktuelle Kaufkraftdaten, welche für über Lebensmittel 31 Einzelsortimente und 14 Hauptwarengruppen vorliegen. Bezogen auf ▪ Kaufkraft in Zone I: ca. 7,9 Mio. € die zwei periodischen Bedarfsbereiche ist demnach von folgenden Pro- Kopf-Ausgaben auszugehen: ▪ Kaufkraft in Zone II: ca. 29,2 Mio. € ▪ Kaufkraft im Einzugsbereich insg.: ca. 37,1 Mio. € 12 Quellen: MBR 2020, bereitgestellt von ArcGis online 2021; Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Stand: 31.12. 2020. 15
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 4 Wettbewerbsanalyse Nachfolgende Wettbewerbsanalyse basiert auf Erhebungsdaten, die die Foto 7: Marktplatz mit Magnetbetrieb „Rossmann“ cima Mitte August ermittelt hat. Dabei wurden alle Lebensmittelbetriebe (u.a. Verbrauchermärkte, Lebensmitteldiscounter, Lebensmittelgeschäfte, Lebensmittelhandwerker) erfasst. Erhoben wurde unter anderem die Lage, die Firmierung, die Branche, der Betriebstyp und die Verkaufsfläche. Die Größe der Verkaufsräume war dann Ausgangspunkt für eine qualifizierte Umsatzschätzung auf Basis von Flächenproduktivitäten, die – in Abhängig- keit von der Qualität der Betriebe und der beobachteten Kundenfre- quenz – an die individuelle Standortsituation angepasst wurden. Aktuell sind im definierten Einzugsbereich des zur Erweiterung vorgesehe- nen Lebensmittelmarktes an der Graßdorfer Straße folgende wesentliche Wettbewerber vorhanden (s. Karte 4, S. 18): Zone I Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 Zentraler Versorgungsbereich „Innenstadtzentrum“ Foto 8: Betriebe in Erdgeschosslage an der Eilenburger Straße Im Zentralen Versorgungsbereich „Innenstadtzentrum“ ist kein Lebensmit- telmarkt ansässig. Das Angebot im untersuchungsrelevanten Sortiment be- steht aus vereinzelten Betrieben des Lebensmittelhandwerks, Lebensmit- telspezialgeschäfte sowie einem kleinen Lebensmittelgeschäft, die jedoch mit dem Planvorhaben nur begrenzt im Wettbewerb stehen. Mit einem Rossmann Drogeriemarkt befindet sich ein Magnetbetrieb am Markt. Hier und entlang der Eilenburger Straße befindet sich auch der Hauptteil des Einzelhandels- und Dienstleistungsbesatzes des Zentralen Versorgungsbereiches (s. Foto 7 und Foto 8). Entlang der Leipziger Straße dünnt sich der Betriebsbesatz aus – hier sind auch vereinzelt Leerstände zu verzeichnen. Eine Potenzialfläche für großflächigen Lebensmitteleinzelhan- del besteht in dieser Lage nicht. Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 16
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Sonstige Lagen Foto 10: Netto Lebensmitteldiscounter im NVZ „Sommerfelder Straße“ In den sonstigen Lagen der Zone I ist als wesentlicher Wettbewerber ein Kaufland Verbrauchermarkt ansässig (s. Foto 9). Der Betrieb befindet sich in städtebaulich integrierter Lage an der Portitzer Straße. Das Unternehmen plant eine Verkaufsflächenerweiterung des Betriebes von derzeit ca. 2.500 m² auf ca. 3.500 m². ▪ Kaufland Verbrauchermarkt, Portitzer Straße, ca. 800 m Entfernung Foto 9: Kaufland Verbrauchermarkt an der Portitzer Straße Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 Foto 11: Gewerbeimmobilie mit Einzelhandel und Dienstleistungen Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 Zone II Nahversorgungszentrum „Sommerfelder Straße“ In dieser Lage wirtschaftet ein Netto Lebensmitteldiscounter, der hier als Magnetbetrieb fungiert (s. Foto 10). Ergänzt wird das Angebot durch kleine Einzelhandelsgeschäfte und Dienstleistungsbetriebe in einer einzelnste- henden Gewerbeimmobilie (s. Foto 11). ▪ Netto Lebensmitteldiscounter, Max-Lieberm.-Straße, ca. 1,5 km Entf. Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 17
