Automatisierte Erzeugung von Online-Lehreinheiten aus Tele-Veranstaltungen
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Automatisierte Erzeugung von Online-Lehreinheiten aus Tele-Veranstaltungen
Volker Hilt
Universität Mannheim, hilt@informatik.uni-mannheim.de
Abstract: Many Universities are now experimenting berg angehören, regelmäßig Tele-Veranstaltungen mit
with the synchronous transmission of lectures over the den Projektpartnern durchgeführt. Das Hauptziel dieses
Internet. However, the creation of virtual training units synchronen Austauschs von Lehrveranstaltungen ist es
accompanying such online-lectures usually requires a Ortsunabhängigkeit zwischen Dozent und Studierenden
high manual effort. As a consequence, only parts of these zu erreichen. Seit 1998 werden im Projekt Educational
courses are typically made available as Internet-based Multimedia Library (EMuLib) an der Universität Mann-
virtual training units. In this paper we present a scheme, heim multimediale Computer-Based-Training-Einheiten
that enables the creation of self-contained training units (CBT-Einheiten) zu einzelnen Tele-Veranstaltungen
from live-lectures with minimal effort. In this paper we erstellt. Das Hauptaugenmerk dieses asynchronen Szena-
discuss major technical challenges such as the automatic rios liegt auf der orts- und zeitunabhängigen Versorgung
cut of recorded lectures into slide-size sections and the der Studierenden mit Lehrmaterialien.
integration of additional course material, and we present Mit der Herstellung von CBT-Einheiten ist meist ein
experiences we have gained using the presented system. erheblicher Aufwand verbunden, insbesondere wenn der
Stoff dem Medium entsprechend didaktisch aufbereitet
Zusammenfassung: Die synchrone Übertragung und mit multimedialen Bestandteilen (wie Animationen
von Lehrveranstaltungen über das Internet wird derzeit oder Videoclips) angereichert werden soll. Aus diesem
an vielen Universitäten erprobt. Die Aufbereitung solcher Grund wurden Lehrveranstaltungen typischerweise nur
Veranstaltungen als virtuelle Kurseinheiten war bislang auszugsweise aufbereitet und auf einem Lehrserver zum
jedoch mit hohen manuellen Aufwand verbunden. Als Abruf bereitgestellt. Wünschenswert ist daher ein Verfah-
Konsequenz wurden Lehrveranstaltungen typischerweise ren zur Erstellung multimedialer Lerneinheiten, das die-
lediglich auszugsweise im Internet verfügbar gemacht. In sen Mehraufwand minimieren kann und sich im
diesem Artikel wird ein Verfahren besprochen, mit dem Routinebetrieb einsetzen lässt. Ein Ansatz hierzu ist es,
Tele-Veranstaltungen mit minimalem Aufwand zu einer die Lehrveranstaltungen des synchronen Szenarios aufzu-
abgeschlossenen, Internet-basierten virtuellen Lernein- zeichnen und mit sämtlichen zu dieser Veranstaltung ver-
heit aufbereitet und auf einem Lehrserver bereitgestellt fügbaren multimedialen Bausteinen (Vorlesungsfolien,
werden können. Dieser Artikel diskutiert wichtige techni- Simulationen, Animationen, Übungen zur Selbstkont-
sche Aspekte eines solchen Verfahrens, wie der automati- rolle, etc.) zu verknüpfen. Erfolgt dieser Prozess weitge-
sche Schnitt einer Aufzeichnung in foliengroße Einheiten hend automatisiert, dann entstehen multimediale CBT-
und die Einbettung weiterführender Lehrmodule, und Einheiten zu vernachlässigbaren Zusatzkosten. Dadurch
geht auf Erfahrungen im Umgang mit dem entwickelten ist es möglich, Lehrveranstaltungen zu vollwertigen vir-
System ein. tuellen Kurseinheiten aufzubereiten, die für sich alleine
bearbeitet werden können.
