Bedrohungsmanagement im Kanton Glarus - Von der Idee über das Projekt zur Realisierung - Schweizerisches Polizei ...
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BEDROHUNGSMANAGEMENT IM KANTON GLARUS Bedrohungsmanagement im Kanton Glarus Von der Idee über das Projekt zur Realisierung Sandro Magni Kantonspolizei Glarus Chef Regionalpolizei Schwere Gewaltdelikte im öffentlichen und privaten Schwere Gewaltdelikte im öffentlichen und priva- Bereich gehören zunehmend zum Alltag. Mit einer me- ten Bereich sowie Drohungen gegen Angestellte der thodisch strukturierten Zusammenarbeit zwischen ver- Verwaltung gehören zunehmend zum Alltag. Beson- schiedenen Fachstellen und der Polizei könnten solche ders tragische und medial bekannte Fälle sind die Ereignisse gemäss heutigen Erkenntnissen vielfach im Amokläufe von Zug (Friederich L./2001), Biel (Peter Vorfeld erkannt, besser eingeschätzt und deshalb viel Hans K./2010), Pfäffikon/ZH (Shani S./2011) oder eher verhindert werden. Bei den Glarner Amtsstellen Menznau (Viktor B./2013). Mit einer methodisch und anderen Institutionen wurde der Umgang mit In- strukturierten Zusammenarbeit zwischen verschie- formationen über potenzielle Gewalttäter oder sich an- denen Fachstellen und der Polizei könnten solche bahnende Gewalteskalationen unterschiedlich gehand- Ereignisse gemäss heutigen Erkenntnissen vielfach habt. Es bestanden keine Konzepte oder Strukturen und im Vorfeld erkannt, besser eingeschätzt und deshalb ein systematisches Vorgehen war nicht definiert. Die viel eher verhindert werden. Im Kanton Glarus er- Kantonspolizei stiess bei komplexeren Fällen schnell an folgte bis vor Kurzem kein entsprechend strukturier- die Grenzen des Datenschutzes, aber auch des Fachwis- tes Vorgehen hinsichtlich möglicher Gewalttaten. sens. Aufgrund dieser unklaren und unstrukturierten Innerhalb der Glarner Amtsstellen und anderen Ausgangslage setzte der Regierungsrat im Frühling 2015 Institutionen wurde der Umgang mit Informationen eine Projektgruppe zur Erarbeitung eines Kantonalen über potenzielle Gewalttäter, Querulanten mit mög- Bedrohungsmanagements (KBM) ein. Die Strukturen lichem Gefahrenpotenzial oder andere sich anbah- und Prozesse wurden definiert und das Polizeigesetz nende Gewalteskalationen unterschiedlich gehand- auf die Bedürfnisse des KBM angepasst. In den betrof- habt. Es bestanden keine Konzepte oder Strukturen fenen Amtsstellen und Institutionen wurden Ansprech- für dieses Phänomen und ein systematisches Vorge- personen ausgebildet. Bei der Kantonspolizei Glarus hen war somit nicht definiert. Wenn Meldungen er- wurde eine Fachstelle KBM aufgebaut und es wurde ein stattet wurden, gelangten diese in der Regel in sehr interdisziplinäres Kernteam gebildet. Nach rund zehn unterschiedlicher Qualität zur Kantonspolizei. Monaten kommen wir zur Erkenntnis, dass sich die ge- Wiederholt muss festgestellt werden, dass es mit wählten Strukturen und Prozesse bewährt haben. Die den zur Verfügung stehenden Informationen sehr elementaren Komponenten eines KBM, die interdiszip- schwierig oder gar unmöglich war, eine fundierte linäre Zusammenarbeit sowie die Vernetzung der Amts- Einschätzung vorzunehmen. Informationen über stellen greifen. Betroffene Personen sind nicht mehr auf einzelne Personen und deren Gesamtsituation konn- sich alleine gestellt. Sie kennen ihre Ansprechpersonen ten aufgrund des Amts- resp. Berufsgeheimnisses und Möglichkeiten, wenn sie