BEBAUUNGSPLAN "1-106" - trias Planungsgruppe
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trias Planungsgruppe UMWELTPLANUNG BAUBEGLEITUNG GEHÖLZSACHVERSTÄNDIGE BEBAUUNGSPLAN „1-106“ BERLIN-MITTE ARTENSCHUTZRECHTLICHER FACHBEITRAG STAND 03.05.2021 AUFTRAGGEBER Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen Abteilung II, Städtebau und Projekte Württembergische Straße 6 10707 Berlin AUFTRAGNEHMER trias Planungsgruppe Schönfließer Straße 83 16548 Glienicke/Nordbahn Fon: 033056 / 76 501 Fax: 033056 / 76 581 info@trias-planungsgruppe.com www.trias-planungsgruppe.com BEARBEITER Dipl.-Ing. K. Dedek M. Sc. S. Tietjen
trias Planungsgruppe Inhalt 1 Anlass und Aufgabenstellung ...................................................................................... 4 2 Grundlagen ................................................................................................................... 4 Rechtliche Grundlagen ............................................................................................................... 4 Methodische Grundlagen........................................................................................................... 5 Untersuchungsgebiet .................................................................................................................. 5 Datengrundlage ......................................................................................................................... 7 2.4.1 Erfassung Brutvögel .................................................................................................................. 7 2.4.2 Erfassung Fledermäuse .......................................................................................................... 10 2.4.3 Erfassung Brutbäume Eremit, Heldbock ................................................................................. 12 2.4.4 Erfassung Biotopbäume ......................................................................................................... 15 3 Beschreibung der Wirkungen des Vorhabens ......................................................... 20 4 Relevanzprüfung......................................................................................................... 22 5 Bestandsdarstellung ................................................................................................... 23 Europäische Vogelarten nach Art. 1 der VSch-RL ..................................................................... 23 Arten nach Anhang IV der FFH-RL............................................................................................ 29 6 Maßnahmen für die europarechtlich geschützten Arten ......................................... 33 Maßnahmen zur Vermeidung .................................................................................................. 33 Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEF-Maßnahmen) ....................................................... 34 Hinweise zur Schaffung weiterer Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Bereich des Bauvorhabens .......................................................................................................................... 37 Zusammenfassung der Maßnahmen ....................................................................................... 38 7 Konfliktanalyse / Prüfung der Verbotstatbestände ................................................. 38 8 Ausnahmeprüfung ...................................................................................................... 40 9 Zusammenfassung ..................................................................................................... 40 10 Quellen ........................................................................................................................ 41 Literatur .................................................................................................................................... 41 Gesetze, Richtlinien und Verordnungen .................................................................................... 42 Internet ..................................................................................................................................... 43 11 Anhang ........................................................................................................................ 44 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 2
trias Planungsgruppe Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Lage des Untersuchungsgebiet (Kartengrundlage: GEOPORTAL BERLIN/ SÜDOST 2018) ............................. 6 Abbildung 2: Biotopbäume im Plangebiet ............................................................................................................................ 19 Abbildung 3: Darstellung aller Brutvogelreviere im Untersuchungsraum, Stand: 2019 (Kartengrundlage: GEOPORTAL BERLIN/ SÜDOST 2018) ................................................................................................................................. 25 Abbildung 4: Nachweise der Fledermausaktivität 2019 (Kartengrundlage: GEOPORTAL BERLIN/ SÜDOST 2018)........... 31 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Erfassungstermine Kartierung Brutvögel 2019 .................................................................................................. 9 Tabelle 2: EOAC-Brutvogelstatus-Kriterien (HAGEMEJER & BLAIR 1997) ................................................................................ 9 Tabelle 3: Fledermausarten in Brandenburg und Berlin mit Schutzstatus ........................................................................ 11 Tabelle 4: Erfassungstermine Fledermauskartierung 2019 .............................................................................................. 12 Tabelle 5: FFH-RL Anhang IV ........................................................................................................................................... 12 Tabelle 6: Heldbock und Eremit in Brandenburg und Berlin mit Schutzstatus .................................................................. 13 Tabelle 7: Erfassungstermine Brutbäume Eremit, Heldbock 2019................................................................................... 14 Tabelle 8: Zusammenfassung der Ergebnisse der Relevanzprüfung ................................................................................ 22 Tabelle 9: Gesamtartenliste aller Brutvogelarten des Untersuchungsraums .................................................................... 