Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMs) - Fragen & antworten

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Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMs) - Fragen & antworten
Bedarfsorientierte
Mindestsicherung (BMS)
Fragen & Antworten
Impressum

Medieninhaber und Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsu-
mentenschutz Stubenring 1, 1010 Wien • Redaktion: bmask• Layout: Martin Withalm•
Druck: bmask • 1. Auflage: Juli 2010, ISBN 3-85010-246-7 Alle Rechte vorbehalten: Zu be-
ziehen bei BMASK-Bestellservice 0800/20 20 74 oder http://broschuerenservice.bmask.
gv.at. Jede Verwertung (auch auszugsweise) ist ohne schriftliche Zustimmung des Medien-
inhabers unzulässig. Dies gilt insbesondere für jede Art der Vervielfältigung, der Überset-
zung, der Mikroverfilmung, der Wiedergabe in Fernsehen und Hörfunk, sowie der Verar-
beitung und Einspeicherung in elektronische Medien, wie z. B. Internet oder CD-Rom.
Bedarfsorientierte Mindestsicherung
Fragen & Antworten
Allgemeines

1. Allgemeines

Was ist die Bedarfsorientierte Mindestsicherung?

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung stellt ein Maßnahmenpaket der Bundesregierung
dar, das zur Armutsbekämpfung in Österreich beitragen soll. Es zählen dazu:

»» Die Reformierung der bisherigen Sozialhilfe
»» Eine wesentlich stärkere Anbindung an den Arbeitsmarkt
»» Die Einbeziehung von LeistungsbezieherInnen ohne Krankenversicherungsschutz in die
   gesetzliche Krankenversicherung
»» Ausbau mindestsichernder Elemente im Arbeitslosenversicherungsgesetz (Anhebung der
   Nettoersatzrate und großzügigere Anrechnungsbestimmungen von Partnereinkommen
   bei NotstandshilfeempfängerInnen)

Worin liegen grundsätzlich die Vorteile der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im
Vergleich zur bisherigen Sozialhilfe?

Einheitliche Mindeststandards

Die bisherigen Sozialhilferichtsätze variieren sehr stark von Land zu Land. Durch die
Bedarfsorientierte Mindestsicherung sollen nun für alle Anspruchsberechtigten zumindest
dieselben Mindeststandards sichergestellt und die Leistungen nach unten hin abgedichtet
werden. Die Länder können zusätzlich Leistungen, welche über diesen Mindeststandard
hinausgehen, gewähren.

Anreize zur Aufnahme von Erwerbsarbeit

Die (Wieder-)Aufnahme von Erwerbsarbeit wird nach längerem BMS-Bezug unterstützt.
Es wird ein „WiedereinsteigerInnenfreibetrag" vorgesehen, der natürlich auch bei erstmaliger
Erwerbsarbeitsaufnahme gewährt werden soll. Dieser bewirkt, dass Zuverdienste nicht zur
Gänze auf die BMS-Leistung angerechnet werden. Durch den Entfall der Kostenersatzpflicht
bei ehemaligen LeistungsempfängerInnen soll die Aufnahme einer Erwerbsarbeit wieder
attraktiv erscheinen.

Höhere Leistungen für Alleinerziehende

Sind bisher Alleinerziehende in den meisten Sozialhilfegesetzen als Haushaltsvorstände
betrachtet worden, deren Richtsätze unter denen von alleinstehenden Personen liegen, so
erhalten sie künftig in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung denselben Betrag wie eine
alleinstehende Person. Auf diesem Weg wird versucht, dem besonders hohen Armutsrisiko
dieser Personengruppe entgegenzuwirken.

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Allgemeines

Eingeschränkte Vermögensverwertung

Unterschiede zeigen sich gegenwärtig in den einzelnen Ländern auch hinsichtlich der im
Rahmen der Bedarfsprüfung nicht zu berücksichtigenden Einkommens- bzw. Vermögenstei-
le. In der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen prinzipiell einheitliche Anspruchs-
voraussetzungen gegeben sein. Es soll klare Ausnahmen für die Vermögensverwertung
sowie einen festgelegten Freibetrag geben.

Bessere Bestimmungen zum Regress/Kostenersatz

Auch hinsichtlich des Regresses kennen die jeweiligen Bundesländer derzeit verschiedene
Regelungen. Es ist offensichtlich, dass die Kostenersatzpflicht eine wesentliche Hemm-
schwelle für die Inanspruchnahme der Leistungen darstellt. Sie erschwert ehemaligen
HilfeempfängerInnen aufgrund der Rückzahlungspflicht - selbst bei (wieder)aufgenommener
Erwerbstätigkeit - einen Weg aus der Armutsspirale zu finden. Deshalb wird der Kosten-
ersatz fast gänzlich entfallen und einheitlichen Regelungen zu Grunde liegen. Insbesondere
sollen Kinder für Leistungen, die ihren Eltern gewährt werden und Eltern für Leistungen,
die ihren volljährigen Kindern gewährt werden, hinkünftig nicht mehr zum Kostenersatz
herangezogen werden.

Rechtssicherheit

Der Zugang zu Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung soll durch ein Verfah-
rensrecht gesichert werden, das den besonderen Bedürfnissen der LeistungswerberInnen
gerecht wird und rasche Entscheidungen ermöglicht. Durch eine Verkürzung der Entschei-
dungsfrist auf max. drei Monate soll bei der Zuerkennung von Leistungen eine wesentliche
Verfahrensbeschleunigung erreicht werden. Weiters sind für die AntragswerberInnen ver-
besserte Standards hinsichtlich der Rechtssicherheit bzw. des Rechtsschutzes vorgesehen:

»» Bei abweisenden erstinstanzlichen Bescheiden besteht hinkünftig jedenfalls die
   Verpflichtung zur schriftlichen Erledigung
»» Die Möglichkeit eines Berufungsverzichtes sowie die aufschiebende Wirkung von
   Berufungen in Leistungsangelegenheiten soll ausgeschlossen werden.