mit bedrohlichem Verhal- nicht eingeholt werden. Die Kantonspolizei stiess ten konfrontiert sind. Eine strukturierte, effiziente und bei komplexeren Fällen schnell an die Grenzen des professionelle Fallbearbeitung ist nun möglich. Dies Datenschutzes, aber auch des Fachwissens. Als wei- schafft Sicherheit, schont aber gesamtheitlich gesehen tere Schwierigkeit zeigte sich die Umsetzung von auch klar Ressourcen. verhältnismässigen und geeigneten Massnahmen mit anschliessender Fallbegleitung, sofern die er- folgte Einschätzung solche verlangten. Die Kantons- polizei kann zeitlich nur sehr beschränkt sichernde 54 format magazine no 7
BEDROHUNGSMANAGEMENT IM KANTON GLARUS Massnahmen treffen, welche meist bei Akutfällen Bedarf- und Interessensabklärung angewandt werden. Für umfassende und fallbeglei- Als erstes sollte abgeklärt werden, ob im Kanton tende Massnahmen sind andere Stellen wie z.B. die Glarus Bedarf und Interesse an einem Bedrohungs- Staatsanwaltschaft, die Kindes- und Erwachsenen- management vorhanden waren. Weiter interessierte, schutzbehörde (KESB), psychiatrische Dienste oder in welcher Form es eingeführt werden könnte und die Bewährungshilfe zuständig. Wenn diese Stellen welche Anpassungen dafür notwendig wären. aber nicht von Anfang an miteinbezogen waren und Deshalb stellten sich folgende Fragen: somit gemeinsam an einer Lösung arbeiteten, erwies 1. Wie oft sind die Verwaltungen/Institutionen mit sich dies oftmals als problematisch. Gewalt- oder Suizidandrohungen oder Andeu- Diese nicht klare und unstrukturierte Ausgangsla- tungen solcher Art im Alltag konfrontiert? ge im Kanton Glarus sowie Gespräche mit verschie- 2. Wie sieht der heutige Stand betreffend Informa- denen Entscheidungsträgern anderer Amtsstellen tionsweitergabe bei Verdacht auf Gewalteskala- gaben im Jahr 2013 den Ausschlag dazu, den Auf- tion aus? bau eines Bedrohungsmanagements für den Kanton 3. Welche Bedürfnisse sind bei den Verwaltungen/ Glarus im Rahmen einer Seminararbeit CAS FIP zu Institutionen betreffend Verhinderung von Ge- prüfen (Magni 2014). walteskalation vorhanden und wie steht es um In einigen Kantonen und Städten waren damals die Bereitschaft, an einem Bedrohungsmanage- Bedrohungsmanagements in Abklärung, im Aufbau ment aktiv mitzuarbeiten? oder bereits eingeführt. Die Modelle unterschieden 4. Welches ist die richtige Stelle, um ein Bedro- sich je nach Kantons- resp. Verwaltungsstruktur. hungsmanagement operativ zu führen und die Aufgrund der gut adaptierbaren Struktur orientierte Daten zu halten? man sich damals am Bedrohungsmanagement des 5. Welche Rechtsgrundlagen bezüglich Datenbe- Kantons Solothurn, welches per 1. Januar 2013 ein- arbeitung und -weitergabe bestehen und wären geführt worden war. Gesetzesrevisionen notwendig? Bedrohungsmanagement als Möglichkeit zu Die durchgeführten Umfragen und Einzelgespräche strukturiertem und vernetztem Vorgehen ergaben, dass beinahe alle Amtsstellen und Insti- (gemäss Institut für Psychologie und Bedro- tutionen mit verschiedensten Formen von Drohun- hungsmanagement): gen oder Gewalteskalationen konfrontiert waren. Hinter dem psychologischen Bedrohungsmanagement steht die Einige Stellen waren bedingt durch ihre Aufgabe Erkenntnis, dass schweren Gewalttaten nahezu immer erkennba- oder die zu betreuende Kundschaft mehr damit re Warnsignale vorausgehen. Hierbei handelt es sich um spezifi- konfrontiert als andere. Jede/-r Angestellte oder die sche