So funktioniert die Europäische Union - Ihr Wegweiser zu den EU Institutionen D I E - Europe Direct
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DIE
EUROPÄISCHE
UNION ERKLÄRT
So funktioniert
die Europäische
Union
Ihr Wegweiser
zu den
EU‑Institutionen
Europäische Union
DIE EUROPÄISCHE
UNION ERKLÄRT
Diese Veröffentlichung ist Teil einer Schriftenreihe,
in deren Rahmen die Aktivitäten der EU in
unterschiedlichen Politikfeldern, die Gründe und die
Ergebnisse ihrer Tätigkeit erläutert werden.
Sie können die Veröffentlichungen der Reihe hier herunterladen:
http://europa.eu/pol/index_de.htm
http://europa.eu/!qf86pN
So funktioniert die Europäische Union ✖
Europa in 12 Lektionen
Europa 2020: Europas Wachstumsstrategie
Die Gründerväter der EU
Allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport
Außen- und Sicherheitspolitik
Banken und Finanzen
Beschäftigung und Soziales
Betrugsbekämpfung
Binnenmarkt
Digitale Agenda
Energie Die Europäische Union erklärt –
Erweiterung So funktioniert die Europäische Union
Forschung und Innovation
Gesundheitswesen Europäische Kommission
Grenzen und Sicherheit Generaldirektion Kommunikation
Handel Bürgerinformation
Haushalt 1049 Brüssel
Humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz BELGIEN
Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung
Justiz, Grundrechte und Gleichstellung Letzte Aktualisierung: November 2014
Klimaschutz
Kultur und audiovisuelle Medien Deckblatt und Bild auf Seite 2: © Luis Pedrosa
Landwirtschaft
Lebensmittelsicherheit 40 S. – 21 × 29,7 cm
Meerespolitik und Fischerei ISBN 978-92-79-39907-7
Migrations- und Asylpolitik doi:10.2775/10989
Regionalpolitik
Steuern Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen
Umwelt Union, 2014
Unternehmen
Verbraucher © Europäische Union, 2014
Verkehr Nachdruck gestattet. Für die Verwendung oder
Wettbewerb Reproduktion einzelner Fotos muss die Genehmigung direkt
Wirtschafts- und Währungsunion und der Euro beim Urheberrechtsinhaber eingeholt werden.
Zoll
DIE EUROPÄISCHE UNION ERKLÄRT So funktioniert die Europäische Union Ihr Wegweiser zu den EU‑Institutionen
2 S O F U N K T I O N I E R T D I E E U R O P Ä I S C H E U N I O N Inhalt Die Europäische Union stellt sich vor: Wie funktioniert sie, wer macht was? ...... 3 Das Europäische Parlament: die Stimme der Bürgerinnen und Bürger ................... 9 Der Europäische Rat: die strategischen Vorgaben ........................................................ 12 Der Rat: die Stimme der Mitgliedstaaten .......................................................................... 14 Die Europäische Kommission: Wahrerin der gemeinsamen Interessen ................ 19 Die nationalen Parlamente: Anwälte der Subsidiarität ............................................... 23 Der Gerichtshof der Europäischen Union: Wächter über das EU‑Recht ................ 24 Die Europäische Zentralbank: Hüterin der Preisstabilität .......................................... 26 Der Europäische Rechnungshof: Beitrag zur Verbesserung des Finanzmanagements der EU ................................................................................................... 29 Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss: die Stimme der Zivilgesellschaft .......................................................................................... 31 Der Ausschuss der Regionen: die Stimme der Gebietskörperschaften ................. 33 Der Europäische Bürgerbeauftragte: Ihr Ansprechpartner für Beschwerden .......................................................................................................................... 34 Der Europäische Datenschutzbeauftragte: Schutz Ihrer Privatsphäre ................. 35 Die Europäische Investitionsbank: Investitionen in die Zukunft .............................. 36 Die Agenturen und sonstigen Einrichtungen der EU ..................................................... 38
I hr W egweiser zu den E U - I ns t i t u t i o nen
3
Die Europäische Union stellt sich vor
Wie funktioniert sie, wer macht was?
Zweck dieser Veröffentlichung abhängen, inwiefern es gelingt, zur rechten Zeit wirksame
Entscheidungen zu treffen und diese gut umzusetzen.
Diese Veröffentlichung erläutert die Funktionsweise der
Europäischen Union (EU): Wie werden Entscheidungen in
der EU getroffen und von wem? Im Zentrum dieses Die EU‑Verträge
Entscheidungsprozesses stehen das Europäische
Parlament, der Rat und die Europäische Kommission, von Die Europäische Union beruht auf dem Grundsatz der
denen Sie vermutlich schon einmal gehört haben; es gibt Rechtsstaatlichkeit. Jede Maßnahme der EU gründet daher
jedoch noch weitere EU‑Institutionen. Im Folgenden lesen auf Verträgen, die alle EU‑Länder freiwillig und
Sie zunächst, wie EU‑Rechtsvorschriften entstehen. Danach demokratisch gebilligt haben. Die Verträge werden
erhalten Sie einen genaueren Einblick in die einzelnen gemeinsam von allen EU‑Mitgliedstaaten ausgehandelt
Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der EU. und vereinbart und dann von den nationalen Parlamenten
oder per Referendum ratifiziert.
Die Europäische Union in Kürze Die Verträge regeln die Ziele der Europäischen Union, die
Aufgaben ihrer Institutionen, die Beschlussfassung sowie das
Den Mittelpunkt der EU bilden ihre 28 Mitgliedstaaten und Verhältnis zwischen der EU und ihren Mitgliedstaaten. Bei
deren Bürgerinnen und Bürger. Das Alleinstellungsmerkmal jedem Beitritt eines neuen Mitgliedstaats werden die
der EU: Alle diese Staaten bleiben souverän und Verträge angepasst. Gelegentlich geschah dies außerdem,
unabhängig, bündeln aber einige ihrer hoheitlichen um die EU‑Institutionen zu reformieren und ihnen neue
Befugnisse, um dadurch mehr Einfluss zu erlangen und Zuständigkeiten zu übertragen.
effizienter handeln zu können. Diese teilweise Übertragung
von Befugnissen an Institutionen, die die Mitgliedstaaten Der letzte Änderungsvertrag, der Lissabon‑Vertrag, wurde
selbst geschaffen haben, bedeutet in der Praxis, dass am 13. Dezember 2007 in Lissabon unterzeichnet und trat
Entscheidungen zu bestimmten Fragen von gemeinsamem am 1. Dezember 2009 in Kraft. Frühere Verträge, der
Interesse auf europäischer Ebene demokratisch getroffen Vertrag über die Europäische Union und der Vertrag über
werden können. Damit bewegt sich die EU zwischen dem
föderalen System der USA und dem lockeren
Kooperationsverbund von Regierungen in der UNO.
Die EU hat seit ihrer Gründung im Jahr 1950 viel erreicht.
Sie hat einen Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen
geschaffen, der 28 Länder mit über 500 Millionen
Menschen umfasst, die sich frei bewegen und dort wohnen
bzw. niederlassen können, wo sie es möchten. Sie hat sich
mit dem Euro eine einheitliche Währung gegeben, die heute
zu den weltweit wichtigsten Währungen zählt und die den
Binnenmarkt effizienter macht. Sie ist auch die größte
Geberin von Entwicklungs- und humanitärer Hilfe in der
Welt. Dies sind indes nur einige ihrer bisherigen Erfolge.
Gegenwärtig arbeitet die EU an der Überwindung der
Wirtschaftskrise in Europa. Sie kämpft außerdem in
© ImageGlobe
vorderster Linie gegen den Klimawandel und seine Folgen;
sie hilft ihren Nachbarländern und führt laufende
Erweiterungsverhandlungen weiter; sie entwickelt eine
gemeinsame Außenpolitik, die ganz erheblich zur Am 9. Mai 1950 präsentierte der französische Außenminister
Verbreitung europäischer Werte in der Welt beitragen wird. Robert Schuman erstmals öffentlich seine Ideen, die später zur
Die Verwirklichung dieser ehrgeizigen Ziele wird davon Europäischen Union führen sollten. Der 9. Mai wird daher als
Europatag begangen.