E-Card für alle

Durch die Einbeziehung von LeistungsbezieherInnen ohne Krankenversicherungsschutz in
die gesetzliche Krankenversicherung wird der uneingeschränkte Zugang zu medizinischen
Leistungen gewährleistet. Stigmatisierende Sozialhilfekrankenscheine sollen somit der
Vergangenheit angehören.

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Häufige Fragen

2. Häufige Fragen

Was ist die "Take-up"-Rate?

Die Sozialhilfe wird bisher aus verschiedenen Gründen von einem Teil prinzipiell anspruchs-
berechtigter Personen nicht beantragt (Non-take-up). So hält z.B. die Angst vor Stigmatisierung
- besonders in kleineren Gemeinden - viele Personen davon ab, um Sozialhilfe anzusuchen.
Durch eine zusätzliche Anlaufstelle für arbeitsfähige AntragstellerInnen beim AMS, die mehr
Anonymität erlaubt, kann dieser Angst stärker entgegengetreten werden. Der fast gänzliche
Wegfall des Kostenersatzes und die moderateren Rahmenbedingungen für den Einsatz des
Vermögens sollen ebenso wesentliche Zugangsbarrieren für die Inanspruchnahme der
Leistungen abbauen.

Wann wird die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Kraft treten?

Das Inkrafttreten der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist mit 1.9.2010 geplant.

Wird die Bedarfsorientierte Mindestsicherung auch die Notstandshilfe und das Arbeits-
losengeld ersetzen?

Nein. Diese arbeitslosenversicherungsrechtlichen Leistungen bleiben weiterhin bestehen.
Liegt das Niveau des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe unter dem der Bedarfs-
orientierten Mindestsicherung so kann unter Berücksichtigung der Einkommens- und Ver-
mögensverhältnisse eine ergänzende Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung
so wie bisher in der Sozialhilfe gewährt werden.

Wie hoch werden die Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sein?

Die Höhe der Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung orientiert sich am
Netto-Ausgleichszulagenrichtsatz in der Pensionsversicherung.

Im Jahr 2010 wären dies € 744,0 netto für Alleinstehende bzw. Alleinerziehende und
€ 1.116,0 netto für (Ehe)Paare. In dieser Leistung ist jeweils ein 25%-iger Wohnkostenanteil
enthalten. Dieser entspricht bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden einem Betrag von
€ 186,0 bzw. bei (Ehe)Paaren einem Betrag von € 279,0. Die Leistung gebührt 12 mal pro Jahr.

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Häufige Fragen

Statt der bisherigen Richtsätze in der Sozialhilfe soll die Leistungshöhe in Hinkunft durch
Prozentsätze in Beziehung zum Ausgangswert für Alleinstehende ausgedrückt werden:

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Alleinstehende                              100                € 744,0
AlleinerzieherInnen                         100                € 744,0
(Ehe)Paare                                   150 (2x75)        € 1.116,0
Jede weitere leistungsberechtigte           50                 € 372,0
erwachsene Person in einem
Haushalt, die unterhaltsberechtigt ist
Personen in einer Wohngemeinschaft          75                 € 558,0
ohne gegenseitige Unterhaltsansprüche
1.-3. minderjähriges Kind                    18                € 133,9
Ab dem 4. minderjährigen Kind                15                € 111,6

Die angegebenen Leistungshöhen verstehen sich als Mindeststandards. Die Länder können
daher über die Mindeststandards hinausgehende Leistungen (z.B. für Kinder) gewähren.

Welche Bedarfe werden durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung gedeckt?

Durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung sollen der Lebensunterhalt und der Unter-
kunftsbedarf, sowie der Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung gesichert
sein. Das bedeutet, dass die Deckung des regelmäßig wiederkehrenden Aufwands für Nah-
rung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Strom sowie persönlicher Bedürfnisse,
welche eine angemessene soziale und kulturelle Teilnahme erlauben, gewährleistet wird.

Die pauschalierte Leistung (= Mindeststandard) soll alle regelmäßigen Bedarfe abdecken
und berücksichtigt bereits einen Anteil von 25% des Mindeststandards zur Finanzierung
der Wohnkosten. Darüber hinausgehende Leistungen zur Deckung von Sonder- bzw. Zusatz-
bedarfen wie z.B. Heizkostenzuschüsse oder die Anschaffung eines neuen Kühlschrankes
können weiterhin zusätzlich durch die Länder erbracht werden (z.B. im Rahmen der Hilfe
in besonderen Lebenslagen).

Sind mit der Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auch die Wohnkosten
abzudecken?

Zum Unterkunftsbedarf zählen die für eine angemessene Wohnsituation erforderlichen
regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen für Miete und die damit im Zusammenhang
stehenden allgemeinen Betriebskosten und Abgaben.

Im pauschalierten Mindeststandard ist bereits ein Teil zur Abdeckung der Wohnkosten ent-
halten. Dieser wird mit 25% des gewährten Mindeststandards einer Bedarfsgemeinschaft

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Häufige Fragen

angenommen. Da die Wohnkosten in einigen Regionen wesentlich höher ausfallen können,
als mit dem angenommenen 25%-igen Wohnkostenanteil abgedeckt werden kann, sollen
wie bisher Unterstützungen zumindest auf Grundlage des Privatrechts (z.B. Wohnbeihilfe)
geleistet werden. Der 25%-ige Wohnkostenanteil soll somit als Referenzwert für die Gewäh-
rung zusätzlicher Wohnkosten durch die Länder dienen.

Worin liegt der Unterschied zwischen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und der
Idee eines Grundeinkommens?

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung basiert auf dem Prinzip der Subsidiarität. Das
bedeutet, dass sie erst dann zu tragen kommt, wenn der eigene Bedarf durch andere
vorrangige Leistungen nicht gedeckt werden kann. Sie kommt somit ausschließlich Per-
sonen zu Gute, die über keine angemessenen eigenen Mittel verfügen und auch durch
Leistungsansprüche gegenüber Dritten (z.B. sozialversicherungsrechtliche Leistungen,
Unterhaltsansprüche usw.) den eigenen Bedarf bzw. den ihrer Angehörigen nicht ausrei-
chend decken können. Voraussetzung für den Erhalt stellt ebenso die Arbeitsbereitschaft
von arbeitsfähigen Personen dar.

