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Begleitstudie SBB Green Class - Kurzfassung Henry Martin Henrik Becker Dominik Bucher David Jonietz Martin Raubal Kay W. Axhausen Institut für Kartografie und Geoinformation Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme August 2018
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Verfügbare Daten und Methodik 1 3 Ergebnisse 2 3.1 Kundengruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 3.2 Verkehrsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3.3 CO2 -Emissionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3.4 Nutzertypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 4 Literatur 6
Arbeitsberichte Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme 1369 Begleitstudie SBB Green Class - Kurzfassung Henry Martin, Dominik Bucher, David Henrik Becker, Kay W. Axhausen Jonietz, Martin Raubal IVT IKG ETH Zürich ETH Zürich Stefano-Franscini-Platz 5 Stefano-Franscini-Platz 5 CH-8093 Zürich CH-8093 Zürich Tel: +41-44-633 32 79 Tel: +41-44-633 30 26 Fax: +41-44-633 10 57 Fax: +41-44-633 11 53 axhausen@ivt.baug.ethz.ch mraubal@ethz.ch August 2018 Zusammenfassung Mit der Green Class haben die SBB eines der weltweit ersten grossen Pilotprojekte zu einer multimodalen Mobilitäts-Flatrate durchgeführt. In einer wissenschaftlichen Begleitstudie unter- suchen das IKG und das IVT der ETH Zürich die verkehrlichen und ökologischen Wirkungen dieses Angebots. In einem ersten Schritt wurden dafür die Befragungs- und Bewegungsdaten der Teilnehmer im Detail analysiert und mit Informationen aus dem Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2015 verglichen. Schlüsselwörter Green Class, Mobility as a Service (MaaS), Mobilitätstagebuch, Wirkungsanalyse Bevorzugter Zitierstil Martin, H., H. Becker, D. Bucher, D. Jonietz, M. Raubal und K.W. Axhausen (2018) Be- gleitstudie SBB Green Class - Kurzfassung, Arbeitsberichte Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme, 1369, Institut für Verkehrsplanung und Transportsysteme (IVT), ETH Zürich, Zürich.
Working paper 1369 Begleitstudie SBB Green Class - Kurzfassung Henry Martin, Dominik Bucher, David Henrik Becker, Kay W. Axhausen Jonietz, Martin Raubal IVT IKG ETH Zürich ETH Zürich Stefano-Franscini-Platz 5 Stefano-Franscini-Platz 5 CH-8093 Zürich CH-8093 Zürich phone: +41-44-633 32 79 phone: +41-44-633 30 26 fax: +41-44-633 10 57 fax: +41-44-633 11 53 axhausen@ivt.baug.ethz.ch mraubal@ethz.ch August 2018 Abstract SBB Green Class is one of the first large pilot projects for a multi-modal mobility flat rate. Using the data collected as part of the project, the IKG and IVT at ETH Zurich analyze the ecological and travel behaviour impacts of this service. In a first step, survey and travel diary data was analysed in detail and compared to the 2015 Swiss national household travel survey. This report summarizes the key insights. Keywords Green Class, Mobility as a Service (MaaS), Travel Diary, Impact analysis Preferred citation style Martin, H., H. Becker, D. Bucher, D. Jonietz, M. Raubal and K.W. Axhausen (2018) Begleitstudie SBB Green Class - Kurzfassung, Working paper, 1369, Institute for Transport Planning and Systems (IVT), ETH Zurich, Zurich.
