Bei uns - Tafel Deutschland

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Bei uns - Tafel Deutschland
bei uns
DAS TAFEL-MAGAZIN | AUSGABE 2022

                 Aus Menschlichkeit

      HIER UND JETZT                       SCHWERPUNKT                          ENGAGEMENT
 Zusammenhalt ist gefragt          Ein ganz normaler Donnerstag         Fit machen für die Tafel-Leitung
       Leitartikel ­                 Eindrücke aus der Tafel Lübeck ­    Vorbereitung im neuen „ViT-Kurs“

          SEITE 06                              SEITE 16                             SEITE 38
Bei uns - Tafel Deutschland
Inhalt
  STARKE PARTNER                                                                                                                                                                                 Editorial                                    03

  SEIT 15 JAHREN                                                                                                                                                                                 HIER UND JETZT                                     ENGAGEMENT
  LIDL UND DIE TAFELN IN DEUTSCHLAND
                                                                                                                                                                                                 Zusammenhalt ist gefragt                     06   Mit Respekt Freude schenken                         36
                                                                                                                                                                                                 Leitartikel                                        Bundesfreiwilligendienst bei der Tafel Darmstadt

                                                                                                                                                                                                 Solidarität, die Mut und Hoffnung macht      08   Fit machen für die Tafel-Leitung                    38
                                                                                                                                                                                                 Interview mit Jochen Brühl                         Vorbereitung im neuen „ViT-Kurs“

                                                                                                                                                                                                 Kinderarmut in Deutschland                   10   Kreativ die Natur entdecken                         42
                                                                                                                                                                                                 Gastbeitrag von Lisa Paus, Bundesministerin        Fünf Jahre „Tafel macht Kultur“
                                                                                                                                                                                                 für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
                                                                                                                                                                                                                                                    Gemeinsam kochen über Grenzen hinweg                44
                                                                                                                                                                                                                                                    „Tafel is(s)t gesund und nachhaltig“
                                                                                                                                                                                                 SCHWERPUNKT
                                                                                                                                                                                                                                                    Goldene Momente mit Kindern und                     46
                                                                                                                                                                                                 „Wir schaffen das zusammen“                 14   Jugendlichen
                                                                                                                                                                                                 Interview mit Edeltraut Rager                      „Tafel-Bildungschancen“ fördert Chancengleichheit

                                                                                                                                                                                                 Ein ganz normaler Donnerstag                 16   Tafel Jugend mischt sich ein                        48
                                                                                                                                                                                                 Eindrücke aus der Tafel Lübeck                     Kongress der Tafel Jugend in Berlin

                                                                                                                                                                                                 Sichtbar werden                              23   „Zwei Herzen in der Brust“                          50

                                                                                                                                                         GEMEINSAM SIND                          Tafel-Kundinnen und -Kunden kommen zu Wort         Jörg Pilawa, Botschafter für die Tafeln
                                                                                                                                                                                                                                                    in Deutschland
                                                                                                                                                         WIR STÄRKER                             Waren und Wissen austauschen 
                                                                                                                                                                                                 Grenzübergreifende Zusammenarbeit
                                                                                                                                                                                                                                               26
                                                                                                                                                                                                                                                    Tafel wird ausgezeichnet                            51
                                                                                                                                                                                                 mit Tschechien                                     Marion-Dönhoff-Förderpreis 2022 verliehen
                                                                                                                                                         Wir schätzen Lebensmittel wert und
                                                                                                                                                         geben regelmäßig Ware an die Tafel ab   Neue Wege in der Logistik                    30   Ihre Hilfe für unsere Hilfe                         52
                                                                                                                                                                                                 Infrastruktur stärken und digitalisieren           Dank an die Partnerinnen und Partner der
                                                                                                                                                                                                                                                    Tafel Deutschland
                                                                                                                                                         Mit unseren „Kauf-eins-mehr-Aktionen“
                                                                                                                                                                                                 Gemeinsam anpacken                           32
                                                                                                                                                         sammeln wir Waren für die Tafeln
                                                                                                                                                                                                 Sirkka Jendis und Marco Koppe bei der              Mit Pfandspenden Großes bewirken                    56
                                                                                                                                                                                                 Tafel Potsdam                                     Mehr als 3.000 Projekte durch die
                                                                                                                                                         Durch die Lidl-Pfandspende haben die
                                                                                                                                                                                                                                                    Lidl-Pfandspende gefördert
                                                                                                                                                         Tafeln schon über 27 Millionen Euro
                                                                                                                                                         erhalten
                                                                                                                                                                                                                                                    Solidarität über Grenzen hinaus                     58
                                                                                                                                                                                                                                                    Kongress der europäischen Tafeln und
                                                                                                                                                         Wir fördern die Zukunftsfähigkeit der
                                                                                                                                                                                                                                                    Lebensmittelbanken
                                                                                                                                                         Tafeln durch finanzielle Großspenden
                                                                                                                                                         und Expertenwissen

                                                                                                                                                         Dadurch helfen wir regelmäßig über                                                         AUSBLICK
                                                                                                                                                         2 Millionen Menschen in Armut
                                                                                                                                                                                                                                                    30 Jahre Tafel62
                                                                                                                                                                                                                                                    Gemeinsam in die Zukunft blicken
                                                                                                                                                         Mehr auf www.lidl.de/tafel
                                                                                                                                                                                                                                                    Impressum                                           64
Bildnachweis: Tafel Deutschland e.V. / Dagmar Schwelle

                                            Für Druckfehler keine Haftung. Filial-Angebote: Lidl Dienstleistung GmbH & Co. KG, Bonfelder Str. 2, 74206 Bad Wimpfen
                                            Namen und Anschrift der regional tätigen Unternehmen unter www.lidl.de/filialsuche oder 0800 4353361.                    lidl.de/tafel
Bei uns - Tafel Deutschland
Liebe Leserin,
                                                                                lieber Leser,
                                                                                ein Jahr voller Herausforderungen liegt hinter uns. Kaum hatte sich die
                                                                                Corona-Pandemie etwas entspannt, erschütterte uns Russlands Angriffs-
                                                                                krieg auf die Ukraine. Nichts ist mehr so wie zuvor. Die Energiekrise und
                                                                                steigende Inflation treiben immer mehr Menschen in die Armut. Bei den
                                                                                Tafeln hat sich die Zahl der Tafel-Kundinnen und -Kunden um die Hälfte
                                                                                erhöht, Lebensmittelspenden gingen zurück und Aufnahmestopps muss-
                                                                                ten eingeführt werden. 60.000 Aktive leisteten und leisten jeden Tag
                                                                                Unglaubliches für die Menschen, die von Armut ­betroffen sind.
                                                                                     Es ist eine Zeit, in der viele nicht mehr wissen, wie es weitergeht.
                                                                                Gespräche an den Ausgabestellen zeigen: Die Verzweiflung ist groß – aber
                                                                                auch die Solidarität und ­Hilfsbereitschaft. Nicht nur mit den Geflüchteten
                                                                                aus der ­Ukraine, sondern generell mit Menschen, die in Not geraten sind.
                                                                                     Über den wichtigen Beitrag, den die Tafeln für den Zusammenhalt
                                                                                unserer Gesellschaft leisten und wie sie damit auch unsere Demokratie
                                                                                stärken, spricht unser Vorsitzender Jochen Brühl im Interview. Wie sich die
                                                                                Tafeln auch für die Zukunft gut aufstellen können und was das für den
                                                                                Ausbau der Logistik und die Digitalisierung bedeutet, nimmt das
                                                                                Geschäftsführungsteam Sirkka Jendis und Marco Koppe in den Blick. Mit
                                                                                der Einführung einer Kindergrund­sicherung setzt Bundesfamilienminis-
                                                                                terin Lisa Paus ein deutliches Zeichen gegen Kinderarmut und erläutert,
                                                                                warum es strukturelle Veränderungen in der Familienpolitik braucht.
                                                                                     Tafel-Kundinnen und -Kunden erzählen von ihren Lebens­situationen
                                                                                und den tagtäglichen Herausforder­ungen. Wir stellen Tafel-Projekte vor,
                                                                                die armutsbetroffenen Menschen mehr Teilhabe ermöglichen. Helferin-
                                                                                nen und Helfer berichten von ihrer Arbeit und erzählen, was sie ermutigt,
                                                                                weiterzumachen.
                                                                                     2023 werden die Tafeln 30. Auch wenn die Krisen anhalten und die
                                                                                Tafeln vor gewaltigen Fragen stehen, werden sie weiter aktiv bleiben und
                                                                                diesen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisten.

                                                                                Das Redaktionsteam
Unsere gemeinsame Initiative
Tafel-Bildungschancen:
Kinder und Jugendliche stärken                                                    Informieren Sie sich über aktuelle Themen
                                                                                  und Projekte und melden sich für unseren
                                                                                  Newsletter an www.tafel.de/newsletter oder
                                                                                  lesen Sie unseren Blog www.blog.tafel.de.