Grundeinkommensmodelle orientieren sich nicht am Prinzip der Subsidiarität. Sie sehen
allgemeine Leistungen für jeden vor, unabhängig vom jeweiligen Bedarf und der Bereit-
schaft, einer Arbeit nachzugehen.

Welche Anspruchsvoraussetzungen müssen für den Erhalt einer Leistung aus der Bedarfs-
orientierten Mindestsicherung erfüllt werden?

Der Erhalt einer Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung setzt den Einsatz
der eigenen Mittel (Einkommen und Vermögen) sowie der eigenen Arbeitskraft von arbeits-
fähigen Personen voraus. Im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung werden
allerdings auch klare Ausnahmen formuliert, sowie Freibeträge festgelegt.

Welche Vermögensformen müssen für den Erhalt einer Leistung aus der Bedarfsorientierten
Mindestsicherung nicht eingesetzt werden?

Vermögen wird für den Erhalt einer Bedarfsorientierten Mindestsicherung grundsätzlich
einzusetzen sein. Von einer Verwertung werden jedoch ausgenommen sein:

»» Gegenstände, die zur Erwerbsausübung oder Befriedigung angemessener geistig-
   kultureller Bedürfnisse erforderlich sind;
»» Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere
   wegen einer Behinderung oder unzureichende Infrastruktur) benötigt werden;
»» angemessener Hausrat;

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Häufige Fragen

»» Ersparnisse bis zu einem Freibetrag in Höhe der 5-fachen Leistungshöhe für Allein-
   stehende (2010: € 3.720,0);
»» sonstige Vermögenswerte ausgenommen Immobilien, soweit sie den o.a. Freibetrag
   nicht übersteigen und solange die Leistungen nicht länger als 6 unmittelbar aufeinander
   folgende Monate bezogen werden

Häuser oder Eigentumswohnungen, die dem eigenen Wohnbedarf dienen, müssen nicht
verwertet werden. Da es sich bei einer Immobilie allerdings um einen Vermögenswert han-
delt, kann nach einer 6-monatigen Schonfrist eine Sicherstellung im Grundbuch zum Zweck
der Ersatzforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde erfolgen.

Darf ich meine Ersparnisse behalten?

Es wird einen Vermögensfreibetrag in Höhe des 5-fachen der Leistungshöhe für Alleinun-
terstützte vorgesehen (im Jahr 2010: € 3.720,0).

Habe ich einen Anspruch auf eine zusätzliche BMS-Leistung, wenn mein Arbeitslosengeld/
meine Notstandshilfe unter der Leistungshöhe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung
liegt?

Abhängig von der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen in der Bedarfsorientierten
Mindestsicherung (Prüfung der Einkommens- und Vermögenssituation) werden ergänzende
Leistungen bis zu der Höhe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gewährt werden.

Welche Einkünfte spielen bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung keine Rolle?

Grundsätzlich sind eigene Mittel einzusetzen. Folgende Einkünfte werden jedoch nicht in
Abzug gebracht:

»» Freiwillige Zuwendungen, die die freie Wohlfahrtspflege oder ein Dritter zur Ergänzung
   der Sozialhilfe gewährt, ohne dazu eine rechtliche Pflicht zu haben, außer sie erreichen
   ein Ausmaß/eine Dauer, dass keine BMS mehr erforderlich wäre (z.B. Lebensmittelgut-
   scheine);
»» Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsfondsgesetz (z.B. Familienbeihilfe) mit
   Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich;
»» Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder ähnliche Leistungen.

Wird ein Einkommen, das durch eine wiederaufgenommene Arbeit erzielt wird, zur Gänze
bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung eingerechnet?

Wenn BezieherInnen einer Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach 6
Monaten wieder oder erstmals eine Arbeit aufnehmen, wird ihnen ein Freibetrag von 15%

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Häufige Fragen

ihres Nettoeinkommens eingeräumt. Dabei gibt es eine Untergrenze, die bei 7% (2010:
€ 52,08) und eine Obergrenze, die bei 17% (2010: € 126,48) des Mindeststandards für
Alleinunterstützte liegt. Der WiedereinsteigerInnenfreibetrag soll für 18 Monate gewährt
werden.

Werde ich im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung krankenversichert sein?

Im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung werden alle LeistungsbezieherInnen,
die noch keinen Krankenversicherungsschutz genießen, in die gesetzliche Krankenversi-
cherung einbezogen. An Stelle der oft als stigmatisierend wahrgenommenen Sozialhilfe-
krankenscheine tritt die E-Card. BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung
sollen im Rahmen der Einbeziehung in die gesetzliche Krankenversicherung dieselben
Vergünstigungen zukommen wie AusgleichszulagenbezieherInnen (z.B. Entfall der Rezept-
gebühr). Die Krankenversicherungsbeiträge werden von den Ländern übernommen.

Was passiert, wenn eine Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erschlichen
wurde?

Erschlichene Leistungen fallen in die Kostenersatzpflicht und müssen daher zurückbezahlt
werden.

Wird die Bedarfsorientierte Mindestsicherung bei fehlenden Unterhaltszahlungen gewährt?

Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen davon abhängig gemacht werden,
dass bedarfsdeckende Ansprüche gegen Dritte wie z.B. Unterhaltsansprüche auch verfolgt
werden. Diese Pflicht zur Rechtsverfolgung soll allerdings nur verlangt werden, soweit sie
nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar ist. Trifft solch ein Fall zu, soll eine Leistung der
Bedarfsorientierten Mindestsicherung jedenfalls gewährt werden. Eine unmittelbar erfor-
derliche Bedarfsdeckung soll in jedem Fall sichergestellt werden.

Werden alle BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ihre Arbeitskraft
einsetzen müssen?

BezieherInnen einer Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, soweit sie
arbeitsfähig sind, müssen bereit sein, ihre Arbeitskraft einzusetzen. Die für den Einsatz
der Arbeitskraft maßgebenden Kriterien sind grundsätzlich dieselben wie im Arbeitslosen-
versicherungsgesetz.
Trotz an sich bestehender Arbeitsfähigkeit darf der Einsatz der Arbeitskraft allerdings nicht
verlangt werden von Personen...

