Agile Mindset and Job Satisfaction: Paradigm Shift or Business as Usual? An Empirical Analysis of the Influence of an Agile Mindset on the Effects ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 Junior Management Science journal homepage: www.jums.academy Agile Mindset and Job Satisfaction: Paradigm Shift or Business as Usual? An Empirical Analysis of the Influence of an Agile Mindset on the Effects of the Job Characteristics Model Agiles Mindset und Arbeitszufriedenheit: Paradigmenwechsel oder alles beim Alten? Eine empirische Analyse des Einflusses eines agilen Mindsets auf die Wirkbeziehungen des Job Characteristics Models Julia Füntmann Universität zu Köln Abstract In a dynamic corporate environment, employees with an agile mindset are an essential success factor. The job satisfaction of these employees is therefore of particular importance. So far, research has not provided an answer to the question of what influence an agile mindset has on the relationship between job design and job satisfaction. In the context of this study, the question of whether an agile mindset influences the relationship between job characteristics and job satisfaction is to be answered. The quantitative study (N=953) is based on the Job Characteristics Model (JCM). The agile mindset is used as a moderator variable in the model and analyzed using hierarchical regression analyses. The results show that the agile mindset acts as a moderator on the relationship between autonomy and job satisfaction, as well as feedback and job satisfaction. However, the agile mindset has no significant influence on the correlation between variety of requirements and job satisfaction. Overall, the study shows that elements of job design can be used specifically to increase the job satisfaction of individuals with a high agile mindset. Zusammenfassung In einer dynamischen Unternehmensumwelt sind Mitarbeiter mit einem agilen Mindset ein essentieller Erfolgsfaktor. Der Ar- beitszufriedenheit dieser Mitarbeiter kommt somit eine besondere Bedeutung zu. Bislang bietet die Forschung keine Antwort darauf, welchen Einfluss ein agiles Mindset auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsgestaltung und Arbeitszufriedenheit hat. Im Rahmen dieser Arbeit soll die Frage beantwortet werden, ob ein agiles Mindset den Zusammenhang zwischen Tätigkeits- merkmalen und Arbeitszufriedenheit beeinflusst. Die quantitative Studie (N=953) basiert auf dem Job Characteristics Model (JCM). Das agile Mindset wird als Moderatorvariable in das Modell eingesetzt und mittels hierarchischer Regressionsanalysen analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass das agile Mindset als Moderator auf den Zusammenhang von Autonomie und Arbeits- zufriedenheit, sowie Rückmeldung und Arbeitszufriedenheit einwirkt. Auf den Zusammenhang von Anforderungsvielfalt und Arbeitszufriedenheit hat das agile Mindset jedoch keinen signifikanten Einfluss. Insgesamt zeigt die Studie, dass Elemente der Arbeitsgestaltung gezielt dazu genutzt werden können, die Arbeitszufriedenheit von Personen mit hohem agilen Mindset zu steigern. Keywords: Job Characteristcs Model; Arbeitszufriedenheit; Agiles Mindset; Moderatoranalyse. DOI: https://doi.org/10.5282/jums/v7i1pp32-66
J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 33 1. Einleitung erreicht. Das JCM wurde 1975 entwickelt und ist seit dem fester Bestandteil der Arbeitsanalyse-Literatur. Jedoch sollte 1.1. Problemstellung beachtet werden, dass sich die Arbeitswelt seit der Validie- Der Großteil der Lebenszeit eines Erwachsenen dreht sich rung des JCMs verändert hat. Es gilt, aktuelle Trends und um bezahlte und unbezahlte Arbeit. Die berufliche Tätigkeit Entwicklungen der Arbeitswelt im Auge zu behalten und re- wird dabei in industrialisierten Gesellschaften wie Deutsch- sultierende Veränderungen der postulierten Wirkungszusam- land nicht als reine Einkommensquelle, sondern vielmehr als menhänge zu evaluieren. Möglichkeit zur Befriedigung intrinsischer Bedürfnisse ver- Unvorhersehbare, dynamische und sich ständig verän- standen (Kirchler & Hoelzl, 2018, S.286 ff.). In diesem post- dernde Bedingungen charakterisieren das Umfeld in dem materialistischem Wertesystem rücken Ziele wie Selbsterfül- eine Vielzahl von Unternehmen zurzeit agieren. Turbulenzen lung, Wertschätzung und Zufriedenheit in den Fokus (Ingle- und Unsicherheiten sind zwar gewiss kein neues wirtschaft- hart, 2008). Diener (2000, S.34 ff.) fand heraus, dass in west- liches Phänomen, jedoch treten sie in den letzten Jahren lichen Gesellschaften Glück und Zufriedenheit durchweg ei- wesentlich häufiger und unvorhergesehener auf als jemals ne höhere Bedeutung zukommt als Geld. Eine Arbeit, die zuvor. Diese Bedingungen entstehen durch intensiven glo- als belastend wahrgenommen wird und unzufrieden macht, balen Wettbewerb, schnellen technologischen Wandel, kür- ist somit nicht konform mit dem vorherrschenden Wertesys- zere Produkt-Lebenszyklen und individualisierte, von Kun- tem. Das Konzept der Arbeitszufriedenheit rückt dadurch in denwünschen bestimmte Produkte. Um diesen Herausfor- den Fokus und ist zurzeit eines der meistbehandelten For- derungen zu begegnen, bietet das Konzept der „Agilität“ schungsthemen der Organisationspsychologie (Dormann & einen umfassenden Lösungsansatz (Goldman, Nagel, Preiss Zapf, 2001, S.483; Judge & Kammeyer-Mueller, 2012, S.342 & Warnecke, 1996, S.3 ff.; Sharifi & Zhang, 1999, S.7 f.; ff.). Meta-Analysen zeigen, dass Arbeitszufriedenheit signifi- Vázquez-Bustelo, Avella & Fernández, 2007, S.1308 ff.; Yus- kant positiv mit dem subjektiven Wohlbefinden, der Lebens- uf, Sarhadi & Gunasekaran, 1999, S.34 f.). Agilität ist die zufriedenheit (Bowling, Eschleman & Wang, 2010, S.920 ff.) konzeptionelle Reaktion auf neue Anforderungen, die aus und der Gesundheit (Faragher, Cass & Cooper, 2005, S.107 der Unternehmensumwelt hervor gehen. Es beschreibt die ff.) zusammenhängt, aber auch mit arbeitsbezogenen Varia- Fähigkeit, auf Veränderungen (erwartete und unerwartete) blen wie einer höheren Arbeitsleistung (Judge, Thoresen, Bo- positiv zu reagieren und Wettbewerbsvorteile auf Basis die- no & Patton, 2001, S.385) oder einer geringeren Kündigungs- ser Veränderungen zu generieren. Dabei basiert Agilität auf absicht (Tett & Meyer, 1993, S.270 f.). Judge und Kammeyer- mehr als flexiblem Handeln, denn Flexibilität ist lediglich Mueller (2012, S.352 ff.) unterscheiden zwischen zwei zen- eine Subdimension von Agilität. Erst durch das Zusammen- tralen Forschungsrichtungen bei der Untersuchung von Ar- spiel von Flexibilität, Reaktionsfähigkeit, Kompetenz und beitszufriedenheit: Die erste befasst sich mit dem Zusammen- Geschwindigkeit wird Agilität in Gänze erreicht (Sharifi & hang von Arbeitszufriedenheit und Persönlichkeitsmerkma- Zhang, 1999, S.10f.). Agilität liefert somit die Antwort, „wie len, wie bspw. dem Big Five Persönlichkeitsmodell. Die zwei- von Wettbewerbsanforderungen in rasch sich verändernden, te beschäftigt sich mit dem Einfluss von situativen Bedingun- kontinuierlich fragmentarischer werdenden, globalen Märk- gen, wie bspw. Arbeitsplatzmerkmalen, auf die Arbeitszufrie- ten für kundenorientierte Produkte und Dienstleistungen von denheit. hoher Qualität und hoher Leistungsfähigkeit zu profitieren Ein Tool, welches eine kombinierte Betrachtung beider sei.