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die Arbeitsweise der Europäischen Union, sind damit Teil
der derzeit geltenden konsolidierten Fassung geworden.
Der Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in
der Wirtschafts- und Währungsunion (SKS‑Vertrag) ist ein
zwischenstaatlicher Vertrag, den alle EU‑Mitgliedstaaten
außer der Tschechischen Republik und dem Vereinigten
Königreich im Jahr 2012 unterzeichnet haben. Er ist am
1. Januar 2013 in in Kraft getreten haben. Der SKS‑Vertrag ist
kein EU‑Vertrag, sondern ein zwischenstaatlicher Vertrag, der
in das EU‑Recht übernommen werden soll. Er verpflichtet die
Länder zu strengen Regelungen zur Gewährleistung
ausgeglichener Staatshaushalte und dient der besseren
Steuerung des Euro-Raums.
© ImageGlobe
Wer trifft die Entscheidungen?
An der Beschlussfassung in der EU sind mehrere Das Handeln der Europäischen Union beruht auf Verträgen, die
EU‑Institutionen beteiligt, insbesondere von allen Mitgliedstaaten gemeinsam vereinbart werden; nach
einer umfassenden Überarbeitung wurde die derzeit gültige
XXdas Europäische Parlament, das die europäischen Fassung 2007 in Lissabon unterzeichnet.
Bürgerinnen und Bürger vertritt und direkt von ihnen
gewählt wird;
Geschichte der EU‑Verträge
Nachdem der französische Außenminister Robert XX Der Vertrag über die Europäische Union (Vertrag
Schuman im Jahr 1950 die gemeinsame Kontrolle der von Maastricht) wurde am 7. Februar 1992
europäischen Montanindustrie vorgeschlagen hatte, unterzeichnet und trat 1993 in Kraft. Er schuf
fanden seine Ideen ein Jahr darauf im Vertrag von die Europäische Union, räumte dem Parlament
Paris ihren Niederschlag – der Vorläufer der EU, die mehr Mitentscheidungsrechte ein und fügte neue
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, war Bereiche der Zusammenarbeit hinzu.
geboren. Seither hat die EU die Verträge regelmäßig
aktualisiert und ergänzt, um ein wirksames politisches
XX Der Vertrag von Amsterdam wurde am
Handeln und Entscheiden zu ermöglichen: 2. Oktober 1997 unterzeichnet und trat 1999 in
Kraft. Mit ihm wurden frühere Verträge geändert.
XX Der Vertrag von Paris über die Gründung der
Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl
XX Der Vertrag von Nizza wurde am 26. Februar
(EGKS) wurde am 18. April 1951 unterzeichnet. 2001 unterzeichnet und trat 2003 in Kraft. Das
Er trat 1952 in Kraft und lief 2002 aus. institutionelle System der EU wurde gestrafft,
damit es auch nach der EU‑Beitrittswelle im
XX Die Römischen Verträge zur Gründung der Jahr 2004 weiterhin effektiv arbeiten konnte.
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)
und der Europäischen Atomgemeinschaft
XX Der Vertrag von Lissabon wurde am
(Euratom) wurden am 25. März 1957 in Rom 13. Dezember 2007 unterzeichnet und trat 2009
unterzeichnet und traten 1958 in Kraft. in Kraft. Er vereinfachte die Arbeitsweise und die
Abstimmungsregeln und schuf das Amt des
XX Die Einheitliche Europäische Akte (EEA) wurde im Präsidenten des Europäischen Rates sowie neue
Februar 1986 unterzeichnet und trat 1987 in Strukturen, um der EU mehr Gewicht auf der
Kraft. Mit ihr wurde der EWG‑Vertrag geändert Weltbühne zu verschaffen.
und der Weg für die Vollendung des
Binnenmarkts bereitet.
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XXderEuropäische Rat, der sich aus den Staats- und vor, doch wie der einzelne Mitgliedstaat es erreichen
Regierungschefs der EU‑Mitgliedstaaten möchte, entscheidet er selbst.
zusammensetzt;
XXEin Beschluss kann an Mitgliedstaaten, Gruppen oder
XXder Rat, der die Regierungen der EU‑Mitgliedstaaten Einzelne gerichtet sein. Er ist in allen seinen Teilen
vertritt; verbindlich. Beschlüsse ergehen zum Beispiel zu
beabsichtigten Unternehmensfusionen.
XXdie Europäische Kommission, die die Interessen der
EU insgesamt wahrt. XXEmpfehlungen und Stellungnahmen haben keine
bindende Wirkung.
Der Europäische Rat bestimmt den allgemeinen politischen
Kurs und die Prioritäten der EU‑Politik, hat jedoch keine
gesetzgeberischen Aufgaben. Im Allgemeinen macht die Wie werden EU‑Rechtsvorschriften
Europäische Kommission Vorschläge für neue verabschiedet?
Rechtsvorschriften, über deren Annahme das Europäische
Parlament und der Rat entscheiden. Für die Durchführung Jede europäische Rechtsvorschrift stützt sich auf einen
sind dann die Mitgliedstaaten und wieder die Kommission bestimmten Vertragsartikel, und nach dieser
zuständig. „Rechtsgrundlage“ richtet sich, welches Verfahren
anwendbar ist. Der Vertrag regelt den Ablauf des
Beschlussverfahrens: Vorschlag der Kommission, Lesungen
Welche Arten von EU‑Rechtsvorschriften von Parlament und Rat, Stellungnahmen der beratenden
gibt es? Einrichtungen. Er legt zudem fest, wann Einstimmigkeit
erforderlich ist und wann eine qualifizierte Mehrheit für die
Es gibt mehrere verschiedene Vorschriftenarten, die sich Annahme im Rat genügt.
auch in der Anwendung unterscheiden:
Die allermeisten EU‑Rechtsvorschriften werden nach dem
XXEine Verordnung ist ein Gesetz, das in allen „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“
Mitgliedstaaten direkt anwendbar und bindend ist. angenommen. Bei diesem Verfahren teilen sich Parlament
Es muss von den Mitgliedstaaten nicht in und Rat die Legislativbefugnis.
einzelstaatliches Recht umgesetzt werden; sehr wohl
sind aber eventuell nationale Vorschriften zu ändern, Das Verfahren beginnt bei der Kommission. Bevor diese
damit sie mit der Verordnung übereinstimmen. jedoch einen Vorschlag unterbreitet, bittet sie oft zunächst
Regierungen, Unternehmen, zivilgesellschaftliche
XXEine Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten oder eine Organisationen und Einzelpersonen um ihre Meinung zu dem
Gruppe von Mitgliedstaaten dazu, ein bestimmtes Thema. Deren Stellungnahmen fließen in den Vorschlag ein,
Ergebnis zu erzielen. In der Regel sind Richtlinien in den die Kommission dann dem Rat und dem Parlament
einzelstaatliches Recht umzusetzen, um wirksam zu vorlegt. Die Kommission unterbreitet ihre Vorschläge von sich
werden. Anders ausgedrückt: Eine Richtlinie gibt das Ziel
Zu den größten Errungenschaften
der Europäischen Union zählt,
dass die Bürgerinnen und Bürger
ungehindert in allen
28 EU‑Mitgliedstaaten reisen,
leben und arbeiten dürfen.
