Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMs) - Fragen & antworten
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Impressum Medieninhaber und Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsu- mentenschutz Stubenring 1, 1010 Wien • Redaktion: bmask• Layout: Martin Withalm• Druck: bmask • 1. Auflage: Juli 2010, ISBN 3-85010-246-7 Alle Rechte vorbehalten: Zu be- ziehen bei BMASK-Bestellservice 0800/20 20 74 oder http://broschuerenservice.bmask. gv.at. Jede Verwertung (auch auszugsweise) ist ohne schriftliche Zustimmung des Medien- inhabers unzulässig. Dies gilt insbesondere für jede Art der Vervielfältigung, der Überset- zung, der Mikroverfilmung, der Wiedergabe in Fernsehen und Hörfunk, sowie der Verar- beitung und Einspeicherung in elektronische Medien, wie z. B. Internet oder CD-Rom.
Bedarfsorientierte Mindestsicherung Fragen & Antworten
Allgemeines 1. Allgemeines Was ist die Bedarfsorientierte Mindestsicherung? Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung stellt ein Maßnahmenpaket der Bundesregierung dar, das zur Armutsbekämpfung in Österreich beitragen soll. Es zählen dazu: »» Die Reformierung der bisherigen Sozialhilfe »» Eine wesentlich stärkere Anbindung an den Arbeitsmarkt »» Die Einbeziehung von LeistungsbezieherInnen ohne Krankenversicherungsschutz in die gesetzliche Krankenversicherung »» Ausbau mindestsichernder Elemente im Arbeitslosenversicherungsgesetz (Anhebung der Nettoersatzrate und großzügigere Anrechnungsbestimmungen von Partnereinkommen bei NotstandshilfeempfängerInnen) Worin liegen grundsätzlich die Vorteile der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Vergleich zur bisherigen Sozialhilfe? Einheitliche Mindeststandards Die bisherigen Sozialhilferichtsätze variieren sehr stark von Land zu Land. Durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung sollen nun für alle Anspruchsberechtigten zumindest dieselben Mindeststandards sichergestellt und die Leistungen nach unten hin abgedichtet werden. Die Länder können zusätzlich Leistungen, welche über diesen Mindeststandard hinausgehen, gewähren. Anreize zur Aufnahme von Erwerbsarbeit Die (Wieder-)Aufnahme von Erwerbsarbeit wird nach längerem BMS-Bezug unterstützt. Es wird ein „WiedereinsteigerInnenfreibetrag" vorgesehen, der natürlich auch bei erstmaliger Erwerbsarbeitsaufnahme gewährt werden soll. Dieser bewirkt, dass Zuverdienste nicht zur Gänze auf die BMS-Leistung angerechnet werden. Durch den Entfall der Kostenersatzpflicht bei ehemaligen LeistungsempfängerInnen soll die Aufnahme einer Erwerbsarbeit wieder attraktiv erscheinen. Höhere Leistungen für Alleinerziehende Sind bisher Alleinerziehende in den meisten Sozialhilfegesetzen als Haushaltsvorstände betrachtet worden, deren Richtsätze unter denen von alleinstehenden Personen liegen, so erhalten sie künftig in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung denselben Betrag wie eine alleinstehende Person. Auf diesem Weg wird versucht, dem besonders hohen Armutsrisiko dieser Personengruppe entgegenzuwirken. 3
Allgemeines Eingeschränkte Vermögensverwertung Unterschiede zeigen sich gegenwärtig in den einzelnen Ländern auch hinsichtlich der im Rahmen der Bedarfsprüfung nicht zu berücksichtigenden Einkommens- bzw. Vermögenstei- le. In der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen prinzipiell einheitliche Anspruchs- voraussetzungen gegeben sein. Es soll klare Ausnahmen für die Vermögensverwertung sowie einen festgelegten Freibetrag geben. Bessere Bestimmungen zum Regress/Kostenersatz Auch hinsichtlich des Regresses kennen die jeweiligen Bundesländer derzeit verschiedene Regelungen. Es ist offensichtlich, dass die Kostenersatzpflicht eine wesentliche Hemm- schwelle für die Inanspruchnahme der Leistungen darstellt. Sie erschwert ehemaligen HilfeempfängerInnen aufgrund der Rückzahlungspflicht - selbst bei (wieder)aufgenommener Erwerbstätigkeit - einen Weg aus der Armutsspirale zu finden. Deshalb wird der Kosten- ersatz fast gänzlich entfallen und einheitlichen Regelungen zu Grunde liegen. Insbesondere sollen Kinder für Leistungen, die ihren Eltern gewährt werden und Eltern für Leistungen, die ihren volljährigen Kindern gewährt werden, hinkünftig nicht mehr zum Kostenersatz herangezogen werden. Rechtssicherheit Der Zugang zu Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung soll durch ein Verfah- rensrecht gesichert werden, das den besonderen Bedürfnissen der LeistungswerberInnen gerecht wird und rasche Entscheidungen ermöglicht. Durch eine Verkürzung der Entschei- dungsfrist auf max. drei Monate soll bei der Zuerkennung von Leistungen eine wesentliche Verfahrensbeschleunigung erreicht werden. Weiters sind für die AntragswerberInnen ver- besserte Standards hinsichtlich der Rechtssicherheit bzw. des Rechtsschutzes vorgesehen: »» Bei abweisenden erstinstanzlichen Bescheiden besteht hinkünftig jedenfalls die Verpflichtung zur schriftlichen Erledigung »» Die Möglichkeit eines Berufungsverzichtes sowie die aufschiebende Wirkung von Berufungen in Leistungsangelegenheiten soll ausgeschlossen werden. E-Card für alle Durch die Einbeziehung von LeistungsbezieherInnen ohne Krankenversicherungsschutz in die gesetzliche Krankenversicherung wird der uneingeschränkte Zugang zu medizinischen Leistungen gewährleistet. Stigmatisierende Sozialhilfekrankenscheine sollen somit der Vergangenheit angehören. 4