Verhaltensmuster, die eine stufenweise Entwicklung hin zu Amtsstelle waren aber mehrheitlich für sich alleine einem Gewaltakt charakterisieren. Unterschiedliche Deliktsfor- betroffen und versuchten, das Problem meistens ei- men wie Tötungsdelikte durch Intimpartner, Amok oder Gewalt genständig zu lösen. am Arbeitsplatz weisen dabei jeweils charakteristische Hand- Eine Minderheit ging Diese nicht klare und unstruk- lungsmuster auf. Beim psychologischen Bedrohungsmanagement systematisch und mit turierte Ausgangslage im Kanton geht es also zunächst darum, potenziell risikobehaftetes Verhal- dem erforderlichen Glarus [...] gab im Jahr 2013 den ten zu erkennen. Im zweiten Schritt wird die auffällige Person Fachwissen vor. Ver- Ausschlag dazu, den Aufbau eines mit speziellen Analyse-Instrumenten eingeschätzt und es wird einzelt wurden Anzei- Bedrohungsmanagements für den geprüft, inwieweit ein Risiko vorhanden ist und falls ja, wie hoch gen erstattet. Solange Kanton Glarus [...] zu prüfen. dieses ist. Im dritten Schritt arbeiten Fachleute verschiedener Dis- nichts passierte, funk- ziplinen daran, das Risiko zu entschärfen. Häufig erfolgt dabei tionierte dieses Vorgehen gut. Für ständig schwe- eine Grenzziehung in Kombination mit Unterstützungsangeboten lende Konflikte fühlte sich niemand so richtig zu- für die bedrohliche Person. Psychologisches Bedrohungsmanage- ständig und keine Amtsstelle hatte den Überblick. ment ist ein fortlaufender Prozess, der berücksichtigt, dass das Der Tatsache, dass ein Risiko immer dynamisch ist Risiko immer dynamisch ist und sich stets verändert. Deshalb sind und sich stets verändert, wurde zu wenig Beach- Analyse und Fallmanagement grundsätzlich fallbegleitend ausge- tung geschenkt. Diese Situation verlangte nach ei- richtet. (I:P:Bm 2017) nem Präventivkonzept. format magazine no 7 55
BEDROHUNGSMANAGEMENT IM KANTON GLARUS Es war beinahe ausnahmslos allen Amtsstellen ein Ausserdem erleichtert eine klare Bestimmung die Anliegen, dass im Kanton Glarus ein vernetztes und Anwendung bzw. die Beurteilung der Verhältnismäs- standardisiertes Vorgehen für den Umgang mit Dro- sigkeit durch die Behörden. hungen oder Gewalteskalationen eingeführt wird. Rund die Hälfte der Amtsstellen war auch dazu Projekt bereit, aktiv in Form von Ansprechpersonen in den Im Frühling 2015 setzte der Regierungsrat eine Pro- Ämtern oder durch die Weitergabe von Informati- jektgruppe zur Erarbeitung eines Kantonalen Be- onen mitzuarbeiten. Es war also gesamtheitlich ein drohungsmanagements (KBM) ein. Die Kantonspo- wirkliches Bedürfnis sowie eine hohe Bereitschaft lizei wurde mit der Projektleitung beauftragt. Die zur Mitwirkung vorhanden – zwei wichtige Grund- Projektgruppe bestand aus Kaderangehörigen der voraussetzungen, um ein Bedrohungsmanagement Staats- und Jugendanwaltschaft, der Justiz, der KESB, erfolgreich einführen zu können. der kantonalen Aufsichtsstelle für Datenschutz, der Die Mehrheit der befragten Amtsstellen befand, Psychiatrie des Kantonsspitals, der Volksschule und dass die Polizei die rich- Sport, der sozialen Dienste und der Kantonspolizei Für das Betreiben eines funkti- tige Stelle für die opera- Glarus. Somit war gewährleistet, dass alle relevanten onierenden Bedrohungsmanage- tive Führung eines Be- Stellen bereits in die Projektarbeit involviert waren ments ist die Möglichkeit des drohungsmanagements und sich entsprechend einbringen konnten. Daten- bzw. Informationsaus- ist. Dies