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                                                                                  ten Einsatz der Tafel-Aktiven!
  Wir helfen dabei, Chancen zu ermöglichen und Zukunftsperspektiven zu geben.
  Als Hauptpartner von Tafel Deutschland und mit dem gemeinnützigen Verein

  menschen-brauchen-menschen.org

                                                                                                                                                              3
Bei uns - Tafel Deutschland
„Am Anfang wollte ich nicht
  zur Tafel, weil ich niemandem
  was wegnehmen wollte. Aber
  durch die ganzen Umstände
  bin ich jetzt hier. Ich bin nun
  mal Hausmann und kaufe
  dann was dazu.“

 Michel, 48, Tafel-Kunde

                                    GEMEINSAM
                                    DURCH
                                    DIE KRISE
                                    Corona, Krieg, Inflation, Energie- und Klimakrise. Die ­Probleme
                                    häufen sich und die Armut in Deutschland befindet sich auf
                                    dem Höchststand. Die Tafeln leben Solidarität, um die Heraus-
                                    forderungen gemeinsam zu bewältigen.
Bei uns - Tafel Deutschland
Hier und jetzt                                                                                                                                         Hier und jetzt

ZUSAMMENHALT
IST GEFRAGT

                                                                                       Gemeinsam zupacken: die Aktiven der Tafel Lübeck   Über 960 Tafeln retten in Deutschland Lebensmittel und geben sie
                                                                                              beim Ausladen gespendeter Lebensmittel.     an armutsbetroffene Menschen weiter.

Inflation, Energiekrise, Krieg, die Armut                       Fünftel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland ist                  Ukraine kommt es zu Problemen bei den Lieferketten,                        der Tonne und geben sie an Menschen mit wenig Geld wei-
                                                                von Armut betroffen. Armut hat weitreichende Konse­                       sodass Regale häufiger leer bleiben. In dieser Kombination                 ter. Mit Wertschätzung und Respekt engagieren sie sich für
auf dem Höchststand – Deutschland ist im
                                                                quenzen, sie wirkt sich negativ auf die Bildungschancen, die              sehen sich viele Tafeln nicht mehr in der Lage, Neukun­                    Menschen, die auf Unterstützung angewiesen sind. Sie tra-
­Krisenmodus. Das stellt auch die Tafeln vor ­große             gesundheitliche Versorgung und die gesellschaftliche Teil-                dinnen und Neu­kunden aufzunehmen.                                         gen damit einen wichtigen Beitrag zum gesellschaft­lichen
Herausforderungen: ­steigende Kundenzahlen,                     habe aus.                                                                         32 Prozent der Tafeln mussten bereits einen Aufnahme-              Zusammenhalt bei und stärken unsere Demokratie. Ihnen
                                                                       Und es steht fest: Die Not wird größer, die Armut steigt           stopp einführen; viele zum ersten Mal in ihrer Geschichte.                 allen gilt ein großes Dankeschön!
weniger Spenden und ­erschöpfte ­Ehrenamtliche.                 weiter. Die Tafeln spüren diese Belastung ganz besonders.                 Ihnen fehlen Lebensmittel und/oder Ehrenamtliche, um                             Neben Dank brauchen Tafel-Aktive und ihre Kundinnen
Neben politischem H
                  ­ andeln sind jetzt Unter­                    Sie sind die Seismografen gesellschaftlicher Entwicklungen.               allen zu helfen, die nach Unterstützung fragen. Um                         und Kunden dringend ganz praktische Unterstützung und
                                                                Seit Jahresbeginn 2022 hat sich die Zahl der Kundinnen und                ­möglichst vielen Menschen Lebensmittel mitgeben zu                        Solidarität. Ob durch Mithilfe bei einer Tafel vor Ort oder
stützung und Solidarität ­gefragt.                              Kunden um rund die Hälfte erhöht. Über zwei Millionen                      ­können, verteilen rund 62 Prozent der Tafeln kleinere                    durch Geld-, Sach- und Lebensmittelspenden. Wer bei der
                                                                armutsbetroffene Menschen sind auf Unterstützung der                        ­Mengen an jeden Haushalt. 17 Prozent haben die Abhol­                   örtlichen Tafel nachfragt, wird erfahren, was dort am
                                                                Tafeln angewiesen – so viele wie nie zuvor.                                  häufigkeit reduziert, sodass Kundinnen und Kunden bei-                  ­meisten fehlt. Die Möglichkeiten, zu helfen, sind vielfältig:
                                                                       Laut einer Erhebung vom Juli 2022 verzeichneten rund                  spielsweise nur noch alle zwei Wochen statt jede Woche zur               Auch im Sportverein oder in Unternehmen können haltbare
                                                                60 Prozent der Tafeln im Jahr 2022 einen Zuwachs ihrer                       Lebensmittelausgabe kommen können.*                                      Lebensmittel gesammelt und der Tafel in der Nähe über-
Erst die Pandemie, jetzt die Energiekrise und die Inflation –   Kundschaft von bis zu 50 Prozent. 22,6 Prozent der Tafeln                         Die angespannte Situation belastet die Tafel-Aktiven                geben werden.
die aktuelle Lage löst in Deutschland bei vielen Menschen       unterstützen bis zu doppelt so viele M  ­ enschen als noch vor               enorm. Viele sind erschöpft und arbeiten an ihrer Belastungs­                 Die enormen Herausforderungen, vor denen wir
Existenzängste aus. Kann ich noch meine Heizkosten, meine       einem halben Jahr. Bei 7,6 Prozent hat sich die Zahl der                     grenze. Hinzu kommt der psychische Druck. Tafel-Aktive                   ­stehen, können nur gemeinsam bewältigt werden. Wir alle
Miete bezahlen? Was kann ich bei den steigenden Preisen         ­Kundinnen und Kunden verdoppelt und bei knapp 9 P     ­ rozent              engagieren sich, weil sie Lebensmittelverschwendung redu-                 können einen Beitrag leisten.
überhaupt noch einkaufen? Wie soll es weitergehen? Wer im        sogar mehr als verdoppelt. Zu den neuen Kund­innen und                      zieren und armutsbetroffene Menschen solidarisch unter-
vergangenen Jahr noch gerade so über die Runden gekom-           Kunden zählen vor allem Geflüchtete aus der Ukraine, aber                   stützen möchten. Zu sehen, dass Hilfen nicht ausreichen und             * Quelle: Tafel-Umfrage Sommer 2022
men ist, kann heute seinen Lebensunterhalt nicht mehr            auch viele Erwerbslose mit Bezug von Arbeitslosengeld I                     dass von den eigentlich verantwortlichen Stellen die nötige
bestreiten. Die Armut in Deutschland ist auf einem trau­         oder II, Erwerbstätige mit geringem Einkommen sowie                         Unterstützung fehlt, ist für viele kaum zu ertragen.
rigen Rekordhoch.                                                ­Rentnerinnen und Rentner.                                                       Es sind schwere Zeiten, die neben politischem Handeln
     Schon im vergangenen Jahr stieg, laut Paritätischem               Gleichzeitig gehen Lebensmittelspenden zurück. Denn                   ein Höchstmaß an Solidarität erfordern. Die Tafeln leben
Armutsbericht 2022, die Armutsquote auf einen Höchst-             auch die Supermärkte reagieren auf die Krise, indem sie                    Solidarität, jeden Tag. 60.000 Tafel-Aktive in über 960 Tafeln          Die Kontaktdaten der Tafeln finden Sie
stand von 16,6 Prozent. Bei Kindern und Jugendlichen liegt        ­Einkäufe besser planen und Waren mit kurzer Haltbarkeit                   in Deutschland retten gute, genießbare Lebensmittel vor                 hier.
die Armutsquote sogar bei 20,8 Prozent. Das bedeutet, ein          häufig selbst günstig verkaufen. Durch den Krieg in der

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Bei uns - Tafel Deutschland
Hier und jetzt                                                                                                                 Hier und jetzt

SOLIDARITÄT,
                                                                                                                                       Auf diese Situation traf dann der russische Angriffs-           Welche Rolle können die Tafeln denn einnehmen
                                                                                                                                       krieg auf die Ukraine. Am 24. Februar 2022 veränderte           in dieser Krise?
                                                                                                                                       sich noch mal alles.
                                                                                                                                                                                                       Ich denke, dass Tafel-Arbeit per sé politisch ist. Das wird in

DIE MUT UND
                                                                                                                                       Ein Krieg auf europäischem Boden, nicht weit von uns ent-       Krisen, auch schon während der Pandemie, deutlicher als je
                                                                                                                                       fernt, relativiert selbst die Pandemie und ihre Folgen. Das     zuvor. Ich meine damit nicht, dass wir parteipolitisch sind.
                                                                                                                                       Ausmaß der Not hat alles bisher für uns Vorstellbare über-      Aber wir können nicht so tun, als könnten wir uns nicht in
                                                                                                                                       troffen. Nicht wenige Tafeln hatten von einem auf den           Debatten einmischen. Unsere Helferinnen und Helfer, wir
                                                                                                                                       anderen Tag doppelt so viele hilfesuchende Menschen vor         alle, werden zu Fürsprechern armutsbetroffener Menschen,