Häufige Fragen 2. Häufige Fragen Was ist die "Take-up"-Rate? Die Sozialhilfe wird bisher aus verschiedenen Gründen von einem Teil prinzipiell anspruchs- berechtigter Personen nicht beantragt (Non-take-up). So hält z.B. die Angst vor Stigmatisierung - besonders in kleineren Gemeinden - viele Personen davon ab, um Sozialhilfe anzusuchen. Durch eine zusätzliche Anlaufstelle für arbeitsfähige AntragstellerInnen beim AMS, die mehr Anonymität erlaubt, kann dieser Angst stärker entgegengetreten werden. Der fast gänzliche Wegfall des Kostenersatzes und die moderateren Rahmenbedingungen für den Einsatz des Vermögens sollen ebenso wesentliche Zugangsbarrieren für die Inanspruchnahme der Leistungen abbauen. Wann wird die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Kraft treten? Das Inkrafttreten der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ist mit 1.9.2010 geplant. Wird die Bedarfsorientierte Mindestsicherung auch die Notstandshilfe und das Arbeits- losengeld ersetzen? Nein. Diese arbeitslosenversicherungsrechtlichen Leistungen bleiben weiterhin bestehen. Liegt das Niveau des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe unter dem der Bedarfs- orientierten Mindestsicherung so kann unter Berücksichtigung der Einkommens- und Ver- mögensverhältnisse eine ergänzende Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung so wie bisher in der Sozialhilfe gewährt werden. Wie hoch werden die Leistungen aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sein? Die Höhe der Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung orientiert sich am Netto-Ausgleichszulagenrichtsatz in der Pensionsversicherung. Im Jahr 2010 wären dies € 744,0 netto für Alleinstehende bzw. Alleinerziehende und € 1.116,0 netto für (Ehe)Paare. In dieser Leistung ist jeweils ein 25%-iger Wohnkostenanteil enthalten. Dieser entspricht bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden einem Betrag von € 186,0 bzw. bei (Ehe)Paaren einem Betrag von € 279,0. Die Leistung gebührt 12 mal pro Jahr. 5
Häufige Fragen Statt der bisherigen Richtsätze in der Sozialhilfe soll die Leistungshöhe in Hinkunft durch Prozentsätze in Beziehung zum Ausgangswert für Alleinstehende ausgedrückt werden: Prozentsatz Absolutbetrag (Wert für 2010) Alleinstehende 100 € 744,0 AlleinerzieherInnen 100 € 744,0 (Ehe)Paare 150 (2x75) € 1.116,0 Jede weitere leistungsberechtigte 50 € 372,0 erwachsene Person in einem Haushalt, die unterhaltsberechtigt ist Personen in einer Wohngemeinschaft 75 € 558,0 ohne gegenseitige Unterhaltsansprüche 1.-3. minderjähriges Kind 18 € 133,9 Ab dem 4. minderjährigen Kind 15 € 111,6 Die angegebenen Leistungshöhen verstehen sich als Mindeststandards. Die Länder können daher über die Mindeststandards hinausgehende Leistungen (z.B. für Kinder) gewähren. Welche Bedarfe werden durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung gedeckt? Durch die Bedarfsorientierte Mindestsicherung sollen der Lebensunterhalt und der Unter- kunftsbedarf, sowie der Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung gesichert sein. Das bedeutet, dass die Deckung des regelmäßig wiederkehrenden Aufwands für Nah- rung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Heizung und Strom sowie persönlicher Bedürfnisse, welche eine angemessene soziale und kulturelle Teilnahme erlauben, gewährleistet wird. Die pauschalierte Leistung (= Mindeststandard) soll alle regelmäßigen Bedarfe abdecken und berücksichtigt bereits einen Anteil von 25% des Mindeststandards zur Finanzierung der Wohnkosten. Darüber hinausgehende Leistungen zur Deckung von Sonder- bzw. Zusatz- bedarfen wie z.B. Heizkostenzuschüsse oder die Anschaffung eines neuen Kühlschrankes können weiterhin zusätzlich durch die Länder erbracht werden (z.B. im Rahmen der Hilfe in besonderen Lebenslagen). Sind mit der Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung auch die Wohnkosten abzudecken? Zum Unterkunftsbedarf zählen die für eine angemessene Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwendungen für Miete und die damit im Zusammenhang stehenden allgemeinen Betriebskosten und Abgaben. Im pauschalierten Mindeststandard ist bereits ein Teil zur Abdeckung der Wohnkosten ent- halten. Dieser wird mit 25% des gewährten Mindeststandards einer Bedarfsgemeinschaft 6
