Autoritäre Schatten in der Europäischen Union. Der Fall Österreich - Centre for Democratic Integrity
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Das „Centre for Democratic Integrity“ (democratic-integrity.eu) ist ein gemeinnütziger Verein, der 2020 in Wien gegründet wurde, um Versuche autoritärer, auf illiberalen Wertesystemen beruhende Regime, negativen Einfluss in Europa zu üben, zu überwachen und zu analysieren. „Political Capital“ (politicalcapital.hu) ist ein unabhängiges Institut für Politikforschung, -analyse und -beratung. Es wurde 2001 in Budapest gegründet und ist den Leitsätzen der parlamentarischen Demokratie, der Marktwirtschaft, der Menschenrechte und des Euro-Atlantizismus verpflichtet. Das vorliegende Paper besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil ist eine Zusammenfassung der Ergebnisse eines mehr als ein Jahr laufenden Projekts, welches das Abstimmungsverhalten von Mitgliedern des Europäischen Parlaments hinsichtlich außenpolitischer Fragen beobachtete, um ihre Anfälligkeit für autoritäre Einflüsse zu ermitteln. Das Projekt wurde während der derzeitigen neunten Legislaturperiode (2019-2024) durchgeführt. Ein besonderes Augenmerk lag dabei auf sieben mittel- und südosteuropäischen Staaten (Tschechien, Ungarn, Polen, Slowakei, Österreich, Rumänien und Bulgarien). Für mehr Information zum Projekt besuchen Sie https://politicalcapital.hu/authoritarian_shadows_in_the_eu/ Der zweite Teil ist eine Fallstudie, die sich mit dem Abstimmungsverhalten der österreichischen Mitglieder des EU-Parlaments (ebenfalls während dessen neunter Legislaturperiode) in außenpolitischen Fragen beschäftigt. Unser Dank geht an das „National Endowment for Democracy“ für die Partnerschaft und die Unterstützung dieses Projektes. Alle Fehler und Versäumnisse liegen bei uns. Übersetzung ins Deutsche: Fyodor Shulgin.
AUTORITÄRE SCHATTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION Autoritäre Schatten in der Europäischen Union. Kurzfassung Péter Krekó, Patrik Szicherle, Csaba Molnár Der Widerstand der EU-Institutionen haben eine stabile Mehrheit im EU- Parlament. Diese Mehrheit ist nur dann • Im Allgemeinen stellten wir fest, dass bedroht, wenn sich die autoritäre Drittstaaten wie Russland und Parlamentsfraktionen der Mitte China sich schwerer tun, europäische aufspalten. Autoritäre Regime tun sich Institutionen zu beeinflussen als leichter im Rat der Europäischen Union, wo nationale. Einer Supermacht mit einer außenpolitische Entscheidungen klaren Befehlskette (insbesondere einstimmig getroffen werden müssen, was Russland mit seiner „Machtvertikale“) fällt bedeutet, dass ein einzelner Staat jede es nicht ohne weiteres leicht, mit einer Initiative blockieren kann. Dennoch erweist hybriden Organisation wie der EU es sich auch dort als schwierig, umzugehen, wo die Macht auf mehrere Entscheidungen zu beeinflussen, wie die Institutionen verteilt ist und einer gänzlich Sanktionen gegen Russland zeigen: Sie anderen Logik folgt als ein Nationalstaat. werden gegen den Willen vieler Die autoritäre Logik ist inkompatibel mit Mitgliedstaaten, wie z.B. Ungarn, Slowakei, der formellen und komplizierten EU- Griechenland, Italien, usw. Bürokratie, die oft als inkonsistent, zu aufrechterhalten. Das zeigt auch die Stärke komplex, unvorhersehbar und schwer von EU-Institutionen im Allgemeinen, was zugänglich betrachtet wird. die Ausübung von normativem Druck