Bevölkerung im Wandel - Bevölkerungsentwicklung seit 1946

Die Seite wird erstellt Julia-Hortensia Roth
 
WEITER LESEN
Bevölkerung

 Bevölkerung im Wandel
 Bevölkerungsentwicklung seit 1946

                               Von Günter Ickler

                     In Rheinland-Pfalz leben heute gut 4,05 Mill. Menschen. Seit der
                     Gründung des Landes im Jahr 1947 hat sich die Bevölkerungszahl um
                     weit mehr als 1 Mill. erhöht. Dabei verlief die Entwicklung keineswegs
                     kontinuierlich: Es gab Phasen mit einem stark ausgeprägten Bevöl-
                     kerungswachstum, aber auch Zeiträume, in denen die Einwohnerzahl
 rückläufig war. Zuletzt verursachte die Wende in Mittel- und Osteuropa seit Ende der
 1980er-Jahre kräftige Wanderungsgewinne. Seit 2005 ist die Bevölkerungszahl rückläufig.
 Dieser neue Trend wird sich in Zukunft noch verstärkt fortsetzen. Die Entwicklung wird
 von ausgeprägten Verschiebungen in der Altersstruktur begleitet.

                    Langfristig wachsende Bevölkerung                           rungsentwicklung beachtliche Wachstums-
                                                                                raten auf, die sich jedoch zu Beginn der
    Volkszählung    Die Bevölkerungsentwicklung des Landes
       nach dem                                                                 1970er-Jahre abschwächten. Mit 3,7 Mill.
Zweiten Weltkrieg   war über lange Zeiträume hinweg durch
 im Oktober 1946
                    Zuwächse gekennzeichnet.1) Bei der ersten                   Einwohnern wurde im Jahr 1973 ein vor-
                    Volkszählung nach dem Zweiten Weltkrieg,                    läufiger Höchststand erreicht. In einer dann
                    die im Oktober 1946 stattfand, wurden                       folgenden Phase des Bevölkerungsrück-
                    für das Gebiet des heutigen Rheinland-                      gangs sank die Einwohnerzahl bis 1986
                    Pfalz 2,8 Mill. Einwohner gezählt. Bedingt                  auf 3,6 Mill. (– 2,4 %). Die Entwicklung seit
                    durch die Rückkehr von Kriegsgefange-                       Ende der 1980er-Jahre war stark durch die
                    nen und den Zustrom von Heimatvertrie-                      Wende in Mittel- und Osteuropa beeinflusst.
                    benen und Flüchtlingen aus den früheren                     Von 1988 bis 2004 stieg die Bevölkerungs-
                    deutschen Ostgebieten und der damaligen                     zahl auf ihren bisher höchsten Stand von
                    sowjetischen Besatzungszone hatte die                       4,06 Mill. (+ 11 %).
                    Bevölkerungszahl bereits bei der nächs-
                    ten Großzählung im Jahr 1950 die Grenze                     Erstmals nach 18 Jahren ist im Jahr 2005        Im Jahr 2005
                                                                                                                                rückläufige
                    von 3 Mill. Menschen überschritten. Auch                    die rheinland-pfälzische Bevölkerungszahl       Bevölkerung

                    in den folgenden Jahren wies die Bevölke-                   wieder rückläufig gewesen. Die Abnahme
                                                                                belief sich auf fast 2 300 Personen. Der für
                                                                                das Jahr 2006 zu erwartende Rückgang
 1) Bei einer langfristigen Betrachtung der Bevölkerungsentwicklung muss in
 Kauf genommen werden, dass aus der Anfangszeit nach dem Krieg genaue
                                                                                dürfte noch weit höher ausfallen. Allein in
 statistische Angaben nicht immer oder nur mit eingeschränkter Aussagekraft     den ersten drei Quartalen liegt das Minus
 vorliegen, da auch der Aufbau der amtlichen Statistik in dem neu gegründeten
 Land durch die vielfältigen Probleme der Nachkriegszeit geprägt war.           per Saldo bei rund 6 000 Menschen.

