DIE MITTE DER WELT - Bühnen Halle

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DIE MITTE DER WELT - Bühnen Halle
DIE MITTE DER WELT
                von Andreas Steinhöfel

                 BEGLEITMATERIAL
FÜR PÄDAGOGINNEN UND PÄDAGOGEN

                                 SCHAUSPIEL

             neues theater / Kammer

                      Alter: ab 13 Jahre
                             Veranstaltungsort:
                   neues theater Halle, Kammer
                          Große Ulrichstraße 51
                           06108 Halle (Saale)

                             Schulabonnement,
                Kartenreservierung und Verkauf:
                                     Karin Preuk
                              Tel. 0345 5110-776
                              Fax 0345 5110-781
                 karin.preuk@buehnen-halle.de
DIE MITTE DER WELT - Bühnen Halle
REGIE: ROBERT NEUMANN
BÜHNE: SILKE PIELSTICKER
KOSTÜME: VANESSA VADINEANU

AB 4. MAI 2018 KAMMER /NEUES THEATER / TEL. 0345 - 5110 777 / www.buehnen-halle.de
DIE MITTE DER WELT - Bühnen Halle
DIE MITTE DER WELT
von Andreas Steinhöfel | Premiere am 4. Mai 2018

DAUER
ca. 2 Stunden und 15 Minuten, eine Pause

BESETZUNG
Regie: ROBERT NEUMANN
Bühne & Videoanimation: SILKE PIELSTICKER
Kostüme: VANESSA VADINEANU
Dramaturgie: RONNY JAKUBASCHK
Dramaturgieassistenz: OLIVER MEYER
Ausstattungsassistenz: ISIS STEININGER
Inspizienz: CHRISTEL FRANKE-MUSIOL
Regieassistenz: JANA SCHIKOFSKY
Soufflage: JEANNETTE REINISCH

Es spielen: Phil MANUEL THIELEN
		Dianne AMELIE KRISS-HEINRICH
		Katja NORA SCHULTE
		Nicholas ALEXANDER PENSEL
		Glass KATHARINA BRANKATSCHK
		Tereza SONJA ISEMER
		          Michael, Gable, Händel, ein Polizist, der Brocken HARALD HÖBINGER

Foto: Falk Wenzel

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DIE MITTE DER WELT - Bühnen Halle
INHALT:        Phil lebt am Rande einer kleinen Stadt zusammen mit seiner Zwillingsschwester und
seiner freigeistigen Mutter, die vor sechzehn Jahren hochschwanger und ohne den Vater ihrer Kin-
der nach Deutschland kam, um ein neues Leben zu beginnen. Unabhängig von Normen und Kon-
ventionen erzieht sie die Zwillinge nach eigener Moral. Trotz der steten Ablehnung der Kleinstädter
verteidigt sie konsequent ihre individuelle Freiheit und die ihrer Kinder. Für Phil bedeutet daher
die erste Liebe Glück und Befreiung. Es ist für ihn das Normalste der Welt, einen Jungen zu mögen.
Anders ist es bei Nicholas, der seine Gefühle vor der Öffentlichkeit geheim hält. Niemand darf von
seiner Liebe zu Phil erfahren. Und dann ist da auch noch Katja, Phils beste Freundin, die ihrerseits
Gefühle für einen der beiden Jungen entwickelt hat.
Andreas Steinhöfels vielschichtiger Jugendroman ist ein großartiger Gegenentwurf zur schnellen
Pop- und Netzkultur, der die Begegnung in der direkten Auseinandersetzung feiert und traditionelle
Männlichkeitsideale in Frage stellt. Dem Protagonisten lässt der Autor eine Stärke und Klarheit zu-
kommen, die bezaubert.