© Heide Benser/Corbis
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ORDENTLICHES GESETZGEBUNGSVERFAHREN
1. Vorschlag der Kommission
2. Stellungnahmen der nationalen Parlamente
3. (falls vorgeschrieben) Stellungnahmen des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses und/oder des
Ausschusses der Regionen
ERSTE LESUNG
4. Erste Lesung des Europäischen Parlaments: Das Parlament legt seinen Standpunkt (mit Änderungsvorschlägen) fest.
5. Die Kommission kann ihren Vorschlag entsprechend ändern.
6. Erste Lesung im Rat (*)
7. Der Rat billigt den Standpunkt des Parlaments. 8. Rat und Parlament sind sich nicht einig über die
Der Rechtsakt ist erlassen. Änderungsvorschläge. Der Rat legt seinen „Standpunkt in
erster Lesung“ fest.
ZWEITE LESUNG
9. Zweite Lesung des Europäischen Parlaments: Entweder billigt das Parlament den „Standpunkt des Rates in erster
Lesung“ – der Rechtsakt ist dann in „früher zweiter Lesung“ erlassen – oder es schlägt Änderungen vor.
10. Stellungnahme der Kommission zu den Änderungsvorschlägen des Parlaments
11. Zweite Lesung im Rat (*)
12. Der Rat billigt alle Änderungsvorschläge des Parlaments am 13. Der Rat und das Parlament sind sich nicht einig über
„Standpunkt des Rates in erster Lesung“. die Vorschläge des Parlaments zur Änderung des
Der Rechtsakt ist erlassen. „Standpunkts des Rates in erster Lesung“.
VERMITTLUNGSVERFAHREN
14. Der Vermittlungsausschuss wird einberufen.
15. Der Vermittlungsausschuss einigt sich auf einen gemeinsamen Text.
16. Parlament und Rat stimmen dem Vorschlag des 17. Parlament und/oder Rat lehnen den Vorschlag des
Vermittlungsausschusses zu: Vermittlungsausschusses ab:
Der Rechtsakt ist erlassen. Der Rechtsakt ist nicht erlassen.
(*) Der Rat legt seinen Standpunkt mit qualifizierter Mehrheit fest (Einstimmigkeit ist im Vertrag nur in wenigen Ausnahmefällen vorgesehen). Möchte der Rat jedoch vom
Vorschlag oder der Stellungnahme der Kommission abweichen, so muss er seinen Standpunkt einstimmig festlegen.
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7
aus oder auf Ersuchen des Rates, des Europäischen Rates, Darüber hinaus können weitere Institutionen konsultiert
des Parlaments oder europäischer Bürgerinnen und Bürger. werden, wenn sie inhaltlich oder fachlich von dem
Vorschlag betroffen sind. Beispielsweise würde die
Rat und Parlament prüfen und erörtern den Vorschlag jeweils Europäische Zentralbank erwarten, zu Vorschlägen
für sich. Kommt in der zweiten Lesung keine Einigung zustande, konsultiert zu werden, die wirtschaftliche und finanzielle
wird der Vorschlag an einen Vermittlungsausschuss Fragen berühren.
weitergeleitet, in dem ebenso viele Vertreter des Rates wie
Vertreter des Parlaments sitzen. Auch Vertreter der Kommission
nehmen an den Ausschusssitzungen teil und tragen zu den Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger
Beratungen bei. Hat der Ausschuss eine Einigung erzielt, wird Mithilfe einer „europäischen Bürgerinitiative“ können
der vereinbarte Text dem Parlament und dem Rat zwecks EU‑Bürgerinnen und -Bürger (mindestens 1 Million aus
endgültiger Verabschiedung in dritter Lesung vorgelegt. In den mindestens einem Viertel der EU‑Länder) die
meisten Fällen wird im Parlament über die Vorschläge mit Kommission auffordern, einen Legislativvorschlag zu
einfacher Mehrheit abgestimmt, im Rat hingegen mit einem bestimmten Thema vorzulegen. Die Kommission
qualifizierter Mehrheit, wobei die Zustimmung von mindestens prüft alle Initiativen sorgfältig, wenn sie in ihren
der Hälfte der Mitgliedstaaten notwendig ist, die zusammen Zuständigkeitsbereich fallen und von 1 Million
etwa zwei Drittel der EU-Bevölkerung repräsentieren müssen. Menschen unterstützt werden. Zu den Initiativen findet
In manchen Fällen ist im Rat Einstimmigkeit erforderlich. im Parlament eine Anhörung statt. Derartige Initiativen
können somit durchaus die Arbeit der EU‑Institutionen
und auch die öffentliche Debatte beeinflussen.
Besondere Gesetzgebungsverfahren
Je nach Thema gibt es weitere besondere Legislativverfahren.
Beim Konsultationsverfahren muss der Rat zwar das Nationale Kontrolle
Parlament zum Kommissionsvorschlag anhören, sich dessen
Ansichten jedoch nicht zu eigen machen. Dieses Verfahren ist Die nationalen Parlamente erhalten die Entwürfe von
nur auf wenige Bereiche anwendbar, beispielsweise bei Rechtsakten zur selben Zeit wie das Europäische Parlament
Binnenmarktfreistellungen und im Wettbewerbsrecht. Beim und der Rat. Sie können sich dazu äußern und darüber wachen,
Verfahren der Zustimmung kann das Parlament einen dass die Beschlüsse auf der am besten geeigneten Ebene
Vorschlag zwar billigen oder ablehnen, aber keine Änderungen gefasst werden. Das Handeln der EU unterliegt dem Grundsatz
vorschlagen. Dieses Verfahren kann eingesetzt werden, wenn der Subsidiarität, d. h., die Union darf (außer in den
der Vorschlag die Zustimmung zu einer ausgehandelten Bereichen, in denen sie ausschließliche Befugnisse hat) nur
internationalen Übereinkunft betrifft. Darüber hinaus gibt es dann tätig werden, wenn ein Handeln auf EU‑Ebene
einige wenige Fälle, in denen Rat und Kommission oder wirkungsvoller ist als auf nationaler Ebene. Die nationalen
Kommission allein einen Rechtsakt erlassen können.
Wer wird konsultiert, wer kann Einwände
erheben?
Neben dem Dreieck Kommission – Rat – Parlament müssen
mehrere beratende Einrichtungen angehört werden, wenn
der vorgeschlagene Rechtsakt in ihren Fachbereich fällt.
Selbst wenn deren Argumente nicht immer berücksichtigt
werden, ist diese umfassende Prüfung der
EU‑Gesetzgebung ein Teil der demokratischen Kontrolle.
Diese beratenden Einrichtungen sind:
XXder Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss,
in dem zivilgesellschaftliche Gruppen (u. a. Arbeitgeber,
© Bernd Vogel/Corbis
Gewerkschaften und gesellschaftliche
Interessengruppen) vertreten sind;
XXder Ausschuss der Regionen, der gewährleistet, dass
die Stimme der lokalen und regionalen Mithilfe der „Europäischen Bürgerinitiative“ können auch
Gebietskörperschaften gehört wird. Bürgerinnen und Bürger neuerdings Gesetze vorschlagen.
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Parlamente kontrollieren die ordnungsgemäße Anwendung Euro‑Raum auswirken können, müssen bestimmte, auf
dieses Grundsatzes im EU‑Beschlussfassungsprozess. EU‑Ebene festgelegte Regeln eingehalten werden. Damit die
WWU wirksam funktioniert und damit Stabilität und
Wachstum gesichert sind, ist eine Koordinierung der
Welche Entscheidungen werden wo getroffen? (gesunden) öffentlichen Haushalte und der struktur
politischen Maßnahmen erforderlich. Die Notwendigkeit, die
Die Verträge nennen die Politikfelder, in denen die EU wirtschaftspolitische Steuerung in der EU und im Euro‑
Beschlüsse fassen darf. In einigen verfügt die EU über die Raum – unter anderem mittels einer engeren politischen
ausschließliche Zuständigkeit, die Beschlüsse werden Abstimmung sowie vermehrter Beobachtung und Aufsicht –
also auf EU‑Ebene vom Rat (den Mitgliedstaaten) und vom zu verstärken, ist insbesondere in der wirtschaftlichen Krise,
Europäischen Parlament gefasst. Dies gilt für folgende die 2008 begann, deutlich geworden.