 230                                                                              Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz       04 2007
Bevölkerung

                                                                  In den Folgejahren ist der Wanderungsge-
                                                1)
  S1          Bevölkerung 1950 – 2006                             winn aufgrund der stark rückläufigen Zu-
                                                                  wanderung rapide gesunken. Gab es 1995

 4,5
                                     in Mill.                     noch nahezu 30 000 mehr Zuzüge als Fort-
                                                                  züge, so fiel dieser Saldo bis zum Jahr 2000
 4,0                                                              auf 8 000 Personen, konnte aber im Jahr
                                                                  darauf noch einmal kräftig auf fast 21 000
 3,5                                                              Menschen zulegen.

                                                                  Die Entwicklung in jüngster Vergangenheit                Sinkende
 3,0                                                                                                                       Wanderungs-
                                                                  ist durch weiter rückläufige Zuwanderungs-                gewinne können
                                                                                                                           Geburtendefizit
                                                                  überschüsse gekennzeichnet, die nur noch                 nicht mehr
  0
  1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005     bis zum Jahr 2004 groß genug waren, um                   ausgleichen

    1) 2006: vorläufiges Ergebnis.                                das bestehende Geburtendefizit auszu-
                                                                  gleichen.
                   Meist überwogen die Zuzüge
                                                                  Eine Unterscheidung nach Herkunfts- bzw.                 Wanderungs-
                   die Fortzüge                                                                                            verflechtungen
                                                                  Zielgebieten zeigt, dass die verschiedenen               mit anderen
                   Ob eine Bevölkerung wächst oder abnimmt,                                                                Bundesländern
                                                                  Regionen in sehr unterschiedlichem Aus-                  stärker als mit
                   resultiert aus dem Zusammenspiel der Ent-      maß zu den Wanderungsgewinnen und                        dem Ausland

                   wicklungskomponenten, den Zuzügen und          damit zum Bevölkerungswachstum des
                   den Geburten auf der einen Seite sowie den     Landes beigetragen haben. So fallen im
                   Fortzügen und den Sterbefällen auf der an-     gesamten Zeitraum die Wanderungsströme
                   deren Seite.                                   mit dem Ausland weit geringer aus als die
Im langfristigen   In der Geschichte des Landes sind in na-       mit den anderen Bundesländern.
  Durchschnitt
jährlicher Wan-    hezu jedem Jahr mehr Menschen nach             Die stärksten Wanderungsverflechtungen
derungsgewinn
    von 17 000
                   Rheinland-Pfalz zugezogen als über die         gab es naturgemäß stets mit den größe-
      Menschen     Landesgrenze weggezogen. Damit konn-
                   ten die Wanderungen fast immer zu einem
                                                                               Wanderungen über die Landesgrenze
                   Wachstum der Bevölkerung beitragen. Im           S2
                                                                               1950 – 20061)
                   langfristigen Durchschnitt gab es seit 1950
                   jährlich 109 000 Zuzüge und 92 000 Fort-        180
                                                                                                     in 1 000

                   züge. Daraus resultiert ein jährlicher Wan-     160
                                                                                                      Wanderungs-
                   derungsüberschuss von 17 000, der sich          140                                  gewinn
                   im Lauf der Jahre auf insgesamt fast 1 Mill.    120
                   Menschen summiert.                              100

 Hohe Wande-       Besonders hoch waren die Wanderungsge-           80
 rungsgewinne                                                                             Wanderungs-
                   winne in den ersten Nachkriegsjahren sowie       60                      verlust
      Ende der
   1980er- und                                                      40
    Anfang der
                   Ende der 1980er- und Anfang der 1990er-
  1990er-Jahre     Jahre infolge der Grenzöffnung zum Osten.         0
                                                                     1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
                   Im Mittel der Jahre 1989 bis 1993 lag der
                                                                                            Zuzüge                  Fortzüge
                   Zuwanderungsüberschuss bei weit über
                                                                    1) 2006: vorläufiges Ergebnis.
                   50 000 Menschen jährlich.