23 Tabelle 10: Arten mit dauerhaft genutzten Neststandorten ................................................................................................ 28 Tabelle 11: Potenziell im MTB vorkommende und im Jahr 2019 nachgewiesene (fett gedruckt) Fledermausarten im Untersuchungsraum ........................................................................................................................................ 30 Tabelle 12: Bedarf an Ersatzniststätten (Gebäudebrüter) ................................................................................................... 35 Tabelle 13: Bedarf an Ersatzniststätten (Höhlenbrüter) ....................................................................................................... 36 Tabelle 14: Zusammenfassende Darstellung der artenschutzrechtlichen Maßnahmen ..................................................... 38 Tabelle 15: Ergebnisse des ASB (europäische Vogelarten) - Zusammenfassende Darstellung der Verbotstatbestände der im Untersuchungsraum nachgewiesenen europäischen Vogelarten............................................................... 39 Tabelle 16: Ergebnisse des ASB (Anhang IV-Arten) - Zusammenfassende Darstellung der Verbotstatbestände der im Untersuchungsraum nachgewiesenen Arten nach Anhang IV FFH-RL ............................................................ 39 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 3
trias Planungsgruppe 1 Anlass und Aufgabenstellung Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland plant die Erweiterung des Bundeskanzleramts im Bereich des Kanzlerparks auf dem Moabiter Werder, sowie eine Zufahrts- und Logistikzentrale auf einer Fläche an der Elisabeth-Abegg-Straße. Die geplante Erweiterung des Bundeskanzleramtes soll in einem Bebauungsplanverfahren durchgeführt werden. Das Bauvorhaben ist verbunden mit Eingriffen in Natur- und Landschaft nach § 14 ff BNatSchG sowie mit einschlägigen Zugriffsverboten nach § 44 BNatSchG. Zur Bewertung der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote nach § 44 BNatSchG im Artenschutzgutachten waren faunistische Untersuchungen durchzuführen. Zu untersuchen waren das Vorkommen besonders geschützter Arten nach § 7 BNatSchG, insbesondere europäisch geschützter Arten. Zu erfassen waren, entsprechend der Vorabstimmung mit den zuständigen Fachämtern des Bezirksamt Mitte und der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klima (SenUVK), Brutvögel sowie folgende weitere Arten/- gruppen: Fledermäuse, holzbewohnende Käfer und Stechimmen. Die Ergebnisse der Stechimmenuntersuchung sind im Gutachten von SAURE (2019) zusammengefasst. Die faunistischen Erfassungen erfolgten im Zeitraum März bis Oktober 2019. Vorliegendes Gutachten basiert auf den Ergebnissen der Kartierung aus 2019 zum Vorkommen relevanter Arten (Brutvögel, Fledermäuse und xylobionte Käfer). 2 Grundlagen Die rechtlichen und methodischen Grundlagen werden nachfolgend aufgeführt und beschrieben. Rechtliche Grundlagen Der Artenschutzbeitrag basiert auf der Grundlage des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten: wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG sind im Zusammenhang mit § 44 Abs. 5 BNatSchG zu betrachten: „Für nach § 15 Absatz 1 unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft, die nach § 17 Absatz 1 oder Absatz 3 zugelassen oder von einer Behörde durchgeführt werden, sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1 gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen das Tötungs- und Verletzungsverbot nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Beeinträchtigung durch den Eingriff oder das Vorhaben auch unter Berücksichtigung von Vermeidungsmaßnahmen das Tötungs- und Verletzungsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten nicht signifikant erhöht und diese Beeinträchtigung unvermeidbar ist, das Verbot des Nachstellens und Fangens wild lebender Tiere und der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung ihrer Entwicklungsformen nach Absatz 1 Nummer 1 nicht vor, wenn die Tiere oder ihre Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 4
trias Planungsgruppe Entwicklungsformen im Rahmen einer erforderlichen Maßnahme, die auf den Schutz der Tiere vor Tötung oder Verletzung oder ihrer Entwicklungsformen vor Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung und die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang gerichtet ist, beeinträchtigt werden und diese Beeinträchtigungen unvermeidbar sind, das Verbot nach Absatz 1 Nummer 3 nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird.“ Werden diese Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 BNatSchG bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten erfüllt, müssen die Ausnahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG erfüllt sein. Es muss nachgewiesen werden, dass zumutbare Alternativen [die zu keinen oder geringeren Beeinträchtigungen der relevanten Arten führen] nicht gegeben sind, zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art vorliegen oder im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt, sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten nicht verschlechtert und bezüglich der Arten des Anhangs IV FFH-RL der günstige Erhaltungszustand der Populationen der Art gewahrt bleibt. Methodische Grundlagen Die Vorgehensweise im vorliegenden Gutachten lehnt sich an methodische Hinweise veröffentlichter Literatur zur Erstellung artenschutzrechtlicher Fachbeiträge an: - Guidance Document on the strict protection of animal species of community interest provided by the ‘Habitats’ Directive 92/43/EEC (EU-KOMMISSION 2007) Untersuchungsgebiet Lagebeschreibung Das Plangebiet befindet sich im Bezirk Mitte und umfasst den Kanzlerpark sowie angrenzende Flächen. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans „1-106“ hat eine Größe von ca. 7,2 ha. Je nach artspezifischen Lebensraumansprüchen und Aktionsradien waren unterschiedliche Untersuchungsräume zu berücksichtigen, die in den nachfolgenden Abschnitten beschrieben werden. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 5
trias Planungsgruppe Abbildung 1: Lage des Untersuchungsgebiet (Kartengrundlage: GEOPORTAL BERLIN/ SÜDOST 2018) Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 6
