Bericht - Hamburgische Bürgerschaft
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BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 22/5282 22. Wahlperiode 30.07.21 Bericht des Verfassungs- und Bezirksausschusses über die Selbstbefassung zum Thema „Siebenundvierzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung“ Vorsitz: Carola Veit Schriftführung: André Trepoll I. Vorbemerkung Der Verfassungs- und Bezirksausschuss hatte in seiner Sitzung am 16. Juli 2021 gemäß § 53 Absatz 2 der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft im Einvernehmen aller Fraktionen und einstimmig die Selbstbefassungsangelegenheit „Siebenundvierzigste Verordnung zur Änderung der Hamburgischen SARS-CoV-2- Eindämmungsverordnung“ beschlossen und sich darauf verständigt, die Beratung in selbiger Sitzung durchzuführen. Die Beratung fand abschließend statt. II. Beratungsinhalt Die Vorsitzende bemerkte vor Einstieg in die Tagesordnung, dass die zur Beratung anstehende Siebenundvierzigste Änderungsverordnung der SARS-CoV-2-Eindäm- mungsverordnung bereits einige Tage alt sei. Insofern bat sie den Senat, auch über die neuesten Entwicklungen zu berichten. Darüber hinaus schlug sie vor, die Beratung anhand der Themen Testen, Impfen und Allgemeines sowie daran anschließend bereichsspezifisch in der bewährten Weise zu strukturieren. Aktuelle Situation Die Senatsvertreterinnen und -vertreter berichteten, mit der seit dem 2. Juli 2021 gel- tenden Änderungsverordnung der Hamburgischen SARS-CoV-2-Eindämmungsver- ordnung einige weitere Arrondierungen vorgenommen zu haben. Dazu führten sie im Einzelnen aus: Tanzveranstaltungen im Freien sind jetzt unter Auflagen, unter anderem einer Testpflicht, mit bis zu 250 Personen erlaubt. Im Bereich des Stadtparks ist es an den Wochenenden in der Zeit von 21 bis 6 Uhr des Folgetages verboten, alkoholische Getränke zu konsumieren oder mitzuführen. Auf Antigen-Schnelltests wird der Senat auch aufgrund der sich ausbreitenden Delta-Variante nicht verzichten; diese haben nun allerdings eine Gültigkeit von 48 Stunden.
Drucksache 22/5282 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Dementsprechend wird die vorhandene Test-Infrastruktur für Menschen ohne vollständigen Impfschutz erhalten bleiben, die beispielsweise Kulturveranstal- tungen, die Innengastronomie besuchen beziehungsweise nutzen oder auch eine Kreuzfahrt antreten wollen. Bei Sportveranstaltungen können die Sitzplätze für die Zuschauerinnen und Zuschauer im Schachbrettmuster angeordnet werden, für Stehplätze ist der Abstand von jeweils 1,5 Metern zueinander obligatorisch. Mannschaftssport im Freien ist ohne Beschränkungen möglich, in geschlosse- nen Räumen ist die zugelassene Personenzahl abhängig von der Raumgröße (eine Person pro 10 Quadratmeter). Ansonsten würden die bisherigen Auflagen aufrechterhalten, insbesondere die Ver- pflichtung zur Vorlage eines negativen Antigen-Schnelltests beim Aufenthalt in geschlossenen Räumen. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter gingen sodann auf das aktuelle Infektionsge- schehen ein. Seit einigen Tagen seien bedauerlicherweise leicht ansteigende Fallzah- len zu verzeichnen. So seien am heutigen Tag 47 neue Infektionen registriert worden und der Inzidenzwert der letzten sieben Tage liege derzeit bei 13,76 und der geglätte- te R-Wert bei 1,1. Das aktuelle Infektionsgeschehen genauer betrachtend könnten 37 Neuinfektionen auf einen Infektionsort im Ausland zurückverfolgt werden, davon 22 Fälle nach Spanien. Diese Entwicklung sei in der Reisezeit nicht überraschend und Hamburg habe sich darauf entsprechend eingestellt. Außerdem habe sich wie erwartet die Delta-Variante zur vorherrschenden Variante des Virus entwickelt, da diese über eine etwas schnellere Exposition als die zuvor bekannten Varianten verfüge. Der ausführliche epidemiologische Bericht aus der 27. Kalenderwoche zeige zudem, dass die Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen, die viele Kontakte habe, aber derzeit noch selten geimpft sei, bei den Neuinfektionen mit einer etwas höheren Inzidenz heraussteche. Dies bedeute insgesamt für den Senat, dass mit Regelungen und gegebenenfalls Lockerungen weiterhin – wie auch in der Vergangenheit geschehen – maßvoll umge- gangen werden müsse. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter betonten, die Durchimpfungsquote mit einem abgeschlossenen Impfschema, also erfolgter Erst- und Zweitimpfung, sei der ent- scheidende Hebel, um ein weiterhin stabiles Infektionsgeschehen beziehungsweise ein Absenken dieses und einen guten Schutz – insbesondere gegen die Delta- Variante – gegen schwere Krankheitsverläufe zu erreichen. Die Impfquote der Ham- burger Bevölkerung liege für die Erstimpfung aktuell bei 59,8 Prozent und für die Erst- und Zweitimpfung bei 42,6 Prozent (Stand 15. Juli 2021). Seit dem 28. Juni 2021 sei die Impfpriorisierung im Impfzentrum aufgehoben und auch für die Altersgruppe der 16- und 17-Jährigen bestehe jetzt ein Impfangebot, wenn diese ihren Termin in Begleitung einer/eines Sorgeberechtigten wahrnähmen. Aufgrund der Entwicklung gingen sie davon aus, mithilfe sämtlicher Impfangebote bis Ende August weitere 20 Prozent der Bevölkerung durchimpfen zu können. Zudem führe das Impfzentrum verschiedene Angebote durch oder plane diese. So gebe es in dieser Woche freie Termine für Handwerkerinnen und Handwerker und am morgigen Tag werde ein „freier Impftag“ durchgeführt, an dem Menschen – ebenfalls ohne Termin – im Impfzentrum die Erstimpfungen erhalten könnten. In der Zeit vom 22. bis 28. Juli würden 4.000 Impfmöglichkeiten mit Johnson & John- son an fünf Jobcenter-Standorten, in Osdorf, Süderelbe, Billstedt, Mümmelmannsberg und Mitte, angeboten. Sie berichteten, die Einführung zur aktuellen Situation abschlie- ßend, dass weitere Aktionen in den Stadtteilen vorgesehen seien oder sich in Planung befänden, um so die Menschen direkt und vor Ort mit einem Impfangebot erreichen zu können. 2
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Drucksache 22/5282 Testen Auf die Nachfrage der AfD-Abgeordneten zu den Gründen des Erhalts der vorhande- nen Test-Infrastruktur erklärten die Senatsvertreterinnen und -vertreter, dass Beispiele aus anderen Ländern sie in ihrer Entscheidung bestärkten. Dort habe teilweise ein Abbau der Test-Infrastruktur stattgefunden, was zu großen logistischen Problemen geführt habe, als in der Folge, aufgrund einer veränderten Situation, erneut eine Test- pflicht habe eingeführt werden müssen. Zudem bewerteten sie die Testpflicht für den Aufenthalt in Innenräumen – wie es auch das Robert Koch-Institut (RKI) empfehle – auch weiter durchgängig als sehr sinnvoll, hätten aber auch den Wunsch nach Erleichterungen nachvollziehen können. In Abwä- gung beider Aspekte sei nunmehr die Dauer der Gültigkeit eines Antigen-Schnelltests von 24 auf 48 Stunden erhöht worden, auch wenn aus fachlicher Sicht tagesaktuelle Tests besser wären. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter bestätigten, dass der Bund die Finanzierung der Corona-Testzentren bis Ende September zugesichert habe. Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE thematisierten die Verpflichtung für Arbeit- geberinnen und Arbeitgeber, Testmöglichkeiten für ihre Belegschaft anzubieten, für deren Ergebnisse aber oft kein Negativ-Zertifikat ausgestellt werde, welches wiede- rum für bestimmte Aktivitäten verlangt werde. So müssten sich die Menschen gege- benenfalls doppelt testen lassen und sie fragten, ob sich diese Regelung nicht anpas- sen ließe, um unnötigen Aufwand und zusätzliche Kosten zu vermeiden. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter widersprachen insofern, als dass die Betriebe, die Tests durchführten, nach der Verordnung ausdrücklich berechtigt seien, entspre- chende Bescheinigungen auszustellen; dafür werde auch ein Musterformular bereit- gestellt. Da dies aber einen gewissen Aufwand bedeute, würden viele Betriebe dies nicht tun, es sei aber weiterhin möglich. Impfen Die Abgeordneten der GRÜNEN begrüßten es, dass das Impfzentrum die Ferienzeit nutze, dezentral und vor Ort in den Stadtteilen und somit niedrigschwellige Impfange- bote zu machen. Sie interessierte, wie Hamburg es mit Impfangeboten für Zwölf- bis 15-Jährige handhabe. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter erläuterten, dass die Ständige Impfkommissi- on (STIKO) eine Impfung gegen COVID-19 für Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren mit schweren Vorerkrankungen – wie beispielsweise Krebs, Dia- betes oder schweren Lungenerkrankungen – empfehle. In Hamburg werde eine Unterscheidung innerhalb dieser Altersgruppe vorgenommen, denn bei den 16- und 17-Jährigen könne vielfach von einem erwachsenen Verhalten in Bezug auf Kontakte und Mobilität ausgegangen werden, das sich zum Teil ja auch bereits bei den entsprechenden Infektionszahlen ablesen ließe. Außerdem absolvier- ten bereits viele Jugendliche dieser Altersgruppe bestimmte Ausbildungen, zum Bei- spiel im erzieherischen oder pflegerischen Bereich, und wären im Zuge der Priorisie- rung bereits geimpft worden. Somit hätten sie zusammen mit der medizinischen Lei- tung des Impfzentrums entschieden, die Jugendlichen ohne Vorerkrankungen, die geimpft werden möchten und mit einer sorgeberechtigten Person den Termin im Impf- zentrum wahrnähmen, gegen COVID-19 zu impfen. Für die Kinder und Jugendlichen im Alter von zwölf bis 15 Jahren mit Vorerkrankun- gen gebe es eine andere Entscheidung. Diese Gruppe würde aufgrund der zum Teil stark ausgeprägten Nebenwirkungen nicht im Impfzentrum, sondern im Kinderimpf- zentrum im Krankenhaus Heidberg geimpft. Die CDU-Abgeordneten merkten an, dass in den Sozialen Medien von weiteren Impf- stellen für Zwölf- bis 15-Jährige ohne Vorerkrankungen berichtet werde, unter ande- rem sollen im Asklepios Klinikum Harburg (AK Harburg) entsprechende Termine ver- geben werden. Sie fragten, wie dies mit der soeben dargestellten Entscheidung des Senats für diese Altersgruppe zusammenpasse. 3
Drucksache 22/5282 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Es gebe Gespräche mit dem AK Harburg, erklärten die Senatsvertreterinnen und -vertreter, dass dort gegebenenfalls künftig Impfungen von zwölf bis 17 Jahre alten Kindern und Jugendlichen mit Vorerkrankungen durchgeführt werden könnten; die Verhandlungen seien allerdings noch nicht abgeschlossen. Auf die Anmerkung der CDU-Abgeordneten, dass dort ihres Wissens nach bereits Termine vergeben würden, antworteten die Senatsvertreterinnen und -vertreter, dass sie davon keine Kenntnis hätten. Protokollerklärung der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Inte- gration (BAGSFI): Jugendliche ab dem Alter von 16 Jahren ohne Vorerkrankung im Sinne der STIKO-Empfehlung können in allen impfenden Krankenhäusern geimpft werden, sofern eine sorgeberechtigte Person (in der Regel Elternteil) sie begleitet und nach ärztlicher Aufklärung der Impfung zustimmt. Eine Terminbuchung ist erfor- derlich. Das technische Terminbuchungssystem lässt allerdings derzeit keine Einschränkung auf die Altersgruppe 16+ ohne Vorerkrankungen zu. Es kommt deshalb vor, dass diese Termine auch für jüngere Kinder ohne Vorerkrankungen gebucht werden und sich dies erst beim Termin vor Ort herausstellt. Da der zum Einsatz kommende BioNTech-Impfstoff für die Altersgruppe ab 12 Jahren zuge- lassen ist, werden die Kinder und Sorgeberechtigten dann von den Krankenhäu- sern nicht weggeschickt, sondern – sofern keine medizinischen Gründe dagegen- sprechen – nach Aufklärung geimpft. Die Entscheidung obliegt in jedem Einzelfall dem impfenden Arzt. Kinder und Jugendliche ab dem Alter von 12 Jahren mit Vorerkrankungen im Sin- ne der STIKO-Empfehlung können in einem speziellen Kinderimpfzentrum der Asklepios Klinik Nord – Heidberg geimpft werden (immer donnerstags). Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE erkundigten sich nach der Situation hin- sichtlich der Zweitimpfungen. Nach ihren Informationen würden einige Krankenhäuser Zweitimpfungen durchführen, auch wenn die Erstimpfung woanders erfolgt sei, was im Impfzentrum ausgeschlossen sei. Grundsätzlich, so die Senatsvertreterinnen und -vertreter, sollten die Zweitimpfungen an der gleichen Stelle wie die Erstimpfungen verabreicht werden. Es gebe allerdings berechtigte Ausnahmen, zum Beispiel ein Urlaub des betreffenden Arztes, ein Umzug oder andere mögliche Varianten, die das Leben mit sich bringen könne. Daher beste- he die Möglichkeit, die Zweitimpfung bei einem anderen Arzt beziehungsweise in einem Krankenhaus zu erhalten. Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE wollten außerdem wissen, ob mit der Schließung des Impfzentrums Ende August Aktionen in den Stadtteilen wie beispiels- weise das Impfangebot im Bürgerhaus Wilhelmsburg wegfallen würden oder ob geplant sei, ähnliche Aktionen durch andere Stellen durchführen zu lassen. Die nationale Impfstrategie sei in unterschiedliche Phasen aufgeteilt, führten die Senatsvertreterinnen und -vertreter aus. Zurzeit befinde man sich am Ende der Phase des überwiegend staatlich organisierten Impfens und mittlerweile seien weitere Akteu- re aus dem Regelsystem hinzugekommen. Diese Phase werde zum 30. September 2021 enden und von der zweiten Phase der Impfstrategie des Bundes abgelöst, zu der es zwischen Bund und Ländern die Vereinbarung gebe, diese sehr flexibel – unter Berücksichtigung der jeweiligen örtlichen Begebenheiten – zu organisieren. Hamburg werde eine mobile Infrastruktur weiterführen, allerdings in begrenztem Umfang, da es in der Stadt ein sehr gutes dezentrales Angebot in Form des hausärztlichen Systems gebe. Zu diesem Themenkomplex werde die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) noch abschließend beraten. Ein weiterer Übergang sei zu organisieren, da das Hamburger Impfzentrum zum 31. August 2021 schließen werde. So würden Zweitimpfungen für die Erstimpfungen, die nach dem 10. August im Impfzentrum durchgeführt würden, dezentral in Kranken- häusern verabreicht werden. Die AfD-Abgeordneten fragten, ob damit zu rechnen sei, dass – auch aufgrund der Delta-Variante – bestimmte Risikogruppen im Herbst dieses Jahres eine weitere Imp- fung erhalten müssten. Weiter sei zu lesen, dass die Kreuzimpfung, mit AstraZeneca 4
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Drucksache 22/5282 für die Erstimpfung und einem MRNA-Impfstoff für die Zweitimpfung, den besten Schutz vor einem schweren Verlauf einer COVID-19-Infektion biete, das Impfzentrum aber überwiegend beide Impfungen mit den MRNA-Impfstoffen durchführe. Sie frag- ten, wie dies zusammenpasse. Außerdem wollten sie wissen, ob die Stadt Hamburg über bestimmte Anreize nachdenke, um die Impfquote der Bevölkerung zu erhöhen. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter legten dar, dass die Studienlage sowohl der Kreuzimpfung als auch den MRNA-Impfstoffen eine gute Wirksamkeit zum Schutz gegenüber der Delta-Variante bescheinige, sodass der Senat nicht in Erwägung zie- he, ausschließlich Kreuzimpfungen durchzuführen. Nach jetzigem Stand, berichteten sie weiter, sei davon auszugehen, dass für bestimmte Risikogruppen wie beispielsweise hochbetagte Menschen eine weitere Auffrischungsimpfung im Herbst erforderlich sein werde, für den größeren Teil der Bevölkerung allerdings nicht. Hamburg werde entsprechende Vorbereitungen treffen, dass die Menschen in den Einrichtungen – neben der Möglichkeit, die Impfung bei einem niedergelassenen Arzt zu erhalten – auch unter dem Einsatz mobiler Teams frühestens ab dem 4. Quartal 2021 geimpft werden könnten. Da es zu dieser Thema- tik noch keine Studienlage gebe, habe die GMK sowohl das Bundesgesundheitsminis- terium als auch die STIKO gebeten, entsprechende Empfehlungen dazu erarbeiten. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter machten deutlich, dass die Impfgeschwindig- keit erwartungsgemäß etwas nachgelassen habe. Sie würden nun ihre Arbeit vor Ort verstärken, um die Menschen dort zu erreichen und zu überzeugen, dass Impfen der beste Weg sei, die Pandemie zu bekämpfen und sich selbst vor schweren Krankheits- verläufen zu schützen. Mit Sicherheit könne davon ausgegangen werden, dass es – falls es zu Verschärfun- gen der bestehenden Corona-Regeln kommen müsste – Abgrenzungen zwischen Geimpften und Nichtgeimpften geben werde. Sie zeigten sich überzeugt, dass dieser Umstand neben dem Pandemie- und dem Gesundheitsschutz einen entscheidenden Anreiz für die Impfungen geben werde. Diese Aussage, so die AfD-Abgeordneten, bestätige einmal mehr, dass der Senat eine generell falsche Richtung eingeschlagen habe und eine autoritäre Politik verfol- ge, die angesichts des aktuellen Infektionsgeschehens nur schwer nachvollziehbar sei. Sie bezogen sich dabei auf die Begründung zur Änderungsverordnung vom 1. Juli 2021, in der von einer „erheblichen Anzahl täglicher Neuinfektionen“ die Rede sei. Da es nach ihrer Recherche am 1. Juli insgesamt 27 Neuinfektionen gegeben habe, frag- ten sie, wann diese Zahl niedrig genug wäre, dass der Senat nicht mehr von einer erheblichen Anzahl reden würde. Die gleiche Frage schließe sich hinsichtlich der Formulierung an, dass eine „erhebli- che Auslastung des Gesundheitswesens“ vorliege, da sich zum genannten Datum lediglich 22 Patientinnen und Patienten aufgrund einer Corona-Infektion in stationärer Behandlung befunden hätten. Sie ergänzten, dass am heutigen Tag – trotz voran- schreitender Delta-Variante – 17 mit COVID-19 infizierte Menschen stationär behan- delt würden. Weiter werde der noch zu geringe Immunisierungsgrad der Bevölkerung als Begrün- dung für die Aufrechterhaltung der Maßnahmen angeführt. Dies veranlasse sie zu der Frage, ob der Senat – ähnlich wie die Regierung Großbritanniens – plane, ab einem bestimmten Immunisierungsgrad die Eindämmungsverordnung nicht weiter aufrecht- zuerhalten und von weiteren Zwangsmaßnahmen Abstand zu nehmen. An der britischen Regierung werde sich der Senat mit großer Wahrscheinlichkeit nicht orientieren, erklärten die Senatsvertreterinnen und -vertreter. Die Eingriffsintensität und der Beurteilungsmaßstäbe richteten sich nach dem gelten- den Bundesinfektionsschutzgesetz, das Stufen beinhalte und bei einer Inzidenz bis 35 vorsehe, dass bestimmte Schutzmaßnahmen zu treffen seien und die Lage längerfris- tig in den Blick genommen und beurteilt werden müsse. Der Senat habe daher die hamburgische Verordnung immer wieder auch dahin gehend auf den Prüfstand gestellt, ob weitere Öffnungen und Lockerungen möglich seien. Wären die Inzidenz- zahlen zum jetzigen Zeitpunkt auf dem niedrigen Niveau des 1. Juli einschließlich 5
Drucksache 22/5282 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode einer Tendenz nach unten, würde der Senat über weitere Öffnungen und Lockerungen nachdenken, was aber leider zurzeit nicht der Fall sei. Sie würden auch weiterhin die Parameter des Infektionsschutzgesetzes beachten, betonten die Senatsvertreterinnen und -vertreter, und insbesondere die Auswirkungen der gestiegenen Fallzahlen auf die stationären Behandlungen in den Krankenhäusern in den Blick nehmen. Bedauerlicherweise würden sich diese – dies zeige sich leider derzeit in Großbritannien und Portugal – wieder erheblich verändern. Die Impfquote beziehungsweise das Geimpftsein könnte so lange keinen Anknüp- fungspunkt darstellen, bis alle Menschen die Möglichkeit erhalten hätten, sich impfen zu lassen. Dieses Stadium werde jetzt erreicht und somit verändere sich auch die rechtliche Einordnung. Ihres Erachtens könnten bestimmte Einschränkungen für voll- ständig Geimpfte nicht mehr aufrechterhalten oder erneut angeordnet werden, wenn es nachweislich so sei, dass das Risiko einer Infektion sich für diese Menschen sehr viel geringer darstelle als für andere Gruppen der Bevölkerung. Für Gruppen, für die eine Impfung nicht infrage käme, wie beispielsweise für Kinder, würden die Regelun- gen dann entsprechend