“ (Goldman et al., 1996, S.3). Aspekte ermöglicht, ist das Job Characteristics Model (JCM) Agilität kann auf verschiedenen Ebenen erreicht und be- (Hackman & Oldham, 1975, S.160 ff.). Dieses Instrument trachtet werden. Yusuf et al. (1999, S.37) schlagen dazu eine der Arbeitsanalyse zeigt, wie eine berufliche Tätigkeit gestal- Unterscheidung von Individual-, Unternehmens-, und unter- tet sein sollte, um die Arbeitszufriedenheit eines Arbeitneh- nehmensübergreifender Ebene vor. Die Ebenen sind hierar- mers1 zu erhöhen. Die Arbeitsanalyse beruht dabei auf fünf chisch angeordnet. Agilität auf den höheren Leveln (Unter- zentralen Job-Dimensionen: Anforderungsvielfalt, Aufgaben- nehmen und unternehmensübergreifend) kann nur erreicht geschlossenheit, Bedeutsamkeit der Arbeit, Autonomie und werden, wenn sie auch auf Individuallevel besteht. Eine agi- Rückmeldung. Das JCM postuliert, dass diese Tätigkeitsmerk- le Organisation basiert demnach auf der Agilität ihrer einzel- male auf die Arbeitszufriedenheit einwirken und diese erhö- nen Ressourcen, zu denen neben bspw. Hard- und Software hen. Dieser positive Zusammenhang wird durch psychologi- auch der Faktor Mitarbeiter als zentraler Agilitätsträger zählt sche Erlebenszustände vermittelt. Zudem enthält das Modell (Gunasekaran, 1999, S.89 ff.; Sharifi & Zhang, 1999, S.11 f.; eine personenbezogene Moderatorvariable, nämlich das Be- Vázquez-Bustelo et al., 2007, S.1313 f.; Yusuf et al., 1999, dürfnis nach persönlicher Entfaltung. Je höher dieses persön- S.37). liche Entfaltungsbedürfnis, desto eher werden die vermitteln- Wie kann also erreicht werden, dass Mitarbeiter in der den Erlebenszustände und eine erhöhte Arbeitszufriedenheit Lage sind, das Konzept der Agilität anzuwenden? Nach Sha- rifi und Zhang (1999, S.9) ist eine Grundvoraussetzung dazu, 1 In dieser Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generi- dass neue Visionen und Sichtweisen auf Geschäftsmodell und sche Maskulinum verwendet. Die in der Abschlussarbeit gewählte männliche Unternehmensumfeld angewandt werden, was wiederum die Form bezieht sich immer zugleich auf weibliche, männliche und nicht-binäre Entwicklung eines neuen Mindsets erfordert. Das Mindset Personen. ist ein mentaler Rahmen, der das Denken und die Grund-
34 J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 annahmen von Menschen bestimmt (Cambridge University ter mit einem agilen Mindset neu definiert werden muss oder Press, o. J.). Der Einfluss spezifischer Mindsets auf den er- die bereits erforschten Wirkungszusammenhänge des JCMs folgskritischen Output wurde bereits in anderen Kontexten ihre Gültigkeit behalten. untersucht. Das „Entrepreneurial Mindset“ ist von Bedeutung für den unternehmerischen Erfolg (Ireland, Hitt & Sirmon, 1.2. Zielsetzung 2003, S.966 ff.), das „Growth Mindset“ hat einen Einfluss auf Im Rahmen dieser Masterarbeit soll die Frage beant- den Lernerfolg bei Schülern (Yeager et al., 1999, S.366 f.) wortet werden, ob ein agiles Mindset den Zusammenhang und das „Global Mindset“ beeinflusst den Erfolg internatio- zwischen Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufriedenheit be- nal agierender Unternehmen (Augusto Felício, Caldeirinha & einflusst. Das JCM dient bei der Beantwortung dieser Frage- Ribeiro-Navarrete, 2015, S.797 ff.). Zwar sind die Forschun- stellung als Ausgangsbasis. Das agile Mindset wird als Mo- gen zu einem agilen Mindset noch in den Anfängen, den- deratorvariable in das Modell eingesetzt. Dadurch kann der noch zeichnet sich ab, dass drei Dimensionen das agile Mind- Einfluss von verschieden starken Ausprägungen eines agilen set konstituieren und einen positiven und vorteilsbringenden Mindsets auf die Zusammenhänge zwischen Arbeitsgestal- Umgang mit neuen und im ständigen Wandel befindenden tung und Arbeitszufriedenheit untersucht werden. Dabei soll Rahmenbedingungen ermöglichen. Diese Dimensionen sind insbesondere untersucht werden, ob es Unterschiede zwi- Proaktivität, Adaptivität und Lernorientierung. Proaktivität schen den einzelnen Tätigkeitsmerkmalen gibt und welche beschreibt die aktive Suche eines Mitarbeiters nach Mög- dieser Merkmale für Mitarbeiter mit einem agilen Mindset lichkeiten einen Wettbewerbsvorteil aus den beschriebenen mit Hinblick auf ihre Arbeitszufriedenheit besonders be- Veränderungen in der Unternehmensumwelt zu generieren deutsam sind. Diese Arbeit enthält als erste Studie eine Ge- (Breu, Hemingway, Strathern & Bridger, 2002, S.26; Dyer & samtbetrachtung des agilen Mindsets und untersucht seinen Shafer, 2003, S.15 f.; Sharifi & Zhang, 1999, S.12). In der Einfluss auf die Wirkungszusammenhänge zwischen Arbeits- Adaptivität eines Mitarbeiters manifestiert sich sein flexibles merkmalen und Arbeitszufriedenheit. Dies ermöglicht einen Anpassen an aufkommende Anforderungen der Umwelt und Vergleich dieser neuen Ergebnisse mit den bereits validierten sein multiples Rollenverständnis (Dyer & Shafer, 2003, S.15 Wirkungszusammenhängen des JCMs. f.; Griffin & Hesketh, 2003, S.68 f.; Sharifi & Zhang, 1999, Des Weiteren sollen praktische Implikationen darüber S.12). Die Lernorientierung beschreibt die Intention eines abgeleitet werden, wie Unternehmen durch eine gezielte Ar- Mitarbeiters, ständig und aktiv neue Fähigkeiten zu entwi- beitsgestaltung die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitern mit ckeln und dieses Wissen mit der gesamten Organisation zu einem agilen Mindset positiv beeinflussen können. Für die teilen (Breu et al., 2002, S.26 f.; Dyer & Shafer, 2003, S.16 Forschung sollen Implikationen darüber gewonnen werden, f.). ob das Zusammenbringen der Forschungsströme der Arbeits- In einer dynamischen und turbulenten Unternehmen- analyse und Mitarbeiter-Agilität neue Erkenntnisse liefert sumwelt sind Mitarbeiter mit einem agilen Mindset ein wich- und Potenzial für weitere Forschungsaktivitäten aufweist. tiger Agilitätsträger und somit ein essentieller Erfolgsfaktor für Unternehmen. Daher besteht ein hohes Interesse daran, 1.3. Vorgehensweise dass Mitarbeiter mit einem agilen Mindset bestmögliche Ar- Die angestrebte Grundgesamtheit ist definiert als „alle beitsleistungen erbringen und langfristig im Unternehmen erwerbstätigen Personen mit Wohnsitz in Deutschland“. Da- verbleiben. Vor dem Hintergrund dieser intendierten Unter- her soll eine Stichprobe erhoben werden, die auf erwerbs- nehmensziele rückt die Arbeitszufriedenheit dieser Mitarbei- tätige Personen beschränkt ist, ansonsten aber in Bezug auf ter als wichtige Stellschraube in den Fokus. In der bisheri- arbeitsspezifische Merkmale wie Tätigkeitsumfang, Berufs- gen Forschung zeigt sich, dass sowohl personen- als auch gruppe, Leitungsfunktion oder Branche möglichst heterogen situationsbezogene Faktoren die Arbeitszufriedenheit kon- ist. Um die Forschungsfrage anhand dieser Stichprobe zu be- stituieren. Unternehmen