»» die das Regelpensionsalter erreicht haben;
»» mit Betreuungspflichten für Kinder, welche ihr 3. Lebensjahr noch nicht vollendet

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Häufige Fragen

   haben, sofern keine geeignete Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist;
»» mit Betreuungsleistungen gegenüber Angehörigen (§ 123 ASVG), welche ein Pflege-
   geld mindestens der Stufe 3 beziehen;
»» die Sterbebegleitung oder Begleitung von schwerstkranken Kindern (vgl. §§ 14a, 14b
   AVRAG) leisten;
»» die in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen und zielstrebig
   verfolgten Erwerbs- oder Schulausbildung stehen (ein Studium zählt hier nicht dazu).

Was wird passieren, wenn eine arbeitsfähige Person ihre Arbeitskraft nicht einsetzt?

Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung können gekürzt werden, wenn trotz
schriftlicher Ermahnung keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft
besteht. Dies soll grundsätzlich nur stufenweise und maximal um bis zu 50% erfolgen, eine
weitergehende Kürzung oder ein völliger Entfall soll nur ausnahmsweise und in besonderen
Fällen zulässig sein. Die Gewährleistung der Leistungen für unterhaltsberechtigte Angehörige
im gemeinsamen Haushalt soll durch diese Sanktionen in keinem Fall beeinträchtigt werden.

Wird es eine Pflicht zum Kostenersatz/Regress im Rahmen der Bedarfsorientierten Min-
destsicherung geben?

Die Pflicht zum Kostenersatz soll im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung fast
zur Gänze abgeschafft werden. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist somit grund-
sätzlich nicht mehr als „zinsenloses Darlehen" konzipiert.

Die Pflicht zum Kostenersatz entfällt für:
»» ehemalige LeistungsempfängerInnen, die wieder ein Einkommen aus einer Erwerbstä-
   tigkeit erzielen oder Vermögen selbst erwirtschaftet haben,
»» Eltern für ihre volljährigen Kinder
»» Kinder für ihre Eltern
»» (wie bisher) Großeltern für ihre Enkel und umgekehrt
»» GeschenknehmerInnen

Die Pflicht zum Kostenersatz bleibt bestehen für:
»» Sozialversicherungs- oder andere Leistungen durch Dritte, die der Bedarfsdeckung
   zumindest teilweise gedient hätten (Pensionsleistungen, Ausgedinge etc.)
»» (ehemalige) EhegattInnen
»» Eltern für ihre minderjährigen Kinder
»» ehemalige HilfeempfängerInnen in Hinblick auf nicht selbst erwirtschaftetes Vermögen (z.B.
   Erbschaft) unter Berücksichtigung eines Freibetrages und einer 3-jährigen Verjährungsfrist

Die Rückerstattungspflicht bei Erschleichung von Leistungen oder Meldepflichtverletzungen
bleibt bestehen.

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Häufige Fragen

Bei welcher Behörde wird man um eine Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindest-
sicherung ansuchen können?

Grundsätzlich soll die Antragseinbringung bei allen Stellen, welche vom jeweiligen Land als
geeignet erachtet werden (z.B. Bezirkshauptmannschaften, Gemeindeämter, Magistrate, ...),
möglich bleiben. Hinzu kommt, dass die Antragstellung von arbeitsfähigen Personen gleich
beim Arbeitsmarktservice erfolgen kann. Das Arbeitsmarktservice wird den Antrag dann an
die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde weiterleiten. Diese wird die Anspruchsvoraus-
setzungen prüfen, über die Höhe der Leistung entscheiden und diese schließlich auszahlen.

Welche Rolle spielt das AMS in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung?

Das AMS dient künftig als zusätzliche Anlaufstelle für die Beantragung einer Leistung aus
der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Es werden die Unterlagen an die Bezirksverwal-
tungsbehörde übermittelt, die wie bisher den Antrag prüft, die Entscheidung fällt sowie
die Leistung auszahlt. Beim AMS erfolgt ebenso eine Meldung zur Arbeitsuche, wodurch
den BezieherInnen einer Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung alle Weiter-
bildungsmaßnahmen und Fördermöglichkeiten des AMS offen stehen. Im Rahmen der
Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen verstärkt arbeitsmarktpolitische Maßnahmen
für diese Zielgruppe zur Reintegration in den Arbeitsprozess gesetzt werden.

Wer wird eine Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalten können?

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung kommt ausschließlich Personen zu Gute, die
über keine angemessenen eigenen Mittel verfügen und auch durch Leistungsansprüche
gegenüber Dritten (z.B. sozialversicherungsrechtliche Leistungen) den eigenen Bedarf
bzw. den ihrer Angehörigen nicht ausreichend decken können und bereit sind, ihre eigene
Arbeitskraft einzusetzen.

Können Menschen mit Behinderung eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen?

»» Von der BMS sind generell alle Personen in finanziellen Notlagen erfasst, die für ihren
   Lebensunterhalt mit anderen Mitteln nicht mehr aufkommen können.
»» Die Mindestsicherungsvereinbarung nennt überhaupt keine speziellen Zielgruppen.
»» Menschen mit Behinderung haben unter denselben Voraussetzungen einen Anspruch
   auf BMS wie alle anderen Menschen.
»» Ausnahme: Menschen mit Behinderung müssen ihre Arbeitskraft selbstverständlich
   nicht einsetzen, wenn sie erwerbsunfähig sind.
»» Um den speziellen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen gerecht zu
   werden, kennen manche Länder bereits derzeit eigene "Behindertengesetze".

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Häufige Fragen

Können auch ausländische StaatsbürgerInnen Mindestsicherung beziehen?

Nur EU-rechtlich InländerInnen gleichgestellte Gruppen können Mindestsicherung mit
Rechtsanspruch beziehen. Dies bedeutet insbesondere, dass AsylwerberInnen keinen
Anspruch auf eine BMS haben.Durch die Einführung der BMS wird für keine ausländische
Personengruppe der Zugang zur Sozialhilfe leichter.