trias Planungsgruppe Datengrundlage Als Grundlage für die Bewertung der Fauna für das Artenschutzgutachten wurden 2019 Kartierungen der Artengruppen Brutvögel, Fledermäuse, Stechimmen sowie xylobionte Käfer durchgeführt. Die Ergebnisse der Erfassung der Stechimmenkartierung werden in der Eingriffs- Ausgleichbilanzierung dargestellt. Nachfolgend werden die für die jeweiligen Arten(gruppen) angewandten Untersuchungsmethoden beschrieben. Der Untersuchungsraum unterscheidet sich aufgrund der speziellen Anforderungen der jeweiligen Art an ihren Lebensraum. Der Untersuchungsraum wird artspezifisch benannt. 2.4.1 Erfassung Brutvögel Allgemeine Charakteristik der Artengruppe Alle heimischen Brutvogelarten sind nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG besonders geschützte Arten. Sind diese in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bzw. in Anlage 1 Spalte 3 der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) aufgeführt, so zählen sie darüber hinaus zu den streng geschützten Arten. Die über 200 in Deutschland vorkommenden Brutvogelarten nutzen die unterschiedlichsten Lebensräume und haben verschiedene Habitatansprüche hinsichtlich der Struktur und Größe. Nach FLADE (1994) werden in Mittel- und Norddeutschland ca. 70 Landschaftstypen mit einem für den jeweiligen Landschaftstyp charakteristischen Arteninventar unterschieden. Die in den Landschaftstypen vorkommenden Arten werden weiterhin in Leitarten und stete Begleiter unterschieden. Leitarten sind danach Arten, die in einem oder wenigen Landschaftstypen signifikant höhere Stetigkeiten und in der Regel auch wesentlich höhere Siedlungsdichten erreichen als in allen anderen Landschaftstypen und somit in den von ihnen präferierten Landschaftstypen die von ihnen benötigten Habitatstrukturen und Requisiten wesentlich häufiger und vor allem regelmäßiger vorfinden als in anderen Landschaftstypen. Stete Begleiter sind Arten die in vielen Landschaftstypen mit einer sehr hohen Stetigkeit (>80%) vorkommen. (FLADE 1994) Je nach Lage des Nestes der einzelnen Art kann unterschieden werden in Bodenbrüter, Busch- und Baumbrüter, Gebäudebrüter sowie Röhrichtbrüter am Gewässer. Bei der Lage des Nestes kann weiterhin unterschieden werden in frei brütende Arten sowie in Höhlen- und Nischenbrüter. Letztere nutzen ihre Neststandorte in der Regel über mehrere Brutperioden, während frei brütende Arten in der Regel in jeder Brutsaison ein neues Nest bauen. Groß- und Greifvogelarten brüten in der Regel in Horsten, die ebenfalls über mehrere Brutperioden genutzt werden. Brutvögel sind störungssensibel im Brutrevier. Indikator für die Störungssensibilität ist die sogenannte Fluchtdistanz, die bei Greifvögeln wesentlich höher eingestuft wird (GASSNER et al. 2010) als bei Vögeln, die im Siedlungsbereich an Aktivitäten des Menschen angepasst sind. Untersuchungsraum Der Untersuchungsraum (UR) umfasst den Geltungsbereich des Bebauungsplans zur Erweiterung des Kanzleramtes sowie einen erweiterten Pufferbereich von 50 m (vgl. Abbildung 1). Insgesamt hat der UR eine Ost-West-Ausdehnung von ca. 600 m und eine Nord-Süd-Ausdehnung von 300 m. Die nördliche Grenze des UR bilden die Südfassaden der Bahnanlagen und des BMI, die Kastanienallee sowie der Park nördlich der Feuerwache. Im Süden sind die Freiflächen südlich der Joachim-Karnatz-Allee und die Spree mit ihrem Südufer die Grenze des UR. Im Westen ragt der UR z.T. in die vorhandene Bebauung hinein. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 7
trias Planungsgruppe Den zentralen Bereich des UR bildet der Kanzlergarten mit seinen direkt angrenzenden Bereichen. Der östliche Teil des Kanzlergartens ist geprägt durch einen Altbaumbestand, der vor allem aus Pappeln gebildet wird. In den Pappeln des Kanzlergartens und umgebenden Flächen befinden sich ca. 10 z.T. besetzte Krähennester. Die Bäume des Kanzlergartens sind mit Stauden unterpflanzt oder befinden sich auf Rasenflächen. Die Anlage der umgebenden Mauer ist z.T. mit Unterstellräumen ausgestattet. Der westliche Teil des Kanzlergartens wird vor allem durch Rasenflächen gebildet. Sämtliche Rasenflächen sind einer regelmäßigen Pflege unterzogen und entsprechend art- und strukturarm ausgeprägt. Am westlichen Rand des Kanzlergartens befinden sich geschnittene Heckenstrukturen sowie eine Gehölzpflanzung. Die Außenmauer des Kanzlergartens ist mit wildem Wein bewachsen. Unmittelbar an den Kanzlergarten angrenzend befinden sich Laubholzbestände, vorwiegend aus Robinien, Ulmen und Pappeln und einer dichten Strauchschicht sowie einer ausgeprägten Krautschicht. Diese beiden rudimentären Gehölzflächen stehen in funktionalem Zusammenhang mit dem Altbaumbestand des Kanzlergartens und bilden eine räumliche Einheit. Der nördliche Bereich des rudimentären Laubholzbestandes setzt sich in Richtung Feuerwache in jüngeren Beständen fort. Zwischen dem nördlichen rudimentären Laubholzbestand und dem Gelände des Bundesministeriums des Innern (BMI) verläuft in Dammlage ein gepflasterter Weg, der von einer alten Kastanienallee gesäumt wird. Diese bietet aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters Strukturen für Höhlen- und Freibrüter der unterschiedlichsten Arten. Weitere strukturreiche Altholzbestände befinden sich nördlich der Feuerwache und um den Zollpackhof im Nordosten des UR. Alle weiteren Freiflächen des UR sind strukturarm als Grünanlage oder Parkplatz mit einem Baumbestand jungen bis reifen Alters und Scherrasen ausgeprägt. Im Untersuchungsraum befinden sich sehr attraktive Gebäudestrukturen für Gebäudebrüter. Dazu zählen die Bahnanlage mit vielen Spalten und Nischen im nordwestlichen Bereich des UR, das schlangengeformte Wohngebäude im südwestlichen Bereich des UR (dort vor allem die Südseite) sowie die Feuerwache im Nordosten des UR. Relativ stark frequentiert im UR ist der parallele Weg zur Spree. Alle anderen Bereiche sind weniger stark begangen, insbesondere der Kanzlergarten kann als störungsarm gelten. Erfassungsmethoden Zwischen Mitte Februar 2019 und Anfang Juni 2019 wurden im UG insgesamt 8 Begehungen durchgeführt. Davon erfolgten 6 Begehungen während der frühen Morgenstunden und 2 Begehung in der Dämmerung / Nacht. Eine Übersicht der Begehungstermine ist in folgender Tabelle dargestellt. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 8