Häufige Fragen angenommen. Da die Wohnkosten in einigen Regionen wesentlich höher ausfallen können, als mit dem angenommenen 25%-igen Wohnkostenanteil abgedeckt werden kann, sollen wie bisher Unterstützungen zumindest auf Grundlage des Privatrechts (z.B. Wohnbeihilfe) geleistet werden. Der 25%-ige Wohnkostenanteil soll somit als Referenzwert für die Gewäh- rung zusätzlicher Wohnkosten durch die Länder dienen. Worin liegt der Unterschied zwischen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und der Idee eines Grundeinkommens? Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung basiert auf dem Prinzip der Subsidiarität. Das bedeutet, dass sie erst dann zu tragen kommt, wenn der eigene Bedarf durch andere vorrangige Leistungen nicht gedeckt werden kann. Sie kommt somit ausschließlich Per- sonen zu Gute, die über keine angemessenen eigenen Mittel verfügen und auch durch Leistungsansprüche gegenüber Dritten (z.B. sozialversicherungsrechtliche Leistungen, Unterhaltsansprüche usw.) den eigenen Bedarf bzw. den ihrer Angehörigen nicht ausrei- chend decken können. Voraussetzung für den Erhalt stellt ebenso die Arbeitsbereitschaft von arbeitsfähigen Personen dar. Grundeinkommensmodelle orientieren sich nicht am Prinzip der Subsidiarität. Sie sehen allgemeine Leistungen für jeden vor, unabhängig vom jeweiligen Bedarf und der Bereit- schaft, einer Arbeit nachzugehen. Welche Anspruchsvoraussetzungen müssen für den Erhalt einer Leistung aus der Bedarfs- orientierten Mindestsicherung erfüllt werden? Der Erhalt einer Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung setzt den Einsatz der eigenen Mittel (Einkommen und Vermögen) sowie der eigenen Arbeitskraft von arbeits- fähigen Personen voraus. Im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung werden allerdings auch klare Ausnahmen formuliert, sowie Freibeträge festgelegt. Welche Vermögensformen müssen für den Erhalt einer Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht eingesetzt werden? Vermögen wird für den Erhalt einer Bedarfsorientierten Mindestsicherung grundsätzlich einzusetzen sein. Von einer Verwertung werden jedoch ausgenommen sein: »» Gegenstände, die zur Erwerbsausübung oder Befriedigung angemessener geistig- kultureller Bedürfnisse erforderlich sind; »» Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere wegen einer Behinderung oder unzureichende Infrastruktur) benötigt werden; »» angemessener Hausrat; 7
Häufige Fragen »» Ersparnisse bis zu einem Freibetrag in Höhe der 5-fachen Leistungshöhe für Allein- stehende (2010: € 3.720,0); »» sonstige Vermögenswerte ausgenommen Immobilien, soweit sie den o.a. Freibetrag nicht übersteigen und solange die Leistungen nicht länger als 6 unmittelbar aufeinander folgende Monate bezogen werden Häuser oder Eigentumswohnungen, die dem eigenen Wohnbedarf dienen, müssen nicht verwertet werden. Da es sich bei einer Immobilie allerdings um einen Vermögenswert han- delt, kann nach einer 6-monatigen Schonfrist eine Sicherstellung im Grundbuch zum Zweck der Ersatzforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde erfolgen. Darf ich meine Ersparnisse behalten? Es wird einen Vermögensfreibetrag in Höhe des 5-fachen der Leistungshöhe für Alleinun- terstützte vorgesehen (im Jahr 2010: € 3.720,0). Habe ich einen Anspruch auf eine zusätzliche BMS-Leistung, wenn mein Arbeitslosengeld/ meine Notstandshilfe unter der Leistungshöhe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung liegt? Abhängig von der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (Prüfung der Einkommens- und Vermögenssituation) werden ergänzende Leistungen bis zu der Höhe der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gewährt werden. Welche Einkünfte spielen bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung keine Rolle? Grundsätzlich sind eigene Mittel einzusetzen. Folgende Einkünfte werden jedoch nicht in Abzug gebracht: »» Freiwillige Zuwendungen, die die freie Wohlfahrtspflege oder ein Dritter zur Ergänzung der Sozialhilfe gewährt, ohne dazu eine rechtliche Pflicht zu haben, außer sie erreichen ein Ausmaß/eine Dauer, dass keine BMS mehr erforderlich wäre (z.B. Lebensmittelgut- scheine); »» Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsfondsgesetz (z.B. Familienbeihilfe) mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich; »» Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder ähnliche Leistungen. Wird ein Einkommen, das durch eine wiederaufgenommene Arbeit erzielt wird, zur Gänze bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung eingerechnet? Wenn BezieherInnen einer Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nach 6 Monaten wieder oder erstmals eine Arbeit aufnehmen, wird ihnen ein Freibetrag von 15% 8
Häufige Fragen ihres Nettoeinkommens eingeräumt. Dabei gibt es eine Untergrenze, die bei 7% (2010: € 52,08) und eine Obergrenze, die bei 17% (2010: € 126,48) des Mindeststandards für Alleinunterstützte liegt. Der WiedereinsteigerInnenfreibetrag soll für 18 Monate gewährt werden. Werde ich im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung krankenversichert sein? Im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung werden alle LeistungsbezieherInnen, die noch keinen Krankenversicherungsschutz genießen, in die gesetzliche Krankenversi- cherung einbezogen. An Stelle der oft als stigmatisierend wahrgenommenen Sozialhilfe- krankenscheine tritt die E-Card. BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen im Rahmen der Einbeziehung in die gesetzliche Krankenversicherung dieselben Vergünstigungen zukommen wie AusgleichszulagenbezieherInnen (z.B. Entfall der Rezept- gebühr). Die Krankenversicherungsbeiträge werden von den Ländern übernommen. Was passiert, wenn eine Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erschlichen wurde? Erschlichene Leistungen fallen in die Kostenersatzpflicht und müssen daher zurückbezahlt werden. Wird die Bedarfsorientierte Mindestsicherung bei fehlenden Unterhaltszahlungen gewährt? Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen davon abhängig gemacht werden, dass bedarfsdeckende Ansprüche gegen Dritte wie z.B. Unterhaltsansprüche auch verfolgt werden. Diese Pflicht zur Rechtsverfolgung soll allerdings nur verlangt werden, soweit sie nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar ist. Trifft solch ein Fall zu, soll eine Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung jedenfalls gewährt werden. Eine unmittelbar erfor- derliche Bedarfsdeckung soll in jedem Fall sichergestellt werden. Werden alle BezieherInnen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ihre Arbeitskraft einsetzen müssen? BezieherInnen einer Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, soweit sie arbeitsfähig sind, müssen bereit sein, ihre Arbeitskraft einzusetzen. Die für den Einsatz der Arbeitskraft maßgebenden Kriterien sind grundsätzlich dieselben wie im Arbeitslosen- versicherungsgesetz. Trotz an sich bestehender Arbeitsfähigkeit darf der Einsatz der Arbeitskraft allerdings nicht verlangt werden von Personen... »» die das Regelpensionsalter erreicht haben; »» mit Betreuungspflichten für Kinder, welche ihr 3. Lebensjahr noch nicht vollendet 9
Häufige Fragen haben, sofern keine geeignete Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist; »» mit Betreuungsleistungen gegenüber Angehörigen (§ 123 ASVG), welche ein Pflege- geld mindestens der Stufe 3 beziehen; »» die Sterbebegleitung oder Begleitung von schwerstkranken Kindern (vgl. §§ 14a, 14b AVRAG) leisten; »» die in einer bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnenen und zielstrebig verfolgten Erwerbs- oder Schulausbildung stehen (ein Studium zählt hier nicht dazu). Was wird passieren, wenn eine arbeitsfähige Person ihre Arbeitskraft nicht einsetzt? Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung können gekürzt werden, wenn trotz schriftlicher Ermahnung keine Bereitschaft zu einem zumutbaren Einsatz der Arbeitskraft besteht. Dies soll grundsätzlich nur stufenweise und maximal um bis zu 50% erfolgen, eine weitergehende Kürzung oder ein völliger Entfall soll nur ausnahmsweise und in besonderen Fällen zulässig sein. Die Gewährleistung der Leistungen für unterhaltsberechtigte Angehörige im gemeinsamen Haushalt soll durch diese Sanktionen in keinem Fall beeinträchtigt werden. Wird es eine Pflicht zum Kostenersatz/Regress im Rahmen der Bedarfsorientierten Min- destsicherung geben? Die Pflicht zum Kostenersatz soll im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung fast zur Gänze abgeschafft werden. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist somit grund- sätzlich nicht mehr als „zinsenloses Darlehen" konzipiert. Die Pflicht zum Kostenersatz entfällt für: »» ehemalige LeistungsempfängerInnen, die wieder ein Einkommen aus einer Erwerbstä- tigkeit erzielen oder Vermögen selbst erwirtschaftet haben, »» Eltern für ihre volljährigen Kinder »» Kinder für ihre Eltern »» (wie bisher) Großeltern für ihre Enkel und umgekehrt »» GeschenknehmerInnen Die Pflicht zum Kostenersatz bleibt bestehen für: »» Sozialversicherungs- oder andere Leistungen durch Dritte, die der Bedarfsdeckung zumindest teilweise gedient hätten (Pensionsleistungen, Ausgedinge etc.) »» (ehemalige) EhegattInnen »» Eltern für ihre minderjährigen Kinder »» ehemalige HilfeempfängerInnen in Hinblick auf nicht selbst erwirtschaftetes Vermögen (z.B. Erbschaft) unter Berücksichtigung eines Freibetrages und einer 3-jährigen Verjährungsfrist Die Rückerstattungspflicht bei Erschleichung von Leistungen oder Meldepflichtverletzungen bleibt bestehen. 10
Häufige Fragen Bei welcher Behörde wird man um eine Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindest- sicherung ansuchen können? Grundsätzlich soll die Antragseinbringung bei allen Stellen, welche vom jeweiligen Land als geeignet erachtet werden (z.B. Bezirkshauptmannschaften, Gemeindeämter, Magistrate, ...), möglich bleiben. Hinzu kommt, dass die Antragstellung von arbeitsfähigen Personen gleich beim Arbeitsmarktservice erfolgen kann. Das Arbeitsmarktservice wird den Antrag dann an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde weiterleiten. Diese wird die Anspruchsvoraus- setzungen prüfen, über die Höhe der Leistung entscheiden und diese schließlich auszahlen. Welche Rolle spielt das AMS in der Bedarfsorientierten Mindestsicherung? Das AMS dient künftig als zusätzliche Anlaufstelle für die Beantragung einer Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Es werden die Unterlagen an die Bezirksverwal- tungsbehörde übermittelt, die wie bisher den Antrag prüft, die Entscheidung fällt sowie die Leistung auszahlt. Beim AMS erfolgt ebenso eine Meldung zur Arbeitsuche, wodurch den BezieherInnen einer Leistung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung alle Weiter- bildungsmaßnahmen und Fördermöglichkeiten des AMS offen stehen. Im Rahmen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sollen verstärkt arbeitsmarktpolitische Maßnahmen für diese Zielgruppe zur Reintegration in den Arbeitsprozess gesetzt werden. Wer wird eine Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung erhalten können? Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung kommt ausschließlich Personen zu Gute, die über keine angemessenen eigenen Mittel verfügen und auch durch Leistungsansprüche gegenüber Dritten (z.B. sozialversicherungsrechtliche Leistungen) den eigenen Bedarf bzw. den ihrer Angehörigen nicht ausreichend decken können und bereit sind, ihre eigene Arbeitskraft einzusetzen. Können Menschen mit Behinderung eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehen? »» Von der BMS sind generell alle Personen in finanziellen Notlagen erfasst, die für ihren Lebensunterhalt mit anderen Mitteln nicht mehr aufkommen können. »» Die Mindestsicherungsvereinbarung nennt überhaupt keine speziellen Zielgruppen. »» Menschen mit Behinderung haben unter denselben Voraussetzungen einen Anspruch auf BMS wie alle anderen Menschen. »» Ausnahme: Menschen mit Behinderung müssen ihre Arbeitskraft selbstverständlich nicht einsetzen, wenn sie erwerbsunfähig sind. »» Um den speziellen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen gerecht zu werden, kennen manche Länder bereits derzeit eigene "Behindertengesetze". 11
Häufige Fragen Können auch ausländische StaatsbürgerInnen Mindestsicherung beziehen? Nur EU-rechtlich InländerInnen gleichgestellte Gruppen können Mindestsicherung mit Rechtsanspruch beziehen. Dies bedeutet insbesondere, dass AsylwerberInnen keinen Anspruch auf eine BMS haben.Durch die Einführung der BMS wird für keine ausländische Personengruppe der Zugang zur Sozialhilfe leichter. EWR-BürgerInnen haben in Österreich haben nur dann einen uneingeschränkten Anspruch auf BMS, wenn sie sich als ArbeitnehmerInnen in Österreich befinden. Für BürgerInnen der neuen Mitgliedstaaten der EU (z.B. BulgarInnen, RumänInnen) ist es nicht ohne weiteres möglich, als ArbeitnehmerInnen nach Österreich zu kommen. Der Grund liegt in den Übergangsfristen für den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt. Sie brauchen Arbeitsbewilligungen. Kommen EU-BürgerInnen nicht als ArbeitnehmerInnen nach Österreich, müssen sie über ausreichende Existenzmittel verfügen. Tun sie dies nicht, droht ein fremden-polizeiliches Ausweisungsverfahren. Grundsätzlich ist ein Sozialhilfebezug für diese Personen aufent- haltsrechtlich schädlich. Drittstaatsangehörige (z.B. TürkInnen, SerbInnen) haben grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf BMS, wenn sie schon mehr als 5 Jahre in Österreich gelebt und gearbeitet haben. Auch hier steht die Arbeitnehmereigenschaft im Vordergrund. Wichtig ist auch zu wissen, dass unter allen SozialhilfebezieherInnen der MigrantenInnen- anteil unterproportional zu deren Bevölkerungsanteil ist. 12
Häufige Fragen bis 3 Monate Aufenthalt bis 5 Jahre Aufenthalt länger als 5 Jahre Aufenthalt EWR-BürgerInnen a) ArbeitnehmerInnen ja ja ja b) nicht ArbeitnehmerIn- nein Ja, solange sie durch den ja nen Bezug der Sozialhilfe nicht den rechtmäßigen Aufenthalt verlieren Drittstaatsangehörige nein nein ja allgemein Drittstaatsangehörige als ja ja ja Angehörige von EWR- BürgerInnen oder Öster- reicherInnen Anerkannte Flüchtlinge Ab Zuerkennung ihres Status als Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte und subsidiär Schutzbe- rechtigte AsylwerberInnen nein nein nein Sieht die BMS für sozial schwache Deutsche, die nach Österreich mit dem Ziel der Inan- spruchnahme einer BMS, zuziehen, einen BMS-Anspruch vor? NEIN, wie für alle EU bzw. EWR – BürgerInnen gilt für deutsche StaatsbürgerInnen Folgendes: »» Ein Zuzug nach Österreich mit der Absicht, in Österreich Mindestsicherung beziehen zu wollen, berechtigt keinesfalls zur Inanspruchnahme der BMS. »» Dieser Art des Sozialmissbrauches stehen die Grundsätze der Bedarfsorientierten Mindestsicherung und des Aufenthaltsrechts entgegen. »» EWR-BürgerInnen, die keine ArbeitnehmerInnen sind und keine ausreichenden Existenzmittel haben, riskieren eine fremdenpolizeiliche Ausweisung. »» Die Antragstellung auf BMS kann bei ihnen zu einer Überprüfung ihres rechtmäßigen Aufenthaltes durch die Fremdenpolizei führen. »» EWR-BürgerInnen haben nur dann einen klaren Anspruch auf BMS, wenn sie als Arbeit- nehmerInnen in Österreich sind oder mehr als 5 Jahre in Österreich rechtmäßig aufhältig sind. 13
Fragen zum Thema (Sach)Vermögen 3. Fragen zum Thema (Sach)Vermögen Ich habe gehört, dass die Sozialhilfebehörde sich in das Grundbuch eintragen wird, wenn ich BMS beziehe – stimmt das? Die Behörde kann sich im Grundbuch eintragen und damit ihre Ersatzforderungen für BMS – Leistungen für die Zukunft sichern (z.B. wenn ein Eigenheim in die Erbmasse fällt). Die Behörde darf sich jedoch nicht sofort in das Grundbuch eintragen (6 monatige Schonfrist). EigenheimbesitzerInnen, die sich in einer vorübergehenden Notlage befinden, sind zu- mindest in den ersten 6 Monaten ihres Leistungsbezuges vor einer grundbücherlichen Sicherstellung geschützt. Jemand wird arbeitslos, bezieht ein geringes Arbeitslosengeld und lebt in einer geerbten Wohnung. Muss er die Wohnung verkaufen, bevor er BMS beziehen kann? NEIN, die Wohnung dient zur Deckung des eigenen Wohnbedürfnisses. Allerdings kann die BMS-Behörde, wenn die Leistung mehr als 6 Monate bezogen wird, eine grundbücherliche Sicherstellung vornehmen. Jemand