EWR-BürgerInnen haben in Österreich haben nur dann einen uneingeschränkten Anspruch
auf BMS, wenn sie sich als ArbeitnehmerInnen in Österreich befinden.

Für BürgerInnen der neuen Mitgliedstaaten der EU (z.B. BulgarInnen, RumänInnen) ist es
nicht ohne weiteres möglich, als ArbeitnehmerInnen nach Österreich zu kommen. Der Grund
liegt in den Übergangsfristen für den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt. Sie brauchen
Arbeitsbewilligungen.

Kommen EU-BürgerInnen nicht als ArbeitnehmerInnen nach Österreich, müssen sie über
ausreichende Existenzmittel verfügen. Tun sie dies nicht, droht ein fremden-polizeiliches
Ausweisungsverfahren. Grundsätzlich ist ein Sozialhilfebezug für diese Personen aufent-
haltsrechtlich schädlich.

Drittstaatsangehörige (z.B. TürkInnen, SerbInnen) haben grundsätzlich nur dann einen
Anspruch auf BMS, wenn sie schon mehr als 5 Jahre in Österreich gelebt und gearbeitet
haben. Auch hier steht die Arbeitnehmereigenschaft im Vordergrund.

Wichtig ist auch zu wissen, dass unter allen SozialhilfebezieherInnen der MigrantenInnen-
anteil unterproportional zu deren Bevölkerungsanteil ist.

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Häufige Fragen

                            bis 3 Monate Aufenthalt    bis 5 Jahre Aufenthalt      länger als 5 Jahre
                                                                                   Aufenthalt
EWR-BürgerInnen
a) ArbeitnehmerInnen        ja                         ja                          ja
b) nicht ArbeitnehmerIn-    nein                       Ja, solange sie durch den   ja
nen                                                    Bezug der Sozialhilfe
                                                       nicht den rechtmäßigen
                                                       Aufenthalt verlieren

Drittstaatsangehörige       nein                       nein                        ja
allgemein
Drittstaatsangehörige als   ja                         ja                          ja
Angehörige von EWR-
BürgerInnen oder Öster-
reicherInnen
Anerkannte Flüchtlinge      Ab Zuerkennung ihres Status als Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte
und subsidiär Schutzbe-
rechtigte
AsylwerberInnen             nein                       nein                        nein

Sieht die BMS für sozial schwache Deutsche, die nach Österreich mit dem Ziel der Inan-
spruchnahme einer BMS, zuziehen, einen BMS-Anspruch vor?

NEIN, wie für alle EU bzw. EWR – BürgerInnen gilt für deutsche StaatsbürgerInnen Folgendes:

»» Ein Zuzug nach Österreich mit der Absicht, in Österreich Mindestsicherung beziehen zu
   wollen, berechtigt keinesfalls zur Inanspruchnahme der BMS.
»» Dieser Art des Sozialmissbrauches stehen die Grundsätze der Bedarfsorientierten
   Mindestsicherung und des Aufenthaltsrechts entgegen.
»» EWR-BürgerInnen, die keine ArbeitnehmerInnen sind und keine ausreichenden
   Existenzmittel haben, riskieren eine fremdenpolizeiliche Ausweisung.
»» Die Antragstellung auf BMS kann bei ihnen zu einer Überprüfung ihres rechtmäßigen
   Aufenthaltes durch die Fremdenpolizei führen.
»» EWR-BürgerInnen haben nur dann einen klaren Anspruch auf BMS, wenn sie als Arbeit-
   nehmerInnen in Österreich sind oder mehr als 5 Jahre in Österreich rechtmäßig aufhältig
   sind.

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Fragen zum Thema (Sach)Vermögen

3. Fragen zum Thema (Sach)Vermögen

Ich habe gehört, dass die Sozialhilfebehörde sich in das Grundbuch eintragen wird, wenn ich BMS
beziehe – stimmt das?

Die Behörde kann sich im Grundbuch eintragen und damit ihre Ersatzforderungen für BMS
– Leistungen für die Zukunft sichern (z.B. wenn ein Eigenheim in die Erbmasse fällt).

Die Behörde darf sich jedoch nicht sofort in das Grundbuch eintragen (6 monatige Schonfrist).

EigenheimbesitzerInnen, die sich in einer vorübergehenden Notlage befinden, sind zu-
mindest in den ersten 6 Monaten ihres Leistungsbezuges vor einer grundbücherlichen
Sicherstellung geschützt.

Jemand wird arbeitslos, bezieht ein geringes Arbeitslosengeld und lebt in einer geerbten
Wohnung. Muss er die Wohnung verkaufen, bevor er BMS beziehen kann?

NEIN, die Wohnung dient zur Deckung des eigenen Wohnbedürfnisses. Allerdings kann die
BMS-Behörde, wenn die Leistung mehr als 6 Monate bezogen wird, eine grundbücherliche
Sicherstellung vornehmen.

Jemand hat 4 Jahre lang eine BMS-Leistung bezogen, verstirbt und seine Wohnung, die von
der BMS-Behörde besichert wurde, fällt in den Nachlass. Die Wohnung dient niemandem
mehr zur Deckung eines Wohnbedürfnisses. Kann die Behörde die bezogene Leistung von
den Erben zurückverlangen? Muss die Wohnung z.B. verkauft werden, um die „Schulden“
zu begleichen?

»» Wert der Liegenschaft: € 100.000
»» BMS-„Schuldenstand“: € 20.000

JA, die Erben müssen die „Schulden“ zurückzahlen. Ob sie dies durch den Verkauf der
Wohnung bewerkstelligen oder die Mittel anderweitig aufbringen, bleibt ihnen grundsätzlich
überlassen. Zurückzuzahlen sind die € 20.000,-

Variante:

»» Wert der Liegenschaft: € 50.000
»» Schuldenstand: € 60.000

Die Erben haften nur bis zur Höhe des Nachlasses (= € 50.000). Den Rest muss der BMS-
Träger abschreiben.