auf • Autoritärer Druck wird traditionell am ihre Mitglieder angeht. effektivsten über die Mitgliedstaaten via • Das EU-Parlament vertritt Positionen, die bilaterale Beziehungen ausgeübt und auf den Grundwerten der EU basieren, weniger über die die Europäische Union. und ist so zum „Gewissen“ der EU- Der russische Außenminister Sergey Lavrov Außenpolitik geworden. Natürlich ist das gab das offen zu, als er meinte, dass er Gewissen nicht immer der Motor des „eine Situation bevorzugen würde, in der politischen Handelns. Wenn aber nicht, jedes EU-Mitgliedsland von seinen dann erzeugt es zumindest Schuldgefühle. nationalen Interessen geleitet würde.“1 Wo man sitzt, ist wo man steht: mehr • Laut unseren Ergebnissen ist das EU- negativer Einfluss an den Rändern Parlament die kämpferischste unter allen EU-Institutionen. Direkt gewählte MdEPs, • Parlamentarische Randgruppen, wie die die durchwegs kritisch gegenüber rechts außen stehende Fraktion „Identität autoritären Regimen wie dem Kreml sind, und Demokratie (ID)“ und die links außen 1 “Spain: Russia Sanctions ‘Beneficial for No One’”, EUobserver, https://euobserver.com/foreign/127940, aufgerufen am 1. September 2020. 3
AUTORITÄRE SCHATTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION stehende „Konföderale Fraktion der Bewunderung für eine russische Politik, die Vereinten Europäischen Linken/ auf angeblicher nationaler Souveränität Nordischen Grünen Linken (GUE/NGL)“ und auf Stolz basiert, (2) Medien: der unterstützen am ehesten autoritäre Einfluss von offiziellen und inoffiziellen pro- Regime; das gilt auch für die meisten russischen Medien und deren fraktionslosen Abgeordneten. Das ist eine Berichterstattung, und (3) direkter Einfluss: bedeutsame Minderheit von 20% aller EU- potentielle Unterstützung des Kremls für Parlamentarier, die jedoch meistens nicht diese Parteien in finanzieller und ausreicht, um wichtige Entscheidungen zu diplomatischer Hinsicht sowie über blockieren, wenn es einen breiten Konsens Netzwerke. Darüber hinaus plädieren bei den etablierten Kräften gibt. Die rechts-außen MdEPs oft für eine „Make the Mehrheit dieser Randgruppen würde EU Weak Again“-Politik, und setzen sich für sowohl eine Annäherung zwischen eine Außenpolitik ein, die von Russland und der EU begrüßen als auch die Nationalstaaten und nicht EU-Institutionen Aufhebung von Sanktionen gegen ausgeht. Drittstaaten. Wenn die Wahlergebnisse • Die Mitglieder der radikal linken dieser Parteien sich im Zuge der Pandemie „GUE/NGL“ sind die schärfsten Kritiker und der Krise, die sie nach sich zieht, der USA und der Trump-Regierung im EU- verbessern, würde dies zweifellos dazu Parlament und plädieren dafür, dass die EU führen, dass autoritäre Mächte mehr aufhört, Washington „blind zu folgen“. Sie Einfluss auf europäische (und nationale) sind vehemente Verteidiger der Politik des Politikgestaltung bekommen. Kreml, aber auch von Peking und Caracas. • Die größten Mainstream-Fraktionen im • Die sieben Länder, wo wir die meisten Europäischen Parlament („Europäische Abgeordneten fanden, die autoritäre Volkspartei“, „Renew“, „Progressive Regime unterstützen, sind eine bunte Allianz der Sozialdemokraten“) sind in der Mischung aus westlichen und südlichen Regel sehr kritisch gegenüber autoritären Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Praktiken und üben stärkeren normativen Großbritannien, Irland, Griechenland, Druck auf ihre