In diesem Artikel wird ein automatisiertes Verfahren
1. Motivation zur Aufbereitung von Tele-Veranstaltungen zu internet-
basierten Lerneinheiten vorgestellt. Abschnitt 2 diskutiert
Der Austausch von Vorlesungen, Seminaren und zunächst andere Arbeiten auf diesem Gebiet und
Übungen über das Internet, das sogenannte TeleTeaching, Abschnitt 3 bespricht die für synchrone und asynchrone
hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung Lehrszenarien relevanten Medien. In Abschnitt 4 wird
gewonnen. An der Universität Mannheim werden seit die Aufzeichnung der Live-Datenströme synchroner
1996 zunächst im Rahmen des Projekts TeleTeaching Lehrveranstaltungen sowie der automatische Schnitt die-
Mannheim-Heidelberg und anschließend im Verbundpro- ser Aufzeichnungen in foliengroße Einheiten vorgestellt.
jekt der Virtuellen Hochschule Oberrhein (VIROR), dem Abschnitt 5 bespricht anschließend die automatisierte
auch die Universitäten Freiburg, Karlsruhe und Heidel- Generierung der Kurseinheiten aus den verfügbarenLehrmaterialien. Abschnitt 6 stellt ein Beispiel für eine phiken und Bilder) von einem Dozenten präsentiert. Im
Kurseinheit vor und geht auf die mit dem System gewon- VIROR-Projekt wurde zur Übertragung dieser Präsentati-
nenen Erfahrungen ein. Abschnitt 7 fasst die Ergebnisse onen zwischen den verteilten Standorten zunächst das
zusammen. Shared-Whiteboard wb und später das dlb [6] eingesetzt.
Zusätzlich werden in einigen Fällen Animationen und
Simulationen verwendet um komplexe Sachverhalte zu
2. Andere Arbeiten veranschaulichen. Sie müssen ebenfalls zwischen den
verteilten Standorten übertragen werden. Im Rahmen des
Das an der Universität Freiburg entwickelte AOF-Sys- VIROR-Projekts wurden bislang Java-Animationen ein-
tem [2] ermöglicht die lokale Aufzeichnung von Lehrver- gesetzt, die mit Hilfe der Java Remote Control [9] von
anstaltungen. Der Dozent benutzt dabei zur Präsentation einem Hörsaal aus ferngesteuert werden können.
der Folien während seiner Lehrveranstaltung das AOF- Ein weiterer wichtiger Kommunikationskanal zwi-
Whiteboard AOFwb; die Folienpräsentation kann an pas- schen den verteilten Standorten bilden die verbalen
sive Empfänger übertragen werden. Die erzeugten AOF- Erläuterungen des Dozenten sowie Diskussionsrunden.
Aufzeichnungen eignen sich aufgrund ihrer Größe (typi- Dagegen erhöht in vielen Fachbereichen (wie der Infor-
sche Werte für eine 90-minütige Vorlesung liegen zwi- matik) das Videobild zwar die soziale Präsenz der Teil-
schen 30 und 60 MB) und der fehlenden Streaming- nehmer untereinander, es transportiert jedoch nur wenige
Fähigkeit, vor allen Dingen zur Produktion von Multime- inhaltliche Informationen. Für einige Fachbereiche ist
dia-CD-ROMs und weniger für Netzwerk-basierte Kurs- aber auch das Video von entscheidender Bedeutung, bei-
einheiten. spielsweise bei der Vorführung eines physikalischen
Sowohl das am Georgia Institute of Technology entwi- Experiments. Im VIROR-Projekt werden derzeit vat bzw.
