Betriebliche Gesundheitsförderung - "Es gibt tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit" (Ludwig Börne) - mba-studium.at
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Betriebliche Gesundheitsförderung Dozent: Mag. Stefan Stichlberger, BScN, DGKP (Wirtschaftsakademie Wien) „Es gibt tausend Krankheiten, aber nur eine Gesundheit“ (Ludwig Börne)
Dozent UMIT (Hall in Tirol) • Bachelorstudium der Pflegewissenschaften (2010-2013) • Magisterstudium der Gesundheitswissenschaften (2013-2016) • Assoziierter wissenschaftlicher Mitarbeiter (seit 2016) Vinzentinum (Linz) • Ausbildung zum diplomierten Gesundheits- und Krankenpfleger (2009-2013) Ordensklinikum Linz (2013-2017) • Studienkoordinator Wolfgang Bayer Beratung GmbH (Linz- seit 2017) • Berater Lieblingszitat „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“ (Antoine de Saint-Exupéry) 2
Inhaltsverzeichnis: • Teil 1: Einführung in die Betriebliche Gesundheitsförderung • Teil 2: Grundlagen der Betrieblichen Gesundheitsförderung • Teil 3: Betriebliche Gesundheitsförderung als Projekt 3
Teil 1: Einführung in die Betriebliche Gesundheitsförderung • Gesundheits- und Krankheitsbegriff • Prävention und Gesundheitsförderung • Determinanten der Gesundheit • Salutogenese und Pathogenese • Arbeit und Gesundheit (Belastungen, Krankenstand und Präsentismus) Anmerkung: Aus Gründen sprachlicher Vereinfachung sind alle Aussagen in dieser Präsentation als 4 geschlechtsneutral zu verstehen.
Gesundheits- und Krankheitsbegriff (1/4) • Die Wichtigkeit von Gesundheit nehmen die meisten Menschen erst in Momenten der Krankheit und des Unwohlseins wahr Verschiedene Definitionen von Gesundheit/Krankheit: • „Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“ (Quelle: WHO, 1946). 5
Gesundheits- und Krankheitsbegriff (2/4) • Gesundheit ist „das subjektive Empfinden des Fehlens körperlicher, geistiger und seelischer Störungen oder Veränderungen beziehungsweise ein Zustand, in dem Erkrankungen und pathologische Vorgänge nicht nachgewiesen werden können“ (Pschyrembel, 2011) • Gesundheit als „Stadium des Gleichgewichtes von Risikofaktoren und Schutzfaktoren, das eintritt, wenn einem Menschen eine Bewältigung sowohl der inneren (körperlichen und psychischen) als auch äußeren (sozialen und materiellen) Anforderungen gelingt“ (Hurrelmann, 2006) 6
Gesundheits- und Krankheitsbegriff (3/4) • Krankheit als „Stadium des Ungleichgewichtes von Risiko- und Schutzfaktoren, das eintritt, wenn einem Menschen eine Bewältigung von inneren (körperlichen und psychischen) und äußeren (sozialen und materiellen) Anforderungen nicht gelingt“ (Hurrelmann, 2006) • Krankheit ist „eine Störung der Lebensvorgänge in Organen oder im gesamten Organismus mit der Folge von subjektiv empfundenen beziehungsweise objektiv feststellbaren körperlichen, geistigen beziehungsweise seelischen Veränderungen“ (Pschyrembel, 2011) 7
Gesundheits- und Krankheitsbegriff (4/4) • Keine allgemeingültige Definition für Gesundheit und Krankheit Jeder Mensch besitzt eine unterschiedliche Auffassung von Gesundheit und Krankheit • Erstrebenswert wäre es, die Risikofaktoren zu minimieren und die Schutzfaktoren zu stärken ein Gleichgewicht zu erzeugen • Ansätze dafür sind: Prävention Gesundheitsförderung 8