neu ausgestaltet werden müssen, dazu liege noch keine Ent- scheidung vor. Die AfD-Abgeordneten stellten fest, dass für den Senat nach wie vor die Inzidenzzah- len als zentrale Kennziffer dienten. Dabei werde ignoriert, dass das Gesundheitswe- sen geringer ausgelastet sei als am 1. Juli und inzwischen eine höhere Immunisierung erreicht sei. Weiter dränge sich, wenn man Hamburg – Inzidenz derzeit bei 13,8 – beispielsweise mit Nordrhein-Westfalen vergleiche, das einen liberaleren Kurs in der Corona-Bekämpfung fahre und eine Inzidenz derzeit von 10,0 aufweise, die Frage auf, ob die hier ergriffenen Maßnahmen in ihrer Effektivität überschätzt würden. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter erwiderten, dass das Infektionsschutzgesetz, das den Inzidenzen maßgebliche Bedeutung zumesse, gelte und nicht einfach igno- riert werden könne. Hamburg als Metropole sollte zudem nicht mit einem Flächenland, sondern mit anderen Metropolen oder Städten verglichen werden. Ihres Wissens nach hätten Köln und Düsseldorf derzeit Inzidenzwerte von über 20. Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE fragten, ob die Umstellung auf die Kreuz- impfungen gelungen sei und was mit den AstraZeneca-Impfdosen geschehe, die nun nicht mehr gebraucht würden. Die Zweitimpfungen der über 60-Jährigen seien gerade in dieser Woche erfolgreich abgeschlossen worden, berichteten die Senatsvertreterinnen und -vertreter und beton- ten, dass seitens des Impfzentrums nicht ein einziger Impftermin habe abgesagt wer- den müssen. Sie boten an, eine Auswertung mit den entsprechenden Zahlen der Ver- wendung der unterschiedlichen Impfstoffe zu Protokoll zu geben (siehe Anlage). Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE gingen weiter auf impfwillige 16- und 17-jährige Jugendliche ein, die in anderen Fragen ärztlicher Behandlungen bereits eigenständig entscheiden könnten, und sie wollten vor diesem Hintergrund wissen, warum für die Impfung gegen COVID-19 die Einwilligung der Eltern oder anderer Sor- geberechtigter gefordert werde. Sie interessierte in diesem Zusammenhang, wie damit umgegangen werde, wenn Sorgeberechtigte einer Impfung der Jugendlichen ihre Zustimmung versagten. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter erläuterten, dass hinter dieser Aussage der Wunsch stehe, sicherzustellen, dass eine Impfung dieser Jugendlichen eine gut begründete medizinische Entscheidung sei, da sich Hamburg hier außerhalb der STIKO-Empfehlung bewege. Bei einem vertrauten Arzt oder Hausarzt sollte in der Regel die Impfung auch ohne Zustimmung der Sorgeberechtigten möglich sein. Auch im Impfzentrum, wenn sich im Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt zeige, dass der Entscheidung des Jugendlichen reflektierte und reife Überlegungen zugrunde lägen, würde auch dort eine Impfung ohne Anwesenheit von Sorgeberechtigten vorgenom- men werden. Grundsätzlich sei es aber wünschenswert, dass Eltern beziehungsweise Sorgeberechtigte die Jugendlichen zum Impftermin begleiteten. Die Abgeordneten hätten hier grundsätzliche Fragestellungen des Sorgerechts und des generellen Rechts von Kindern gegenüber ihren Eltern angesprochen, ergänzten die Senatsvertreterinnen und -vertreter, die sich allerdings nicht von anderen Grund- satzfragen aus diesem Bereich unterschieden. 6
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Drucksache 22/5282 Die CDU-Abgeordneten erkundigten sich, ob unter den infizierten Reiserückkehrerin- nen und Reiserückkehrern auch vollständig geimpfte Personen gewesen seien. Diese Frage, so die Senatsvertreterinnen und -vertreter, wollten sie schriftlich mit einer Protokollerklärung beantworten. Protokollerklärung der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Inte- gration (BAGSFI): Im Jahr 2021 sind dem Infektionsepidemiologischen Landeszentrum n=1.031 SARS-CoV-2 Infektionen in Hamburg mit Exposition im Ausland bekannt. Der Auswertungszeitraum für Impfdurchbrüche ist der gleiche. Von den 1.031 