können insbesondere durch eine antworten, wird in der vorliegenden Arbeit ein quantitativer optimierte Arbeitsgestaltung den situativen Einfluss auf die Forschungsansatz gewählt, bei dem die Daten mittels einer Arbeitszufriedenheit aktiv gestalten. Bislang bietet die For- Online-Umfrage erhoben werden. Auf diese Weise kann ein schung jedoch keine Antwort darauf, welchen Einfluss ein große Anzahl an Befragungsteilnehmern rekrutiert werden, agiles Mindset auf den Zusammenhang zwischen Arbeitsge- die nicht auf Studenten oder Angestellte eines bestimmten staltung und Arbeitszufriedenheit hat. Es zeigen sich zwei Unternehmens begrenzt ist. Je größer die zugrundliegende wesentliche Forschungslücken: 1.) Die bestehende Literatur Stichprobe, desto belastbarer ist die statistische Auswertung bietet bislang lediglich Erkenntnisse über den Einfluss der und somit auch die resultierenden Ergebnisse. Eine quantita- Einzeldimensionen Proaktivität, Adaptivität und Lernorien- tive Datenerhebung per Fragebogen ist zur Beantwortung der tierung mit Hinblick auf die Arbeitszufriedenheit (Erdogan aufgeworfenen Forschungsfrage sinnvoll, da zwei existieren- & Bauer, 2005, S.867 f.; Li, Liang & Crant, 2010, S.398 ff.; de Forschungsbereiche erstmalig miteinander verknüpft wer- Park & Holloway, 2003, S.244 ff.). Daher gilt es von einer den. Zum einen liegt zum JCM bereits eine validierte Skala fragmentierten zu einer ganzheitlichen Betrachtung des agi- zur Erhebung der Variablen sowie eine große Anzahl an Stu- len Mindsets als unabhängige Variable zu gelangen; 2.) Es dien vor. Auch zum agilen Mindset existieren validierte Ska- bestehen keine Erkenntnisse darüber, ob der Zusammenhang len und wissenschaftliche Erkenntnisse. Zum anderen wur- zwischen Arbeitsgestaltung und -zufriedenheit für Mitarbei-
J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 35 den die Zusammenhänge von JCM und agilem Mindset zu- 2.1. Auswahl des geeigneten Arbeitsanalyseverfahrens vor noch nicht analysiert. Daher ist es sinnvoll, zunächst Er- Eine berufliche Tätigkeit hat Auswirkungen auf das ar- gebnisse mit einer hohen allgemeinen Aussagekraft zu gene- beitende Individuum, diese können sowohl negativ als auch rieren, bevor dann spezifischere Aspekte bspw. anhand von positiv ausfallen. Zur Vorbeugung der negativen Konsequen- Experimenten oder Fallstudien untersucht werden. zen wie körperliche und psychische Erkrankungen, existie- Das zweite Kapitel liefert den konzeptionellen und theo- ren Gesetze (z.B. Bildschirmarbeitsverordnung §§ 3 und 5, retischen Hintergrund der Arbeit. Dort wird zunächst die oder Arbeitsschutzgesetz §§ 3 und 4), tarifliche Vereinbarun- Auswahl des JCMs als zentrales Analyse-Instrument sowie gen oder betriebsinterne Regelungen (Kauffeld & Martens, seine Eignung zur Beantwortung der Forschungsfrage erläu- 2019, S.262). Um die Arbeit und die resultierenden Einflüs- tert. Anschließend wird das Job Characteristics Model nach se auf den Arbeitenden vom negativen ins positive zu verbes- Hackman und Oldham (1975, 1976) zunächst allgemein sern, gibt es jedoch eine zentrale Voraussetzung: die systema- dargestellt. Anschließend werden die Tätigkeitsmerkmale, tische Erfassung des Status-Quos. Dies geschieht durch den die Arbeitszufriedenheit sowie das Zusammenspiel von bei- Einsatz von Arbeitsanalyseverfahren. Eine Arbeitsanalyse ist den Variablen erläutert. Nachfolgend wird die Rolle einer die systematische Sammlung und Beurteilung von „Informa- personenbezogenen Moderatorvariable im Kontext des JCMs tionen über die Tätigkeit eines arbeitenden Individuums, die dargestellt. Darauf aufbauend wird das agile Mindset defi- Arbeitsbedingungen und deren Wirkungen (. . . ).“ (Schaper, niert und seine potentielle Moderator-Rolle im Rahmen des 2019, S.408). Es gilt ein Arbeitsanalyseverfahren auszuwäh- JCMs hergeleitet. Im dritten Kapitel wird eine Übersicht über len, welches die spezifischen Anforderungen erfüllt, die zur die verwendete Stichprobe und Methodik gegeben. Der em- Beantwortung der aufgeworfenen Forschungsfrage notwen- pirische Hauptteil der Arbeit folgt in Kapitel 4. Hier sollen dig sind. die Ergebnisse zunächst deskriptiv dargestellt werden. An- Die Auswahl der zur Verfügung stehenden Arbeitsanaly- schließend wird mittels hierarchischer Regressionsanalysen severfahren ist vielfältig. Darum werden die verschiedenen untersucht, ob das agile Mindset als Moderator auf den Zu- Verfahren in einem strukturierten Auswahlprozess miteinan- sammenhang zwischen Arbeitsgestaltung und Arbeitszufrie- der verglichen. Nach Dunckel (1999, S.12 ff.) gibt es drei denheit einwirkt. Basierend auf dem vierten Kapitel werden Aspekte, welche die Auswahl des passenden Instrumentari- in Kapitel fünf die Ergebnisse diskutiert. Die Erkenntnis- ums maßgeblich bestimmen: se werden ins Verhältnis zur bestehenden Literatur gesetzt. 1. Welches Ziel wird mit der Arbeitsanalyse verfolgt? Dazu werden Diskrepanzen sowie Übereinstimmungen auf- 2. Wie ist der Anwendungsbereich definiert? gezeigt und mögliche Erklärungsansätze dafür erläutert. 3. Welche Variablen sollen gemessen werden? Darauf folgend werden Implikationen für Forschung und Das übergeordnete Ziel von Arbeitsanalysen besteht in Praxis abgeleitet. Abschließend werden die Limitationen der der Identifikation von Optimierungsbedarfen. Diese Optimie- vorliegenden Arbeit und ein finales Fazit präsentiert. rungsbedarfe können dabei auf verschiedene Unterziele aus- gerichtet sein, wie z.B. die Arbeitsgestaltung, Arbeits- und 2. Theoretischer Hintergrund Gesundheitsschutz oder Weiterbildungserfordernisse (Dun- ckel, 1999, S.13; Schaper, 2019, S.388 f.). In der vorliegen- Für eine Bewertung der empirischen Ergebnisse ist es es- den Arbeit soll die Optimierung der Arbeitsgestaltung im Vor- sentiell, ein einheitliches Verständnis der theoretischen Hin- dergrund stehen, sodass ein Arbeitsanalyseverfahren gewählt tergründe zu schaffen. Um die Frage zu beantworten, inwie- werden muss, welches dies ermöglicht. fern das agile Mindset einen moderierenden Einfluss auf den Auch die Definition des Anwendungskontexts ist für die Zusammenhang von Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufrie- passende Auswahl des Arbeitsanalyseverfahrens essentiell. denheit hat, wird zunächst die Auswahl des JCMs als erklä- Dunckel (1999, S.13 f.) differenziert zwischen den folgenden rendes Instrument erläutert. Anschließend wird das JCM all- Anwendungsbereichen: gemein dargestellt und dann in einem zweistufigen Prozess detailliert auf die Wirkungszusammenhänge des Modells ein- • Branche (z.B. Verarbeitendes Gewerbe, Handel, Land- gegangen. Im ersten Schritt wird der Zusammenhang von wirtschaft) Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufriedenheit erläutert und • Berufsgruppe (z.B. mit oder ohne Leitungsfunktion) eine erste Hypothese abgeleitet. Im zweiten Schritt richtet sich der Fokus auf die Rolle der Moderatorvariable. Die beste- • Art der Tätigkeit (z.B. Verwaltungs-, Montage-, Steue- hende Literatur bietet bereits Erkenntnisse über verschiedene rungstätigkeit) moderierende Einflüsse auf den Zusammenhang von Tätig- • Organisationsebene (z.B. Unternehmen insgesamt, Ab- keitsmerkmalen und Arbeitszufriedenheit. Aufbauend darauf teilung, Team) wird der moderierende Einfluss des agilen Mindsets herglei- tet und die zweite Hypothese gebildet. Das Kapitel 2 bietet Mit Hinblick auf die Zielsetzung dieser Arbeit soll ein somit die theoretische Herleitung für die anschließende em- möglichst großer Anwendungsbereich angesprochen wer- pirische Untersuchung. den, der nicht nach einem oder innerhalb der oben genann- ten Anwendungsbereiche differenziert. Nur so können Er- gebnisse mit einer hohen allgemeinen Aussagekraft erzielt