Prävention (1/4) Krankheitsvorbeugung • Ziel: Mithilfe von vorbeugenden Maßnahmen das Auftreten von Krankheiten zu verhindern, hinauszuzögern bzw. Krankheitsauswirkungen zu vermeiden • Ansatzpunkt: setzt an Gesundheitsrisiken an • Maßnahmen zur Prävention von Krankheiten werden als Gesundheitsvorsorge bezeichnet • Je nach Interventionszeitpunkt und Maßnahme wird zwischen drei verschiedenen Phasen unterschieden (Primär-, Sekundär-, und Tertiärprävention), die gemeinsam die Präventionstriade bilden 9
Prävention (2/4) Primärprävention • Ziel: Gesundheitserhaltung sowie die Verhinderung einer Krankheitsentstehung • Anwendungsgruppe: gesunde Personen • Aufgabe: Risikofaktoren ermitteln und gesundheitsschädigende Einflüsse vermeiden • Beispielhafte Maßnahmen: • Schutzimpfungen • Gezielte Bewegung • Gesunde Ernährung • Aufklärung • Erziehung • Information • Politische Aktionen (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, 2017) 10
Prävention (3/4) Sekundärprävention • Früherkennung • Ziel: Maßnahmen, welche ein Fortschreiten einer Krankheit durch Frühdiagnostik und -behandlung verhindern sollen • Aufgabe: Krankheitserkennung im Frühstadium und diese durch eine frühzeitige Behandlung möglichst zur Ausheilung bzw. zum Stillstand zu bringen • Beispielhafte Maßnahmen: • Vorsorgeuntersuchungen • Screening- Untersuchungen (z.B.: Mammographie, Darmspiegelungen,.. ) • Mutter-Kind-Pass • Frühzeitige Beratung und Therapie (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, 2017) 11
Prävention (4/4) Tertiärprävention • Rehabilitation • Ziel: die Gesundheitswiederherstellung sowie die Verhinderung einer Krankheitsverschlechterung oder eines Rezidivs • Anwendungsgruppe: Menschen, welche bereits an einer Krankheit in einem fortgeschrittenem Stadium leiden • Beispielhafte Maßnahmen: • Heilgymnastik • Heilmassage • Ernährungsberatung • Onkologische Reha (Quelle: Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, 2017) 12
Gesundheitsförderung (1/4) • „Gesundheitsförderung zielt dabei auf einen Prozess ab, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie damit zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen“ (Quelle: WHO Ottawa Charta für Gesundheitsförderung, 1986) • Schaffung von gesundheitsförderlichen Arbeits- und Lebenswelten (Verhältnisförderung) • Entwicklung und Förderung von persönlichen Kompetenzen für die eigene Gesundheit (Verhaltensförderung) 13
Gesundheitsförderung (2/4) • Analyse und Stärkung der Gesundheitsressourcen und –potentialen (beim Einzelnen und auf allen politischen Ebenen) • Veränderung von Lebensverhältnissen und Förderung des Gesundheitsverhaltens auf individueller und kollektiver Ebene • Beeinflussung von Bedingungen, die das Gesundheitsverhalten generieren • Selbstbestimmung über die eigene Gesundheit ermöglichen durch Erweiterung der Handlungsspielräume 14
Gesundheitsförderung (3/4) Fünf Prinzipien der Gesundheitsförderung • „Gesundheitsförderung umfasst die gesamte Bevölkerung in ihren alltäglichen Lebenszusammenhängen und nicht ausschließlich spezifische Risikogruppen. • Gesundheitsförderung zielt darauf ab, die Bedingungen und Ursachen von Gesundheit zu beeinflussen. • Gesundheitsförderung verbindet unterschiedliche, aber einander ergänzende Maßnahmen oder Ansätze. • Gesundheitsförderung bemüht sich besonders um eine konkrete und wirkungsvolle Beteiligung der Öffentlichkeit. • Gesundheitsförderung ist primär eine Aufgabe im Gesundheits- und Sozialbereich und keine medizinische Dienstleistung“. (Quelle: Franzkowiak und Sabo, 1993) 15