Bereiche: Handel, Zoll, Wettbewerbsregeln, Währungspolitik
für den Euro‑Raum und Erhaltung der Fischbestände. Der Rat beobachtet die Finanz- und Wirtschaftspolitik der
Mitgliedstaaten und kann einzelnen EU‑Ländern – auf der
In anderen Bereichen sind die Entscheidungsbefugnisse Grundlage von Kommissionsvorschlägen – bei Bedarf
zwischen der Union und den Mitgliedstaaten geteilt. Das Anpassungen empfehlen. Ebenso kann er aber Euro‑Länder
bedeutet, dass Rechtsvorschriften, die auf EU‑Ebene mit Zwangsmaßnahmen belegen, die nicht genug zur
angenommen werden, Vorrang haben. Hat die EU hingegen Reduzierung eines übermäßigen Haushaltsdefizits oder
keine Vorschriften angenommen, so können die Mitgliedstaa- Schuldenniveaus unternehmen.
ten selbst gesetzgeberisch tätig werden. Die geteilte
Zuständigkeit gilt für viele Politikfelder, darunter Binnenmarkt, Über die Steuerung des Euro‑Raums und große
Landwirtschaft, Umwelt, Verbraucherschutz und Verkehr. wirtschaftspolitische Reformen wird auch auf den
Euro‑Gipfeln gesprochen, wo die Staats- und
In allen anderen Bereichen verbleibt die Zuständigkeit bei Regierungschefs der Euro‑Länder zusammenkommen.
den Mitgliedstaaten. In Politikbereichen, die nicht in einem
der Verträge genannt werden, darf die Kommission auch
keinen Rechtsakt vorschlagen. In bestimmten Fragen darf Die Außenbeziehungen der EU
die Union die Mitgliedstaaten bei deren gesetzgeberischen
Initiativen allerdings unterstützen; hierzu zählen Raumfahrt, Für die Beziehungen zu Ländern außerhalb der EU ist die
Bildung, Kultur und Tourismus. Auf wieder anderen Gebie- Hohe Vertreterin/der Hohe Vertreter der Union für Außen-
ten, etwa in der Entwicklungszusammenarbeit und der und Sicherheitspolitik zuständig, die/der vom Europäischen
Forschung, kann die EU parallele Maßnahmen durchführen Rat ernannt wird und zugleich das Amt der Vizepräsidentin/
(z. B. humanitäre Hilfsprogramme). des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission innehat.
Auf der Ebene der Staats- und Regierungschefinnen/‑chefs
wird die Union von der Präsidentin/vom Präsidenten des
Wirtschaftspolitische Koordinierung Europäischen Rates vertreten. (*)
Alle EU‑Länder sind Teil der Wirtschafts- und Währungsunion Der Europäische Auswärtige Dienst (EAD) ist das „Außen
(WWU); sie betrachten ihre Wirtschaftspolitik als „eine ministerium“ und der diplomatische Dienst der Union; er
Angelegenheit von gemeinsamem Interesse“ und untersteht dem Hohen Vertreter. Sein Personal besteht aus
koordinieren sie untereinander. Innerhalb der WWU ist keine Experten des Rates, der Mitgliedstaaten und der Europäi-
Institution allein für die gesamte Wirtschaftspolitik zuständig. schen Kommission. Die außen- und sicherheitspolitischen
Die entsprechenden Zuständigkeiten sind vielmehr zwischen Entscheidungen trifft der Rat aufgrund der Vorgaben des
den Mitgliedstaaten und den EU‑Institutionen aufgeteilt. Europäischen Rates. Die Kommission ist zuständig für den
Handel mit Nicht‑EU‑Ländern und für Finanzhilfen an diese
Die Währungspolitik im Euro‑Raum, bei der es um die Länder (z. B. in Form von humanitärer oder Entwicklungshil-
Preisstabilität und die Zinshöhe geht, fällt in die autonome fe). Darüber hinaus vertritt die Kommission die Union in
Zuständigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB); der Euro- allen anderen Zuständigkeitsbereichen der EU (außer in der
Raum umfasst diejenigen Mitgliedstaaten, die den Euro als Außen- und Sicherheitspolitik).
Währung haben. Wenn Litauen im Januar 2015 den Euro
einführt, sind 19 Länder im Euro-Raum vertreten.
Die Fiskalpolitik, also die Entscheidungen über Steuern,
Ausgaben und Anleihen, fällt in die Zuständigkeit der
Regierungen der 28 Mitgliedstaaten. Das Gleiche gilt für die (*) Hinweis für die Leserinnen und Leser der deutschen Fassung: Damit die
Lesefreundlichkeit des Textes durch die parallele Verwendung von femininer
Arbeits- und Sozialpolitik. Da sich fiskalpolitische und maskuliner Form nicht leidet, erscheint weiter unten im Allgemeinen nur
Entscheidungen eines Euro‑Landes jedoch auf den gesamten die maskuline Form. Wir bitten um Verständnis.I hr W egweiser zu den E U - I ns t i t u t i o nen
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Das Europäische Parlament
Die Stimme der Bürgerinnen und Bürger
Aufgabe: beteiligt sich als direkt gewähltes Organ an der Gesetzgebung der EU
Mitglieder: 751 Mitglieder des Europäischen Parlaments
Sitz: Straßburg, Brüssel und Luxemburg
XX http://www.europarl.eu
Die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) ANZAHL DER MdEP JE MITGLIEDSTAAT IM JAHR 2014
werden von den EU‑Bürgerinnen und ‑Bürgern direkt
gewählt, um deren Interessen zu vertreten. Die Wahlen Mitgliedstaat Anzahl der MdEP
finden alle fünf Jahre statt, und alle rund 380 Millionen Belgien 21
EU‑Bürger über 18 Jahre (in Österreich über 16 Jahre) sind Bulgarien 17
wahlberechtigt. Das Parlament umfasst derzeit 751 MdEP
Dänemark 13
aus sämtlichen 28 Mitgliedstaaten.
Deutschland 96
Seinen offiziellen Sitz hat das Europäische Parlament in Estland 6
Straßburg (Frankreich); es arbeitet jedoch an drei Orten: Finnland 13
Straßburg, Brüssel (Belgien) und Luxemburg. Die Frankreich 74
wichtigsten Zusammenkünfte, die Plenartagungen, werden
Griechenland 21
zwölf Mal jährlich in Straßburg abgehalten. Weitere
Plenartagungen und auch die Ausschusssitzungen finden in Irland 11
Brüssel statt. Italien 73
Kroatien 11
Lettland 8
Zusammensetzung des Europäischen
Litauen 11
Parlaments
Luxemburg 6
Die Sitze im Europäischen Parlament sind unter den Malta 6
Mitgliedstaaten entsprechend ihrem Anteil an der Niederlande 26
EU‑Bevölkerung aufgeteilt.
Österreich 18
Die MdEP haben fast immer eine Verbindung zu einer Polen 51
politischen Partei in ihrem Herkunftsland. Im Europäischen Portugal 21
Parlament sind die nationalen Parteien zu EU‑weiten Rumänien 32
politischen Fraktionen zusammengeschlossen, und die Schweden 20
meisten MdEP gehören einer von ihnen an.