36 J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 werden. Daher ist es wichtig ein Arbeitsanalyseinstrument ne Messung der Arbeitszufriedenheit ist kein Bestandteil des zu wählen, welches nicht spezifisch für bestimmte Anwen- WDQs, sondern muss durch eine externe Skala ergänzt wer- dungskontexte entwickelt wurde, sondern eine Betrachtung den. Morgeson und Humphrey (2006, S.1329) nutzen dafür über alle genannten Bereiche hinweg erlaubt. die Arbeitszufriedenheits-Skala von Campion (1988, S.480 Arbeitsanalyseverfahren können auf eine Vielzahl von f.), Stegmann et al. (2010, S.6) hingegen jene aus dem JDS. Variablen abzielen, welche wiederum von der individuellen Der entscheidende Unterschied zwischen den drei Verfahren Zielsetzung der Analyse abhängig sind. Wichtig ist hier die ergibt sich aus ihrer Zuordnung zu den bedingungs- oder zentrale Unterscheidung von bedingungs- und personenbe- personenbezogenen Verfahren. Bei JDI sowie WDQ handelt zogenen Arbeitsanalyseverfahren. Bei der bedingungsbezo- es sich um bedingungsbezogene Verfahren (Stegmann et al., genen Perspektive geht es primär um die Analyse von Va- 2010, S.1). Individuelle Unterschiede zwischen den arbeiten- riablen, welche Arbeitsmerkmale erfassen, unabhängig vom den Personen werden mit diesen Arbeitsanalyseinstrumenten jeweiligen arbeitenden Individuum. Bei der personenbezo- nicht erfasst. Wie zuvor beschrieben ist für die vorliegende genen Perspektive geht es um die Analyse von Variablen, Arbeit jedoch ein personenbezogenes Instrument der Arbeits- die erfassen, wie verschiedene Individuen unter gleichen analyse erforderlich, denn es soll der Einfluss der Personenva- Arbeitsbedingungen agieren und welche interindividuellen riable „Agiles Mindset“ auf den Zusammenhang zwischen Ar- Differenzen dadurch deutlich werden (Dunckel, 1999, S.15; beitsgestaltung und Arbeitszufriedenheit erforscht werden. Schaper, 2019, S.387 f.). Für die personenbezogene Perspek- Daher ist der JDS und das dahinterliegende Job Characteri- tive ist somit auch eine vorgelagerte Erfassung der Arbeits- stics Model das Arbeitsanalyseinstrument, welches geeignet merkmale erforderlich. In der vorliegenden Arbeit ist deshalb ist, um die aufgeworfene Forschungsfrage zu beantworten. ein personenbezogenes Verfahren notwendig. Die zu erfas- Als einziges Instrument beinhaltet es eine Variable, die auf senden Variablen sollen sowohl Arbeitsmerkmale als auch interindividuelle Unterschiede abzielt (Hackman & Oldham, das agile Mindset und die Arbeitszufriedenheit als subjektive 1975, S.160, Hackman & Oldham, 1976, S.269 f.). Individuums-Variablen beinhalten. Das JCM erfüllt somit die definierten Kriterien zur Beant- Die primären Anforderungen an das Arbeitsanalysein- wortung der Forschungsfrage. Darüber hinaus unterstützen strument wurden durch den Dreiklang von Zielen, Anwen- empirische Erkenntnisse die postulierten Wirkungszusam- dungsbereichen und Variablen definiert. Darüber hinaus menhänge des JCMs hinsichtlich der Signifikanz und Rich- muss das geeignete Verfahren noch weitere Nebenbedin- tung. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Arbeitszufrie- gungen erfüllen: Es soll auf der Selbstauskunft der Arbeiten- denheit (Fried & Ferris, 1987, S.300 ff.; Hackman & Oldham, den beruhen, schriftlich und standardisiert sein, damit eine 1976, S.263). Zur Verifizierung des JCMs wurde der JDS erst- Sammlung und Analyse mit einer hohen Anzahl an Teilneh- malig an 658 Arbeitnehmern in 62 verschiedenen Tätigkeiten mern möglich ist. in sieben Organisationen angewandt. Der Fragebogen beruht Zur Auswahl des passenden Analyseinstruments, wel- auf der Selbstauskunft der Befragten. Die Ergebnisse dieser ches die zuvor formulierten Anforderungen erfüllt, wurden erstmaligen Anwendung stimmen mit den vom JCM postu- 23 Arbeitsanalyseverfahren miteinander verglichen. Die voll- lierten Wirkungszusammenhängen überein. Außerdem sug- ständige Tabelle befindet sich im Anhang (Anhang II). Der gerieren die Ergebnisse, dass sowohl die Reliabilität als auch Vergleich basiert auf folgenden Kriterien: Ziel des Verfah- die Validität der Skalen des JDS grundsätzlich zufrieden- rens, Anwendungsbereich, mögliche Anwender, Erhebungs- stellend sind (Hackman & Oldham, 1975, S.160 ff.). Zu der methode, und einer Zusammenfassung der Hauptvariablen. gleichen Einschätzung kommen auch andere Studien, wel- Aufbauend auf dieser Einordnung verbleiben drei Verfahren, che die Reliabilität der JDS Skalen als akzeptabel einstufen welche die zuvor definierten Auswahlkriterien erfüllen: Der (Aldag, Barr & Brief, 1981, S.421 f.) und die Konstruktvalidi- Job Diagnostic Survey (JDS), der Job Descriptive Index (JDI) tät ebenfalls bestätigt (Taber & Taylor, 1990, S.478 ff.). Die und der Work Design Questionnaire (WDQ). bestehenden empirischen und metrischen Ergebnisse bele- Wie in Tabelle 1 dargestellt, ermöglichen alle drei Instru- gen, dass das JCM und der dazugehörige Fragebogen (JDS) mente eine Analyse der Arbeitsgestaltung, sind in ihrem An- grundsätzlich als Analyseinstrument geeignet sind. Auf diese wendungsbereich nicht eingeschränkt und werden mittels ei- empirischen und metrischen Eigenschaften wird im Verlauf ner schriftlichen Befragung der arbeitenden Personen erho- der Arbeit noch detaillierter eigegangen. ben. Der JDS misst die Variablen des JCMs und somit u.a. die fünf Dimensionen der Arbeitsgestaltung (Anforderungs- 2.2. Arbeitsanalyse anhand des Job Characteristics Models vielfalt, Aufgabengeschlossenheit, Bedeutsamkeit der Aufga- Nachdem die Eignung des JCM zur Beantwortung der be, Autonomie, Rückmeldung) und die allgemeine Arbeits- Forschungsfrage dargestellt wurde, wird das vollständige zufriedenheit. Der JDI untersucht fünf verschiedene Facet- JCM zunächst allgemein vorgestellt. Jedoch sind nicht al- ten der arbeitsbezogenen Zufriedenheit: Zufriedenheit mit le im JCM enthaltenen Variablen für die Beantwortung der der Tätigkeit selbst, dem Vorgesetzten, der Bezahlung, den Forschungsfrage relevant. Daher werden anschließend an Entwicklungsmöglichkeiten und den Kollegen (Castanheira, die allgemeine Darstellung des JCMs lediglich die relevan- 2014). Der WDQ ermöglicht eine Analyse der Aufgabenmerk- ten Variablen Tätigkeitsmerkmale, Arbeitszufriedenheit und male, Wissensmerkmale, sozialen Arbeitsplatzmerkmale so- Moderatorvariable detaillierter beschrieben und ihre Wir- wie kontextuelle Merkmale einer beruflichen Tätigkeit. Ei- kungszusammenhänge analysiert.