­HOFFNUNG MACHT
                                                                                                                                       der Tür stehen. Teils standen dort Hunderte geflüchtete         und wir werden nicht müde, politische Lösungen zu fordern
                                                                                                                                       Frauen mit ihren Kindern, ohne sich verständigen zu             für eine echte Armutsbekämpfung. Wir stehen als
                                                                                                                                       ­können, ohne das Tafel-System zu kennen, plus immer            ­engagierte Zivilgesellschaft in dieser großen Krise bereit
                                                                                                                                        mehr Menschen, die die Preise für Lebensmittel und Energie      und reichen dem Staat die Hand, aber wir können nicht
                                                                                                                                        einfach nicht bezahlen können.                                  allein gelassen oder als letzte Anlaufstelle behandelt wer-
                                                                                                                                                                                                        den, wenn der Staat nicht schnell und entschieden handelt.
                                                                                                                                       Die Tafeln hatten das 2015 und 2016 schon ein-
                                                                                                                                       mal e­ rlebt, als viele Geflüchtete aus Syrien zu uns           Wie erleben Sie denn die Stimmung in den Tafeln
                                                                           Jochen Brühl, Vorsitzender der Tafel Deutschland,           ­gekommen sind …                                                im Land, bei den Helferinnen und Helfern?
                                                      erzählt im Interview, wie es den Tafeln angesichts wachsender Heraus-
                                                                                                                                       … man hatte zum Kriegsbeginn eine Art Déjà-vu, es gab rela-     Ich glaube, dass die Menschen, die bei uns helfen, ganz
                                                             forderungen geht und welche Rolle sie in der Krise einnehmen.
                                                                                                                                       tiv schnell eine große Lebensmittelknappheit, Chaos bei den     unmittelbar verstehen, dass Armut eine existenzbedroh­
                                                                                                                                       Behörden. Das Gefühl war bei den Tafeln wieder da, allein       liche Energie hat. Wir dürfen nicht vergessen, dass ja auch
                                                                                                                                       gelassen zu werden und sogar benutzt zu werden als Ersatz       unsere Helferinnen und Helfer selbst von der aktuellen
                                                                                                                                       für Hilfen, die eigentlich der Staat leisten muss. Zu uns       Krise betroffen sind, vielleicht finanzielle Sorgen haben
                                                                                                                                       kamen und kommen teilweise immer noch Menschen aus              oder ihren Lebensstandard runterfahren müssen. Ich habe
                                                                                                                                       der Ukraine, die von den Behörden weggeschickt und statt­       das Gefühl, dass die Menschen insgesamt empathischer
                                                                                                                                       dessen an die Tafeln verwiesen werden. Hier macht uns der       werden und wahrnehmen, dass Menschen mit wenig Geld
                                                                                                                                       Staat zu etwas, das wir nicht sind und auch nicht sein          jetzt keine Chance mehr haben. Es ist eine unfassbare
                                                                                                                                       ­wollen: Es wird der Eindruck erweckt, als gäbe es einen        ­Leistung, dass Menschen, die selbst b      ­ etroffen sind, die
                                                                                                                                        Rechtsanspruch auf Lebensmittel von den Tafeln. Als seien       ­Not­wendigkeit sehen zu h  ­ elfen – und das auch tun – weil es
                                                                                                                                        wir Teil des sozialstaatlichen Systems. Das sind wir nicht.      anderen noch schlechter geht. Tafel-Arbeit ist Gemein-
                                                                                                                                                                                                         schaftssinn und der Wunsch und die Möglichkeit, sich für
                                                                        Im Jahr 2020 haben wir die Pandemie als größte                 Wie blicken Sie auf die kommende Zeit?                            die Gesellschaft einzusetzen über seine eigenen Themen
                                                                        ­Herausforderung unserer bisherigen Geschichte                                                                                   hinaus. Ich erlebe aber auch viel Wut auf die Politik. Das
                                                                         ­benannt. 2023 – nur drei Jahre später – wird die Tafel-      Wir haben aktuell bundesweit rund 50 Prozent mehr                 Gefühl, in einem ­freiwilligen Dienst an der Gesellschaft
                                                                          Bewegung 30 Jahre und wieder müssen wir sagen: Die           ­Kundinnen und Kunden. Ein Drittel der Tafeln haben schon         ­völlig allein gelassen zu werden und an der Verantwortung
                                                                          Situation ist angespannt wie nie. Wie blicken Sie auf         einen Aufnahmestopp – das bedeutet, der Bedarf wäre noch          zu zer­brechen. Das darf nicht sein.
                                                                          das vergangene Jahr zurück?                                   größer und wird vermutlich weiter steigen. Wir sind in einer
                                                                                                                                        wirklich schwierigen Situation. Doch unsere Helferinnen        Und bei den Kundinnen und Kunden?
                                                                        Ich erinnere mich noch gut an den letzten Winter. Viele         und Helfer resignieren nicht und helfen nach Kräften
                                                                        ­Helferinnen und Helfer berichteten von ihrer Erschöpfung.      ­weiter. Da entsteht eine große gesellschaftliche Kraft und    Ich erlebe immer mehr Menschen, die sich von der Politik
                                                                         Anfang des Jahres 2022 hatten viele die Hoffnung, nach zwei     Solidarität, die Mut und Hoffnung macht. Und trotzdem         und auch der Gesellschaft insgesamt abgewendet haben, die
                                                                         Jahren Pandemie langsam durchatmen zu können. Doch              mache ich mir auch Sorgen, dass wir uns übernehmen. Wir       nicht mehr daran glauben, dass für sie Politik gemacht wird
                                                                         statt einer Entspannung der Situation stiegen ab Januar die     können als Tafeln nicht unbegrenzt Kapazitäten hochfahren     oder dass sich ihre Situation verbessern kann. Da herrscht
                                                                         Preise für Lebensmittel und mehr und mehr Tafeln erlebten       und weiterwachsen. Dafür fehlen uns nicht nur Lebens­         große Angst und Frustration. Die Menschen sind zum Teil
                                                                         eine verstärkte Nachfrage. Mir erzählten Helferinnen, dass      mittel. Die Helferinnen und Helfer können einfach nicht       nicht mal mehr wütend, sondern haben einfach aufgege-
                                                                         sie neben der Lebensmittelausgabe eigentlich seelsorge-         mehr, wenn immer mehr verzweifelte Menschen kommen,           ben. Das ist bedrückend und auch gefährlich für unsere
                                                                         r­ische Aufgaben wahrnehmen müssten, weil die Menschen          es fehlen Räumlichkeiten und so ­weiter. Wir wissen, dass     Demokratie. Wenn wir es bei den Tafeln schaffen, nur einem
Seit fast 25 Jahren für die Tafeln engagiert:
­Jochen0 Brühl, Vorsitzender der Tafel Deutschland.
                                                                         zunehmend verzweifelt sind. Durch die Pandemie waren die        diese Krise, der Krieg, länger anhalten wird. Wir werden      einzigen Menschen wieder ein Gefühl von Gemeinschaft zu
                                                                         finanziellen Reserven völlig aufgebraucht, die Regelsätze       noch eine Weile durchhalten müssen. Die symbolische           vermitteln und ihnen vielleicht sogar eine sinnstiftende
                                                                         sowieso schon zu niedrig. Es gab ja auch so gut wie keine       Bedeutung der Tafeln sollte nicht größer gemacht werden       Aufgabe geben können, weil sie sich bei uns engagieren,
                                                                         Corona-Hilfen für armutsbetroffene Menschen oder                als das, was wir tatsächlich leisten können.                  dann weiß ich, wofür wir das alles auch machen.
                                                                         ­Menschen mit wenig Geld.

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Bei uns - Tafel Deutschland
Hier und jetzt                                                                                                                                Hier und jetzt

                     KINDERARMUT IN
                                                                                                                                  pliziert. Nicht alle kennen die staatlichen Hilfen, auf die sie            Zugänge und die möglichst automatisierte Berechnung und
                                                                                                                                  ein Anrecht hätten, oder sie schaffen es nicht, sie richtig zu             Auszahlung wollen wir künftig allen, die es benötigen,
                                                                                                                                  beantragen.                                                                ­leichten Zugang zu den Leistungen gewähren.

                       DEUTSCHLAND                                                                                                                Die Kindergrundsicherung ist
                                                                                                                                                       ein Systemwechsel

                                                                                                                                  Wie man das ändern könnte, beschäftigt mich seit Jahren.
                                                                                                                                  Ich halte die Kindergrundsicherung, die die Ampel-Regie-
                                                                                                                                                                                                                 Realistisch berechnetes Existenzminimum