Mitglieder aus, was eine Italien und Zypern). Diese nationalen konsistenteres Abstimmverhalten zur Delegationen sind besonders anfällig dafür, Folge hat. autoritäre Staaten zu unterstützen, da • Rechtsaußen MdEPs der „ID“-Fraktion besonders viele populistische linke und (z.B. der italienischen „Lega“ oder des rechte Parteien unter ihnen sind. belgischen „Vlaams Belang“) sind oft • Es gibt zahlreiche nationale Parteien, die unglaublich Kreml-freundlich, jedoch autoritäre Regime stark unterstützen, die kritischer, wenn es um kommunistische entweder Teil einer Regierungskoalition und linke Regime geht (z.B. China, eines EU-Mitgliedstaates sind (z.B. Venezuela). Eine Kombination von drei „PODEMOS“) oder die eine Faktoren könnte diese Diskrepanz Regierungskoalition von außen erklären: (1) Ideologie: aufrichtige unterstützen (z.B. die „Portugiesische 4
AUTORITÄRE SCHATTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION Kommunistische Partei“, die eine klare, sehr ambitionierte „Kommunistische Partei Böhmens und außenpolitische Vision für die EU, doch Mährens“). Sie können daher wichtige wird die Umsetzung oft durch das Prinzip Hebel für autoritäre Regime sein, um der Einstimmigkeit im Ministerrat europäische Politik zu beeinflussen. blockiert. Mittel- und südosteuropäische Parlamentarier • EU-Institutionen, insbesondere das vertreten eine härtere Position Parlament, sind in der Regel solidarischer • Mittel- und Osteuropäische Staaten mit politischen Maßnahmen der USA (z.B. (Visegrád 4 und Österreich, Rumänien, Sanktionen gegen Huawei) als die meisten Bulgarien) sind gegenüber Russland und Mitgliedstaaten. Deshalb können die EU autoritären Staaten im Allgemeinen im Allgemeinen und insbesondere das EU- unnachgiebiger als der Durchschnitt der Parlament von entscheidender Bedeutung EU-Mitgliedstaaten. In dieser Gruppe sind sein, wenn es darum geht, die die nationalen Delegationen von transatlantische Kooperation und Tschechien und Bulgarien die Koordinierung der Außenpolitik unkritischsten, doch auch sie würden eher aufrechtzuerhalten bzw. Autokraten wie Putin verurteilen als die wiederaufzubauen, in Zeiten, in denen weiter oben erwähnte Gruppe von sieben sowohl in Washington als auch in den meist älteren Mitgliedstaaten. europäischen Hauptstädten der Nutzen einer solcher Kooperation immer wieder • MdEPs, die offen den Kreml und andere in Frage gestellt wird. autoritäre Regime unterstützen, gibt es in POLITIKEMPFEHLUNGEN Tschechien, der Slowakei, Österreich und Bulgarien. Bulgarien hat eine Großpartei Hin zu einer demokratischeren und mit einer sehr milden Haltung gegenüber effizienteren EU-Außenpolitik repressiven Regierungen, die „Bulgarische • Das EU-Parlament ist derzeit kein Sozialistische Partei“. MdEPs der in Ungarn Schlüsselakteur in der EU-Außenpolitik – regierenden „Fidesz“ stimmen meistens im sollte es aber sein. Ein größeres Einklang mit der „Europäischen Volkspartei Mitspracherecht für Parlamentarier in (EPP)“ ab – manchmal im Gegensatz zur außenpolitischen Fragen könnte der EU bevorzugten Linie in Budapest. So hat der helfen, ein stärkerer Akteur auf der ungarische Premier Viktor Orbán des internationalen Bühne zu werden, was Öfteren dazu aufgerufen, die Sanktionen auch ein deklariertes Ziel der EU- gegen Russland aufzuheben und China- Spitzenpolitiker ist. Weiters würde eine kritische Stellungnahmen der EU blockiert. stärkere Rolle des EU-Parlamentes – des EU-Außenpolitik und transatlantische einzigen direkt gewählten Organs der EU – Beziehungen die Außenpolitik wertorientierter und demokratischer machen. Das Europäische • Europäische Außenpolitik wird einer der Parlament und insbesondere der kritischen Faktoren in den Debatten um die „Ausschuss für auswärtige Zukunft der EU sein. Das EU-Parlament hat 5