hat 4 Jahre lang eine BMS-Leistung bezogen, verstirbt und seine Wohnung, die von der BMS-Behörde besichert wurde, fällt in den Nachlass. Die Wohnung dient niemandem mehr zur Deckung eines Wohnbedürfnisses. Kann die Behörde die bezogene Leistung von den Erben zurückverlangen? Muss die Wohnung z.B. verkauft werden, um die „Schulden“ zu begleichen? »» Wert der Liegenschaft: € 100.000 »» BMS-„Schuldenstand“: € 20.000 JA, die Erben müssen die „Schulden“ zurückzahlen. Ob sie dies durch den Verkauf der Wohnung bewerkstelligen oder die Mittel anderweitig aufbringen, bleibt ihnen grundsätzlich überlassen. Zurückzuzahlen sind die € 20.000,- Variante: »» Wert der Liegenschaft: € 50.000 »» Schuldenstand: € 60.000 Die Erben haften nur bis zur Höhe des Nachlasses (= € 50.000). Den Rest muss der BMS- Träger abschreiben. 14
Fragen zum Thema (Sach)Vermögen Eine Familie mit 3 Kindern bezieht BMS über mehrere Jahre. Der Vater ist gesundheitlich eingeschränkt, die Mutter bei den minderjährigen Kindern zuhause. Die Familie lebt in einem desolaten alten Haus, das dem Vater gehört und von der Sozialhilfe besichert wur- de. Der Vater verstirbt, das Haus fällt der Ehegattin und den Kindern als Erben zu, die das Haus weiterhin bewohnen. Kann die Behörde die bezogene Leistung von den Erben zurück- verlangen? Muss die Wohnung z.B. verkauft werden, um die „Schulden“ zu begleichen? NEIN, das Haus dient der Deckung des dringenden Wohnbedürfnisses der Hinterbliebe- nen, die ja selbst BMS-Bezieher sind. Eine Verwertung würde zur Verschärfung der Notlage führen. Die Sicherstellung bleibt im Grundbuch weiter bestehen. Ein Eigenheimbezieher hat 3 Jahre lang BMS bezogen und danach wieder eine Arbeit ge- funden. Die BMS-Behörde hat sich währenddessen ins Grundbuch eingetragen. Kann die Verwertung der Wohnung verlangt werden, nachdem die Person wieder ins Erwerbsleben zurückgekehrt ist? NEIN, die Wohnung dient nach wie vor zur Deckung des dringenden eigenen Wohnbedürf- nisses. Die Sicherstellung im Grundbuch bleibt aufrecht und kann schlagend werden, wenn die Wohnung nicht mehr gebraucht wird (z.B. bei Ableben). Der Eigenheimbesitzer hat die Möglichkeit, in Absprache mit der zuständigen Behörde die Forderung auch in Raten zurückzuzahlen, soweit er dazu in der Lage ist. Variante: Ein Eigenheimbesitzer hat 3 Jahre lang BMS bezogen, findet einen neuen Job in einem an- deren Bundesland und zieht um. Die Wohnung steht leer. Muss er die Wohnung verwerten? JA, die Wohnung dient nicht mehr zur Deckung des eigenen Wohnbedürfnisses. Allenfalls kann er sie vermieten und von den Einnahmen seine „BMS-Schulden“ zurückzahlen; dies hängt von der Vereinbarung mit seinem ehemaligen Sozialamt ab. Muss ich mein Auto verkaufen, wenn ich BMS beziehen möchte? Das hängt von den Lebensumständen des Betroffenen ab: Wenn ich auf das Kraftfahrzeug berufsbedingt, wegen einer Behinderung oder z.B. auch wegen schlechter Infrastruktur (keine öffentlichen Verkehrsmittel) angewiesen bin, muss es nicht verkauft werden. In Ballungsräumen mit gutem öffentlichem Verkehrsnetz wird ein Auto daher oft nicht als berufsbedingt gesehen. 15
Fragen zum Thema (Sach)Vermögen Variante: Muss ich mein neuwertiges Auto verkaufen, wenn ich BMS beziehen möchte? Ein neuwertiges Auto stellt sicherlich einen Vermögenswert dar, der bei der Prüfung des Anspruches zu berücksichtigen ist. Die BMS schließt nicht aus, dass Sie ein Auto z.B. berufs- bedingt haben können, allerdings könnte der Arbeitsplatz auch durch ein billigeres, älteres Kfz erreicht werden. Der Verkauf des neuwertigen Autos kann daher uU verlangt werden. Gehören wertvolle Münzsammlungen und Kunstgegenstände (z.B. wertvolle Bilder) auch zum verwertbaren Vermögen? JA, soweit sie den Vermögensfreibetrag (2010: € 3.720) übersteigen. 16
Fragen zum Thema der Arbeitskraft 4. Fragen zum Thema der Arbeitskraft Welche Arbeit ist mir zumutbar? Die Arbeit muss »» mindestens dem jeweiligen Kollektivvertragslohn entsprechen, »» in angemessener Zeit erreichbar sein. Bei Teilzeitbeschäftigungen sind eineinhalb Stunden als zumutbare Wegzeit anzusehen, bei einer Vollzeitbeschäftigung zwei Stunden, »» den körperlichen Fähigkeiten entsprechen, und darf »» die Gesundheit und die Sittlichkeit nicht gefährden sowie »» gesetzliche Betreuungspflichten nicht beeinträchtigen. Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld, wo die ersten 100 Tage ein Berufschutz gilt, muss im System der Bedarfsorientierten Mindestsicherung - wie auch bei der Notstandshilfe - jede zumutbare Arbeit angenommen werden. Arbeitsfähige Personen, die einen Antrag auf BMS stellen, müssen ihre Arbeitskraft einset- zen bzw. sich um einen Arbeitsplatz bemühen. Gibt es Ausnahmen von diesem Grundsatz? Ja, … … Personen, die das Regelpensionsalter erreicht haben; … Personen mit Betreuungspflichten für Kinder, die ihr 3. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn keine geeignete Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist; … Personen, die Angehörige betreuen, die Pflegegeld mind. der Stufe 3 beziehen; … Personen, die Sterbebegleitung leisten oder schwersterkrankte Kinder begleiten; … Personen, die in einer Erwerbs- oder Schulausbildung stehen, die vor dem 18. Lebensjahr begonnen wurde und zielstrebig verfolgt wird, können unter Umständen BMS beziehen, werden aber– obwohl sie arbeitsfähig sind – nicht arbeiten gehen müssen 17