weil es sich um Die Projektarbeit wurde in folgende Teilbereiche tausches zwischen den betroffenen eine präventive Tätigkeit gegliedert: zur Gewährleistung der • Schaffen der kantonalen Rechtsgrundlagen für Amtsstellen wesentlich. öffentlichen Sicherheit das KBM und Ordnung und zur Verhinderung von Straftaten • Festlegen der Strukturen und Prozesse handelt, wofür die Polizei per Gesetz zuständig ist. • Bestimmen und Ausbilden der Ansprechperso- nen und des Kernteams Rechtliche Grundlagen • Implementieren der Instrumente für die Risiko- Für das Betreiben eines funktionierenden Bedro- analyse hungsmanagements ist die Möglichkeit des Daten- In einer Subarbeitsgruppe wurde die Revision des bzw. Informationsaustausches zwischen den betrof- Polizeigesetzes mit den drei nachfolgend aufgeführ- fenen Amtsstellen wesentlich. Hierfür braucht es ten Gesetzesartikeln erarbeitet, welche den Ansprü- jedoch entsprechende Rechtsgrundlagen. Charak- chen des KBM genügten. teristisch für das Bedrohungsmanagement bzw. das Art. 14a Fallmanagement zur Verhinderung von Gewalttaten Gefährderansprache durch frühzeitiges Erkennen von bedrohlichem Ver- 1 Die Kantonspolizei darf Personen, bei denen hinreichen- halten ist, dass präventiv oder eben frühzeitig Mass- de Anzeichen für eine erhöhte Gewaltbereitschaft gegen Dritte nahmen eingeleitet werden. Dies bedingt, dass ins- vorliegen, auf ihr Verhalten aufmerksam machen, sie über die besondere Meldungen und nähere Analysen nicht Rechtslage sowie die Folgen von deren Missachtung informieren erst dann möglich sind, wenn eine Gefahr unmittel- und entsprechend ermahnen. bar droht. Die Schwelle der Datenbearbeitung beim Art. 32b Bedrohungsmanagement ist somit zeitlich nach vor- Datenbearbeitung von gewaltbereiten Personen ne verschoben. Weil es hier oft um besonders schüt- 1 Öffentliche Organe gemäss Artikel 2 Absatz 1 des Daten- zenswerte Personendaten geht, erwies es sich als schutzgesetzes dürfen der Kantonspolizei Personen melden, bei problematisch, die Handlungen nur auf die üblichen denen Anzeichen für eine Gewaltbereitschaft gegen Dritte vor- Datenbekanntgabenormen und den ebenso allge- liegen. Dieses Melderecht gilt auch für Inhaber einer Berufsaus- meinen polizeigesetzlichen Aufgabenkatalog zu übungsbewilligung gemäss Gesundheitsgesetz. stützen. Wegen der beim Bedrohungsmanagement 2 Die Kantonspolizei prüft die bei ihr eingehenden Meldungen. erfolgenden Verschiebung der Eingriffsmöglichkeit Hierzu dürfen, soweit notwendig, Personendaten, einschliesslich in das Gefahrenvorfeld war es deshalb angezeigt, besonders schützenswerter Personendaten, bearbeitet und mit eine konkrete Rechtsgrundlage zu schaffen, die den weiteren Stellen zur fachübergreifenden Konsultation ausge- Ansprüchen der Voraussehbarkeit wirklich genügt. tauscht werden. 56 format magazine no 7
BEDROHUNGSMANAGEMENT IM KANTON GLARUS 3 Liegen hinreichende Anzeichen für eine erhöhte Gewaltbe- funden und ausgebildet werden konnten. Die Mit- reitschaft gegen Dritte vor, ergreift die Kantonspolizei die erfor- glieder der Fachstelle KBM und die ständigen Mit- derlichen Massnahmen. Sie kann insbesondere potenzielle Opfer glieder des Kernteams wurden während fünf Tagen informieren. Die Rechte des Gefährders sind soweit als möglich durch Fachspezialisten ausgebildet. zu wahren. 