trias Planungsgruppe Tabelle 1: Erfassungstermine Kartierung Brutvögel 2019 Nr. Datum Zeit Temp. in Wind Bewölkung Niederschlag Bearbeitung °C 1 25.02.2019 18:30-19:30 9 schwacher wolkenlos kein Regen De Wind aus W 2 19.03.2019 6:30-8:30 5 mäßig wolkig kein Regen De 3 03.04.2019 6:30-8:30 9 schwacher wolkig kein Regen De Wind aus SO 4 26.04.2019 5:30-7:30 15-17 mäßiger Wind sonnig kein Regen De aus O 5 10.05.2019 5:00-7:00 11 schwacher bedeckt kein Regen De Wind aus W 6 21.05.2019 5:00-6:30 13 schwacher sonnig kein Regen De Wind aus O 7 04.06.2019 22:00-23:00 27 schwacher klar kein Regen De Wind aus SO 8 06.06.2019 4:45-7:30 20-22 mäßiger Wind sonnig kein Regen De aus SO Die Erfassungen erfolgten gem. der Empfehlungen von SÜDBECK et al. (2005). Sämtliche Brutvogelarten, inklusive der wertgebenden Vogelarten, wurden vollständig und punktgenau erfasst. Zu diesen planungs- und konfliktrelevanten Vogelarten zählen. alle im Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie (EU-VSchRL) geführten Arten, streng geschützte Arten nach § 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG, Arten der Roten Liste Brandenburgs – RYSLAVY 2019 (Gefährdungsgrad vorhanden), Arten der Roten Liste Berlins – WITT & STEIOF 2013 (Gefährdungsgrad vorhanden und Vorwarnliste) sowie Arten, deren Bestand in Berlin < 50 Reviere/Brutpaare umfasst oder Arten, deren Bestand bei einer Bestandsgröße von < 100 Revieren / Brutpaaren kurzfristig stark abgenommen hat (WITT & STEIOF 2013). Die bei den einzelnen Begehungen erbrachten Nachweise der jeweiligen Arten wurden nach Abschluss der Geländebegehungen Revieren bzw. Brutpaaren zugeordnet. Die Erfassungen erfolgten gemäß den EOAC-Brutvogelstatus-Kriterien (EUROPEAN ORNITHOLOGICAL ATLAS COMMITTEE nach HAGEMEIJER & BLAIR 1997, vgl. Tabelle 2). Die verwendeten wissenschaftlichen und deutschen Artnamen sowie deren Abkürzungen folgen dem Vorschlag von SÜDBECK ET AL. (2005). Tabelle 2: EOAC-Brutvogelstatus-Kriterien (HAGEMEJER & BLAIR 1997) Status-Klassen nach EOAC A Brutzeitbeobachtung 1 Art im artgemäßen Bruthabitat festgestellt 2 singendes Männchen B Brutverdacht 3 Paar zur Brutzeit 4 Revierverhalten (Gesang) im Abstand von mind. 7 Tagen bestätigt 5 Balzverhalten 6 Aufsuchen eines möglichen Nestes Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 9
trias Planungsgruppe Status-Klassen nach EOAC 7 erregtes Verhalten / Warnrufe 8 Brutfleck bei Altvögeln 9 Nest- oder Höhlenbau C Brutnachweis 10 Ablenkungsverhalten (Verleiten) 11 Nestfund, Eischalen 12 Beobachtung eben flügger Jungvögel 13 Altvögel am Brutplatz (nicht einsehbar) 14 Altvögel mit Kot oder Futter 15 Nest mit Eiern 16 Junge im Nest Als Hilfsmittel wurde ein Fernglas der Marke Steiner Ranger Pro 8x42 verwendet. Für die Erfassung von Eulen wurden Klangattrappen verwendet. 2.4.2 Erfassung Fledermäuse Allgemeine Charakteristik In Brandenburg sind insgesamt 19 Fledermausarten heimisch. Alle Arten sind europäisch geschützt (FFH- RL Anhang IV) werden in der Bundesartenschutzverordnung als „streng geschützt“ gelistet. Die Quartieransprüche von Fledermäusen variieren sowohl innerhalb eines Jahreszyklus als auch zwischen den Arten. Im natürlichen Raum gibt es drei Quartierstypen, die zu unterscheiden sind: Baumhöhlen und -spalten sowie Höhlen. Durch anthropogenen Einfluss haben sich in Kellern und Dachböden alternative Quartiere entwickelt, die mittlerweile von vielen Arten genutzt werden. Um als Quartier potenziell genutzt zu werden, sollten Dachböden Möglichkeiten zum Einflug bieten, jedoch nicht zugig sein. Kellerräume sollten ebenfalls über eine geeignete Einflugmöglichkeit verfügen. Da insbesondere für die Aufzucht der Jungen im Sommer während der Wochenstubenzeit (April/Mai bis Juli/August) andere Temperaturen oder Größen der Quartiere nötig sind als im Winter, kommt es innerhalb eines Jahreszyklus zur Nutzung unterschiedlicher Quartierstypen. Neben den Quartiersansprüchen werden auch verschiedene Jagdgebiete von den unterschiedlichen Arten bevorzugt. Dabei ist zwischen Offenland- und Waldgebieten zu unterscheiden. Sind Offenlandbiotope über lineare Strukturen (Hecken oder Baumreihen) mit angrenzenden Parks oder Waldrändern bzw. Waldgebieten verbunden, können auch diese für die Jagd genutzt werden. Im Tagesverlauf sind die Arten vor allem dämmerungs- oder nachtaktiv. Ausflüge zum Jagen finden vorzugsweise bei trockenem Wetter statt. Die Jahreszyklen variieren zwar zwischen den Arten, lassen sich dennoch in etwa vier zeitliche Abschnitte unterteilen. Die Winterquartierszeit beginnt etwa im Oktober/November und endet bei fast allen Arten im März. Der Ausflug aus den Winterquartieren zum Aufsuchen der Sommerquartiere beginnt dann ab Ende März / Anfang April. Die Geburten der Jungtiere und deren Aufzucht erfolgen in den Wochenstuben etwa von Juni bis Anfang August. Nach der Auflösung der Wochenstuben im August erfolgt im September und Oktober die Fortpflanzung, bevor die Winterquartiere aufgesucht werden. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 10
trias Planungsgruppe Tabelle 3: Fledermausarten in Brandenburg und Berlin mit Schutzstatus Name deutsch. Name wiss. Rote Liste BB Rote Liste B Rote Liste D 2004 2003 2009 Mopsfledermaus Barbastella barbastellus 1 0 2 Nordfledermaus Eptesicus nilssonii 1 - G Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus 3 3 G Bechsteinfledermaus Myotis bechsteinii 1 R 2 Große Bartfledermaus Myotis brandtii 2 R V Teichfledermaus Myotis dasycneme 1 - D Wasserfledermaus Myotis daubentonii 2 * Großes Mausohr Myotis myotis 1 2 V Kleine Bartfledermaus Myotis mystacinus 1 R V Fransenfledermaus Myotis nattereri 2 3 * Kleiner Abendsegler Nyctalus leisleri 2 R D Großer Abendsegler Nyctalus noctula 3 3 V Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii 3 3 * Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus 3 * Mückenfledermaus Pipistrellus pygmaeus 3 2 D Braunes Langohr Plecotus auritus 3 3 V Graues Langohr Plecotus austriacus 2 R 2 Zweifarbfledermaus Vespertilio murinus 1 2 D Untersuchungsraum Fledermäuse sind in der Zeit der Sommerquartiersnutzung am besten während der Jagd im Wald bzw. über Gehölzbereichen und über Frei- und Wasserflächen sowie beim Quartiersausflug zu erfassen. Als Sommerquartiere eignen sich im Gebiet potenziell die Bäume in den Robinienwäldchen innerhalb und außerhalb des Kanzlerparks sowie Spalten an Bauwerken. Besonders hervorheben ist, dass das Plangebiet vor allem die ins Plangebiet führenden Straßen (Ingeborg-Drewitz-Allee und Joachim-Karnatz-Allee) nachts stark ausgeleuchtet werden. Dadurch werden mögliche Leitstrukturen in Form von Alleen sowie Jagdgebiete (an beleuchtete Flächen angrenzende Freiflächen, Hecken und Waldränder) für Fledermäuse entwertet und nur eingeschränkt genutzt. Im Untersuchungsraum befinden sich keine potenziell geeigneten Winterquartiere für Fledermäuse in Form von zugänglichen Gebäudeteile (z.B. kühle feuchte Kellerräume). Es wurden für das Vorhaben relevante Bereiche mit Sommerquartiersmöglichkeiten sowie mögliche Jagdbereiche im Plangebiet sowie im erweiterten Untersuchungsraum ermittelt. Erfassungsmethoden Generell sind bei der Kartierung und der Anwendung der unterschiedlichen Methoden zum Artnachweis der Lebenszyklus und somit die unterschiedlichen Aktivitätszeiträume der Tiere im Jahres- und Tagesverlauf zu berücksichtigen. Des Weiteren sind geeignete Witterungsverhältnisse (Temperatur, Niederschlag, Wind) für einen erfolgreichen Nachweis von hoher Bedeutung. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 11
