Beitrag: Dumpinglöhne bei EDEKA-Manuskript
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Manuskript Beitrag: Dumpinglöhne bei EDEKA – Leiharbeit auf Kosten der Mitarbeiter Sendung vom 4. Februar 2014 von Christian Rohde Anmoderation: Image ist alles. Deshalb gibt sich EDEKA in seiner Werbung gern als Lebensmittel-Liebhaber. Als Bewahrer des Guten. Doch besser ist der genossenschaftlich organisierte Verbund von Supermärkten deshalb noch lange nicht. Auch dort wälzen sie Kostendruck auf Mitarbeiter ab. Wie es ja üblich ist in der Branche. EDEKAs eigenen Fleischwaren-Lieferanten jedenfalls trifft es hart: Dort haben sie Angst, dass ihre Jobs demnächst von Leiharbeitern gemacht werden - berichtet Christian Rohde. Text: Bamberg, Anfang Januar. Der Mann, den ich treffe, kommt gerade von der Nachschicht. Er arbeitet seit Jahren für den größten Lebensmittelkonzern Deutschlands – die EDEKA- Gruppe. Er will nicht erkannt werden. Die Firma Franken-Gut, in der er arbeitet, gehört der EDEKA. Sie handelt mit Fleisch und Wurst. Umsatz: 236 Millionen Euro. Nacht für Nacht wird hier gewogen, zugeschnitten, abgebpackt was morgens in den Ladentheken liegt. Von drei Franken-Gut Werken soll das bei Bamberg dicht gemacht werden. Es sei unrentabel. Deswegen wurde allen Mitarbeitern gekündigt. Auch meinem Informanten. Es geht die Existenz von 68 Familien. O-Ton Mitarbeiter Franken-Gut: Viele von uns glauben: Man hat uns nur deshalb gekündigt, weil wir zu teuer sind. Die EDEKA will einfach Lohnkosten sparen. Ich bin fest davon überzeugt, wenn unser Werk geschlossen ist, wird unsere Arbeit von billigen Leiharbeitern an anderen Standtorten gemacht. Unser Informant gibt uns noch einen Hinweis. Zeitarbeitsfirmen suchten für EDEKA längst nach Billiglöhnern für die Franken-Gut
Werke. Auf der offiziellen Seite der Bundesagentur für Arbeit: Für ein anderes Franken-Gut Werk in Rottendorf sucht eine der Zeitarbeitsfirma tatsächlich Bewerber für die Lebensmittelproduktion. Auffällig: Die Anforderungen an die Bewerber gleichen denen der Gekündigten. Sogar Festanstellung wird versprochen. Zufall oder betreibt hier der größte deutsche Lebensmittelkonzern tatsächlich Missbrauch mit der Leiharbeit? In der Werbung präsentiert EDEKA wie kein anderes Unternehmen stolz das Können seiner Mitarbeiter. Werbespot EDEKA: „…. EDEKA - Wir lieben Lebensmittel.“ Ich bitte den Geschäftsführer der EDEKA Nordbayern, Sachsen und Thüringen - Heiko Kordmann um ein Interview. - Was entgegnet er dem Vorwurf, EDEKA missbrauche Leiharbeit, um teure Mitarbeiter loszuwerden? EDEKA teilt mit: Die Werksschließung in Trunstadt bei Bamberg sei aus wirtschaftlichen Gründen unvermeidbar. Den Vorwurf, dass Leiharbeiter die anfallende Arbeit an anderen Standorten übernehmen würden, weist EDEKA entschieden zurück. Also alles in Ordnung? Das Ganze nichts als eine normale unternehmerische Entscheidung? Der gekündigte Franken-Gut Mitarbeiter macht uns einen Vorschlag. Er fährt nach Würzburg, bewirbt sich zum Schein bei der Leiharbeitsfirma, die wir im Internet gefunden haben, bei Jaspers Personalservice. So will er herausfinden, ob sein gekündigter Job tatsächlich durch billigere Leiharbeit ersetzt werden soll. Frontal21 stellt das Gespräch nach. Grundlage ist ein Gedächtnisprotokoll. Nach kurzem Kennenlernen kommt der Inhaber der Leiharbeitsfirma zur Sache. O-Ton Manager Jaspers Personalservice: Also die Franken-Gut ist eine 100-prozentige Tochterfirma der EDEKA. Der Standort bei Bamberg macht jetzt Ende April zu. Und diese Arbeiten, die kommen jetzt nach Rottendorf. Und da entstehen eben jetzt neue Arbeitsplätze. O-Ton Franken-Gut Mitarbeiter: Und kann ich da mit einer Festanstellung rechnen?