ckelte eClass-System [1] (vormals Classroom 2000) als rat für die Audioübertragung und vic zur Video-
auch der an der Cornell University entwickelte Cornell übertragung zwischen den verteilten Standorten einge-
Lecture Browser [11] erzeugen aus einer Lehrveranstal- setzt. Diese Anwendungen basieren auf dem RTP-
tung eine Web-basierte Kurseinheit. Beide Systeme Protokoll. Der Videostrom des Dozenten wird mit H.261
zeichnen den Audio- und Videoanteil einerVeranstaltung kodiert und mit einer Bandbreite von etwa 600 KBit/s
mit Hilfe des Real-Systems auf. Aus den zugehörigen übertragen. Zur Kodierung des Audios wird GSM mit
Folien werden HTML-Seiten generiert, die automatisch einer Bandbreite von ca. 16 KBit/s benutzt. Um die Qua-
mit der Audio- und Videoaufzeichnung verknüpft wer- lität der übertragenen Videoströme weiter zu erhöhen
den. Beide Systeme sehen allerdings grundsätzlich keine werden derzeit Experimente mit MPEG-2 Hardware-
Aufzeichnung und Wiedergabe der Shared-Whiteboard- Codecs durchgeführt. Sie erzeugen einen RTP-basierten
Datenströme vor. Für jeden Vortrag einer Lehrveranstal- Datenstrom von 3 - 4 MBit/s pro Sender und erreichen
tung wird von beiden Systemen eine Kurseinheit erzeugt. PAL-Fernsehqualität.
Die Produktion von vortragsübergreifenden, nach inhalt-
lichen und didaktischen Kriterien ( z.B. nach Vorlesungs- 3.2 Medien im asynchronen TeleTeaching
kapiteln) strukturierten Kurseinheiten ist nicht
vorgesehen. Im Gegensatz zum synchronen Szenario, in dem Lehr-
Neben diesen Systemen zum automatischen Erzeugen material durch einen Dozenten präsentiert wird, können
von Kurseinheiten existieren eine Reihe von Produkten, Studenten im asynchronen Szenario den gewünschten
die es ermöglichen, Lehrdokumente für verteilte Lern- Stoff angepasst an die eigenen Lernpräferenzen bezüg-
gruppen zu verwalten. Beispiele hierfür sind das BSCW- lich Inhalt und Tempo abrufen. Aufgrund dieses funda-
System [3], WebCT [13] und der Lotus Learning Space mentalen konzeptionellen Unterschiedes dürfen Menge
[10]. und Streuweite des angebotenen Materials erheblich grö-
ßer sein als in synchronen Veranstaltungen.
Die Lehrmaterialen können entweder auf einem Ser-
3. Medien in der Lehre ver zum Abruf über ein Netzwerk bereitgehalten oder per
CD-ROM verteilt werden. Ein Vorteil der Verteilung per
3.1 Medien im synchronen TeleTeaching CD-ROM ist, dass für die Studenten beim Abruf der
Materialien und insbesondere bei der Wiedergabe der
aufgezeichneten Lehrveranstaltungen keine Netzzu-
In synchronen Tele-Veranstaltungen werden im Regel-
gangsgebühren anfallen. Dieser Vorteil wird allerdings
fall vorbereitete Lehrdokumente (wie Folien, Texte, Gra-
durch Pauschaltarife der Netzwerkbetreiber sowie durchdie kostenfreien Netzzugänge in den Studentenwohnhei- bezieht. Protokolliert man die Zeitstempel dieser Blätter-
men relativiert. Eine Server-basierte Lösung hat den Vor- operationen, so erhält man Schnitt-Zeitpunkte, aus denen
teil, dass die Materialien zeitnah zu den Veranstaltungen sich die gesuchten Vorlesungsabschnitte erzeugen lassen.
zur Verfügung gestellt werden können. Dadurch können Etwas problematisch sind dabei Blätteroperationen auf
aktuelle Foliensätze von den Studenten vor einer Veran- zurückliegende Seiten. Hier ergeben sich prinzipiell zwei
staltung geladen und versäumte Lehrveranstaltungen Möglichkeiten: Der Abschnitt zwischen dem Zurückblät-
kurze Zeit nach dem Veranstaltungstermin durch den tern und der nächsten Blätteroperation kann der zurück-
Abruf der entsprechenden Aufzeichnung nachgeholt wer- liegenden Seite zugeordnet werden. Für sie sind dann im
den. Weiterhin ergibt sich für den Autor der entschei- Regelfall zwei Vorlesungsabschnitte verfügbar. Geht man
dende Vorteil, dass die Materialen sehr viel leichter allerdings davon aus, dass ein Dozent in der Regel
fortlaufend aktualisiert und erweitert werden können. zurückblättert um einen Sachverhalt im Kontext der aktu-
Aus diesen Gründen erscheint die Bereitstellung der ellen Folie zu verdeutlichen (beispielsweise um Unter-
CBT-Lehrdokumente auf einem Server als eine sinnvolle schiede herauszuarbeiten), dann ist es sinnvoll diesen
Designalternative. Aus technischer Sicht wird hierzu eine Abschnitt der aktuellen Folie zuzuordnen. In den von uns
Kombination aus einem Web-Server und einem Server aufgezeichneten Veranstaltungen konnten mit der zwei-
für nicht-interaktive und interaktive Medienströme, wie ten Alternative semantisch passende Schnittpunkte
er mit dem IMoD-System zur Verfügung steht, benötigt. erzeugt werden.