Slowakei 13
Slowenien 8
Spanien 54
Tschechische Republik 21
Ungarn 21
Vereinigtes Königreich 73
Zypern 6
INSGESAMT 75110 S O F U N K T I O N I E R T D I E E U R O P Ä I S C H E U N I O N
ANZAHL DER MdEP IN DEN EINZELNEN FRAKTIONEN (OKTOBER 2014)
Fraktion der Allianz der Liberalen und
Demokraten für Europa – ALDE Fraktion der Europäischen Volkspartei
68 (Christdemokraten) – EVP
220
Fraktion der Grünen/Europäische
Freie Allianz – Verts/ALE
50 Fraktion Europäische Konservative
Fraktion der Progressiven und Reformisten – ECR
Allianz der Sozialisten und 70
Demokraten im Europäischen
Fraktion Europa der Freiheit
Parlament – S&D
und der direkten
191
Demokratie – EFDD
INSGESAMT 48
Konföderale Fraktion der 751
Vereinigten Europäischen
Linken/Nordische Grüne Fraktionslose MdEP – NI
Linke – GUE/NGL 52
52
Was das Europäische Parlament tut muss. Für alle internationalen Übereinkünfte zu Fragen, die
unter das ordentliche Gesetzgebungsverfahren fallen, ist
Das Parlament hat vor allem drei Aufgaben: die Zustimmung des Parlaments erforderlich.
1. Es ist zusammen mit dem Rat für die Gesetzgebung Das Parlament muss zu zahlreichen anderen Vorschlägen
zuständig. Der Umstand, dass es direkt gewählt ist, angehört werden, und bei wichtigen politischen oder
trägt zur demokratischen Legitimation des europäischen institutionellen Entscheidungen ist seine Zustimmung
Rechts bei. nötig: Rechtsakte zur sozialen Sicherheit und zum
Sozialschutz, Steuerbestimmungen im Bereich Energie,
2. E
s übt eine demokratische Kontrolle über alle Organe Harmonisierung der Umsatz- und der indirekten
der EU und insbesondere über die Kommission aus. Es Besteuerung. Außerdem gibt das Parlament Anstöße zu
stimmt der Ernennung des Kommissionspräsidenten und neuen Rechtsvorschriften, indem es bei der Prüfung des
der Kommissionsmitglieder zu oder lehnt sie ab, und es Jahresarbeitsprogramms der Kommission erörtert, welche
kann einen Misstrauensantrag gegen die gesamte neuen Rechtsvorschriften zweckmäßig wären, und dann
Kommission einbringen. von der Kommission die Vorlage entsprechender
Vorschläge verlangen kann.
3. E
s teilt sich die Haushaltsbefugnis mit dem Rat und
kann somit Einfluss auf die Ausgaben der EU nehmen. 2. DIE AUFSICHTSBEFUGNIS
Am Ende des Haushaltsverfahrens genehmigt es den Das Parlament übt auf verschiedene Art und Weise eine
Gesamthaushalt oder lehnt ihn ab. demokratische Kontrolle über die anderen EU‑Organe aus.
Wenn eine neue Kommission ernannt werden soll, hört das
Diese drei Aufgaben werden im Folgenden näher Parlament die potenziellen neuen Mitglieder der
beschrieben. Kommission und deren Präsidenten (der von den
Mitgliedstaaten nominiert wird). Ohne die Zustimmung des
1. DIE GESETZGEBUNGSBEFUGNIS Parlaments können sie nicht ernannt werden.
Das gebräuchlichste Verfahren zur Annahme von
EU‑Rechtsvorschriften ist das „ordentliche Außerdem ist die Kommission politisch
Gesetzgebungsverfahren“, auch rechenschaftspflichtig gegenüber dem Parlament, das die
„Mitentscheidungsverfahren“ genannt. Dabei haben gesamte Kommission durch einen Misstrauensantrag zum
Parlament und Rat gleiche Rechte, und die angenommenen Rücktritt zwingen kann. Kontrolle übt das Parlament ferner
Rechtsvorschriften sind gemeinsame Rechtsakte beider dadurch aus, dass es regelmäßig die von der Kommission
Organe. Dieses Verfahren kommt bei den meisten übermittelten Berichte prüft und ihr Fragen stellt, auf die
EU‑Rechtsvorschriften in vielen Bereichen (darunter sie schriftlich oder mündlich antworten muss.
Verbraucherrechte, Umweltschutz und Verkehr) zur
Anwendung. Beim ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Die Kommissionsmitglieder (Kommissare) sind in
macht die Kommission einen Vorschlag, der dann sowohl Plenartagungen des Parlaments und Sitzungen der
vom Parlament als auch vom Rat angenommen werden Parlamentsausschüsse anwesend. Ebenso führt dasI hr W egweiser zu den E U - I ns t i t u t i o nen
11
Martin Schulz wurde 2014 zum
Präsidenten des Europäischen
Parlaments wiedergewählt.
© EU
Parlament einen regelmäßigen Dialog mit dem Präsidenten So funktioniert das Parlament
der Europäischen Zentralbank über die Währungspolitik.
Das Parlament wählt seinen Präsidenten für eine
Die parlamentarische Kontrolle erstreckt sich auch auf die zweieinhalbjährige Amtszeit. Dieser vertritt das Parlament
Tätigkeit des Rates: Die Abgeordneten richten regelmäßig gegenüber den anderen EU‑Institutionen und der Außenwelt;
Anfragen (zur schriftlichen oder mündlichen Beantwortung) an er wird von 14 Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen mit
den Rat, und dessen Vorsitz wohnt den Plenartagungen bei dem Präsidenten des Rates unterzeichnet der Präsident des
und beteiligt sich an wichtigen Debatten. In einigen Europäischen Parlaments alle von beiden Organen
Politikbereichen, z. B. in der Gemeinsamen Außen- und angenommenen Rechtsakte.
Sicherheitspolitik, ist der Rat allein für die Beschlüsse
verantwortlich. Dennoch arbeitet das Parlament auch in Die Arbeit des Parlaments läuft im Wesentlichen in zwei
diesen Bereichen eng mit dem Rat zusammen. Stufen ab:
Die Prüfung der von Bürgerinnen und Bürgern eingereichten XXVorbereitung der Plenartagungen. Diese Arbeit
Petitionen und die Einsetzung von Sonderuntersuchungs übernehmen die MdEP in den 20 Parlaments
ausschüssen bilden weitere Kontrollmöglichkeiten des ausschüssen, die auf die verschiedenen EU‑Aktivitäten
Parlaments. spezialisiert sind; als Beispiele seien der Ausschuss für
Wirtschaft und Währung und der Ausschuss für
Schließlich legt das Parlament Beiträge zu allen Tagungen internationalen Handel genannt. Die zu behandelnden
des Europäischen Rates, den EU‑Gipfeln, vor. Zu Beginn jedes Themen werden auch von den politischen Fraktionen
Gipfeltreffens legt der Parlamentspräsident die Standpunkte erörtert.
und Anliegen des Parlaments bezüglich aktueller Fragen und
der Themen dar, die auf der Tagesordnung des Europäischen XXAbhaltung der Plenartagungen. Die Plenartagungen, an
Rates stehen. denen alle MdEP teilnehmen, finden in der Regel in
Straßburg (eine Woche pro Monat) und manchmal
3. DIE HAUSHALTSBEFUGNIS zusätzlich in Brüssel statt. Auf diesen Tagungen berät
Der Haushaltsplan der EU wird jährlich vom Europäischen das Parlament über vorgeschlagene Rechtsvorschriften
Parlament und vom Rat der Europäischen Union und stimmt über Änderungsanträge ab, ehe über den
gemeinsam verabschiedet. Das Parlament erörtert den Gesamttext entschieden wird. Auf der Tagesordnung
Haushaltsplan in zwei aufeinanderfolgenden Lesungen, und können ferner „Mitteilungen“ des Rates oder der
er wird erst wirksam, wenn er vom Parlamentspräsidenten Kommission stehen oder Fragen zu aktuellen
unterzeichnet worden ist. Entwicklungen in der EU oder der übrigen Welt.