                                                                                                                                                                                                             Damit die Kindergrundsicherung Kinderarmut wirklich ver-
                                                                                                                                                                                                             hindert, muss aber auch das Existenzminimum der Kinder
                                                                                                                                                                                                             neu berechnet werden – so, wie es im Koalitionsvertrag
                                                                                                                                  rung einführen wird, für einen zentralen Teil der Lösung.                  ­vereinbart wurde. Zum Existenzminimum von Kindern
                                                                                                                                  Mit ihr sollen allen Kindern bessere Chancen eröffnet wer-                  gehören auch die Bedarfe für Bildung und Teilhabe. Deshalb
„Die Kindergrundsicherung wird                                                                                                   den.                                                                        sollen Teile des heutigen Bildungs- und Teilhabepakets in
                                                                                                                                       Die Kindergrundsicherung bringt einen echten System-                   die Kindergrundsicherung einfließen.
 wirklich etwas ändern.“                                                                                                          wechsel: Sie wird als Leistung aus einer Hand ausgezahlt                         Für die einfache Auszahlung der Kindergrundsicherung
                                                                                                                                  werden. Durch idealerweise nur einen Antrag werden alle                     nutzen wir die Chancen der Digitalisierung. Die Kinder-
                                                                                                                                  Familien automatisch den Garantiebetrag erhalten. Wer                       grundsicherung wird deshalb auch einen Modernisierungs-
                                                                                                                                  mehr benötigt, bekommt durch den einkommensabhängi-                         schub für die Verwaltung bringen. Das ist durchaus heraus-
  Gastbeitrag von Lisa Paus, Bundesministerin für Familie,                                                                        gen Zusatzbetrag bedarfsgerecht mehr – auch der ist so aus-                 fordernd, denn viele Sozialleistungen sind davon berührt,
  Senioren, Frauen und Jugend                                                                                                     gestaltet, dass ihn zukünftig alle Kinder erhalten, die mehr                insgesamt sieben Ministerien an der Umsetzung beteiligt.
                                                                                                                                  Unterstützung brauchen.                                                     Aber ich bin optimistisch, dass die Kindergrundsicherung
                                                                                                                                       Wir erhoffen uns, die verdeckte Armut spürbar zu                       bereits 2025 Wirklichkeit wird.
                                                                                                                                  ­reduzieren. Denn es gibt viel zu viele Familien, die die ihnen                  So arbeiten wir also auch mit Hochdruck daran, die Zahl
                                                                                                                                   zustehende Leistung nicht beantragen. Durch einfache                       der Tafel-Kundinnen und -Kunden zu reduzieren.
Seit über 15 Jahren bin ich Mitglied bei der Tafel – weil ich           Mehr Kindergeld und Kinderzuschlag
den Kampf gegen Lebensmittelverschwendung als auch die
unbürokratische Hilfe so notwendig finde. Die Schirmherr-        Unter den Menschen, die zu den Tafeln kommen, sind über-
schaft für die Tafeln in Rahmen meines neuen Amtes als           durchschnittlich viele Familien, insbesondere Allein­
Bundesministerin für Familien, Senioren, Frauen und              erziehende. Ihnen muss in dieser Zeit besonders geholfen
Jugend habe ich also als langjährige Überzeugungstäterin         werden. Daher erhöhen wir im kommenden Jahr das
übernommen.                                                      ­Kindergeld für alle Familien auf 250 Euro pro Kind.
     Deshalb ist mir sehr bewusst, dass die Tafeln seit drei           Wir erhöhen ebenfalls den Kinderzuschlag auf bis zu
 Jahren im Krisenmodus sind. Schon durch Corona gab es             250 Euro pro Kind für einkommensschwächere Familien.
weniger Lebensmittelspenden. Dazu kommt jetzt noch die            Den Kinderzuschlag erhalten Eltern zusätzlich zum Kinder-
Energiekrise durch den Angriffskrieg auf die Ukraine.             geld, wenn ihr Einkommen zwar für den eigenen Lebens-
     Sie können sicher sein: Bei den vielen Maßnahmen, die        unterhalt reicht, aber nicht für den ihrer Kinder. Um die
wir als Ampel-Regierung verhandeln, vertrete ich mit Nach-        gestiegenen Ausgaben zu kompensieren, erhalten be­­
druck Ihre Anliegen. Egal, ob es um die Heizkostenüber-           dürftige Kinder seit Juli außerdem einen Sofortzuschlag
nahme für soziale Organisationen oder um bessere                  von 20 Euro im Monat – und das bis zur Einführung der
­Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche geht.                        ­Kindergrundsicherung.

           Armutsbekämpfung ist Aufgabe                                         Strukturelle Änderungen
               von Staat und ­Politik                                             gegen (Kinder-)Armut

Ebenso klar ist für mich: Armutsbekämpfung ist staatliche        Doch mittelfristig geht es um grundlegende strukturelle
Aufgabe. Es darf nicht dabei bleiben, dass die Tafeln immer      Veränderungen: durch das Bürgergeld und die Kinder-
mehr Menschen unterstützen – inzwischen 50 Prozent               grundsicherung, aber auch durch eine Familienpolitik, die
mehr als vor der Pandemie. Es ist Aufgabe der Politik, dafür     besonders einkommensschwache Familien im Blick hat.
zu sorgen, dass die Zahl der Tafel-Kundinnen und -Kunden                Denn jedes fünfte Kind in unserem Land ist von Armut
zurückgeht.                                                      betroffen. Rund ein Drittel der Tafel-Kundinnen und
     Unsere Entlastungspakete gegen die Preissteigerungen        ­-Kunden sind Kinder. Dahinter steht ein strukturelles
zielen zuerst auf kurzfristige Hilfe: über die Gas- und Strom-    ­Problem. Geldmangel ist nur ein Teil davon. Wenn wir
preisbremse, die Ausweitung des Wohngeldes und des Kurz-           ­nämlich alle erhältlichen Familienleistungen zusammen-
arbeitergeldes, über Energiepreispauschale für Erwerbs­             rechnen, steht Deutschland im internationalen Vergleich
tätige und Rentnerinnen und Rentner sowie über viele                gar nicht so schlecht da.
Einmalzahlungen für Studierende und Empfängerinnen                      Das Problem ist vielmehr: Das Geld kommt nicht bei
                                                                                                                                  Lisa Paus ist Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und
und Empfänger von Sozialleistungen und Kindergeld.                  den wirklich Bedürftigen an. Das Fördersystem ist (zu) kom-   Jugend und Schirmherrin der Tafeln in Deutschland.

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Bei uns - Tafel Deutschland
„Am Anfang war es auf alle
Fälle eine Überwindung,
zur Tafel zu kommen. Dann
hat man schon mal rum-
geguckt: Wer könnte mich
hier sehen? Aber die Tafel
gibt mir die Möglichkeit,
ein bisschen was dazuzu-
bekommen, wenn es am
Monatsende knapp wird.“

Burkhard, 62, Tafel-Kunde

                             MENSCHEN
                             HELFEN,
                             GUTES TUN
                             Finanziell benachteiligte Menschen spüren die Auswirkungen
                             der anhaltenden Krisensituation ­besonders stark. Gerade in
                             ­diesen Zeiten wird deutlich, wie wichtig die ­Arbeit der Tafeln ist.
Bei uns - Tafel Deutschland
Schwerpunkt                                                                                                             Schwerpunkt

„WIR SCHAFFEN                                                                                                                  „Wir haben eine wichtige Aufgabe übernommen,
                                                                                                                                  da brauchen wir n
                                                                                                                                                  ­ eben Spenden auch die nötige

  DAS ZUSAMMEN“
                                                                                                                                  Anerkennung.“

                                                                                                                    Was war die größte Herausforderung                                 leer ausgeht. Wir müssen dann immer wieder deutlich
                                                                                                                    im Jahr 2022?                                                      ­machen, dass wir ein zusätzliches Angebot sind und kein
                                                                                                                                                                                        Grundversorger. Uns ist aber wichtig, den Menschen das
                                                                                                                    Das waren die vielen Menschen aus der Ukraine, die zu uns           ­Gefühl zu geben, dass sie für die zwei Euro, die sie zahlen,
                                                                                                                    gekommen sind – weil alles so schnell ging. Auf einmal               auch angemessene Waren bekommen. Was uns dabei hilft,
                                                                                                                    ­standen Hunderte von Menschen bei uns im Hof, die unsere            ist die gut funktionierende Bundes- und Landeslogistik, da
                                                                                                                     Unterstützung anfragten. Die Stadt hat die Menschen                 kann ich nur ein großes „Dankeschön“ sagen. Über sie
                                                                                                                     ­einfach zu uns geschickt. Zum Glück hatten wir unsere              bekommen wir von Erzeugern oder Großhändlern Ware. Das
                                                                                                                      ­Küche fertig und haben an manchen Tagen bis zu                    ist eine tolle Sache. Wir sind ja auch Verteilerzentrum und
                                                                                                                       1.400 ­Essen ausgegeben, in einem Bereich, der eigentlich         können Waren an kleinere Tafeln weitergeben. Es ist erleich-
                                                                                                                       nur für 40 Kundinnen und Kunden ausgelegt ist. Das war            ternd, wenn wir über den Landes- oder Dach­verband zehn
                                                                                                                       wirklich Hardcore. Wir haben dann die Öffnungszeiten aus-         Paletten Mini-Salami bekommen. Das gibt S­ icherheit für
                                                                                                                       geweitet, das war aber auch eine Belastung für unsere             einige Tage.
                                                                                                                       ­Aktiven, die nicht mehr jung sind und dann lange Tages-
                                                                                                                        schichten h­ atten. Aber es ist irgendwie gegangen. Mittler-   Welche Auswirkungen haben
                                                                                                                        weile hat es sich etwas entspannt und eingespielt.             die Teuerungen auf Ihre Tafel?