»DIE HEUTIGE OFFENHEIT HINTERLÄSST
GROSSE HILFLOSIGKEIT« EIN INTERVIEW MIT
ANDREAS STEINHÖFEL
veröffentlicht am 11.11.2016 auf www.welt.de | Lesedauer: 9 Minuten
von Christina Brause

Vor 18 Jahren schrieb Andreas Steinhöfel DIE MITTE DER WELT. Seitdem hat sich viel getan, die
Teenager hängen an ihren Handys und in den sozialen Netzen. Doch die soziale Bedrohung ist
eine andere. Andreas Steinhöfel, 54, gehört zu den erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchauto-
ren Deutschlands. Jetzt wurde sein Bestseller DIE MITTE DER WELT verfilmt und kommt in die Kinos.
Im Interview wünscht sich der Schriftsteller für seine jungen Leser mehr Freiheiten, denn während
sie sich heute problemlos outen könnten, bedeute Arbeitslosigkeit den sozialen Tod. An der Zer-
störung jugendlicher Unschuld sei ausnahmsweise nicht allein Facebook schuld.

Sie schreiben selbst Drehbücher. Haben Sie bei der Verfilmung von DIE MITTE DER WELT
am Drehbuch mitgeschrieben?
Nein, da habe ich mich ganz bewusst rausgehalten. Nicht aus mangelndem Interesse, sondern
weil es nicht gut ist, wenn ein Autor mitmischt am Drehbuch. Das Letzte, was ein Regisseur oder
ein Drehbuchautor braucht, ist der Autor, der über die Schulter guckt. Man sollte ihnen jede
Möglichkeit lassen, ihre Vision umzusetzen. Als Autor muss man einfach darauf hoffen, dass
es gut geht.

Sind Sie zufrieden mit dem Film?
Steinhöfel: Ja, total. Obwohl ich mir etwas komplett anderes gewünscht hätte. Für mich war
immer die Familiengeschichte, die in den Rückblenden stattfindet, das Tragende in diesem
Roman. Während ich die Liebesgeschichte nur obendrauf gelegt habe. Jacob Erwa, der Regisseur,

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DIE MITTE DER WELT - Bühnen Halle
hat den Schwerpunkt hingegen auf die Liebesgeschichte gelegt. Aber es funktioniert trotzdem.
Zu merken, dass man von einer ganz anderen Richtung herangehen kann, aber trotzdem das
rauskommt, was einem als Autor wichtig war, das ist toll.

Das Buch ist vor 18 Jahren erschienen. Ist die Geschichte von Phil noch aktuell?
Ich versuche immer, Gefühle zu treffen, die – bilde ich mir zumindest ein – universell sind und
das auch in hundert Jahren noch sein werden, wie das Gefühl, verlassen zu sein oder von einem
Elternteil missverstanden zu werden. Dann ist die Geschichte nur noch Verkleidung des Gefühls
und könnte auch im 18. Jahrhundert spielen.

Hat sich die Jugendkultur seitdem verändert?
Ich sehe tonnenweise Teenies, die verträumt über die Straße rennen wie früher. Inzwischen
rennen sie vor Autos, weil sie auf Smartphones gucken, aber es wird rechtzeitig gebremst.
So war das bei mir auch, nur dass ich die BRAVO auf der Straße gelesen habe.

Phil hängt Gedanken oft lange nach, ist in sich gekehrt. Heute wird das –
mit Blick auf Amokläufer und Attentäter – als Warnzeichen interpretiert. Reagieren wir über?
Phil ist aufgehoben, hat Freunde und wird von seiner Mutter so akzeptiert, wie er ist. Wenn Men-
schen vereinsamen oder sich innerlich verabschieden, weil sie sich unverstanden fühlen, ist das
ein Nährboden für extremere Gedanken und Gefühle. Aber da gehören viele Faktoren dazu und
nicht nur Einsamkeit und ein Ballerspiel.

Trotzdem ist Phil ein Außenseiter.
Ja, aber er hat keine Angst vorm Außenseitertum. Er reflektiert es, aber er kommt damit klar.
Phil bewegt sich mit einem Lächeln durch die Welt. Gleich am Anfang der Geschichte sagt er:
›Ich bin vielleicht etwas schwuler als andere, aber das war es auch schon.‹

Foto: Falk Wenzel

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DIE MITTE DER WELT - Bühnen Halle
Wie nehme ich mich wahr, wie nehmen andere mich wahr? Haben sich diese Fragen
verändert, seit Sie das Buch geschrieben haben?
Ja, wir gaukeln uns vor, dass wir viel individueller sind als noch vor 20 Jahren. Mein Selfie, mein
Blog. Unterm Strich sind wir dann aber zehn Millionen Leute mit einem Blog und einem Selfie.
Das, was uns als Individualismus verkauft wird, ist gar keiner. Wir sind im Prinzip eine blökende
Herde, die jedem Tweet hinterherrennt. Viele Menschen fühlen sich in den sozialen Netzwerken
aufgehoben. Aber das ist ein falsches Aufgehobensein. Niemand kann 5000 Freundschaften
pflegen.