Gesundheitsförderung (4/4) Zentrale Fragestellung in der Gesundheitsförderung „Wie und mit welchen Mitteln kann das vorhandene Gesundheitspotenzial von Menschen durch strukturelle und politische Initiativen und durch persönliche Unterstützung gefördert werden?“ (Quelle: Laaser et al., 1993) 16
Prävention und Gesundheitsförderung (1/2) Prävention Gesundheitsförderung Krankheitserwartungen,-anzeichen und - Gesundheitspotentiale bewahren, auswirkungen reduzieren stärken und erweitern Fokus auf Risikogruppen Fokus auf die gesamte Population Perspektive: pathogen Perspektive: salutogen (Quelle: Laaser, Hurrelmann, 2003) 17
Kosten und Generalisierbarkeit der Maßnahmen in den jeweiligen Stufen 18 (Quelle: Richter, 2002a)
Prävention und Gesundheitsförderung (2/2) • Zwei ganz verschiedene gesundheitswissenschaftliche Strategien • Kosten für Maßnahmen in der Gesundheitsförderung sind wesentlich billiger als in den späten Stufen • Generalisierbarkeit der Maßnahmen in der Gesundheitsförderung ist größer als in den späten Stufen Proaktive Haltung und frühe Beteiligung an Planungs- und Gestaltungsprozessen sind gefragt 19
Determinanten der Gesundheit (1/2) • Gesundheitsdeterminanten = Einflussfaktoren auf die menschliche Gesundheit (Quelle: FGÖ, 2008) 20
Determinanten der Gesundheit (2/2) • Die Einflussfaktoren basieren auf mehreren Ebenen • Somatische und psychische Gesundheit werden durch folgende Einflüsse determiniert: • Allgemeine Bedingungen der sozioökonomischen, kulturellen und physischen Umwelt (z.B.: Gesetze, wirtschaftliche Entwicklung,…) • Lebens- und Arbeitsbedingungen ( z.B.: Bildung, sozialer Status,…) • Soziale und kommunale Netzwerke (z.B.: Familie, Freunde,…) • Faktoren individueller Lebensweisen (Verhaltensebene z.B.: Bewegung, Ernährung,…) • Genetische Faktoren (Alter, Geschlecht, Erbanlage,…) • Fazit: Gesundheitsförderung basiert auf verschiedenen Ebenen zur Aufrechterhaltung und Förderung der Gesundheit muss auf allen Ebenen der Gesundheitsdeterminanten angesetzt werden 21
Einflussfaktoren auf die Gesundheit Gesundheitswesen ; 10% biologische, genetische Gegebenheiten; 20% Lebensstil; 50% (physische u. psychische) Umwelt ; 20% (Quelle: Badura, 1996) 22
Risikofaktoren URSÄCHLICHE RISIKOFAKTOREN FÜR TODESFÄLLE IN DEN USA (JAHR 2000) Tabak Zurückführbar auf modifizierbare 18% Risikofaktoren (48,2 %) Ernährung und Bewegungsmangel 17% Alkohol 4% Infektionen 3% Vergiftungen 2% Verkehrsunfälle Nicht zurückführbar auf modifizierbare 2% Risikofaktoren (51,8 %): Schusswaffen Nicht vermeidbar (z.B.: Genetik,…) 1% Sexualverhalten Drogen 1% 1% (Quelle: Mokdad et al., 2004) 23
Salutogenese vs. Pathogenese (1/13) ☺ Gesundheitsfaktoren Risikofaktoren 24
Pathogenese (2/13) • Stellt die Entstehung der Krankheit in den Vordergrund • Dichotome Einordnung = Mensch ist entweder gesund oder krank • Beschäftigt sich ausschließlich nur mit der Ätiologie einer Krankheit Frage: Was macht Menschen krank? • Konzentration auf Stressoren und Risikofaktoren • Sichtweise hat bis zu Antonovsky dominiert 25