4 Ergibt die Prüfung, dass es bei der gemeldeten Person an 2HU[VUHSL(T[ZZ[LSSLU .LYPJO[L (UZWYLJOWLYZVULU (UZWYLJOWLYZVULU hinreichenden Anzeichen für eine erhöhte Gewaltbereitschaft NLZJO\S[M Y,YZ[IL\Y[LPS\UN NLZJO\S[M Y,YZ[IL\Y[LPS\UN gegen Dritte fehlt, werden die über sie erhobenen Personendaten 2HU[VUZZWP[HS .LTLPUKLU gelöscht. (UZWYLJOWLYZVULU (UZWYLJOWLYZVULU Art. 34a NLZJO\S[M Y,YZ[IL\Y[LPS\UN NLZJO\S[M Y,YZ[IL\Y[LPS\UN Arbeitsgruppe Erkennung -HJOZ[LSSL2)4 /OLYLZ:JO\S^LZLU 2HU[VUZWVSPaLP =VSRZZJO\SLU 1 Der Regierungsrat setzt eine fachübergreifende Arbeitsgrup- (UZWYLJOWLYZVULU 2LYU[LHT (UZWYLJOWLYZVULU NLZJO\S[M Y,YZ[IL\Y[LPS\UN 0U[LYKPZaPWSPUpY NLZJO\S[M Y,YZ[IL\Y[LPS\UN pe ein, welche die Kantonspolizei bei der frühzeitigen Erkennung von Gewalttaten unterstützt und begleitet. Abb. 1: Struktur KBM Glarus Die beantragte Polizeigesetzesrevision durchlief alle üblichen Instanzen wie die vorberatende Kom- Für die strukturierte und fundierte Risikoeinschät- mission, das Parlament und schliesslich die Volksab- zung kommen unterschiedliche Modelle und Instru- stimmung im Mai 2016, welche im Kanton Glarus mente zur Anwendung. Die Mitarbeitenden der Fach- immer noch an der Landsgemeinde erfolgt, mit gro- stelle KBM wurden an DyRiAS, dem JACA-Modell sser Befürwortung. (de Becker 2001), dem Stufenmodell (Calhoun und Wie bereits erwähnt, erschien die Struktur des Weston, 2003) und der Typologie von Warnverhalten KBM Solothurn auch für den Kanton Glarus sehr (Guldimann, Hoffmann, Meloy 2013) ausgebildet. geeignet. In allen betroffenen Amtsstellen und Ins- titutionen der kantonalen Verwaltung und der Ge- -LZ[Z[LSS\UNILZVUKLYLY =VYRVTTUPZZL 5V[MHSS meinden wurden Ansprechpersonen in der «Bedro- hungs-Thematik» mit einem einmaligen Aufwand 4LSK\UNHU von zwei Tagen ausgebildet. Die Aufgabe dieser (UZWYLJOWLYZVU Ansprechpersonen ist die erste Beurteilung/Ein- (UZWYLJOWLYZVUZJOH\[ )L\Y[LPS\UNHR\[ schätzung von Bedrohungsereignissen in der betref- 2LPUL4HZZUHOTLILLUKLU OPU\UKIL\Y[LPS[ 4LSK\UNHU7VSPaLP fenden Amtsstelle, die Beratung/Betreuung des be- -HSSM Y(T[ZJOLM troffenen Mitarbeitenden und der Entscheid, ob der 4LSK\UNHU-HJOZ[LSSL (UOHUK4LSK\UN 2)4 :64(K\YJOKPL7VSPaLP Fall aufgrund seiner Qualität in standardisierter Form der kantonalen Fachstelle Bedrohungsmanagement 2LUU[UPZUHOTL )L\Y[LPS\UN(R\[ZP[\H[PVU! )L\Y[LPS\UNPT 2LPUL4HZZUHOTL 7VSPaLPPUMVYTPLYLU\UK zu melden ist. Die Fachstelle Bedrohungsmanage- ILLUKLU 2)42LYU[LHT ^LP[LYLZ=VYNLOLUILZWYLJOLU ment wurde als neue Aufgabe bei der Kantonspo- lizei Glarus angesiedelt. Diese prüft die Fälle und -HSSM Y(T[ZJOLM -HSSM Y2)42LYU[LHT stellt (falls notwendig) zur Beurteilung ein Kernteam (UHS`ZL -HSSTHUHNLTLU[ zusammen. Das Kernteam besteht aus ständigen 4HZZUHOTLU 2HWV:6\UK2HWV.3 Mitgliedern der Staatsanwaltschaft, KESB, Psychia- Abb. 2: Prozesse KBM trie und Kantonspolizei. Situativ kann das Kernteam mit Fachleuten aus anderen Amtsstellen/Institutio- Realisierung und erste Erfahrungen nen ergänzt werden. Die erforderlichen Personen waren bestimmt und aus- Zur Rekrutierung von geeigneten Ansprechper- gebildet. Die Strukturen und Prozesse waren definiert. sonen wurde nach dem Top-down-Verfahren vor- Das revidierte Polizeigesetz trat per 1. Januar 2017 gegangen, d.h. die Informationen wurden von den in Kraft und so nahm das KBM Glarus die operative zuständigen Regierungsräten an ihre Departemente Tätigkeit auf. und Hauptabteilungen weitergeleitet. So war ge- Nach den ersten zehn Monaten kommen wir zur währleistet, dass innert Kürze 30 Ansprechpersonen Erkenntnis, dass sich die gewählten Strukturen und in den betroffenen Amtsstellen und Institutionen ge- Prozesse bewährt haben. Anfänglich gelangten Mel- format magazine no 7 57