Gab es diese Individualität denn früher überhaupt?
Eine gewisse Schärfe in der Trennung war früher dramaturgisch leichter darzustellen und für
viele Menschen auch nachvollziehbarer. Wenn man in den 50er/60er-Jahren, wo ich das Buch
verortet habe, gesagt hat: »Ich bin schwul«, war man in der Tat noch etwas Besonderes –
nämlich besonders hassenswert.

Wir sind heute toleranter. Das ist doch gut.
Ja, Gott sei Dank. Aber ich befürchte manchmal auch, dass Menschen diese Sachen nicht
tolerieren, sondern als egal markieren, dann müssen sie sich damit nicht weiter
auseinandersetzen und ecken nirgends an.

Phils Homosexualität wird aber auch als gegeben gesetzt und nicht hinterfragt.
Im Buch war es nur ein Mittel, um seine Außenseiterrolle zu betonen. Ich wollte ihn anders
machen, und das ist dann aufs Schwulsein hinausgelaufen. Heute hat das nicht mehr so einen
Sensationswert, weil es momentan eine große Toleranz und Akzeptanz gibt.

Phils Mutter Glass möchte ihre eigenen Regeln aufstellen und scheint zufrieden damit.
Die Leidtragenden sind ihre Kinder. Sind das die Grenzen der Individualität?
Wer wirklich Individualist sein will, müsste anders ticken als andere Leute, sich von ihnen
entfernen und würde konsequent am Schluss einsam leben. Ich behaupte mal, dass das kein
schönes Leben wäre. Wir alle, egal für wie individualistisch wir uns halten, sind immer darauf
aus, Menschen zu finden, die uns ein Gefühl von Geborgenheit, Liebe und Wertschätzung geben.

Phil verlässt seine Familie am Ende.
Als junger Mensch riskiert man das gern. Aber letztlich – und das ist auch bei Phil so – haut man
ab, um wiederkommen oder anders ankommen zu können.

Im Buch weiß Phil noch nicht, wie lange er wegbleiben wird. Für seine Reise bricht er sogar
die Schule ab. Im Film wurde daraus eine Ferienreise für drei Wochen. Ist Selbstfindung heute
nur noch in der Lightversion machbar?
Jugendliche sind heute so weit weg davon, nicht auf die Regeln zu hören. Das, was Phil am
Schluss im Film macht, entspricht dem Zeitgeist – eine kleine Selbsterfahrungsrunde. Die armen
Jugendlichen hauen ab bis nach Australien, um endlich einmal weit genug von den Eltern weg zu
sein, und müssen dann dreimal am Tag über WhatsApp irgendwelche Bilder schicken.
Da ist eine digitale Nabelschnur, die um den halben Globus reicht.

Im Buch weiß Phil nicht, ob er überhaupt studieren will. Ist das heute für einen 17-Jährigen
überhaupt noch denkbar?

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Ja, da hat sich das Wertegefüge völlig verschoben, nämlich unter dem Stichwort Ökonomisierung.
Man darf heute schwul sein, aber man darf um Gottes willen nicht sagen, dass man nach der
Schule noch keine Ausbildungsstelle hat. Das ist der gesellschaftliche Tod. Man soll möglichst
mit 14 schon wissen, welches Rädchen im Getriebe man später einmal darstellen will. Bei Lesun-
gen versuche ich, die Jugendlichen zu ermuntern, wegzufahren und sich die Welt anzuschauen.