Fragen zum Thema der Arbeitskraft Kann ich trotz Teilzeitbeschäftigung eine BMS beziehen? Nur dann, wenn man einen triftigen Grund nachweisen kann, warum die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung nicht möglich ist (z.B. AlleinerzieherInnen mit kleinen Kindern und nicht ganztägig vorhandenen Betreuungseinrichtungen); stark einzelfallbezogen. Kann ich meine Arbeitszeit reduzieren und dafür BMS beziehen? NEIN, außer es gibt einen triftigen Grund für die Reduktion der Arbeitszeit. Die Gründe könn- ten beispielsweise darin liegen, dass aufgrund einer problematischen Phase eines Kindes eine zeitintensivere Obsorge notwendig ist, oder eine Angehörigenpflege übernommen wird. Die Gründe sind jedenfalls nachzuweisen. Die BMS verlangt einen optimalen Einsatz der Arbeitskraft. Jede zumutbare Beschäftigung muss angenommen werden, es gelten grundsätzlich die Spielregeln des AMS. Ich bin alleinerziehende Mutter eines 2-jährigen Kindes und kann deshalb nicht arbeiten gehen. Habe ich Anspruch auf die BMS? Eine BMS kommt für Sie dann in Frage, wenn Sie mit ihren Einkünften unter dem Mindest- standard der BMS liegen. Dieser setzt sich aus einem Grundbetrag (€ 558 für einen Erwachsenen und € 100,5 für Ihr Kind) und einem Wohnkostenanteil (€ 186 für einen Erwachsenen und € 33,5 für ein Kind) zusammen. Das sind in Summe € 878,-. Als Einkünfte gelten z.B. auch Unterhaltsansprüche. Wenn Sie für Ihr Kind keine geeignete Betreuungsmöglichkeit haben, werden die Behörden nicht verlangen, dass Sie arbeiten gehen (dies gilt bis zum 3. Lebensjahr). Variante: Das Kind ist bereits 6 Jahre alt Der Einsatz der Arbeitskraft ist hier Voraussetzung für den BMS - Bezug. Die Ausnahme kommt nur dann zu tragen, solange Ihr Kind noch unter 3 Jahre alt ist. Ich bin alleinerziehende Mutter eines 6-jährigen Kindes und komme mit dem Lohn aus meiner Teilzeitbeschäftigung nicht aus – kann ich BMS beziehen? Wenn Sie mit Ihren Einkünften unter dem Mindeststandard der BMS liegen, können Sie zu Ihrem Verdienst unter Umständen eine ergänzende BMS – Leistung erhalten. Unterhaltsleistungen des Kindesvaters werden angerechnet. 18
Fragen zum Thema der Arbeitskraft WiedereinsteigerInnenfreibetrag Grundsätze: »» Voraussetzung: bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach einem zumindest 6 monatigen BMS – Bezug »» Höhe: 15% des Nettoeinkommens; nach unten und oben gedeckelt (zwischen € 52 und € 126,50 im Jahr 2010) »» Dauer: für die ersten 18 Monate nach dem Einstieg in den Arbeitsmarkt Beispiel 1 Alleinerzieherin nimmt Teilzeitbeschäftigung nach 6 Monaten BMS-Bezug an Einkommen € 300 netto 15% des Nettoeinkommens = € 45 Dieser Betrag liegt aber unter der Untergrenze von 7% des Ausgangswertes (= 2010 € 52), weshalb der Freibetrag € 52 beträgt. 744.- (Mindeststandard AEZ) -248.- (anrechenbares Einkommen nach Abzug des Freibetrages) 496.- (eigener BMS-Anspruch ohne Kind) + 300.- (Gehalt) 796.- (Einkommen: Gehalt + Eigenanspruch BMS) Beispiel 2 Alleinerzieherin nimmt Teilzeitbeschäftigung nach 6 Monaten BMS-Bezug an Einkommen € 500 15% des Nettoeinkommens = € 75 Freibetrag = € 75 744.- (Mindeststandard AEZ) -425.- (anrechenbares Einkommen nach Abzug des Freibetrages) 319.- (eigener BMS-Anspruch ohne Kind) + 500.- (Gehalt) 819.- (Einkommen: Gehalt + Eigenanspruch BMS) 19
Fragen zum Thema der Arbeitskraft Beispiel 3 4 köpfige Familie, Vater nimmt nach 6 Monaten BMS-Bezug eine Vollzeitbeschäftigung an Einkommen € 1.000 netto 15% des Nettoeinkommens = € 150 Dieser Betrag liegt aber über der Obergrenze von 17% des Ausgangswertes (= 2010 € 126,50), weshalb der Freibetrag € 126,50 beträgt 1384.- (Mindeststandard Paar+2 Kinder) -873,5.- (anrechenbares Einkommen nach Abzug des Freibetrages) 510,50.- (BMS-Anspruch) + 1000.- (Gehalt) 1510,50.- (Einkommen: Gehalt + Anspruch BMS) 20
Fragen zum Thema Missbrauch 5. Fragen zum Thema Missbrauch Warum ist die BMS missbrauchsfest? »» Unattraktiv wegen umfassendem Vermögenseinsatzes (Bausparer etc.) >> Es besteht die grundsätzliche Verpflichtung, eigenes Einkommen und Vermögen offen zu legen. Wird das Vorhandensein von Einkommen und Vermögen bewusst verheimlicht, können bezogene BMS – Leistungen von der Behörde zurückgefordert werden (Rückerstattungspflichten) >> Mitunter werden auch die Wohnsitzgemeinden um Stellungnahme hinsichtlich der Angaben im Antrag zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ersucht. »» Enge datentechnische Vernetzung zw. BMS-Behörde und AMS (Prüfung der Arbeitswil- ligkeit) »» Sanktionen >> Stufenweise Leistungskürzungen bis zur Hälfte (bei fehlendem Arbeitswillen bzw. der Weigerung an der Teilnahme an Kursmaßnahmen etc…), unter Umständen auch ein völliger Entfall der Leistungen (z.B. bei beharrlicher Arbeitsverweigerung); ABER: Schutz des Wohnbedarfes des Arbeitsunwilligen bzw. des Lebens- und Wohnbedarfes der haushaltszugehörigen Angehörigen; »» Stärkere Anbindung an den Arbeitsmarkt als bisher Warum sollen BezieherInnen einer Mindestsicherung jemals wieder arbeiten gehen wollen? € 744,- monatlich ist kaum weniger als der Mindestlohn. Die BMS ist keine soziale Hängematte »» Es gibt keine „Wahlfreiheit“ zwischen dem BMS – Bezug und der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. »» Jeder erwerbslose, arbeitsfähige BMS – Bezieher muss sich beim AMS als Arbeit su- chend vormerken lassen. »» Eine zumutbare Arbeit muss angenommen werden, sonst gibt es Leistungskürzungen oder sogar einen Entfall (Sanktionen). 21