04 2007            Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz                                                                          231
Bevölkerung

     Besonders     ren Nachbarländern Nordrhein-Westfalen,
  hoher Wande-
rungsaustausch     Hessen und Baden-Württemberg. Im ge-                     S3         Geburtenrate1) 1950 – 2005
        mit den
  benachbarten     samten Beobachtungszeitraum seit 1950
 Bundesländern     kamen mehr als 2,8 Mill. Menschen von                                               Kinder je Frau
                                                                           3,0
                   dort nach Rheinland-Pfalz, und nahezu                   2,5
                   2,8 Mill. zogen von hier in diese drei Län-
                                                                           2,0
                   der. Über den langen Zeitraum betrachtet
                                                                           1,5
                   lag der Wanderungsgewinn bei insgesamt
                   37 000 Personen.                                        1,0

                                                                           0,5
                   Im Austausch mit allen Bundesländern
                                                                            0
                   erreichte die Zahl der Zuzüge seit 1950                  1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
                   gut 4,3 Mill., die der Fortzüge fast 3,9 Mill.                          Geburtenrate          Bestandserhaltungsniveau

                   Personen.1) Damit ergibt sich ein Saldo von             1) Zusammengefasste Geburtenziffer für 15- bis 45-jährige Frauen.
                   insgesamt 450 000 bzw. durchschnittlich
                   8 100 Personen jährlich. Demgegenüber
                                                                          Jahre ist auf die stark besetzten Elternjahr-
                   fielen die Wanderungsströme zwischen
                                                                          gänge in dieser Zeit zurückzuführen. Heute
                   Rheinland-Pfalz und dem Ausland mit
                                                                          kommen nur noch halb so viele Kinder zur
                   1,8 Mill. Zuzügen und 1,2 Mill. Fortzügen
                                                                          Welt wie Mitte der 1960er-Jahre.
                   wesentlich kleiner aus. Daraus resultiert
                   ein langfristiger Wanderungsgewinn im                  Neben dem Altersaufbau der Bevölkerung                   Geburtenrate
                                                                                                                                   seit Mitte der
                   Austausch mit dem Ausland von insgesamt                bestimmt das so genannte generative Ver-                 1970er-Jahre
                                                                                                                                   bei 1,4 Kindern
                   fast 580 000 bzw. jährlich 10 300 Personen.            halten, also der Wunsch nach Kindern, die                je Frau
                                                                          Zahl der Geborenen. Die Geburtenrate gibt

                   Rapider Rückgang der Geburten-                         die Zahl der Kinder an, die Frauen durch-

                   zahlen                                                 schnittlich im Lauf ihres Lebens zur Welt
                                                                          bringen. Zur Bestandserhaltung der Be-
                   Neben den Wanderungen prägen Geburten                  völkerung müsste die Geburtenrate durch-
                   und Sterbefälle die Bevölkerungsentwick-               schnittlich 2,1 Kinder je Frau betragen. Im
                   lung. Ist die Zahl der Gestorbenen größer              Jahr 1963 lag sie noch bei 2,8. Seit Mitte
                   als die der Geborenen, so geht – bei aus-              der 1970er-Jahre bewegt sich die Gebur-
                   geglichenem Wanderungssaldo – die Be-                  tenrate um einen Wert von nur 1,4 Kindern
                   völkerung zurück.                                      je Frau.
 Halbierung der    Bei der Geburtenentwicklung haben sich                 Nach leichten Schwankungen in den                        Auch aktuell
Geburtenzahlen                                                                                                                     weniger Kinder
  seit Mitte der   im Zeitablauf gravierende Änderungen                   1990er-Jahren nahm die Zahl der Lebend-
  1960er-Jahre
                   vollzogen. Mit 67 800 Neugeborenen gab                 geborenen in den letzten Jahren ständig
                   es 1963 die höchste Geburtenzahl in der                ab. Mit knapp 32 600 Kindern, die im Jahr
                   Geschichte des Landes. Danach sank die                 2005 das Licht der Welt erblickten, wurde
                   Zahl der Lebendgeborenen nachhaltig. Der               ein neuer Tiefstand erreicht, der um nahezu
                   vorübergehende Anstieg Ende der 1980er-                24% unter dem Wert des Jahres 1990 liegt.
                                                                          Auch für 2006 ist mit einer weiteren Verrin-
1) In diesen Angaben sind auch die Wanderungen zwischen Rheinland-Pfalz
und der damaligen DDR enthalten.                                          gerung um mindestens 1 000 zu rechnen.