Wie reagieren sie darauf?
Sie fragen, wer das denn bezahlen soll. Da ist eine ganz große Angst. Es tut mir fast weh, zu
sehen, wie sie sich selber beschneiden durch Gedanken an Karriere und Geld. Das ist jungen
Menschen in den letzten 20 Jahren eingeimpft worden, und das ist eine Katastrophe für die
Selbstfindung, weil alles angstbesetzt ist. Spontaneität, Ausbrechen, Abweichen von Regeln –
auf merkwürdige Weise wird das heute viel schlimmer geahndet als vor 40 Jahren.

Phil leidet sehr darunter, seinen Vater nicht zu kennen.
Sind heute noch immer beide Elternteile wichtig?
Auch wenn es stockkonservativ klingt: Ja. Es gibt heute mehr Alleinerziehende und auch Regen-
bogenfamilien, aber ich glaube, das Kind als solches möchte Mama, Papa, Hund. Das ist keine
Wertung. Aber Kinder orientieren sich an dem, was um sie herum am meisten da ist. Sie wollen
wahlweise ein sehr festes Konstrukt, das auch gesellschaftlich legitimiert ist, oder zumindest
das Gefühl, aufgehoben und gewollt zu sein. Phil will auch nicht wissen, wer ihn gezeugt hat,
sondern ob sein Vater ihn okay findet.

Fehlt ihm Sicherheit, weil es so viel Unausgesprochenes in seiner Familie gibt?
Das ist genau das, was den Übergang vom Kind zum Jugendlichen und dann zum Erwachsenen
ausmacht. Man merkt, das Leben ist komplexer. Man muss mit Ecken und Kanten klarkommen –
nicht mit Rundungen. Die rutschen schön nebeneinander. Spannend wird es dort, wo es knallt
und kracht und knirscht. Als Jugendlicher bekommt man das langsam mit, weil sich die eigene
Persönlichkeit ausbildet und die eigenen Dämonen langsam größer werden.

Ist das ein Plädoyer für schonungslose Offenheit?
Schonungslose Offenheit an sich verändert nichts. In der total offenen Gesellschaft sieht man
Krieg und Porno – es ist alles da, aber keiner, der einem sagt, wie man mit diesen Bildern
klarkommen soll. Es gibt heute eine Offenheit, die ich als schwierig betrachte, weil sie eine
große Hilflosigkeit hinterlässt.

Nicholas, Phils Freund, möchte alles wissen, ohne selbst etwas von sich preiszugeben.
Ja, er lebt eine extreme Ich-Fixiertheit. Im Film holt Jannik Schümann wirklich viel aus seiner
Rolle heraus. Er zeigt, dass es um Verletzlichkeit und Angst geht, dass man einfach mal eine
Zeit braucht, ohne sich zu erklären. Das überfordert viele Jugendliche.

Ist das heute schlimmer?
Ich glaube, schon. Heute ist die Gesellschaft extrem exhibitionistisch. Ständig wird erwartet,
dass man morgen noch einen Knopf von der Hose aufmacht. Aber irgendwann ist die Hose unten,
und noch eine Hose hat man nicht an. Viele verzweifeln daran, wenn dann in den sozialen
Netzwerken die Likes fehlen. Das ist natürlich eine komplett selbst gemachte Hölle.

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Sind die sozialen Netzwerke schuld?
Nein, auf Facebook zu schimpfen ist völliger Blödsinn. Man muss mit den Leuten ins Gericht
gehen, die der Karotte nachlaufen, die sie vor die Nase gehalten bekommen.

Was macht die Digitalisierung mit den Jugendlichen?
Kinder müssen mit einem extrem hohen Tempo klarkommen. Im Buch konnte Phil sich noch in
die Ecke setzen mit einem Buch und fünf Stunden über die Welt nachdenken – und zwar
konzentriert und ungestört. In der Zeit hätte er heute 27 WhatsApps, die seine Gedankengänge
fragmentieren.