Pathogenese (3/13) • Stressoren: • Sind Anforderungen an den Organismus, die von innen oder außen kommen • Allgegenwertig und nicht vermeidbar • Müssen nicht zwingend krankmachend sein • Können auch gesundheitsfördernd sein (Hochzeit,…) • Subjektive Bedeutung und die Verfügbarkeit von Ressourcen sind verantwortlich, ob Anforderungen zu Stressoren werden. • Drei Arten von Stressoren: Erzeugen Spannungszustände (emotionale und • Physikalische Stressoren (Hungersnot,…) physiologische Erregung ) können sich sowohl • Biochemische Stressoren (Gifte, Erreger,…) auf die Gesundheit positiv und negativ • Psychosoziale Stressoren (Tod,…) auswirken (Quelle: Antonovsky, 1997, S.29-30) 26
Salutogenese als Theorie der Gesundheit (4/13) Aaron Antonovsky (1923- 1994) entwickelte das Salutogenese- Modell • Salus = gesund • Genese = Entstehung • Krankheit und Gesundheit präsentieren sich als zwei Endpunkte eines Kontinuums. Kein Mensch ist jemals völlig gesund oder völlig krank. • Gesundheit entsteht durch eine Balance aus Belastungen und Ressourcen 27
Salutogenese als Theorie der Gesundheit (5/13) Die Salutogenese beschäftigt sich mit der Beantwortung der folgenden Fragen: • Wie entsteht Gesundheit? • Wie wird die Gesundheit bewahrt? • Welche Faktoren fördern die Gesundheit? • Wie wird ein Mensch mehr gesund oder weniger krank? 28
Salutogenese als Theorie der Gesundheit (6/13) Gesundheit nach Antonovsky • Gesundheit ist ein Geschehen, das sich dynamisch reguliert • Ist ein kontinuierlicher Prozess und das Erreichen der absoluten Gesundheit ist nicht möglich • Gesundheit muss immer wieder aufgebaut werden • Der Verlust an Gesundheit ist normal und gegenwärtig • Der pathogenetische Ansatz sollte mit gesundheitsfördernden Faktoren erweitert werden (salutogentischer Ansatz) 29
Salutogenese als Theorie der Gesundheit (7/13) • Hauptaugenmerk: • Prozesse, die die Gesundheit erhalten bzw. fördern • Persönliche Ressourcen zur Bewältigung von Stressoren im alltäglichen Leben • Bewältigung der Spannungen/Stressoren: • Abhängig von generalisierten Widerstandsressourcen (intaktes Immunsystem, Geld, Wissen, Intelligenz,…), auf welche eine Person zurückgreifen kann sind individuelle, kognitive, emotionale, soziale und kulturelle Faktoren, die die Widerstandsfähigkeit erhöhen • Kohärenzgefühl als zentrales Element zur Bewältigung von Spannungen und Stressoren 30
Salutogenese als Theorie der Gesundheit (8/13) Kohärenzgefühl = Durchgehendes und überdauerndes Gefühl der Zuversicht, dass • alltägliche Ereignisse vorhersehbar und verstehbar sind Verstehbarkeit • Anforderungen mit den vorhandenen Ressourcen zu bewältigen sind Bewältigbarkeit • Anforderungen als Herausforderungen zu verstehen sind, für die es sich lohnt sich einzusetzen Sinnhaftigkeit • Personen mit einem ausgeprägten Kohärenzgefühl nähern vermehrt das Gesundheitskontinuum an, da diese….. • fordernde Situationen nicht als Belastung verstehen. • von einer erfolgreichen Problembewältigung überzeugt sind. • Probleme klarer wahrnehmen und dadurch geringeren lähmenden Emotionen ausgeliefert sind. • vermehrt angemessene und gesundheitsförderliche Bewältigungsstrategien wählen. 31
Salutogenese als Theorie der Gesundheit (9/13) • Gesundheitsförderung laut Antonovsky: • Augenmerk auf vorhandene Ressourcen legen • eigene Ressourcen erkennen und fördern • Gefühl der Zuversicht bzw. Kohärenzgefühl stärken SEHR WICHTIG (Quelle: Antonovsky, 1997, S. 29-30) 32