232                                                                         Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz                 04 2007
Bevölkerung

                                                                    Leute geben wird, die Kinder bekommen
               Geborene 1950–2005 nach dem Alter
  S4                                                                könnten. Die gegenwärtige Altersstruktur
               der Mutter
                                                                    der Bevölkerung, die anschaulich in der
                             Kinder je 1 000 Frauen                 grafischen Darstellung der Bevölkerungs-
 225
 200                                                                pyramide zum Ausdruck kommt, belegt
  175                                                               diesen Sachverhalt deutlich.
 150
 125
 100
                                                                    Zunehmende Lebenserwartung –
   75                                                               trotzdem mehr Sterbefälle
   50
   25                                                               Die Entwicklung der Sterbefälle weist im
    0                                                               langfristigen Verlauf eine weitaus geringere
     15   17   19   21 23 25 27 29 31 33 35 37 39        41 43
                             Alter in Jahren                        Dynamik auf als die der Geburten oder der
                      1950         1963       1985    2005          Zu- und Fortzüge.

                                                                    Die Zahl der Gestorbenen wird maßgeblich               Steigende
Steigendes Alter    Deutliche Veränderungen zeigen sich im                                                                 Lebens-
  der Mütter bei                                                    durch die Lebenserwartung beeinflusst, die              erwartung
der Geburt ihrer    Zeitablauf hinsichtlich des Alters der Mut-
         Kinder
                                                                    sich auf lange Sicht kontinuierlich erhöht
                    ter bei der Geburt. So wurden im Jahr 1950
                                                                    hat. Während Anfang der 1950er-Jahre ein
                    die – relativ gesehen – meisten Kinder von
                                                                    neugeborenes Mädchen noch damit rech-
                    26-jährigen Frauen zur Welt gebracht; es
                                                                    nen musste, vor seinem 69. Geburtstag zu
                    gab 152 Geburten je 1 000 Frauen dieses
                                                                    sterben, lag die Lebenserwartung zu Be-
                    Alters. Im Jahr 1963 waren es die 24-jährigen
                                                                    ginn der 1970er-Jahre schon bei 74 Jah-
                    Frauen, die mit 200 Geburten je 1 000 den
                                                                    ren; derzeit beträgt sie mehr als 81 Jahre.
                    höchsten Wert erreichten. Seitdem ist das
                                                                    Die Lebenserwartung des männlichen
                    Alter der Mütter zum Zeitpunkt der Geburt
                                                                    Geschlechts ist stets wesentlich niedriger
                    ihrer Kinder deutlich angestiegen. Im Jahr
                                                                    gewesen. So hatten zu Beginn der 1950er-
                    1995 wiesen 29-jährige Frauen die höchste
                                                                    Jahre neugeborene Knaben durchschnitt-
                    Geburtenziffer auf, derzeit sind es die
                    Frauen im Alter von 30 Jahren.
                                                                                Lebenserwartung bei der Geburt
                                                                      S5
Zukünftig weiter    Bei gleichbleibender Geburtenrate ist zu-                   1949/51 – 2003/05 nach Geschlecht
      sinkende
   Geborenen-       künftig mit weiter sinkenden Geborenen-
         zahlen                                                                                   in Jahren
                    zahlen zu rechnen, da der Umfang der             90
                    potenziellen Elternjahrgänge tendenziell         80

