Bedarf und Nutzen eines Neuzulassungsverbots von Verbrennern - Dr. Nicolas Koch MCC-Diskussionsabend zum Verbot von Verbrenner-Fahrzeugen
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Bedarf und Nutzen eines Neuzulassungsverbots von Verbrennern Dr. Nicolas Koch MCC-Diskussionsabend zum Verbot von Verbrenner-Fahrzeugen 24. August 2021
1. Was ist die Motivation für Verbote? 2. Wann ist ein Markteingriff ökonomisch gerechtfertigt? 3. Wie wirkt ein Verbot? Welche Effekte hätte ein Verbot in 2030 in Deutschland? 4. Gibt es bessere Alternativen? 2
Sorge um fossile Pfadabhängigkeiten und carbon lock-in Erneuerung des Fahrzeugbestands braucht viel Zeit Quelle: https://www.nytimes.com/interactive/2021/03/10/climate/electric-vehicle-fleet-turnover.html basierend auf Alarfaj et al. (2020). ERL 3
Sorge, dass notwendige CO2-Preise politisch schwierig sind Frage nach Politikmix zur Beschleunigung des Technologiewandels Hoher CO2-Preis als Leitinstrument mit Moderater CO2-Preis mit strikten auslaufenden Standards Standards und Verbrennerverbot oder Quelle: aus dem Moore, Brehm, Edmondson, Flachsland, Gruhl, Koch (2021): Climate policy instrument mix pathways for the German road transport sector. Work-in-progress 4
1. Was ist die Motivation für Verbote? 2. Wann ist ein Markteingriff ökonomisch gerechtfertigt? 3. Wie wirkt ein Verbot? Welche Effekte hätte ein Verbot in 2030 in Deutschland? 4. Gibt es bessere Alternativen? 5
Zwei entscheidende Punkte: Substituierbarkeit und soziale Kosten 1. Substituierbarkeit von Elektro- und 2. Berücksichtigung der sozialen Kosten Verbrennerautos von Elektro- und Verbrennerautos • Entwickelt sich über Zeit abhängig von • Ebenfalls zeitabhängig durch technologischen Reichweite, Ladezeiten, … Fortschritt • Heute: eingeschränkt • Heute: unvollständig Nahe Zukunft: wahrscheinlich gut aber Nahe Zukunft: wahrscheinlich weiter unvollständig nicht perfekt wegen politischer/technischer Grenzen Quelle: basierend auf Holland, Mansur, Yates (2021): The electric vehicle transition and the economics of banning gasoline vehicles. AEJ:Policy 6
Notwendigkeit politischen Handelns Wenn die sozialen Kosten nicht vollständig berücksichtigt sind und a) E-Autos = hervorragender Ersatz für Verbrenner → keine Notwendigkeit für Markteingriffe b) E-Autos = niemals guter Ersatz für Verbrenner → Markteingriffe sind sehr kostspielig (Mehrkosten von 200% der sozialen Kosten von Luftverschmutzung) c) E-Autos = guter aber nicht perfekter Ersatz für Verbrenner → Markteingriffe sind sinnvoll, um Wohlfahrtsverluste zu kompensieren Quelle: basierend auf Holland, Mansur, Yates (2021): The electric vehicle transition and the economics of banning gasoline vehicles. AEJ:Policy 7
Ursachen der Wohlfahrtsverluste Bei guter aber nicht perfekter Substituierbarkeit Ineffizienz in der zeitlichen Marktdurchdringung Ineffizienz des langfristigen Fahrzeugmixes („Pfadabhängigkeiten“) („lock-in Effekt“) E-Autos kommen zu spät, wenn soziale Zu wenige E-Autos, Kosten unberücksichtigt wenn soziale Kosten unberücksichtigt Kein Produktionstop von Verbrennern, Zu viele Verbrenner, wenn soziale Kosten wenn soziale Kosten unberücksichtigt unberücksichtigt Quelle: Holland, Mansur, Yates (2021): The electric vehicle transition and the economics of banning gasoline vehicles. AEJ:Policy 8