Flussmetapher (10/13) „Da stehe ich am Ufer eines Flusses mit starker Strömung und höre den Hilferuf eines ertrinkenden Mannes. Ich springe sofort in den Fluss, lege meine Arme um ihn, schleppe ihn ans Ufer und führe eine künstliche Beatmung durch. Gerade als er wieder zu atmen beginnt, höre ich einen weiteren Hilferuf. Ich springe darauf wieder in den Fluss, erreich den Mann, schleppe ihn ans Ufer, mache eine künstliche Beatmung und im gleichen Moment, als er wieder zu atmen beginnt, höre ich einen weiteren Hilferuf. Wieder zurück in den Fluss geht das ständig so weiter. Ich bin so damit beschäftigt ins Wasser zu springen, die Männer ans Ufer zu schleppen und sie künstlich zu beatmen, dass ich keine Zeit mehr habe danach zu schauen, wer um alles in der Welt alle diese Männer flussaufwärts ins Wasser wirft.“ (McKinlay, 1979) 33
Flussmetapher (11/13) • Antonovsky sieht den Fluss als Strom des Lebens Menschen schwimmen in dem Fluss voller Gefahren Pathogenese: Versucht den Ertrinkenden aus dem Fluss zu retten Salutogenese: Beschäftigt sich mit der Frage, wie macht man den Menschen zu einem guten Schwimmer? Individuelle Fähigkeit zu „schwimmen“ entspricht einer Persönlichkeitseigenschaft (Kohärenzgefühl) 34
Prävention und Gesundheitsförderung aus der Sicht der Pathogenese und Salutogenese (12/13) Überwiegend gesundheitsorientiert Überwiegend krankheitsorientiert Gesundheitsbildung, -erziehung überwiegend für Individuen Prävention überwiegend für Individuen primäre sekundäre tertiäre Gesundheitsförderung In und mit Settings mit Individuen Empowerment for Health Selten mit Individuen, hauptsächlich in und mit Kollektiven 35 (Quelle: Schnabel, 2008)
Pathogenese und Salutogenese im Vergleich (13/13) (Quelle: Noack, 1997, S. 95) 36
Arbeit und Gesundheit (1/24) 37
Arbeit und Gesundheit (2/24) • Arbeit steht für: Qualitative (Qualifikation) und quantitative (Zeitdruck, Verantwortung, Zeitdruck) Anforderungen der Arbeitstätigkeit Vorgegebene Rahmenbedingungen (Umgebungseinflüsse, Arbeitsgefahren) Soziale Beziehungen (Konflikte mit Vorgesetzten und Kollegen, Gruppenerwartungen) Alltägliche Ärgernisse • Berufliche Tätigkeit: Konfrontation mit arbeitsbezogenen Anforderungen (nicht zwangsläufig negativ) und mit Ressourcen. Missverhältnis zwischen diesen beiden Dimensionen führt zu Belastungen (Stress) (Quelle: Bakker, Demerouti, 2007) • Mögliche Auswirkungen der beruflichen Tätigkeit können sowohl pathogen als auch salutogen sein • Damit die beruflichen Herausforderungen bewältigt werden können, werden benötigt: Gewisses Level an Gesundheit Ausgleich von Stressoren und Bewältigungsmöglichkeiten 38
Arbeit und Gesundheit (3/24) • Arbeitnehmerschutz: Fokus liegt eher auf Verhinderung von physischen Schäden (seit 2013 ist die Evaluierung von psychischen Belastungen verpflichtend) und Arbeitsunfällen • Momentaner Trend in der Arbeitswelt: Veränderung der Arbeitsbelastungen Es werden dringend Demographischer Wandel umfassende Ansätze benötigt!! Anforderungen steigen in vielen Tätigkeitsfeldern drastisch an • Derzeit zu geringe Aufmerksamkeit für Gesundheit am Arbeitsplatz Zwar hohe Aufmerksamkeit: Unfallverhütung Aber langfristig wirkende Belastungen mit deren gesundheitlichen Folgen werden zu wenig beachtet 39