                                                                                                                    Wie hat sich die Lage bei                                             Wir zahlen nun weit mehr für alles. Wir haben sieben Fahr-
                                                                                                                    der Nürnberger Tafel ­verändert?                                   zeuge auf der Straße, also vier holen jeden Tag die Waren ab,
                                                                                                                                                                                       dann haben wir Leergutfahrten und Sonderfahrten. Das
                                                                                                                    Während wir Anfang des Jahres ungefähr 5.500 Kundinnen             ­Betanken von sieben Kühlsprintern geht ins Geld. Und wie
                                                                                                                    und Kunden hatten, sind es im Moment fast 11.000. Erst              es mit den Energiepreisen weitergeht, wissen wir auch noch
                                                                                                                    sind viele Geflüchtete aus der Ukraine zu uns gekommen,             nicht. Ein Problem ist, dass gleichzeitig die Spenden stag­
                                                                                                                    aber seit einigen Monaten merken wir, dass auch immer               nieren. Wir haben zwar unsere Stammspender, die uns
                                                                                                                    mehr Menschen zu uns kommen, die vorher knapp mit                   ­kontinuierlich unterstützen, aber ich weiß nicht, wie das in
                                                                                                                    ihrem Geld ausgekommen sind und es jetzt nicht mehr                  ­Zukunft aussieht, wenn die Preise insgesamt noch mehr
                                                                                                                    schaffen. Was uns große Sorgen macht, sind die r­­ück­­               steigen.
                                                                                                                    läufigen Lebensmittelspenden bei steigender Kundenzahl.
                                                                                                                    Viele S  ­ upermärkte machen abends einen Abverkauf von            Wie gehen die Aktiven mit der
                                                                                                                    Obst und Gemüse zu Sonderkonditionen. Das ist die Ware,            aktuellen Situation um?
                                                                                                                    die wir sonst am nächsten Tag abgeholt haben. Auch werden
                                                                                                                    ­Bestellungen besser auf den Verkauf abgestimmt, sodass            Viele unserer Aktiven sind schon lange dabei und haben das
                                                                                                                     weniger übrig bleibt. Wenn wir nicht den Großmarkt von            relativ gut im Griff. Sie wissen, was im Lager ist und wie viel
                                                                                                                     Nürnberg in unmittelbarer Nähe hätten und einen guten             man ausgeben kann, damit alle etwas bekommen. Unsere
                                                                                                                     Kontakt zu den Bauern, bei denen wir auch ab und an Obst          Ehrenamtlichen sind sehr engagiert, da muss man eher auf-
                                                                                                                     und ­Gemüse abholen, dann würden wir arge Probleme                passen, dass sie sich genug Auszeiten gönnen. ­Momentan
                                                                                                                     ­bekommen. In den letzten Jahren haben wir noch die               ist die Stimmung noch gut, eher nach dem Motto „Wir schaf-
                                                                                                                      ­Nachbar-Tafeln mit Obst und Gemüse versorgt, das können         fen das“. Viele denken, wir haben die ­Pandemie gemeistert,
     Mit viel ­Optimismus leitet Edeltraud Rager
     seit fünf J­ ahren die N
                            ­ ürnberger Tafel.                                                                         wir jetzt nicht mehr.                                           jetzt bekommen wir das auch noch hin. Aber wir achten
                                                                                                                                                                                       auch sehr darauf, dass genug Pausen gemacht w     ­ erden, und
                                                                                                                    Wie hat Ihre Tafel auf die veränderten ­                           wir uns gegenseitig unterstützen. Denn: Wir arbeiten alle
                                              Auch die Nürnberger Tafel meistert den Spagat: Eine Verdoppelung      Bedingungen reagiert?­                                             am Limit. Was mich freuen würde, und ich d    ­ enke, das geht
                                                                                                                                                                                       uns allen so, dass unsere Arbeit mehr wertgeschätzt wird –
                                    der ­Kundenzahl, weniger Spenden, steigende Sprit­kosten und eine große         Wir informieren unsere Kundinnen und Kunden über die               von Politik und Gesellschaft. Wir haben eine wichtige Auf-
                                             ­Belastung für die Aktiven. Mit ihrem Team stemmt E
                                                                                               ­ deltraud Rager,    aktuelle Situation. Das ist nicht leicht, denn bisher waren        gabe übernommen, da brauchen wir ­neben Spenden auch
                                                                                                                    unsere Gäste es gewohnt, dass es viel gab. Jetzt müssen wir        die nötige Anerkennung. Aber auch Mithilfe ist gefragt.
                                     Leiterin der Nürnberger Tafel, diese enormen Anforderungen. Wie sie das        die Ausgaben rationieren. Das ist manchmal grenzwertig,            Momentan haben wir von Firmen immer mal wieder Grup-
                                                                       schafft, davon berichtet sie im Interview.   aber wir wollen ja, dass alle etwas bekommen und keiner            pen da, die einen sozialen Tag oder eine soziale Woche
                                                                                                                                                                                       machen und bei uns mitarbeiten, auch das entlastet.

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Bei uns - Tafel Deutschland
EIN GANZ
NORMALER         Reges Treiben bei der Tafel Lübeck. Kisten werden hin und her geschoben, Obst
             sortiert, Gemüse in Regale gefüllt. Kurze Gespräche am Rand, ein Lachen. Die Tafel-
             Aktiven ­greifen b
                              ­ eherzt zu. Sie wollen gemeinsam etwas bewegen – das verbindet.
                                Praktische Hilfe vor Ort, die direkt bei den Menschen ankommt.

DONNERSTAG
„Privatspenden sind eine
  ­Ausnahme. Aber gestern
   habe ich 50 kg Äpfel abgeholt –
   die Leute denken an uns.“
                 Kurti, 71, ehrenamtlicher Tafel-Fahrer

                                                          19
„Ich kriege Rente und ein
       ­bisschen Grundsicherung
        dazu. Einmal in der Woche
        komme ich zur Tafel, dann
        habe ich Essen für zwei bis
        drei Tage. Und die Leute sind
        nett, man schnackt auch
        mal ein Wort.“
                         Christel, 80, Tafel-Kundin

20                                                    21
Schwerpunkt

„Ein paar Leute kenne ich
  ­mittlerweile ganz gut. Die Erna
   zum Beispiel, die ist schon ein
                                                  SICHTBAR WERDEN
   bisschen älter und die mag
                                                                                  Etwa zwei Millionen Menschen kommen regelmäßig zu den A
                                                                                                                                        ­ usgabestellen der
   ­unheimlich gerne naschen. Ich                                                   über 960 Tafeln in Deutschland. M
                                                                                                                    ­ enschen, die ohne gespendete Lebensmittel
    bin Diabetiker. Wenn ich was                                                    sich und ihre Familien nicht a
                                                                                                                 ­ us­reichend ernähren könnten. Menschen, die aus
    ­bekomme, das ich nicht esse,                                                 ganz unter­­­­­­­­­schied­ichen Situationen heraus zu Kundinnen und Kunden der Tafeln
                                                                                                                 ­wurden. Im Tafel-Magazin erzählen sie ihre Geschichte.
     gebe ich ihr das.“
                        Michel, 48, Tafel-Kunde

                                                                  Ohne Tafel geht es nicht
                                                                                                                       Stefan, 60 Jahre

                                                  „Ich gehe schon seit vielen Jahren zur Langener Tafel. Früher
                                                  ­wurde die Nummer noch auf die Handfläche geschrieben. Da
                                                   haben einige geschummelt und zum Beispiel aus der 41 eine
                                                   4 gemacht, damit sie früher drankommen. Das ist jetzt alles
                                                   viel moderner und organisierter. Ich gehe gern dorthin, auch
                                                   wegen der Kontakte, und kenne fast alle mit Namen. Dieses
                                                   Jahr gibt es weniger Lebensmittel, das fällt mir auf. Aber für
                                                   mich reicht es. Ich lebe allein und arbeite noch im Sozialkauf-
                                                   haus in Sprendlingen. Da bin ich montags bis donnerstags
                                                   und Freitag ist mein Tafel-Tag. Ich bin gelernter Blumen- und
                                                   Zierpflanzengärtner, habe aber Epilepsie und kann keinen
                                                   Führerschein machen. Da war es mit den Jobs kompliziert.
                                                   Ich habe dann alles Mögliche gemacht, zum Beispiel im
                                                   Landschaftsbau gear­beitet und in einem Blumenladen. Zwölf
                                                   Jahre war ich bei einer Umzugsfirma. Da habe ich mir den
                                                   Rücken kaputtgemacht und hatte einen Band­scheibenvorfall.
                                                   Mit meinem Arbeits­losengeld II komme ich nur aus, weil es
                                                   die Tafel gibt. Wenn es die nicht geben würde, könnte ich
                                                   keine Klamotten kaufen, dann würde alles Geld für Lebens-
                                                   mittel draufgehen. Ich kann auch kein Geld zurücklegen. Es
                                                   ist einfach zu wenig, was der Staat sich da ausgedacht hat.
                                                   Weil alles teuer geworden ist, kaufe ich nur noch Sonder­
                                                   angebote. Die Heizung bleibt aus und auch am Wasser spare
                                                   ich. Worauf ich stolz bin: Seit 26 Jahren bin ich bei den Gut-
                                                   templern, eine Sucht-Selbsthilfe-­Organisation. Seitdem
                                                   trinke ich keinen Alkohol mehr und hatte auch noch nie
                                                   einen Rückfall!“

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Schwerpunkt                                                                                                                      Schwerpunkt

                                                                               Vorurteile ärgern mich                                           Geld reicht nur bis Monatsmitte