AUTORITÄRE SCHATTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION Angelegenheiten“ (AFET) sollten immer an Mitgliedstaaten unterstützen, um Anreize der Ausarbeitung von EU-Dokumenten und für eine breitere Berichterstattung über die Stellungnahmen beteiligt sein. außenpolitischen Fragen der EU zu schaffen. • Was den Ministerrat angeht, so sollte das Prinzip der Einstimmigkeit in das einer • Die „Konferenz zur Zukunft Europas“ muss qualifizierten Mehrheit umgewandelt die Probleme der EU-Außenpolitik werden – was bedeuten würde, dass ein ansprechen. Dazu gehören die Einführung einzelner Mitgliedstaat nicht länger EU- einer qualifizierten Entscheidungen torpedieren könnte. EU- Mehrheitsentscheidung im Institutionen – insbesondere der Außenministerrat, eine stärkere Rolle des Ministerrat – konnten bereits Wege finden, EU-Parlaments in außenpolitischen Fragen diese Obstruktionspolitik zu umgehen.2 und die Entwicklung effektiverer Änderungen und Praktiken in dieser Rahmenbedingungen für militärische und Richtung könnten der EU helfen, auf zivile EU-Einsätze. globale Ereignisse schneller zu reagieren. Aufruf an Brüssel und Straßburg Zusätzlich könnten längere Ratspräsidentschaftsperioden (derzeitig • Die diplomatischen Bemühungen von sind es nur sechs Monate) dazu beitragen, westlichen nicht-EU-Staaten wie den USA die außenpolitische Agenda der EU unter sollten stärker auf die Europäische Union den jetzigen institutionellen Bedingungen insgesamt – und konkret das EU- ambitionierter zu machen. Parlament – fokussiert sein als ausschließlich auf bilaterale Beziehungen. • Solange die institutionellen Denn die EU-Institutionen scheinen Rahmenbedingungen unverändert bereitwilliger zu sein, sich autoritären bleiben, muss das EU-Parlament seine Einflüssen zu widersetzen als die meisten außenpolitischen Präferenzen aktiver Mitgliedstaaten. kommunizieren, weil diese sich nicht immer mit den Positionen anderer EU- Maßnahmen, um autoritäre Einflüsse Institutionen decken, ganz zu schweigen zurückzudrängen von denen der Nationalregierungen. Die • Die EU muss ein effektives MdEPs und die Informationsbüros des Investitionsüberwachungsprogramm Europäischen Parlaments in den einführen, um die Übernahme wichtiger Hauptstädten der Mitgliedstaaten müssen europäischer Unternehmen durch Akteure eine aktivere Rolle in der direkten aus feindlichen Drittstaaten zu vermeiden. Vermittlung von außenpolitischen Dies ist besonders im Zuge der Covid-19- Prioritäten auf nationaler Ebene spielen. Pandemie und der resultierenden Die EU sollte Journalisten in den Wirtschaftskrise wichtig, welche die Tür für Accuses EU of Ignoring Its Veto over Israel Criticism”, Euronews, 2. 2 Mai 2019, https://www.euronews.com/2019/05/02/eu-ignores- Z.B. ließ der finnische UN-Vertreter Kai Sauer Ungarn aus, als er hungary-s-last-minute-veto-on-statement-criticising-israel. die Namen jener EU-Länder vorlas, in deren Namen er sprechen würde, in einer Stellungnahme, welche die israelische Politik gegenüber den Palästinensern kritisiert. Siehe auch “Hungary 6