Insgesamt liefert dieses Vorgehen nach unseren Erfah-
rungen eine gute Unterteilung der Aufzeichnung. Sehr
4. Aufzeichnung von gute Ergebnisse werden erzielt, wenn sich der Dozent des
Lehrveranstaltungen Verfahrens bewusst ist und Sprechpausen beim Blättern
der Folien einfügt. Aber auch bei ungeübten Dozenten
liefert das Verfahren gute Ergebnisse. Bis auf wenige
4.1 Aufzeichnung der Medienströme Ausnahmen liegen die Schnittpunkte hier inhaltlich an
der richtigen Stelle. Oftmals wird allerdings ein überlei-
Die Audio- und Videoströme synchroner Lehrveran- tender Satz getrennt. Um die generierten Schnittpunkte
staltungen wurden bislang im Regelbetrieb mit dem zu verbessern, können sie durch manuelle Nachbearbei-
MVoD-System [8] aufgezeichnet. Die Videoströme wur- tung an die korrekte Position verschoben werden. Eine
den hierzu mit dem RTP-Gateway von ca. 600 auf 128 andere Möglichkeit hierzu wäre die Analyse des zugehö-
KBit/s herabskaliert. Medienströme des Shared-Whitebo- rigen Audiostroms, die jedoch mit erheblicher zusätzli-
rads sowie der Animationen und Simulationen wurden im cher Komplexität verbunden ist.
regulären Vorlesungsbetrieb in Mannheim bislang nicht Zur Analyse des Shared-Whiteboard-Datenstroms
aufgezeichnet. Mit dem neu entwickelten Shared-White- wurden zwei Werkzeuge entwickelt: das Werkzeug lis-
boad mlb [12] und dem IMoD-Rekorder [7] stehen nun- tenwb generiert Schnittpunkte aus dem Datenstrom des
mehr auch Werkzeuge zur Aufzeichnung dieser wb, ein Zusatzmodul des dlb-Rekorders übernimmt diese
Medienströme zur Verfügung. Diese neuen Werkzeuge Aufgabe für Datenströme des dlb. Beide Werkzeuge
werden derzeit erprobt, und es ist geplant sie im kom- erzeugen eine Indexdatei, die bei der Generierung der
menden Sementer erstmals einzusetzen. Kurseinheit (s.u.) ausgewertet wird.
4.2 Automatischer Schnitt
5. Erzeugung einer Kurseinheit
Eng mit der Aufzeichnung von Medienströmen einer
Lehrveranstaltung verbunden ist der automatische Schnitt 5.1 Konversion und Strukturierung der Materi-
dieser Aufzeichnungen in kleinere Abschnitte, die mit alien
den Vorlesungsfolien und anderen Dokumenten zu einer
multimedialen CBT-Einheit verknüpft werden können.