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Fragen zum Thema (Sach)Vermögen

Eine Familie mit 3 Kindern bezieht BMS über mehrere Jahre. Der Vater ist gesundheitlich
eingeschränkt, die Mutter bei den minderjährigen Kindern zuhause. Die Familie lebt in
einem desolaten alten Haus, das dem Vater gehört und von der Sozialhilfe besichert wur-
de. Der Vater verstirbt, das Haus fällt der Ehegattin und den Kindern als Erben zu, die das
Haus weiterhin bewohnen. Kann die Behörde die bezogene Leistung von den Erben zurück-
verlangen? Muss die Wohnung z.B. verkauft werden, um die „Schulden“ zu begleichen?

NEIN, das Haus dient der Deckung des dringenden Wohnbedürfnisses der Hinterbliebe-
nen, die ja selbst BMS-Bezieher sind. Eine Verwertung würde zur Verschärfung der Notlage
führen. Die Sicherstellung bleibt im Grundbuch weiter bestehen.

Ein Eigenheimbezieher hat 3 Jahre lang BMS bezogen und danach wieder eine Arbeit ge-
funden. Die BMS-Behörde hat sich währenddessen ins Grundbuch eingetragen. Kann die
Verwertung der Wohnung verlangt werden, nachdem die Person wieder ins Erwerbsleben
zurückgekehrt ist?

NEIN, die Wohnung dient nach wie vor zur Deckung des dringenden eigenen Wohnbedürf-
nisses. Die Sicherstellung im Grundbuch bleibt aufrecht und kann schlagend werden, wenn
die Wohnung nicht mehr gebraucht wird (z.B. bei Ableben).

Der Eigenheimbesitzer hat die Möglichkeit, in Absprache mit der zuständigen Behörde die
Forderung auch in Raten zurückzuzahlen, soweit er dazu in der Lage ist.

Variante:

Ein Eigenheimbesitzer hat 3 Jahre lang BMS bezogen, findet einen neuen Job in einem an-
deren Bundesland und zieht um. Die Wohnung steht leer. Muss er die Wohnung verwerten?

JA, die Wohnung dient nicht mehr zur Deckung des eigenen Wohnbedürfnisses. Allenfalls
kann er sie vermieten und von den Einnahmen seine „BMS-Schulden“ zurückzahlen; dies
hängt von der Vereinbarung mit seinem ehemaligen Sozialamt ab.

Muss ich mein Auto verkaufen, wenn ich BMS beziehen möchte?

Das hängt von den Lebensumständen des Betroffenen ab: Wenn ich auf das Kraftfahrzeug
berufsbedingt, wegen einer Behinderung oder z.B. auch wegen schlechter Infrastruktur
(keine öffentlichen Verkehrsmittel) angewiesen bin, muss es nicht verkauft werden. In
Ballungsräumen mit gutem öffentlichem Verkehrsnetz wird ein Auto daher oft nicht als
berufsbedingt gesehen.

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Fragen zum Thema (Sach)Vermögen

Variante:

Muss ich mein neuwertiges Auto verkaufen, wenn ich BMS beziehen möchte?

Ein neuwertiges Auto stellt sicherlich einen Vermögenswert dar, der bei der Prüfung des
Anspruches zu berücksichtigen ist. Die BMS schließt nicht aus, dass Sie ein Auto z.B. berufs-
bedingt haben können, allerdings könnte der Arbeitsplatz auch durch ein billigeres, älteres
Kfz erreicht werden. Der Verkauf des neuwertigen Autos kann daher uU verlangt werden.

Gehören wertvolle Münzsammlungen und Kunstgegenstände (z.B. wertvolle Bilder) auch
zum verwertbaren Vermögen?

JA, soweit sie den Vermögensfreibetrag (2010: € 3.720) übersteigen.

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Fragen zum Thema der Arbeitskraft

4. Fragen zum Thema der Arbeitskraft

Welche Arbeit ist mir zumutbar?

Die Arbeit muss

»» mindestens dem jeweiligen Kollektivvertragslohn entsprechen,
»» in angemessener Zeit erreichbar sein. Bei Teilzeitbeschäftigungen sind eineinhalb Stunden
   als zumutbare Wegzeit anzusehen, bei einer Vollzeitbeschäftigung zwei Stunden,
»» den körperlichen Fähigkeiten entsprechen,

und darf

»» die Gesundheit und die Sittlichkeit nicht gefährden sowie
»» gesetzliche Betreuungspflichten nicht beeinträchtigen.

Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld, wo die ersten 100 Tage ein Berufschutz gilt, muss im
System der Bedarfsorientierten Mindestsicherung - wie auch bei der Notstandshilfe - jede
zumutbare Arbeit angenommen werden.

Arbeitsfähige Personen, die einen Antrag auf BMS stellen, müssen ihre Arbeitskraft einset-
zen bzw. sich um einen Arbeitsplatz bemühen. Gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz?

Ja, …

… Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben;
… Personen mit Betreuungspflichten für Kinder, die ihr 3. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben, wenn keine geeignete Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist;
… Personen, die Angehörige betreuen, die Pflegegeld mind. der Stufe 3 beziehen;
… Personen, die Sterbebegleitung leisten oder schwersterkrankte Kinder begleiten;
… Personen, die in einer Erwerbs- oder Schulausbildung stehen, die vor dem 18. Lebensjahr
begonnen wurde und zielstrebig verfolgt wird, können unter Umständen BMS beziehen,
werden aber– obwohl sie arbeitsfähig sind – nicht arbeiten gehen müssen

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Fragen zum Thema der Arbeitskraft

Kann ich trotz Teilzeitbeschäftigung eine BMS beziehen?

Nur dann, wenn man einen triftigen Grund nachweisen kann, warum die Aufnahme einer
Vollzeitbeschäftigung nicht möglich ist (z.B. AlleinerzieherInnen mit kleinen Kindern und
nicht ganztägig vorhandenen Betreuungseinrichtungen); stark einzelfallbezogen.

Kann ich meine Arbeitszeit reduzieren und dafür BMS beziehen?

