BEITRAG: SHOWDOWN IN DER AFD - KAMPF UM DEN RECHTEN KURS
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Manuskript Beitrag: Showdown in der AfD – Kampf um den rechten Kurs Sendung vom 2. Juni 2015 von Michael Haselrieder, Anne Herzlieb, Gunnar Krüger, Hagen Mikulas und Andreas Postel Anmoderation: Rechts, rechter, AFD. Die Partei geht schon lange in die radikale Richtung. Bernd Lucke, ihr Vorsitzender, aber gibt sich jetzt empört und tut mit reichlicher Verspätung so, als würde ihn der Rechtsruck aus der Kurve schmeißen. Immer schon habe er sich eingesetzt für eine klare Abgrenzung zum rechten Rand, behauptet er auf einmal. Dabei war seine AFD doch genau da auf Stimmenfang gegangen - und genau deshalb waren die stramm rechten Neuzugänge stets nützlich und willkommen. Jetzt wird der Noch-Parteichef die Geister, die er rief, nicht wieder los. Da hilft auch ein verschobener Parteitag wenig. Unsere Reporter über Luckes verlogenen, und vielleicht schon verlorenen, letzten Kampf um den „rechten" Kurs der AFD. Text: Eigentlich sollte es ein Heimspiel werden für Bernd Lucke am Samstag bei der AfD in Hamburg. Doch statt über Partei- Spaltung, Rechtsruck und Weckruf zu reden, dozierte der AfD- Chef 90 Minuten über Europapolitik. Dabei erwartet die Basis klare Worte: O-Ton Kritiker: Und was Sie hier erzählen, ist so am Thema vorbei. Ich mach seit 2001 Politik. Das geht nicht. Und wenn Sie eine Trennung wollen, dann sagen Sie hier oder heute? O-Ton Kritiker: Ich bin entsetzt, weil das, was ihr hier getan habt, das ist definitiv die Spaltung der Partei. Wie tief gespalten die Partei ist, zeigt auch der Auftritt von Jörn Kurse. Der Hamburg-Chef der AfD rechnet knallhart mit seinen Kollegen aus Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen ab: O-Ton Jörn Kruse, AfD-Vorsitzender Hamburg:
Eine dieser Personen ist Björn Höcke, der den Unterschied zwischen AfD und NPD nicht kennt. Die zweite Person ist Pretzell, eine extrem unseriöse Person, den ich als Lügner und Betrüger bezeichnen würde. Und drittens: Frauke Petry, die immer ein nettes Gesicht macht, aber die meisten wissen nicht, in dieser Partei, dass sie extrem intrigant ist und in den letzten Monaten hinter den Kulissen derartig übel gewirtschaftet hat, dass es mir peinlich ist. Bei Pretzell hat sich Kruse mittlerweile entschuldigt. Die Äußerung tue ihm leid. Noch will Bernd Lucke die drohende Spaltung der AfD nicht wahrhaben. Die Partei müsse sich klar vom rechten Rand abgrenzen, sonst stehe er nicht mehr zur Verfügung: O-Ton Bernd Lucke, Bundessprecher AfD: Ich kann Ihnen auch versichern, dass ich mein Gesicht und meinen Namen für die AfD nur so lange hergebe, wie die AfD auch eine Politik macht, die ich inhaltlich vertreten kann, ja – sowohl vom Inhalt als auch vom Stil her. Damit dürfte auch er gemeint sein: Thüringens AfD-Chef Björn Höcke sorgt mit seinen Auftritten regelmäßig für Empörung: O-Ton Björn Höcke, AfD-Landesvorsitzender Thüringen: Auch dem Gendertotalitarismus, dieser Fehlgeburt des Behaviorismus, werden wir die Stirn bieten, sehr verehrte Damen und Herren. O-Ton Björn Höcke, AfD-Landesvorsitzender Thüringen: Aber wenn Sie Ihre perverse Sicht auf die Welt als allgemeine Erziehungsmaxime durchsetzen wollen. O-Ton Björn Höcke, AfD-Landesvorsitzender Thüringen: Halten Sie doch mal Ihre Klappe, ich bitte Sie. Auch im Thüringer Landtag ist die AfD gespalten. Drei der elf Abgeordneten haben die Fraktion bereits verlassen. Einer von ihnen ist Oskar Helmerich. Der Anwalt aus Erfurt hat seine Urteil über Höcke längst gefällt: O-Ton Oskar Helmerich, AfD Thüringen: Herr Höcke verherrlicht rechtsextreme, totalitäre Positionen. Wie die aussehen, das geht aus einer internen E-Mail hervor, die Höcke geschrieben haben soll. Darin fordert er die Abschaffung der Straftatbestände Volksverhetzung und verfassungswidrige Propaganda: Sie seien „Hebel der sanften Diktatur des 21. Jahrhunderts“, „politische Strafjustiz“. „Hinfort damit - und zwar schnell. Beste Grüße, Björn.“