BEDROHUNGSMANAGEMENT IM KANTON GLARUS dungen noch in nicht genügender Qualität zur Fach- Fälle konnten mit einer Verhaltensempfehlung an stelle KBM und die Ansprechpersonen nahmen ihre die Meldestelle zurückgegeben werden. In Elf Fällen Filterfunktion eher zögerlich wahr. Dies konnte aber war ein aktives Fallmanagement angezeigt, welches fortlaufend korrigiert werden. Die Fachstelle KBM in Zusammenarbeit mit geeigneten Amtsstellen/Ins- wird aber nicht nur aufgrund von Meldungen aktiv, titutionen oder Personen aus dem privaten Umfeld sondern agiert auch proaktiv. Sie prüft beispielswei- umgesetzt wird. se in Fällen von häuslicher Gewalt den Sachverhalt und führt eine Ersteinschätzung durch. Ein klarer Fazit Mehrwert ist, dass Meldungen und Informationen Elementare Komponenten bei einem KBM sind die nun an einer Stelle zusammenlaufen und es dadurch interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Vernetzung erst möglich wird, ein umfassendes und realistisches innerhalb der Amtsstellen/Institutionen und klare Bild über eine Situation zu Zuständigkeiten. Im Kanton Glarus wurde ein Modell Die Fachstelle KBM wird nicht erhalten. Sofern aufgrund realisiert, welches diesen Komponenten Rechnung nur aufgrund von Meldun- der Ersteinschätzung an- trägt. Weiter findet eine fortlaufende Sensibilisierung gen aktiv, sondern agiert auch gezeigt, hat sich die Ge- der Thematik in den Ämtern und Institutionen statt. proaktiv. fährderansprache als sehr Betroffene Personen sind nicht mehr auf sich allei- gutes Instrument erwiesen. ne gestellt. Sie kennen ihre Ansprechpersonen und Sie bietet die Möglichkeit, die als bedrohlich wahrge- Möglichkeiten, wenn sie mit bedrohlichem Verhal- nommene Person mit ihrem Verhalten zu konfrontie- ten konfrontiert sind oder eine mögliche Gewaltes- ren, dabei ihre Beweggründe zu erfahren und diese kalation erkennen. Im Unterschied zu Zeiten vor der zu verstehen, aber auch klare Grenzen zu setzen und Einführung des KBM ist heute eine strukturierte, ef- gegebenenfalls Vereinbarungen zu treffen. Seit dem fiziente und professionelle Fallbearbeitung möglich. 1. Januar 2017 wurden der Fachstelle KBM insgesamt Dies schafft Sicherheit und schont gesamtheitlich 21 Meldungen erstattet. In all diesen Fällen konnte gesehen auch klar Ressourcen. aufklärend und entschärfend gewirkt werden. Zehn Literaturverzeichnis Calhoun, Frederick S. & Weston, Stephen W., Contemporary Magni, Sandro, Bedrohungsmanagement für den Kanton Glarus, Threat Management: A Practical Guide for Identifying, Assessing, Seminararbeit CAS FIP, Neuchâtel: Schweizerisches Polizei-Institut/ and Managing Individuals of Violent Intent, San Diego: Specialized Hochschule Luzern, 2014. Training Services, 2003. Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement (I:P:Bm), de Becker, Gavin, Mut zur Angst: Wie Intuition uns vor Gewalt «Was ist psychologisches Bedrohungsmanagement», [Darmstadt]: schützt, Frankfurt am Main: Fischer, 2001. I:P:Bm, 2017. Verfügbar unter http://www.i-p-bm.com/home/ Guldimann, Angela, Hoffmann, Jens & Meloy, J. Reid, «Eine psychologisches-bedrohungsmanagement.html. Einführung in die Warnverhalten Typologie» in Hoffmann, Jens, Karoline Roshdi, Rudolf von Rohr (Hrsg.), Bedrohungsmanagement: Projekte und Erfahrungen aus der Schweiz, Frankfurt: Verlag für Polizeiwissenschaft, 2013. 58 format magazine no 7