gemel- deten SARS-CoV-Infektionen mit bekannter Exposition im Ausland sind 55 Impf- durchbrüche. Mit Datenstand 23.7., 11:00 Uhr wurden in Hamburg im Jahr 2021 insgesamt 250 Impfdurchbrüche gemeldet (Quelle: Auswertung SurvNet). Gastronomie/Einzelhandel Die CDU-Abgeordneten teilten grundsätzlich die Ansicht des Senats, dass weitere, umfassende Öffnungsschritte derzeit nicht angezeigt seien, denn Länder, die geglaubt hätten, dass die Pandemie beendet sei, Beispiel Niederlande, hätten zuvor zurückge- fahrene Maßnahmen nun wieder hochfahren müssen. Dennoch sähen sie für die Gastronomie Nachsteuerungsmöglichkeiten, beispielsweise bei der Sperrstunde und dem Alkoholausschankverbot ab 23 Uhr sowie bei den weiteren Sonderregeln für St. Pauli oder den Bereich Sternschanze. Sie wollten daher wissen, ob der Senat für die bereits geöffneten Bereiche Anpassungen – auch im Sinne einer Gleichbehand- lung aller Stadtteile – vornehmen wolle, und falls nicht, interessiere sie die Begrün- dung. Die Senatsvertreterinnen und -vertreter erklärten, dass in der derzeitigen Lage keine Anpassungen geplant seien, da es aus ihrer Sicht vernünftiger sei, vorsichtig zu agie- ren, bei den jetzigen Regelungen zu bleiben und damit die Öffnung der Gastronomie – anders als in den Niederlanden oder in Portugal – langfristig zu ermöglichen. Die Erfahrungen mit einer Abschaffung der Sperrstunde hätten zudem gezeigt, dass das Feiern durch die Nacht einschließlich eines steigenden Alkoholkonsums mit einem Anstieg des Infektionsgeschehens einhergehe. Sie würden diesen Bereich selbstre- dend im Blick behalten und wenn das Infektionsgeschehen dies zuließe, würden sie entsprechende Lockerungen vornehmen. Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE wollten wissen, ob es hinsichtlich der Nut- zung der luca-App durch Minderjährige datenschutzrechtliche Bedenken gebe. Alle datenschutzrechtlichen Fragen zur Nutzung der luca-App seien vor der Einfüh- rung hinreichend geprüft worden, versicherten die Senatsvertreterinnen und -vertreter. Dazu hätten sie bereits in ihren Antworten zu zahlreichen Schriftlichen Kleinen Anfra- gen ausführlich Stellung genommen. Alle Menschen, die die App nicht nutzen wollten, müssten im Einzelhandel oder in der Gastronomie ihre Daten in Papierform hinterlegen; dies gelte auch für Minderjährige. Schulen/Kitas Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE thematisierten die Luftreinigungsgeräte, die nun doch für die Hamburger Schulen angeschafft werden würden, und sie baten die Senatsvertreterinnen und -vertreter um Ausführungen zum Beschaffungsvorgang. Außerdem fragten sie, ob geplant sei, diese Geräte auch in Kitas einzusetzen. Die Situation hinsichtlich der Anschaffung von Luftreinigern für die Unterrichtsräume der Schulen habe sich geändert, räumten die Senatsvertreterinnen und -vertreter ein, da das Umweltbundesamt einen zusätzlichen Nutzen dieser nun nicht mehr gänzlich ausschließe. Der Beschaffungsvorgang sei eingeleitet, nähere Details insbesondere zur Auslieferung könnten sie derzeit noch nicht ausführen. Sie betonten, dass Ham- burg mit seiner Bestellung im Vergleich zu vielen anderen Bundesländern vorne mit dabei sei. Als unbefriedigend bezeichneten sie allerdings die bisherige Bundesrege- lung. Wenn diese so bliebe, würde die Förderung des Bundes für nur wenige Unter- richtsräume in Hamburg greifen, da hier die meisten Räume gelüftet werden könnten. 7