1. Was ist die Motivation für Verbote? 2. Wann ist ein Markteingriff ökonomisch gerechtfertigt? 3. Wie wirkt ein Verbot? Welche Effekte hätte ein Verbot in 2030 in Deutschland? 4. Gibt es bessere Alternativen? 9
Verbot kann relativ effizient sein, doch hat Nebenwirkungen Bei guter aber nicht perfekter Substituierbarkeit • Verbot kann nah an optimalen Zeitpfad und Fahrzeugmix führen • ABER: (1) Vorzieheffekt: Verbraucher kaufen vor Inkrafttreten des Verbots noch einen Verbrenner (2) Kosten bei Politikfehlern: a. Wenn Einführungszeitpunkt zu spät, ähnliche Effekte wie ohne Markteingriff; wenn zu früh, evtl. sogar höhere Wohlfahrtskosten b. Wenn sich E-Autos als hervorragende (schlechte) Substitute herausstellen, 1Τ -mal (66-mal) höhere Wohlfahrtskosten 10 Quelle: Holland, Mansur, Yates (2021): The electric vehicle transition and the economics of banning gasoline vehicles. AEJ:Policy 10
Effekte eines Neuzulassungsverbots in 2030 in Deutschland Basierend auf einem Verkehrsmodell des DLR CO2-Preis von 180€ in 2030 allein: CO2-Preis von 180€ in 2030 mit vollständige Diffusion von ZEV erst ~2045 Neuzulassungsverbot in 2030 erzwingt (2030 nur 61%) ZEV-Neuzulassungsanteil von 100% in 2030 BasisszenarioBasisszenario Verbot | CO2-Preis Verbotmittel | CO2-Preis mittel 100% 100% 100% 100% Neuzulassungsanteile der Antriebe Neuzulassungsanteile der Antriebe 90% 90% 90% 90% 80% 80% 80% 80% 70% 70% 70% 70% 61% 61% 60% 60% 60% 60% 50% 50% 50% 50% 40% 40% 40% 40% 30% 30% 30% 30% 20% 20% 20% 20% 10% 10% 10% 10% 0% 0% 0% 0% Benzin Diesel Benzin ZEVDiesel PHEVZEV PHEV Benzin Diesel Benzin ZEVDiesel PHEVZEV PHEV Quelle: Seibert, Winkler, Koch, Baldenius (2021): Politikoption Verbrenner-Verbot. In Erscheinung als Analyse des Kopernikus-Projekts Ariadne. 11
40,00 40,00 15,80 -20,00 15,80 20,00 20,00 0,00 -40,00 -29,67 0,00 Effekte eines Neuzulassungsverbots -20,00 in 2030-60,00 in Deutschland -20,00 -13,96 -13 Basierend auf einem Verkehrsmodell des DLR -40,00 -29,67 -40,00 -29,67 -80,00 -70,72 • Damit ein Verbot einen bedeutsamen -60,00 Klimaeffekt entfaltet, ist ein ausreichende Flankierung -100,00 -60,00 durch einen CO2-Preis erforderlich -80,00 -70,72 -80,00 -120,00 -70,72 -82,80 -100,00 -82,80 im Vergleich zu Politik allein mit CO2-Preis -100,00 -140,00 -120,00 Emissionsminderung in Mt CO2 einer 0 -120,00 -160,00 -140,00 -5,8 -20 Politik mit Verbot und CO2-Preis -140,00 2035 -143,01 -40 -160,00 -32,8 Verbot|CO2-Preis mittel = 180€ -143,01 hoch in 2030 Verbot|CO2-Preis -60 -53,5 2035 -160,00 2045 -60,6 -80 Verbot|CO2-Preis mittel Verbot|CO2-Preis 2035hoch Verbot|CO2-Preis niedrig = 080€ in 2030 2045 -100 Verbot|CO2-Preis mittel Verbot|CO2-Preis hoch = 300€ in 2030 niedrig Verbot|CO2-Preis -104,4 -120 -140 -135,3 -160 2035 2045 2035 Verbot|CO2-Preis mittel Verbot|CO2-Preis niedrig 2045 Verbot|CO2-Preis hoch Anmerkung: Anteil Biofuels gemäß heutiger Beimischung, Beimischung von E-Fuels 2% in 2030 bzw. 10% in 2050 Quelle: Seibert, Winkler, Koch, Baldenius (2021): Politikoption Verbrenner-Verbot. In Erscheinung als Analyse des Kopernikus-Projekts Ariadne. 12