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Sonstige Lagen Karte 4: Wettbewerbssituation In den sonstigen Lagen der Zone II sind zwei Lebensmitteldiscounter an- sässig: ▪ Aldi Lebensmitteldiscounter, Leipziger Straße, ca. 1,5 km Entfernung ▪ Lidl Lebensmitteldiscounter, Leipziger Straße, ca. 1,6 km Entfernung Das Angebot im abgegrenzten Einzugsgebiet wird ergänzt durch einige Betriebe des Lebensmittelhandwerks, Lebensmittelspezialgeschäfte, Tank- stellenshops u. ä., die jedoch mit dem Planvorhaben nur begrenzt in Wett- bewerb stehen. Alle Lebensmittelbetriebe innerhalb des abgegrenzten Untersuchungs- raums erreichen eine aggregierte Verkaufsfläche von ca. 5.755 m², davon rd. 4.940 m² im Hauptsortiment Nahrungs- und Genussmittel. Auf diesen Flächen generieren die Betriebe nach gutachterlicher Einschätzung einen Lebensmittelumsatz von ca. 22,2 Mio. € (brutto, p.a.).13 In Relation zu der im Einzugsgebiet vorhandenen Kaufkraft von ca. 37,1 Millionen €, erzielen die Bestandsbetriebe (inkl. Netto) eine Kaufkraftbin- dung von ca. 66 %, d.h. ca. 1/3 % der in der Stadt Taucha vorhandenen Kaufkraft für Lebensmittel fließt derzeit an andere Wettbewerbsstandorte ab. 13 Alle Angaben ohne Netto im Bestand. 18
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 5 Prüfung einer atypischen Fallgestaltung Die in § 11 Abs. 3 BauNVO formulierte Regelvermutung kann durch Gel- täglichen Bedarf zuzuordnen sind. Im Wesentlichen gehören hierzu Droge- tendmachung einer atypischen Fallgestaltung widerlegt werden. Eine sol- riewaren. Hinzu kommen weitere nahversorgungsrelevante Sortimente wie che Atypik kann in betrieblicher oder städtebaulicher Hinsicht bestehen. z.B. Zeitschriften, die auf untergeordneter Verkaufsfläche angeboten wer- Eine betriebliche Atypik liegt bei Betrieben des Lebensmitteleinzelhandels den. Zur Einschätzung der zukünftigen Verkaufsflächenaufteilung des er- nicht vor (vgl. VGH Baden-Württemberg, 12.07.2006, 3 S 1726/05), daher weiterten Netto Lebensmitteldiscounters mit einer Gesamtverkaufsfläche werden nachfolgend die Kriterien für eine städtebauliche Atypik dargelegt von ca. 1.200 m² stützt sich die cima auf Erhebungsdaten von Netto-Märk- und geprüft. ten entsprechender Größenordnung. Demnach liegt der Anteil nahversor- gungsrelevanter Sortimente bei Märkten dieser Größenordnung bei ca. Dem „Leitfaden zum Umgang mit § 11 Abs. 3 BauNVO in Bezug auf 95 %. Der Verkaufsflächenanteil für nicht nahversorgungsrelevante Sorti- Betriebe des Lebensmitteleinzelhandels (Gesetzgebungsstand: Sep- mente beträgt demgegenüber ca. 5 % (vgl. Tab. 1). tember 2017)“ sind hierzu folgende Anhaltspunkte zu entnehmen: Somit ist der Netto Lebensmitteldiscounter bzgl. des Warenangebotes als ▪ Der Flächenanteil für nicht nahversorgungsrelevante Sortimente be- Nahversorgungsbetrieb zu klassifizieren. trägt weniger als 10 % der Verkaufsfläche. ▪ Das Planvorhaben ist hinsichtlich des induzierten Verkehrsaufkom- Tab. 1: Sortimentsaufteilung nahversorgungsrelevanter und nicht nahver- mens verträglich. sorgungsrelevanter Sortimente im erweiterten Netto Lebensmittel- ▪ Das Planvorhaben ist städtebaulich integriert. markt Verkaufsflächen- ▪ Das Planvorhaben sichert die verbrauchernahe Versorgung. Verkaufsfläche Sortiment anteil in m² in % Im Folgenden werden die einzelnen Prüfaspekte untersucht. nahversorgungsrelevante Sortimente* ca. 1.140 ca. 95 (u.a. Lebensmittel, Drogeriewaren, Zeitschriften) nicht nahversorgungsrelevante Sortimente Flächenanteil der nicht nahversorgungsrelevanten Sortimente (u.a. Haushaltswaren, Non-Food Aktionswaren) ca. 60 ca. 5 Bei dem zur Erweiterung vorgesehenen Netto Lebensmitteldiscounter han- Summe ca. 1.200 ca. 100 delt es sich um einen Betrieb mit einem eindeutigen nahversorgungsrele- * gemäß Nahversorgungskonzept für die Stadt Taucha 2019 vanten Fokus. Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021 Der Markt führt ein nahversorgungsrelevantes Hauptsortiment mit dem Schwerpunkt „Lebensmittel“. Darüber hinaus umfasst der Betrieb ein festes Angebot weiterer Sortimente, die dem Nahversorgungssegment bzw. dem 19
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 Verträglichkeit des induzierten Verkehrs Der hier anzuwendende Nahbereich wird anhand der Bevölkerungsdichte Aufgrund der moderaten Verkaufsflächenerweiterung und der Lage nahe definiert und kann somit aufgrund unterschiedlicher siedlungsstruktureller der B 87 ist aus Sicht der cima nicht davon auszugehen, dass das Planvor- und zentralörtlicher Gegebenheiten im jeweiligen Einzelfall variieren. Vor haben in unverträglichem Maße Verkehr induzieren wird. Der Markt dient diesem Hintergrund ist für den hier untersuchten Projektstandort ein fuß- primär der Nahversorgung und wird keine übermäßigen Verkehre aus an- läufiger Nahbereich von etwa 10 Gehminuten realistisch. Dies entspricht deren Stadtquartieren auf sich ziehen. Die Reduzierung des Parkplatzange- der Zone I des Einzugsgebietes. Unsere Berechnungen zeigen, dass der botes belegt ebenfalls, dass kein unverträglicher Anteil an PKW-Kunden Markt bereits aus dieser Zone einen Umsatz von ca. 1,9 Mio. € generiert, erwartet wird. was einem Umsatzanteil von ca. 52 % entspricht (s. Tab. 2). Damit ist zu konstatieren, dass der erweiterte Netto Lebensmittelmarkt ganz überwie- Städtebauliche Integration gend auf die verbrauchernahe Versorgung ausgerichtet ist, also der Nah- versorgung dient. Der Projektstandort an der Graßdorfer Straße wird durch das Nahversor- gungskonzept 2019 als städtebaulich nicht integriert klassifiziert. Der Be- Tab. 2: Umsatzherkunft des erweiterten Netto Lebensmittelmarktes trieb ist nicht unmittelbar in eine Wohngebietslage eingebunden. Aller- Kaufkraft Kaufkraft- Umsatz dings existieren in fußläufiger Nahlage Wohnquartiere, für die der Markt Umsatzherkunft Einwohner Lebensmittel bindung Lebensmittel Umsatzanteil in % einen wichtigen Nahversorger darstellt. In ca. 250 m Entfernung befindet in Mio. € in % in Mio. € sich über einen Fußweg erreichbar an der Leipziger Straße die nächstgele- Nahversorgungsbereich 3.340 7,9 25 1,9 52 (Zone I: 10 Gehminuten) gene ÖPNV-Haltestelle. Insgesamt ist dem Betrieb mindestens eine sied- Übriges Einzugsgebiet lungsstrukturelle Integrationslage zu bescheinigen. (Zone II) 12.369 