BETRIEBSVERFASSUNG UND DATENSCHUTZ - AKTUELLE ENTWICKLUNGEN JUNI 2019 - Hugo Sinzheimer Institut

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BETRIEBSVERFASSUNG UND DATENSCHUTZ
AKTUELLE ENTWICKLUNGEN

JUNI 2019

© 2019 IG BCE, Abt. Mitbestimmung, Nicolas Ballerstaedt   1
AKTUELLE DISKUSSIONSPUNKTE

1. Umsetzung des Datenschutzes in Unternehmen im
       Überblick

2. Datenverarbeitung im Betriebsratsbüro
        Frage nach der Verantwortlichkeit
        Kontrolle des BR durch den Datenschutzbeauftragten

3. Datenverarbeitung im Beschäftigungsverhältnis
              Rechtsgrundlagen

4. Datenschutz & Mitbestimmung
              Differierende Grundpositionen

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UMSETZUNG DES DATENSCHUTZES
IN DEN UNTERNEHMEN

Gesamtlage Unternehmen bundesweit
•    Datenschutz ist grds. als betriebliches Thema erkannt
•    Umsetzung meist nur punktuell mit Themenbezug
      (z.B.: DS- oder IT-RahmenBV, BEM, Videoüberwachung, etc.)
•    jedenfalls keine vollständige Umsetzung

Umsetzung in den Betriebsratsgremien

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UMSETZUNG DES DATENSCHUTZES
IN DEN UNTERNEHMEN

Vorgehen der Unternehmen

•    Erlass von Datenschutzrichtlinien
•    Rahmenbetriebsvereinbarungen zum Datenschutz
•    Verpflichtungserklärungen auf das Datengeheimnis
      Artt. 5, 24, 29, 32 DS-GVO
      vereinzelt Anpassungen in den Arbeitsverträgen selbst

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VERHÄLTNIS BETRIEBSRAT - DSB
Kann der Betriebsrat vom Datenschutzbeauftragten kontrolliert
werden?
• Vor der DS-GVO: Nein. BAG 11.11.97 – 1 ABR 21/97; BAG
  14.1.2014 – 1 ABR 54/12. Unabhängigkeit des Betriebsrats.
  Aufsichtsbehörde kann kontrollieren.
• Seit DS-GVO: Art. 38 Abs. 4 und Abs. 5 DS-GVO
   • Literatur: Eder CuA Heft 4 2018, 8
Kann der Betriebsrat einen eigenen Datenschutzbeauftragten
benennen?
• Vor der DS-GVO: Nein. Freiwilligen „Kümmerer“ natürlich schon.
• Seit DS-GVO: strittig. Je nach dem ob Verantwortlicher oder nicht.
  Nach Vereinbarung mit dem AG zusätzlich sinnvoll ab einer Größe
  von 10+.

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VERHÄLTNIS BETRIEBSRAT - ARBEITGEBER
Ist der Betriebsrat eigener Verantwortlicher?
• Vor der DS-GVO: Betriebsrat ist kein eigener Verantwortlicher, § 3
    Abs. 7 BDSG
• Seit DS-GVO: strittig!

Argumente gegen eine eigene Verantwortlichkeit:
• Art. 4 Nr. 7 DS-GVO: „…wer Zwecke und Mittel der Verarbeitung
  entscheidet..“
• Rechtsprechung: LAG Nds 22.10.2018, Az.: 12 TaBV 23/18 (a.A.
  LAG Sa-Anhalt 18.12.2018, Az: 4 TaBV 19/17)
• Beispiel: Arbeitgeber kann Berechtigungen für Geschäftsführer und
  Personalabteilung auf Laufwerke von Betriebsratsmitgliedern
  entgegen Berechtigungskonzept einrichten lassen aufgrund von
  Weisungsrechten (aktueller Fall aus einem Betrieb)

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FOLGEN
Betriebsrat als eigener Verantwortlicher, hätte die Konsequenzen:
• Datenschutzbeauftragten für den Betriebsrat: Kosten Arbeitgeber
• eigene IT (nicht nur Endorse): bislang nicht nach Rechtsprechung
  des BAG, Kosten trägt der Arbeitgeber
• Versicherung für den BR, denn….
• Haftung des Gremiums? BR ist vermögenslos, also zunächst
  Heranziehung Arbeitgeber, Insolvenzrisiko trägt AG
• Haftung nach der BGH-Rechtsprechung einzelner BR-Mitglieder
• Nachfragen bzw. Meldung bei der Aufsichtsbehörde anstatt beim
  DSB intern: Risiko der Offenbarung von
  Datenschutzvorfällen/Whistleblowing, weitere Haftungsfallen für
  Betriebsräte
• Vereinbarung zum Datenschutz: Wahrnehmung von
  Auskunftspflichten muss unabhängig von AG möglich sein

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RECHTSGRUNDLAGEN

Aktuelle Diskussionen im Beschäftigtendatenschutz

•    Reichweite § 26 BDSG Erforderlichkeit der Datenverarbeitung

               im Verhältnis zu

•    Art. 6 DS-GVO dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers

•    Betriebsvereinbarung als bessere Rechtsgrundlage

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WAS HEIßT „ERFORDERLICH“?