Der Parlamentsausschuss für Haushaltskontrolle Grundsätzlich ist das Parlament nur beschlussfähig, wenn
überwacht die Verwendung der Gelder. Außerdem stimmt ein Drittel seiner Mitglieder bei einer Abstimmung im
das Parlament jedes Jahr darüber ab, ob die Ausführung Plenarsaal anwesend ist. Normalerweise wird eine
des Haushaltsplans durch die Kommission im Abstimmung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen
abgelaufenen Haushaltsjahr gebilligt werden soll entschieden. In besonderen Fällen ist für eine Entscheidung
(„Entlastung der Kommission“). die Mehrheit aller Mitglieder des Parlaments erforderlich,
etwa für die Wahl des Kommissionspräsidenten oder bei
Abstimmungen in zweiter Lesung im Rahmen eines
ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens.12 S O F U N K T I O N I E R T D I E E U R O P Ä I S C H E U N I O N
Der Europäische Rat
Die strategischen Vorgaben
Aufgabe: bestimmt den politischen Kurs und die Prioritäten
Mitglieder: die Staats- und Regierungschefs aller Mitgliedstaaten, der Präsident des
Europäischen Rates und der Präsident der Europäischen Kommission
Sitz: Brüssel
XX http://www.european‑council.europa.eu
Im Europäischen Rat sind die führenden Politiker der EU Präsident des Europäischen Rates
vereint, d. h. die Premierminister, Bundeskanzler und
Präsidenten sowie die Präsidenten von Europäischem Rat Die Arbeiten des Europäischen Rates werden von dessen
und Kommission. Sie kommen mindestens viermal pro Jahr Präsidenten koordiniert, der die Tagungen einberuft und
zusammen, um den allgemeinen politischen Kurs und die den Vorsitz übernimmt und der dem Europäischen Rat bei
vorrangigen Ziele und Aufgaben festzulegen. Der Hohe seinen Arbeiten außerdem die nötigen Impulse gibtv.
Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik nimmt
ebenfalls an den Beratungen des Europäischen Rates teil. Er ist es auch, der die Union nach außen repräsentiert.
Zusammen mit dem Hohen Vertreter der Union für Außen-
und Sicherheitspolitik vertritt er die EU‑Interessen in
Was der Europäische Rat tut außen- und sicherheitspolitischen Fragen.
Der Europäische Rat ist das Gipfeltreffen der Staats- und Der Präsident wird vom Europäischen Rat für zweieinhalb
Regierungschefs aller EU‑Länder und bildet somit die Jahre gewählt und kann einmal wiedergewählt werden. Der
höchste Ebene der politischen Zusammenarbeit der Vorsitz des Europäischen Rates erfordert vollen Einsatz,
Mitgliedstaaten. Auf ihren Tagungen entscheiden die weswegen der Präsident nicht gleichzeitig ein nationales
führenden Politiker im Konsens über die große Richtung Amt bekleiden darf.
und die Prioritäten der Union; außerdem geben sie die
nötigen Anstöße zur Weiterentwicklung der EU.
Wie trifft der Europäische Rat seine
Der Europäische Rat erlässt keine Rechtsvorschriften. Entscheidungen?
Vielmehr veröffentlicht er am Ende jeder Tagung
„Schlussfolgerungen“; darin werden die wichtigsten Der Europäische Rat entscheidet meist im Konsens. In
Botschaften, die sich aus den Beratungen ergeben haben, einigen Fällen reicht jedoch die qualifizierte Mehrheit, etwa
und die gefassten Beschlüsse aufgeführt, einschließlich der bei der Wahl seines Präsidenten sowie bei der Ernennung
zu ihrer Umsetzung erforderlichen Maßnahmen. Die der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für
Schlussfolgerungen nennen auch wichtige Fragen, mit Außen- und Sicherheitspolitik.
denen sich dann der Rat (also die Minister) auf seinen
Tagungen befassen muss. Bisweilen wird auch die Wenn der Europäische Rat per Abstimmung entscheidet,
Kommission aufgefordert, Vorschläge zu einem bestimmten sind nur die Staats- und Regierungschefs stimmberechtigt.
Thema zu unterbreiten, das für die Union eine
Herausforderung oder eine Chance darstellt.
Sekretariat
Tagungen des Europäischen Rates finden in der Regel
mindestens zweimal pro Halbjahr statt. Zusätzliche Der Europäische Rat wird vom Generalsekretariat des
(außerordentliche oder informelle) Tagungen können Rates unterstützt.
anberaumt werden, wenn drängende, beispielsweise
wirtschafts- oder außenpolitische Probleme auf höchster
Ebene erörtert werden müssen.I hr W egweiser zu den E U - I ns t i t u t i o nen
13
Euro‑Gipfel
Zusätzlich treten die Staats- und Regierungschefs jener
Länder, die den Euro als Währung haben, und der Präsident
der Europäischen Kommission mindestens zweimal im Jahr
zusammen. Zu diesen Euro‑Gipfeln ist auch der Präsident
der Europäischen Zentralbank eingeladen. Der Präsident
des Europäischen Parlaments kann ebenfalls eingeladen
werden.
Die Treffen bieten Gelegenheit, über die Steuerung des
Euro‑Raums und über große wirtschaftspolitische Reformen
zu sprechen. Der Euro‑Gipfel ist formal durch den Vertrag
über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der
Wirtschafts- und Währungsunion (SKS‑Vertrag) ins Leben
gerufen worden. Der Präsident des Euro‑Gipfels wird von
den Staats- und Regierungschefs der Euro‑Länder ernannt.
© EU
Die Ernennung erfolgt zum gleichen Zeitpunkt wie die des
Präsidenten des Europäischen Rates, und auch die Als Präsident des Europäischen Rates leitet Donald Tusk die
Amtszeiten sind gleich lang. Die beiden Positionen können EU-Gipfel ab 1. Dezember 2014.
von ein und derselben Person bekleidet werden.
Bisweilen nehmen auch die Staats- und Regierungschefs teilnahmeberechtigt sind, hält der Präsident des
der Länder an den Beratungen des Euro‑Gipfels teil, die Euro‑Gipfels sie und die übrigen EU‑Mitgliedstaaten
den SKS‑Vertrag zwar ratifiziert, den Euro aber nicht als kontinuierlich über die Vorarbeiten für die Gipfeltreffen und
Währung haben. Sofern diese Länder nicht über deren Ergebnisse auf dem Laufenden.
Ratlos angesichts dreier Räte?
Es kommt leicht zu Verwechslungen zwischen XX Der Europarat
europäischen Institutionen – besonders wenn ganz
Der Europarat ist keine EU‑Institution, sondern eine
unterschiedliche Institutionen sehr ähnliche
zwischenstaatliche Organisation, die sich für
Bezeichnungen haben, wie zum Beispiel die drei „Räte“.
Menschenrechte sowie Demokratie und
Rechtsstaatlichkeit einsetzt. Zu den ersten Erfolgen
XX Der Europäische Rat des 1949 gegründeten Europarates zählt die
Damit sind die Staats- und Regierungschefs aller Europäische Menschenrechtskonvention. Damit
EU‑Länder (Bundeskanzler, Premierminister, Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte im Rahmen
Ministerpräsidenten und Staatspräsidenten, je nach dieser Konvention wahrnehmen können, setzte der
politischem System) sowie die Präsidenten von Europarat den Europäischen Gerichtshof für
Europäischem Rat und Europäischer Kommission Menschenrechte ein. Dem Europarat gehören heute
gemeint. Da er das oberste politische 47 Staaten an, darunter alle EU‑Länder. Er hat
Entscheidungsgremium der EU ist, werden seine seinen Sitz in Straßburg (Frankreich).
Tagungen oft als „Gipfeltreffen“ bezeichnet.