Ein Problem bei der Generierung von Kurseinheiten
Eine einfache Möglichkeit hierzu ist die Analyse der im
bilden die verschiedenen Dokumentenformate von Lehr-
Shared-Whiteboard-Medienstrom enthaltenen Operatio-
materialien. Die von Autoren erstellten Veranstaltungs-
nen des Dozenten. Im Allgemeinen kann davon ausge-
unterlagen liegen typischerweise in einem
gangen werden, dass sich der Inhalt eines durch zwei
Autorenwerkzeug-spezifischen Format vor (z. B. als
Blätteroperationen im Shared-Whiteboard abgegrenzten
Microsoft Word- oder PowerPoint-Dokument). Diese
Vorlesungsabschnitts auf die dargestellte Vorlesungsfolie
Dokumentenformate entsprechen im Regelfall nicht denspezifischen Anforderungen der unterschiedlichen Lehrs- Hyperlinks miteinander verknüpft. Bei Aktivierung eines
zenarien bzw. der dort eingesetzten Werkzeuge. Bei- Hyperlinks lädt ein Web-Browser das Dokument voll-
spielsweise erwarten viele Shared-Whiteboard- ständig vom Server und stellt es anschließend dar. Dieses
Anwendungen Postscript-Dateien als Eingabe, während Paradigma eignet sich nicht für das Verknüpfen von
für Web-basierte CBT-Einheiten das HTML-Format Medienströmen. Im Wesentlichen müssen hierzu zwei
geeignet ist. Es ist also notwendig die erstellten Doku- Aufgaben erledigt werden: es muss eine passende Deko-
mente vom Primärformat des Autorenwerkzeugs in die deranwendung beim Client gestartet werden, und die
für die anvisierten Lehrszenarien geeigneten Präsentati- Wiedergabe des Medienstroms vom Server muss durch
onsformate umzuwandeln. Kontrolloperationen (siehe auch Abschnitt 2.3.2) gesteu-
Insgesamt gliedert sich das Generieren von multime- ert werden.
dialen Kurseinheiten für Lehrveranstaltungen in drei Zunächst wurden in den erzeugten CBT-Einheiten die
Schritte: Nach dem Editieren eines Dokuments im ersten MBone-Tools vic und vat als Dekoderanwendungen beim
Schritt werden im zweiten Schritt die Präsentationsfor- Client verwendet. Die Steuerung der Wiedergabe über-
mate Postscript, PDF und HTML erzeugt. Die Postscript- nahm für alle Clients das www2rdcp Java-Servlet, in dem
Version dient in erster Linie zum Einsatz in einem es den angeforderten Abschnitt vollständig abspielte. Der
Shared-Whiteboard. Derzeit experimentieren wir hierfür Vorteil dieses Ansatzes ist die geringe Komplexität auf
zusätzlich mit einer Version in Form von GIF-Bildern. dem Client-Rechner. Der Hauptnachteil ist die fehlende
Die Postscript- und insbesondere die PDF-Version kann Kontrolle der Wiedergabe durch den Benutzer.
von den Studenten zum Ausdruck verwendet werden. Um dieses Problem zu beseitigen, wurde ein Java-
Aus der HTML-Version wird die eigentliche CBT-Ein- Applet zur Kontrolle des Videoservers entwickelt. Initi-
heit generiert. Der dritte Schritt des Verfahrens realisiert iert der Benutzer das Abspielen einer Aufzeichnung,
die Verknüpfung der Materialien zu einer CBT-Einheit. dann baut das Applet eine Kontrollverbindung zum Vide-
Kernstück dieses Schrittes bildet das Perl-Script cbt-gen, oserver aufbauen. In das Java-Applet wurden die Audio-
das die im zweiten Schritt erzeugten HTML-Dokumente, und Videodekoder des Java Media Framework (JMF)
die verfügbaren zusätzlichen Lehrmodule sowie die Vor- integriert, so dass es die wiedergegebenen Audio- und
lesungsaufzeichnungen durch Hyperlinks miteinander Videoströme selbst dekodieren und darstellen kann.
verbindet. Die Verknüpfung der Materialen wird durch Neben dem JMF ist hier keine Installation von Werkzeu-
eine Indexdatei gesteuert (siehe Abbildung 1). Sie enthält gen beim Client notwendig. Es ist davon auszugehen,
für jede Vorlesungsfolie einen Eintrag, in dem der zuge- dass das JMF zukünftig Bestandteil der mit den Web-
hörige Abschnitt der Vorlesungsaufzeichnung sowie Ver- Browsern ausgelieferten Java-Implementierung sein
weise auf die Zusatzmodule zur Folie angegeben sind. wird, und die Kurseinheiten dann ganz ohne Installati-
Die Grundstruktur der Indexdatei wird bereits bei der onsarbeiten von jedem Web-Browser aus betrachtet wer-
automatischen Bestimmung der Schnittpunkte generiert den können.