1 Einleitung Das tägliche Verkehrsverhalten ist zu grossen Teilen vorbestimmt durch den Mobilitätswerk- zeugsbesitz, wie zum Beispiel Autos oder ÖV-Abonnemente. Für vergleichsweise hohe Anschaf- fungskosten bieten sie anschliessend Mobilität zu geringen (oder gar keinen) Grenzkosten. Das Ergebnis ist eine Marktsegmentierung in Autofahrer und ÖV-Nutzer Becker et al. (2017), die zu Effizienzverlusten im Verkehrssystem führt. Eine mögliche Lösung hierfür ist das Konzept des Mobility as a Service Mulley (2017), in dem alle Verkehrsmittel integriert angeboten werden, und das ein Pfeiler der Verkehrswende sein kann Boulouchos et al. (2017). Mit der Green Class haben die SBB einen ersten grossen Pilotversuch zu Mobility as a Service durchgeführt. Gegen Zahlung einer Gebühr erhielten die Kunden während eines Jahres ein Generalabonnement 1. Klasse, ein BMW i3 Elektrofahrzeug, einen Parkplatz in Bahnhofsnähe sowie eine Gutschrift für die Nutzung von Mobility Carsharing und PubliBike. Die Besonderheit an diesem Angebot ist, dass es sich um eine Flatrate für Mobilität handelt, bei der fast sämtliche Kosten mit der Abonnementsgebühr abgegolten sind.1 Im Rahmen des Pilotversuchs haben die SBB detaillierte Informationen zum sozio-demographischen Hintergrund, zum täglichen Mobilitätsverhalten sowie zur Nutzung der verschiedenen Ange- botsbestandteile erhoben. Diese werden in einer wissenschaftlichen Begleitstudie am Institut für Kartographie und Geoinformation (IKG) sowie am Institut für Verkehrsplanung und Trans- portsysteme (IVT) der ETH Zürich ausgewertet. Der vorliegende Zwischenbericht fasst erste Resultate dieser Auswertungen zusammen. 2 Verfügbare Daten und Methodik Für die Auswertungen standen vier Datensätze zur Verfügung: • Eingangsbefragung zum sozio-demographischen Hintergrund und Mobilitätswerkzeugbe- sitz • DailyTracks Wegetagebücher mit dem täglichen individuellen Reiseverhalten • Nutzungsdaten des BMW i3 • Nutzungsdaten des Mobility Carsharing Die Auswertungen wurden in zwei Teilen durchgeführt. In einem Teil wird der sozio-demographische Hintergrund der Green Class-Kunden mit einer repräsentativen Stichprobe aus der Schweizer 1 Mit Ausnahme des Stroms zum Aufladen des Elektrofahrzeugs.
Bevölkerung (Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2015 Bundesamt für Statistik (BFS) und Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) (2017)) verglichen. Anschliessend wird ihr allgemeines Verkehrsverhalten mit einer Kontrollgruppe verglichen, um so Rückschlüsse auf die Wirkungen der Green Class zu erhalten. Im zweiten Teil der Auswertungen werden die Wegetagebücher der Green Class-Kunden im Detail analysiert. 3 Ergebnisse 3.1 Kundengruppe Die Green Class Pilotkunden sind eine sehr spezifische Gruppe von gutverdienenden Männern mittleren Alters. Beim Vergleich der Green Class-Kunden mit dem Mikrozensus zeigen sich substanzielle Unterschiede. Green Class-Kunden sind überwiegend Männer (86 %) im Alter von Mitte 30 bis Mitte 50. 91 % der Green Class Kunden arbeiten in Vollzeit (vs. 53 %). Auch deshalb verfügen sie über ein überdurchschnittlich hohes Haushaltseinkommen und Vermögen. Letzteres lässt sich daran ablesen, dass nur 11 % von ihnen zur Miete wohnen (MZMV: 49 %). 70 % der Green Class-Kunden leben in Einfamilienhäusern (MZMV: 39 %), die Haushaltsgrösse unterscheidet sich dabei kaum vom Durchschnitt. Green Class Pilotkunden leben zumeist in der Agglomeration oder auf dem Land und pendeln in die grossen Städte. Besonders interessant ist ein Vergleich der Raumstruktur der Wohn- und Arbeitsorte. Nur ein kleiner Teil der Green Class Kunden wohnt im Agglomerationskern (17 %), obwohl 61 % von ihnen dort arbeiten. Im Mikrozensus ist dieses Verhältnis wesentlich ausgeglichener (31 % zu 45 %). Entsprechend wohnen 59 % der Green Class Kunden an einem Ort mit ÖV-Güteklasse D oder schlechter (44 % im MZMV), aber nur 13 % arbeiten an einem solchen Ort (vs. 29 %). Eine Analyse der Erreichbarkeiten zeigt zudem, dass die Wohnorte von Green Class-Kunden durchschnittlich gut angebunden sind, aber ihre Arbeitsorte überdurchschnittlich gut erreichbar sind. Eine Analyse der Luftliniendistanzen zwischen angegebenen Wohn- und Arbeitsorten zeigt ausserdem überdurchschnittlich lange Pendelwege: Für die Hälfte der Green Class-Kunden liegen Wohn- und Arbeitsorte mehr als 27 km voneinander entfernt, im Mikrozensus liegt der Median bei 5 km.