Arbeit und Gesundheit (4/24) Demographischer Wandel in österreichischen Betrieben • In den kommenden Jahren wird es zu einer Veränderung im Bereich der Altersstruktur kommen • Ein hoher Anteil der Beschäftigten geht in den Ruhestand • Gefahr von Wissens- und Erfahrungsverlust bei der Nachfolge von Mitarbeitern • Die Möglichkeit einer Frühpension ist meist nicht mehr gegeben • Das Verhältnis zwischen alten und jungen Beschäftigten geht immer mehr auseinander (immer mehr Ältere) • Das Pensionsantrittsalter erhöht sich immer mehr 40
Arbeit und Gesundheit (5/24) Demographischer Wandel in österreichischen Betrieben • Gesundheit, Arbeitsbewältigungsfähigkeit und Wohlbefinden bekommen in den Unternehmen immer mehr Bedeutung, um Langzeitkrankenstände sowie altersbedingte Erkrankungen entgegenwirken zu können • Arbeitsbedingungen, die alternsgerecht sind, werden immer wichtiger • Mitarbeiter brauchen Unterstützung, um lange arbeitsfähig und arbeitsbereit zu bleiben 41
Arbeit und Gesundheit (6/24) • In Unternehmen, wo die Gesundheit der Mitarbeiter nicht beachtet wird, leiden vor allem: Körper (häufig Rückenschmerzen) Psyche Persönliche Erholungsfähigkeit Mitmenschen (sowohl im Unternehmen als auch im Privatleben) Leistung Betriebsklima Gesunde Führung ist von großer Bedeutung!!! (Quelle: Buchner, 2014; Matyssek, 2009) 42
Arbeit und Gesundheit (7/24) Freunde Persönliches Umfeld Familie Arbeitsfähigkeit Gesellschaft Arbeit Das Haus der Führung/Management- Soziales Arbeitsumfeld- Arbeitsfähigkeit Arbeitsorganisation (nach Juhani Ilmarinen) Arbeitsumgebung Arbeitsinhalt/- anforderung Werte Einstellungen und Motive Kompetenz Kenntnisse und Fähigkeiten Gesundheit Und Leistungsfähigkeit 43
Arbeit und Gesundheit (8/24) Das Haus der Arbeitsfähigkeit (nach Juhani Ilmarinen) Mit zunehmendem Alter und Dauer der Berufstätigkeit wächst das RISIKO für • Vorzeitige Verschleiße, • Krankheiten, • Wiedereingliederungsprobleme in das Team nach einer Erkrankung, • Unzufriedenheit • … Führt zum Zerfall der Arbeitsbewältigung und Arbeitsfähigkeit 44
Arbeit und Gesundheit (9/24) Präsentismus • Beschreibt das Verhalten trotz einer Erkrankung zur Arbeit zu gehen (Quelle: Aronsson, Gustafsson, 2005) • Österreich: 2012 gingen 40 Prozent der Beschäftigten krank zur Arbeit • Nur Anwesenheit ist kein Maßstab für Leistung • Präsentismus-Kosten nach der Stanford-Formel: Beispielsrechnung unter http://www.resilio-eap.de/index.php?id=33 45
Arbeit und Gesundheit (10/24) Präsentismus: Anteil unterlassener Krankmeldungen Ist es in den letzten zwölf Monaten vorgekommen, dass Sie… %- Anteil der Befragten, die mit „Ja“ antworteten krank zur Arbeit gegangen sind? 71,2 trotz ärztlichen Rates auf eine Kur verzichtet haben? 8,6 zur Genesung Urlaub genommen haben? 12,8 zur Genesung bis zum Wochenende gewartet haben? 70,2 gegen den Rat des Arztes zur Arbeit gegangen sind? 29,9 (Quelle: WidO, 2009) 46
Arbeit und Gesundheit (11/24) Präsentismus: • Mögliche Folgen (Quelle: Voermans, Ahlers, 2009) 47