J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 37 Tabelle 1: Bewertung ausgewählter Arbeitsanalyseverfahren (angelehnt an Dunckel, 1999, S.25 ff.) Anwendungs- Erhebungs- Verfahren Ziel Anwender Hauptvariablen bereich methode JDI AG P/F, B/V, DL AR BF Facetten der Arbeitszufriedenheit mit: Tätigkeiten, Vorgesetz- tem, Entwicklungs-möglichkeiten, Bezahlung, Kollegen JDS AG P/F, B/V, DL AR BF Anforderungsvielfalt, Aufgabengeschlossenheit, Bedeutsam- keit der Aufgabe, Autonomie, Rückmeldung, Erlebenszustän- de, allg. Arbeitszufriedenheit WDQ AG P/F, B/V, DL AR BF Aufgabenmerkmale, Wissensmerkmale, soziale Arbeitsplatz- merkmale, kontextuelle Merkmale Anmerkungen. AG = Arbeitsgestaltung, P/F = Produktion & Fertigung, B/V = Büro & Verwaltung, DL = Dienstleistung, AR = Arbeitnehmer, BF = Befragung 2.2.1. Allgemeine Darstellung des JCMs der Arbeitnehmer den Zusammenhang als Moderator be- Nach Taber und Taylor (1990, S.467 f.) legten vier weg- einflussen. Die vierte Stimulierung für die Erforschung der weisende Forschungsarbeiten die konzeptionellen und me- Tätigkeitsmerkmale erfolgte durch die Studie von Hackman thodischen Grundsteine für die moderne Forschung zur per- und Lawler (1971, S.271 ff.). Sie bestätigten die Richtung sonenbezogenen Arbeitsanalyse durch das JCM. Als erste von Turner und Lawrence (1965), dass Arbeitsmerkmale im lieferten Walker und Guest (1952, S.38 ff.) Erkenntnisse direkten Zusammenhang mit Reaktionen auf die Arbeit, wie über den Zusammenhang von Arbeitsbedingungen und - bspw. Arbeitszufriedenheit, stehen. Dazu ordneten sie die zufriedenheit bei Fließband-Arbeitern. Die Untersuchungen Tätigkeitsmerkmale zunächst entweder der Kerndimension zeigten, dass vor allem das mechanisch vorgegebene Ar- oder der interpersonellen Dimension zu. Zur Kerndimension beitstempo, die repetitiven Arbeitsschritte und die minima- zählen Vielfältigkeit, Autonomie, Aufgabengeschlossenheit len Fähigkeitsanforderungen den Arbeitern missfielen. Der und Rückmeldung. Aspekte der interpersonellen Interaktion nächste Meilenstein war die Entwicklung der Zwei-Faktoren- wurden depriorisiert. Außerdem fügten sie das Bedürfnis Theorie von Herzberg (1966, S.71 ff.). Die Theorie besagt, nach persönlicher Entfaltung (engl. Growth Need Strength) dass die Hauptdeterminanten von Arbeitszufriedenheit in als Moderatorvariable hinzu. Zur Messung entwickelten sie intrinsischen Arbeitsfaktoren zu finden sind, wie bspw. Ziel- einen standardisierten Fragebogen, den Yale Job Inventory erreichungserlebnisse, Anerkennung oder Verantwortung. (YJI). Dieser Selbstauskunftsbogen erlaubt die Erforschung Diese Faktoren werden auch als Motivatoren bezeichnet. von Arbeitsmerkmalen mit Hilfe der Umfragemethode (Taber Unzufriedenheit wird hingegen von sog. Hygienefaktoren & Taylor, 1990, S.468). Auf Basis dieser ersten Forschungen ausgelöst. Diese sind extrinsisch zur eigentlichen Arbeit entwickelten Hackman und Oldham (1975, 1976, 1980) und umfassen bspw. Unternehmensrichtlinien, Gehaltsplä- ihre Theorie des Job Characteristics Models, welches sich ne oder Führungsstil. Jedoch ist diese Theorie nicht in der zum meist genutzten Arbeitsanalyseinstrument entwickelte Lage zu erklären, warum Personen unterschiedlich auf be- (Morgeson & Humphrey, 2006, S.1321). rufliche Tätigkeiten reagieren, die objektiv ein Übergewicht Das Job Characteristics Model bietet als personenbezoge- an Motivatoren aufweisen. Außerdem war eine Reihe von nes Arbeitsanalyseinstrument eine systematische Analyse des Forschern nicht in der Lage, empirisch die Hauptaussagen Wirkungszusammenhangs zwischen Tätigkeitsmerkmalen der Zwei-Faktoren-Theorie zu belegen. Dies wurde primär und individuellen Reaktion auf die Arbeit (Hackman & Old- auf methodische Probleme zurückgeführt, die insbesondere ham, 1976, S.255). Wie in Abbildung 1 dargestellt, nimmt auf die unpräzise Messbarkeit von Motivatoren und Hygiene- das Modell im Wesentlichen an, dass fünf Tätigkeitsmerkmale faktoren zurückzuführen sind (Hackman & Oldham, 1976, drei psychologische Erlebenszustände beeinflussen, welche S.251 f.; Nerdinger, 2016, S.467 f.). Den dritten Meilen- wiederum Reaktionen auf die berufliche Tätigkeit auslösen. stein stellte die empirische Arbeit von Turner und Lawrence Im JCM werden fünf Zielvariablen betrachtet, welche (1965, S.5 ff.) dar. Sie entwickelten sechs „Requisite Task durch das Ausüben einer beruflichen Tätigkeit beeinflusst Attributes“, die in einem positiven Zusammenhang mit der werden können: Allgemeine Arbeitszufriedenheit, intrinsi- Arbeitszufriedenheit und Anwesenheit von Arbeitnehmern sche Arbeitsmotivation, Fehlzeiten und Fluktuation sowie stehen. Diese sechs Job-Dimensionen sind: Vielfältigkeit, Au- Arbeitsleistung. Die Beeinflussung dieser Zielvariablen ist tonomie, erforderliche Interaktion, optionale Interaktion, dabei an drei psychologische Erlebenszustände geknüpft, die erforderliche Kenntnisse und Fähigkeiten sowie Verantwort- sog. „critical psychological states“. Wenn folgende psycholo- lichkeit. Die Definition dieser sechs Job-Dimensionen stellt gische Erlebenszustände erreicht werden, führt das Ausüben das erste Arbeitsanalyseinstrument mit einem Fokus auf ob- der Tätigkeit zu positiven Reaktionen: a) Der Arbeitnehmer jektiven Tätigkeitsmerkmalen dar. Des Weiteren fand die nimmt die Bedeutsamkeit der Arbeit wahr; b) er spürt die Studie heraus, dass Unterschiede im kulturellen Background Verantwortung für seine Arbeitsergebnisse; und c) er erhält
38 J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 Abbildung 1: Job Characteristics Model (Hackman & Oldham, 1975, S.161) Erkenntnisse über die Ergebnisse seiner Arbeit (Hackman ratorvariable wird erst im zweiten Schritt der Betrachtung in & Oldham, 1975, S.160, Hackman & Oldham, 1980, S.72 Kap. 2.3 mit einbezogen. f.; Schmidt & Kleinbeck, 1999, S.206). Die drei kritischen Erlebenszustände sind innere Befindlichkeiten einer Person 2.2.2. Die unabhängigen Variablen: Merkmale einer berufli- und daher nicht direkt manipulierbar. Deshalb werden fünf chen Tätigkeit Tätigkeitsmerkmale identifiziert, die diese Erlebenszustän- Das JCM postuliert, dass die Reaktionen auf die berufliche de auslösen und zugleich objektiv, veränderbar und messbar Tätigkeit von Tätigkeitsmerkmalen und den daraus folgen- sind. Diese sind: Anforderungsvielfalt, Aufgabengeschlossen- den psychologischen Erlebenszuständen abhängig ist. Diese heit, Bedeutsamkeit der Aufgabe, Autonomie und Rückmel- beiden Arten von Variablen werden im Folgenden näher er- dung (Hackman & Oldham, 1980, S.77). Zusätzlich bietet läutert. Wie Abbildung 1 zeigt, werden im JCM fünf Tätig- das Modell die Möglichkeit, die fünf Tätigkeitsmerkmale zu keitsmerkmale identifiziert: Anforderungsvielfalt, Aufgaben- einem Gesamtindex zusammenzufassen, welcher das Moti- geschlossenheit, Bedeutsamkeit der Aufgabe, Autonomie und vationspotential einer Stelle beschreibt. Der sog. Motivating Rückmeldung. Diese lösen psychologische Erlebenszustände Potential Score (MPS) reflektiert das