trias Planungsgruppe Folgende Erfassungsmethoden wurden angewandt: Transektenbegehungen und Quartiersbereiche: Während der Sommerquartierszeit wurde in den verschiedenen Gehölz- und Offenlandbereichen bei möglichst trockener Witterung Transektenbegehungen mit Hilfe von Batlogger und Sichtbeobachtung durchgeführt. Die mit dem Batlogger erfassten Daten wurden anschließend audio-visuell mit Hilfe der Software BatExplorer ausgewertet. Es wurden insgesamt vier Begehungen während der Aktivitätszeit der meisten Arten, vorwiegend in den Abendstunden ab Sonnenuntergang durchgeführt (vgl. Tabelle 4). Nach Beendung der Wochenstubenzeit Ende August beginnt die Schwärmphase, in der die Fortpflanzung stattfindet. Daher wurden auch zwei Kontrollen erst nach der Wochenstubenzeit durchgeführt. Die potenziellen Quartiers- und Jagdbereiche wurden mindestens an zwei Terminen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Sonnenuntergang kontrolliert. Für die Erfassung der Fledermäuse während der Jagdaktivitätszeit wurden im Erfassungsjahr 2019 vier Termine im Zeitraum Mai bis Oktober 2019 angesetzt. Tabelle 4: Erfassungstermine Fledermauskartierung 2019 Nr. Datum Uhrzeit Witterung Bearbeiter 1 15.05.2019 21-24 Uhr 11°C, leichter Nieselregen, stellenweise böig Ti 2 25.06.2019 21-24 Uhr 26-29°C, trocken, windstill Ti 3 05.09.2019 19-23 Uhr 18-20°C, trocken, windstill Ti 4 17.09.2019 19-22 Uhr 22°C, trocken, später leicht windig Ti 2.4.3 Erfassung Brutbäume Eremit, Heldbock Allgemeine Charakteristik der Arten Von den 9 Käferarten, die in den Anhängen der FFH-Richtlinie Anhang IV gelistet werden, entwickeln sich 6 Arten in oder an Bäumen oder im toten Holz (vgl. Tabelle 5). Tabelle 5: FFH-RL Anhang IV Art Mögliches Vorkommen im UG Buprestis splendens (Goldstreifiger Prachtkäfer) nein, gilt seit 100 Jahren als ausgestorben Cerambyx cerdo (Heldbock) ja Cucujus cinnaberinus (Scharlachroter Plattkäfer) nein, Vorkommen nur in Süddeutschland Osmoderma eremita (Eremit) ja Rosalina alpina (Alpenbock) nein, Vorkommen in Bayern, Baden Phryganophilus ruficollis (Rothalsiger Düsterkäfer) nein, Vorkommen nur in Urwäldern Für die vorliegende Untersuchung wurde das Vorkommen der Arten Heldbock (Cerambyx cerdo) und Eremit (Osmoderma eremita) geprüft. Beide Arten kommen in Brandenburg vor. In den aktuellen Roten Listen (ESSER 2017a,b) wird der Eremit als „stark gefährdet“ und der Heldbock als „vom Aussterben bedroht“ bewertet. Im Gebiet Berlin –Tiergarten (Messtischquadrant 34/46) sind laut Verbreitungskarten des Bundesamt für Naturschutz (BFN 2018 b und c, online) Funde für den Eremit und den Heldbock eingetragen. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 12
trias Planungsgruppe Heldbock (Cerambyx cerdo) Cerambyx cerdo entwickelt sich hauptsächlich in der Stieleiche (Quercus robur), daneben gibt es gelegentliche Vorkommen in der Traubeneiche (Quercus petrea). Der Heldbock lebt in frei stehenden, alten, bereits geschädigten Eichen. Besiedelt werden nur besonnte Stämme, seltener auch besonnte Kronenpartien in den oberen Lagen. Für ihre Entwicklung benötigen sie nährstoffreiche Flüssigkeiten in Bast und Splintholz. Vollständig abgestorbene Bäume werden nicht neu besiedelt, die Larvalentwicklung bis zum Schlüpfen der Imagines findet jedoch im abgestorbenen Baum noch statt. Die Eier des Heldbocks werden in Rindenspalten oder alten Larvengängen in geschwächten oder Schadstellen aufweisenden Eichen, bevorzugt in Stiel-Eichen, abgelegt (MÜLLER-KROEHLING et al. 2006). Die Entwicklungszeit der Larven beträgt 3- 5 Jahre. Zuerst fressen sie in der Rinde, später im Kambium, im Splint- und schließlich im Kernholz. Die Verpuppung erfolgt in einem Hakengang. Die Larven des Heldbocks fressen 2 Jahre im lebenden Bast, bevor sie in das Splintholz dringen. Nach der Verpuppungsphase schlüpft der Imago aus einem bereits vorgefertigten querovalen Austrittsloch, welches ca. 2 cm groß ist. Das Schlüpfen der Imagines verursacht typische ovale Austrittlöcher in der Rinde und ein charakteristisches Bohrmehl am Stammfuß. Der Heldbock ist ortstreu, ein Brutbaum kann über mehrere Generationen bewohnt werden. Es werden max. Flugdistanzen von bis zu 3.000 m (SCHEFFLER 2013) angegeben, jedoch werden neue Brutbäume meist in unmittelbarer Nähe besiedelt. Die ausgeschlüpften Imagines sind dämmerungs- bzw. nachtaktiv und ernähren sich von ausfließendem Baumsaft. Die Hauptflugzeit der Käfer erstreckt sich von Ende Mai bis Mitte August. Eremit (Osmoderma eremita) Osmoderma eremita entwickelt sich in großen, feuchten Mulmkörpern alter Laubbäume (Eichen, Buchen, Linden, Weiden, Obstbäumen u.a.). Die Art der Mulmbildung (Braun- oder Weißfäule) scheint für die Eremitenbesiedlung nachrangig zu sein, solange es sich bei dem Mulm um ein fortgeschrittenes Zersetzungsstadium (schwarzer Mulm) handelt (STEGNER 2002/4). Pro Larve werden im Laufe des 3-4- jährigen Entwicklungszyklus bis zu 10 Liter Mulm benötigt (SCHAFFRATH 2003). Liegendes Totholz oder Stämme werden niemals neu besiedelt. Larven können sich aber auch im liegenden Holzkörper noch weiter entwickeln. Der Nachweis des Vorkommens kann neben der Sichtung der adulten Tiere auch über das Vorkommen von Larven, Kotpillen und Chitin-Resten erfolgen. Tabelle 6: Heldbock und Eremit in Brandenburg und Berlin mit Schutzstatus Name deutsch. Name wiss. Schutzstatus Rote Liste Rote Liste Rote Liste FFH-RL gem. BB 1992 B D 1998 Anhang II o. BNatSchG IV Heldbock Cerambyx cerdo §§ 1 1 1 IV Eremit Osmoderma eremita §§ 2 2 2 II + IV Schutzstatus gem. BNatSchG: § = besonders geschützt; §§ = streng geschützt Rote-Liste-Kategorien: 0 = ausgestorben oder verschollen; 1 = vom Aussterben bedroht; 2 = stark gefährdet; 3 = gefährdet; G = Gefährdung unbekannten Ausmaßes; R = extrem selten; V = Vorwarnliste; D = Daten unzureichend; * = ungefährdet; ◊ = nicht bewertet; - = kein Nachweis oder nicht etabliert Untersuchungsraum Das Untersuchungsgebiet wird durch Pappeln (Popolus canadensis) und Robinien (Robinia pseudoacacia) geprägt. Im erweiterten Untersuchungsgebiet finden sich, Bäume weiterer Arten, u.a. Ahorn (Acer platanoides, A. pseudoplatanus) und Kastanie (Aesculus hippocastanum). Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 13