Arbeit und Gesundheit (12/24) Präsentismus: • Die Leistungsfähigkeit derjenigen, die trotzdem arbeiten, ist dabei um 25 Prozent niedriger • Präsentismus verursacht stärkere Produktivitätsverluste als Absentismus Cooper und Dewe (2008): Kosten, die durch Präsentismus verursacht werden, sind um 1,8 mal höher als durch Absentismus Steward et al. (2003): Die Zeit, die mit dem Produktivitätsverlust einhergeht, ist durch Präsentismus um 3 mal höher als durch Absentismus • Gesundheitsfolgen: psychische Gesundheitsfolgen, Burnoutrisiko, koronare Erkrankungsquote, Risiko mehr als 30 Tage Krankenstand zu benötigen sind durch Präsentismus stark erhöht (Quelle: Taloyan et al., 2012; Bergström et al., 2009; Demerouti et al., 2008; Kivimäki et al., 2005) 48
Arbeit und Gesundheit (13/24) Präsentismus: • Determinanten von Präsentismus Personale Faktoren: Frauen, schlechter Gesundheitszustand, Kinder, konservative Einstellung gegenüber Absentismus, zu viel an Commitment, häufige Krankenstände in vorangegangenen Monaten, Beanspruchung durch Familie Tätigkeitsbezogene Faktoren: Teilzeitarbeit, Stress, hohe Arbeitslast, niedriger Berufsstatus, Rollenkonflikte, fehlende Ersetzbarkeit, keine soziale Hilfe, Arbeitsplatzunsicherheit, Teamwork, lange Arbeitszeiten Organisationsbezogene Faktoren: kleine Unternehmen, Stellenabbau, restriktive Anwesenheitskontrollen, schlechtes Klima im Betrieb, Branchen aus dem Bildungs- und Gesundheitswesen 49
Arbeit und Gesundheit (14/24) Präsentismus: Gründe für Präsentismus Angegebene Gründe für Präsentismus %-Anteil der Befragten Pflichtgefühl und weil sonst die Arbeit liegen bleibt 66 Rücksicht auf Kollegen 46 Angst vor Arbeitsplatzverlust 25 Berufliche Nachteile 25 (Quelle: Gesundheitsmonitor Bertelsmann-Stiftung, 2009) 50
Arbeit und Gesundheit (15/24) Krankenstände in Österreich: • Beschäftigte (unselbstständig) waren 2015 durchschnittlich 12,7 Kalendertage im Krankenstand • 3,5 Prozent Verlust an Jahresarbeitszeit • Steigende Tendenz der Häufigkeit der Krankenstände • Frauen sind etwas häufiger im Krankenstand als Männer (Quelle: Fehlzeitenreport, 2016) 51
Arbeit und Gesundheit (16/24) Krankenstände in Österreich: Häufigste Ursachen/Erkrankungen für Krankenstände 2016 (Angabe: Krankenstandfälle pro 1000 Erwerbstätige) Krankheitsgruppe 2000 2016 Krankheiten des 456,5 474,2 Atmungssystems Infektionen 93,0 206,8 Verletzungen 152,8 105,5 Krankheiten des Muskel- 169,9 169,5 Skelett-Systems Alle Krankheitsgruppen 1.144,7 1.281,1 (Quelle: Statistik Austria, 2017) 52
Arbeit und Gesundheit (17/24) 53
Arbeit und Gesundheit (18/24) 54
Arbeit und Gesundheit (19/24) Einflussfaktoren der Arbeitsunfähigkeit (Quelle: DAK-Gesundheitsreport, 2016) 55
Arbeit und Gesundheit (20/24) Präsentismus und Absentismus 2009 betrugen die Unternehmenskosten in Deutschland pro Mitarbeiter: Absentismus; 1.199€; 33% Zwei Drittel der Unternehmenskosten entstehen durch Präsentismus, in Folge von Mitarbeiterkrankheit. Präsentismus; 2.399€; 67% (Quelle: Booz & Company, 2011) 56
Arbeit und Gesundheit (21/24) Krankenstand und/oder Präsentismus: • Lange konzentrierte sich die BGF auf die Arbeitsunfähigkeit (kranke Beschäftigte) • BGF beginnt jedoch bei gesunden Menschen, also bei nicht arbeitsunfähigen Mitarbeiter • Neue Zielgruppen: Arbeitnehmer, die trotz Einschränkungen in die Arbeit gehen (Präsentismus) Arbeitnehmer, die gesund sind 57