Drucksache 22/5282 Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Die Räume, bei denen dies nicht der Fall sei, würden entweder gar nicht mehr genutzt oder wären bereits mit entsprechenden Geräten ausgestattet worden. In diesem Zusammenhang erschien es ihnen wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Ausstattung der Unterrichtsräume mit Luftreinigern die Schüler- und Lehrerschaft nicht von der Masken- und Testpflicht entbinde. Zur möglichen Ausstattung der Hamburger Kitas mit Luftreinigern, so die Senatsver- treterinnen und -vertreter, seien Planungen aufgenommen worden, die hinsichtlich einer Entscheidung über das weitere Vorgehen aber noch nicht abgeschlossen seien. Die SPD-Abgeordneten äußerten die Hoffnung, dass künftig alle Schul- und Kita- Neubauten mit entsprechenden Lüftungsanlagen ausgestattet würden, die derartige Diskussionen überflüssig machen und generell für bessere Raumluft sorgen würden, was letztlich allen zugutekäme. Ausblick/Perspektive In absehbarer Zeit, äußerten die AfD-Abgeordneten, würden etwa zwei Drittel der Menschen in Hamburg vollständig gegen COVID-19 geimpft sein, aber gleichzeitig sei die neue, noch ansteckendere Delta-Variante des Virus aufgetaucht. Daher erscheine es ihnen sehr fraglich, ob und wann die Bürgerinnen und Bürger ihre Freiheitsrechte zurückbekämen. Da davon auszugehen sei, dass das Virus die Stadt weiterhin über viele Monate und Jahre begleiten werde, wollten sie vom Senat wissen, welche Per- spektiven dieser für die Bürgerinnen und Bürger entwickelt habe. Auch vor dem Hin- tergrund, dass allen, abgesehen von den bereits genannten Ausnahmen, ein Impf- schutz angeboten werde, sei es an der Zeit, zu einer politischen Bewertung – weg von den Inzidenzzahlen – zu kommen. Sie baten daher die Senatsvertreterinnen und -vertreter um eine möglichst konkrete Darstellung ihres perspektivischen Ausblicks für die Wiedergewährung der bürgerlichen Freiheitsrechte. Dazu hätten sie sich bereits relativ konkret geäußert, stellten die Senatsvertreterinnen und -vertreter fest. Die Pandemie habe deutlich gezeigt, dass die die weitere Entwick- lung – gegebenenfalls mit weiteren Varianten des Virus – nicht vorhersagbar sei. Sie hofften, dass eine hohe Impfquote erreicht werden würde, sodass dann auf der einen Seite Lockerungen für Geimpfte in erheblichem Umfang zugelassen werden könnten. Auf der anderen Seite, hoben sie hervor, sei die Ausgestaltung künftiger Vorsichts- maßnahmen auch davon abhängig, wie groß die Gruppe der Nichtgeimpften sein werde, wie sich die Virus-Varianten verhielten und welche Situation demzufolge zu managen sei. Dementsprechend könnten sie jetzt und heute keinen detaillierten Aus- blick geben. Angesichts der aktuellen Corona-Lage begrüßten die Abgeordneten der GRÜNEN einen weiterhin vorsichtigen Kurs, wie der Hamburger Senat ihn gestalte. Die Geschehnisse in den Niederlanden oder Spanien zeigten deutlich, dass leider nicht allein aufgrund des Sommers und höherer Temperaturen von einem Absinken der Fallzahlen ausgegangen werden könne, sondern ein direkter Zusammenhang zwi- schen den eingeführten Lockerungen und steigenden Inzidenzen bestehe. Auf die Frage der AfD-Abgeordneten, wann mit einer weiteren Änderungsverordnung zu rechnen sei, da die jetzige mit Ablauf des 30. Juli 2021 außer Kraft trete, sicherten die Senatsvertreterinnen und -vertreter eine rechtzeige Information an die Bürger- schaft zu, wobei eine Verlängerung der jetzigen Verordnung ebenfalls möglich sei. Die Vorsitzende stellte das Einvernehmen zum Abschluss der Beratung dieser Selbst- befassung her. III. Ausschussempfehlung Der Verfassungs- und Bezirksausschuss empfiehlt der Bürgerschaft, von seiner Beratung Kenntnis zu nehmen. André T rep ol l , Berichterstattung 8
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg – 22. Wahlperiode Drucksache 22/5282 Anlage Protokollerklärung der Behörde für Arbeit, Gesundheit, Soziales, Familie und Integra- tion (BAGSFI) Auswertung Astra-Impftage (homologes/ heterologes Impfschema) KW Datum AstraZeneca KW Datum Zweitimpfung mit Erstimpfungen BioNTech Moderna AstraZeneca 15 13.04.2021 7787 → 27 06.07.2021 133 6589 256 15 14.04.2021 6741 → 27 07.07.2021 4207 1606 235 15 16.04.2021 7229 → 27 09.07.2021 2048 4230 203 15 17.04.2021 4229 → 27 10.07.2021 91 3534 124 16 21.04.2021 8257 → 28 14.07.2021 155 6472 283 16 22.04.2021 8413 → 28 15.07.2021 415 6469 229 16 23.04.2021 8038 → 28 16.07.2021 2358 4335 172 Quelle: Daten der zuständigen Behörde 9
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