(siehe Abschnitt 4.2). Diese Grundstruktur kann vom
Autor erweitert werden, indem er einzelnen Folien
Zusatzmodulen zuordnet. Zusätzlich zur Verknüpfung 6. Beispiel und Erfahrungen
der Dokumente erzeugt das Perl-Script auch ein Inhalts-
verzeichnis für die CBT-Einheit. Bislang sind Kurseinheiten zu den Mannheimer
Name der Folien-Titel Hauptstudiumsveranstaltungen Multimediatechnik [4]
Aufzeich- Abschnitt der Aufzeichnung
nung { DLBR-3182595350 und Rechnernetze [5] sowie zu den Veranstaltungen des
Folien-
Eintrag{ "2.2.2 Block Truncation Coding" 2285 2587
"anim/imgCompr/btc.html" "BTC Animation"
"Algorithmus BTC (Fortsetzung)" 2587 2681
Grundstudiums Praktische Informatik I und Praktische
Informatik II entstanden. Weiterhin wurden Kurseinhei-
zusätzliches "Dekompression bei BTC" 2681 2822 ten zu einer Java-Veranstaltung sowie zu einzelnen Vor-
Lehrmodul "2.2.3 Color Cell Compression" 2822 2872
trägen, die innerhalb der VIROR-Ringvorlesung gehalten
"anim/imgCompr/ccc.html" "CCC Animation" wurden, generiert.
Abbildung 1: Auszug aus einer Indexdatei.
6.1 Beispiel
5.2 Integration von Medienströmen in die Abbildung 2 zeigt ein Beispiel für eine generierte
Kurseinheit CBT-Einheit. Auf der linken Seite befindet sich das auto-
matisch erzeugte Inhaltsverzeichnis 1 , auf der rechten
Die Dokumente einer CBT-Einheit werden durch Seite werden die Lehrdokumente 2 dargestellt, und amoberen Rand wird jeweils das Kontroll-Applet 3 ange- Flexibilität hinsichtlich der unterstützten Autorenwerk-
zeigt. Um dem Studenten die Orientierung innerhalb des zeuge. Ein Autor sollte Dokumente in seiner gewohnten
Instruktionsdesigns der Kurseinheit zu erleichtern ist die Arbeitsumgebung erstellen und bereits vorhandene
aktuelle Position im Struktur-Icon 4 des Kontroll- Dokumente weiter nutzen können. Sehr gute Erfahrungen
Applets rot markiert. Die Navigationselemente 5 wurden dabei mit der Anbindung der Autorensysteme
ermöglichen es entweder sequentiell durch die Folien zu Microsoft Word und PowerPoint gesammelt. Zusätzliche
navigieren oder (bei Verfügbarkeit) über ein Pull-Down- Arbeit entstand dem Autor hier nur insofern, als
Menü auf die Ebenen von Zusatzmaterialien zu wech- bestimmte Formatrichtlinien eingehalten werden muss-
seln. Die Wiedergabe des zur Folie gehörenden ten, um die Konvertierung der Dokumente in die benötig-
Abschnitts der Vorlesungsaufzeichnung kann mit dem ten Präsentationsformate zu ermöglichen. So müssen
“Start/Stopp”-Knopf 6 gesteuert werden. Die aktuelle z. B. die Titel der Folien eindeutig sein, damit die auto-
Wiedergabeposition innerhalb des Vorlesungsabschnitts matische Zuordnung von vertiefenden Elementen korrekt
wird durch die Bildlaufleiste 7 angezeigt, die auch durchgeführt werden kann. Sehr gute Erfahrungen konn-
benutzt werden kann, um innerhalb des Aufzeichnungs- ten ebenfalls mit Latex als Autorensystem gemacht wer-
abschnitts zu springen. Das empfangene Video wird vom den, das im Sommersemester 1999 zur Erstellung der
Applet in miniaturisierter Form in 8 dargestellt. Durch Materialien für eine Kurseinheit verwendet wurde.