                                                       „Als alleinerziehende Mutter muss ich jeden Cent umdrehen und              „Seit 2015 lebe ich mit meiner Familie in Deutschland. Wir
                                                       genau schauen, was ich einkaufen kann und was nicht. Vor drei Jahren       sind aus Syrien vor dem Krieg geflohen, der hat alles zer-
                                                       bin ich zum ersten Mal zur Tafel gegangen, das war mir sehr unan­          stört. Ich war Schuhmacher und hatte mein eigenes
                                                       genehm. Ich wollte auf keinen Fall, dass mich jemand erkennt und           Geschäft, das war sehr schön. Wir haben drei Töchter. Zwei
                                                       meine Bedürftigkeit dann sichtbar wird. Aber am Monatsende hat das         gehen zur Schule, eine in die Vorschule. Zurzeit erleben wir
                                                       Geld nicht mehr gereicht und ich brauchte für mich und meine Toch-         ein sehr schwieriges Jahr mit wenig Geld. Wenn wir Tee und
                                                       ter etwas zu essen. Das war damals noch bei der Tafel in Wesel. Jetzt      Reis auf dem Markt kaufen, ist alles ­doppelt so teuer. Auch
                                                       gehe ich in Mehrhoog zur Tafel, da ist es familiärer und es war mir        für Strom und Gas bezahlen wir mehr und Mitte des Monats
                                                       anfangs noch peinlicher, weil jeder jeden kennt. Aber durch die ange-      ist oft kein Geld mehr da. Ohne die Langener Tafel könnten
                                                       nehme ­Atmosphäre dort habe ich die Scheu verloren und wir sind froh,      wir nicht leben. Sie hat uns sehr geholfen, auch die letzten
                                                       dass es diese Einrichtung gibt, die mir und vielen anderen mit Lebens-     Jahre schon. Aber zurzeit ist es besonders schlimm. Dabei
                                                       mitteln unter die Arme greift. Denn ohne die Tafel würde ich mit mei-      sparen wir schon überall. Meine Frau kocht und backt selbst,
                                                       nem Geld nicht auskommen. Ich gehe in Teilzeit arbeiten, bin Inte­         viel kaufen wir beim türkischen Markt. Öl, Zucker und Mehl
                                                       grationshelferin an einer Schule. Das passt gut, auch von den              nehme ich vom Supermarkt. Aber trotzdem reicht das Geld
                                                       Ferienzeiten, denn ich habe keine F­ amilie in der Nähe, die die Betreu-   nicht. Mit Kindern ist das besonders schwer. Letzte Woche
                                                       ung meiner zehnjährigen Tochter übernehmen könnte. Die Tafel hilft         habe ich für ­60 Euro Schulbücher gekauft. Woher soll ich
                                                       mir, mit meinem Geld auszukommen. Ansonsten kaufe ich viel Second          das Geld nehmen? Auch verlieren Kinder mal was und für
                                                       Hand, gerade K ­ lamotten, oder wir gehen auf den Flohmarkt. Für mein      mich als Vater ist es nicht leicht, meinen älteren Töchtern
       Myriam, 45 Jahre
                                                       Kind finde ich schade, dass wir vieles nicht machen können, Kino, Frei-    immer sagen zu müssen: „Das können wir nicht kaufen, das
                                                       zeitpark oder auch mal essen gehen. Was mich aber besonders ärgert,        ist zu teuer.“ Ich mache jetzt eine Weiterbildung zum Bus-
                                                       sind die vielen Vorurteile. Als wenn Menschen, die wenig Geld haben,       fahrer. Ich hoffe sehr, dass ich einen Job finde, bei dem ich
                                                       selbst schuld oder faul wären – das ist nicht richtig!“                    genug verdiene, um meine Familie zu ernähren. Vorher war
                                                                                                                                  ich Taxifahrer. Meine Frau will auch arbeiten. Sie macht
                                                                                                                                  jetzt einen B1-Deutschkurs. Wir sind dankbar, dass wir in              Edris, 43 Jahre
                                                                                                                                  Deutschland leben, aber der Krieg in Europa macht uns
                                                                                                                                  Angst. Wir haben das alles schon erlebt.“
           Dankbar für die Hilfsbereitschaft

„Im vergangenen Jahr hatte ich einen Schlaganfall und mein
Leben änderte sich von einem Tag auf den anderen. Seitdem                                                                                                                                             Ein Lichtblick vor und nach der Flut
bin ich auf den Rollstuhl angewiesen und kann meinen rech-
ten Arm nicht mehr richtig bewegen. Meine chronisch-                                                                                                                                   „Ich habe bei der Bundespolizei in der Verwaltung gearbeitet. Durch
kranke Tochter, die ich bis dahin zu Hause betreut habe,                                                                                                                               massives Mobbing bin ich krank geworden und musste für drei Monate
musste ins Heim. Jetzt komme ich mit meiner Rente nicht                                                                                                                                in eine psychiatrische Klinik. Ohne mein volles G     ­ ehalt bin ich dann
mehr aus. Vorher hatten wir noch das Pflegegeld zum Leben.                                                                                                                             nicht mehr ausgekommen. Das Krankengeld nach meiner Entlassung
Knapp 1.000 Euro sind zu wenig für die Miete und alle                                                                                                                                  hat nicht gereicht. In der Klinik hat man mich auf die Tafel aufmerksam
­anderen Ausgaben. Ich liege nachts oft wach und frage mich,                                                                                                                           gemacht, aber ich hatte große Angst, dorthin zu gehen, Angst vor Men-
 wie das alles werden soll. Jetzt wo die Heizung auch noch                                                                                                                             schen, die das gegen mich verwenden könnten. Und ich konnte es selbst
 teurer wird. Ich habe Angst, dass ich frieren muss. ­Meine                                                                                                                            nicht fassen, dass ich mal in so eine Situation komme. Es war eine große
 Wohnung liegt im Souterrain, das ist eher kalt. Aber einen                                                                                                                            Über­windung, aber ich konnte die Lebensmittel gut gebrauchen. Später
 Umzug kann ich jetzt nicht mehr stemmen. Darum bin ich                                                                                                                                bin ich wieder ins Berufsleben eingestiegen, aber erneut krank gewor-
 sehr froh, dass es die Tafel gibt. Als Diabetikerin muss ich                                                                                                                          den. Seit 2017 bin ich in Frührente, da reicht das Geld auch nicht aus. Die
 auch noch mal ganz besonders auf meine Ernährung achten,                                                                                                                              Tafel ist dann irgendwann zu einem Lichtblick ­geworden. Ich habe dort
 vieles kann ich mir im normalen Supermarkt nicht mehr                                                                                                                                 Gleichgesinnte getroffen, viele sind zu Freunden geworden und man
 leisten. Die Dame vom Pflegedienst hat mich auf das Ange-                                                                                                                             hat sich ausgetauscht. Es hat gut getan, zu sehen, dass man nicht allein
 bot der Tafel in Mehrhoog aufmerksam gemacht. Ich gehe                                                                                                                                ist in und mit dieser S­ ituation. Für mich sind die Menschen, die sich bei
 jetzt regel­mäßig, jeden D
                          ­ iens­tagnach­mittag, zur Tafel. Ich                                                                                                                        der Tafel engagieren, Heldinnen und Helden des Alltags, ehrlich! Das ist
 freue mich dann auf „gute“ Butter, Eier und manchmal                                                                                                                                  eine ganz tolle Arbeit, die da geleistet wird. Während Corona wurden die
 nehme ich auch ein Fertiggericht mit und natürlich Brot                                                                                                                               Lebensmittel sogar gebracht und jetzt, wo es immer mehr Kundinnen
 und Brötchen. Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit. Das                                                                                                                          und Kunden gibt, versucht die Tafel, das Beste aus der Situation zu
 ist wichtig, denn im Rollstuhl bin ich auf Unterstützung                                                                                                                              machen. Auch die Spenden sind weniger geworden, das merke ich. Frü-
 angewiesen. Und die Tafel ist gut orga­nisiert, sodass ich                                                                                                                            her konnte ich mir Dinge aussuchen, jetzt b    ­ ekomme ich die Kiste fertig
                                                                                                                                  Anita, 61 Jahre
 nicht lange warten muss.“                                                                                                                                                             gepackt. Aber ich bin sehr froh, dass die Tafel Ahrweiler sogar nach der
                                                                                                                                                                                       Flut im Ahrtal so schnell ­wieder aufgemacht hat.“
                                                                      Edelgard, 80 Jahre

24                                                                                                                                                                                                                                                              25
Schwerpunkt                                                                                                                  Schwerpunkt

WAREN UND WISSEN
                                                                                                                                            Mit einem Gabelstapler schiebt ein Helfer der Tafel Sachsen       lichen Zuschuss von 10.000 Euro für die Zusammenarbeit“,
                                                                                                                                            vorsichtig eine letzte Europalette voller Lebensmittel in         erklärt Karltheodor Huttner, Vorsitzender der Tafel Sachsen.
                                                                                                                                            ­einen tschechischen Transporter, mit wachsamem Blick             Die Gelder nutzt der Tafel-Landesverband unter anderem
                                                                                                                                             ­dirigiert ihn der sächsische Tafel-Landeslogistiker Dietmar     für zwei Dolmetscherinnen, die die Sprachbarriere über­