AUTORITÄRE SCHATTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION Erpressungspraktiken weit öffnet. Darüber • Die Cybersicherheit europäischer hinaus sollte die EU alle Schlupflöcher Institutionen sowie die entsprechende stopfen, die Mitgliedstaaten erlauben, Kenntnis der EU-Beamten müssen ständig Großaufträge an Firmen aus autoritären verbessert werden. Dies würde dazu Drittstaaten ohne eine transparente beitragen, Vorfälle zu verhindern, bei öffentliche Ausschreibung zu vergeben. denen autoritäre Propaganda geleakte • Das EU-Parlament sollte die Überprüfung Dokumente (echt oder gefälscht) seiner Abgeordneten und die Lobbying- verwendet, um die öffentliche Meinung zu Regeln für diese verbessern. Ein öffentlich manipulieren. Daher sollte die „Agentur zugänglicher persönlicher Meeting-Tracker der Europäischen Union für für Parlamentarier, der die Treffen der Cybersicherheit (ENISA)“ fortlaufend die MdEPs mit Vertretern politischer und Fähigkeiten des EU-Parlaments und wirtschaftlicher Organisationen aus individueller Abgeordneter überwachen, Drittstaaten nachverfolgt, würde die Cyberattacken abzuwehren. MdEPs und Transparenz erhöhen, indem Experten, ihre Assistenten sollten ein grundlegendes Journalisten und Bürger besser darüber Cybersicherheitstraining erhalten, um in informiert werden, wer europäische der Lage zu sein, potenzielle Gefahren zu Entscheidungen zu beeinflussen sucht. identifizieren, wie z.B. Phishing-Mails. 7
AUTORITÄRE SCHATTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION Schema 1: Europäische Parlamentsfraktionen nach ihrer Einstellung gegenüber autoritären Regimen geordnet (Durchschnitt pro MEP einer bestimmten Fraktion). Je höher der Wert, desto kritischer ist die Haltung gegenüber autoritären Regimen. 0 100 RE (liberal) 93 EVP (mitte-rechts) 92 S&D (mitte-links) 84 EKR (euroskeptische 78 Rechte) Grüne (grün) 64 Fraktionslose 45 ID (radikal rechts) 41 GUE/NGL (radikal 27 links) Schema 2. Europäische Parlamentsfraktionen nach ihrer Einstellung gegenüber dem Kreml geordnet (Durchschnitt pro MEP einer bestimmten Fraktion). Je höher der Wert, desto kritischer ist die Haltung gegenüber dem Kreml. 0 100 EVP (mitte-rechts) 90 RE (liberal) 88 S&D (mitte-links) 87 EKR (rechte 76 Euroskeptiker) Grüne (grün) 68 Fraktionslose 36 ID (radikal rechts) 24 GUE/NGL (radikal links) 20 8
AUTORITÄRE SCHATTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION (-.&+, "J K&' 8)'-.4-.%$//1$-.& oO)/7'$/?'&%L0'$/$4-.&o G%8&N@&'/ 8&' 4$&6&% +$//&1L )%8 74/&)'7*?$4-.&% (/,,/&% 5b$4&D',8A e4/&''&$-.A 9)+?%$&%A 2)1D,'$&%>A 8$& Xn #EL(/,,/&% 47@$& 8$& X_ %$-./ +$//&1L 78&' 74/&)'7*?$4-.&% (/,,/&% 5*'7 ;8#R>J i& .^.&' 8&' T&'/A 8&4/7 0'$/$4-.&' $4/ 8$& V,1/)%D D&D&%M6&' ,)/7'$/?'&% 9&D$+&%J 0 100 Mittel-/Osteuropa (7 85 Staaten, 179 MdEPs) EU (28 Staaten, 783 MdEPs) 75 nicht-Mittel-/Osteuropa (21 72 Staaten, 604 MdEPs) (-.&+, WJ K&' 8)'-.4-.%$//1$-.& o['&+1L0'$/$4-.&o G%8&N@&'/ 8&' 4$&6&% +$//&1L )%8 74/&)'7*?$4-.&% (/,,/&% 5b$4&D',8A e4/&''&$-.A 9)+?%$&%A 2)1D,'$&%>A 8$& Xn #EL(/,,/&% 47@$& 8$& X_ %$-./ +$//&1L 78&' 74/&)'7*?$4-.&% (/,,/&% 5*'7 ;8#R>J i& .^.&' 8&' T&'/A 8&4/7 0'$/$4-.&' $4/ 8$& V,1/)%D D&D&%M6&' 8&+ ['&+1J 0 100 Mittel-/Osteuropa (7 83 Staaten, 179 MdEPs) EU (28 Staaten, 783 MdEPs) 72 nicht-Mittel-/Osteuropa (21 68 Staaten, 604 MdEPs) 9