XX Der Rat (der Europäischen Union)
Dieses Organ, auch als Ministerrat bekannt, umfasst
die nationalen Minister aller EU‑Länder. Der Rat tritt
regelmäßig zusammen, um Detailbeschlüsse zu fassen
und europäische Rechtsvorschriften anzunehmen.14 S O F U N K T I O N I E R T D I E E U R O P Ä I S C H E U N I O N
Der Rat
Die Stimme der Mitgliedstaaten
Aufgabe: entscheidet über politische Maßnahmen und erlässt Rechtsvorschriften
Mitglieder: ein Minister je Mitgliedstaat
Sitz: Brüssel und Luxemburg
XX http://www.consilium.europa.eu
Im Rat kommen die Minister der EU‑Mitgliedstaaten Wie die „Zusammensetzung“ einer Ratstagung aussieht,
zusammen, um EU‑Angelegenheiten zu besprechen, welche Minister also teilnehmen, richtet sich nach den
Entscheidungen zu treffen und Rechtsvorschriften zu Themen auf der Tagesordnung. Wenn zum Beispiel
verabschieden. Alle auf den Ratstagungen anwesenden Umweltfragen auf der Tagesordnung stehen, nehmen die
Minister sind befugt, „für die Regierungen der von ihnen Umweltminister der EU‑Staaten an der Tagung teil, die
vertretenen Mitgliedstaaten verbindlich zu handeln“. dann als Rat „Umwelt“ bezeichnet wird. Andere
Zusammensetzungen sind (zum Beispiel) der Rat
„Wirtschaft und Finanzen“ und der Rat
Was der Rat tut „Wettbewerbsfähigkeit“.
Der Rat ist ein zentrales Beschlussorgan der EU. An seinen
Tagungen nimmt aus jedem Mitgliedstaat je ein Minister
teil. Zweck dieser Tagungen ist es, in Beratungen über
Rechtsvorschriften eine Einigung zu erzielen und diese Der Rat tagt in den folgenden zehn
dann entsprechend zu ändern bzw. anzunehmen, die Zusammensetzungen:
Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu koordinieren oder die
Außenpolitik der EU festzulegen.
Unter dem Vorsitz des Hohen Vertreters der Union
Die EU‑Länder haben sich auf die Strategie „Europa 2020“
verständigt, um die Wirtschaftskrise mit einem intelligenten, für Außen- und Sicherheitspolitik:
nachhaltigen und integrativen Wachstum zu überwinden. Viele XX Auswärtige Angelegenheiten
Beschlüsse zur Durchführung dieser Strategie werden von den
zuständigen Ministerinnen und Ministern im Rat gefasst. Unter dem Vorsitz des Mitgliedstaats, der die
Ratspräsidentschaft ausübt:
XX Allgemeine Angelegenheiten
XX Wirtschaft und Finanzen
XX Justiz und Inneres
XX Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und
Verbraucherschutz
XX Wettbewerbsfähigkeit (Binnenmarkt, Industrie,
Forschung und Raumfahrt)
XX Verkehr, Telekommunikation und Energie
Landwirtschaft und Fischerei
© imago/Xinhua/Reporters
XX
XX Umwelt
XX Bildung, Jugend, Kultur und SportI hr W egweiser zu den E U - I ns t i t u t i o nen
15
RATSVORSITZ DIE ARBEIT DES RATES WIRD IM FOLGENDEN NÄHER
Jahr Januar – Juni Juli – Dezember BESCHRIEBEN. 1. GESETZGEBUNG
Viele EU‑Rechtsvorschriften werden gemeinsam von Rat
2014 Griechenland Italien
und Parlament angenommen. Grundsätzlich wird der Rat
2015 Lettland Luxemburg nur aufgrund eines Vorschlags der Kommission tätig, die
2016 Niederlande Slowakei normalerweise auch für die ordnungsgemäße
Durchführung des EU‑Rechts zuständig ist.
2017 Malta Vereinigtes Königreich
2018 Estland Bulgarien 2. KOORDINIERUNG DER POLITIK DER
MITGLIEDSTAATEN (BEISPIEL: WIRTSCHAFTSPOLITIK)
2019 Österreich Rumänien
Nicht alle EU‑Mitgliedstaaten haben den Euro als Währung,
2020 Finnland aber alle sind Teil der Wirtschafts- und Währungsunion
(WWU). In der WWU werden die wirtschaftspolitischen
Maßnahmen der Mitgliedsländer eng aufeinander
abgestimmt. Diese Koordinierung erfolgt durch die
Alle sechs Monate übernimmt ein anderer Mitgliedstaat Wirtschafts- und Finanzminister, die zusammen den Rat
den Vorsitz im Rat. Der Vorsitz im Rat und der im „Wirtschaft und Finanzen“ (Ecofin) bilden.
Europäischen Rat sind nicht deckungsgleich. Die Regierung,
die den Ratsvorsitz innehat, muss die verschiedenen 3. GEMEINSAME AUSSEN- UND
Ratstagungen organisieren und leiten. Eine Ausnahme ist SICHERHEITSPOLITIK (GASP)
der Rat „Auswärtige Angelegenheiten“, in dem der Hohe Die Außen- und Sicherheitspolitik der EU fällt in die
Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, ausschließliche Zuständigkeit des Europäischen Rates und
der außenpolitisch im Namen des Rates handelt, den des Rates und wird von diesen beiden Organen einstimmig
Vorsitz hat. festgelegt und umgesetzt. Die Durchführung obliegt dem
Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik
Im Interesse der Kontinuität der Ratsgeschäfte arbeiten und den Mitgliedstaaten, die im Rat „Auswärtige
immer drei Vorsitzländer als Trio zusammen. Gemeinsam Beziehungen“ zusammenkommen.
erstellen sie ein 18-Monate‑Programm für die Arbeiten
des Rates. 4. ABSCHLUSS INTERNATIONALER ÜBEREINKÜNFTE
Jedes Jahr schließt (unterzeichnet) der Rat diverse
Alle im Rat vertretenen Minister sind befugt, im Namen Übereinkünfte zwischen der Europäischen Union und
ihrer Regierungen verbindlich zu handeln; zugleich sind sie Nicht‑EU‑Ländern sowie internationalen Organisationen.
den gewählten Einrichtungen ihres Landes verantwortlich. Diese Übereinkünfte können große Themen wie Handel,
Dadurch sind die Ratsentscheidungen demokratisch Zusammenarbeit und Entwicklung betreffen oder auch
legitimiert. spezifische Themen wie Textilwaren, Fischerei,
Wissenschaft und Technologie, Verkehr. In Bereichen, in
Der Rat hat fünf zentrale Aufgaben: denen es Mitentscheidungsbefugnisse hat, muss außerdem
das Europäische Parlament diesen Übereinkünften
1. Er verabschiedet EU‑Rechtsvorschriften, meist zustimmen.
gemeinsam mit dem Europäischen Parlament.
5. ANNAHME DES EU‑HAUSHALTS
2. Er koordiniert die Politik der Mitgliedstaaten, zum Der Haushaltsplan der EU wird jährlich vom Rat und vom
Beispiel die Wirtschaftspolitik. Europäischen Parlament gemeinsam verabschiedet. Wenn
die beiden Organe keine Einigung erzielen, kommen
3. Er entwickelt die Gemeinsame Außen- und Vermittlungsverfahren zur Anwendung.
Sicherheitspolitik der EU entsprechend den Vorgaben
des Europäischen Rates.
So funktioniert der Rat
4. Er schließt internationale Übereinkünfte zwischen der
EU und anderen Staaten oder internationalen Alle Beratungen und Abstimmungen im Rat über
Organisationen. Rechtsakte finden öffentlich statt und können live auf der
Website des Rates mitverfolgt werden.