einen Doppelklick kann es (wie durch die gestrichelten Sämtliche zur Generierung der Kurseinheiten für eine
Linien angedeutet) auf Originalgröße vergrößert werden. Lehrveranstaltung nötigen Arbeiten während eines
Semesters konnten von einer wissenschaftlichen Hilfs-
1 6 7 4 5 8 3
kraft in ca. 30 Stunden pro Monat bewältigt werden. Der
für das Erzeugen der Kurseinheiten nötige Zusatzauf-
wand kann somit insgesamt als sehr gering eingestuft
werden. Eine Lehrveranstaltung stand im Durchschnitt
etwa 10 Tage nach deren Abhalten in der CBT-Einheit
zur Verfügung. Diese Verzögerung war vor allem bedingt
durch die Hilfskraft-Arbeitszeiten.
Um einen Hinweis auf die Akzeptanz der Kurseinhei-
ten und insbesondere der integrierten multimedialen Ele-
mente bei den Studierenden zu erhalten wurde die
Zugriffshäufigkeit auf den CBT-Videoserver analysiert.
Die in Abbildung 3 weiß und schwarz dargestellten
Anteile der Balken geben an, wie oft der zu einer Folie
gehörende Vorlesungsabschnitt abgerufen wurde. Am
häufigsten wurden reine Audiowiedergaben angefordert.
Ein Grund dafür könnte sein, dass viele Studenten per
Modem auf die CBT-Einheiten zugreifen und somit nicht
über die erforderliche Bandbreite für Audio und Video
verfügen. Die dennoch hohe Anzahl von Zugriffen auf
Audio und Video zeigt, dass Video genutzt wird, wenn
2
genügend Bandbreite verfügbar ist, wie dies beispiels-
Abbildung 2: Beispiel für eine multimediale CBT-
weise in Computer-Pools, bei direkt an das Rechenzent-
Einheit.
rum der Universität angebundenen
Studentenwohnheimen oder beim Zugriff über ADSL der
6.2 Erfahrungen Fall ist. Anfang des Jahres 2000 wurden die Kurseinhei-
ten auf eine flexiblere Applet-basierte Architektur umge-
Seit drei Jahrenwerden mit dem entwickelten Produk- stellt, mit der allerdings nur noch ein (in Abbildung 3
tionsprozess multimediale CBT-Einheiten für Lehrveran- grau dargestellter) Zugriff pro aufgezeichneterVeranstal-
staltungen routinemäßig erzeugt. In dieser Zeit konnte tung (und nicht mehr pro Veranstaltungsabschnitt) proto-
eine Reihe von Erfahrungen gesammelt werden, die zu kolliert werden konnte. Ein solcher Zugriff kann somit
einer kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesse- den Abruf mehrerer Veranstaltungsabschnitte beinhalten.
rung des Verfahrens führte.
Eine wichtige Anforderung war von Beginn an diekönnen.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass mit dem entwickel-
ten Verfahren während eines laufenden Semensters sehr
zeitnah zu gehaltenen Vorlesungen multimediale Kurs-
einheiten erzeugt werden können. Der hierfür nötige Auf-
wand kann als sehr gering eingestuft werden. Die
erzeugten Kurseinheiten werden von den Studenten als
wichtige Informationsquelle genutzt.
Literatur
[1] G. Abowd. “Classroom 2000: An Experiment with the
Instrumentation of a Living Educational Environment”.
IBM Systems Journal, Special Issue on Pervasive Com-
Abbildung 3: Zugriffe auf die generierten Kurs-
puting, Vol. 38, No. 4, pp. 508-530, 1999.
einheiten.