Arbeit und Gesundheit (22/24) Kosten arbeitsbedingter Erkrankungen: • 30 Prozent aller Erkrankungen sind arbeitsbedingte Erkrankungen (Quelle: Kuhn, 2000, S. 103) • Bruttowertschöpfungsverlust in Österreich durch Präsentismus ca. 30 Mrd. Euro • 2010 in Deutschland: 39 Mrd. Euro Produktionsausfall und 68 Mrd. Euro Ausfall an Bruttowertschöpfung aufgrund Krankenstände (Quelle: Bödeker, Friedrichs, 2012, S. 72) 58
Arbeit und Gesundheit (23/24) Kosten arbeitsbedingter Erkrankungen: • Befragung eines großen Chemieunternehmens (USA) • 12397 Vollzeitbeschäftigte wurden befragt • Analysiert wurden die Krankheitskosten pro Beschäftigter aus Unternehmens- und Krankenkassenperspektive Gesamtkosten betrugen 10,7 Prozent der gesamten Personalkosten (Quelle: Basse et al. 2006) 59
Arbeit und Gesundheit (24/24) • Flexibilität am Arbeitsmarkt bringt ständig neue Herausforderungen mit sich, damit man als Unternehmen wettbewerbsfähig bleibt • Für immer umfangreichere Tätigkeiten werden die Anforderungen im Arbeitsprozess immer höher kann zu komplexen Gesundheitsproblemen führen • Demographischer Wandel im Unternehmen • Präsentisums und Krankenstände • Arbeitsbelastungen Lösung = BGF 60
Literaturempfehlung • Hurellmann K. (2006): Gesundheitssoziologie. Eine Einführung in sozialwissenschaftliche Theorien von Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung. 6. Auflage. Weinheim: Juventa. • Ulich E.; Wiese B. (2011): Life Domain Balance. Konzepte zur Verbesserung der Lebensqualität. Wiesbaden: Springer Gabler. • Ulich E.; Wülser M. (2012): Gesundheitsmanagement in Unternehmen. Arbeitspsychologische Perspektiven. 5. Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler. • Uhle T.; Treier M. (2013): Betriebliches Gesundheitsmanagement. 2. Auflage. Berlin/Heidelberg: Springer Verlag. • Faltermaier T. (2005): Gesundheitspsychologie. Stuttgart: Kohlhammer Druckerei. • Sonntag K.; Becker P.; Nohe C.; Spellenberg U. (2012a): Die Führungskraft als Vorbild. Die Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben ist eine Führungsaufgabe. In: Zeitschrift Führung und Organisation, 06 (81), S. 372-378. • Sonntag K.; Frieling E.; Stegmaier R. (2012b): Lehrbuch Arbeitspsychologie. 3. Auflage. Bern: Huber Verlag. • Sonntag K. (Hrsg.): Arbeit und Privatleben harmonisieren. Kröning: Asanger Verlag, S. 129-152. • Trojan A.; Legewie H. (2001): Nachhaltige Gesundheit und Entwicklung. 3. Auflage. Frankfurt am Main: Verlag für Akademische Schriften. • Hurrelmann K.; Laaser, U. (2003): Entwicklung und Perspektiven der Gesundheitswissenschaften. In: Hurrelmann, K. ; Laaser, U. (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften. 3. Aufl. Weinheim: Juventa, S. 17-45. • Nöhammer E. ; Schusterschitz C.; Stummer, H. (2013): Employee perceived effects of workplace health promotion. In: International Journal of Workplace Health Management. Vol. 6. No. 1, S. 38-53. • Nöhammer E.; Stummer H.; Schusterschitz C. (2014): Employee perceived barriers to participation in workplace health promotion. In: Journal of Public Health, S. 22 -31. • Hahnzog S. (2014): Betriebliche Gesundheitsförderung. Das Praxishandbuch für den Mittelstand. 1. Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler Verlag. • Kuhn D.; Sommer D. (2014): Betriebliche Gesundheitsförderung. Ausgangspunkte- Widerstände- Wirkungen. Wiesbaden: Gabler Verlag. 61
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