 § 26 Absatz 1 BDSG zentrale Norm
 Erforderlichkeit ist an der Zweckbestimmung im
  Arbeitsvertrag zu messen
 „Im Rahmen der Erforderlichkeitsprüfung sind die
  widerstreitenden Grundrechtspositionen zur Herstellung
  praktischer Konkordanz abzuwägen. Dabei sind die
  Interessen des Arbeitgebers an der Datenverarbeitung
  und das Persönlichkeitsrechts des Beschäftigten zu
  einem schonenden Ausgleich zu bringen, der beide
  Interessen möglichst weitgehend berücksichtigt“ (BT-Ds.
  18/11325 S. 97)

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ALSO BERECHTIGTES INTERESSE?

Art. 6 DS-GVO greift:
 bei Verarbeitungen außerhalb des Arbeitsverhältnisses

Andere Wertung im Arbeitsverhältnis?
§ 26 BDSG vs. Art. 6 Absatz 1 lit. b, f DS-GVO

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BETRIEBSVEREINBARUNGEN
ALS BESSERE RECHTSGRUNDLAGE
• „Rechtmäßige Verarbeitung“: Rechtsgrundlage!!
• § 26 BDSG ist allgemein gefasst
    (Beschäftigtendatenschutzgesetz fehlt bisher)
•   Umsetzung der Transparenzanforderungen bei der
    Datenverarbeitung (für Beschäftigte: welche Daten, für welche
    Zwecke, Regelungen zu Informationsrechten: Vorlage als
    Anlage) in einfacher verständlicher Sprache
•   Erfüllung der Dokumentationspflichten nach der DSGVO (Art.
    24), sonst Beweisverwertungsverbot?
•   Erfüllung der Informationspflichten Art. 13 DS-GVO
•   Schaffung von Akzeptanz in der Belegschaft
•   Präzisierung Datenschutzgrundsätze (bspw. Formular
    Auskunft)

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DATENSCHUTZ NACH ARBEITGEBERART

Arbeitgeberseite (insb. BDA) betreibt gerade verstärkt:

1. Öffnung des Datenschutzes für eine Absenkung des
   Schutzniveaus per Betriebsvereinbarung.
2. Entwertung des Tatbestandmerkmals der Freiwilligkeit
   bei der Einwilligung in die Datenverarbeitung durch
   betroffene Arbeitnehmer (Möglichkeit des Verzichts auf
   den gesetzlichen Schutz durch den AN).
3. Zielsetzung Big Data für kommerzielle Zwecke

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MITBESTIMMUNG UNTER DRUCK

1. Beschleunigung Mitbestimmungsverfahren durch
       •  neue betriebliche Verfahren zur Umsetzung von
         „Sofortmaßnahmen“ ohne Mitbestimmung
       • Fristenregelung gerichtet gegen den BR zur Umsetzung von
         Mitbestimmung
       • Gesetzliche Frist für Einigungsstellenverfahren
2. Abschaffung/Eingrenzung § 87 Absatz 1 Ziff. 6 BetrVG
3. Gestaltung der Mitbestimmungsstrukturen ohne
       Gewerkschaften, allein mit dem BR (§ 3 BetrVG mit
       dem BR)

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ZUKUNFTSVEREINBARUNG

 Technologieeinführung als Prozess
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                                Testphase oder Piloten                                              Roll-Out
             Projektteam
          Aus allen betroffenen
          Beschäftigtenbereiche
                    n
                                                                                           Ständiger Ausschuss
                                                                                                        Aufgabe:
                                                                                                        -   Monitoring der Technologien
 Geschäftsführung und                                       Paritätischer Ausschuss
 Betriebsrat müssen sich                                                                                -   Reflektion der Prozesse
                                                            + Projektteam
 verständigen:                                              Monitoring der Einführung                   -   Reflektion der Maßnahmen
 -   Was ist notwendig?                                     - Wie wirkt die Technologie auf die             (Qualifizierung/
 -   Was ist das Ziel?                                        Arbeitsprozesse?                              Arbeitssicherheit/ Mehrwert/
 -   Was für eine Technologie?                              - Was gibt es für Risiken?                      Entscheidungsqualität usw.)
 -   In welchen Bereichen?                                  - Welche Gegenmaßnahmen müssen              -   Einleiten von
 -   Welche Beschäftigten sind betroffen?                     getroffen werden?                             Gegenmaßnahmen
 -   Zu welchen Bedingungen?                                - Was ist ggf. an Qualifikation             -   Verbesserungsvorschläge der
 -   Wie werden die Beschäftigten                             notwendig?                                    Beschäftigten
     eingebunden?                                           - Welchen Mehrwert an Arbeitsqualität
 -   Visualisieren als Betriebslandkarte                      und Produktivität?
     die kontinuierlich weiterentwickelt
     wird

                         11.06.2019
14          © IG BCE |
                                      VB 3 Digitalisierung / Arbeit / Mitglieder
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PFLICHTENHEFT DER UMSETZUNG BR

1. Situationsanalyse (Istzustand)
       •       Stand der Umsetzung im Betrieb/Unternehmen/Konzern
       •       Stand der Umsetzung im Betriebsratsbüro

2. Gesetzliches Ideal (Sollzustand)
       •       Rechtslage nach DS-GVO/BDSG kennen
       •       Schulungen der Arbeitnehmer organisieren
       •       Ggf. Schulungen des Gremiums organisieren

3. Vergleich und Auswertung der Zustände
       •     Handlungsbedarf feststellen
       •     Maßnahmenplan erstellen
       •     Umsetzungsprioritäten festlegen
       •     Was lässt sich schnell umsetzen?
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VIELEN DANK
      FÜR IHRE
      AUFMERKSAMKEIT

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