Ein ganz besonderes Ei - (von Corinna Wieja) - Projekt 2020

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Ein ganz besonderes Ei - (von Corinna Wieja) - Projekt 2020
Ein ganz
besonderes Ei

    (von Corinna Wieja)
Ein ganz besonderes Ei - (von Corinna Wieja) - Projekt 2020
E
      ines Tages finden die Vögel am               Sie breitet die Flügel aus, wackelt mit
      Flussufer ein Ei. „Nanu, wem ist             dem Po und setzt sich schließlich hin.
      denn das aus dem Nest gefallen?“,            Doch das Ei ist ziemlich groß und Fanny
fragt Nelly Nachtigall.                            ziemlich klein. Sie kann das Ei nicht
                                                   einmal zur Hälfte mit ihren Flügeln
„Also mir nicht“, antwortet Fanny Fink.            bedecken. „Ich kann das Kleine nicht
„Lasst es uns wärmen, bis seine Mama               alleine wärmen. Ihr müsst mir helfen“,
kommt, sonst friert das Kleine da                  sagt sie zu den anderen Vögeln.
drinnen ja.“
                                                   Nelly Nachtigall und Marita Meise ku-
Rasch schaffen die Vögel Zweige und                scheln sich von links und rechts gegen
Blätter herbei, aus denen sie ein großes           die Schale. Fanny Fink und Amelia Amsel
Nest bauen. Anschließend rollen sie das            sitzen obendrauf.
Ei hinein. „Uff, ist das schwer“, zwitschert
Fanny Fink und flattert auf das Ei.                Wenig später macht es krack-krack
                                                           und die Eierschale zerspringt.
                                                                  Heraus krabbelt ein klei-
                                                                       nes, grünes, läng-
                                                                          liches Etwas.

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Ein ganz besonderes Ei - (von Corinna Wieja) - Projekt 2020
„Huch, was ist denn das für ein Vogel“, ruft        Konni Krähe und fliegt zu ihrem Nest. Als
Fanny erschrocken. „Der hat ja gar keine            sie zurückkommt, hält sie einen Schnuller
Flügel.“ „Ja, aber dafür einen riesengroßen         im Schnabel. „Den habe ich mal auf einem
Schnabel“, sagt Nelly Nachtigall. „Schaut           Spielplatz gefunden“, krächzt sie.
euch nur die spitzen kleinen Zähne an.“
                                                    „Ja, das ist gut“, meint Fanny Fink und steckt
„Ich weiß, was das ist“, krächzt Konni Krähe,       dem kleinen Krokodil den Schnuller in den
die schon im ganzen Land herumgekom-                Mund. Das Krokodil sieht da rüber gar nicht
men ist. „Das ist ein Babykrokodil.“                erfreut aus und kaut heftig darauf herum.

„Ach du liebes bisschen, dann wird es uns           Amelia Amsel betrachtet es nachdenklich
auffressen.“ Aufgeregt flattern die anderen         und meint schließlich: „Ich glaube, es hat
Vögel hin und her und zwitschern erschro-           Hunger. Wir geben ihm besser etwas, bevor
cken.
„Was sollen wir nur tun? Oh, was sollen
wir nur tun?“, ruft Amelia Amsel.

„Wir können den Kleinen
auf keinen Fall alleine
lassen, so ganz ohne
seine Mama“, sagt
Fanny Fink. „Aber
gefressen werden
will ich auch nicht.“

„Wenn es euch be-
ruhigt,   können        wir
ihm ja einen Beißschutz
in den Mund stecken“, sagt

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Ein ganz besonderes Ei - (von Corinna Wieja) - Projekt 2020
es doch noch nach uns schnappt.“ Sie dreht        erschrocken. „Hoffentlich frisst es uns nicht
sich um, sucht einen Augenblick im Boden          auf!“
und hält dem kleinen Krokodil schließlich
einen Regenwurm vor die Nase.                     Doch das Krokodil beachtet die Vögel
                                                  gar nicht. Es läuft schnurstracks auf das
Gierig schnappt das kleine Krokodil da-           kleine Krokodil zu und umarmt es. „Ach,
nach. Doch der Regenwurm schmeckt ihm             bin ich froh, dich gefunden zu haben, mein
nicht, es spuckt ihn gleich wieder in hohem       Kleines“, ruft es. „Bei unserem Umzug auf
Bogen aus.                                        die Wiese habe ich dein Ei verloren. Dem
                                                  Himmel sei Dank, dass ich dich wieder-
In diesem Augenblick raschelt es im Ge-           habe.“
büsch, eine riesengroße Schnauze drückt
sich zwischen den Blättern hervor. „Huch!         Das große Krokodil gibt dem kleinen Kro-
Noch ein Krokodil!“, ruft Nelly Nachtigall        kodil einen dicken Kuss auf die Schnauze

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und dreht sich schließlich zu den Vögeln                                        den bestimmt überglücklich sein, dich zu
um. „Danke, dass ihr so gut auf Krokodilia                                      sehen.“
aufgepasst habt“, sagt es. „Dafür verspre-                                      Auch das kleine Krokodil ist froh, wieder bei
che ich euch, dass ich keinen von euch fres-                                    seiner Mama zu sein, denn es hat immer
sen werde. Aber jetzt komm, meine Kleine,                                       noch Hunger und Mama weiß bestimmt,
deine Schwestern und dein Papa wer-                                             was ihm besonders gut schmeckt.

       Illustrationen von Karl Knospe; Aus dem Werk:                                                   © Compact Verlag GmbH
       „Meine schönsten Gute-Nacht-Geschichten“,                                                       Baierbrunner Straße 27, 81379 München
       144 Seiten, vierfarbig, Hardcover, 21,5 x 28 cm, 9,99 €, IBSN 978-3-8174-8909-1
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