                    kleiner wird. Die am stärksten besetzten         70

                    Jahrgänge sind mittlerweile über 40 Jahre        60
                                                                     50
                    alt. Dies bedeutet, dass selbst bei einer
                                                                     40
                    Steigerung der Geburtenrate, die unter
                                                                     30
                    Umständen durch entsprechende familien-
                                                                     20
                    politische Maßnahmen ausgelöst werden            10
                    könnte, allenfalls eine Abschwächung des          0
                                                                           1949/51   1960/62       1970/72       1986/88     2003/05
                    rückläufigen Trends der Geburtenzahlen zu
                                                                                               Männer         Frauen
                    erreichen wäre, da es immer weniger junge

04 2007             Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz                                                                           233
Bevölkerung

                   lich nur 65 Lebensjahre zu erwarten; in den
                   frühen 1970er-Jahren lag ihre Lebenserwar-        S6         Geborene und Gestorbene 1950 – 20061)

                   tung bei 67 Jahren und zurzeit erreicht sie
                   76 Jahre. Ausschlaggebend für die positive                                        in 1 000
                                                                     70
                   Entwicklung ist in erster Linie der Rückgang      65

                   der früher großen Säuglings- und Kinder-          60

                   sterblichkeit, aber auch im höheren Alters-       55
                                                                               Geborenen-
                                                                     50
                   bereich hat sich die Sterblichkeit in den                   überschuss
                                                                     45
                   letzten Jahrzehnten deutlich reduziert.
                                                                     40

           Trotz   Der Anstieg der Lebenserwartung ließe für         35                                          Gestorbenen-
     steigender                                                                                                   überschuss
                                                                     30
       Lebens-     sich genommen eine Verringerung der Ge-
erwartung mehr                                                           0
     Sterbefälle   storbenenzahlen erwarten. Es ist jedoch               1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
                   eine tendenziell zunehmende Zahl der                                     Geborene            Gestorbene

                   Sterbefälle zu verzeichnen, die sich aus         1) 2006: vorläufiges Ergebnis.

                   der wachsenden Gesamtbevölkerung und
                   der zunehmenden Zahl älterer Menschen           Die für die Geburten und die Sterbefälle vor-
                   erklärt. Die schwankenden Gestorbenen-          gezeichneten Entwicklungstendenzen lassen
                   zahlen resultierten – auch in den letzten       in den kommenden Jahren einen weiterhin
                   Jahren noch – aus dem sehr unregelmä-           steigenden negativen Saldo der natürlichen
                   ßigen, insbesondere durch die Kriegsaus-        Bevölkerungsbewegung erwarten.
                   wirkungen bedingten Altersaufbau bei den        Die zukünftigen Entwicklungstendenzen
                   älteren Menschen. Dies kann an der aktu-        der Wanderungen sind weitaus schwieriger
                   ellen Bevölkerungspyramide anschaulich          abzuschätzen als die der Geborenen bzw.
                   nachvollzogen werden.                           der Gestorbenen. Bei voraussichtlich wei-
                                                                   ter steigendem Geburtendefizit wären für
                   Seit 1972 mehr Gestorbene
                   als Geborene                                                 Saldo der natürlichen Bevölkerungsbewegung
                                                                     S7
                                                                                und Wanderungssaldo 1950–20061)
                   Aus der Entwicklung der Geburten und
                   der Sterbefälle ergibt sich ein Saldo der       120                               in 1 000