5. Er und das Europäische Parlament genehmigen den
Haushaltsplan der EU. Für die Kohärenz der Arbeiten in den verschiedenen
Ratszusammensetzungen sorgt der Rat „Allgemeine
Angelegenheiten“, der die wirksame Umsetzung der Vorgaben16 S O F U N K T I O N I E R T D I E E U R O P Ä I S C H E U N I O N
des Europäischen Rates überwacht. Er wird dabei vom
BEVÖLKERUNGSZAHLEN ALS GRUNDLAGE FÜR ABSTIMMUNGEN
Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) unterstützt. IM RAT (2014)
Mitgliedstaat Bevölkerung Anteil an der
Der AStV setzt sich aus den Ständigen Vertretern der
(× 1 000) Gesamt
Mitgliedstaaten bei der Europäischen Union zusammen.
bevölkerung der
Jeder EU‑Mitgliedstaat verfügt in Brüssel über ein
Union
ständiges Team von Mitarbeitern („Ständige Vertretung“), (in %)
die ihn vertreten und seine nationalen Interessen auf
EU‑Ebene wahren. Geleitet werden diese Vertretungen von
den Botschaftern ihrer Länder bei der EU. Sie treten einmal Deutschland 80 523,7 15,93
wöchentlich im AStV zusammen und werden von mehreren Frankreich 65 633,2 12,98
Arbeitsgruppen unterstützt, die aus Beamten der Vereinigtes 63 730,1 12,61
nationalen Verwaltungen bestehen. Königreich
Italien 59 685,2 11,81
Spanien 46 704,3 9,24
Wie wird im Rat abgestimmt?
Polen 38 533,3 7,62
Der Rat stimmt über seine Entscheidungen ab. In den Rumänien 20 057,5 3,70
meisten Fällen ist für eine Entscheidung eine qualifizierte Niederlande 16 779,6 3,32
Mehrheit notwendig. In einigen Fällen fordern die Verträge Belgien 11 161,6 2,21
ein abweichendes Verfahren, zum Beispiel ein
Griechenland 11 062,5 2,90
einstimmiges Votum bei Steuerfragen. Damit ein Vorschlag
mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden kann, ist Tschechische 10 516,1 2,08
eine doppelte Mehrheit von Mitgliedstaaten und Republik
Bevölkerungsanteil erforderlich. Die abgegebenen Stimmen Portugal 10 487,3 2,07
müssen mindestens Folgendem entsprechen: Ungarn 9 908,8 1,96
Schweden 9 555,9 1,89
XX55 % der Mitgliedstaaten, also 16 der 28 Länder;
Österreich 8 451,9 1,67
XXdieMitgliedstaaten müssen zusammen 65 % der Bulgarien 7 284,6 1,44
EU-Bevölkerung repräsentieren – das sind etwa Dänemark 5 602,6 1,11
329 Millionen bei einer Gesamtbevölkerung von etwa Finnland 5 426,7 1,07
506 Millionen. Slowakei 5 410,8 1,07
Irland 4 591,1 0,91
Um eine Entscheidung zu blockieren, müssen wenigstens
vier Länder dagegen stimmen, die zusammen mehr als Kroatien 4 262,1 0,84
35 % der EU-Bevölkerung repräsentieren. Litauen 2 971,9 0,59
Slowenien 2 058,8 0,41
Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass alle im Rat Lettland 2 023,8 0,40
getroffenen Entscheidungen über breite Unterstützung in
Estland 1 324,8 0,26
ganz Europa verfügen, dass aber auch kleine Minderheiten
Entscheidungen verhindern können. Bis November 2014 Zypern 865,9 0,17
gab es ein anderes System, in dem jeder Mitgliedstaat Luxemburg 537,0 0,11
über eine bestimmte Anzahl von Stimmen verfügte. Malta 421,4 0,08
Insgesamt 505 572,5 100
Schwelle für die 328 622,1 65
qualifizierte
MehrheitI hr W egweiser zu den E U - I ns t i t u t i o nen
17
Generalsekretariat des Rates
Was ist die „Verstärkte Zusammenarbeit“?
Das Generalsekretariat des Rates assistiert sowohl dem Wenn einige Mitgliedstaaten in Politikbereichen, die
Europäischen Rat und dessen Präsidenten als auch dem Rat nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EU
und seinen wechselnden Präsidentschaften. Es wird von fallen, enger zusammenarbeiten wollen, andere
einem Generalsekretär geleitet, den der Rat ernennt. aber nicht, so bietet sich das Verfahren der
Verstärkten Zusammenarbeit an. Hierbei können
mindestens neun Mitgliedstaaten die Organe der EU
Die Euro‑Gruppe in Anspruch nehmen, doch gibt es auch
Bedingungen: Die Zusammenarbeit muss darauf
Alle EU‑Länder sind Teil der Wirtschafts- und ausgerichtet sein, die Verwirklichung der Ziele der
Währungsunion (WWU); sie betrachten ihre Union zu fördern, und sie muss allen anderen
Wirtschaftspolitik als „eine Angelegenheit von Mitgliedstaaten jederzeit offenstehen.
gemeinsamem Interesse“ und koordinieren sie. Nicht alle
Mitgliedstaaten sind jedoch Mitglied der Euro‑Gruppe und Dieses Verfahren wird von mehreren Ländern zum
haben die einheitliche Währung, den Euro, zu ihrer Beispiel dazu genutzt, bei Scheidungen von Eheleuten
Landeswährung gemacht. Einige haben sich vorläufig aus verschiedenen EU‑Ländern gemeinsam eine
dagegen entschieden, andere arbeiten noch daran, dass juristische Lösung zu finden. Anwendung findet es
ihre Volkswirtschaften die Kriterien für eine Mitgliedschaft auch im Zusammenhang mit dem einheitlichen
im Euro‑Raum erfüllen. Die Euro‑Länder müssen eng Patentsystem, dem sich die meisten, aber nicht alle
zusammenarbeiten und außerdem die währungspolitischen EU‑Mitgliedstaaten angeschlossen haben.
Entscheidungen der Europäischen Zentralbank akzeptieren.
Sie benötigen daher ein Forum, in dem sie ihr Vorgehen im
Euro‑Raum besprechen und beschließen können. Dies kann
nicht der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ (Ecofin) sein, da erzielten Vereinbarungen. Bei Fragen, die die Euro‑Gruppe
dort alle Mitgliedstaaten zusammenkommen. betreffen, sind nur jene Ecofin‑Minister stimmberechtigt,
die ein Euro‑Land vertreten. Der für Wirtschaft und
Die Lösung ist die Euro‑Gruppe, die sich aus den Währung sowie für den Euro zuständige Kommissar sowie
Wirtschafts- und Finanzministern der Euro‑Länder der Präsident der Europäischen Zentralbank nehmen
zusammensetzt. ebenfalls an den Treffen der Euro‑Gruppe teil.
Die Euro‑Gruppe wirkt durch die Koordinierung der Die Mitglieder der Euro‑Gruppe wählen ihren Präsidenten
Wirtschaftspolitik auf wirtschaftliches Wachstum und für zweieinhalb Jahre. Das Generalsekretariat des Rates
finanzielle Stabilität im Euro‑Raum hin. Da nur der Ecofin leistet bei den Sitzungen der Euro‑Gruppe administrative
formale Beschlüsse zu wirtschaftlichen Fragen fassen Unterstützung.
kann, trifft sich die Euro‑Gruppe informell einen Tag vor
der Ecofin‑Tagung (ungefähr einmal monatlich). Am
darauffolgenden Tag entscheiden die Euro‑Länder dann Die Gemeinsame Außen- und
auf der Ecofin‑Tagung förmlich über die in der Euro‑Gruppe Sicherheitspolitik
Die Europäische Union entwickelt schrittweise eine
Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), für die
besondere Verfahren gelten. Die GASP wird vom
Europäischen Rat und vom Rat einstimmig festgelegt und
durchgeführt. Folgenden Grundsätzen möchte die Union
damit weltweit zu stärkerer Geltung verhelfen: Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Grundfreiheiten,
Achtung der Menschenwürde, Gleichheit und Solidarität.
Hierzu baut die EU weltweit Beziehungen und
© Associated Press/Reporters
Partnerschaften mit anderen Ländern und Organisationen
auf und aus.
Neue Wirtschafts- und Finanzvorschriften der EU tragen zur
Straffung und Stärkung des Bankensektors bei.Sie können auch lesen