Klingt nach schlechten Aussichten für junge Menschen.
Nein, sie sterben ja nicht daran. Das Tolle an Kindern und Jugendlichen ist, dass sie extrem
belastbar und resistent sind in vielen Dingen, weil sie fast ungehinderte Energien haben.
Man darf die pessimistischen Rufe von Menschen wie mir nicht so ernst nehmen, weil sich das
schon irgendwie fügt. Die Menschen haben es immer geschafft, sich irgendwie mit sich und
ihrem Leben und der Welt zu arrangieren. Es entsteht eine neue Welt mit neuen Dingen und
Gesetzmäßigkeiten. Und die ist von Haus aus keine schlechtere, nur weil es sich für Menschen
wie mich, deren gewohnte Welt ins Wanken gerät, so anfühlt.

Foto: Falk Wenzel

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FRAGENKATALOG ZUR INSZENIERUNG
von Robert Neumann, Thalia Theater Halle

Beschreibe, wie, was und wen die folgenden Figuren lieben und warum? Phil, Dianne,
Nicholas, Glass, Tereza, und Katja

Was bedeutet der Begriff »schwul«?

Schildere das zögerliche Verhalten von Phil an drei Momenten der Aufführung

Warum muss Phil weg von daheim?

Warum hat Glass den Vater der Zwillinge verlassen?

Was macht die Freundschaft zwischen Katja und Phil aus? Warum endet sie?

Was bedeutet teure für euch? Welche Bedeutungen hat es für folgende Figuren: Glass,
Nicholas, Phil

Welche Probleme haben Phil und Nicholas mit ihrer Liebe? Woran scheitern sie?

Wie würdet ihr das Liebeskonzept von Glass beschreiben? Was bedeutet »Nymphomanin«?

Was werfen ihr die Kleinen Leute vor?

Wie setzt sich die Familie in Visible zusammen?

Foto: Falk Wenzel

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Was sind besondere Mittel des Theaters in dieser Inszenierung?

Was bedeutet für dich: Liebe, Verrat, Familie, Freundschaft?

Wie würdest du Glass als Mutter charakterisieren?

Welche Rolle hat Tereza in dieser Familie?

Woran erkennt man, dass Phil und Dianne Zwillinge sind? Was unterscheidet sie?

Was bedeutet für Dich »eine zweite Geburt«?

Was unterscheidet Phils‘ und Nicholas‘ Familie?

Welcher der Männer im Stück könnte ein guter Vater für Phil sein und warum?

Gibt es einen Unterschied zwischen »lieben« und »brauchen«?

Wen liebt Dianne? Was ist das besondere an ihrer Liebe / Treue?

Nenne drei Themen der Inszenierung?

Wenn Du ein Haus wie Visible hättest und entscheiden dürftest, wer würde darin wohnen?

Wohin hat dich Deine weiteste Reise geführt?

Was ist der Unterschied zwischen Suche und Flucht

DIE INSZENIERUNG BEINHALTET ZAHLREICHE THEMEN. NUR EINIGE DAVON SIND:
– Coming of Age - Auf dem Weg zum Erwachsenen
– Beziehung zu Erwachsenen
– Beziehung zu den Eltern
– Beziehung zu Gleichaltrigen
– Beziehungen zu Geschwistern
– Vaterfiguren
– Erziehungsstile
– Rolle der Familie
– Lebensmuster
– Erste Liebe - erste Enttäuschung
– My Home is my Castle
– Sexuelle Orientierung
– Ausgrenzung/ Fremdsein
– Bedeutung von Freunden
– Pubertät

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DIE SUCHE NACH DER MITTE MEINER WELT
Vergleich die Szenen aus der Inszenierung mit den Romanauszügen.
Was wurde verändert und wie würdest du diese Änderung beschreiben?

1. VERGLEICH: SZENE 7 UND DEN ROMANAUSZUG S. 68-77

SCHLUSS DER SZENE 6

Dianne Als Glass später damit begann, die Lebensweisheiten, die sie ihren Männergeschichten
verdankte, ihren von jähzornigen Ehemännern gebeutelten Kundinnen zu verkaufen,
wurden die Anrufe und Briefe weniger, schließlich blieben sie ganz aus. Phil und ich blieben
von Anfeindungen lange verschont. Für die kleinen Leute waren wir bedauernswerte kleine
Geschöpfe, die das Pech gehabt hatten, von einer zu jungen, völlig verantwortungslosen Mutter
in die Welt gesetzt worden zu sein. Aber wir gehörten nicht in ihre Welt. Wir fühlten, dass wir
anders waren.