trias Planungsgruppe Erfassungsmethoden Die untersuchten Käfer Eremit und Heldbock sind an ihre typischen Habitatbäume gebunden. Das Gebiet wurde auf potenzielle Habitatbäume abgesucht. Diese wiederum wurden vertieft auf Besiedelungsstrukturen untersucht. Die potentiellen Habitatbäume wurden mit dem Mapit-GIS verortet und eingezeichnet. Heldbock: Eichen ab einem Stammumfang ab 140 cm wurden auf Rindenschäden und/ oder Fraßgängen an Stamm und Krone hin untersucht. Die Stammfüße der Eichen wurden auf charakteristisches Bohrmehl bei den Begehungsterminen begutachtet. Bei Vorliegen von Totholz oder Fraßgängen in der Krone wurden diese mit dem Fernglas auf charakteristische Spuren hin inspiziert. Eremit: Laubbäume wurden auf Höhlungen mit Mulm-Ansammlungen hin untersucht und erfasst. Bei Potential einer Besiedelung wurden diese erfasst. In den weiteren Begehungsterminen wurden Stammfußbereiche und Höhlungen auf Kot, Ektoskelettreste hin untersucht. Tabelle 7: Erfassungstermine Brutbäume Eremit, Heldbock 2019 Nr. Datum Witterung Bearbeiter 1 03.05.2019 8-11°C, bewölkt, einzelne En Schauer 2 07.05.2019 8-13°C, tlw. bewölkt En 3 09.05.2019 16-18°C, sonnig, tlw. bewölkt En Heldbock: Alte geschädigte Eichen, die Habitatbäume der Art Cerambxy cerdo (Heldbock) darstellen, sind nicht vorhanden. Eine Besiedelung mit dem Heldbock wird daher ausgeschlossen. Eremit: Der Eremit besiedelt Laubbäume mit Höhlungen und größerem Mulmvorkommen. Bäume, die diese Merkmale aufweisen liegen im Untersuchungsgebiet nicht vor. Die untersuchten Bäume mit kleineren Mulmvorkommen gaben keine Hinweise, die auf das Vorhandensein von Eremit schließen lassen könnten. Eine Besiedelung mit dem Eremiten im Plangebiet wird ebenfalls ausgeschlossen. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 14
trias Planungsgruppe 2.4.4 Erfassung Biotopbäume Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 15
trias Planungsgruppe Für das Bauvorhaben Kanzleramt in der Berlin, Mitte wurden im Jahr 2019 ebenfalls Bäume erfasst, die ein Potenzial für Fortpflanzungs- und Ruhestätten geschützter Arten bieten (vgl. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 16
trias Planungsgruppe Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 17
trias Planungsgruppe Abbildung 2 auf der folgenden Seite). Einige Bäume konnten auf Grund von dichtem Efeubewuchs nicht auf Höhlungen untersucht werden. Dies betrifft die Bäume 29-31, 43, 46-51, 54-59. Nachfolgend werden die Ergebnisse zusammengefasst. Vögel (Bäume) An einigen Bäumen finden sich potenzielle Niststätten in Bäumen für Brutvögel. Vor einer Fällung innerhalb der Vegetationsperiode müssen die betroffenen Bäume erneut kontrolliert werden (Nr. 18, 21, 22, 24, 53, 71, 72, 74). Fledermäuse (Bäume) Es befindet sich mindestens ein potenzielles Winterquartier (lfd. Nr.18) von Fledermäusen im Untersuchungsraum. Es wurden an mehreren Bäumen (lf.Nr.1, 3, 4, 13,15, 17, 19, 21, 22, 23, 24, 25, 28, 33, 40, 41, 43, 44, 53, 61, 71, 72, 74) potentielle Sommerquartiere festgestellt. Bei Fällung dieser Bäume müssen die Bäume kontrolliert werden. Brutbäume Eremit, Heldbock Es wurden zum aktuellen Zeitpunkt keine Brutbäume festgestellt. Eine Besiedelung der Arten Heldbock und Eremit wird ausgeschlossen. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 18
trias Planungsgruppe Abbildung 2: Biotopbäume im Plangebiet Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 19
trias Planungsgruppe 3 Beschreibung der Wirkungen des Vorhabens Entsprechend der geplanten textlichen und zeichnerischen Festzungen sind eine Entwicklung eines SO- Gebiets im Norden des Plangebiets sowie eine bauliche Verdichtung des Kanzlerpark vorgesehen. Baubedingte Wirkfaktoren Baubedingte Wirkfaktoren sind im Allgemeinen: - Flächeninanspruchnahme (temporäre Baustelleneinrichtungsflächen, Aufstell- und Bewegungsflächen von Baumaschinen) - Lärm und optische Störungen (Bewegungsunruhe) - Nähr- und Schadstoffimmissionen (durch Baufahrzeuge) - Erschütterungen (durch den Baubetrieb) - Barrierewirkungen/Zerschneidung (z. B. durch temporäre Baustraßen) - Kollisionen (durch Baufahrzeuge) Baubedingte Wirkungen sind stets temporär. Mögliche baubedingte Wirkfaktoren durch das BV: Temporär werden Flächen für die Lagerung von Baumaterialien sowie Baustelleneinrichtungsflächen und Aufstell- und Bewegungsflächen von Baumaschinen in Anspruch genommen. Dafür werden potenziell Biotopstrukturen (Gehölzflächen) beansprucht, in denen möglicherweise europäische Vogelarten vorkommen. Der Wirkraum dieser Wirkung umfasst die von der Baustelle durch temporäre Überbauung, Überlagerung oder Befahrung beanspruchten Flächen. Durch den Betrieb von Baumaschinen ist mit einer temporären, jedoch ungleichmäßig intensiven Bewegungsunruhe zu rechnen. Bewegungsunruhe kann bei empfindlichen Tierarten Auswirkungen in Form von Stressreaktionen, Flucht und Meidung hervorrufen. Der Wirkraum dieser Wirkung umfasst die von der Baustelle beanspruchten sowie daran angrenzenden Flächen. Anlagebedingte Wirkfaktoren Anlagebedingte Wirkfaktoren sind im Allgemeinen: - Flächeninanspruchnahme - Verlust von Teillebensräumen Mögliche anlagebedingte Wirkfaktoren durch das BV: Ein Großteil der geplanten Versiegelung, inkl. Anlage des Tunnelbauwerks, liegt auf bereits teilversiegelten und somit vorbelasteten Flächen. Eine Entwicklung von derzeit als Parkfläche genutzten Flächen ist ebenfalls vorgesehen. Daher ist es möglich, dass durch die Bebauung bisher unbebauter Flächen (hier: öffentliche Parkanlage) möglicherweise Teillebensräume von europäischen Vogelarten dauerhaft in Anspruch genommen werden. Der Wirkraum umfasst die Fläche der geplanten Versiegelung. Betriebsbedingte Wirkfaktoren Betriebsbedingte Wirkfaktoren sind im Allgemeinen: - Lärm und optische Störungen (Bewegungsunruhe) Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 20