29,2 5 1,4 38 Streuumsätze von außerhalb des --- --- --- 0,4 10 Verbrauchernahe Versorgung Einzugsgebietes In den „Leitlinien zum Umgang mit § 11 Abs. 3 BauNVO in Bezug auf Be- Summe 15.709 37,1 --- 3,7 100 triebe des Lebensmitteleinzelhandels“ wird dargelegt, dass ein „Vorhaben Lbm-Umsatz Netto-Markt 1.200m² VK: 3,7 vorwiegend der verbrauchernahen Versorgung [dient], wenn der voraussicht- Quelle: MBR 2020, bereitgestellt von ArcGis online 2021; Statistisches Landesamt des liche Umsatz des Vorhabens für nahversorgungsrelevante Sortimente über- Freistaates Sachsen, Stand: 31.12. 2020; CIMA Beratung + Management GmbH wiegend aus dem Umfeld generiert wird.“ 2021, ca.-Werte gerundet In diesem Zusammenhang wird auf das OVG Lüneburg, Urteil vom 28.09.2015, Az. 1 MN 144/15 verwiesen, in dem dieser Sachverhalt genauer Bei dem zu Erweiterung vorgesehenen Netto Lebensmitteldiscounter beleuchtet wird: „Ein Betrieb dient der wohnortbezogenen Nahversorgung, an der Graßdorfer Straße kann insgesamt eine atypische Fallgestal- wenn eine funktionale Zuordnung zu einem oder mehreren Wohngebieten tung nachgewiesen werden. Er bietet überwiegend nahversorgungs- vorliegt, der angesprochene Kundenkreis überwiegend, d.h. zu mehr als 50 relevante Sortimente an und dient der verbrauchernahen Versorgung. %, aus dem fußläufig erreichbaren Umfeld stammt (…).“ Darüber hinaus ist er zumindest siedlungsstrukturell integriert. An- haltspunkte für ein durch die Ansiedlung induziertes unverträgliches Verkehrsaufkommen liegen nicht vor. 20
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 6 Wirkungsprognose 6.1 Umsatzerwartung des Erweiterungsvor- Aufgrund des sehr geringen Verkaufsflächen- und Umsatzanteils der Dro- geriewaren und der sonstigen Randsortimente werden die ökonomischen habens Auswirkungen hier rechnerisch nicht nachweisbar sein bzw. können zen- trenschädigende Effekte von vornherein ausgeschlossen werden. In der Die Verkaufsfläche des Netto-Marktes an der Graßdorfer Straße soll von ca. nachfolgenden Prognose werden daher nur die Auswirkungen des Sorti- 781 m² auf ca. 1.200 m² erweitert werden. Damit soll auch zukünftig ein ments Lebensmittel ermittelt. zeitgemäßes und kundenfreundlich präsentiertes Nahversorgungsangebot Zur Ermittlung der Umsatzleistung des Erweiterungsvorhabens sind Flä- für die Kund*innen sichergestellt werden. chenproduktivitäten zu Grunde gelegt worden, die sich an der örtlichen Mit der Zielgröße von ca. 1.200 m² Verkaufsfläche überschreitet das Erwei- Wettbewerbssituation in Taucha und des Umlandes orientieren, sowie auf terungsvorhaben die Regelvermutungsgrenze des § 11 Abs. 3 BauNVO für Grundlage der durchschnittlichen Flächenproduktivitäten entsprechender großflächigen Einzelhandel (> 800 m² Vkfl.). In der Wirkungsprognose Betriebstypen und vergleichbarer Verkaufsflächendimensionierungen, die muss daher geprüft werden, ob das Vorhaben negative Auswirkungen i.S.d. im Bundesdurchschnitt ermittelt worden sind. § 11 Abs. 3 BauNVO hätte, also insbesondere wesentliche negative Auswir- Für den Netto-Markt prognostiziert die cima für die untersuchungsrele- kungen auf die Funktions- und Entwicklungsfähigkeit zentraler Versor- vante Warengruppe einen maximalen Umsatzzuwachs von ca. 1,3 Mio. € gungsbereiche oder auf die Strukturen der wohnortnahen