AUSTAUSCHEN
                                                                                                                                              Haase. Auf der Palette sind fein säuberlich Joghurts mit        winden.
                                                                                                                                              ­P firsichgeschmack gestapelt, darunter Kartons voller                 Das Team aus Sachsen lud seine tschechischen Kolle-
                                                                                                                                               Getränkepacks, bedruckt mit chinesischen Schriftzeichen.       g­innen und Kollegen in die Tafel-Ausgabestellen ein, zeigte
                                                                                                                                               ­Frische Paprikaschoten in flachen Pappschachteln krönen       ihnen dort die Abläufe und gab Ratschläge zum Aufbau
                                                                                                                                                die Palette. Zuvor hatten Ehrenamtliche bereits Tiefkühl­     ­eigener Ausgaben. In den letzten Jahren fanden zudem
                                                                                                                                                pizzas, einige Galia-Melonen und noch mehr Molkerei­           ­immer wieder Tagungen statt, bei denen beide Seiten
                                                                                                                                                produkte in dem Kühlauto verstaut, nun ist die Ladung           ­aktuelle Herausforderungen besprachen und das Team aus
                                                                                 Die Tafeln in Sachsen verbindet eine grenzüber­greifende       komplett. Vom Tafel-Lager in Dresden bringen der                 Sachsen auf verschiedene Themen der Tafel-Arbeit näher
                                                                                                                                                ­tschechische Fahrer und seine Beifahrerin die Waren nun         eingehen konnte. Sie erklärten beispielsweise, worauf Tafeln
                                                                         ­Zusammenarbeit mit den Lebensmittelbanken in ­Tschechien:
                                                                                                                                                 zur Lebens­mittelbank in Liberec, wo sie verteilt werden.       achten, um die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten,
                                                                       Der Tafel-Landesverband gibt dringend benötigte Waren an die                   Seit mehreren Jahren arbeitet der Landesverband Tafel      wie sie mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum umgehen und
                                                                     ­Nachbarn weiter, die sich im Gegenzug an den Kosten beteiligen.            Sachsen bereits mit den tschechischen Lebensmittelbanken        wie eine Bedürftigkeitsprüfung abläuft. Indem potenzielle
                                                                                                                                                 zusammen: Sie tauschen Waren und Wissen aus. „Bei den           Neu-Kundinnen und -Kunden beispielsweise einen Bescheid
                                                                                                                                                 Tafeln entlang der Grenze zu Tschechien haben wir vor etwa      von Jobcenter oder Rentenkasse vorzeigen, stellen Tafeln
                                                                                                                                                 neun Jahren festgestellt, dass viele tschechische Bürge-        sicher, dass sie Lebensmittel gezielt an armutsbetroffene
                                                                                                                                                 r­innen und Bürger gekommen sind, um Lebensmittel zu            Menschen abgeben.
                                                                                                                                                 holen“, erklärt Dietmar Haase, Landeslogistiker und Ehren­
                                                                                                                                                 vorsitzender der Tafel Sachsen. „Die Menschen haben bei
                                                                                                                                                 den deutschen Tafeln zum Teil ein Notpaket bekommen.“                     Molkereiprodukte aus Sachsen
                                                                                                                                                 Als Kundinnen und Kunden konnten nur Personen mit
                                                                                                                                                 Wohnsitz in Deutschland aufgenommen werden.                  Doch Wissen allein reicht nicht, die Hilfsorganisationen
                                                                                                                                                                                                              ­benötigen auch ausreichend Lebensmittel. In Tschechien
                                                                                                                                                                                                               ­regelt seit 2018 ein Gesetz, dass große Discounter Waren
                                                                                                                                                Unterstützung für Menschen in Tschechien                        kostenlos spenden müssen, statt sie wegzuschmeißen – aber
                                                                                                                                                                                                                laut Dietmar Haase kommt dabei nicht genug an: „Den
                                                                                                                                            Eine Lösung musste her, die die Menschen direkt in ihrem            tschechischen Lebensmittelbanken fehlten vor allem
                                                                                                                                            Heimatland unterstützte und die Tafeln in Deutschland               ­Molkereiprodukte wie Joghurt.“
                                                                                                                                            entlastete. Der damalige Landesvorsitzende der sächsischen                   In Sachsen spenden mehrere Molkereien an den Landes­
                                                                                                                                            Tafeln, Joachim Rolke, nahm Kontakt zur Generalkonsulin              verband. 2020 nahm die Tafel Sachsen beispiels­weise
                                                                                                                                            der Tschechischen Republik in Dresden auf und erklärte ihr           535 Tonnen Lebensmittel an – davon 365 Tonnen Molkerei-
                                                                                                                                            das Problem. Sie half dabei, eine passende Partner­                  produkte; das entspricht 68 Prozent der Gesamtspenden.
                                                                                                                                            organisation zu finden.                                              „Wir haben den Lebensmittelbanken angeboten, von uns
                                                                                                                                                 „In Leitmeritz haben wir uns mit der Lebensmittelbank           Produkte wie Joghurt zu bekommen“, so der sächsische
                                                                                                                                            getroffen. Sie liegt in der ärmsten Region Tschechiens“, sagt        ­Landeslogistiker.
                                                                                                                                            Dietmar Haase. Zu dem Zeitpunkt habe sie Spenden nur an                      Seitdem kommen tschechische Lebensmittelbanken
                                                                                                                                            andere soziale Einrichtungen wie Hospize, Kinderein­                     aus grenznahen Städten wie Liberec, Leitmeritz und
                                                                                                                                            richtungen oder Sozialstationen abgegeben, aber nicht, wie            ­Karlsbad abwechselnd nach Dresden und holen hier Waren
                                                                                                                                            die Tafeln, direkt an armutsbetroffene Privatpersonen.                 ab. Fünf bis sechs Tonnen Lebensmittel gibt die Tafel
                                                                                                                                                                                                                   ­Sachsen pro Monat nach Tschechien.
                                                                                                                                                                                                                         Auch die Prager Lebensmittelbank holt seit Beginn der
                                                                                                                                                    Förderprogramm für internationale                               Corona-Pandemie Waren in Dresden ab, obwohl sie im
                                                                                                                                                            Zusammenarbeit                                          ­Landesinneren liegt. „Die Lebensmittelbank hat bis dahin
                                                                                                                                                                                                                     ausschließlich andere soziale Einrichtungen beliefert. Trotz-
Das Team um den Landesvorsitzenden Karltheodor Huttner (2. v. l.) und den Landeslogistiker                                                  „Unser Ziel war es, ein Modellprojekt in Leitmeritz aufzu-               dem standen in Prag plötzlich Hunderte Menschen vor ihrer
Dietmar Haase (3. v. l.) akquiriert Lebens­mittelspenden von verschiedenen Unternehmen.                                                     bauen. Dafür haben wir Anträge auf Fördermittel gestellt“,               Tür, die nichts mehr zu essen hatten“, berichtet Dietmar
                                                                                                                                            berichtet Landeslogistiker Haase. Mit Erfolg: Die Tafel                  Haase. „Die Prager Lebensmittelbank hat ange­fangen, auch
                                                                                                                                            ­Sachsen konnte mit Unterstützung der Landesdirektion                    an Bürgerinnen und Bürger Tüten mit Lebensmitteln zu
                                                                                                                                             Sachsen ein Förderprogramm auflegen, das den grenzüber-                 verteilen. Dadurch hat sie einen großen Bedarf und wir
                                                                                                                                             greifenden Austausch unterstützt. „Wir erhalten einen jähr-             haben sie in unsere Abhol-Rotation aufgenommen.“

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Nach Absprache holen die grenznahen tschechischen Lebens-
mittelbanken Sachspenden im sächsischen Tafel-Lager ab.

                          Chinesische Getränkepacks und                                     Gegenseitige Unterstützung
                                Spreewald-Gurken
                                                                               Die abholenden Lebensmittelbanken beteiligen sich an den
            In einem großen Kühlhaus hinter dem Dresdner Messe­                Kosten für die Lagermiete und die Fahrten zu spendenden
            gelände hat die Tafel Sachsen Kühl- und Lagerplätze zu             Unternehmen. Für einen Transport zahlen sie in der Regel
            ­Sonderkonditionen angemietet. Hier holen die Tafeln, aber         einen Unkostenbeitrag von 60 Euro, deutlich weniger als
             auch die tschechischen Lebensmittelbanken die Waren ab,           der Warenwert.
             die der Landesverband von Großspendern angenommen                     Selten bekommen die sächsischen Tafeln auch Lebens-
             und eingelagert hat.                                              mittel aus Tschechien, zuletzt zwei Tonnen Pfefferkuchen-
                  Dietmar Haase läuft durch einen weiträumigen Lager-          herzen. „Wir erwerben gerade ein Kühlfahrzeug, das wir
             raum und zeigt auf Paletten voller Getränkepacks, von ­denen      möglichst in Tschechien mit Unterstützung der Lebens­
             kurz zuvor die Lebensmittelbank aus Liberec bereits mehrere       mittelbank ausbauen lassen wollen“, sagt Landeslogistiker
             Kartons mitgenommen hat. Dunkelblaue Schriftzeichen zie-          Haase. „Die Zusammenarbeit könnte nicht besser sein.“
             ren die schlichten weißen Verpackungen. „Die Trinkjoghurts
             wurden in Dresden für China produziert, aber nicht abge-
             nommen“, sagt der Landeslogistiker. Da in Deutschland nur                 Kein Einfluss auf die Warenmengen
             Produkte verkauft werden können, die auch auf Deutsch                            der deutschen Tafeln
             beschriftet sind, hätte der Hersteller sie vernichtet. Etwa
             100 Paletten hat Dietmar Haase an­­genommen. Tafeln und           „Durch die Kooperation mit den tschechischen Lebens­
             Lebensmittelbanken haben bereits viel davon abgeholt. Weil        mittelbanken nehmen wir als Landesverband mehr
             die Getränkepacks noch mehrere ­Monate haltbar sind und           ­Spenden an, die wir sonst ablehnen müssten“, so der Landes-
             nicht gekühlt werden müssen, ­können die Hilfsorganisatio-         vorsitzende Huttner. Die Tafeln in Sachsen erhalten also
             nen sie nach und nach aus­geben.                                   nicht weniger Lebensmittel. Die tschechischen Teams
                  „Wir haben ein Sortiment von circa 20 Warengruppen, die       ­kommen vormittags gegen 10 Uhr zum Dresdner Lager,
             wir zur Verfügung stellen“, so Haase. Aus einem großen Karton       nachdem die sächsischen Tafeln den Anteil der Spenden
             holt er Beutel voller Osterschokolade hervor, ein paar Schritte     ­abgeholt haben, den sie direkt verteilen oder lagern können.
             weiter zeigt er auf Paletten voller Gläser mit Spreewälder               „Wir haben in Deutschland und Tschechien ein gemein-
             Gewürzgurken. Fällt beim automatischen Verpacken eine                sames Ziel: Wir wollen Lebensmittel vor der Vernichtung
             Palette um, landet sie beim Hersteller in großen Hygiene­            retten“, sagt Dietmar Haase. Das tun die Tafeln in Sachsen
             behältern. Die nicht beschädigten Gurkengläser säubert der           nun über Grenzen hinaus.
             Landesverband und stellt sie dann den Tafeln zur Verfügung.
                  In einem Nebenraum befinden sich Sachspenden wie
             Windeln, Einweghandschuhe und weitere H      ­ ygieneprodukte.
             Bei –21 Grad Celsius lagern oben in der dritten Etage noch
             Pizzas und andere Tiefkühlwaren.