Green Class Pilotkunden waren bereits zuvor mit überdurchschnittlich vielen Mobilitätswerkzeugen ausgestattet. Es zeigt sich, dass viele Green Class Kunden bereits über ein Generalabonnement (45 % gegenüber 9 %) und über eine Mobility-Mitgliedschaft (20 % vs. 3 %) verfügten. Auch der Besitz an Personenwagen ist deutlich höher: Nicht nur gibt es weniger Haushalte ohne PW (7 % vs. 13 %), auch verfügen diejenigen Haushalte mit Autobesitz öfters auch über mehrere PW. 3.2 Verkehrsverhalten Green Class-Kunden sind sehr viel unterwegs. Green Class-Kunden unternehmen im Schnitt 4.6 Wege pro Tag. Dies sind 12 % mehr als die Kontrollgruppe. Sie legen dabei 97 km zurück, deutlich mehr als die Kontrollgruppe mit 85 km. Zudem legen Green Class-Kunden für alle Wegzwecke längere Distanzen zurück, ganz besonders jedoch für Arbeitswege und Erledigungen. Sie verbringen dafür deutlich weniger Zeit zu Hause, sondern mehr unterwegs, bei der Arbeit oder bei Freizeitaktivitäten. Green Class-Kunden reisen multimodal. Green Class-Kunden zeigen einen überdurchschnittlichen Anteil an multimodalem Reisen. 32 % aller Wege, die mindestens teilweise mit dem Auto durchgeführt wurden, wurden mit dem öffentlichen Verkehr kombiniert; am meisten mit dem Zug (26 %). Bei der Kontrollgruppe liegt der Anteil von multimodalen Auto-Wegen mit insgesamt 9 % deutlich niedriger. Ausserdem weisen Green Class-Kunden eine wesentlich ausgeglichenere Verkehrsmittelnutzung (ÖV / Auto / Langsamverkehr) auf als die Kontrollgruppe. Es gibt kaum Änderungen im Modalsplit; das Elektroauto ersetzt hauptsächlich Fahrten mit dem konventionellen Fahrzeug. Es zeigt sich, dass das Elektrofahrzeug hauptsächlich auf Wegen unter 50 km eingesetzt wird. Teilweise wird es auch für Wege bis 100 km eingesetzt, aber kaum noch für längere Wege. Dennoch wird selbst auf kürzeren Fahrten das konventionelle Auto häufiger genutzt als das Elektrofahrzeug. Eine zweite Erkenntnis lässt sich aus dem Vergleich mit der Kontrollgruppe gewinnen. Hier zeigt sich, dass das Elektrofahrzeug im Wesentlichen einen Ersatz für das konventionelle Auto
Abbildung 1: Entwicklung des Modal Split. 100 80 Percentage per Week 60 40 20 0 48 50 52 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 2 4 Week Number Car E-Car Train Tram Bus Walk Bike E-Bike Coach Boat darstellt, während der Modalsplit des ÖV bei Green Class-Kunden weitestgehend gleich ist wie bei der Kontrollgruppe. Die Beobachtung könnte jedoch auch Folge des hohen a priori Autobesitzes der Green Class-Kunden sein. Mit verstärkter Nutzung des E-Car sinkt der Anteil konventioneller Autofahrten. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung des distanzbasierten Mobilitätsmix aller Nutzer über die Projektlaufzeit. Mit Projektbeginn fällt der Anteil des konventionellen Autos deutlich ab. Über die Projektlaufzeit steigt der Anteil des konventionellen Autos wieder an, erreicht aber nie den Wert von vor Projektbeginn. Das weisst darauf hin, dass sich das Elektroauto im Mobilitätsmix der Nutzer etabliert. Die Anteile der Zugfahrten dagegen verändern sich, ausser zu Ferienzeiten, nur wenig.