Versorgung. (brutto, p.a.) durch die Verkaufsflächenerweiterung um ca. 419 m². Da es sich um die Verkaufsflächenerweiterung eines bereits ortsansässigen und etablierten Lebensmittelmarktes handelt, ist lediglich die Erweite- Tab. 3: Verkaufsflächen- und Umsatzstruktur des erweiterten Netto Le- rungsfläche von ca. 419 m² umverteilungsrelevant für die nachfolgende bensmittelmarktes an der Graßdorfer Straße ökonomische Wirkungsprognose. Netto Lebensmitteldiscounter, Graßdorfer Straße Bestand Erweiterung Differenz Basierend auf den Angaben des Auftraggebers sowie einem Abgleich der Sortimentsstruktur mit anderen Netto-Märkten gehen wir davon aus, dass Verkaufsfläche in m² 781 1.200 419 der Großteil der Erweiterungsfläche mit 419 m² auf das Hauptsortiment Le- bensmittel entfallen wird. Auf das Nebensortiment Drogeriewaren (Körper- Umsatz in Mio. € 3,0 4,6 1,6 pflegeprodukte, Wasch-/ Putz-/ Reinigungsmittel) und auf sonstige Rand- davon mit Lebensmitteln in Mio. € 2,4 3,7 1,3 sortimente entfällt in Summe nur ein geringer Teil der Erweiterungsfläche; davon mit Randsortimenten in Mio. € 0,6 0,9 0,3 hierin sind einerseits die periodischen Warengruppen sowie Randsorti- Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021, ca.-Werte gerundet mente des aperiodischen Bedarfs (z.B. Haushaltswaren, Tiernahrung, wö- chentlich wechselnde Aktionswaren usw.) enthalten. 21
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 auf die vorhandene Nachfrage (= Wohnort der Kund*innen), sondern auf 6.2 Ökonomische Wirkungsprognose den im Einzelhandel getätigten Umsatz (= Einkaufsort der Kund*innen). Die geplante Erweiterung des an der Graßdorfer Straße ansässigen Netto Tab. 4: Umsatzumverteilungseffekte im Einzugsgebiet (Hauptsortiment Le- Lebensmitteldiscounters würde in erster Linie eine Verlagerung von Kun- bensmittel) denfrequenzen innerhalb des Einzugsgebietes zur Folge haben. Daher ist Umsatz mit Umsatzumverteilung abzuwägen, inwieweit der bestehende Einzelhandel innerhalb des räumlich Einzugs- Lbm im Lage definierten Bereiches durch Frequenzverluste und Umsatzumverteilungsef- gebiet Bestand* in Mio. € in % fekte tangiert wäre und ob dadurch negative städtebauliche Auswirkungen in Mio. € entstehen würden. Die Auswirkungen auf die wohnortnahe Versorgung Zone I ZVB "Innenstadtzentrum" 0,6 *** *** und die zentralen Versorgungsbereiche sind dabei das maßgebliche Be- Sonstige Lagen 10,2 0,7 7 wertungskriterium. Zone II Nahversorgungszentrum "Sommerfelder Straße" 2,6 *** *** Die Prognose der Umsatzumverteilungen innerhalb der Einzelhandels- strukturen geht auf den ökonometrischen Modellansatz nach Huff14 zu- Sonstige Lagen 8,8 0,4 5 rück. In die Berechnungen fließen die Attraktivität aller konkurrierenden Einzelhandelsstandorte sowie das Abwägen des Zeitaufwandes zum Auf- Sonstige Orte / diffuse Umsatzverlagerungen 0,1 suchen von unterschiedlichen Wettbewerbsstandorten ein. Voraussetzung *ohne Netto im Bestand für die Entwicklung eines für den Vorhabenstandort spezifischen Verhal- *** Wert wegen Geringfügigkeit nicht ausgewiesen tensmodells ist die detaillierte Analyse der Einzelhandelsstrukturen inner- Quelle: CIMA Beratung + Management GmbH 2021, ca.