[2] C. Bacher, R. Müller, T. Ottmann, M. Will. “Authoring
Die starken Häufungen der Zugriffe kurz vor den Prü- on the Fly. A new way of integrating telepresentation
and courseware production”. Proceedings of ICCE ‘97,
fungen im April und im September weisen darauf hin,
Kuching, Sarawak, Malaysia, 1997.
dass die CBT-Einheiten vor allen Dingen zur Prüfungs-
[3] BSCW. “Basic Support for Cooperative Work
vorbereitung intensiv genutzt werden. Die starke Häu- (BSCW)”. Web-Pages. URL: http://bscw.gmd.de, 2001.
fung im Dezember 1999 ist dagegen nur schwer zu [4] W. Effelsberg. “Vorlesung Multimediatechnik WS
deuten, zumal im Dezember 2000 nur sehr wenige 2000/2001”. Computer-Based-Training-Einheit, URL:
Zugriffe stattfanden. Möglich wäre, dass Studenten dort http://www-mm.informatik.uni-mannheim.de/veran-
die vorlesungsfreien Zeit genutzt haben, um versäumte staltungen/ws20002001/multimedia/, 2001.
Vorlesungen nachzuarbeiten. Auch die “Grundlast” wäh- [5] W. Effelsberg. “Vorlesung Rechnernetze SS 2000.
rend des Semesters deutet darauf hin, dass Studenten ver- Computer-Based-Training-Einheit”, URL: http://www-
säumte Vorlesungen mit Hilfe der CBT-Einheiten mm.informatik.uni-mannheim.de/veranstaltun-
nacharbeiten. Insgesamt kann festgestellt werden, dass gen/ss2000/rechnernetze/, 2001.
[6] W. Geyer. “Das digital lecture board - Konzeption, De-
die multimedialen Kurseinheiten bei den Studierenden
sign und Entwicklung eines Whiteboards für synchrones
auf großes Interesse stoßen und als wichtige Informati-
Teleteaching”. Disseration, Universität Mannheim, In-
onsquelle in den Lernprozess integriert werden. fix-Verlag, St. Augustin, Germany, 1999.
[7] V. Hilt, M. Mauve, C. Kuhmünch, W. Effelsberg. “A
Generic Scheme for the Recording of Interactive Media
7. Zusammenfassung Streams”. Proceedings of IDMS’99, Toulouse, France,
pp. 291-304, 1999.
In diesem Artikel wurde ein Verfahren besprochen, [8] W. Holfelder. “Aufzeichnung und Wiedergabe von In-
ternet-Videokonferenzen”. Disseration, Universität
das es erlaubt Tele-Veranstaltungen mit minimalem Auf-
Mannheim, Shaker Verlag, Aachen, Germany, 1998.
wand zu einer multimedialen Online-Lerneinheit aufzu-
[9] C. Kuhmünch, T. Fuhrmann, G. Schöppe. “Java Teach-
bereiten. Das Verfahren erfordert minimalen Aufwand, so ware - The Java Remote Control Tool and its Applicati-
dass sich vollständige Lehrveranstaltungen routinemäßig ons”. Proceedings of ED-MEDIA/ED-TELECOM’98,
zu abgeschlossenen Kurseinheiten aufbereiten lassen. Freiburg, Germany, 1998.
Es wurde die Aufzeichnung der synchronen Tele-Ver- [10] Lotus Deutschland, “LearningSpace”, Web-Pages:
anstaltung besprochen und der automatische Schnitt der URL: http://www.lotus.com/home.nsf/welcome/learn-
entstandenen Aufzeichnungen in foliengroße Einheiten space, 2001.
diskutiert. Das anschließend beschriebenen Verfahren zur [11] S. Mukhopadhyay, B. Smith. “Passive Capture and
Produktion multimedialer Kurseinheiten ermöglicht es, Structuring of Lectures”. Proceedings of ACM Multime-
die Vorlesungsaufzeichnung mit allen zu einer Lehrver- dia ’99, Orlando, USA, 1999.
[12] J. Vogel. “Multimedia Lecture Board”. Web-Page:
anstaltung verfügbaren Lehrmodulen strukturiert zu einer
http://www.informatik.uni-mannheim.de/informa-
Online-Kurseinheit zu verknüpfen. Die Einbettung der
tik/pi4/projects/ANETTE/anetteProject2.html, 2000.
aufgezeichneten Medienströme erfolgt durch Standard- [13] WebCT. Web-Pages: URL: http://www.webct.com.
technologien, so dass die Lehreinheiten von jedem mit 2001.
dem Internet verbundenen Rechner aus betrachtet werdenSie können auch lesen