trias Planungsgruppe - Nähr-/Schadstoffimmissionen (durch höheres Verkehrsaufkommen, Betrieb von Maschinen u.a.) - Erschütterungen (durch höheres Verkehrsaufkommen, Betrieb von Maschinen u.a.) - Kollisionsrisiko (durch höheres Verkehrsaufkommen) - Barrierewirkungen/Zerschneidung (durch neue Wege, Bebauung) Mögliche betriebsbedingte Wirkfaktoren durch das BV: Auf der Fläche des Untersuchungsgebietes befindet sich bereits ein umzäunter Kanzlerpark, der für Besucher und als Helikopterlandeplatz genutzt wird. Es findet an dieser Stelle eine geringe Nutzungsänderung durch Nachverdichtung statt. Es sind betriebsbedingten Wirkungen durch ein höheres Verkehrsaufkommen und eine stärkere Nutzung der Angestellten zu erwarten. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 21
trias Planungsgruppe 4 Relevanzprüfung Im Rahmen einer Relevanzprüfung werden die vorkommenden Arten herausgefiltert, für die artenschutzrechtliche Zugriffsverbote nach § 44 BNatSchG zu erwarten sind. Alle Arten, für die ein Vorkommen aufgrund ihrer Verbreitung bzw. ihrer Ansprüche an den Lebensraum auszuschließen ist, werden nicht weiter geprüft. Grundlage der Prüfung bilden die in Berlin vorkommenden Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie und europäische Vogelarten1. Eine Bewertung der Verbotstatbestände gem. § 44 BNatSchG erfolgt im Anschluss an die Darstellung von Vermeidungsmaßnahmen. Die Potenzialanalyse wird parallel zur Relevanzprüfung durchgeführt. Ein mögliches Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten im Eingriffsbereich wird auf Basis der Strukturbegehung (vgl. Kapitel 2.3) und der Auswertung vorhandener Datengrundlagen mittels einer Potenzialabschätzung beurteilt. Die Relevanzprüfung wird tabellarisch als Anlage 1 im Anhang geführt. In Tabelle 8 sind die Arten/ Artengruppen zusammengefasst, die als relevant aus der Prüfung hervorgehen. Tabelle 8: Zusammenfassung der Ergebnisse der Relevanzprüfung Art / Artengruppe Betroffenheit nach § 44 (1) BNatSchG Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3 Töten/Verletzen Erhebliche Schädigung von Störung Fortpflanzungs- und Ruhestätten Brutvögel Höhlen- und Nischenbrüter X X Bachstelze, Feld- und Haussperling, Hauben-, Kohl-, Blau-, Tannenmeise, Gartenbaumläufer, Garten- und Hausrotschwanz, Grün- und Buntspecht, Star, Waldkauz Freibrüter X Amsel, Buchfink, Eichelhäher, Girlitz, Gartengrasmücke, Grünfink, Klapper- und Mönchsgrasmücke, Nachtigall, Nebelkrähe, Ringeltaube, Rotkehlchen, Singdrossel und Straßentaube Fledermäuse Großes Mausohr, Rauhautfledermaus, X X Zwergfledermaus sowie Großer Abendsegler 1 ermittelt aus den Verbreitungskarten des Bundesamtes für Naturschutz mit Stand 2013 (BFN 2018b) Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 22
trias Planungsgruppe 5 Bestandsdarstellung Entsprechend der Vorabstimmung mit den zuständigen Fachämtern, des Bezirksamt Mitte und der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klima (SenUVK), waren der Untersuchungsraum Brutvögel, Fledermäuse, Eremit und Heldbock und Stechimmen zu untersuchen. Die Ergebnisse der Kartierung werden nachfolgend zusammengefasst. Europäische Vogelarten nach Art. 1 der VSch-RL Im Rahmen der Brutvogelerfassungen 2019 wurden insgesamt 28 Brutvogelarten in Revieren im Untersuchungsraum (UR) und direkt angrenzenden Bereichen (Geltungsbereich B-Plan zzgl. 50 m) nachgewiesen. In folgender Tabelle werden alle nachgewiesenen Brutvogelarten des Untersuchungsraums (UR) mit wissenschaftlicher und deutscher Bezeichnung, in Anzahl der Brutplätze / Reviere, ihrem Status im UR gemäß EOAC Kriterien, dem jeweiligen Schutzstatus durch die EU-Vogelschutzrichtlinie, das Bundesnaturschutzgesetz und die Einstufungen in die Roten Listen Berlins (WITT & STEIOF 2013) und Brandenburgs (RYSLAVY 2019) sowie der Häufigkeit in Berlin dargestellt. Eine Übersicht über Brutplätze und Reviere der kartierten Brutvogelarten im UR mit dauerhaft genutzten Neststandorten befindet sich im Anhang. Tabelle 9: Gesamtartenliste aller Brutvogelarten des Untersuchungsraums Nr Deutscher Wiss. Name Art- BP od. Rev. Status VSch BNat- RL RL H. Name kürzel im UG RL SchG BB BE 1 Amsel Turdus merula A 11 B4 § h 2 Bachstelze Motacilla alba Ba 1 B4 § V mh 3 Blaumeise Parus caeruleus Bm 3 B4 § h 4 Buchfink Fringilla coelebs B 3 B4 § h 5 Buntspecht Dendrocopus Bs 1 A1 § h major 6 Eichelhäher Garrulus Eh 1 A1 § h glandarius 7 Feldsperling Passer Fe 1 C13 § V h montanus 8 Garten- Certhia Gb 2 B4 § h baumläufer brachydactyla 9 Garten- Sylvia borin Gg 1 B4 § h grasmücke 10 Garten- Phoenicurus Gr 1 B4 § V h rotschwanz phoenicurus 11 Gelbspötter Hippolais Gp (4) A2 § 3 h icterina 12 Girlitz Serinus serinus Gi 4 B4 § V mh 13 Grünfink Carduelis chloris Gf 4 B4 § h 14 Grünspecht Picus viridis Gü 1 A1 §§ mh 15 Haus- Phoenicurus Hr 3 B4, B7 § h rotschwanz ochruros 16 Haussperling Passer domesticus H 30-50 B6, C12, § V h C13 Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 23
trias Planungsgruppe Nr Deutscher Wiss. Name Art- BP od. Rev. Status VSch BNat- RL RL H. Name kürzel im UG RL SchG BB BE 17 Klapper- Sylvia curruca Kg 1 B4 § h grasmücke 18 Kohlmeise Parus major K 7 B4, C12 § h 19 Mönchs- Sylvia atricapilla Mg 4 B4 § h grasmücke 20 Nachtigall Luscinia N 6 B4 § h megarhynchos 21 Nebelkrähe Corvus cornix Nk 7 C13, C16 § h 22 Ringeltaube Columba Rt 6 B4, C13 § h palumbus 23 Rotkehlchen Erithacus R 2 B4, B7 § h rubecula 24 Singdrossel Turdus Sd 1 B4 § h philomelos 25 Star Sturnus vulgaris S 15 B6, C13 § h 26 Stieglitz Carduelis Sti 7 B4 § h carduelis 27 Straßentaube Columba livia f. Str 1 C13 - h domestica 28 Waldkauz Strix aluco Wk 1 C12 §§ mh Wertgebende Arten gem. SENUVK (2020) sind fett hervorgehoben. BP/Rev. Anzahl: Anzahl der Brutpaare/Reviere der Arten im Plangebiet und angrenzend (Untersuchungsraum = UR); NG = Nahrungsgast Status: Gemäß EOAC Kriterien (HAGEMEJER & BLAIR 2005) VRL - Anh. I: Arten des Anhang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie BNatSchG: § = nach Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt, §§ = nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt RL BE – Rote Liste der Brutvögel Berlins (WITT & STEIOF 2013) und RL BB – Rote Liste Brandenburgs (RYSLAVY 2019): 1 = vom Aussterben bedroht, 2 = stark gefährdet, 3 = gefährdet, V = Arten der Vorwarnliste H = Häufigkeitsklasse: ex (erloschen) = ehemaliger Brutvogel, es (extrem selten) = 1-2 Rev., ss (sehr selten) = 3-9 Rev., s (selten) = 10-50 Rev., mh (mittelhäufig) = 51-500 Rev., h (häufig) = >500 Rev Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 24
trias Planungsgruppe Abbildung 3: Darstellung aller Brutvogelreviere im Untersuchungsraum, Stand: 2019 (Kartengrundlage: GEOPORTAL BERLIN/ SÜDOST 2018) Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 25