NEIN, außer es gibt einen triftigen Grund für die Reduktion der Arbeitszeit. Die Gründe könn-
ten beispielsweise darin liegen, dass aufgrund einer problematischen Phase eines Kindes
eine zeitintensivere Obsorge notwendig ist, oder eine Angehörigenpflege übernommen
wird. Die Gründe sind jedenfalls nachzuweisen. Die BMS verlangt einen optimalen Einsatz
der Arbeitskraft. Jede zumutbare Beschäftigung muss angenommen werden, es gelten
grundsätzlich die Spielregeln des AMS.

Ich bin alleinerziehende Mutter eines 2-jährigen Kindes und kann deshalb nicht arbeiten
gehen. Habe ich Anspruch auf die BMS?

Eine BMS kommt für Sie dann in Frage, wenn Sie mit ihren Einkünften unter dem Mindest-
standard der BMS liegen.

Dieser setzt sich aus einem Grundbetrag (€ 558 für einen Erwachsenen und € 100,5 für Ihr
Kind) und einem Wohnkostenanteil (€ 186 für einen Erwachsenen und € 33,5 für ein Kind)
zusammen. Das sind in Summe € 878,-.

Als Einkünfte gelten z.B. auch Unterhaltsansprüche.

Wenn Sie für Ihr Kind keine geeignete Betreuungsmöglichkeit haben, werden die Behörden
nicht verlangen, dass Sie arbeiten gehen (dies gilt bis zum 3. Lebensjahr).

Variante: Das Kind ist bereits 6 Jahre alt

Der Einsatz der Arbeitskraft ist hier Voraussetzung für den BMS - Bezug. Die Ausnahme
kommt nur dann zu tragen, solange Ihr Kind noch unter 3 Jahre alt ist.

Ich bin alleinerziehende Mutter eines 6-jährigen Kindes und komme mit dem Lohn aus
meiner Teilzeitbeschäftigung nicht aus – kann ich BMS beziehen?

Wenn Sie mit Ihren Einkünften unter dem Mindeststandard der BMS liegen, können Sie zu
Ihrem Verdienst unter Umständen eine ergänzende BMS – Leistung erhalten.

Unterhaltsleistungen des Kindesvaters werden angerechnet.

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Fragen zum Thema der Arbeitskraft

WiedereinsteigerInnenfreibetrag

Grundsätze:

»» Voraussetzung: bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach einem zumindest 6 monatigen
   BMS – Bezug
»» Höhe: 15% des Nettoeinkommens; nach unten und oben gedeckelt (zwischen € 52
   und € 126,50 im Jahr 2010)
»» Dauer: für die ersten 18 Monate nach dem Einstieg in den Arbeitsmarkt

Beispiel 1

Alleinerzieherin nimmt Teilzeitbeschäftigung nach 6 Monaten BMS-Bezug an

Einkommen € 300 netto

15% des Nettoeinkommens = € 45

Dieser Betrag liegt aber unter der Untergrenze von 7% des Ausgangswertes (= 2010 € 52),
weshalb der Freibetrag € 52 beträgt.

        744.-        (Mindeststandard AEZ)
       -248.-        (anrechenbares Einkommen nach Abzug des Freibetrages)
        496.-        (eigener BMS-Anspruch ohne Kind)
      + 300.-        (Gehalt)
        796.-        (Einkommen: Gehalt + Eigenanspruch BMS)

Beispiel 2

Alleinerzieherin nimmt Teilzeitbeschäftigung nach 6 Monaten BMS-Bezug an
Einkommen € 500
15% des Nettoeinkommens = € 75
Freibetrag = € 75

        744.-        (Mindeststandard AEZ)
       -425.-        (anrechenbares Einkommen nach Abzug des Freibetrages)
        319.-        (eigener BMS-Anspruch ohne Kind)
      + 500.-        (Gehalt)
        819.-        (Einkommen: Gehalt + Eigenanspruch BMS)

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Fragen zum Thema der Arbeitskraft

Beispiel 3

4 köpfige Familie, Vater nimmt nach 6 Monaten BMS-Bezug eine Vollzeitbeschäftigung an
Einkommen € 1.000 netto

15% des Nettoeinkommens = € 150

Dieser Betrag liegt aber über der Obergrenze von 17% des Ausgangswertes
(= 2010 € 126,50), weshalb der Freibetrag € 126,50 beträgt

        1384.-         (Mindeststandard Paar+2 Kinder)
      -873,5.-         (anrechenbares Einkommen nach Abzug des Freibetrages)
      510,50.-         (BMS-Anspruch)
      + 1000.-         (Gehalt)
     1510,50.-         (Einkommen: Gehalt + Anspruch BMS)

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Fragen zum Thema Missbrauch

5. Fragen zum Thema Missbrauch

Warum ist die BMS missbrauchsfest?

»» Unattraktiv wegen umfassendem Vermögenseinsatzes (Bausparer etc.)

   >> Es besteht die grundsätzliche Verpflichtung, eigenes Einkommen und Vermögen
      offen zu legen. Wird das Vorhandensein von Einkommen und Vermögen bewusst
      verheimlicht, können bezogene BMS – Leistungen von der Behörde zurückgefordert
      werden (Rückerstattungspflichten)

   >> Mitunter werden auch die Wohnsitzgemeinden um Stellungnahme hinsichtlich der
      Angaben im Antrag zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ersucht.

»» Enge datentechnische Vernetzung zw. BMS-Behörde und AMS (Prüfung der Arbeitswil-
   ligkeit)

»» Sanktionen

   >> Stufenweise Leistungskürzungen bis zur Hälfte (bei fehlendem Arbeitswillen bzw.
      der Weigerung an der Teilnahme an Kursmaßnahmen etc…), unter Umständen auch
      ein völliger Entfall der Leistungen (z.B. bei beharrlicher Arbeitsverweigerung); ABER:
      Schutz des Wohnbedarfes des Arbeitsunwilligen bzw. des Lebens- und Wohnbedarfes
      der haushaltszugehörigen Angehörigen;

»» Stärkere Anbindung an den Arbeitsmarkt als bisher

Warum sollen BezieherInnen einer Mindestsicherung jemals wieder arbeiten gehen wollen?
€ 744,- monatlich ist kaum weniger als der Mindestlohn.