Fragen zum Thema Missbrauch Abstand der BMS zu Lohnansprüchen »» Löhne werden 14x jährlich ausbezahlt, die Mindestsicherung nur 12x. Vergleicht man die Jahressummen, erhält man schon mit einem sehr niedrigen Gehalt (Mindestlohn) rund 33% mehr. Welche Anreize gibt es für BMS – Bezieher/innen überhaupt, wieder eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen? Wiedereinsteigerinnenfreibetrag »» bei erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Wiederaufnahme einer Erwerbs- tätigkeit nach einem zumindest 6 monatigen BMS – Bezug »» Höhe: Freibetrag zwischen € 52 und € 126,50 (im Jahr 2010) »» Dauer: für die ersten 18 Monate nach dem Einstieg in den Arbeitsmarkt Entfall des Regresses keine Rückzahlung der Sozialhilfe mehr, wenn man wieder ein eigenes Erwerbseinkommen erzielt Wie überprüft das Sozialamt die Einkommens- und Vermögensverhältnisse? »» Es besteht die umfassende Verpflichtung des Hilfesuchenden, eigenes Einkommen und Vermögen offen zu legen. Wird das Vorhandensein von Einkommen und Vermö- gen bewusst verheimlicht, können bezogene BMS – Leistungen von der Behörde zurück- gefordert werden (Rückerstattungspflichten). Bei laufendem Bezug trifft EmpfängerIn- nen die Pflicht, sämtliche Änderungen, die für den Bezug relevant sind, unverzüglich mitzuteilen, damit die Leistung neu bemessen werden kann. »» Mitunter werden auch die Wohnsitzgemeinden um Stellungnahme hinsichtlich der Angaben im Antrag zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ersucht. »» Des Weiteren finden sich in den Gesetzen durchwegs auch Auskunftspflichten der Dienstgeber, der Sozialversicherungsträger und des AMS. »» Erstmalig wird es eine datentechnische Vernetzung zw. den Sozialämtern und dem AMS geben, im Rahmen derer die Sozialämter tagesaktuell auf die Datenbestände ihrer LeistungsempfängerInnen zugreifen können. »» Eine Überprüfung bei den Banken, ob Sparbücher etc. vorhanden sind, scheitert am Bankgeheimnis. 22
Fragen zum Thema Ausbildung 6. Fragen zum Thema Ausbildung Können auch StudentInnen BMS beziehen? Alle arbeitsfähigen AntragstellerInnen müssen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, um eine BMS beziehen zu können. Dies kann jedoch im Falle eines Studiums nicht ange- nommen werden. Zur Unterstützung von Studierenden sollen weiterhin die Leistungen aus dem Studienför- derungsgesetz 1992 (StudFG) wie z. B. die Studienbeihilfe dienen. Ich möchte mich weiterbilden. Ist die BMS eine Alternative zur Bildungskarenz? Kann ich meine Berufstätigkeit freiwillig unterbrechen, eine Ausbildung beginnen und während- essen BMS beziehen? BMS-BezieherInnen müssen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Eine Weiterbildung, die keine Erwerbstätigkeit ermöglicht, kann nicht über die BMS finanziert werden. Wird es überhaupt Fälle geben, in denen während einer Ausbildung BMS gewährt werden kann? Ja. Personen, die in einer Erwerbs- oder Schulausbildung stehen, die sie bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen haben und zielstrebig verfolgen, müssen ihre Arbeitskraft nicht einsetzen. Sie können unter Umständen eine BMS beziehen. Ein Studium ist keine Erwerbs- oder Schulausbildung und deshalb auch keine Ausnahme von der Verpflichtung zum Einsatz der Arbeitskraft. Auch dann nicht, wenn es vor Vollendung des 18. Lebensjahres begonnen wurde. Mein Sohn ist 21 Jahre alt und hat eine HAK Matura absolviert. Er möchte jetzt in eine eigene Wohnung umziehen. Bekommt er eine BMS, wenn er keinen Job findet und sich nicht selbst erhalten kann? Ihr Sohn muss sich jedenfalls beim AMS als arbeitsuchend vormerken lassen und jede zumutbare Arbeit annehmen. Die BMS kommt nur dann in Frage, wenn er keine anderen Einkünfte hat, die insgesamt für seinen Lebensunterhalt ausreichen (z.B. Arbeitslosengeld, Einkünfte aus einer geringfügigen Beschäftigung, etc…). Die BMS ist das letzte Mittel. Alle arbeitsfähigen AntragstellerInnen müssen sich um einen Arbeitsplatz bemühen. 23
Raum für notizen Kann ich während des BMS – Bezuges geringfügig „dazuverdienen“? Grundsätzlich nicht. Im Gegensatz zur Notstandshilfe werden auch Einkünfte aus einer geringfügigen Tätigkeit angerechnet. ABER: es gibt einen Wiedereinsteiger/innenfreibetrag: »» bei erstmaliger Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder Wiederaufnahme einer Erwerbs- tätigkeit nach einem zumindest 6 monatigen BMS – Bezug »» Höhe: Freibetrag zwischen € 52,08 und € 126,48 (im Jahr 2010) »» Dauer: für die ersten 18 Monate nach dem Einstieg in den Arbeitsmarkt GENERELL GILT: Für einen BMS – Bezug wird der optimale Einsatz der Arbeitskraft gefordert. Die Behörde wird sich mit der Frage auseinandersetzen, warum Sie nur geringfügig tätig sind. 7. Raum für notizen 24
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