Phil Es gab Mitschüler, die jeden Morgen von ihren Müttern zur Schule gebracht und zur
Mittagszeit wieder von ihnen abgeholt wurden. Es waren diese Mütter, die Dianne und mich
musterten, um dann ihren Kindern fantastische Dinge über uns in die Ohren zu flüstern.
Niemand schien auf die Idee zu kommen, dass Glass uns Freiräume ließ, nach denen wir
beide verlangten.

Glass Be strong and fight back! Seid stark und wehrt euch. Wer euch verletzt, dem tut doppelt
weh oder geht aus dem Weg, aber lasst euch niemals vorschreiben, wie ihr zu leben habt.
Ich liebe euch, wie ihr seid.

Phil Die anderen Kinder fürchteten sich vor Dianne und mir.

Dianne Dennoch gingen die Kinder nie so weit, uns tätlich anzugreifen.

Phil Das geschah nur ein einziges Mal, als wir 10 Jahre alt waren.
Bei der Schlacht am Großen Auge.

Dianne Das Große Auge – damit bezeichneten wir das Austrittsrohr eines unterirdisch
verlaufenden Baches. // Die Schlacht fand an einem strahlend hellen Sommertag statt.

SZENE 7
rückblende. im wald. die schlacht am grossen auge. dianne mit pfeil und bogen,
auftritt brocken und kumpane.

Dianne Ich kann damit schießen. Ich hab geübt.

Phil Wo hast du geübt?

Dianne Im Wald.

Brocken ey!

Chor Da sind die Bälger von der Dreckfotze!

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Phil Der Brocken. Dianne?

Brocken Tadda! impro lachen

Brocken Deine Mutter ist eine Dreckfotze. Sag es. Los!

Chor Los! Sag es!

Brocken kommt nach vorn zu phil Deine Mutter ist eine Dreckfotze. Sag es. Los!

Phil Deine Mutter ist eine Dreckfotze.

Brocken Attacke

alex zwingt phil in die knie und verdrehte dabei seinen kopf. phil röchelt.

Dianne Lasst sofort meinen Bruder los!

Phil Töte ihn, Dianne, bitte töte ihn!

Brocken Warum sollte ich ihn loslassen?

Dianne Weil ich sonst schieße.

Brocken Und wenn du deinen Bruder triffst?

(sie schiesst, pfeifgeräusche...)

Phil Mein Blick fiel auf den Brocken. Von seinen Fingern tropfte es rot ins Wasser.

Brocken Mama

Dianne Phil.

Phil / Dianne Ich hatte keine Angst mehr, im Gegenteil, ich wollte denen wehtun,
und so schlug ich blind um mich, von einem berauschenden, brausenden Schwindelgefühl
erfasst. Wann immer ich auf Widerstand traf, stieß ich einen triumphierenden Schrei aus.

Phil Nicht!!! –
Die funkelnde, zehn oder zwölf Zentimeter lange Klinge bohrte sich bis zum Heft in ihre Schulter.

Dianne zerrt messer raus

Chor Scheiße!

Phil Ihr Fleisch klaffte auseinander wie ein aufplatzender Granatapfel,
der seine hellroten Kerne ausspuckt.

Dianne Es tut nicht weh.

Chor Die ist! Ohhh! Weg hier!

Dianne Mein Bogen.

Phil Dianne, wir /

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auftritt glass/brankatschk mit kompresse

Dianne / Das nächste Mal nehme ich mein Messer mit.
als sie in Visible ankommen, erfasst glass die situation mit einem blick.
Phil Mum, Mum.... Wir sind /

2. VERGLEICH: SZENE 21 UND 22 UND DEN ROMANAUSZUG S. 210 – 217 UND 238 – 239
SCHLUSS DER SZENE 20

Tereza Warum gibst du ihm nicht einfach mehr Zeit, Phil?