-Werte gerundet halb des festgelegten Bereiches. Die Attraktivität der relevanten Wettbe- werbsstandorte im Einzugsgebiet wurde dabei ebenso gewürdigt wie die Die ökonomische Wirkungsprognose zeigt, dass durch das Erweiterungs- Attraktivität konkurrierender Einkaufsstandorte außerhalb dieses Untersu- vorhaben um ca. 419 m² Verkaufsfläche messbare Umsatzumverteilungen chungsraums (Oberzentrum Leipzig). ausgelöst werden würden, die jedoch an allen Standorten des Untersu- Bei der Bewertung des Erweiterungsvorhabens und bei der Berech- chungsraums deutlich unter dem Abwägungsschwellenwert (= rd. 10 % nung der Umsatzumverteilungswirkungen geht die cima von einem Umsatzumverteilung) bleiben würden. „Worst-Case-Ansatz“ aus. Dieser bildet – unter realistischen Bedingun- Im Zentralen Versorgungsbereich „Innenstadtzentrum“ ist kein wesent- gen – die maximal zu erwartenden Umverteilungswirkungen ab. Die nach- licher Wettbewerber ansässig. Etwaige Umsatzumverteilungseffekte bei folgend ausgewiesenen Umsatzumverteilungsquoten beziehen sich nicht den vorhandenen kleinen Lebensmittelgeschäften sind insgesamt so ge- ring, dass sie mit den Mitteln der prognostischen Marktforschung nicht 14 Dr. David L. Huff: „Defining and Estimating a Trading Area“. Die cima interpretiert das ihrer Plausibilität zu hinterfragen, ob tatsächlich ein realistisches Konsumverhalten abge- ökonometrische Prognosemodell nach Huff als ein Denkmodell, das keine schlussfertigen bildet wird. Daher wurden die Berechnungen mit den Ergebnissen der Ortsbegehungen Ergebnisse aus einer Formel ableitet. Vielmehr sind die Ergebnisse immer wieder in und weiteren gutachterlichen Bewertungen abgestimmt. 22
Auswirkungsanalyse Netto Lebensmittelmarkt, Graßdorfer Straße, Taucha 2021 mehr seriös ausweisbar sind. Negative städtebauliche Folgen sind hier aus- zuschließen. Die sonstige Lage der Zone I wird durch den Kaufland Verbrauchermarkt dominiert. Dieser Betrieb hat aufgrund der Nahlage zum hier untersuchten Projektstandort die höchste Umsatzumverteilung zu tragen. Aufgrund sei- nes Gesamtumsatzes lieg die Quote mit ca. 7 % jedoch deutlich unterhalb des abwägungsrelevanten Schwellenwertes von 10 %. Das Nahversorgungszentrum „Sommerfelder Straße“ und hier der Netto Lebensmitteldiscounter ist nur marginal von Umsatzumverteilungs- effekten betroffen. Negative städtebauliche Folgen sind hier ebenfalls nicht zu erwarten. In den sonstigen Lagen der Zone II befinden sich die zwei Lebensmittel- discounter Aldi und Lidl. Ca. 0,4 Mio. € der Umsatzerhöhung kommen ins- besondere von diesen zwei Betrieben. Die Umsatzumverteilungsquote von ca. 5 % liegt jedoch auch hier deutlich unterhalb des abwägungsrelevanten Schwellenwertes von 10 %, so das schädliche Auswirkungen auf die Nah- versorgung in dieser Lage nicht zu erwarten sind. In der Gesamtbetrachtung ist die Verkaufsflächenerweiterung des Netto Lebensmitteldiscounters an der Graßdorfer Straße um 419 m² auf ca. 1.200 m² als städtebaulich verträglich einzustufen. Schädliche Auswirkungen auf Zentrale Versorgungsbereiche sowie die Versor- gungsstrukturen des Lebensmitteleinzelhandels in der Stadt Taucha konnten nicht festgestellt werden. Der Standort des Lebensmitteldis- counters ist zudem als siedlungsstrukturell integriert einzustufen und erfüllt eine wichtige Nahversorgungsfunktion für die angrenzenden Wohnquartiere. 23
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