kombinierte Potential aus, die dann wiederum bspw. auf die Arbeitszufriedenheit einer Stelle intrinsisch motivierend auf den Arbeitnehmer einwirken. Die Bedeutung der einzelnen Job-Dimensionen einzuwirken (Fried & Ferris, 1987, S.288). sowie der Zusammenhang mit den kritischen Erlebenszustän- Jene beruflichen Tätigkeiten, die einen hohen MPS und den soll nun aufgezeigt werden. somit hohe Ausprägungen in den einzelnen Job-Dimensionen Anforderungsvielfalt, Aufgabengeschlossenheit und Be- zeigen, werden als angereicherte oder komplexe Tätigkeit deutsamkeit der Aufgaben beeinflussen gemeinsam den psy- bezeichnet. Jedoch reagieren nicht alle Personen gleich auf chologischen Erlebenszustand erlebte Bedeutsamkeit der Ar- komplexere Tätigkeiten. Personen, deren Bedürfnis nach beit. Erlebte Bedeutsamkeit der Arbeit misst den Grad, zu persönlichem Wachstum und Weiterentwicklung stark aus- dem ein Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit im Allgemei- geprägt ist, reagieren besonders positiv auf Tätigkeiten, die nen als sinnvoll, wertvoll und lohnend wahrnimmt (Hack- hohe Werte in den Job-Dimensionen aufweisen. Gleichzeitig man & Oldham, 1975, S.162). wirken solche Tätigkeiten auf andere Personen angsteinflö- Die Job-Dimension Anforderungsvielfalt beschreibt das ßend, wenn für diese Personen persönliche Weiterentwick- Ausmaß, in dem eine Arbeit die Ausführung einer Vielzahl lung nicht wichtig ist. Dieses Bedürfnis wird als Bedürfnis von verschiedenartigen Tätigkeiten erfordert und eine Reihe nach persönlicher Entfaltung bezeichnet und im Folgenden unterschiedlicher Fähigkeiten und Fertigkeiten der Person mit GNS (engl. Growth Need Strength) abgekürzt. Die Varia- zum Einsatz kommen (Hackman & Oldham, 1975, S.161, ble agiert im JCM als Moderatorvariable, da sie beeinflusst, Hackman & Oldham, 1980, S.78). Der Arbeitnehmer erlebt wie Arbeitnehmer auf berufliche Tätigkeiten reagieren, die seine Tätigkeit fast ausnahmslos als bedeutsam, sofern sie objektiv ein hohes Motivationspotenzial haben (Hackman & Aktivitäten beinhaltet, die seine Fähigkeiten herausfordern Oldham, 1975, S.160 ff.). oder weiterentwickeln. Je mehr Fähigkeiten angesprochen Die Wirkungszusammenhänge des JCMs sind komplex, werden, desto bedeutsamer erscheint ihm die Arbeit. Auch sodass eine mehrstufige Betrachtungsweise sinnvoll ist. Da- Aufgaben, die absolut gesehen nicht bedeutsam sind, kön- für werden in den folgenden Unterkapiteln zunächst ledig- nen von einer Person als bedeutsam erlebt werden, sofern lich die Tätigkeitsmerkmale und die Arbeitszufriedenheit als sie Bezug zu den Fähigkeiten und Talenten der Person haben zentrale abhängige Variable dargestellt. Die Rolle der Mode- und diese erweitern. Alltägliche Beispiele hierfür sind Ge-
J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 39 Anf orderungswielf. + Auf gabengeschl. + Bedeutsamkeit d. Aufg. MPS = × Autononie × Ruckmeldung (1) 3 sellschaftsspiele und Freizeitaktivitäten, weil sie intellektu- Die fünfte Job-Dimension ist die Rückmeldung. Der kriti- elle oder motorische Fähigkeiten ansprechen und verbessern sche Erlebenszustand Kenntnis über die Ergebnisse der Arbeit (Hackman & Oldham, 1976, S.257, Hackman & Oldham, hängt direkt von dem Ausmaß an Rückmeldung ab. Rück- 1980, S.78). Ein Beispiel für eine berufliche Tätigkeit mit meldung beschreibt den Grad, in dem die Ausführung der geringer Anforderungsvielfalt ist ein Mitarbeiter in einer Nä- Arbeitstätigkeiten dem Einzelnen direkte Informationen über herei, der über einen längeren Zeitraum das gleiche Modell die Wirksamkeit seiner Leistung liefert (Hackman & Oldham, einer Hose fertigt. 1975, S.162, Hackman & Oldham, 1980, S.80). Wichtig ist Aufgabengeschlossenheit ist definiert als das Ausmaß, in hierbei, dass es um jene Rückmeldung geht, welche die Per- dem eine Tätigkeit die Fertigstellung von ganzheitlichen und son unmittelbar durch die Tätigkeit selbst und damit verbun- identifizierbaren Aufgabenteilen ermöglicht. Dazu muss eine dene Aktivitäten erhält. Es ist abzugrenzen von Feedback, Tätigkeit durch einen erkennbaren Anfang und ein der Aus- dass man bspw. durch Vorgesetze oder Kollegen bekommt. führungslogik folgendes Ende mit sichtbarem Ergebnis ge- Diese Art von Feedback kann zwar auch zur Kenntnis über kennzeichnet sein (Hackman & Oldham, 1975, S.161, Hack- die Arbeitsergebnisse beitragen, jedoch soll hier der Fokus man & Oldham, 1980, S.78; Schmidt & Kleinbeck, 1999, auf Rückmeldungsmechanismen liegen, die sich aus der Ar- S.207). Ein Beispiel eines Fertigungsmitarbeiters verdeutlicht beit selbst ergeben (Schmidt & Kleinbeck, 1999, S.207). Ein den Unterschied zwischen hoher und niedriger Aufgabenge- Beispiel für eine Tätigkeit mit einem hohen Maß an Rückmel- schlossenheit: Wenn er ein ganzes Produkt fertigt, ist dies dung ist eine Tätigkeit im Gesundheitswesen, bei dem der Ar- bedeutsamer für ihn, als nur einen Teil zum Gesamtprodukt beitende den Patienten behandelt und eine Verbesserung des beizusteuern (Hackman & Oldham, 1976, S.257). Gesundheitszustandes wahrnimmt. Bedeutsamkeit der Aufgabe stellt das Ausmaß dar, in dem die Arbeit einen wesentlichen Einfluss auf das Leben, die Ar- 2.2.3. Arbeitszufriedenheit als zentrale abhängige Variabel beit oder das Wohlbefinden anderer Menschen hat (Hackman Abbildung 1 zeigt, dass das JCM verschiedene Variablen & Oldham, 1976, S.257; Schmidt & Kleinbeck, 1999, S.207). in Abhängigkeit von Tätigkeitsmerkmalen und Erlebenszu- Dabei ist es nicht entscheidend, ob es sich um Menschen in ständen betrachtet. Diese stellen dabei sowohl personen- als der unmittelbaren Umgebung (bspw. in der Organisation) auch verhaltensbezogene Reaktionen auf eine Tätigkeitsaus- oder Menschen in der Welt als Ganzes handelt (Hackman & übung dar. Die personenbezogenen Variablen sind Reaktio- Oldham, 1975, S.161, Hackman & Oldham, 1980, S.79). Ein nen einer Person, welche durch das Ausüben der berufli- Beispiel für eine Aufgabe mit hoher Bedeutsamkeit ist das An- chen Tätigkeit ausgelöst werden. Darunter fallen die allge- ziehen von Muttern an Flugzeugbremsen (Hackman & Old- meine Arbeitszufriedenheit und die intrinsische Arbeitsmoti- ham, 1976, S.257). vation. Arbeitszufriedenheit beschreibt nach Hackman und Das Tätigkeitsmerkmal Autonomie steht im Zusammen- Oldham (1975, S.162) und Hackman und Oldham (1980, hang mit dem kritischen Erlebenszustand der erlebten Ver- S.89) eine allgemeine Messung, wie zufrieden und glücklich antwortung für die Arbeitsergebnisse. Autonomie beschreibt der Arbeitnehmer mit seiner Arbeit ist. Die Definition von das Ausmaß, in dem die Arbeit dem Einzelnen bei der Pla- Locke (1976, S.1300) reichert das Verständnis von Arbeits- nung der Arbeit und bei der Festlegung der Verfahren, die zufriedenheit um den dahinterliegenden Bewertungsprozess bei der Ausführung der Arbeit anzuwenden sind, beträcht- an. Arbeitszufriedenheit ist demnach “a pleasurable or po- liche Freiheit, Unabhängigkeit und Ermessensspielraum bie- sitive emotional state resulting from the appraisal of one’s tet (Hackman & Oldham, 1975, S.162, Hackman & Oldham, job or job experiences” (Locke, 1976, S.1300). Diese Defini- 1980, S.79). Ein hohes Maß an Autonomie ist durch eine ge- tion stellt somit zwei zentrale Aspekte gleichermaßen in den ringe Präsenz von Instruktionen eines Vorgesetzten oder fest- Vordergrund, welche die Arbeitszufriedenheit konstituieren: geschriebenen Arbeitsabläufen gekennzeichnet (Hackman & Die Kognition (evaluativer Prozess) und den Affekt (Emo- Oldham, 1976, S.258). Bei beruflichen Tätigkeiten mit ei- tionen). Die Definition von Judge und Kammeyer-Mueller nem hohen Autonomiegrad erleben die arbeitenden Perso- (2012, S.347) vereinigt die genannten Aspekte von Kogni- nen, dass die Arbeitsergebnisse wesentlich von ihren eigenen tion und Affekt, denn sie definieren Arbeitszufriedenheit als Bemühungen, Initiativen und Entscheidungen abhängen. So- einen Evaluationszustand, der die Zufriedenheit mit und die mit spüren sie eine größere persönliche Verantwortung für positiven Gefühle über die eigene Arbeit ausdrückt. Diese De- Erfolg und Misserfolg (Hackman & Oldham, 1980, S.79 f.). finition impliziert, dass die allgemeine Arbeitszufriedenheit Ein Beispiel für eine Tätigkeit mit geringer Autonomie, ist die primär ein evaluatives Urteil ist, welches auf positiven und klassische Fließbandarbeit, bei der die Arbeitsabläufe und - negativen Emotionen beruht. Weiss (2002, S.175) argumen- taktungen nicht vom Arbeitenden selbst bestimmt werden tiert ebenfalls, dass die Kognition für die Arbeitszufriedenheit können. im Vordergrund steht. Die Arbeitszufriedenheit kann somit
40 J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 als zusammenfassende Bewertung von positivem und nega- und erweitertes Rollenverständnis beschreibt (Fassina, Jones tivem affektiven Erleben der beruflichen Tätigkeit definiert & Uggerslev, 2008, S.162 ff.). Dormann und Zapf (2001, werden. Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation werden S.483) halten fest, dass die Arbeitszufriedenheit nicht nur häufig in einem Atemzug genannt. Dabei lassen sich die bei- mit den diversen organisationalen Zielvariablen korreliert, den Konstrukte klar voneinander abgrenzen. sondern vielmehr Auslöser dieser beschriebenen Reaktionen Die intrinsische Arbeitsmotivation beschreibt das Aus- ist. Dieser kausale Zusammenhang wurde bspw. hinsichtlich maß, in dem ein Arbeitnehmer aus Eigenmotivation seine Arbeitsleistung und Fluktuation empirisch bewiesen. Riket- Arbeit effektiv erledigt (Hackman & Oldham, 1975, S.162). ta (2008, S.478 ff.) untersuchte den Zusammenhang zwi- Die Arbeitsmotivation äußert sich in der Verhaltensintensität schen Arbeitszufriedenheit und Leistung. Mit einem meta- und -richtung und misst somit vorrangig Leistungsaspekte analytischen Verfahren wurde ein Vergleich zwischen zwei (Nerdinger, 2016, S.464). Die verhaltensbezogenen Zielva- möglichen Wirkungsketten gezogen: 1.) Arbeitszufrieden- riablen umfassen die Variablen Arbeitsleistung sowie Absen- heit beeinflusst Arbeitsleistung; 2.) Arbeitsleistung beein- tismus und Fluktuation. Arbeitsleistung beschreibt sowohl flusst Arbeitszufriedenheit. Dabei zeigt sich, dass bei der die Qualität als auch die Quantität der Arbeit, aber auch ersten Perspektive (Arbeitszufriedenheit beeinflusst Arbeits- den gezeigten Einsatz. Absentismus misst die Tage, an de- leistung) der Einfluss zwar schwach aber signifikant ist (Re- nen ein Arbeitnehmer abwesend war (Hackman & Oldham, gressionskoeffizient β = ,08; p
J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 41 Studien beschrieben, welche den kausalen Zusammenhang und Bedeutsamkeit der Aufgabe zwar geringer, aber dennoch untersucht haben. So kann bewertet werden, ob die Tätig- signifikant sind. Daher gilt es, die Zusammenhänge weiter zu keitsmerkmale die Arbeitszufriedenheit auslösen, sowie im bewerten und insbesondere mit Hinblick auf die angestrebte JCM postuliert. Anschließend wird die Rolle der kritischen Moderator-Analyse zu evaluieren. Erlebenszustände für den Zusammenhang von Tätigkeits- Fried und Ferris (1987, S.307) widmeten sich dieser merkmalen und Arbeitszufriedenheit eingeordnet. Aufbau- Fragestellung, indem sie die deskriptiven Ergebnisse ihrer end auf diesen Erkenntnissen wird eine Hypothese über den Meta-Analyse nutzten. Sie untersuchten, ob die beobachte- Zusammenhang von Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufrie- te Varianz der Korrelationskoeffizienten die wahre Varianz denheit abgeleitet. repräsentiert oder ob die beobachtete Varianz vielmehr auf Stichproben- oder Messfehler zurückzuführen ist. Dazu teil- Deskriptive Erkenntnisse ten sie die unerklärte Varianz durch die beobachtete Varianz, Tabelle 2 zeigt die Mediane der Korrelationen zwischen Job- um den Anteil der unerklärten Varianz an der beobachteten Dimensionen, Erlebenszuständen und Arbeitszufriedenheit Varianz zu ermitteln. In Anlehnung an Pearlman, Schmidt basierend auf der Analyse von Hackman und Oldham (1976, und Hunter (1980, S.381 ff.) nutzten sie die Faust-Regel, S.261). Es zeigt sich, dass die Ergebnisse die im JCM aus- dass die unerklärte Varianz mindestens 25 % der beob- gewiesene Wirkungsrichtung bestätigen und eine hohe sta- achteten Varianz ausmachen muss, damit dieser Anteil als tistische Signifikanz aufweisen (Hackman & Oldham, 1976, signifikant eingestuft werden kann. Wenn der Anteil der un- S.261). Allgemein sind die Korrelationen zwischen den Erle- erklärten Varianz an der beobachteten Varianz als signifikant benszuständen und der Arbeitszufriedenheit größer, als die eingestuft wird, kann dieser Teil als wahre Varianz betrach- Korrelationen zwischen den Tätigkeitsmerkmalen und der tet werden, der nicht durch Stichproben- oder Messfehler zu Arbeitszufriedenheit. Während die Korrelationskoeffizienten Stande kommt. Das Vorliegen von wahrer Varianz ist dann (r) mit den Erlebenszuständen zwischen ,33 und ,64 liegen, wiederum ein Indikator dafür, dass es eine Moderatorvaria- weisen die Korrelationen mit den Tätigkeitsmerkmalen ge- ble geben könnte. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die ringere Werte zwischen ,21 und ,38 auf. Diese Beobachtung Auswirkungen potenzieller Moderatoren in Bezug auf den stützt das JCM dahingehend, dass die Erlebenszustände als Zusammenhang von Arbeitszufriedenheit und Aufgabenviel- Mediator wirken. Die Korrelationskoeffizienten zeigen, dass falt (84 % unerklärte Varianz an der beobachteten Varianz) Autonomie und Rückmeldung (r = ,38) den stärksten Zusam- und Autonomie (69 % unerklärte Varianz an der beobachte- menhang mit der Arbeitszufriedenheit aufweisen, wohinge- ten Varianz) untersucht werden sollten. Wie in Tabelle 2 und gen Aufgabengeschlossenheit (r = ,21) und Bedeutsamkeit Tabelle 3 dargestellt, zeigt die Analyse der Korrelationskoef- der Aufgabe (r = ,22) in einem deutlich schwächeren Zu- fizienten zwischen Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufrie- sammenhang zur Arbeitszufriedenheit stehen. denheit, dass Aufgabengeschlossenheit und Bedeutsamkeit Fried und Ferris (1987, S.301 ff.) Meta-Analyse, ba- der Aufgabe den schwächsten Zusammenhang mit der Ar- sierend auf rund 200 Studien, bestätigt die von Hackman beitszufriedenheit aufweisen. Darüber hinaus macht die Ana- und Oldham (1976, S.261 ff.) ausgewiesenen Wirkungszu- lyse der Varianz deutlich, dass diese zwei Job-Dimensionen sammenhänge des JCMs. Die korrigierten Mittelwerte der hinsichtlich der angestrebten Moderator-Analyse eine unter- Korrelationen zwischen den Tätigkeitsmerkmalen und der geordnete Rolle spielen. Daher werden die Tätigkeitsmerk- Arbeitszufriedenheit auf Basis der Meta-Analyse sind in Ta- male Aufgabengeschlossenheit und Bedeutsamkeit der Auf- belle 3 dargestellt. Auch hier besteht der stärkste Zusam- gabe für die Beantwortung der Forschungsfrage nicht weiter menhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Autonomie mit berücksichtigt. Die deskriptiven Ergebnisse des Zusammen- einem korrigierten r (rcorr ) von ,48. Auch Anforderungs- hangs von Rückmeldung und Arbeitszufriedenheit sind we- vielfalt (rcorr = ,45) und Rückmeldung (rcorr = ,43) weisen niger eindeutig, als bei den anderen vier Job-Dimensionen. ähnliche hohe Korrelationswerte mit der Arbeitszufrieden- Zwar identifizieren Fried und Ferris (1987, S.307) diesen Zu- heit auf. Die Zusammenhänge von Arbeitszufriedenheit und sammenhang nicht für eine potentielle Moderator-Analyse, Aufgabengeschlossenheit sowie Bedeutsamkeit der Aufgabe jedoch besteht durchweg eine hohe Korrelation zwischen den sind auch in der Meta-Analyse am schwächsten. Die Korre- beiden Variablen, sodass die Job-Dimension Rückmeldung in lationsanalysen in Tabelle 2 und Tabelle 3 zeigen, dass die dieser Arbeit weiterhin berücksichtigt werden soll. Zusammenhänge zwischen den einzelnen Job-Dimensionen und der Arbeitszufriedenheit insgesamt unterschiedlich stark Kausalität ausgeprägt sind. Daher stellt sich die Frage, ob einzelne Job- Die genannten Studien zeigen, dass ein Zusammenhang Dimensionen für eine Analyse des Zusammenhangs zwischen zwischen Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufriedenheit be- Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufriedenheit grundsätz- steht. Ob dieser Zusammenhang jedoch auch kausal begrün- lich bedeutsamer sind als andere. Es zeichnet sich ab, dass det ist, zeigt die Untersuchung durch Experimente. Diese die Job-Dimensionen Anforderungsvielfalt, Autonomie und liefern den Beweis dafür, dass die Tätigkeitsmerkmale tat- Rückmeldung einen stärkeren Zusammenhang mit der Ar- sächlich Verursacher der Arbeitszufriedenheit sind. Hack- beitszufriedenheit aufweisen, als die Aufgabengeschlossen- man, Pearce und Wolfe (1978, S.295 ff.) untersuchten die heit und Bedeutsamkeit der Arbeit. Jedoch zeigt Tabelle 2 kausalen Auswirkungen von Veränderungen der Tätigkeiten auch, dass die Korrelationen von Aufgabengeschlossenheit in einer Bank, welche sich durch technologische Innovatio-
42 J. Füntmann / Junior Management Science 7(1) (2022) 32-66 Tabelle 2: Median-Korrelationen der Tätigkeitsmerkmale und psychologischen Erlebenszuständen mit der Arbeitszufriedenheit (angeleht an Hackman & Oldham, 1976, S.261) Arbeitszufriedenheit Tätigkeitsmerkmale Anforderungsvielfalt ,32** Aufgabengeschlossenheit ,22** Bedeutsamkeit der Aufgabe ,21** Autonomie ,38** Rückmeldung ,38** Erlebenszustände Erlebte Bedeutsamkeit der Arbeit ,64** Erlebte Verantwortung für Arbeitsergebnisse ,41** Kenntnis über Arbeitsergebnisse ,33** Anmerkungen. N = 658; ** p < ,01 Tabelle 3: Korrigierter Mittelwert der Korrelation zwischen Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufriedenheit (angelehnt an Fried & Ferris, 1987, S.301) Anzahl der Stichproben rcorr Anforderungsvielfalt 22 ,45 Aufgabengeschlossenheit 19 ,26 Bedeutsamkeit der Aufgabe 16 ,35 Autonomie 20 ,48 Rückmeldung 20 ,43 nen ergaben. Die Forscher konnten die Variablen des JCMs schen Erlebenszustände einen stärkeren Zusammenhang mit sowohl vor als auch nach der Veränderung der Tätigkeits- der Arbeitszufriedenheit aufweisen, als die Tätigkeitsmerk- merkmale messen und so auf den kausalen Zusammenhang male. Aber liegt hier ein tatsächlicher Mediator-Effekt vor, schließen. Außerdem konnten sie ihre Stichprobe in drei sodass der Zusammenhang von Tätigkeitsmerkmalen und Ar- Untergruppen unterteilen: A) Tätigkeiten, die durch die Ver- beitszufriedenheit von den psychologischen Erlebenszustän- änderung komplexer wurden, B) Tätigkeiten, die durch die den abhängig ist? Hackman und Oldham (1976, S.264 f.) un- Veränderung weniger komplex wurden und C) Tätigkeiten, tersuchten diese Frage, indem sie zwei verschiedene Korre- deren Komplexität sich nicht änderte. Die Ergebnisse zei- lationswerte miteinander verglichen: 1.) Die Korrelationen gen, dass sich durch die Veränderung der Tätigkeitsmerk- des direkten Zusammenhangs von Tätigkeitsmerkmalen und male signifikante Unterscheide zwischen den drei Gruppen Arbeitszufriedenheit und 2.) Die partielle Korrelation von ergeben. Die Arbeitszufriedenheit steigt in Gruppe A nach Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufriedenheit. Die partiel- der Veränderung, während sie in Gruppe B sinkt. Dieses Er- le Korrelation wird errechnet, indem die direkte Korrelati- gebnis wird von weiteren Studien bestätigt. Orpen (1979, on um den Zusammenhangseffekt von psychologischem Zu- S.203 ff.) führte ein Feldexperiment in einer Bundesbehör- stand und Arbeitszufriedenheit korrigiert wird. Wenn die psy- de durch, bei dem das Treatment bewusst so gestaltet war, chologischen Erlebenszustände als Mediator fungieren, soll- dass es die Ausprägung der fünf Tätigkeitsmerkmale erhöht. ten die partiellen Korrelationen gegen Null gehen und in ih- Der Vergleich von Experimental- und Kontrollgruppe zeigt rer Größenordnung wesentlich geringer sein als die direkten signifikante Unterschiede bezüglich der Arbeitszufrieden- Korrelationen zwischen Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszu- heit. Ein Laborexperiment von Umstot, Bell und Mitchell friedenheit. Die Ergebnisse sind in Tabelle 4 dargestellt. Die (1976, S.382 ff.) bestätigt diesen kausalen Zusammenhang Werte zeigen, dass die partiellen Korrelationen von Arbeits- ebenfalls. Die Studien zeigen, dass nicht nur eine Korrelati- zufriedenheit und Autonomie sowie Rückmeldung nur leicht on zwischen Tätigkeitsmerkmalen und Arbeitszufriedenheit sinken, um jeweils ,14. Die partiellen Korrelationen sind mit besteht, sondern vielmehr ein kausaler Zusammenhang, bei Werten von ,29 bzw. ,23 nicht nahe null. Dementsprechend dem die Ausprägung der Tätigkeitsmerkmale den Grad der kann die Schlussfolgerung gezogen werden, dass Autono- Arbeitszufriedenheit bestimmt. mie und Rückmeldung direkt auf die Arbeitszufriedenheit einwirken und der Zusammenhang nicht abhängig ist von Rolle der kritischen Erlebenszustände als Mediator den psychologischen Erlebenszuständen. Während bei den Die Korrelationen in Tabelle 2 zeigen, dass die psychologi- genannten Tätigkeitsmerkmalen die Bedeutung des Media-
Sie können auch lesen