O-Ton Manager Jaspers Personalservice: Ich sage mal so, wenn das jetzt mit der Schließung und der Verlagerung alles über die Bühne ist, dann rechnen Sie mal so mit einem halben Jahr in etwa, bis Sie dort fest angestellt werden. Am Ende des Gesprächs gibt es einen Arbeitsvertrag, Leiharbeit für 8,50 Euro die Stunde. Der gleiche Job für viel weniger Geld. O-Ton Frontal21: Wie bewerten Sie denn das Geschäftsgebaren der EDEKA- Gruppe offensichtlich Menschen auf der einen Seite zu entlassen und dann billige Zeitarbeiter woanders wieder einzustellen? O-Ton Mitarbeiter Franken-Gut: Ich halte das für eine riesen Sauerei. Viele von uns arbeiten mehr als 15 Jahre bei der Franken-Gut, jetzt droht uns allen die Arbeitslosigkeit. Der EDEKA geht es doch nur um Lohndumping und Gewinnmaximierung. Wir Mitarbeiter sind denen vollkommen egal. Berlin, hier wurden die Gesetze zur Leiharbeit gemacht. Ziel: mehr Beschäftigung. Neuerdings aber spricht selbst die Kanzlerin über die Schattenseiten. O-Ton Angela Merkel, CDU, Bundeskanzlerin, am 29.01.2014: Aus der unverzichtbaren Flexibilisierung des Arbeitsrechts sind neue Möglichkeiten des Missbrauchs entstanden. Schon die christlich-liberale Bundesregierung hat einige davon beseitigt, aber die Große Koalition wird weitere Korrekturen vornehmem müssen. Das hört sich nach einem großen Versprechen und nach Einsicht in politische Fehler an. Fehler, die hunderttausende Arbeitnehmer existenziell gefährden – und immer häufiger Gerichte beschäftigen. Vergangenen Donnerstag, Arbeitsgericht Bamberg. Viele Mitarbeiter der EDEKA-Firma Franken-Gut haben gegen ihre Kündigung geklagt. O-Ton Marko Bärschneider, Betriebsrat Franken-Gut: Wir wissen einfach nicht, wie es weiter geht. Für uns ist das ein Fall in ein tiefes Loch. O-Ton Andreas Janosch, Mitarbeiter Franken-Gut: Dieses Jahr bin ich 61, was soll ich da weiter machen, meine Rente wird gekürzt, muss ich mich arbeitslos melden und was dann weiter? In der Verhandlung berichten die Arbeitnehmer-Anwälte vom
Verdacht: EDEKA betreibe über Leiharbeit Lohndumping. Sie schildern dem Richter, dass eine Zeitarbeitsfirma bereits Leiharbeiter suche. Die sollen für weniger Geld die gleichen Jobs an anderen Orten machen - die der gekündigten Mitarbeiter. Der EDEKA Anwalt will sich dazu nicht äußern. Nach nur 20 Minuten ordnet das Gericht neue Verhandlungen an. Ein wenig Hoffnung macht sich breit nach den Äußerungen des Richters. O-Ton Marko Bärschneider, Betriebsrat Franken-Gut: Wir haben es ja gehört, was der Vorsitzende gesagt hat. Wenn dem so ist, sind die Kündigungen unwirksam. Die Gekündigten sind sich einig. Der Staat mache es Unternehmen wie EDEKA zu leicht. O-Ton Christian Dorn, Mitarbeiter Franken-Gut: Die wollen ein paar Leiharbeiter, Billigarbeiter reinstecken, das ist das ganze Spiel. Und da ist der Staat dran Schuld, mit dran Schuld, dass er modernen Sklavenhandel mittlerweile erlaubt. Der Fall EDEKA in Bamberg, Ausnahme oder Trend einer ganzen Branche? Gewerkschafter sind sicher: Die Gesetze zur Leiharbeit müssen dringend reformiert werden. O-Ton Jan Körper, Gewerkschaft NGG: Die Politik muss sofort und so schnell wie möglich reagieren. Die Gewerkschaften machen seit Jahren auf den Missstand aufmerksam, der durch Leiharbeit entsteht. Hier wird Leiharbeit sogar zur Werksschließung instrumentalisiert, das ist außerhalb dessen was geht. Da muss dringend juristisch nachgearbeitet werden und auch politisch nachgearbeitet werden. Wir haben da ganz klare Anforderungen an den Gesetzgeber. EDEKA-Geschäftsführer Heiko Kordmann war nicht vor Gericht erschienen. Weil er meine Interview-Bitte trotz der schweren Vorwürfe abgelehnt hatte, bleibt nur ein Besuch in der Zentrale. Man erwartet uns schon. O-Ton Frontal21: Christian Rohde vom ZDF. Wir suchen Herrn Kordmann von EDEKA. O-Ton Security EDEKA: Der steht nicht zur Verfügung. O-Ton Frontal21: Der steht nicht zur Verfügung? O-Ton Security EDEKA:
Wir haben Anweisung, Kamerateams freundlich vom Gelände zu verweisen. Ein letzter Versuch per Telefon. O-Ton Frontal21: Hallo. Christian Rohde, mein Name. Spreche ich mit Herrn Kordmann von EDEKA? – Hat aufgelegt. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.
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