Forderungen, die sonst nur die NPD vertritt. Björn Höcke kann sich nicht erinnern, diese E-Mail geschrieben zu haben und bestreitet jede Nähe zur NPD. O-Ton Björn Höcke, AfD-Vorsitzender Thüringen: Die NPD ist für uns eine extremistische Partei. Wir sind eine bürgerliche Partei. Es gibt keine Art von Zusammenarbeit. Wir haben ein sehr rigides Aufnahmeverfahren. Abgrenzung zur NPD ja – zur „Neuen Rechten“ nein. Der rechte Publizist Götz Kubitschek ist ein Weggefährte von Höcke. Kubitschek hetzte regelmäßig bei Pegida: O-Ton Götz Kubitschek, Publizist Dresden, am 09.02.2015: Jeder Ausländer macht unser graues, trauriges Deutschland bunt und fröhlich. Was für ein schrecklicher Irrtum. O-Ton Alexander Häusler, Extremismusforscher, Fachhochschule Düsseldorf Kubitschek ist ein maßgeblicher Akteur, um auch extrem rechte Bewegungen auf der Straße - wie Pegida oder die Identitäre Bewegung - mit zu forcieren und auch zu kanalisieren. Kubitschek betreibt einen rechten Verlag und das sogenannte „Institut für Staatspolitik“ auf einem Rittergut. Dorthin lud Björn Höcke seine Fraktion Ende 2014 ein - zum Gespräch mit Kubitschek und einem seiner Mitarbeiter: O-Ton Oskar Helmerich, AfD Thüringen: Dann hatte sich der Herr Höcke so geäußert, dass er die beiden Personen schon langjährig kennt, dass man gut befreundet sei und dass er entschieden habe, dass also dieser Verlag unterstützt werden müsse - von der Fraktion, mit mehreren tausend Euro monatlich. Die AfD bestreitet das. Die engen Verbindungen zu Kubitschek werden auch durch dieses Protokoll belegt: Darin beschließt die AfD einen Mitarbeiter von Kubitscheks Institut zu beschäftigen, im Bereich Asyl und Einwanderung. Die AfD und ihr Umgang mit rechts - für Brandenburgs AfD-Chef Alexander Gauland angeblich kein Thema: O-Ton Alexander Gauland, AfD-Vorsitzender Brandenburg: Ich kenne die Neuen Rechten nicht. Und in letzter Zeit sind in Brandenburg keine Mitglieder aufgenommen worden, die irgendeine rechte, politische Vergangenheit haben. In einem Dokument, das Frontal 21 vorliegt, wird Gauland noch
deutlicher, Zitat: „Gerade wir in Brandenburg haben uns immer sauber nach rechts abgegrenzt und weder ehemalige NPD- noch ehemalige DVU-Mitglieder zugelassen.“ Doch das ist falsch. Wir treffen Manfred Friedrich in Brandenburg an der Havel. Friedrich ist dort zweiter Kreisvorsitzender der AfD. Und das obwohl er eine rechtsextreme Vergangenheit hat. Er war drei Jahre lang Mitglied der DVU. O-Ton Frontal 21: Hat denn der Herr Gauland gelogen, wenn er sagt: In der AfD gibt es keine Ex-DVU-Mitglieder? O-Ton Manfred Friedrich, Stellvertretender AfD- Kreisvorsitzender Brandenburg / Havel: Ich sehe das nicht als Lüge an. Er meint das sicherlich so, dass keine direkt von der DVU gekommen sind. Ich bin ja nicht direkt von der DVU gekommen. Ich bin ja von der WASG gekommen. Ludwig Cromme ist Mitbegründer der AfD in Brandenburg. Er sollte AfD-Neumitglieder auf eine rechte Vergangenheit prüfen. Doch das habe die Partei nicht wirklich ernst genommen, sagt er: O-Ton Ludwig Cromme, Ex-AfD-Bundesvorstandsmitglied: Natürlich steht eine Zielsetzung und eine organisierte Form dahinter, dass diese Leute ganz gezielt in die Partei geholt wurden. Weil eben andere Organisation wie zum Beispiel die „Freiheit“ versucht haben, ihre Leute ganz massiv eben in der neuen Partei zu etablieren. Von der islamfeindlichen Partei „Die Freiheit“ kommen Thomas Jung und Rainer van Raemdonck. Heute sind sie Landtagsabgeordnete der AfD. Van Raemdonck hat zur Bürgerversammlung einladen, will dort über ein geplantes Asylbewerberheim „informieren“. O-Ton Rainer van Raemdonck, Landtagsabgeordneter AfD Brandenburg: Es kommen hier junge Männer aus Kriegsgebieten, die andere Kulturen haben und die schon seit Jahren nicht mehr an Recht und Ordnung gewöhnt sind, ja. Wenn erst mal in der Welt allgemein bekannt ist, dass hier wirklich die Flüchtlinge dann in die Vollversorgung aufgenommen werden, dann werden sich noch viele mehr aufmachen. Altes Gedankengut, neue Partei. O-Ton Ludwig Cromme, Ex-AfD-Bundesvorstandsmitglied:
Wenn die Zielsetzung dahinter steht, wie es in diesem Fall ist, die Partei weit nach rechts nicht nur zu orientieren, sondern auch die Grenzen zum Rechtsextremismus zu verwischen, dann ist der Punkt erreicht, wo man die Notbremse ziehen muss. Den Vorwurf des Rechtsextremismus in der Partei hat Frauke Petry stets zurückgewiesen, obwohl sie als das harmlose Gesicht der rechten Gesinnung in der Partei gilt. Vergangene Woche war die Vorsitzende aus Sachsen an der Nordseeküste. Charmant, sanft im Ton, versöhnlich. Aber mit vergifteten Botschaften an ihren Gegenspieler. Bernd Lucke sei für den Aufbau der Partei wichtig gewesen: O-Ton Frauke Petry, AfD-Vorsitzende Sachsen: Dafür zoll ich ihm großen Respekt. Ich glaube, nur jetzt sind wir an einem Punkt, wo wir lernen, dass die Partei sich emanzipiert, wo sie wächst, wo wir auch die vielen verschiedenen Strömungen im Rahmen eines Programmprozesses zusammenbinden müssen. Sie wäre bereit dazu. Bereit dazu, die Parteiführung zu übernehmen. Die rechten Geister, die Bernd Lucke einst rief: Frauke Petry könnten sie bald zur Macht verhelfen. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.
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