                   natürlichen Bevölkerungsbewegung, der           100

                   seit 1972 negativ ist, das heißt die Zahl der    80
                   Gestorbenen ist seitdem größer als die der
                                                                    60
                   Lebendgeborenen. Lediglich 1992 gab es
                                                                    40
                   noch einmal einen – jedoch sehr geringen –
                   positiven Saldo der natürlichen Bevölke-         20

                   rungsbewegung. In den letzten Jahren nahm         0

                   das Geburtendefizit tendenziell zu. Im Jahr      -20
                   1997 lag es noch bei rund 1 500 Personen,         1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
                                                                                     Natürlicher Saldo          Wanderungssaldo
                   2005 bereits deutlich über 10 000, und im
                                                                   1) 2006: vorläufiges Ergebnis.
                   Jahr 2006 wird es noch höher ausfallen.

234                                                                  Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz                04 2007
Bevölkerung

                    eine konstante oder gar wachsende Bevöl-
                                                                               Aufbau der Bevölkerung 1946
                    kerung wieder zunehmende Wanderungs-            S8
                                                                               nach Alter und Geschlecht
Auch in Zukunft     überschüsse erforderlich. Dies muss gegen-
    rückläufige
 Bevölkerungs-      wärtig als eher unwahrscheinlich angesehen        Alter                                                    Geburts-
           zahl                                                    in Jahren                                                     jahr
                    werden. Damit ist für die kommenden Jahre                       Männer                       Frauen
                                                                     100                                                          1846
                    eine weiter sinkende Bevölkerungszahl zu
                    erwarten.                                         90                                                          1856

                                                                      80                                                          1866
                    Gegenwärtige Bevölkerungsstruktur
                                                                       70                                                         1876
                    beeinflusst zukünftige Entwicklung
                                                                      60                                                          1886
  Bevölkerungs-     Eine differenziertere Analyse der Bevölke-
        pyramide
                                                                       50                                                         1896
zeigt historische   rungsentwicklung ermöglicht die grafische
   Ereignisse …
                    Darstellung der Alters- und Geschlechts-           40                                                         1906

                    struktur in Form einer Bevölkerungs-
                                                                      30                                                          1916
                    pyramide. Die Ereignisse in der ersten Hälf-
                                                                       20                                                         1926
                    te des letzten Jahrhunderts, wie z. B. die
                    beiden Weltkriege und die Weltwirt-                10                                                         1936

                    schaftskrise, haben hier deutliche Spuren
                    hinterlassen: Die Geburtenausfälle und             40 000 30 000 20 000 10 000   0   10 000 20 000 30 000 40 000

                    die in erster Linie die Männer betreffenden                         Männer- bzw. Frauenüberschuss

                    Kriegsverluste zeichnen sich klar ab. Aber
                    auch die danach eingetretenen Entwick-                     Aufbau der Bevölkerung 2006
                                                                    S9
                    lungen, wie der Geburtenboom Ende der                      nach Alter und Geschlecht

                    1950er- und Anfang der 1960er-Jahre sowie
                                                                      Alter                                                    Geburts-
                    der darauf folgende, häufig als „Pillenknick“   in Jahren                                                     jahr
                                                                                    Männer                       Frauen
                    bezeichnete erhebliche Einbruch in der            100                                                         1906
                    Geburtenentwicklung, sind deutlich zu
                                                                       90                                                         1916
                    erkennen. So ist der damalige Babyboom
                    für die derzeit große Zahl der etwa 40- bis        80                                                         1926

                    45-Jährigen verantwortlich.                        70                                                         1936

       … und ist    Die Bevölkerungspyramide veranschaulicht           60                                                         1946
   zugleich Aus-
    gangspunkt      damit nicht nur die gegenwärtige Alters-
                                                                       50                                                         1956
 für den Blick in
     die Zukunft
                    und Geschlechtsstruktur der Bevölkerung,
                                                                       40                                                         1966
                    sondern spiegelt zugleich die historischen
                    Ereignisse in der Population wider. Dar-           30                                                         1976