Abbildung 2: Absolute Differenz der CO2 Emissionen je Nutzer. 50 Change of average CO2-Emissions (g/km) 25 0 25 50 75 100 125 0 20 40 60 80 100 120 Users (count) 3.3 CO2 -Emissionen Die durchschnittlichen CO2 Emissionen der Nutzer sinken mit Projektbeginn. Ab Projektbeginn um KW 5 sinken die CO2 Emissionen fast aller Nutzer sehr deutlich. Im Verlauf des Projekts (ca. ab KW 14) schwächt sich dieser Effekt jedoch ab. Ein Grund dafür könnte sein, dass manche Nutzer nach dem Ausprobieren des neuen Angebots wieder in alte, auto-zentrierte Gewohnheiten zurückgefallen sind. 3.4 Nutzertypen Die Reduktion der CO2 Emissionen gilt nicht für alle, aber für die grosse Mehrheit der Kunden. Abbildung 2 zeigt die absolute Differenz der durchschnittlichen CO2 -Emissionen in gCO2 /km vor und nach Projektbeginn pro Nutzer.
Kunden mit erhöhtem CO2 -Ausstoss nutzen bereits vor Projektbeginn intensiv die Bahn. Bei Nutzern, die ihren CO2 Ausstoss über die Projektlaufzeit erhöht haben, ist der Anteil an Bahnfahrten an der persönlichen Mobilität vor Projektbeginn sehr hoch. Mit Projektstart erhöht sich der Anteil des Elektroautos an der persönlichen Mobilität, auch auf kosten von Bahnfahrten. Der CO2 Ausstoss dieser Teilnehmer erhöht sich dadurch, bleibt absolut aber auf einem geringen Niveau. Die Bahn bleibt attraktiv für Kunden, die bereits vor Projektbeginn ein GA besassen. Nutzer die bereits vor Projektstart ein GA besassen, verwenden das Elektroauto anstelle des Zugs und anstelle des konventionellen Autos. Die Bahn bleibt aber über die gesamte Projektlaufzeit das dominante Verkehrsmittel. Durchschnittliche Nutzer der Bahn, nutzen das Elektroauto in Kombination mit dem Zug und anstelle des konventionellen Autos. 4 Literatur Becker, H., A. Loder, B. Schmid und K. W. Axhausen (2017) Modeling car-sharing membership as a mobility tool: A multivariate probit approach with latent variables, Travel Behaviour and Society, 8, 26–36. Boulouchos, K., F. Cellina, F. Ciari, B. Cox, G. Georges, M. Hirschberg, D. Jonietz, R. Kannan, N. Kovacs, L. Küng, T. Michl, M. Raubal, R. Rudel und W. Schenler (2017) Towards an Energy Efficient and Climate Compatible Future Swiss Transportation System, SCCER Mobility: ETHZ, PSI, SUPSI, ZHAW. Bundesamt für Statistik (BFS) und Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) (2017) Verkehrsver- halten der Bevölkerung - Ergebnisse des Mikrozensus Mobilität und Verkehr 2015, Bundesamt für Statistik (BFS) und Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), Neuchâtel und Bern. Mulley, C. (2017) Mobility as a services (maas) - does it have critical mass?, Transport Reviews, 37 (3) 247–251.
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