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Schwerpunkt                                                                                                                    Schwerpunkt

NEUE WEGE
                                                                                                                                     einem gerechten Verteilschlüssel über die zwölf Lande­s­                     Mit der eco-Plattform zu einer
                                                                                                                                     logistikerinnen und -logistiker der Landesverbände an                        digitalen Lebensmittelrettung
                                                                                                                                     die Tafeln bundesweit. 2021 hat die Tafel Deutschland
                                                                                                                                     9.798 Paletten unterschiedlichster Waren bedarfsgerecht          Im Rahmen des Projektes „Tafel macht Zukunft“ wurde die

IN DER LOGISTIK
                                                                                                                                     über ein digitales Logistiksystem verteilt.                      digitale eco-Plattform entwickelt. Die Devise des Projektes
                                                                                                                                         Der Dachverband koordiniert ebenfalls Logistikleis­          ist es, Arbeitsabläufe der Lebensmittelrettung durch digitale
                                                                                                                                     tungen mit nationalen Kooperationspartnern, berät und            Ansätze zu erleichtern. Bundesweit ist die Software bereits
                                                                                                                                     unterstützt die Landesverbände bei allen Logistik- und           zu einem wichtigen Bestandteil der alltäglichen A     ­ rbeit
                                                                                                                                     Lebensmittelfragen und ist in der regelmäßigen Abstim-           geworden. Beginnend mit der Ablösung der Papierliefer-
                                                                                                                                     mung mit Handelspartnern zu Regeln bei der Lebensmittel-         scheine über deren automatische Übermittlung an die
                                                                                                                                     abgabe, beim Transport oder der Ladungssicherung.                Spenderinnen und Spender bis hin zu den Auswertungen
                                Die Tafeln retten im Handel und bei Herstellern pro Jahr 265.ooo Tonnen Lebensmittel,                                                                                 aller Touren und des Spendenverlaufs erweist sich die Platt-
                                                                                                                                                                                                      form als hilfreiches Werkzeug. Die bessere Planbarkeit bei
                                die nicht mehr verkauft w
                                                        ­ erden können, aber dennoch genießbar sind. Es braucht eine
                                                                                                                                           Lebensmittelrettung wird immer teurer                      der ­Lebensmittelrettung spart Zeit und Geld.
                                       gute ­Infrastruktur, um die Tafel-Logistik auch in ­Krisen-Zeiten aufrecht­zuerhalten.
                                                                     Dafür ­benötigen die ­Tafeln dringend Unterstützung.            Der Unterhalt von Logistikzentren ist kostenintensiv und
                                                                                                                                     wird durch die gestiegenen Energiepreise immer teurer.
                                                                                                                                     Angesichts der steigenden Kosten für Strom und Benzin
                                                                                                                                     wird es für die Tafeln immer wichtiger, die Lebensmittel-        Weitere Informationen zum
Gemäß den UN-Nachhaltigkeitszielen hat sich die Bundes-                   Tafel Deutschland akquiriert Großspenden                   rettung weiter zu digitalisieren und die Logistik auszu-         Projekt finden sich hier.
regierung dazu bekannt, die Lebensmittelverschwendung                     von Herstellern für die Tafeln bundesweit                  bauen. Die Tafeln könnten größere Mengen Lebensmittel-
bis 2030 pro Kopf zu halbieren – auch mithilfe der Tafeln.                                                                           überschüsse von ­H er­stellern retten und damit mehr
Damit das gelingt, sind die Tafeln auf eine flächendeckende           Im Gegensatz zu den Tafeln, die täglich Supermärkte            armutsbetroffenen Menschen helfen. ­Dafür brauchen sie
Unterstützung angewiesen – für den Unterhalt und Ausbau               ­anfahren und vor allem frische Waren abholen, kümmert         jedoch staatliche finan­zielle Unterstützung. Die Unterstüt-            Verbindliche gesetzliche Maßnahmen
der logistischen Infrastruktur.                                        sich der Dachverband unter anderem um die Akquise von         zung wäre ein wichtiger Schritt, um das Ziel, die Lebensmit-             gegen Lebensmittelverschwendung
       Angesichts der aktuellen Krisen, mit denen sich die             Großspenden bei Herstellern. Besonders eignen sich für die    telverschwendung bis 2030 zu halbieren, zu erreichen.                          dringend erforderlich
 ­­Tafeln konfrontiert sehen, ist es dramatisch, wenn finan­           bunde­sweite Verteilung Trockenwaren wie Snacks, Kühl­             Die Hilfe zahlreicher Unterstützerinnen und Unter­
 zielle Mittel fehlen, um gespendete Waren anzunehmen                  waren wie Molkereiprodukte und Tiefkühlwaren wie Pizza        stützer fließt schon jetzt in den Unterhalt der Logistik.        In Deutschland landen immer noch jährlich etwa 12 bis
und zu verteilen. Immer mehr Menschen fragen die Unter-                kurz vor Überschreiten des Mindesthaltbarkeitsdatums.         Bereits bestehende Lager können dank der Hilfe weiter            18 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll – das ist vor
stützung an, während die Lebensmittelspenden nicht für                       Im Vergleich zum Handel, in dem etwa vier Prozent der   betrieben und vereinzelte Personalstellen finanziert werden.     ­allem vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen drama-
alle reichen, die eine Tafel aufsuchen. Seit Anfang 2022               Überschüsse entstehen, bleiben mehr als viermal so viel                                                                         tisch. Um unnötige Lebensmittelabfälle weiter zu redu­
­kommen weniger Lebensmittelspenden bei den Tafeln an,                 ­Lebensmittel bei Herstellern und Erzeugern übrig. Gründe                                                                       zieren, braucht es gesetzliche Regelungen. Der Dachverband
 etwa, weil der Handel Prozesse digitalisiert und dadurch               für die Überschüsse sind etwa falsche Etikettierungen oder                   Partnerschaften bilden                            der Tafeln fordert von der Bundesregierung neben der
 besser plant und weil Supermärkte Waren mit kurzer Halt-               Saisonartikel, die nicht mehr verkauft werden können.                                                                          ­finanziellen Unterstützung der Tafeln verbindliche gesetz-
 barkeit häufiger selbst günstig verkaufen. Dazu kommen                      Tafel Deutschland nimmt Großspenden ab einer            Besonders hilfreich ist es, vor Ort Partnerschaften zu             liche Maßnahmen für Hersteller, den Lebensmittelhandel
 Probleme bei den Lieferketten infolge des Krieges in der               ­Warenmenge von fünf Paletten an und verteilt diese nach     ­bilden – beispielsweise zwischen Tafeln und Speditionen.          sowie Privatverbraucherinnen und -verbraucher.
 Ukraine.                                                                                                                             Viele Speditionspartner arbeiten schon mit Tafeln auf                 Drei Punkte sollten gesetzliche Regelungen aus Sicht
                                                                                                                                      ­lokaler Ebene zusammen, indem sie beispielsweise Lager-          der Tafeln umfassen, damit sie effektiv gegen Lebensmittel-
                                                                                                                                       flächen kostengünstig oder kostenfrei zur Verfügung stellen      verschwendung wirken:
                                                                                                                                       und Transporte für Lebensmittelspenden übernehmen.
                                                                                                                                       Tafel Deutschland arbeitet unter anderem eng mit der           1. Lebensmittelspenden müssen rechtssicher sein sowie ver-
                                                                                                                                       ­Spedition Dachser zusammen. Das Unternehmen spendet               einfacht und steuerlich begünstigt werden – sowohl für
                                                                                                                                        Geld, damit Lebensmittel- und Sachspenden zu den Landes-          Hersteller und Erzeuger wie auch für den Lebensmittel­
                                                                                                                                        verbänden transportiert werden können, ohne dass die              handel. Alle beteiligten Akteure müssen dafür gemeinsam
                                                                                                                                        Tafeln die F
                                                                                                                                                   ­ ahrten bezahlen müssen. Große Unternehmen            beraten.
                                                                                                                                        können den Tafeln die dringend benötigte Infrastruktur
                                                                                                                                        bereitstellen, die für die Lebensmittellagerung und den       2. Gemeinnützige, spendenempfangende Organisa­tionen
                                                                                                                                        Transport notwendig ist.                                          wie die Tafeln müssen finanziell durch den Staat unter-
                                                                                                                                             Die Erfahrungen zeigen, dass Prozesse bei der Abholung       stützt werden, um die notwendige Infra­struktur durch
                                                                                                                                        von Lebensmitteln rund um die Uhr verlässlich sein müs-           Lager und Transport bereit­stellen, anpassen und unter-
                                                                                                                                        sen, um angebotene Waren schnell und bedarfsgerecht zu            halten zu können.
                                                                                                                                        verteilen. Wenn ein Hersteller beispielsweise kurzfristig
                                                                                                                                        Waren kurz vor dem Mindesthaltbarkeitsdatum abzugeben         3. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen mit e­ iner
                                                                                                                                        hat, müssen die Lebensmittel schnell verteilt werden.             umfassenden Bil­dungskampagne über Maßnahmen
                                                                                                                                                                                                          gegen ­Verschwendung aufgeklärt ­werden.
Eine gut funktionierende Logistik ist not­wendig,
um große Lebensmittel­mengen zu retten.

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