                    über hinaus ist sie auch Ausgangspunkt
                                                                       20                                                         1986
                    für die Betrachtung der zukünftigen Bevöl-
                                                                       10                                                         1996
                    kerungsentwicklung. Die den gegenwär-
                    tigen Bevölkerungsaufbau prägenden ge-
                                                                       40 000 30 000 20 000 10 000   0   10 000 20 000 30 000 40 000
                    schichtlichen Ereignisse werden auch die
                                                                                        Männer- bzw. Frauenüberschuss
                    Bevölkerungsstruktur in den kommenden

04 2007             Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz                                                                           235
Bevölkerung

             Aufbau der Bevölkerung 2030                                            Bevölkerungsentwicklung 1950–2005
 S 10                                                                     S 11
             nach Alter und Geschlecht                                              nach Altersgruppen

    Alter                                                     Geburts-
 in Jahren
                                                                                               Messzahl: 1950=100
                                                                jahr
                  Männer                       Frauen                    250
   100                                                           1930    225

                                                                         200
      90                                                         1940
                                                                         175
      80                                                         1950
                                                                         150

      70                                                         1960    125

                                                                         100
      60                                                         1970
                                                                          75

      50                                                         1980      0
                                                                           1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005
      40                                                         1990                    Gesamtbevölkerung      20–60 Jahre
                                                                                         unter 20 Jahre         60 Jahre und älter
      30                                                         2000

      20                                                         2010

      10                                                         2020    kerung in zwei Hälften. Die eine Hälfte
                                                                         ist jünger, die andere Hälfte älter als das
      40 000 30 000 20 000 10 000   0   10 000 20 000 30 000 40 000      Medianalter. War die rheinland-pfälzische
                       Männer- bzw. Frauenüberschuss                     Bevölkerung 1950 durchschnittlich 32 Jahre
                                                                         alt, so liegt das Medianalter heute bei
                  Jahren noch entscheidend bestimmen. So                 41 Jahren.
                  ist selbst bei einer langfristigen Projektion          Eine Untergliederung nach drei großen Alters-     Immer mehr
                                                                                                                           Menschen
                  der Geburtenboom der frühen 1960er-                    gruppen zeigt den markantesten Verlauf            werden älter
                  Jahre an der Bevölkerungspyramide des                  bei den Älteren. Die Zahl der Menschen, die
                                                                                                                           als 90 Jahre

                  Jahres 2030 noch an der großen Zahl der                60 Jahre oder älter sind, hat sich seit 1950
                  Mittsechziger zu erkennen. Aber auch die               von gut 400 000 auf über 1 Mill. weit mehr
                  rückläufigen Kinderzahlen und die zuneh-                als verdoppelt. Besonders spektakulär ist
                  mende Lebenserwartung verursachen als                  die Entwicklung bei den Hochbetagten: Gab
                  ständige Einflüsse eine Verschiebung in den             es 1950 noch weniger als 1 000 Menschen
                  Anteilen der Altersklassen hin zu höherem              in Rheinland-Pfalz, die auf mindestens
                  Lebensalter, was zu der fortschreitenden so            90 Lebensjahre zurückblicken, so stehen
                  genannten demographischen Alterung der                 heute rund 32 000 Seniorinnen und Senioren
                  Bevölkerung führt.                                     in diesem Alter.

                  Die Bevölkerung altert

Durchschnitts-    Diese Entwicklung, die auch als demo-
alter nimmt zu                                                                 Günter Ickler, Diplom-Ökonom,
                  graphischer Wandel bezeichnet wird,                          leitet das Referat Bevölkerung,
                  findet ihren Niederschlag in einem stetig                     Erwerbstätigkeit, Soziale Leistun-
                  wachsenden Durchschnittsalter der Be-                        gen, Gesundheit, Rechtspflege.
                  völkerung. Das Medianalter teilt die Bevöl-

236                                                                        Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz          04 2007
Sie können auch lesen