AUTORITÄRE SCHATTEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION (-.&+, `J K&' 8)'-.4-.%$//1$-.& oO)/7'$/?'&%L0'$/$4-.&o G%8&N@&'/ 8&' 4$&6&% +$//&1L )%8 74/&)'7*?$4-.&% (/,,/&%A 8&' $.'& ,11D&+&$%& #$%4/&11)%D D&D&%M6&' ,)/7'$/?'&% 9&D$+&% +$44/J i& .^.&' 8&' T&'/A 8&4/7 0'$/$4-.&' 8$& #$%4/&11)%DJ K$& 61,)& H$%$& '&*'?4&%/$&'/ 8&% #EXnL K)'-.4-.%$//J K$& \,.1&% 4$%8 ,)3 8$& %?-.4/& U,%FF,.1 ,)3D&')%8&/J 100 100 75 EU28 92 88 84 83 82 77 77 0 0 Rumänien Polen Ungarn Österreich Slowakei Bulgarien Tschechien (-.&+, gJ K&' 8)'-.4-.%$//1$-.& o['&+1L0'$/$4-.&o G%8&N@&'/ 8&' 4$&6&% +$//&1L )%8 74/&)'7*?$4-.&% (/,,/&%A 8&' $.'& ,11D&+&$%& #$%4/&11)%D D&D&%M6&' ;740,) +$44/J i& .^.&' 8&' T&'/A 8&4/7 0'$/$4-.&' 8$& #$%4/&11)%DJ K$& 61,)& H$%$& '&*'?4&%/$&'/ 8&% #EXnLK)'-.4-.%$//J K$& \,.1&% 4$%8 ,)3 8$& %?-.4/& U,%FF,.1 ,)3D&')%8&/J 100 100 72 EU28 91 87 84 79 79 76 73 0 0 Rumänien Polen Österreich Ungarn Slowakei Tschechien Bulgarien 10
DER FALL ÖSTERREICH Der Fall Österreich. Traditionell starke Geschäfts- beziehungen, aber wenig offizielle Unterstützung für den Kreml Anton Shekhovtsov Österreich ist zwar EU-Mitglied, aber kein Gleichzeitig ist die rechts außen stehende NATO-Mitglied – dies ist durch eine Klausel in „Freiheitliche Partei Österreich“ (FPÖ) der österreichischen Verfassung festgelegt, konsequent pro-Moskau. Mitglieder der FPÖ die eine immerwährende militärische waren Teil der von Russland organisierten Neutralität des Landes vorschreibt. „Wahlbeobachtermission“, die das illegitime Österreichs Neutralität sowie der Referendum auf der ukrainischen Krim traditionelle Schwerpunkt der Außenpolitik beobachtet und unterstützt hat. FPÖ- auf Geschäftsbeziehungen prägen die Mitglieder sind auf die annektierte Krim weitgehend freundschaftlichen Beziehungen gereist, um an dem von den russischen der österreichischen politischen Eliten Besatzungsbehörden organisierte gegenüber Russland – primär der beiden „International Economic Forum“ stärksten Parteien, der mitte-rechts teilzunehmen. Ende 2016 unterzeichnete die stehenden „Österreichischen Volkspartei Partei eine „Vereinbarung über (ÖVP)“ und der mitte-links stehenden Zusammenwirken und Kooperation“ mit der „Sozialdemokratischen Partei Österreichs russischen Regierungspartei „Einiges (SPÖ)“. Seit dem Beginn der russischen Russland“. Aggression gegen die Ukraine 2014 haben sich 2017-2019 bildeten die ÖVP und die FPÖ eine wichtige Vertreter dieser beiden Parteien Koalitionsregierung, doch trotz der pro- öfters kritisch zu den EU-Sanktionen gegen Moskau-Einstellung der FPÖ war diese nie in Russland geäußert und dazu aufgerufen, diese der Position, Österreichs Befolgung der aufzuheben. Jedoch hat Österreich weder allgemeinen EU-Einstellung gegenüber unter der Kanzlerschaft der beiden Russland entscheidend in Frage zu stellen. Sozialdemokraten Werner Faymann (2008- 2019 veröffentlichten Journalisten Auszüge 2016) und Christian Kern (2016-2017), noch aus einem heimlich aufgenommenen Video, der des konservativen Sebastian Kurz (2017- das den FPÖ-Vorsitzenden dabei zeigt, wie er 2019, 2020) den EU-Konsens bezüglich dieser sich bei einer vermeintlichen russischen Sanktionen ernsthaft in Frage gestellt. Seit Oligarchin um Geld und andere Formen der Österreich 1995 der EU beigetreten ist, war Unterstützung bemüht. Diese sogenannte seine Außenpolitik großteils an der von „Ibiza-Affäre“ führte zur Auflösung der ÖVP- Deutschland ausgerichtet, und auch in Bezug FPÖ-Regierung und einem Rückgang der auf die EU-Sanktionen folgt Österreichs der Zustimmungsraten für die FPÖ bei den deutschen Position. österreichischen EU- und Nationalratswahlen. 11