Phil Er hatte doch genug, oder?
alle betrachten garten und gehen, nicholas bleibt

Tereza Hier, die Laube meines Vaters. Es ist nicht das Haus, sondern es ist der Garten,
der sofort jedermanns Aufmerksamkeit auf sich zieht. Vom beginnenden Frühjahr bis zum
Ende des Sommers explodiert es hier vor Blüten und Farben und Düften. Stuhl nach links

SZENE 21
gegenwart. aussen. phil und nicolas. tereza dreht garten in stadtansichten

Nicholas Deine Freundin Katja /

Phil / Ja?

Nicholas Du hast ihr nichts von uns erzählt, oder?

Phil Noch nicht.

Nicholas Eifersüchtig.

Phil Sieht man ihr das an?

Nicholas /

Phil Warum bist du vom Internat geflogen?

Nicholas /

Phil Warum haben deine Eltern /

Nicholas / Aus demselben Grund, der die meisten Eltern ihre Kinder abschieben lässt. Sind
überfordert, weil du dich nicht als das Spielzeug entpuppt hast, als das du mal geplant warst.

Phil Ich dachte, man landet im Internat, weil man zu schwierig ist.

Nicholas Irgendein Vorwand findet sich immer. Mann, diese tote Stadt.
Wie hältst du das bloß aus?

Phil Es gibt hier gutes Vanilleeis.

Nicholas Und wie viel davon muss man essen, bevor man die Nase endlich voll hat?

Phil Was machen deine Eltern?

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Nicholas My daddy’s rich, and my ma is good lookin’. Du bist Amerikaner, oder? Du hast eine
verrückte Zwillingsschwester, die früher mit Pfeil und Bogen Jagd auf kleine Jungs gemacht hat.
Um die großen Jungs kümmert sich deine Mutter.

Phil Wer erzählt das?

Nicholas Alle!?

Phil Ich hab dich schon mal gesehen, hier, in der Stadt.

Nicholas Muss in den Weihnachtsferien gewesen sein.

Phil legt Nicholas einen Arm um die Schulter. Nicholas rückt er ein wenig von ihm ab.

Nicholas Nicht. Bitte.

Phil Schon gut.

Nicholas Tut mir Leid, ich /

Phil / Ist okay.

Nicholas Du wirst mal ein sehr schöner Mann.

Phil Danke.

nicholas setzt sich in bewegung.

Phil Wart mal.

nicholas hebt etwas auf.

Phil Warum machst du das?

Nicholas Vielleicht kann man noch mal was mit anfangen.

Phil Wenn du alles einsammelst, was in der Gegend rumliegt,
müsstest du ein ganzes Lager voll davon haben.

Nicholas Vielleicht hab ich das.

garten wird eingedreht von tereza

SZENE 22
Gegenwart. Garten. Phil, Nicolas

Phil Was ist, kommst du mit rein?

nicholas nickt.

Nicholas Wem gehört das alles?

Phil Einer Freundin meiner Mutter.
Das ist das Haus ihres verstorbenen Vaters. Professor für Botanik.

Nicholas Geiler Garten.

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phil und nicholas gehen rein. tereza langsam nach hinten rechts

Nicholas Menschen tun verrückte Dinge bei Vollmond.

Phil Sie tun auch verrückte Dinge, wenn die Sonne scheint.

Händel Die Leidenschaften, meine Damen und Herren, die Leidenschaften!
Lassen Sie sich nicht von ihnen beherrschen! Sie verwirren Ihren Verstand,
unterwerfen Sie ihrer Kontrolle. Und kommen Sie mir nicht mit Hormonen oder dem
Unterbewusstsein. Zügelung! Beherrschung! Ich gebe zu, dass es schwer ist, sich dem
Lustprinzip zu verweigern, man will ja auch ein wenig Spaß haben, nicht wahr.

Phil Ich will mehr, ich will mehr, mehr als das.Nichts erscheint mir in diesem Moment
flüchtiger, nichts könnte mir hier und jetzt mehr Furcht einjagen als der Körper,
der sich an meiner Seite in den Schlaf zurückgezogen hat.

Nicholas ab über stamm Ich will zu der Luft werden, die Nicholas einatmet,
zu seinem Blut, zu seinem Herzschlag, zu allem, ohne dass er nicht mehr leben kann.

Foto: Falk Wenzel

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