1. Was ist die Motivation für Verbote? 2. Wann ist ein Markteingriff ökonomisch gerechtfertigt? 3. Wie wirkt ein Verbot? Welche Effekte hätte ein Verbot in 2030 in Deutschland? 4. Gibt es bessere Alternativen? 13
Alternativen stehen zur Verfügung 1. Adäquate Subvention für E-Autokauf kann etwa den gleichen Nutzen haben wie ein Verbot (Holland et al. 2021) • Im Gegensatz zum Verbot entsteht aber ein Kostenaufwand für den Staat; Bonus-Malus-System evtl. vorteilhaft • Unerwünschte Mitnahmeeffekte 2. Handelsbasiertes Quotensystem • Autohersteller erhalten eine feste Anzahl von Gutschriften für den Bau von Verbrennern und können selbst entscheiden, ob sie diese verwenden oder an andere verkaufen • Näher an der optimalen Politik als ein Verbot, denn es kommt zu keinem Vorzieheffekt (Holland et al. 2021) • Vergleichbar mit US-Politik zum Ausstieg aus der Verwendung von Blei in Benzin in den 1980ern (Newell/Rogers 2003) oder handelbaren Performance-Standards in den USA (CO2-Standards für Pkw und Lkw, Low Carbon Fuel Standard in Kalifornien) (Yeh et al. 2021) Quellen: Holland, Mansur, Yates (2021): The electric vehicle transition and the economics of banning gasoline vehicles. AEJ:Policy Newell, Rogers (2003): The US experience with the phasedown of lead in gasoline. Resources for the Future Discussion Paper 14 Yeh, Burtraw, Sterner, Greene (2021). Tradable performance standards in the transportation sector. Energy Economics.
Schlussfolgerung im Kontext des Fit-for-55-Pakets 1. Vorgeschlagenes Maßnahmenbündel aus zweitem Emissionshandelssystem und de facto Zulassungsverbot ab 2035 (und vielem mehr) fußt auf den impliziten Annahmen, dass a. EU-weit optimale CO2-Preise politisch nicht implementierbar sind und b. zur Vermeidung von lock-in Effekte ein Markteingriff notwendig ist 2. Ein Verbot kann in dieser Situation relativ effizient sein, wenn E-Autos gute aber nicht perfekte Substitute für Verbrenner sind • EU-weite Maßnahme ist unilateralen Interventionen vorzuziehen (Leakage) 3. Doch nicht ohne Nebenwirkungen: • Vorzieheffekte können jahresgenaue Erreichung der Effort Sharing Ziele gefährden • Hohe Kosten bei plausiblen Politikfehlern: zu frühe/späte Einführung oder andere Substituierbarkeit 4. Verbot ohne ausreichend flankierenden CO2-Preis kann kaum Wirkung entfalten 5. Verbot ist nicht alternativlos • Fortentwicklung der EU-Flottengrenzwerte mit deutlichen Anreizen zum Handel von Verpflichtungen kann in der Wirkung ähnlich zu einem handelsbasierten Quotensystem sein 15
Vielen Dank! Dr. Nicolas Koch Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change gGmbH Torgauer Str. 12–15 | 10829 Berlin | Germany tel +49 (0) 30 338 55 37 - 231 mail koch@mcc-berlin.net web www.mcc-berlin.net MCC was founded jointly by Stiftung Mercator and the Potsdam Institute for Climate Impact Research
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