DER FALL ÖSTERREICH I)*&C- ZH _>')*$)*8(%%3()*& e:>%G'(%D'&807'(%($)*&e >84 e?'&C307'(%($)*&e c84&f,&'%& @$%&''&()*($)*&' 14.N$5 ->B2&%&(3% ->B 4(& 8-%(G8-3&8 N-'%&(&8H Q& *@*&' 4&' R&'%5 4&$%G 7'(%($)*&' 4(& .(8$%&33>82 2&2&8\6&' ->%G'(%D'&8 O&2(C&8 '&$^&7%(F& 4&C ?'&C3 2&2&8\6&'H d-*3 (8 ?3-CC&'8 $%&*% B\' 4(& :8+-*3 4&' 14.N$H 0 100 100 Österreichische Volkspartei (8) 100 94,87 NEOS – Das Neue Österreich (1) 93,33 77,06 Sozialdemokratische Partei Österreichs (5) 78,73 72,92 Die Grünen - Die Grüne Alternative (3) 84,57 53,71 Freiheitliche Partei Österreichs (3) 41,27 Durchschnittlicher "Autoritären-kritischer" Einflusswert Durchschnittlicher "Kreml-kritischer" Wert Andere im Parlament vertretene Parteien wie und des ukrainischen Widerstands gegen die die mitte-links-Partei der Grünen und die russische Aggression. Mandl kritisierte die gemäßigten „NEOS“ sind meistens skeptisch russische Führung für die Beschönigung von gegenüber Putins Russland und anderen sowjetischen Verbrechen und sorgt sich um autoritären Regimen. außereuropäische autoritäre Einflüsse in Diese Standpunkte und Ausrichtungen Europa. Er ist ebenfalls solidarisch mit der Ukraine und unterstützt ihre entsprechen weitgehend dem Wahlverhalten der österreichischen MdEPs. Demokratisierung und Annäherung an die EU. Die ÖVP-Abgeordneten im EU-Parlament Seit 2019 hat die österreichische ÖVP- machen selten Aussagen zur Außenpolitik und Delegation kein einziges Mal zugunsten des interessieren sich hauptsächlich für Fragen Kremls oder autoritärer Praktiken und der Umwelt, Landwirtschaft, Tourismus, des Trends gestimmt. Verbraucherschutzes und des EU-Abgeordnete der SPÖ bevorzugen Themen Unternehmertums. Dennoch finden sich in wie Kultur, Geschlechtergleichstellung, der ÖVP-Delegation zum EU-Parlament zwei Arbeitnehmerrechte, Umwelt und Verbrauch prominente Kritiker des Kremls und als Außenpolitik. Jedoch hat einer der autoritärer Praktiken: Othmar Karas und führenden SPÖ-MdEPs, Andreas Schieder, die Lukas Mandl, die einen großen Einfluss auf die Kooperation zwischen Moskau und den außenpolitische Linie der Delegation haben. europäischen Rechten (insbesondere der Karas ist bekannt für seine Unterstützung FPÖ) kritisiert und lobte eine Resolution des russischer Demokratisierungsbewegungen EU-Parlaments, die ausländische Eingriffe in 12
DER FALL ÖSTERREICH FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und der stellvertretende Generalsekretär des Vereinigten Russlands, Sergej Schelesnjak, haben im Dezember 2016 eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Quelle: www.tango-noir.com europäische Angelegenheiten tadelt. Schieder Wie die ÖVP- und SPÖ-Abgeordneten so sind befürwortet weiters die europäische auch die der österreichischen Grünen an Integration der Westbalkanländer, was den außen- und geopolitischen Fragen nicht Interessen des Kremls in dieser Region besonders interessiert und konzentrieren sich widerspricht. Ein weiteres SPÖ-MdEPs, mehr auf landwirtschaftliche und Bettina Vollath, äußerte sich kritisch Umweltfragen. Gleichwohl ist Thomas Waitz gegenüber autoritären Praktiken in der Türkei ein scharfer Kritiker des „Nordstream 2“- und China. Das Abstimmungsverhalten der Projekts, und sagt, dass es nur Putins SPÖ-MdEPs ist im Allgemeinen Interessen