BEDROHUNGSMANAGEMENT IM KANTON GLARUS Résumé La gestion des menaces dans le canton de Glaris au niveau cantonal (Kantonales Bedrohungsmanage- Les actes de violence graves dans un contexte public ment, KBM). Cette démarche a permis de définir les ou privé se font plus fréquents. Selon l’état actuel structures et processus requis et d’adapter la Loi sur des connaissances, une collaboration structurée et la police aux exigences de la KBM, puis de former méthodique entre différents services et la police per- des répondants au sein des unités administratives mettrait souvent une détection précoce, une meil- et institutions concernées. La Police cantonale de leure évaluation et donc une meilleure prévention de Glaris a, quant à elle, mis sur pied un service KBM ces infractions. Dans le canton de Glaris, les autori- et créé un noyau d’experts interdisciplinaires. Après tés et d’autres institutions ne géraient pas de manière dix mois de fonctionnement, elle arrive à la conclu- uniforme les informations liées à des auteurs poten- sion que ces nouvelles structures et ces nouveaux tiels de crimes violents ou à des situations pouvant processus ont fait leurs preuves. Les composantes déboucher sur une escalade de la violence. Il n’exis- essentielles de la KBM, la collaboration interdiscipli- tait pas de concepts ou de structures dédiés et au- naire et la mise en réseau des autorités fonctionnent. cune démarche commune n’était définie. Dans des Les personnes concernées ne sont plus livrées à cas complexes, la Police cantonale a régulièrement elles-mêmes, elles connaissent leurs interlocuteurs atteint certaines limites tant en termes de protection et les possibilités existantes pour réagir à des com- des données que de connaissances techniques. portements menaçants. Le traitement efficace et Cette situation peu claire et non structurée a ame- professionnel des cas résultant de cet état de fait né le Conseil d’État à créer un groupe de projet char- augmente la sécurité et contribue globalement à une gé de la mise en place d’une gestion des menaces gestion plus rationnelle des ressources. Cours ISP – SPI-Kurs – Corso ISP La sécurité dans l’environnement des manifestations sportives (6.10.10.fd) : 1er au 5 avril 2019 Cette formation ISP traite les notions fondamentales et les différentes formes de violence lors de manifestations sportives. Elle encourage également l’échange d’informations entre les spécialistes ainsi que la compréhension entre les différentes sections d’engagements liées aux manifestations sportives. Dans les modules interactifs (workshop), des standards communs aux manifestations sportives en Suisse sont élaborés et définis par les participants. Objectifs : • Création de standards communs pour les manifestations sportives en Suisse • Doctrine d’engagement commune pour les forces de maintien de l’ordre déployées dans le cadre de ce type d’interventions (sportives à risques) • Approfondissement des aspects tactiques, légaux et psychologiques liés au hooliganisme • Échange d’informations et d’expériences entre spécialistes Public-cible : Spécialistes du hooliganisme (spotter / spotter light), chefs d’engagement lors de manifestations sportives, police ferroviaire / CGFR Inscription jusqu’au : 29 janvier 2019 sur www.edupolice.ch format magazine no 7 59
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