trias Planungsgruppe Wertgebende Arten Als wertgebende Arten gelten sechs der nachgewiesenen Brutvogelarten: Bachstelze, Feldsperling, Gelbspötter, Grünspecht, Star und Waldkauz. Bachstelze Die Bachstelze ist in ihrem Bestand in Berlin stark abnehmend (>50% innerhalb der letzten 20-25 Jahre) und steht hier auf der Vorwarnliste. Sie ist Brutvogel in der offenen und halboffenen Landschaft mit vegetationsarmen oder –freien Flächen, besonders in Wassernähe. Ursprünglicher Biotop waren wohl Flussufer und –schotterbänke. Als Kulturfolger ist sie heute auf Grünlandflächen, in der Agrarlandschaft mit dörflichen Siedlungen, auch in Industrieanlagen und in Großstadtbereichen mit Rasenflächen zu finden. Der Nestbau an menschlichen Bauten erfolgt auf Flachdächern, Dachträgern, Holzbalken, in Mauerlücken, Scheunen und Schuppen aller Art, unter schadhaften Dachziegeln, in Holzstößen, Reisighaufen, an Staumauern, Steindämmen und in Eisenkonstruktionen von Brücken u.a. In milden Wintern erfolgt die Ankunft am Brutplatz schon ab Anfang Februar. Der Legebeginn ist Ende März / Anfang April, Hauptlegzeit ab Ende April/Anfang Mai. Spätbruten erfolgen bis Mitte August. Die Brutperiode endet ab Juli, bei Spätbruten bis August, zuweilen September. (BAUER et al. 2012) Die Bachstelze wurde mehrmals singend und nach Nahrung suchend im südlichen Untersuchungsraum in Spreenähe beobachtet. Eine Niststätte wurde nicht festgestellt. Es wird jedoch von einem Brutrevier ausgegangen. Feldsperling Der Bestand des Feldsperlings in Berlin ist stark abnehmend (mehr als 50% in den letzten 20-25 Jahren). (WITT & STEIOF 2013) und steht in Brandenburg auf der Vorwarnliste. Der Feldsperling ist ein Höhlenbrüter, kommt als Brutvogel lichter Wälder und von Waldrändern heute auch im Bereich menschlicher Siedlungen vor. Dort vor allem in strukturreichen Dörfern (Bauerngärten, Obstwiesen, Hofgehölze), kommt aber auch in gehölzreichen Stadtlebensräumen (Parks, Friedhöfe, Kleingärten und Gartenstädte) vor. Dort brütet er fast ausnahmslos in Nistkästen, aber auch im Dachtraufbereich oder in Fassadenlöchern. (SÜDBECK et al. 2005) Auch Freibruten sind bei Ermangelung an Nistplätzen möglich, kommen jedoch wesentlich seltener vor als beim Haussperling. (GLUTZ V. BLOTZHEIM 1997, BAUER et al. 2012) Von Bedeutung ist die ganzjährige Verfügbarkeit von Nahrungsressourcen (Sämereien und Insektennahrung für die Jungen). Der Feldsperling wurde im Bereich der Kastanienallee im nördlichen Untersuchungsraum, in einem Kasten brütend festgestellt. Gelbspötter Der Gelbspötter steht in Berlin auf der Vorwarnliste und gilt in Brandenburg als „gefährdet“ (Kat. 3). In Berlin ist er häufig (>500 Rev.). Er besiedelt mehrschichtige Waldlandschaften mit hohen Gebüschen und stark aufgelockertem durchsonnten Baumbestand, bevorzugt in Bereich reicher Böden wie z.B. in Weiden-Auenwäldern und feuchten Eichen-Hainbuchen-Mischwäldern, außerdem in Laubholzaufforstungen mittleren Alters. Auch Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 26
trias Planungsgruppe der Innenstadt, in Marschsiedlungen, Hofgehölzen mit Eichenbestand und verwilderten Obstgärten. Als Langstreckenzieher führt er nur eine Jahresbrut durch, Legebeginn ist Mitte Mai, witterungsabhängig bis Anfang Juni, mit flüggen Jungen ist ab Mitte Juni zu rechnen. Der Gelbspötter baut sein Nest in höheren Sträuchern und Laubbäumen, oft in Astquirlen aufgehängt. (SÜDBECK et al. 2005) Es liegen Brutzeitbeobachtungen des Gelbspötters im Bereich des Kanzlerparks sowie in den nördlich und südlich angrenzenden Robinienwäldchen vor. Der Nachweis eines singenden Männchens im Kanzlerpark ist nicht als Neststandort zu werten, da der Gelbspötter Strauchbestände als Neststandort nutzt. Diese sind im Kanzlerpark nicht vorhanden. Durch die Planung werden keine Neststandorte der Art beeinträchtigt. Grünspecht Der Grünspecht ist nach BNatSchG eine streng geschützte Art und gilt aus diesem Grund als wertgebend. Ursprünglich in Randzonen von mittelalten und alten Laub- und Mischwäldern bzw. Auwäldern vorkommend, ist er heute in reich gegliederten Kulturlandschaften mit einem hohen Anteil an offenen Flächen und Feldgehölzen, Hecken mit Überhältern, Parks, Alleen, Villenvierteln und auf Friedhöfen mit Altbaumbestand heimisch. Zur Nahrungssuche (vor allem Ameisen) ist er auch auf Scherrasen, Industriebrachen, Deichen und Gleisanlagen zu finden. (SÜDBECK et al. 2005) Für den Grünspecht, der in der Brutzeit einen sehr großen Raumbedarf hat (8->100 ha nach FLADE 1994), bildet das Untersuchungsgebiet nur einen Teil seines Habitats. Der Grünspecht wurde im gesamten Untersuchungsraum mehrmals rufend oder nach Nahrung suchend festgestellt. Es wird angenommen, dass der Untersuchungsraum Teil eines größeren Brutreviers ist. Waldkauz Der Waldkauz ist nach BNatSchG eine streng geschützte Art und gilt aus diesem Grund als wertgebend. Die dämmerungs- und nachtaktive Art kommt in einer reich strukturierten Landschaft mit ganzjährig gutem und leicht erreichbarem Nahrungsangebot und ausreichend Ansitzwarten vor. Sein Habitat sind lichte und lückige Altholzbestände in Laub- und Mischwäldern, Parkanlagen, auf Friedhöfen, in Alleen und Gärten mit überaltertem Baumbestand. Als Neststand werden Baumhöhlen in beliebiger Höhe bevorzugt. Ferner nutzt er Gebäude (Dachböden, Kirchtürme, Scheunen, Ruinen etc.) sowie Felshöhlen und –spalten und künstliche Nisthöhlen als Niststätte. In Ausnahmen werden auch Krähen- und Greifvogelhorste angenommen. (BAUER et al. 2012) Die Hauptlegezeit in Mitteleuropa bildet der Monat März, in Städten sogar schon Ende Dezember / Anfang Januar möglich. Die Jungen sind gegen Ende Juli/Anfang August selbstständig, verlassen das Elternrevier jedoch meist erst gegen Mitte/Ende August oder Anfang September. Der Waldkauz wurde bei einer ersten Begehung im Februar (mit Klangattrappe) nicht festgestellt. Dafür jedoch die Anwesenheit von rufenden Jungvögeln Anfang Juni. Aufgrund des Mangels an natürlichen Nisthöhlen im Untersuchungsraum wird vermutet, dass der Waldkauz eines der vielen (auch unbesetzten) Krähennester im Untersuchungsraum als Brutplatz genutzt hat. Arten mit dauerhaft genutzten Neststandorten Zu Arten mit dauerhaft genutzten Neststandorten zählen Höhlen- und Nischenbrüter in und an Gebäuden sowie in Bäumen, aber auch Arten, die ihr Nest / oder ihren Horst über mehrere Brutperioden nutzen. Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag zum Bebauungsplan „1-106“, Stand 03.05.2021 27
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