Die BMS ist keine soziale Hängematte

»» Es gibt keine „Wahlfreiheit“ zwischen dem BMS – Bezug und der Aufnahme einer
   Erwerbstätigkeit.
»» Jeder erwerbslose, arbeitsfähige BMS – Bezieher muss sich beim AMS als Arbeit su-
   chend vormerken lassen.
»» Eine zumutbare Arbeit muss angenommen werden, sonst gibt es Leistungskürzungen
   oder sogar einen Entfall (Sanktionen).

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Fragen zum Thema Missbrauch

Abstand der BMS zu Lohnansprüchen

»» Löhne werden 14x jährlich ausbezahlt, die Mindestsicherung nur 12x. Vergleicht man
   die Jahressummen, erhält man schon mit einem sehr niedrigen Gehalt (Mindestlohn)
   rund 33% mehr.

Welche Anreize gibt es für BMS – Bezieher/innen überhaupt, wieder eine Erwerbstätigkeit
aufzunehmen?

Wiedereinsteigerinnenfreibetrag

»» bei erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Wiederaufnahme einer Erwerbs-
   tätigkeit nach einem zumindest 6 monatigen BMS – Bezug
»» Höhe: Freibetrag zwischen € 52 und € 126,50 (im Jahr 2010)
»» Dauer: für die ersten 18 Monate nach dem Einstieg in den Arbeitsmarkt

Entfall des Regresses

keine Rückzahlung der Sozialhilfe mehr, wenn man wieder ein eigenes Erwerbseinkommen
erzielt

Wie überprüft das Sozialamt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse?

»» Es besteht die umfassende Verpflichtung des Hilfesuchenden, eigenes Einkommen
   und Vermögen offen zu legen. Wird das Vorhandensein von Einkommen und Vermö-
   gen
   bewusst verheimlicht, können bezogene BMS – Leistungen von der Behörde zurück-
   gefordert werden (Rückerstattungspflichten). Bei laufendem Bezug trifft EmpfängerIn-
   nen die Pflicht, sämtliche Änderungen, die für den Bezug relevant sind, unverzüglich
   mitzuteilen, damit die Leistung neu bemessen werden kann.
»» Mitunter werden auch die Wohnsitzgemeinden um Stellungnahme hinsichtlich der
   Angaben im Antrag zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ersucht.
»» Des Weiteren finden sich in den Gesetzen durchwegs auch Auskunftspflichten der
   Dienstgeber, der Sozialversicherungsträger und des AMS.
»» Erstmalig wird es eine datentechnische Vernetzung zw. den Sozialämtern und dem
   AMS geben, im Rahmen derer die Sozialämter tagesaktuell auf die Datenbestände
   ihrer
   LeistungsempfängerInnen zugreifen können.
»» Eine Überprüfung bei den Banken, ob Sparbücher etc. vorhanden sind, scheitert am
   Bankgeheimnis.

22
Fragen zum Thema Ausbildung

6. Fragen zum Thema Ausbildung

Können auch StudentInnen BMS beziehen?

Alle arbeitsfähigen AntragstellerInnen müssen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen,
um eine BMS beziehen zu können. Dies kann jedoch im Falle eines Studiums nicht ange-
nommen werden.
Zur Unterstützung von Studierenden sollen weiterhin die Leistungen aus dem Studienför-
derungsgesetz 1992 (StudFG) wie z. B. die Studienbeihilfe dienen.

Ich möchte mich weiterbilden. Ist die BMS eine Alternative zur Bildungskarenz? Kann ich
meine Berufstätigkeit freiwillig unterbrechen, eine Ausbildung beginnen und während-
essen BMS beziehen?

BMS-BezieherInnen müssen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Eine Weiterbildung,
die keine Erwerbstätigkeit ermöglicht, kann nicht über die BMS finanziert werden.

Wird es überhaupt Fälle geben, in denen während einer Ausbildung BMS gewährt werden
kann?

Ja.

Personen, die in einer Erwerbs- oder Schulausbildung stehen, die sie bereits vor Vollendung
des 18. Lebensjahres begonnen haben und zielstrebig verfolgen, müssen ihre Arbeitskraft
nicht einsetzen. Sie können unter Umständen eine BMS beziehen.

Ein Studium ist keine Erwerbs- oder Schulausbildung und deshalb auch keine Ausnahme
von der Verpflichtung zum Einsatz der Arbeitskraft. Auch dann nicht, wenn es vor Vollendung
des 18. Lebensjahres begonnen wurde.

Mein Sohn ist 21 Jahre alt und hat eine HAK Matura absolviert. Er möchte jetzt in eine
eigene Wohnung umziehen. Bekommt er eine BMS, wenn er keinen Job findet und sich
nicht selbst erhalten kann?

Ihr Sohn muss sich jedenfalls beim AMS als arbeitsuchend vormerken lassen und jede
zumutbare Arbeit annehmen. Die BMS kommt nur dann in Frage, wenn er keine anderen
Einkünfte hat, die insgesamt für seinen Lebensunterhalt ausreichen (z.B. Arbeitslosengeld,
Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung, etc…).

Die BMS ist das letzte Mittel. Alle arbeitsfähigen AntragstellerInnen müssen sich um einen
Arbeitsplatz bemühen.

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Raum für notizen

Kann ich während des BMS – Bezuges geringfügig „dazuverdienen“?

Grundsätzlich nicht. Im Gegensatz zur Notstandshilfe werden auch Einkünfte aus einer
geringfügigen Tätigkeit angerechnet.

ABER: es gibt einen Wiedereinsteiger/innenfreibetrag:

»» bei erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Wiederaufnahme einer Erwerbs-
   tätigkeit nach einem zumindest 6 monatigen BMS – Bezug
»» Höhe: Freibetrag zwischen € 52,08 und € 126,48 (im Jahr 2010)
»» Dauer: für die ersten 18 Monate nach dem Einstieg in den Arbeitsmarkt

GENERELL GILT:

Für einen BMS – Bezug wird der optimale Einsatz der Arbeitskraft gefordert. Die Behörde
wird sich mit der Frage auseinandersetzen, warum Sie nur geringfügig tätig sind.

7. Raum für notizen

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