dient. Außerdem kritisierte er die übereinstimmend mit ihrer pro-liberalen österreichischen Behörden, weil diese eine Agenda, aber in Einzelfällen tolerierten sie Anordnung zur Reduktion der Abhängigkeit bestimmte pro-Kreml-Positionen und von russischem Gas verzögerten. Ein weiteres autoritäre Entwicklungen. Z.B. stimmten sie MdEP der Grünen, Monika Vana, kritisierte gegen den Paragrafen in einer Resolution des Russland für die Annexion der Krim und die EU-Parlaments, der die Bildung eines Diskriminierung der LBGT-Community, sowie Sonderkomitees zur Untersuchung China für den brutalen Umgang mit den ausländischer Einmischung in Wahlen Uiguren. Während Vana und Sarah Wiener die befürwortet. meisten kritischen Resolutionen gegen den Kreml und gegen autoritäre Handlungen unterstützt haben, waren sie nicht immer 13
DER FALL ÖSTERREICH konsequent. So haben beide gegen die Stimme bei der Abstimmung über eine Einfügung eines Verweises auf den Resolution, die von den russischen Behörden sogenannten „Magnitsky Act“ in eine verlangte, den ukrainischen Regisseur Oleg Russland betreffende Resolution des EU- Sentsov und alle anderen illegal in Russland Parlamentes gestimmt. und auf der Krim festgehaltenen Ukrainer Wie erwartet, hat das „NEOS“-MdEP Claudia sofort und bedingungslos freizulassen. Diese Gammon nie eine pro-Kreml oder pro- Enthaltung war eine Rebellion gegen die autoritäre Haltung eingenommen. Gamon Entscheidung der Fraktion „Europa der war eine der schärfsten Kritiker von Putins Nationen und der Freiheit“, gegen diese Wien-Besuchen und verurteilte den Resolution zu stimmen. Ferner stimmten FPÖ- damaligen FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Abgeordnete für die Resolution, die die Strache für seine Forderung nach einer russischen Behörden dazu aufrief, das Gesetz Aufhebung der EU-Sanktionen gegen gegen „ausländische Agenten“ aufzuheben Russland. Gamon lehnt ebenfalls die und die bestehende Gesetze mit der Einmischung ausländischer autoritärer Verfassung Russlands und seinen Regime in EU-Angelegenheiten ab. völkerrechtlichen Verpflichtungen in Einklang zu bringen. Trotz dieser Abweichungen neigen Als Kontrast zu allen anderen die FPÖ-MdEPs meistens dazu, Kreml- österreichischen Delegationen des EU- kritische Resolutionen nicht zu unterstützen, Parlamentes hat die FPÖ-Delegation die tendieren aber gleichzeitig dazu, autoritäre meisten pro-Kreml-MdEPs. Harald Vilimsky Praktiken woanders zu verurteilen, anstatt reiste mehrmals nach Russland und war sie zu ignorieren. ebenfalls Teil der Gruppe, die nach Moskau ging, um das Abkommen mit „Einiges Im Großen und Ganzen zeigen die Russland“ zu unterzeichnen. Georg Mayer rief österreichischen MdEPs mit Ausnahme der zu einer Aufhebung der EU-Sanktionen gegen FPÖ-Abgeordneten eine starke Russland auf, und Roman Haider kritisierte die Unterstützung von Resolutionen, die die Opposition gegen „Nordstream 2“ in der EU. innerstaatlichen und internationalen Dennoch ist die Haltung der FPÖ-MdEPs zu Aktivitäten des Kremls kritisieren. In der den Interessen des Kremls in Bezug auf Europa Regel verurteilen sie auch autoritäre Trends in und zu autoritären Praktiken in anderen anderen Teilen der Welt, und selbst die FPÖ- Teilen der Welt manchmal nuanciert. Z.B. Abgeordneten schließen sich oft diesem enthielten sich die FPÖ-Abgeordneten der Konsens an. 14
Web: democratic-integrity.eu Wien 2020
Sie können auch lesen